RNA Biochemie: Protein Design mit Ribonucleasen und RNA-Target-Interaktionen One main topic during the last years is protein design with ribonuclease (RNase) T1. Besides collaborative studies of the stability and folding pathway of this enzyme we are interested in its catalytic mechanism and specificity. One major aim was to change its specific recognition of a nucleobase in single stranded RNA combining a rational with a random mutagenesis approach. Another field of investigation is the selection of RNA aptamers – molecules that specifically bind to various targets thus in many aspects behaving like (monoclonal) antibodies. Prof. Dr. Ulrich Hahn Research topics: Molecular Enzymology and in vitro Selection (Life Sciences) Protein Design mit RNase T1 RNase T1 ist der Hauptvertreter und Namensgeber einer Familie mikrobieller RNasen aus Pro- und Eukaryoten. Das relativ kleine Enzym (104 Aminosäuren) spaltet einzelsträngige RNA spezifisch nach Guanosin. Die 3DStruktur eines Komplexes aus RNase T1 mit dessen potentestem Inhibitor ist lange gelöst (Abb. 1). Uns gelang die Konstruktion eines das Enzym überproduzierenden Bakterien-Klons[1], die Etablierung von Indikatorplatten, welche das schnelle Auffinden RNase-produzierender Klone erlauben (Abb. 2) und die Ausarbeitung einer generell anwendbaren Mutagenesemethode mittels PCR. Institut für Biochemie und Lebensmittelchemie Biochemie und Molekularbiologie Universität Hamburg Martin-Luther-King-Platz 6 20146 Hamburg Abb. 2: RNase Indikatorplatte, die mit E. coli Zellen beimpft wurde, welche das Wildtyp-Enzym (a) oder unterschiedlich aktive Varianten sekretieren (b, Kontrolle ohne fremdes RNase Gen)[5]. Die spezifische Erkennung der Base Guanin erfogt über Stapelwechselwirkungen und Wasserstoffbrückenbindungen (Abb. 3). Ein Ziel unserer Arbeiten ist die Änderung der Basenspezifität von RNase T1. Nachdem diverse rationale, auch von MoleküldynamikRechnungen unterstützte Ansätze nicht zum Erfolg führten[2], randomisierten wir die Region zwischen den Aminosäureresten 41-46, der so genannten primären Bindungsstelle (engl.: primary recognition site, PRS; Abb. 3). Wir erhielten nach Screening mittels Indikatorplatten (Abb. 2) eine Kollektion verschiedener RNase T1 Varianten, die alle noch G-spezifisch waren (Abb. 4). Basierend auf der Röntgen-KristallStruktur einer dieser Varianten erhielten wir nach gezieltem Austausch zweier weiterer Aminosäuren eine Variante, Abb. 1: 3D-Struktur des Komplexes aus RNase T1 mit dem Inhibitor 2’GMP (Röntgenstrukturanalyse von Heinemann & Saenger, 1982)[4]. Abb. 3: Primäre Bindungsstelle (PRS) in RNase T1. Die Base Guanin interagiert mit dem Enzym über Stapelwechselwirkungen mit den beiden Tyrosin-Seitenketten 42 & 45, sowie über Wasserstoffbrückenbindungen mit dem Aminosäureketten-Rückgrat und der Seitenkette Glutaminsäure 46. 28 Chemiedozententagung 2006 E-Mail: [email protected] Telefon: +49-(0)40-42838-3214 Telefax: +49-(0)40-42838-2848 Beruflicher Werdegang: Biologie-Diplom (Mikrobiologie) Göttingen (1977); Promotion (Dr. rer. nat.) Max-Planck-Institut für experimentelle Medizin, Göttingen (AG Hans Küntzel, Abteilung Chemie, Direktor: Friedrich Cramer, 1980); Postdoktorand ebenda (1980-1982); Akademischer Rat, Institut für Kristallographie, Freie Universität Berlin, Abteilung Wolfram Saenger (1982); Habilitation (Biochemie) FU Berlin (1989); Hochschuldozent, Medizinische Universität zu Lübeck, Institut für Biochemie (1993); C4-Professur (Allgemeine und Mikrobielle Biochemie) Universität Leipzig (1994); C4-Professur (Biochemie und Molekularbiologie) Universität Hamburg (2002). die im Vergleich zum Wildtyp die Base Adenin etwa um den Faktor 320 besser erkennt[3]. Da das Aptamer 2’-amino-modifizierte Pyrimidine enthielt, war es in RNasehaltigen natürlichen Medien stabil und konnte auch in einer Staphylococcus aureus Kultur die antibiotische Wirkung von Monomycin A kompetieren. Kristallisationsversuche des Aptamers mit und ohne gebundenem Antibiotikum schlugen bisher fehl. Versuche, Kristalle von einem ebenfalls „Lipid-bindenden“ Aptamer, das einen Farnesylrest erkennt, zu erhalten, waren erfolgreicher, müssen allerdings noch optimiert werden (Abb. 8). Abb. 4: Sequenzvergleich verschiedener ausgewählter primärer Bindungsstellen (PRS) von RNase T1, die nach Randomisierung dieser Region erhalten wurden (T1, RNase T1; Ba, Barnase). Aptamere - SELEX Aptamere sind Nucleinsäuren, die aufgrund ihrer definierten Struktur TargetMoleküle mit zum Teil sehr hoher Spezifität binden. In vielerlei Hinsicht verhalten sie sich wie (monoklonale) Antikörper. Abb. 8: Farnesyl-Aptamer-Kristalle Aptamere werden in einem „SELEX“ genannten in vitro Selektionsprozess selektiert (SELEX, systematic evolution of ligands by exponential enrichment). Ein Target für die Selektion von Aptameren war das Antibiotikum Moenomycin A (Abb. 5). Wir konnten zeigen, dass ein erhaltenes Aptamer (Abb. 6) an den Lipidanker des Antibiotikums bindet[6]. Die Dissoziationskonstante, die mittels Fluoreszenz Korrelations Spektroskopie (FCS) ermittelt wurde, betrug 440 nM[7]. Abb. 6: Potenzielle 2D Struktur des Moenomycin A Aptamers (Darstellung unter Verwendung von Mfold, www.bioinfo.rpi.edu/~zukerm/) Weitere Arbeitsgebiete: Protein Design mit Fucosyltransferasen, Selektion Hühnervirus-neutralisierender Aptamere, Untersuchung von RNA-Target-Interaktionen in vivo mittels FCS. Literatur [1] [2] [3] [4] [5] Abb. 5: Moenomycin A – Antibiotikum, das bei grampositiven Bakterien die Transglycosylierung während der Zellwand-Biosynthese inhibiert. [6] [7] R. Quaas, Y. McKeown, P. Stanssens, R. Frank, H. Blocker, U. Hahn, Eur J Biochem 1988, 173, 617. J. Granzin, R. Puras-Lutzke, O. Landt, H.-P. Grunert, U. Heinemann, W. Saenger, U. Hahn, Journal of Molecular Biology 1992, 225, 533. R. Czaja, M. Perbandt, C. Betzel, U. Hahn, Biochem Biophys Res Commun 2005, 336, 882. U. Heinemann, W. Saenger, Nature 1982, 299, 27. R. Quaas, O. Landt, H.-P. Grunert, M. Beineke, U. Hahn, Nucleic Acids Research 1989, 17, 3318. H. Betat, S. Vogel, M. Struhalla, H.-H. Förster, M. Famulok, P. Welzel, U. Hahn, Biological Chemistry 2003, 384, 1497. H. Schürer, A. Buchynskyy, K. Korn, M. Famulok, P. Welzel, U. Hahn, Biological Chemistry 2001, 382, 479. Abb. 7: Fluoreszenz Korrelations Spektroskopie (FCS; www.zeiss.de/fcs). Diese Methode erlaubt u. a. die Messung der Interaktion fluoreszenzmarkierter Moleküle in Lösung bei sehr geringen Konzentrationen (bis Einzelmolekül-Maßstab). Chemiedozententagung 2006 29