Fachhochschule Jena University of Applied Sciences Jena Grundbegriffe Zufallsexperiment • unter gleichen Bedingungen wiederholbarer Vorgang (geplant, gesteuert, beobachtet oder auch nur gedanklich) • Menge der möglichen Versuchsausgänge ist bekannt • konkreter Ausgang ist ungewiss Das Ergebnis eines Zufallsexperiments nennt man (zufälliges) Elementarereignis, die Chance des Eintretens bezeichnet man als Wahrscheinlichkeit. Ein Ereignis ist eine Menge von solchen Elementarereignissen. Berechnung der Wahrscheinlichkeit eines zufälligen Ereignisses erfordert ein Modell. Ein Modell enthält folgende Aspekte 1. die Menge der möglichen Versuchsausgänge 2. Ereignisse, die den praktisch relevanten Fragestellungen entsprechen 3. die zugehörigen Wahrscheinlichkeiten SS 2017 Prof. Dr. J. Schütze, FB GW Wkt.1 1 Fachhochschule Jena University of Applied Sciences Jena Grundbegriffe Diesen Aspekten entsprechen folgende Bausteine des gesuchten mathematischen Modells: Grundraum/ Merkmalsraum/ Ereignisraum Ω Menge aller möglichen Versuchsausgänge / Elementarereignisse ω Ereignis Teilmenge von Ω, Menge bestimmter Elementarereignisse Ereignissystem Menge der beobachtbaren Ereignisse Teilmengen von Ω mit bestimmten Eigenschaften Wahrscheinlichkeit P Wahrscheinlichkeiten der beobachtbaren Ereignisse SS 2017 Prof. Dr. J. Schütze, FB GW Wkt.1 2 Fachhochschule Jena University of Applied Sciences Jena Merkmalsraum Man sagt, das Ereignis A tritt ein, wenn ein Wert ω als Versuchsausgang beobachtet wird, der zu A gehört. Beispiel 1 3 Komponenten sind wie nebenstehend verschaltet, K1 jede einzelne Komponente kann die Zustände 0 (defekt) bzw. 1 (ok.) haben. Versuchsausgang [0 1 0] steht z.B. für K1 und K3 defekt, K2 ok. Praktisch relevant ist das Ereignis W: ‚Schaltung funktioniert‘. K2 K3 Beobachtet man das Elementarereignis [1 0 1], dann ist W eingetreten. Beispiel 2 Energiesparlampen sollen nach Herstellerangabe eine Mindestbrenndauer von 6000 Stunden als Normwert haben. Für dieses Kriterium sind also relevant die Ereignisse N enthält alle Brenndauern ab 6000 h. N: Norm erfüllt A enthält alle Brenndauern unter 6000 h. A: Norm nicht erfüllt Messergebnis 5500: Ereignis A eingetreten SS 2017 Prof. Dr. J. Schütze, FB GW Wkt.1 3 3.1 Fachhochschule Jena University of Applied Sciences Jena Ereignisse Besondere Ereignisse A = ∅ unmögliches Ereignis, weil kein Elementarereignis ω enthalten ist A = Ω sicheres Ereignis, da alle Elementarereignisse in Ω enthalten sind Elementarereignisse sind alle einelementigen Ereignisse A = {ω} Ereignissystem : Teilmenge von Ereignissen mit den Eigenschaften (1) ∅ ∈ , (2) A ∈ → 𝐴𝐴̅ ∈ , (3) A1 , A2 ,... ∈ → Ai ∈ Die Potenzmenge als Gesamtheit aller Teilmengen von Ω ist ein solches Ereignissystem. Die Potenzmenge ist aber als Ereignissystem nicht immer geeignet, Bsp.2 der Energiesparlampen: Brenndauern = Ω =,+ Potenzmenge ist unnötig groß. Dann sucht man ein kleineres System mit den Eigenschaften (1), (2), (3). Beispiel 3 Ω = {0, 1, 2}, dann ist ein mögliches Ereignissystem die Menge aller Teilmengen = {∅, {0}, {1}, {2}, {0,1}, {0,2}, {1,2}, {0,1,2} } = (Ω) Hat Ω n Elemente, dann hat die Potenzmenge 2n Elemente. Ein Modell bestimmt für jedes dieser Elemente seine Wahrscheinlichkeit P. SS 2017 Prof. Dr. J. Schütze, FB GW Wkt.1 4 3.2 Fachhochschule Jena University of Applied Sciences Jena Verknüpfungen von Ereignissen - Mengenoperationen Das Verknüpfen von Ereignissen entspricht den Operationen mit Mengen. Ereignis A ∪ B (Vereinigung) tritt ein, wenn mindestens eins der Ereignisse A, B eintritt, logisch A ∨ B Ereignis A ∩ B (Durchschnitt) tritt ein, wenn beide Ereignisse A, B eintreten, logisch A ∧ B Ereignis A \ B (Differenz) tritt ein, wenn A eintritt, B nicht eintritt. SS 2017 Prof. Dr. J. Schütze, FB GW Wkt.1 5 Fachhochschule Jena University of Applied Sciences Jena Verknüpfungen von Ereignissen - Mengenoperationen Komplementärereignis A tritt genau dann ein, wenn A nicht eintritt. Zwei Ereignisse A, B heißen unvereinbar oder disjunkt, wenn sie keine gemeinsamen Elementarereignisse besitzen, A ∩ B = ∅. Ereignis A zieht Ereignis B nach sich, wenn A ⊆ B gilt. SS 2017 Prof. Dr. J. Schütze, FB GW Wkt.1 6 Fachhochschule Jena University of Applied Sciences Jena Rechenregeln für Mengenverknüpfungen Es gelten folgende Gesetze: Kommutativität: A ∩ B = B ∩ A, A ∪ B = B ∪ A Assoziativität: ( A ∩ B) ∩ C = A ∩ ( B ∩ C ) ( A ∪ B) ∪ C = A ∪ ( B ∪ C ) Distributivität: A ∩ ( B ∪ C ) = ( A ∩ B) ∪ ( A ∩ C ) A ∪ ( B ∩ C ) = ( A ∪ B) ∩ ( A ∪ C ) Regeln von de Morgan A1 ∪ A2 ∪ ... ∪ An = A1 ∩ A2 ∩ ... ∩ An A1 ∩ A2 ∩ ... ∩ An = A1 ∪ A2 ∪ ... ∪ An SS 2017 Prof. Dr. J. Schütze, FB GW Wkt.1 7 Fachhochschule Jena University of Applied Sciences Jena Wahrscheinlichkeitsbegriffe Wahrscheinlichkeit P bestimmt die Chance des Eintreten eines Ereignisses. Es gibt verschiedene Ansätze zum Bestimmen von P. Beispiel 4 Eine bestimmte Sorte von Energiesparlampen erreicht in bisherigen Beobachtungen mit einem Anteil von 10% die Brenndauer von 4000 h nicht. Man sagt, die Wahrscheinlichkeit, dass die Brenndauer < 4000 ist, liegt bei 0.10. Solche Aussagen beruhen auf der Analyse der Brenndauern in der Vergangenheit. Die beobachtete relative Häufigkeit wird als (geschätztes) Maß für die Wahrscheinlichkeit des Ausfalls vor 4000h genommen. Eine Wahrscheinlichkeit von 0.10 besagt aber nicht, dass unter 10 Lampen stets genau eine mit Brenndauer < 4000 ist (zu kurze Beobachtungsserie!) Relative Häufigkeiten (beobachtet) beziehen sich auf den Anteil in der Stichprobe, Wahrscheinlichkeiten (Modell) beziehen sich auf die Grundgesamtheit. SS 2017 Prof. Dr. J. Schütze, FB GW Wkt.1 8 Fachhochschule Jena University of Applied Sciences Jena Experimentelle Wahrscheinlichkeit Empirisches Gesetz der großen Zahlen Wird ein Zufallsexperiment zur Beobachtung eines Ereignisses A n-mal unter gleichen Bedingungen wiederholt, dann stabilisieren sich die relativen Häufigkeiten 1 ⋅ ( Anzahl des Auftretens von A) für n → ∞ n Es gilt hn(A) ≈ P(A). hn ( A)= Dieser experimentelle Zugang zur Bestimmung von Wahrscheinlichkeiten liefert 'nur' Schätzwerte (im Experiment ist n stets endlich). Bezeichnung: Experimentelle/ statistische Wahrscheinlichkeit Nachteil: die Folge der hn stabilisiert sich nicht immer zu einem Grenzwert SS 2017 Prof. Dr. J. Schütze, FB GW Wkt.1 9 Fachhochschule Jena University of Applied Sciences Jena Experimentelle Wahrscheinlichkeit Empirisches Gesetz der großen Zahlen n=100 n=10 20 7 18 Simulation des Würfelns mit n Wiederholungen 6 16 5 14 12 4 10 3 8 6 2 4 1 0 2 0 1 2 3 4 5 6 1 2 n=500 3 4 5 6 n=1000 100 Zufallsgenerator rand erzeugt Zufallszahlen zwischen 0 und 1 Mit hist erhält man Häufigkeitsauszählung 180 90 MATLAB-Simulation von n Würfen und Darstellung als Histogramm 160 80 140 70 120 60 100 50 40 80 30 60 20 40 10 20 0 SS 2017 1 2 3 4 5 6 0 1 2 3 4 Prof. Dr. J. Schütze, FB GW 5 6 outcomes = []; n = 1000 for i = 1:n outcomes = [outcomes ceil(6*rand)]; end hist(outcomes,6) Wkt.1 10 Fachhochschule Jena University of Applied Sciences Jena Wahrscheinlichkeit nach Laplace Laplace: 1749-1824 Voraussetzungen: nur endlich viele Elementarereignisse alle mit gleicher Chance (z.B. idealer Würfel) Definition Laplace - Wahrscheinlichkeit für Eintreten des Ereignisses A ⊆ Ω Anzahl der Elementarereignisse von A A P ( A) = Anzahl der Elementarereignisse von Ω Ω Wahrscheinlichkeiten nach Laplace können somit durch Auszählen der Elementarereignisse berechnet werden. Für komplizierte Sachverhalte braucht man kombinatorische Formeln. SS 2017 Prof. Dr. J. Schütze, FB GW Wkt.1 11 Fachhochschule Jena University of Applied Sciences Jena Kombinatorische Formeln (Auswahl) Zählprinzip Menge M enthalte m verschiedene, Menge N enthalte n verschiedene Elemente, dann enthält die Menge der geordneten Paare M × N genau m·n verschiedene Elemente. Permutationen ohne Wiederholung Für n verschiedene Objekte gibt es genau n! Möglichkeiten der Anordnung, wenn jedes Element verwendet werden muss. Kombinationen ohne Wiederholung Aus einer n-elementigen Menge verschiedener Objekte werden k ausgewählt ohne Wiederholung ohne Berücksichtigung der Reihenfolge. Man erhält für die Anzahl solcher k - elementigen Teilmengen n n! genau = k k !(n − k )! SS 2017 Möglichkeiten. Prof. Dr. J. Schütze, FB GW Wkt.1 12 3.3 Fachhochschule Jena University of Applied Sciences Jena Axiomatischer Wahrscheinlichkeitsbegriff Die folgenden Axiome für Wahrscheinlichkeiten gehen zurück auf Kolmogorov. Sie sind verträglich mit der Laplace- und der statistischen Wahrscheinlichkeit, sie gelten ganz allgemein, auch bei Modellen mit unendlich vielen und nicht gleichwahrscheinlichen Versuchsausgängen. Axiom 1 Jedem zufälligen EreignisA ⊆ Ω ist eine Zahl P(A) zugeordnet mit 0 ≤ P ( A) ≤ 1 , die man Wahrscheinlichkeit von A nennt. Axiom 2 Das sichere Ereignis hat die Wahrscheinlichkeit 1. P (Ω) = 1 Axiom 3 Für disjunkte EreignisseA1 ∩ A2 = ∅ P ( A1 ∪ A2 )= P ( A1 ) + P ( A2 ) gilt Bei einer unendlichen Ergebnismenge ist Axiom 3 auf unendlich viele paarweise disjunkte Mengen zu erweitern: ∞ ∞ P Ai = ∑ P( Ai ) i =1 i =1 SS 2017 Prof. Dr. J. Schütze, FB GW Wkt.1 13 3.4 Fachhochschule Jena University of Applied Sciences Jena Wahrscheinlichkeitsbegriffe (1) Laplace-Modell Voraussetzungen: nur endlich viele Elementarereignisse alle mit gleicher Chance (z.B. idealer Würfel) (2) Statistische/experimentelle Wahrscheinlichkeit 1 P( A) ≈ ⋅ ( Anzahl des Auftretens von A) für n → ∞ n (3) Wahrscheinlichkeit nach Kolmogorov Die nach Laplace-Modell berechneten bzw. experimentell gewonnenen Wahrscheinlichkeiten sind konform zu den Axiomen von Kolmogorov. SS 2017 Prof. Dr. J. Schütze, FB GW Wkt.1 14 Fachhochschule Jena University of Applied Sciences Jena Rechnen mit Wahrscheinlichkeiten Rechengesetze Sicheres Ereignis Ω Unmögliches Ereignis Ø Monotonie Additionssatz Spezialfall: disjunkte Ereignisse Spezialfall: Ω diskret Komplementäres Ereignis Differenz P (Ω) =1 P(∅) =0 A ⊂ B → P( A) ≤ P( B) P( A ∪ B)= P( A) + P( B) − P( A ∩ B) P( A ∪ B) = P( A) + P( B ), falls A ∩ B = ∅ P( A) =Σ P(ω) ω∈A P( A) = 1 − P( A) P( A \ B) = P( A) − P( A ∩ B) 3.5 SS 2017 Prof. Dr. J. Schütze, FB GW Wkt.1 15 Fachhochschule Jena University of Applied Sciences Jena Bedingte Wahrscheinlichkeit und Unabhängigkeit Beispiel 4 Lostrommel enthalte 500 Lose, davon seien 200 weiß, die restlichen 300 blau. Unter den weißen Losen seien 10 Gewinne, unter den blauen seien 20 Gewinne. Welche Losfarbe würden Sie nach dieser Kenntnis ziehen? W: zufällig gezogenes Los weiß B: zufällig gezogenes Los blau G: zufällig gezogenes Los ist ein Gewinn P(G) = 30/500= 0.06 Gewinnchance ohne Farbinfo Nur weiße Lose Nur blaue Lose G∩W : Los ist weiß und ein Gewinn G∩B : P(G∩W) = 10/500 = 0.02 P(G∩B) = 20/500 = 0.04 P(B) = 300/500 = 0.6 P(W) = 200/500 = 0.4 G ∩ W ) 10 / 500 Gewinnchance P(= = 0.05 P(W ) SS 2017 200 / 500 Los ist blau und ein Gewinn Gewinnchance Prof. Dr. J. Schütze, FB GW P(G ∩ B) 20 / 500 = = 0.06 P( B) 300 / 500 Wkt.1 16 Fachhochschule Jena University of Applied Sciences Jena Bedingte Wahrscheinlichkeit Bedingte Wahrscheinlichkeit eines Ereignisses A unter der Bedingung B P( A ∩ B) P( A / B) = P( B) Dabei ist A, B ⊆ Ω und P ( B ) > 0 Interpretation Die Berechnung einer bedingten Wahrscheinlichkeit bedeutet die Einschränkung der gesamten Ergebnismenge Ω auf die durch die Bedingung definierte Teilmenge B. Im Beispiel: Gewinnchance unter der Bedingung ‚blau‘: P(G ∩ B) = 0.06 P( B) P (G ∩ W ) Gewinnchance unter Bedingung ‚weiß‘ = P (G / W ) = 0.05 P (W ) Totale Wahrscheinlichkeit für Gewinn aus bedingten Wahrscheinlichkeiten P (G )= P (G ∩ W ) + P (G ∩ B )= P (G / W ) P(W) + P (G / B ) P(B) SS 2017 = P(G / B ) Prof. Dr. J. Schütze, FB GW Wkt.1 3.6 17 Fachhochschule Jena University of Applied Sciences Jena Totale Wahrscheinlichkeit Die Formel des Beispiels kann auf eine Zerlegung von Ω in n disjunkte Mengen verallgemeinert werden. Satz der totalen Wahrscheinlichkeit Ω= B1 ∪ B2 ∪ ... ∪ Bn , alle Bk seien paarweise disjunkt Dann gilt = P ( A) n ∑ P( A / B ) ⋅ P( B ) k =1 k k Bedeutung des Satzes Das Ereignis A kann zunächst in Subpopulationen beobachtet werden. Der Satz der totalen Wahrscheinlichkeit ermöglicht daraus die Berechnung der Wahrscheinlichkeit für die Gesamtpopulation. Es erfolgt dabei eine Wichtung der Subpopulationswahrscheinlichkeiten mit dem Anteil der Subpopulation an der Gesamtpopulation. SS 2017 Prof. Dr. J. Schütze, FB GW Wkt.1 18 Fachhochschule Jena University of Applied Sciences Jena Bedingte Wahrscheinlichkeit Beispiel 5 Eine Fußballmanschaft spielt mit 2 Stürmern A und B. Von Stürmer A kommen 50% aller Schüsse auf das Tor, Trefferwahrscheinlichkeit 70% . Von Stürmer B kommen 40% aller Schüsse auf das Tor, Trefferwahrscheinlichkeit 80% . Die restlichen Spieler R haben eine Trefferwahrscheinlichkeit von 30%. Mit welcher Wahrscheinlichkeit ist ein Schuss auf das Tor ein Treffer? Ergebnismenge Ω : alle Schüsse auf das Tor Ereignis T : Schüsse auf das Tor, die ein Treffer sind Ereignisse A, B, R: Schüsse auf das Tor von Stürmer A, B bzw. vom Rest P(A) = 0.5 P(B) = 0.4 P(R) = 0.1 P(T/A) = 0.7 Trefferwahrscheinlichkeit von A P(T/B) = 0.8 Trefferwahrscheinlichkeit von B P(T/R) = 0.3 Trefferwahrscheinlichkeit von R Satz der totalen Wahrscheinlichkeit P (T= ) P (T / A) ⋅ P ( A) + P (T / B ) ⋅ P ( B ) + P (T / R ) ⋅ P ( R ) P (T ) = 0.7 ⋅ 0.5 + 0.8 ⋅ 0.4 + 0.3 ⋅ 0.1 = 0.7 SS 2017 Prof. Dr. J. Schütze, FB GW Wkt.1 19 Fachhochschule Jena University of Applied Sciences Jena Bayessche Formel Veränderter Fragestellung in Beispiel 5: Ein Tor wurde erzielt. Mit welcher Wahrscheinlichkeit kam der Schuss von Stürmer B? d.h. Einschränkung der Grundgesamtheit auf die Schüsse mit Torerfolg T. durch die Bedingung ‚ein Tor wurde erzielt‘ Ereignis ist nun ‚Schüsse von B , die zu einem Tor führten‘ (gelbe Fläche). Eingeschränkte Grundgesamtheit T : Schüsse auf das Tor, die ein Treffer sind Die gesuchte Wahrscheinlichkeit ist der gelbe Anteil P(B/T) in der Gesamtfläche T. P (T / B ) ⋅ P ( B ) P (T / A) ⋅ P ( A) + P (T / B ) ⋅ P ( B ) + P (T / R ) ⋅ P ( R ) 0.8 ⋅ 0.4 0.8 ⋅ 0.4 P= (B / T ) = = 0.457 0.7 ⋅ 0.5 + 0.8 ⋅ 0.4 + 0.3 ⋅ 0.1 0.7 P( B / T ) = SS 2017 Prof. Dr. J. Schütze, FB GW Wkt.1 20 Fachhochschule Jena University of Applied Sciences Jena Bayessche Formel Satz (Bayessche Formel) Ω= B1 ∪ B2 ∪ ... ∪ Bn , alle Bk seien paarweise disjunkt Dann gilt = P ( Bi / A) P ( A / Bi ) ⋅ P ( Bi ) = P ( A) P ( A / Bi ) ⋅ P ( Bi ) n ∑ P( A / B ) ⋅ P( B ) i =1 i i Bedeutung des Satzes Es erfolgt in gewissem Sinn die Umkehr von Ursache-Wirkungs-Beziehungen. Man kennt die Wahrscheinlichkeit P(Wirkung/Ursache), mit der eine Ursache eine bestimmte Wirkung nach sich zieht. Oft fragt man beim Beobachten einer Wirkung, mit welcher Wahrscheinlichkeit eine bestimmte Ursache vorgelegen hat, d.h. man sucht P(Ursache/Wirkung). So wird in der Medizin oft aufgrund einer Wirkung (Testergebnis, Befund) auf das Vorhandensein einer Krankheit geschlossen. SS 2017 Prof. Dr. J. Schütze, FB GW Wkt.1 21 Fachhochschule Jena University of Applied Sciences Jena Totale Wahrscheinlichkeit Alternativ: Berechnung mit Pfaddiagramm Aufbau eines Pfaddiagramms Wahrscheinlichkeiten nach einem Knoten summieren sich stets zu 1. Pfad symbolisiert den Durchschnitt der Ereignisse, die er durchläuft. Pfadwahrscheinlichkeit = Produkt der Wahrscheinlichkeiten entlang des Pfads, z.B. P( A) ⋅ P(T / A) = P( A ∩ T ) Totale Wahrscheinlichkeit: Wahrscheinlichkeit eines Endereignisses = Summe aller Pfadwahrscheinlichkeiten zu diesem Endereignis, z.B. P(T= ) P(T / A) ⋅ P( A) + P(T / B) ⋅ P( B) + P(T / C ) ⋅ P(C ) Im Beispiel SS 2017 P (T ) = 0.7 ⋅ 0.5 + 0.8 ⋅ 0.4 + 0.3 ⋅ 0.1 = 0.7 Prof. Dr. J. Schütze, FB GW Wkt.1 22 Fachhochschule Jena University of Applied Sciences Jena Bayessche Formel Bayessche Formel mit Pfaddiagramm Einschränkung der Grundgesamtheit auf ein Endereignis: man betrachtet nur die Pfade zu diesem Endereignis P (T / B ) ⋅ P ( B ) = P (T ) P (T / B ) ⋅ P ( B ) P (T / A) ⋅ P ( A) + P (T / B ) ⋅ P ( B ) + P (T / R ) ⋅ P ( R ) P( B / T ) = P(B/T) ist der Quotient der Pfadwahrscheinlichkeit des Pfades nach T über B und der Summe aller Pfadwahrscheinlichkeiten nach T . SS 2017 Prof. Dr. J. Schütze, FB GW Wkt.1 23 Fachhochschule Jena University of Applied Sciences Jena Unabhängigkeit von Ereignissen A, B sind unabhängig, wenn P= ( A / B ) P= ( A / B ) P ( A) Nach Definition der bedingten Wahrscheinlichkeit ist P( A ∩ B) P( A / B) = , somit muss gelten P ( A) ⋅ P ( B ) =P ( A ∩ B ) P( B) Definition A, B sind paarweise stochastisch unabhängig, wenn gilt P ( A ∩ B )= P ( A) ⋅ P ( B ) A1,…,An sind total unabhängig, wenn für alle k ≤ n und An1,…Ank gilt P ( An1 ∩ ... ∩ A= P ( An1 ) ⋅ ... ⋅ P ( Ank ) nk ) Multiplikationssatz P ( A ∩= B) P( A / B) ⋅ P( B) P ( A ∩ B )= P ( A) ⋅ P ( B ), falls A, B unabhängig 3.7 SS 2017 Prof. Dr. J. Schütze, FB GW Wkt.1 24 Fachhochschule Jena University of Applied Sciences Jena Unabhängigkeit von Ereignissen K2 Wahrscheinlichkeit für Funktionieren W der Schaltung aus Bsp.1, wenn die Komponenten unabhängig mit den Wahrscheinlichkeiten 0.9, 0.8 und 0.7 funktionieren K1 K3 P ( K 2 ∪ K 3) = 1 − P ( K 2 ∪ K 3) W =K1 ∩ ( K 2 ∪ K 3) P (W ) = P ( K1) ⋅ P ( K 2 ∪ K 3) = 0.9 ⋅ (1 − (1 − 0.8 ) ⋅ (1 − 0.7 ) ) = 0.846 = 1 − P( K 2 ∩ K 3) = 1 − P( K 2) ⋅ P( K 3) Wahrscheinlichkeit für Funktionieren W folgender Schaltung, wenn alle Komponenten unabhängig mit der Wahrscheinlichkeit 0.9 funktionieren W = K1 ∪ K 2 ∪ ( K 3 ∩ K 4) P (W ) = 1 − P (W ) = 1 − P K1 ∪ K 2 ∪ ( K 3 ∩ K 4) ( ( ) ) K1 K2 K3 K4 =1 − P K1 ∩ K 2 ∩ ( K 3 ∩ K 4) =1 − (1 − P (K1) ⋅ (1 − P(K 2) ⋅ (1 − P ( K 3) ⋅ P ( K 4) ) 3.8 =1 − 0.1 ⋅ 0.1 ⋅ (1 − 0.9 ⋅ 0.9) =09981 SS 2017 Prof. Dr. J. Schütze, FB GW Wkt.1 25 Fachhochschule Jena University of Applied Sciences Jena Rechnen mit Wahrscheinlichkeiten P ( A ∩ B ) , falls P(B)>0 P( B ) P ( A / B ) = P ( A) P( A ∩ B) = P( A / B) P( B) P ( A ∩ B )= P ( A) ⋅ P ( B ) falls A, B unabhängig P( A / B ) = Bedingte Wahrscheinlichkeit Unabhängigkeit Multiplikationssatz Satz der totalen Wahrscheinlichkeit = P ( A) Ω = B1 ∪ B2 ∪ ... ∪ Bn , paarweise disjunkt Bayessche Formel Ω = B1 ∪ B2 ∪ ... ∪ Bn , paarweise disjunkt n ∑ P( A / B ) ⋅ P( B ) k k =1 P ( Bi / A) = P ( A / Bi ) ⋅ P ( Bi ) n ∑ P( A / B ) ⋅ P( B ) k =1 SS 2017 k Prof. Dr. J. Schütze, FB GW k k Wkt.1 26 Fachhochschule Jena University of Applied Sciences Jena Simulation Wenn eine Komponente K mit Wahrscheinlichkeit p funktioniert, wird man in einer Versuchsreihe der Länge n (n groß) k = p∙100% mal das Funktionieren beobachten. Computer erzeugen (Pseudo-)Zufallszahlen, die zwischen zwischen 0 und 1 liegen und dort gleichverteilt sind, z.B. MATLAB mit dem Kommando rand. Setzt man in einem Vektor X der Länge n jede Komponente auf 1, die einer Zufallszahl kleiner als p entspricht, die anderen auf Null, enthält dieser Vektor etwa p∙100% Einsen bzw. es gilt P ( X= 1) ≈ p . Der Vektor X enthält die Realisierungen von n unabhängigen ‚Zufallsexperimenten‘. n = 10000 p = 0.9 X = zeros(n) for i = 1: n u=rand; X(i) = (u < p); end Sum(X)/n * Kontrolle: sollte gleich p sein SS 2017 Prof. Dr. J. Schütze, FB GW Wkt.1 27