Rückschau: Mechanisches Gleichgewicht und Stabilität Erfahrung

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8.3 Ausgleichsprozesse in abgeschlossenen Systemen,
thermodynamisches Gleichgewicht als Maximum der Entropie
Rückschau: Mechanisches Gleichgewicht und Stabilität
Ein Körper ist im Gleichgewicht, wenn er seinen Bewegungszustand nicht mehr ändert.
Erfahrung:
Die Kugel kann an der Position 1 nicht in Ruhe
verharren, wohl aber in den Positionen 2, 3 und 4.
Die Qualität der Gleichgewichte ist verschieden
1. →
kein Gleichgewichtszustand
2. →
stabiler Gleichgewichtszustand
3. →
labiler Gleichgewichtszustand
4. →
indifferenter Gleichgewichtszustand
8.3-1
Die Bahnkurve in der Abbildung stellt auch gleichzeitig den Verlauf der
potentiellen Energie im Schwerefeld dar.
Man erkennt:
lokales Minimum der potentiellen Energie → stabiles Gleichgewicht
Lokales Maximum der potentiellen Energie → labiles Gleichgewicht
Sattelpunkt → indifferentes Gleichgewicht
Notwendiges Kriterium für Gelichgewicht
in der Mechanik:
8.3-2
Eine wichtige Aufgabe der Thermodynamik:
Gleichgewichte und Stabilitätsaussagen (vergleichbar mit dEpot/dx = 0) abzuleiten,
bei denen nicht nur mechanische Energieformen und einfache Körper sondern alle
Energieformen und ganze Systeme betrachtet werden.
Dies führt auf thermodynamische Potentiale.
Korrespondenzen:
stabiles Gleichgewicht
⇔ Endzustand irreversibler Prozesse, die sich selbst
überlassen sind
indifferentes Gleichgewicht ⇔ reversibler Prozess
8.3-3
Thermodynamisches Gleichgewicht als Maximum der Entropie
Abgeschlossenes System:
kein Massen-, Wärme- und Arbeitsaustausch mit der Umgebung
Wegen der Fundamentalgleichung
fassen wir die Innere Energie am zweckmäßigsten als Funktion von Volumen,
Entropie und Zusammensetzung auf:
Totales Differential:
8.3-4
Zwei Teilsysteme (1) und (2) mit festen Gesamtvolumen (V=const)
Gesamtsystem:
Für beide Teilsysteme gilt:
Wegen (*) gilt für das Gesamtsystem dU = 0, dV = 0, dni= 0 und daher
8.3-5
Das thermodynamische Verhalten und die Austauschprozesse beim Zusammenfügen
der Teilsysteme kann mit Hilfe des 2. Hauptsatzes beurteilt werden.
Wir erwarten für Austauschsprozesse in abgeschlossenen Systemen, da es irreversible
Prozesse sind, eine Entropieerhöhung beim Vergleich von Ausgangszustand und
Endzustand:
Da es sich bei unserem Beispiel um ein abgeschlossenes System handelt, entspricht
die Entropieänderung, die sich beim Vergleich von Ausgangszustand und Endzustand
einstellt, der irreversiblen Entropieproduktion.
Entropiebilanz:
8.3-6
Entropieänderung des Gesamtsystems:
Für den Ausgleichsprozess, einen irreversiblen Prozess, gilt nach dem 2. Hauptsatz:
Die Entropie im System wächst beim irreversiblen Prozess im abgeschlossenen System
in Richtung eines Maximums.
8.3-7
Fallunterscheidung und Diskussion
1.
dV (1) = 0 und dni (1) = 0
- dU (1) < 0:
System 1erhält Energie vom System 2. Damit der Prozess abläuft - also die
Entropie des Gesamtsystems anwächst - muss das System 1 noch eine niedrigere
Temperatur haben als System 2.
Der Energieaustausch erfolgt durch Wärmeübergang vom System 2 auf das System 1
⇒ Ein Temperaturgefälle ist die treibende Kraft für den Wärmetransport.
8.3-8
Fallunterscheidung und Diskussion
2.
dV (1) > 0
Vergrößert sich das Volumen von System 1 auf Kosten des Volumens von
System 2 bei konstantem Gesamtvolumen, dann muss für ein anwachsen der
Entropie p(1) > p(2) sein.
Nur dann wird ohne äußere Einwirkung Volumenänderungsarbeit von System 1 auf
System 2 übertragen.
⇒ Ein Druckgefälle ist die treibende Kraft für den Austausch von Arbeit.
8.3-9
Fallunterscheidung und Diskussion
3.
dni (1) > 0
Wandern spontan Teilchen von nur einer Sorte i vom System 2 in das System
1, dann muss das chemische Potential der Teilchensorte im Systems 2 größer
sein als im System 1 damit die Entropie anwächst..
Materie fließt vom hohen Chemischen Potential zum niedrigen Chemischen
Potential, wenn kein aktiver Pumpmechanismus in der Membran wirksam
wird (Aktive Pumpmechanismen sind in lebenden Zellen oft anzutreffen).
⇒ Das chemische Potential ist die treibende Kraft für den Stofftransport.
8.3-10
Folgerung: Gleichgewicht als Maximum der Entropie
Soll das System nur Gleichgewichtszustände durchlaufen, → reversibler Prozess,
mit
muss die Entropieänderung verschwinden:
Dies ist nur möglich falls in jedem Zeitpunkt das System im Gleichgewicht ist
⇒ Gleichgewichtsbedingungen
8.3-11
Stoffumwandlungen und Gleichgewicht
Die Teilchenzahlen in einem System können sich durch Stoffumwandlungen zum
Beispiel verbunden mit chemischen Reaktionen ändern.
Abgeschlossenes System mit festen Wänden (V = const) und chemischen Reaktionen
Forderung für Gleichgewicht:
Für eine Bruttoreaktion gilt:
8.3-12
Da vorausgesetzt ist, dass dn1 ≠ 0 folgt notwendig als
Bedingung für chemisches Gleichgewicht:
Dies führt auf das Massenwirkungsgesetz (vergl. weiter unten).
In vielen Fällen wird kein abgeschlossenes System vorliegen.
Statt der Entropie können dann zweckmäßig andere thermodynamische
Potentiale zur Formulierung von Gleichgewichtsbedingungen herangezogen
werden.
8.3-13
Gleichgewicht als Minimum der Freien Energie
Entropieänderung eines geschlossenen Systems (Wärmeaustausch zugelassen):
Geschlossenes System mit T = const und V = const.
Wärmeaustausch:
8.3-14
Freie Energie:
Im Gleichgewicht ist dT = 0:
Mit dem 2. Hauptsatz
ergibt sich im Gleichgewicht:
Die Freie Energie nimmt für ein geschlossenes System mit konstantem Volumen
im Gleichgewicht ein Minimum an.
Die Freie Energie ist das Potential für Veränderungen innerhalb eines geschlossenen
Systems konstanten Volumens.
8.3-15
Gleichgewicht als Minimum der Freien Energie
Entropieänderung eines geschlossenen Systems (Wärmeaustausch zugelassen):
Geschlossenes System mit
Wärmeaustausch:
8.3-16
Freie Enthalpie:
Im Gleichgewicht ist dT = 0:
Mit dem 2. Hauptsatz
ergibt sich im Gleichgewicht:
Die Freie Enthalpie nimmt für ein geschlossenes System mit konstantem Druck
im Gleichgewicht ein Minimum an.
Die Freie Enthalpie ist das Potential für Veränderungen innerhalb eines
geschlossenen Systems konstanten Druckes.
8.3-17
8.4 Phasenübergänge und Phasengleichgewichte
8.4.1 Phasenübergang bei reinem Stoff
Wir wollen unsere folgenden Bertrachtung auf die drei Phasen
- fest,
- flüssig,
- gasförmig
beschränken.
Die Erfahrung zeigt:
Setzen wir einen Stoff einer bestimmter Temperatur und einem bestimmten Druck
aus, so wird sich im Gleichgewicht immer derselbe, eindeutig definierte Zustand
einstellen. Es gibt keine Freiheit.
8.4-1
Es bestehen folgende Möglichkeiten für den Stoff:
- Er befindet sich in genau einem einzigen Aggregatzustand (fest oder flüssig oder
gasförmig)
- Es besteht Koexistenz zweier Aggregatzustände ← Phasengleichgewicht
- entweder fest-flüssig, fest-gasförmig, flüssig-gasförmig:
→ Dampf- oder Schmelzdruckkurven
- Es besteht Koexistenz aller drei Aggregatzustände ← Phasengleichgewicht
→ Tripelpunkt
8.4-2
Qualitative Betrachtung des Phasenübergangs flüssig nach gasförmig
Wir wissen:
Bei vorgegebener Temperatur und vorgegebenem Druck gilt für Gleichgewicht:
Die Freie Enthalpie nimmt ein Minimum an.
Wir wollen aus dieser Erkenntnis die Existenz einer Siedetemperatur begründen.
Ähnliches gilt dann auch für die Schmelztemperatur.
Dazu betrachten wir qualitativ die Variation der Freien Enthalpie mit der Temperatur
bei einem bestimmten Druck, für gasförmigen (g) und flüssigen Aggregatzustand (l),
so als ob der jeweilige Aggregatzustände im gesamten Temperaturbereich auftreten
könne.
8.4-3
Enthalpie: hm
Entropie: sm
8.4-4
Freie Enthalpie oder chemisches Potential: μ = hm –Tsm
Am Schnittpunkt der Kurven nimmt für höhere Temperatur der gasförmige Zustand
die niedrigere Freie Enthalpie an ← Siedetemperatur
8.4-6
8.4.2 Phasengleichgewichte reiner Stoffe
Koexistenz von Dampf und Flüssigkeit
Die mittlere kinetische Energie der Teilchen in einer Flüssigkeit oder einem Gas
wird von der Temperatur bestimmt. Einige Teilchen haben höhere andere
niedrigere kinetische Energie als die mittlere.
Teilchen höherer kinetischer Energie können die Anziehungskräfte innerhalb der
Flüssigkeit überwinden und in die Gasphase übergehen. (→ Abnahme der
Temperatur in der Flüssigkeit: Verdampfungskälte).
Aus der Dampfphase gehen Teilchen mit geringerer Energie als der mittleren mit
erhöhter Wahrscheinlichkeit in die Flüssigphase über, wenn sie sich der Oberfläche
nähern.
8.4-7
Wird der Flüssigkeit ein hinreichend großes Volumen in einem Behälter zur
Verfügung gestellt, koexistieren flüssige Phase und Gasphase bei einem von der
Temperatur abhängigen Druck, dem Dampfdruck.
Offenbar bildet sich ein Gleichgewicht heraus. Die sich in der Gasphase
stabilisierende Zahl der Teilchen bestimmt den Dampfdruck p=psat(T ). Bei diesem
Dampfdruck ist unter den gegebenen Bedingungen die Entropie des Systems
maximal bzw. die Freie Enthalpie minimal, es ist bei diesem Druck kein Potential
für einen Stoffaustausch zwischen den Phasen mehr vorhanden.
Ähnliches gilt für Phasengleichgewichte zwischen anderen Aggregatzuständen.
8.4-8
Messung des Dampfdrucks
Nebenstehende Apparatur stellt ein einfaches Prinzip dar, um den Dampfdruck zu
messen.
Zu Beginn wird ein Rohr mit der
betreffenden Flüssigkeit gefüllt und mit der
Öffnung nach unten in ein Gefäß gestürzt, in
dem sich ein See aus der gleichen
Flüssigkeit befindet. Die Steighöhe h ist dem
Druck pu proportional. Nachdem sich der
Dampfdruck eingestellt hat, sinkt der
Flüssigkeitsspiegel. Die Abnahme Δh ist
dem Dampfdruck proportional.
Bem.: Bei Umgebungsdrucks wird die Höhe h sehr hoch. In der Praxis wird deshalb mit einer Trennflüssigkeit mit hohem spezifischen Gewicht und verschwindendem Dampfdruck gearbeitet (Quecksilber) und die
zu untersuchende Flüssigkeit im Rohr auf der Oberfläche der Trennflüssigkeit aufgebracht.
8.4-9
Gibbssche Phasenregel für reine Stoffe
Phasenübergänge wie Schmelzen und Sieden lassen sich aus der Größe der Freien
Enthalpie des jeweiligen Aggregatzustandes begründen.
Aus den Forderungen für Gleichgewicht wollen wir nun für die reine Substanz auch
die Konsistenz mehrer Phasen in bestimmten Temperaturbereichen begründen.
Die Anzahl der möglichen Phasen, in denen ein reiner Stoff in einem
Gleichgewichtssystem vorliegen kann, sei durch die Zahl P gegeben,
die Anzahl der Freiheitsgrade durch die Zahl F.
8.4-10
Nach dem Zustandspostulat bestimmen wie Zustandsvariablen zum Beispiel T und p
den Zustand eines einfachen Systems vollständig.
Wir denken uns Temperatur und Druck jeder Phase zunächst unabhängig.
⇒ Anzahl der Variablen im System nV:
nV = 2P
Für Gleichgewicht sind die Bedingungen für das mechanische, das thermische und das
stoffliche Gleichgewicht zwischen allen Phasen einzuhalten.
⇒ Anzahl der mech., therm. und stoffl. Zwangsbedingungen nB:
nB = 3 (P-1)
Daraus ergibt sich die Anzahl der Freiheitsgrade nV - nB= 2P - 3 (P-1) zu:
F= 3-P
8.4-11
Beispiel: Diskussion des p,T-Diagramms eines reinen Stoffes
Befindet sich die Substanz nur in einem der drei möglichen Aggregatzustände,
so folgt aus der Phasenregel mit P = 1, dass es zwei Freiheitsgrade F = 2 gibt.
Das bedeutet, dass Temperatur T und Druck p frei
wählbar sind.
Dies trifft auf die 2-dimensionalen Gebiete 1, 2 und 3
zu, die durch die Kurven des Diagramms
voneinander abgegrenzt werden.
Stehen zwei Phasen in Koexistenz, P = 2, gilt F = 1.
Temperatur und Druck sind gekoppelt.
Variiert man Druck oder Temperatur liegen die
möglichen Zustandspunkte auf 1-dimensionalen
Linien. Sublimationskurve, Schmelzkurve und Siedeline werden dadurch festgelegt.
Drei Phasen in Koexistenz, P = 3, bedeutet F = 0: Druck und Temperatur sind eindeutig auf
die Werte am Tripelpunkt (0-dimensional) festgelegt.
8.4-12
Verlauf von Sublimations-, Schmelz- und Dampfdruckkurve
An einem Punkt auf den Phasengrenzen sind
T und p aneinander gekoppelt: p = p(T).
Verbleibende Bedingung für Gleichgewicht:
Kleine Änderung des Chemischen Potentials:
Gleiche Änderung des Chemischen Potentials in den beiden Phasen (währendes
Gleichgewicht):
⇒ Steigung der Kurven:
8.4-13
Mit der Fundamentalgleichung
und der Nebenbedingung
gilt für alle Phasenübergänge der Zusammenhang:
Vereinfachende Annahme speziell für Sublimation
und Verdampfen:
Das spezifische Volumen der Flüssigkeit oder des
Feststoffes ist sehr viel kleiner als dasjenige des Gases
8.4-14
Clausius-Clapeyron-Gleichung (1)
Mit idealem Gasgesetz
Integriert zwischen
und
Verdampfungsenthalpie
, bzw.
und
unter der Annahme, dass die
im Integrationsintervall näherungsweise konstant ist
folgt
oder
8.4-15
Gültigkeit der Clausius-Clapeyron-Gleichung
Verdampfungsenthalpie verschiedener Stoffe
Die Annahme konstanter
Verdampfungsenthalpie r
ist mit wachsender Annäherung an den
kritischen Punkt schlecht erfüllt.
Für Temperaturen nahe der
Umgebungstemperatur ist ein lineares
Verhalten r = aT+b eine mögliche
verbesserte Approximation.
8.4-16
8.4.3 Phasengleichgewichte von Stoffgemischen
In einer reinen Flüssigkeit überwinden einige der höher energetischen Moleküle
die molekularen Anziehungskräfte und entweichen in die Gasphase.
Je kleiner die intermolekularen Kräfte, desto mehr
Moleküle können bei einer bestimmten Temperatur
entweichen .
Umgekehrtes gilt für die Gasphase
(dynamisches Gleichgewicht).
Für eine zweite Flüssigkeit gilt das gleiche.
8.4-17
Wenn zwei Stoffe mischbar sind und Dampf- und Flüssigphase koexistieren, so
erhalten wir in beiden Phasen Mischungen, wobei sich die Konzentrationen der
Stoffe in beiden Phasen im Allgemeinen unterscheiden.
Die sich einstellende Dampfdrücke sind außerdem nicht identisch mit denjenigen,
die wir in den Reinstoffsystemen bei der entsprechenden Temperatur messen.
Und zwar: Die Dampfdrücke verschieben sich zu höheren Drücken.
Die in der Gasphase auftretende Mischungsentropie begünstigt das Verdampfen
zusätzlicher Moleküle.
8.4-18
Siede- und Kondensationstemperatur in Mischphasen
Qualitativ können wir diesen Sachverhalt mit den geänderten Chemischen
Potentialen der Stoffe in der Gasphase erläutern.
Die Chemischen Potentiale der reinen Komponenten, Index * (blau), nehmen in
den drei Aggregatzuständen mit der Temperatur ab.
Das Chemische Potential jeden Stoffes ist in der
Mischung (rot) kleiner als für die reine
Komponente.
Die Verringerung des Chemischen Potentials in der
Mischung führt dazu, dass die Siedetemperatur der
Komponente im Gemich erniedrigt wird und sich
die Kondensationstemperatur der jeweiligen
Komponente erhöht. (Berechnung später).
8.4-19
Gibbssche Phasenregel für Stoffsysteme
Wie für den reinen Stoff:
- Anzahl der möglichen Phasen P
- Anzahl der möglichen Freiheitsgrade F
Zusätzlich:
- Anzahl der Komponenten k
- Molenbrüche der Komponenten Xi
8.4-20
Neben den Zustandsvariablen zum Beispiel T und p müssen jetzt die Konzentrationen
oder Molenbrüche der k Komponenten in jeder Phase als zusätzlicheVariablen
eingeführt werden.
⇒ Anzahl der Variablen im System nV:
nV = 2 P + k P
Für Gleichgewicht sind die Bedingungen für das mechanische, das thermische und das
stoffliche Gleichgewicht zwischen allen Phasen einzuhalten.
⇒ Anzahl der mech., therm. Zwangsbedingungen nMT:
nMT = 2 (P-1)
⇒ Anzahl der stoffl. Zwangsbedingungen nμ:
nμ = k (P-1)
⇒ Anzahl der nicht frei wählbaren Molenbrüche Σ Xi = 1: nX = P
Daraus ergibt sich die Anzahl der Freiheitsgrade zu:
F = nV – ( nMT + nX + nX ) ⇒
F=k–P+2
8.4-21
Beispiel: Zweikomponentengemisch im Nassdampfgebiet
Anzahl der Phasen: P = 2
Anzahl der Komponenten: k = 2
⇒ F=k-P+2=2
-Wählen wir Druck und Temperatur so sind die Molenbrüche in der Gas- und Flüssigphase
eindeutig festgelegt.
- Wählen wir eine bestimmte Molmenge an Komponenten und geben einen Druck vor, so
ist für ein Zweiphasengleichgewicht die Temperatur und die Zausammensetzung der Phasen
eindeutig festgelegt.
8.4-22
Berechnung von Verdampfungs- und Kondensations-Gleichgewichten
Molenbruch:
Molenbrüche in der Gas- und der Flüssigkeitsphase sind unterschiedlich.
Thermisches und mechanisches Gleichgewicht:
Aus
folgt für das stoffliche Gleichgewicht:
Das Chemische Potential jeder Komponente für sich muss also in Flüssigkeits- und
Gasphase gleich sein.
8.4-23
Das Chemische Potential ist definiert als
mit
Die partiellen molaren Enthalpien und Entropien von Gemischen sind im Allgemeinen
abhängig von Druck und Temperatur und der Zusammensetzung.
8.4-24
Es soll die Voraussetzung getroffen werden, dass sich die intermolekularen
Kräfte für die betrachteten Komponenten nur wenig voneinander unterscheiden,
so dass die Unterschiede vernachlässigt werden können → ideales Gemisch.
Beispiel: Gemisch aus Hexan C6H14 und Heptan C7H16.
Ferner soll die Gas- und die Flüssigphase aus einem Gemisch idealer Gase und
einem Gemisch idealer Flüssigkeiten bestehen.
Gas- und Flüssigphase sollen beide ideales Verhalten aufweisen.
8.4-25
Chemisches Potential der idealen Gasphase:
Beim idealen Gas gilt, dass sich jede Komponente i so verhält, als würde sie das zur
Verfügung stehende Volumen allein, ohne die Existenz der anderen Gase, ausfüllen,
d. h. sie steht unter dem Partialdruck pi
Definition Chemisches Potential:
Enthalpie idealer Gase (nur temperaturabhängig)
Entropie idealer Gase (temperatur- und druckabhängig)
mit
8.4-26
Wir erhalten
und für das Chemische Potential der Gasphase:
Letzlich:
8.4-27
Chemisches Potential einer Flüssigkeit
1. Schritt:
Phasengleichgewicht für reine Komponente
2. Schritt
Phasengleichgewicht für Mischung:
8.4-28
Um das Chemische Potential der verunreinigten Flüssigkeit mit demjenigen der reinen
Flüssigkeit vergleichen zu können, eliminieren wir
in
und
das Chemische Potential der reinen Gasphase.
Das liefert:
Es ist bemerkenswert, dass in der Formel des Chemischen Potentials einer Flüssigkeit
die Allgemeine Gaskonstante auftaucht!
8.4-29
Chemisches Potential der flüssigen Komponente i in einem Gemisch mit k Komponenten:
Hier taucht das Verhältnis des Partialdruckes im Dampfgemisch zum Partialdruck
der reinen Komponente auf.
Exakt gelten folgende Grenzfälle:
- Es ist gar keineKomponente i im Gemisch: Xi = 0 , pi = 0
- Es ist nur die Komponente i im Gemisch:
Xi = 0 ,
pi = pi*
Ideale Gemische von Flüssigkeiten sind dadurch definiert, dass zwischen diesen
Extremwerten die einfache lineare Beziehung für das Verhältnis angesetzt wird.
Dies ist das Raoultsche Gesetz:
Es folgt dann für das Chemische Potential der idealen Flüssigkeit:
8.4-30
Zweiphasengleichgewicht von Mischungen
Wegen der Gleichgewichtsbedingung für jede Komponente i
folgt für das Phasengleichgewicht bei Gemischen
In dieser Formel stört, dass die Drücke in den Argumenten der Chemischen
Potentiale der reinen Komponenten nicht gleich sind.
Physikalisch bildet sich bei vorgegebenem Volumen Dampfdruck pi* und
Gesamtdruck p auf die für den Gleichgewichtszustand notwendigen Werte aus.
Für die Änderung des Chemischen Potentials mit dem Druck bei isothermer
Zustandsänderung gilt sowohl für die Flüssig- als auch für die Dampfphase:
8.4-31
Damit erhalten wir für Flüssig- und Dampfphase
die differentielle Gleichgewichtsbedingung (währendes Gleichgewicht):
8.4-32
Um in dem Ausdruck
das Integral der linken Seite zu können, müssen die Zustandsfunktionen vi,m(T,p)
der reinen Phasen bekannt sein.
Für die Gasphase haben wir bereits ideale Gase vorausgesetzt, für die Flüssigphase
wollen wir das molare Volumen vernachlässigen:
Die Integrationskonstante bestimmt sich mit
zu
8.4-33
Damit erhalten wir endgültig
Auf der linken Seite steht der Partialdruck der Komponente i in der Gasphase; dies
ist das Daltonsche Gesetz.
Auf der rechten Seite ist der Dampfdruck der reinen Komponente eingeführt.
Das sich einstellende Verhältnis des Partialdrucks zum Dampfdruck der reinen
Komponente erfordert die Kenntnis von weiteren Stoffeigenschaften der
Komponenten.
Wird hier vereinfachend das Raoultsche Gesetz zu Grunde gelegt, finden wir das
Raoult-Daltonsches Gesetz für stoffliches Gleichgewicht bei idealen Mischungen
8.4-34
Beispiel: Verminderung des Dampfdrucks durch Zusatz einer nicht-flüchtigen Flüssigkeit,
Komponente 2:
Raoult-Daltonsches Gesetz im Endzustand mit Druck p:
Dampfdruckänderung:
Differenz zwischen Dampfdruck
der reinen Flüssigkeit der Komponente 1
und demjenigen bei Zusatz des
Molenbruchs
der nicht-flüchtigen
Komponente 2.
Die Erniedrigung des Dampfdruckes geht einher mit einer Erhöhung der Siedetemperatur.
8.4-35
Zahlenbeispiel:
Kochen mit Salzwasser, 20g NaCl in 1000g Wasser gelöst
MNaCl = 58, 444 kg/kmol, MH2O = 18,05 kg/kmol
nNaCl = 20/58,444 mol = 0,342 mol, nH2O = 1000/18,015 mol = 55,509 mol
XNaCl = nNaCl/(nH2O+ nNaCl)= 0,06161
In der Lösung dissoziiert NaCl zu Na+, Cl- , so dass zusammen 2 . 0,342 = 0,684 mol Na+
und Cl- entstehen.
Molzahl des 3-Komponenten-Gemisches: n = 0,684 mol + 55,509 mol = 56,193 mol
Molenbruch der Salzionen: XNa+ + XCl- = 0,684 / 56,193 = 0,0122
Siededruckabsenkung Δp lt. Formel:
Abschätzung mit der Tabelle für reines Wasser p1sat = 1,0135 bar: Δ p ≈ 0,01236 bar
Clausius-Clapeyron: (dT/dp)sat = RT 2/(r p) = 8,3143 . 372,152/40661 K/bar ≈ 28,34 K/bar
⇒ ΔTs ≈ 0,35 K
Siedepunktserhöhung einer Kochsalzlösung
8.4-36
Binäre ideale Gemische, Koexistenz binärer Gas- und Flüssigphasen
Molenbruch:
Molenbrüche in der Gas- und der Flüssigkeitsphase sind unterschiedlich.
Vereinfachende Voraussetzung:
Gas- und Flüssigphase sollen beide ideales Verhalten aufweisen.
Für die Partialdrücke p1 und p2 in Abhängigkeit der Zusammensetzung der
flüssigen Phase können dann nach Dalton und Raoult einfache lineare
Zusammenhänge aufgestellt werden.
8.4-37
Daltonsches Gesetz
Nach dem Daltonschen Gesetz gilt für den Partialbruch pi in einem Gemisch idealer
Gase:
allgemein
für zwei Komponenten
8.4-38
Raoultsches Gesetz für binäres System
Dies sind zwei Geraden im p,X-Diagramm.
Nach Dalton ist der Gesamtdruck p = p1 + p2
dann ebenfalls eine Gerade, und zwar diejenige,
die die Sättigungsdrücke der reinen Komponenten
verbindet. Diese Gerade markiert für jede Zusammensetzung den Siedebeginn, wenn der Druck in
der Flüssigkeit abgesenkt wird → Siedelinie
Gleichung für die Siedelinie:
(Gesamtdruck in Abhängigkeit von der Zusammensetzung der Flüssigphase)
8.4-39
Nach dem Daltonschen Gesetz gilt für den Partialbruch pi in einem Gemisch zweier
idealer Gase:
Die Kombination mit dem Raoultschen Gesetz liefert das
Raoult-Dalton-Gesetz
durch welches die Konzentrationen in der Gas- und Flüssigphase miteinander
verknüpft sind.
8.4-40
Aus
und
folgt für die Verknüpfung der Molenbrüche in der Dampf- und Gasphase:
Dies in
eingesetzt
liefert die Gleichung für die Taulinie:
(Gesamtdruck in Abhängigkeit von der
Zusammensetzung der Gasphase)
Siede- und Taulinie unterscheiden sich bei Gemischen (vergl. Reinstoffe).
8.4-41
Beispiel: Kondensation durch Druckerhöhung bei konstanter Temperatur
1
2’, 2”
Anfangszustand gasförmiges Gemisch
mit Molenbruch X”
erster Flüssigkeitstropfen erscheint
Molenbruch X’ in der Flüssigkeit bei 2’,
X” im Gas bei 2” abgreifen
3’, 3”
Gas – Flüssigkeit liegen gleichzeitig vor
Molenbruch X’ in der Flüssigkeit bei 3’,
X” im Gas bei 3” abgreifen
4’, 4”
letzte Dampfblase mit Molenbruch X”
bei 4”
5
Flüssigkeit hat Molenbruch X’, den die
Gasphase im Anfangszustand 1 als X”
hatte
8.4-42
Beispiel:
Dampfdruckdiagramm von N2 – O2 bei ϑ= -189,15°C oder T = 84 K
Der Stickstoff ist die leichter flüchtige Komponente.
Er reichert sich bevorzugt in der Dampfphase an,
solange noch flüssiges Gemisch zugegen ist.
8.4-43
Stofftrennung bei konstantem Druck durch Wärmezufuhr
→ Destillation
Die Konzentrationen im Produktstrom und Räckstandsstrom unterscheiden sich
untereinander und von der Konzentration im Zulauf.
8.4-44
Verdunstung und Absorption
Luft nimmt Wasserdampf auf
Flüssigkeit absorbiert
lösliche Gase
8.4-45
Nichtideale Mischungen
Mischungen realer Stoffe weichen von idealen Gemischen unter Umständen
sehr weit ab.
Nach dem Raoultschen Gesetz gilt für den Dampfdruck einer Komponente 1 in der
Gasphase
Ideale Lösung Raoult:
Reale Lösung:
Das Verhältnis
wird Aktivität der Komponente i genant.
8.4-46
In manchen Systemen sind die Aktivitäten nicht vernachlässigbar. Aber auch dann
kann das Raoultsche Gesetz vom Lösungsmittel, das ist diejenige Komponente, die
im Überschuss vorkommt, näherungsweise erfüllt werden.
Man beachte die Tangenten an die Dampfdruckkurve bei X1 = 1 und für X2 = 1
entprechend.
Je mehr man sich dem reinen Lösungsmittel
Annähert desto besser gilt das Raoultsche
Gesetz.
Für stark verdünnte Lösungen ist das
Raoultsche Gesetz eine gute Näherung für
den Dampfdruck des Lösungsmittels.
8.4-47
Am jeweils anderen Ende der Kurven bei X1 = 0 und für X2 = 1 entprechend haben
die Tangenten an die Dampfdruckkurven dagegen typischerweise eine andere
Steigung.
Die Komponente, die jeweils nur in geringer
Konzentration in einem Lösungsmittel
vorhanden ist, folgt näherungsweise dem
Henryschen Gesetz.
Der Dampfdruck der gelösten Komponente
ist näherungsweise wieder der
Konzentration proportional, aber mit
anderem Proportionalitätsfaktor, der
Henryschen Konstanten K:
8.4-48
Azeotrope Punke
Manche Siedediagramme weisen die Besonderheit auf, dass ein Punkt existiert bei
dem beideKomponenten dengleichen Dampfdruck besitzen.
Dies führt dazu, dass ein Mischungsverhältnis XA existiert, bei dem Dampfund Flüssigphase die gleiche
Zusammensetzung haben.
Eine Folge davon ist, dass solche
Mischungen durch Destillation des
binären Gemisches nicht vollständig
getrennt werden können.
8.4-49
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