UNIVERSITÄT DORTMUND WIRTSCHAFTS- UND SOZIALWISSENSCHAFTLICHE FAKULTÄT ______________________________________________________________ _____________ Prüfungsfach: Mikroökonomie (HS) Angewandte Mikroökonomie Prüfungstermin: 26.03.2003 keine Zugelassene Hilfsmittel: ______________________________________________________________ _____________ Prüfungskandidat/in (Bitte in Druckbuchstaben ausfüllen!) Name, Vorname: .................................................................................................................. Matrikel-Nr.: .................................................................................................................. Studiengang: .................................................................................................................. ______________________________________________________________ _____________ Bearbeiten Sie in beiden Teilgebieten jeweils zwei Aufgaben! Informationsökonomie Aufgabe bitte die vier zu bewertenden Aufgaben ankreuzen maximal erreichbare Punktzahl erreichte Punktzahl Spieltheorie II (Verhandlungstheorie) 1 2 3 4 5 6 Summe 20 20 20 20 20 20 80 Note ______________________________________________________________ _____________ Von der Prüfungsaufsicht auszufüllen: Unterbrechung der Prüfung: von ___________ bis ____________ Uhr von __________ bis ___________ Uhr von ___________ bis ____________ Uhr Ende der Prüfung _____________ Uhr Teilgebiet: Aufgabe 1: Informationsökonomie (Arbeitsmarkt) Betrachten Sie einen Arbeitsmarkt mit m Unternehmen. Jedes Unternehmen kann maximal einen Mitarbeiter einstellen. Insgesamt sind n Arbeitskräfte im Markt aktiv. Der Reservationslohn eines Arbeitnehmers ist gegeben durch wo+s², wobei wo ein für alle Arbeitnehmer gleicher Sockelbetrag ist und s die in (Geldeinheiten gemessene) Produktivität des Arbeitnehmers darstellt. Die Produktivität über alle Arbeitnehmer hinweg folge einer Gleichverteilung über dem Intervall [0,1]. Der Gewinn eines Unternehmens aus der Beschäftigung eines Arbeiters mit Produktivität s beträgt s-w, wobei w der zu zahlende Lohnsatz ist. a) Beschreiben Sie das Kalkül eines Arbeitnehmers! b) Wie lautet die erwartete Produktivität in Abhängigkeit vom angebotenen Lohnsatz? c) Welchen Lohn wird das Unternehmen bieten, wenn mehr als vier mal so viele Arbeitnehmer wie Arbeitsplätze vorhanden sind? Führt dieser Lohn zu einem Ausgleich von Arbeitsangebot und Arbeitsnachfrage? Warum ist dieses Lohnangebot eine gleichgewichtige Strategie für die Arbeitgeber? Aufgabe 2: (Unvollständige Qualitätsinformation) Betrachten Sie den Markt für Blumenzwiebeln der Sorte Tulipa stupida. Für diese exotische Sorte gibt es einen Monopolanbieter, der diese Zwiebeln im Versandhandel vertreibt. Nehmen Sie an, es gibt bei Blumenzwiebeln lediglich zwei Qualitätsniveaus, hochwertige und minderwertige. Die Nachfrage der Konsumenten für hochwertige Blumenzwiebeln sei beschrieben durch p=40-X, bei minderwertiger Qualität p=20-X. Die Erzeugung einer hochwertigen Blumenzwiebel kostet pro Mengeneinheit 10 Geldeinheiten, die einer minderwertigen Mengeneinheit 6 Geldeinheiten. a) Nehmen Sie zunächst an, der Monopolist kann seine Qualität unveränderbar festlegen und den Konsumenten diese Qualität glaubhaft vor dem Kauf mitteilen. Welchen Preis würde er für den Fall wählen, das er sich für die hochwertige Qualität entscheidet, welchen für den Fall der minderwertigen Qualität? Für welche Qualität würde sich der gewinnmaximierende Monopolist entscheiden? b) Der Monopolist produziere nun beide Qualitäten, d.h. er produziert einen Anteil q hochwertiger Blumenzwiebeln und einen Anteil (1-q) minderwertiger. Die Konsumenten kennen q im Zeitpunkt ihrer Bestellung. Welchen Preis in Abhängigkeit von q wird der Monopolist wählen? c) Das Mischungsverhältnis sei nun nicht sicher bekannt. Die Konsumenten glauben aber, der Hersteller habe einen Anteil q hochwertiger Blumenzwiebeln. Nehmen Sie an, wenn der Preis, den die Konsumenten beobachten, nicht mit dem von ihnen erwarteten Monopolpreis übereinstimmt, so werden sie misstrauisch und kaufen lieber nichts. Welche Durchschnittsqualität wird der Monopolist zu welchem Preis anbieten? Welches q werden die Konsumenten rationalerweise erwarten? d) Vergleichen Sie Ihr Ergebnis aus c) kurz mit anderen Resultaten zur Theorie unvollständiger Qualitätsinformation! Aufgabe 3: (Versicherungsmarkt) Abbildung 1 soll eine grafische Analyse des strengen Gleichgewichts eines Versicherungsmarktes mit adverser Selektion ergeben. Es herrscht asymmetrische Information bezüglich der Schadenswahrscheinlichkeit in einem perfekt kompetitiven Markt. In der Abbildung steht wi für das verfügbare Einkommen eines zu versichernden Individuums im Umweltzustand i, i=1,2. a) Beschriften Sie die Kurven und Geraden in der Abbildung und erläutern Sie kurz deren Bedeutung! Was versteht man unter einem strengen Gleichgewicht? Markieren und interpretieren Sie die angebotenen Verträge im strengen Gleichgewicht! Unter welcher Bedingung stellt die abgebildete Situation ein strenges Gleichgewicht dar? b) Formulieren Sie den mathematischen Ansatz zur Bestimmung eines strengen Gleichgewichtes unter adverser Selektion! Erläutern Sie kurz, wie derartige Probleme standardmäßig gelöst werden können!(Achtung, es ist nicht gefordert, hier eine mathematische Lösung des Problems herzuleiten!) Teilgebiet: Spieltheorie II (Verhandlungstheorie) Aufgabe 4: (Kooperative Verhandlungstheorie) Die XYZ-GmbH musste Konkurs anmelden. Der Konkursverwalter bewertet die Konkursmasse mit 120.000 €. Es gibt lediglich zwei Anspruchsberechtigte A und B mit Forderungen in Höhe von xA=50.000 € bzw. xB=100.000 €. Sollten sich die beiden nicht einigen können, so müssten sie versuchen, ihre Forderungen vor Gericht durchzusetzen. Dies würde jedoch die gesamte Konkursmasse aufzehren. a) Beschreiben Sie den Ansatz der kooperativen Verhandlungstheorie! Inwiefern kann er als normativ angesehen werden? b) Stellen Sie obige Situation als Verhandlungsproblem dar! Welche Aufteilung der Konkursmasse würde die Nash-Verhandlungslösung vorschlagen, welche die Lösung von Kalai und Smorodinsky? c) Erläutern Sie den Unterschied zwischen den Verhandlungslösungen von Nash und Kalai/Smorodinsky! Für welche Klasse von Verhandlungsproblemen stimmen beide überein? Aufgabe 5: (Strategische Verhandlungstheorie) Die Forschungsabteilung der Hesse-AG wurde mit der Durchführung einer schwierigen und gefährlichen Aufgabe beauftragt. Ihr Chef steht vor folgender Entscheidung: Er kann erstens die Aufgabe an einen seiner Mitarbeiter delegieren und ihn kontrollieren, er kann zweitens die Aufgabe delegieren und den Mitarbeiter nicht kontrollieren oder aber er kann drittens die Aufgabe selbst durchführen und auf eine Delegation verzichten. Der Vorstand verlangt, dass ihm zusammen mit der Delegationsentscheidung mitgeteilt wird, ob der Abteilungsleiter eine Kontrolle durchführen wird oder nicht. Die Mitteilung an den Vorstand erfährt der Mitarbeiter nicht. Wird der Mitarbeiter mit der Durchführung der Aufgabe beauftragt, so kann er die Aufgabe vorsichtig oder aber unvorsichtig durchführen. Verzichtet der Abteilungsleiter auf die Delegation der Aufgabe, so bewertet er dies mit 3 Geldeinheiten (GE), der Mitarbeiter mit 0 GE. Wird die Aufgabe delegiert und der Mitarbeiter kontrolliert, so lauten die Auszahlung für den Abteilungsleiter und den Mitarbeiter 3 bzw. 2 GE bei vorsichtiger Durchführung und 1 bzw. –2 GE bei unvorsichtiger Durchführung der Aufgabe. Kontrolliert der Abteilungsleiter nicht, so wird dies mit 5 bzw. 1 GE bei vorsichtiger Durchführung und mit 0 bzw. –1 GE bei unvorsichtiger Durchführung bewertet (die erstgenannte Zahl gibt jeweils die Bewertung für den Abteilungsleiter an). a) Stellen Sie obige Entscheidungssituation als Spiel zwischen Abteilungsleiter und Mitarbeiter dar! Interpretieren Sie jeweils kurz die ordinale Auszahlungsstruktur der beiden Akteure! b) Wie lauten die Nash-Gleichgewichte Strategiekombinationen sind teilspielperfekt? in reinen Strategien? Welche c) Inwiefern kann das Verhalten des Mitarbeiters in einem der Gleichgewichte als unglaubwürdig angesehen werden? Tragen die Konzepte des Nash-Gleichgewichts und des teilspielperfekten Gleichgewichts dem Rechnung? d) Bestimmen Sie die sequentiellen Gleichgewichte des Spiels! Aufgabe 6: (Mechanismus Design) Professor G. hat zwei Zwillingssöhne, Hein und Klaus. Die beiden streiten sich, wem der Becher mit dem Sternzeichen „Waage“ gehört. Sie bitten ihren Vater um Schlichtung. Die Bitte seiner Kinder stellt G. vor ein Problem: Er kann sich beim besten Willen nicht mehr erinnern, welchem von beiden er den Becher geschenkt hat. Nach kurzem Überlegen wird ihm jedoch klar, dass dem tatsächlichen Besitzer der Becher 5 € mehr wert sein dürfte als dessen Bruder. Für letzteren taxiert er den Wert korrekt auf 10 €. Dann schlägt er den beiden folgende Spielform vor: H meins K meins (Klaus,1,z) seins seins (Klaus,0,0) (Hein ,0,0) Das Ereignis (Name,h,k) bedeute, dass Name der Becher zugesprochen wird, Hein einen Betrag von h € und Klaus k € vom Taschengeld abgezogen wird. Der Betrag z gibt also an, wieviel Euro Klaus vom Taschengeld abgezogen werden, wenn beide Söhne nach wie vor behaupten, dass es sich bei dem Becher um ihren eigenen handle. Es sei angenommen, dass der Nutzen jedes der Zwillingssöhne monoton mit seinem Geld zunehme, der Nutzen des jeweiligen Bruders sei egal. Dies und die jeweiligen individuellen Wertschätzungen sei Common-Knowledge unter den Zwillingen. a) Klaus Zahlung betrage z=12 Euro. Angenommen Hein sei der tatsächliche Besitzer des Bechers. Welches teilspielperfekte Gleichgewicht wird sich einstellen? Welches teilspielperfekte Gleichgewicht ergäbe sich, wenn Klaus der tatsächliche Besitzer ist? b) Wie lautet das teilspielperfekte Gleichgewicht für z<10, wie für z>15? c) Fassen Sie das Problem von Professor G. als Mechanismus-Problem auf! Wie lautet vermutlich G.‘s (soziale) Entscheidungsfunktion? Für welche Werte von z implementiert obige Spielform diese in teilspielperfekten Strategien? d) Warum muss auch Hein für den Fall, dass beide Spieler „meins“ sagen, mit einer „Straf“zahlung belegt werden?