ANHANG I ZUSAMMENFASSUNG DER MERKMALE DES ARZNEIMITTELS 4 1. BEZEICHNUNG DES ARZNEIMITTELS Revasc 15 mg pulver und Lösungsmittel zur Herstellung einer Injektionszubereitung 2. QUALITATIVE UND QUANTITATIVE ZUSAMMENSETZUNG Eine Durchstechflasche Revasc enthält 15 mg Desirudin (INN) entsprechend etwa 270.000 Antithrombin-Einheiten (ATE) oder 18.000 ATE pro mg Desirudin in Bezug auf den II. Internationalen Standard der WHO für Alpha-Thrombin. Desirudin ist ein rekombinantes DNSProdukt, das aus Hefezellen hergestellt wird. Desirudin ist ein einkettiges Polypeptid aus 65 Aminosäureresten mit drei Disulfidbrücken. Die Desirudin-Durchstechflaschen werden mit Ampullen mit Lösungsmittel aus pyrogenfreiem Mannitol (Ph. Eur.) in Wasser für Injektionszwecke (Ph. Eur.) geliefert. 3. DARREICHUNGSFORM Pulver und Lösungsmittel zur Herstellung einer Injektionszubereitung 4. KLINISCHE ANGABEN 4.1 Anwendungsgebiete Prophylaxe tiefer Beinvenenthrombosen bei Patienten die sich einer elektiven Hüft- oder Kniegelenkersatzoperationen unterziehen. 4.2 Dosierung, Art und Dauer der Anwendung Erwachsene und ältere Patienten Als Dosis werden 2 x täglich 15 mg empfohlen. Die erste Injektion ist 5 - 15 min. vor der Operation, im Fall einer Regionalanästhesie jedoch erst nach deren Einleitung, zu geben. Nach der Operation wird die Behandlung mit Desirudin 2 mal täglich über 9 bis maximal 12 Tage fortgesetzt; wenn der Patient vorher wieder voll mobilisiert ist, endet die Behandlung entsprechend früher. Zur Zeit liegen keine klinischen Erfahrungen vor, die eine Anwendung von Desirudin über 12 Tage hinaus begründen. Die Verabreichung erfolgt subkutan, vorzugsweise in die Bauchfalte. Die Injektionen sollten abwechselnd an mindestens vier verschiedenen Stellen vorgenommen werden. Kinder Es liegen keine klinischen Erfahrungen mit der Anwendung von Desirudin bei Kindern vor. Patienten mit Nierenfunktionsstörungen Desirudin ist bei Patienten mit schweren Nierenfunktionsstörungen (Kreatinin-Clearance < 30 ml/min entsprechend einem Serumkreatininspiegel > 2,5 mg/dl oder 221 µmol/l) kontraindiziert. Bei Patienten mit mäßigen Nierenfunktionsstörungen (Kreatinin-Clearance zwischen 31 und 60 ml/min; siehe Vorsichtsmaßnahmen) ist die aktivierte partielle Thromboplastin-Zeit (aPTT) zu überwachen. 5 Patienten mit Leberfunktionsstörungen Desirudin ist bei schweren Leberfunktionsstörungen kontraindiziert. Bei Patienten mit leichten bis mäßigen Leberfunktionsstörungen (siehe Vorsichtsmaßnahmen) wird eine Überwachung der aPTT empfohlen. 4.3 Gegenanzeigen Desirudin ist kontraindiziert bei Patienten mit bekannter Überempfindlichkeit gegenüber natürlichem oder rekombinantem Hirudin, bei Patienten mit aktiver Blutung und/oder irreversiblen Koagulationsstörungen, bei schweren Nieren- und Leberfunktionsstörungen und in der Schwangerschaft (siehe Schwangerschaft und Stillzeit). Desirudin ist ebenfalls bei Patienten mit schwerer unkontrollierter Hypertonie und subakuter bakterieller Endokarditis kontraindiziert. 4.4 Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung Warnhinweise Desirudin sollte wegen der Gefahr der Entstehung eines lokalen Hämatoms nicht intramuskulär verabreicht werden. Desirudin sollte bei Zuständen mit erhöhtem Blutungsrisiko wie jedes andere Antikoagulans mit Vorsicht gegeben werden, z. B. bei weniger als einen Monat zurückliegenden größeren Operationen, Biopsien oder Punktionen eines nichtkomprimierbaren Gefäßes; bei Vorliegen eines hämorrhagischen Insults, einer intrakraniellen oder intraokularen Blutung einschließlich diabetischer (hämorrhagischer) Retinopathie in der Anamnese; bei einem zerebralen ischämischen Ereignis (z.B. Insult, TIA) innerhalb der letzten 6 Monate, bei bekannter Blutgerinnungsstörung (angeboren oder erworben, z. B. Mangel an Antithrombin III, Protein C oder Protein S, Lebererkrankung) oder einer gastrointestinalen oder pulmonalen Blutung innerhalb der letzten 3 Monate. Vorsichtsmaßnahmen Bei Patienten mit einem erhöhten Blutungsrisiko, Leberfunktionsstörungen und/oder mäßigen Nierenfunktionsstörungen sowie bei Kombinationstherapie mit oralen Antikoagulanzien ist die aPTT zu überwachen. Die aPTT sollte bei diesen Patienten maximal 85 sec bzw. das Doppelte des oberen Normalwerts betragen. Falls erforderlich, ist die Desirudinbehandlung zu unterbrechen, bis die aPTT sich wieder im therapeutischen Bereich befindet. Dann kann die Desirudinbehandlung in verminderter Dosierung wieder aufgenommen werden. Bei Patienten unter Behandlung mit Antikoagulanzien und/oder Plättchenaggregationshemmern und/oder nichtsteroidalen Antirheumatika ist Desirudin mit Vorsicht anzuwenden. Der Patient ist auf Blutungszeichen hin zu überwachen (siehe Wechselwirkungen). Der gleichzeitige Gebrauch von Desirudin und Thrombolytika sowie Ticlopidin wurde bei diesen Patienten nicht untersucht. Die blutgerinnungshemmende Wirkung von Desirudin kann schwer antagonisierbar sein. Die aPTT kann jedoch durch intravenöse Verabreichung von DDAVP (Desmopressin) verkürzt werden. 4.5 Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln und sonstige Wechselwirkungen Während der Prophylaxe ist eine Begleitbehandlung mit Heparinen (unfraktionierten bzw. niedermolekularen) und Dextranen nicht zu empfehlen. Es konnte gezeigt werden, daß sich die Wirkungen von Desirudin und unfraktioniertem Heparin hinsichtlich der aPTT-Verlängerung addieren. Desirudin verlängert die Prothrombinzeit (PT). Wenn Desirudin mit oralen Antikoagulanzien gegeben wird, sollte eine Blutentnahme zur PT-Messung frühestens 24 Stunden nach Gabe der letzten Desirudin-Dosis erfolgen, um verläßliche Werte zu erhalten. Solange Desirudin und ein orales 6 Antikoagulans gleichzeitig verabreicht werden, sind die aPTT und PT zu überwachen, bis das orale Antikoagulans im durch den INR-Wert (oder Quick-Wert) gemessenen therapeutischen Bereich liegt. Zu diesem Zeitpunkt ist Desirudin abzusetzen. Wie andere Antikoagulanzien ist Desirudin bei gleichzeitiger Gabe von Medikamenten, die die Plättchenfunktion beeinträchtigen, wie Acetylsalicylsäure und andere nichtsteroidale Antirheumatika, mit Vorsicht anzuwenden. 4.6 Schwangerschaft und Stillzeit Desirudin ist in der Schwangerschaft kontraindiziert. Bei Frauen im gebärfähigen Alter ist vor Desirudin-Gabe eine Schwangerschaft anhand eines Schwangerschaftstests auszuschließen. Geburtsschäden im Tierexperiment, wie Spina bifida beim Kaninchen und Omphalozele bei der Ratte, waren bei Dosierungen festzustellen, die mit dem therapeutischen Bereich in der Humanmedizin vergleichbar waren oder darüber lagen, und wurden mit der Gabe von Desirudin in einen kausalen Zusammenhang gebracht. Es ist nicht bekannt, ob Desirudin in die Muttermilch übergeht. Stillenden Müttern ist daher anzuraten, abzustillen oder andere Medikamente zu verwenden. 4.7 Auswirkungen auf die Verkehrstüchtigkeit und das Bedienen von Maschinen Nicht bekannt. 4.8 Nebenwirkungen Die meisten der in den kontrollierten klinischen Prüfungen mit Desirudin 2 x tägl. 15 mg und einer Standarddosis unfraktionierten Heparins aufgetretenen unerwünschten Ereignisse sind auf die Hüftoperation selbst und die Wirkungsweise der beiden untersuchten Substanzen zurückzuführen. Wie bei anderen Antikoagulanzien treten am häufigsten Blutungen auf. Unabhängig vom Kausalzusammenhang traten folgende unerwünschten Ereignisse mit einer Inzidenz > 1 % auf (absteigende Reihenfolge hinsichtlich der Inzidenz): Blutungen, Übelkeit, Wundsekretion, Fieber, Verhärtungen an der Injektionsstelle, Hämatome, Anämie, Hypotonie, Harnretention, tiefe Thrombophlebitis, Hypokaliämie, Schlaflosigkeit, Erbrechen, Hyperpyrexie, Obstipation, Beinödeme, Harnwegsinfektion, Cystitis, Schwindel, Hämaturie, Gelenkluxation, Beinschmerzen, Schmerzen, Dyspnoe, Wundheilungsstörungen, Hypertonie und Oligurie. Andere unerwünschte Ereignisse mit einer Inzidenz < 1 %: Nasenbluten, Bauch- und Brustschmerzen, Verwirrtheit, Serumtransaminasen, Hautausschlag und Urtikaria. Bluterbrechen, Anstieg der Allergische Reaktionen wurden in den klinischen Prüfungen unabhängig vom Kausalzusammenhang für Desirudin (n = 2367) und unfraktioniertes Heparin (n= 1134) gleich häufig beobachtet (1,6 %). Sehr selten wurden bei erneutem Kontakt mit Desirudin Anti-Hirudin-Antikörper festgestellt. 4.9 Überdosierung Zu Desirudin gibt es kein Antidot. Eine Überdosierung mit Desirudin könnte zu Blutungskomplikationen führen. In solchen Fällen ist Desirudin abzusetzen. Falls erforderlich, können Plasmaexpander und/oder eine Bluttransfusion eingesetzt werden. 7 5. PHARMAKOLOGISCHE EIGENSCHAFTEN 5.1 Pharmakodynamische Eigenschaften Pharmakotherapeutische Gruppe: Antikoagulans, ATC-Code: B01 AX Wirkmechanismus Desirudin ist ein hochpotenter, selektiver Hemmer von frei zirkulierendem und in einem Gerinnsel gebundenem Thrombin. Nach subkutaner (s.c.) Injektion von 2 x tägl. 15 mg Desirudin ist ein um den Faktor 1,4 des Ausgangswerts verlängerter Mittelwert der maximalen aPTT festzustellen. In therapeutischen Serumkonzentrationen hat die Substanz keine Wirkung auf andere Enzyme des Blutgerinnungssystems, wie Faktor IXa, Xa, Kallikrein, Plasmin, tPA oder aktiviertes Protein C. Es hat gleichfalls keinen Einfluß auf andere Serinproteasen, wie die Verdauungsenzyme Trypsin oder Chymotrypsin, oder auf die Komplementaktivierung über klassische oder alternative Wege. In zwei kontrollierten, doppelblinden klinischen Prüfungen wurden bei Patienten unter Desirudin 15 mg s.c. 2 x tägl. (n = 370) im Vergleich zu Patienten, die eine Standarddosis unfraktionierten Heparins erhielten (n = 396) (p < 0,0001), insgesamt halb soviele thromboembolische Ereignisse beobachtet. Proximale tiefe Beinvenenthrombosen traten unter Heparin fünfmal so häufig auf (p < 0,0001). Bisher liegen klinische Daten ausschließlich zu Hüftoperationen vor. Pharmakodynamische Wirkungen Die blutgerinnungshemmenden Eigenschaften von Desirudin zeigen sich in dessen Fähigkeit, die Gerinnungszeit von menschlichem Plasma oder Rattenplasma zu verlängern, unabhängig davon, ob dies direkt (Thrombinzeit) oder intrinsisch (aPTT) oder extrinsisch (PT) induziert wird. Desirudin zeigt keine profibrinolytische Aktivität. 5.2 Pharmakokinetische Eigenschaften Resorption Die mittlere Resorptionsdauer für subkutan verabreichtes Desirudin beträgt bei Dosen von 0,1 bzw. 0,3 bzw. 0,5 mg/kg 4,1 bzw. 4,5 bzw. 5,4 Stunden (Gesamtmittelwert = 4,6 Stunden). Die mittleren AUC-Werte zeigen eine vollständige Resorption an. Nach Verabreichung subkutaner Einzeldosen von 0,1 bis 0,75 mg/kg stiegen die Plasmakonzentrationen von Desirudin rasch (zwischen 1 und 3 Stunden ) auf Maximalwerte (Cmax) an. Sowohl Cmax als auch die AUC zeigen ein dosisproportionales Verhalten. Verteilung Desirudin verteilt sich im extrazellulären Raum dosisunabhängig mit einem Verteilungsvolumen von 0,25 l/kg im steady-state. Stoffwechsel und Elimination In der ersten Phase werden innerhalb von 2 Stunden nach Injektion ca. 90 % eines i.v. Bolus aus dem Plasma eliminiert. Es folgt eine langsamere terminale Eliminationsphase mit einer dosisunabhängigen mittleren terminalen Halbwertszeit von 2 - 3 Stunden. Die mittlere Verweildauer beträgt 1,7 - 2 Stunden nach i.v. Injektion und 6 - 7 Stunden nach s.c. Injektion. Die Gesamtausscheidung unveränderten Desirudins im Urin beläuft sich auf 40 - 50 % der verabreichten Dosis. Metaboliten, die ein oder zwei Aminosäuren weniger am C -terminalen Endeaufweisen, stellen einen geringen Teil der im Urin nachweisbaren Substanzen (< 7 %). In-vitround in-vivo-Daten aus Tiermodellen zeigen, daß Desirudin größtenteils über die Niere ausgeschieden und metabolisiert wird. Über die Leber scheint keine signifikante Elimination von Desirudin oder des Thrombin-Desirudin-Komplexes zu erfolgen. 8 Sowohl nach subkutaner, als auch nach intravenöser Verabreichung von Desirudin lag die Gesamtclearance für Desirudin im selben Bereich (ca. 1,95 - 2,20 ml/min/kg). Sie erwies sich als dosisunabhängig. Bei älteren Probanden sind die Werte für die Gesamtclearance und die renale Clearance im Vergleich zu jungen Probanden etwas vermindert. Diese Verminderung kann wahrscheinlich als nicht klinisch signifikant betrachtet werden und gibt damit keinen Anlaß zur Dosisverminderung. 5.3 Präklinische Daten zur Sicherheit Allgemeine toxikologische Untersuchungen an verschiedenen Versuchstierarten ergaben keine Hinweise auf eine Organ- oder systemische Toxizität. Die Dosierung wurde durch die pharmakologische Aktivität von Desirudin begrenzt, die sich in Blutungen an der Injektionsstelle und in einigen Organen aufgrund der Hemmung der Blutgerinnung zeigte. Eine geringgradige Vaskulitis und fibrinoide Nekrose war nur beim Hund zu beobachten. Diese Wirkungen wurden mit selten und nicht regelmäßig auftretenden Desirudin-spezifischen Antikörpern beim Hund in Verbindung gebracht und somit auf eine hundespezifische immunologische Reaktion zurückgeführt. Bei Kaninchen oder Pavianen wurden derartige Antikörper nicht gefunden. In reproduktionstoxikologischen Untersuchungen erwies sich Desirudin als teratogen. Veränderungen zeigten sich in Form von Spina bifida beim Kaninchen und Omphalozele bei der Ratte. Ein mutagenes Potential wurde nicht nachgewiesen. 6. PHARMAZEUTISCHE ANGABEN 6.1 Hilfsstoffe Eine Durchstechflasche enthält zusätzlich zu Desirudin Magnesiumchlorid (Ph. Eur.) und Natriumhydroxid für Injektionszwecke (Ph. Eur.) Eine Ampulle mit Lösungsmittel enthält Mannitol (Ph. Eur.) gelöst in Wasser für Injektionszwecke (Ph. Eur.) Es werden keine Konservierungsmittel verwendet. 6.2 Inkompatibilitäten Desirudin darf nicht mit anderen Mitteln und Lösungsmitteln vermischt bzw. zusammen injiziert werden. 6.3 Dauer der Haltbarkeit Das Fertigarzneimittel hat eine Haltbarkeit von 24 Monaten bei Lagerung unter den angegebenen Bedingungen. 6.4 Besondere Lagerungshinweise Vor Licht geschützt und nicht über 25 °C lagern. 6.5 Art und Inhalt des Behältnisses Pulver zur Herstellung einer Injektionszubereitung Farblose Glas-Durchstechflasche mit 2 ml Inhalt, Glassorte I, entsprechend Ph. Eur., mit Verschluß aus Butylgummi, der auf der Innenseite mit einem Fluorpolymerfilm versehen ist. Lösungsmittel Farblose Glasampulle mit 1 ml Inhalt, Glassorte I, entsprechend Ph. Eur. 9 6.6 Hinweise für die Handhabung <und Entsorgung> Zur Herstellung der wässrigen Lösung sind die 0,5 ml der mitgelieferten Mannitolampulle unter aseptischen Bedingungen der Trockensubstanz in der Durchstechflasche zuzufügen. Leicht schütteln. Die Substanz geht rasch in Lösung. Die fertige Lösung ist so schnell wie möglich zu verbrauchen. Im Kühlschrank (2 - 8 °C) bleibt sie jedoch 24 Stunden stabil. Nach Lagerung über diesen Zeitraum hinaus ist die fertige Lösung zu vernichten. Die fertige Lösung sollte nicht verwendet werden, wenn sie sichtbare Partikel enthält. 7. PHARMAZEUTISCHER UNTERNEHMER Rhône-Poulenc Rorer S.A. 20 avenue Raymond Aron 92165 Antony Cedex Frankreich 8. NUMMERN IM GEMEINSCHAFT ARZNEIMITTELREGISTER DER EUROPÄISCHEN EU/1/97/043/001 EU/1/97/043/002 9. DATUM DER ZULASSUNG/VERLÄNGERUNG DER ZULASSUNG 9. Juli 1997 10. STAND DER INFORMATION 10