Briefe „Was in der muslimischen Türkei nicht möglich ist, soll im christlichen Deutschland möglich sein – nämlich eine Kopftuch tragende Lehrerin im Klassenzimmer? Hoffentlich wird im neuen Gesetz die Mehrheit der Muslime nicht übergangen, die die Religion nicht zum Mittelpunkt ihres Lebens in Deutschland machen und sich gegen das Kopftuch im Klassenzimmer aussprechen.“ SPIEGEL-Titel 40/2003 Ahmet Arpad aus Stuttgart zum Titel „Das Prinzip Kopftuch – Muslime in Deutschland“ Was steckt unter dem Kopftuch? Nr. 40/2003, Titel: Das Prinzip Kopftuch – Muslime in Deutschland Das Kopftuch – eine neue Version des Fundamentalismus, der die Integration der Muslime in Deutschland erschwert und zugleich eine neue Welle von Vorurteilen gegen Muslime entstehen lässt, die selbst solche religiöse Dogmen verurteilen. Karl-Heinrich Fischle Mit leichtem Befremden habe ich Ihre Titelgeschichte gelesen, denn Ihre Beschreibungen decken sich nicht mit meinen Erfahrungen. Zu meinem Freundeskreis gehören einige Türken der zweiten Generation in Deutschland, und unter ihnen sind eine Ärztin, ein angehender Informatiker und Studenten. Die Mehrheit der hier lebenden Türken stellen die von Ihnen beschriebenen radikalen und fundamentalistischen Muslime keinesfalls, auch wenn Ihr Artikel diesen Eindruck durchaus hervorruft. Es scheint sich leider zu bestätigen, was eine türkische Freundin schon kurz nach dem 11. September befürchtete: „Jetzt werden alle Muslime zu potenziellen Terroristen erklärt.“ Leipzig Daniel Weißbrodt Das vermeintlich aufgeklärte Gegenbild der „grell geschminkten“ jungen Frau im „knappen Outfit“ zur Kopftuchträgerin ist in Wahrheit nur die westliche Variante, die subtilere Form der Manipulation, damit sich Frauen so präsentieren, wie es Männer wünschen. Bückeburg (Nieders.) Martin Voß Was steckt unter Frau Ludins Kopftuch? Ein Wasser-, Quer-, Dick- oder Dummkopf? Den acht Karlsruher Kandidaten 8 Marianne Schodlok Das Tragen eines Kopftuchs als Ausdruck von islamischem Fundamentalismus zu deuten ist ungefähr so kopflos, als wenn man alle Kreuzkettchen-Träger für OpusDei-Aktivisten halten würde. Bitte, stellen Sie sich einmal vor, was derlei Einschätzung bei den Betroffenen auslöst! Persönlich kennen wir zahlreiche muslimische (und darunter bemerkenswert emanzipierte) Frauen im In- und Ausland, die ein Kopftuch tragen – aus (übrigens sehr unterschiedlichen) Gründen ihrer kulturellen Identität und jenseits jedweden Fundamentalismus. Noch. Wer die Gräben nicht weiter vertiefen will, sollte etwas behutsamer vorgehen in seinen Einschätzungen der anderen Kultur. Würselen (Nrdrh.-Westf.) Birgit und Christoph Leisten Hans-Gerd Liebchen Dr. Hidir Çelik Mehr als ein Dutzend der 114 Suren des Korans beschreiben die Wonnen des Paradieses. Man weiß also darüber recht gut Bescheid. Mir scheint aber, dass Frauen im islamischen Paradies nur als Dienstpersonal zugelassen sind. Hannover München Duisburg-Homberg „Fanatiker sind zu allem fähig, sonst aber zu nichts.“ Sonst hätte Frau Ludin in den Jahren, in denen sie das Recht zum Tragen eines Kopftuchs im Unterricht einklagt, etwas Sinnvolles leisten können, zum Beispiel tatkräftige Aufbauarbeit in einer Mädchenschule in Afghanistan. Berlin Hella Mey Der Kopftuch-Streit erinnert mich an die Zeit des Kalten Krieges, als Kommunisten nicht Briefträger werden oder bleiben durften. Ich befürchte einen wiederkehrenden deutschen Fundamentalis- Moschee in Mannheim: Privatisierung der Religionen mus, der die angeblich gewünschte Integration von Menschen an- Sehe ich da etwa auf dem Titelfoto Frau derer Kulturen erschweren, wenn nicht Ludin mit Lippenstift und Lidschatten? Für verhindern will und wird. Unsere Nation eine sehr streng gläubige Muslimin ist es mit stetig leerer werdenden Kirchen und verboten, Schminke im Gesicht aufzutramaterialistischer Grundhaltung führt un- gen (ganz zu schweigen von dem Schmuck, ter dem Deckmäntelchen von Religion und was auf einem anderen Foto zu sehen ist). Vor 50 Jahren der spiegel vom 7. Oktober 1953 Späte Rückkehr von 13 000 deutschen Kriegsgefangenen aus Russland Von Dostojewski gelernt? Erlebnisbericht eines Heimkehrers Mehr Gold als Brot. Bundesbahn vor der Elektrifizierung Kampf um das System zur Stromversorgung. Ägyptisch-britische Konferenzen um Suez „Informative Gespräche“. Diskussion um Todesstrafe in Großbritannien Einengung auf das ethische Problem. Dystrophie, die Kriegsheimkehrerkrankheit Straftaten aus Ernährungsmangel. Diese Artikel sind im Internet abzurufen unter www.spiegel.de oder im Original-Heft unter Tel. 08106-6604 zu erwerben. Titel: Schriftsteller Max Frisch d e r s p i e g e l 4 1 / 2 0 0 3 BERND BODTLÄNDER Bonn fehlte der Mut, selbst zu antworten! Sie ziehen lieber einen Joker und rufen den Gesetzgeber an. Deutschland braucht ein vernünftiges Zuwanderungsgesetz, das Ausländer sinnvoll zu integrieren hilft und ihnen mit uns ein friedliches, erfolgreiches Miteinander ermöglicht. Dann können wir getrost auf zusätzliche Kopftuch-, Bauchbinden- oder Beinkleidergesetze verzichten! Menschenwürde eine Stellvertreter-Debatte. In Zeiten von Unsicherheit und Zukunftsangst ist der Sündenbock bereits ausgemacht – eine Kopftuchträgerin.