1/3 Auswirkungen im Alpenraum Der Klimawandel in den Alpen Factsheet Klimaänderungen haben regional sehr unterschiedliche Gesichter und Auswirkungen. Sie drücken sich in verschiedenen Parametern aus. Die zwei zentralsten sind die Temperatur und der Niederschlag. Globale Klimaänderungen führen zudem zu Verschiebungen der grossräumigen Windzirkulation, was ebenfalls zu Änderungen des Temperatur- und Niederschlagsregimes eines bestimmten Ortes führt. So gibt es immer Orte auf der Welt, die im Zuge der globalen Erwärmung in den Bereich anderer Luftmassen kommen und so sogar eine regionale Abkühlung oder – wie die Alpen – eine besonders starke Erwärmung erfahren können. Bisherige Entwicklung: Temperatur- und Niederschlagstrends im Alpenraum In der Schweiz und im Alpenraum stiegen im 20. Jahrhundert die Temperaturen im Mittel doppelt so stark wie auf der Erde (1.3°C verglichen mit 0.6°C auf der Erde). Weil wärmere Luft mehr Feuchtigkeit aufnehmen kann, erwarten Wissenschaftler grundsätzlich mit der Erwärmung eine „Befeuchtung“ der Atmosphäre und somit stärkere Niederschläge. Dies gilt insbeso ndere für Gebiete mit orographischen Niederschlägen aus Staulagen am Alpenkamm. Tatsächlich kann mit der Temperaturerwärmung im 20. Jahrhundert im Alpenraum eine signifikante Zunahme der Wi nterniederschläge beobachtet werden. Besonders stark sind diese Trends im Winter auf der Alpennor dseite, wo die Niederschläge in 100 Jahren um 20-30% zugenommen haben. Im Sommer sind die (Gewitter-)Niederschläge sehr variabel, langfristige Änderungen (Abnahmen) können noch nicht beobac htet werden, sind aber in Zukunft zu erwarten. Zukunft: Temperatur und Niederschlagsszenarien für die Alpen im 21. Jahrhundert Für den Alpenraum wird bis ins Jahr 2050 im Winter mit einer weiteren Erwärmung von etwa 2°C im Winter und etwa 2.5°C im Sommer gerechnet (vgl. Abbildung 1). Die Unsicherheiten über diese En twicklung sind aber relativ gross (Unsicherheitsbereich in grau), da die künftigen Treibhausgasemissionen von wirtschaftlichen und technologischen Faktoren abhängen und das Wissen über die Reaktion des Klimasystems für kleine Gebiete wie die Schweiz oder der Alpenraum eingeschränkt ist. Trotzdem muss man davon ausgehen, dass die mittlere Temperatur den typischen Schwankungsbereich heutiger Temperaturen (gepunktete Linie: Standardabweichung 1961 bis 1990) im Laufe der nächsten Jahrzehnte verlässt. Beim mittleren Niederschlag wird bis 2050 für die Schweiz mit einer Zunahme von etw a 8% im Winter und mit einer Abnahme von gut 15% im Sommer gerechnet (vgl. Abbildung 2). Die Klimaänderung wird sich auch auf die Häufigkeit von extremen Wetterereignissen auswirken. Ausmass und Charakter der Änderungen werden je nach Ort und Art der Ereignisse unterschiedlich ausfallen. Der heutige Wissensstand legt nahe, dass Kältewellen und Frostperioden in der Schweiz seltener vorkommen werden, Hitzewellen und Sommertrockenheit dafür häufiger. Starkniederschläge dürften in allen Jahreszeiten, ausser im Sommer, zunehmen. Die zunehmenden und voraussichtlichen stärkeren Winterniederschl äge dürften in den Alpen weniger als Schnee und vermehrt als Regen fallen; eine Kombination, die wahrscheinlich zu häufigeren Hochwassern in der kalten Jahreszeit führen wird . Bei anderen Wetterextremen, wie Stürmen oder Hagel, ist der Einfluss der Klimaänderung noch nicht ausreichend ve rstanden. Betroffene Bereiche (Auswahl) Die Klimaänderung wirkt sich im Alpenraum in diversen Bereichen aus. Einige davon sind: Wasserkreislauf: Weniger Abfluss im Sommer, mehr im Winter Gletscher: Die Alpengletscher haben seit 1850 an Länge, Fläche und Volumen eingebüsst. Biosphäre: Steigende Waldgrenze, veränderte Waldzusammensetzung, veränderte Verbre itung oder gar Aussterben von Tieren und Pflanzen. Naturgefahren: Hanginstabilitäten wegen auftauendem Permafrost an Steilflanken; Naturg efahren im unmittelbaren Bereich zurückschmelzender Gletscher (Gletscherseen, Abbrüche, Rutschungen) oder in Kombination mit Starkniederschlägen in Form von Mu rgängen und Hochwassern Tourismus & Infrastrukturen: Schneesicherheit, Landschaftsbild, Sicherheit der Infrastrukturen E-Dossier Klimawandel: Auswirkungen im Alpenraum PHBern 2012, www.phbern.ch 2/3 Abbildung 1: Entwicklung der mittleren Temperatur im Winter (Dez.-Feb., oben) und im Sommer (Jun.-Aug., unten). Blaue/rote Säulen: gemessene Temperaturen für den Zeitraum 1864-2007 (Station Zürich, Abweichungen in Grad von der Norm 1961-1990, Skala links). Graue Keile: erwartete zukünftige Änderungen der mittleren Temperatur in der Nordschweiz bis 2070 (Änderungen gegenüber dem Mittel 1980-1999 in Grad, Skala rechts). Dunkelgraue Bereiche bezeichnen wahrscheinlichere, hellgraue weniger wahrscheinliche Entwicklungen für den Fall, dass keine raschen Massnahmen zur Einschränkung von Treibhausgasemissionen umgesetzt werden (95% Unsicherheitsbereich). Gepunktete Linien: Bandbreite der Temperaturfluktuationen im heutigen Klima (+/- eine Standardabweichung) 1961-1990 (Quelle: MeteoSchweiz, 2008, in: OcCC, 2008, S. 17) Abbildung 2: Entwicklung der mittleren Niederschläge 1864-2007 (gemessen) und bis 2070 (Klimaszenario). Die Elemente der Abbildung sind analog zu Abbildung 1. Die Messungen sind im Verhältnis gegenüber der Norm 1961 -1990 (Skala links) angegeben, das Szenario als prozentuale Änderung gegenüber dem Mittel 1980-1999 (Skala rechts) (Quelle: MeteoSchweiz, 2008, in: OcCC, 2008, S. 18) E-Dossier Klimawandel: Auswirkungen im Alpenraum PHBern 2012, www.phbern.ch 3/3 Quellen: OcCC (2008): Das Klima ändert - was nun? Der neue UN-Klimabericht (IPCC 2007) und die wichtigsten Ergebnisse aus Sicht der Schweiz. OcCC – Organe consultatif sur les changements climatiques, Bern. Grosjean, M. (2004): Klimawandel im Alpenraum – Unterlagen zur CIPRA 7. Sommerakademie „Brennpunkt Alpen“ 25.08.2004. Nationaler Forschungsschwerpunkt NFS Klima, Univers ität Bern. E-Dossier Klimawandel: Auswirkungen im Alpenraum PHBern 2012, www.phbern.ch