Experimentalphysik I Jede Woche ein Übungszettel (insgesamt ca

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Experimentalphysik I
Jede Woche ein Übungszettel (insgesamt ca. 10) mit mehreren Aufgaben zu
aktuellen Themen der Vorlesung.
Übungsgruppen (jeweils max. 25 Teilnehmer):
Montag
Mittwoch
Mittwoch
Donnerstag
Donnerstag
14:15 – 15:00 Uhr
14:15 – 15:00 Uhr (2x)
17:30 – 18:15 Uhr
08:15 – 09:00 Uhr (2x)
09:00 – 09:45 Uhr (2x)
Erster Aufgabenzettel: 26.10.2007
Erste Übungsgruppe: Woche vom 29.10. - 02.11.2007
Der Besuch der Übungen (Anmeldung über stud.ip) und die Bearbeitung der
Übungszettel ist wichtig für das Bestehen der Abschlussklausur.
Am Ende des Semesters wird eine 90-minütige Klausur über den Stoff der Vorlesung
Experimentalphysik I geschrieben. Zeitgleich wird eine Klausur zu dem Stoff der
Vorlesung Experimentalphysik II angeboten.
Termin: 02.04.2008, 09:00 - 12:00 Uhr (Anmeldung erforderlich)
1
Experimentalphysik I
Inhalt der Vorlesung Experimentalphysik I
Teil 1: Mechanik
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
9.
10.
11.
Physikalische Größen und Einheiten
Kinematik von Massepunkten
Dynamik von Massepunkten
Gravitation
Energie und Arbeit
Bewegte Bezugssysteme
Massenpunktsysteme und Stöße
Dynamik starrer Körper
Deformierbare feste Körper
Mechanische Schwingungen
Hydrostatik und Hydrodynamik
Teil 2: Wärmelehre
12. Temperatur und Wärme
13. Hauptsätze der Wärmelehre
2
Experimentalphysik I
Empfohlene Literatur: Experimentalphysik I + II
Lehrbücher
• Meschede: Gerthsen Physik
• Halliday: Physik - Bachelor Edition, Wiley-VCH
• Bergmann,Schäfer: Experimentalphysik, Mechanik, de Gruyter
• Giancoli: Physik, Pearson-Studium
Nachschlagewerke und Formelsammlungen
• Stöcker, Taschenbuch der Physik, Verlag Harri Deutsch
• Bronstein, Semendjajew, Taschenbuch der Mathematik, Verlag Harri Deutsch
• Großmann, Mathematischer Einführungskurs für die Physik, Teubner
3
Experimentalphysik I
Inhalt der Vorlesung Experimentalphysik I
Teil 1: Mechanik
1.
Physikalische Größen und Einheiten
1.1
1.2
1.3
1.4
1.5
1.6
1.7
2.
3.
4.
Unterteilung physikalischer Größen
Basisgrößen und Einheiten
Einheitennormale in der Mechanik
Genauigkeit von Messungen
Grundlagen der Vektorrechnung
Koordinatensysteme
Differential- und Integralrechnung
Kinematik von Massepunkten
Dynamik von Massepunkten
...
4
Experimentalphysik I
1. Physikalische Größen und Einheiten
1.1 Unterteilung physikalischer Größen
Die Physik beschreibt Vorgänge in der
Natur durch messbare Eigenschaften:
physikalische Größen.
Skalare Größen bestehen aus einer
Maßzahl und einer Einheit. Beispiele
sind die Zeit t, Temperatur T, Druck p,
Potential U, ...
Beziehungen zwischen physikalischen
Größen werden mit Hilfe mathematischer
Zusammenhänge ("Formeln") dargestellt.
Aus Einzelbeobachtungen wird zunächst
auf ein allgemeines Gesetz geschlossen.
Dies dient als Theorie/Hypothese zur
Erklärung von (neuen) Beobachtungen
und gestattet so die notwendige
Überprüfung der Theorie durch neue
Experimente.
Eine physikalische Theorie macht nur
Sinn, wenn sie anhand von Experimenten überprüft werden kann.
Vektorielle Größen besitzen zusätzlich
eine Richtung und haben i. allg. im
dreidimensionalen Raum drei Komponenten. Beispiele sind die Kraft F ,
Geschwindigkeit v , Stromdichte j , ...
Physikalische Größen höherer Ordnung
sind die sogenannten Tensoren. Diese
beschreiben Zusammenhänge z.B.
zweier Vektorgrößen. Ein Beispiel ist
das Hookesche Gesetz
ε = ( Eˆ ) −1 σ
⇔ σ = Eˆ ε
mit der Dehnung ε , Spannung σ und
Elastizitätstensor Ê , der hier in Form
einer 3×3-Matrix geschrieben wird.
5
Experimentalphysik I
1.2 Basisgrößen und Einheiten
Alle physikalischen Größen lassen sich
durch 7 Grundeinheiten (SI-Einheiten)
beschreiben:
Länge
Zeit
Masse
Temperatur
Stromstärke
Lichtstärke
Stoffmenge
Meter, m
Sekunde, s
Kilogramm, kg
Kelvin, K
Ampère, A
Candela, Cd
Mol, mol
Alle anderen physikalischen Einheiten
lassen sich auf diese Grundeinheiten
zurückführen.
6
Experimentalphysik I
1.3 Einheitennormale in der Mechanik
Sekunde: 1 s ist definiert als das
9192631770-fache der Periodendauer
beim Übergang zwischen den Hyperfeinstrukturniveaus des Grundzustandes
von 133Cs (Fehler: ∆t/t ≈ 10−14). Hierauf
beruht die Atomuhr der PhysikalischTechnischen Bundesanstalt (PTB) in
Braunschweig.
Meter: Die Grundeinheit 1 m seit 1983
definiert als die Strecke, die das Licht im
Vakuum in 1/299.792.458 s zurücklegt.
Hintergrund ist die Definition der Lichtgeschwindigkeit (Naturkonstante) auf
c = 299.792.458 m/s; somit ist das Meter
ähnlich genau festgelegt wie die
Sekunde. Das Urmeter in Paris hat
dagegen eine stark eingeschränkte
Genauigkeit.
Masse: 1 kg ist die Masse des
internationalen Kilogrammtyps, ein
Platin-Iridium-Zylinder in Paris mit
einem Fehler von ∆m / m ≈ 10−9.
Problematisch ist das "Auseinanderdriften" der verschiedenen nominell
gleichen Prototypen mit ca. 0.5×10−9
kg/Jahr aufgrund von Oberflächenschichten und der Eindiffusion von
Gasen in die Zylinder.
Alternativ ließe sich die Masse über
eine
bestimmte
Anzahl
einer
Atomsorte definieren. Hier besteht
aber die praktische Schwierigkeit, die
Anzahl der Atome genau zu messen.
7
Experimentalphysik I
Da die Werte physikalischer Größen
einen großen Wertebereich überstreichen, führt man Bezeichnungen für bestimmte Zehnerpotenzen ein:
femto, f
pico, p
nano, n
micro, µ
milli, m
centi, c
deci, d
deca, da
hecto, h
kilo, k
mega, M
giga, G
tera, T
peta, P
10-15
10-12
10-9
10-6
10-3
10-2
10-1
10
102
103
106
109
1012
1015
8
Experimentalphysik I
1.4 Genauigkeit von Messungen
Beispiel für statistische Fehler
Alle Messungen in der Physik sind mit
bestimmten Fehlern behaftet. Dies sind
einerseits systematische Fehler, die in
der Messmethode selbst liegen und
schwer abschätzbar sind; meist können
diese durch Verbesserung des Experiments verringert werden. Andererseits
treten immer statistische Fehler auf, z.B.
durch Fehler der Messinstrumente oder
Ablesefehler.
Start
Die Angabe eines Messwertes erfordert
daher die Angabe des betreffenden
Fehlers bzw. der Messunsicherheit:
x ± ∆xsys ± ∆xstat
Lichtschranken
x
Messung der Durchlaufzeit t für die
Strecke x :
Messergebnisse:
Nr.
Zeit t [s]
1
2
3
1.34
1.29
1.31
4
5
1.33
1.28
9
Experimentalphysik I
Sinnvoll ist hier die Angabe eines Mittelwertes t , der mit einem gewissen Fehler
σ den wahrscheinlichsten Wert angibt:
n Messungen: t1 , t 2 , t 3 ,
σ=
, tn
Wahrscheinlichster Wert ist dann:
1
t = (t1 + t 2 +
n
5
i =1
ti = 6.55 s
1
+ tn ) =
n
t =
Daraus folgt der mittlere quadratische Fehler (Streuung der Werte)
∆t
2
0.0026 s2
=
= 0.0255 s
4
Ein Messwert wird angegeben in der
Form:
n
ti
i =1
Wert = Mittelwert ± Streuung
t = t ±σ
6.55 s
= 1.31 s
5
Beispiel:
t = (1.31 ± 0.026) s
Ein Maß für den Messfehler ist:
1
=
n −1
( ∆t ) 2
5
i =1
(t
i − t
n
1
( ∆ti ) 2 =
n −1
i =1
)
2
= 0.0026 s2
n
i =1
(t
i
− t
)
2
Der relative Fehler in diesem Beispiel
ist
∆t σ
=
= 0.02
t
t
10
Experimentalphysik I
Beispiel:
Messgenauigkeit
bei
Bestimmung der Loschmidt-Zahl NA
der
Die Loschmidtsche Zahl L oder auch
Avogadro-Konstante NA gibt die Anzahl
der Atome pro Mol einer Substanz an. Die
Messgenauigkeit dieser Naturkonstante
hat sich im Laufe der Zeit stark erhöht:
Loschmidt (1865) L = (0.76 ± ? )
·1023
Millikan (1910)
L = (6.064 ± 0.006) ·1023
Kappler (1931)
L = (6.059 ± 0.061) ·1023
ICSU (1973)
L = (6.022045 ± 0.000031) ·1023
PTB (1981)
L = (6.0221360 ± 0.0000069) ·1023
ICSU (1985)
L = (6.0221358 ± 0.0000041) ·1023
1.5 Grundlagen der Vektorrechnung
Physikalische Größen, die durch
mehrere Eigenschaften (z.B. Stärke
und Richtung) beschrieben werden,
nennt man Vektoren.
Vektor
A
AB
B
Verschiebung
x
r = y = (x, y, z )
z
Der Vektor wird durch Angabe der
Koordinaten x, y, z quantitativ bestimmt.
11
Experimentalphysik I
Beispiel für einen Vektor in kartesischen
Koordinaten:
x
5,5
r = y = 5,4
z
3,5
5
Bei Addition mehrerer Vektoren gilt
z
(a + b ) + c = a + (b + c )
r
0
5
b
5
y
x
a
a+b
b
Addition zweier Vektoren
ax
bx
a x + bx
a = ay
, b = by
, a + b = a y + by
az
bz
a z + bz
b
a
a+b
b
=c
c
a
c
b+c
Betrag (Länge) eines Vektors
a
a = ax2 + ay2 + az2
12
Experimentalphysik I
Skalarprodukt
Gegeben seien 2 Vektoren a und b
In Komponentenschreibweise
das Skalarprodukt die Form
ax
a
az
b
a ⋅ b = a ⋅ b cos α
Daraus folgt sofort
a ⊥b
und
a ⋅a = a
2
bz
Beispiel:
Das Skalarprodukt ist definiert durch:
wenn
bx
a ⋅ b = ay ⋅ by = ax bx + a yby + az bz
α
a ⋅b = 0
hat
a=
3.7
4.9
− 2. 3
− 6. 8
b = 0.4
5.1
a ⋅b = −3.7 ⋅ 6.8 + 4.9 ⋅ 0.4 − 2.3 ⋅ 5.1
= −34.93
da dann α = 0
13
Experimentalphysik I
Dann ist das Vektorprodukt
Vektorprodukt
Wir führen folgende Einheitsvektoren ein:
− a y b x e z + a y bz e x
z
+ a z bx e y − a z b y e x
ez
ex
wieder ein Vektor
ey
y
x
mit
ex = e y = ez = 1
Es seien die zwei Vektoren
a = a x ex + a y e y + a z ez
b = bx e x + b y e y + b z e z
gegeben.
a × b = a x b y e z − a x bz e y
c=a×b
b
α
a
und sein Betrag
a × b = a b sin α
14
Experimentalphysik I
Kugelkoordinaten ( r, Θ, ϕ )
1.6 Koordinatensysteme
Je nach Symmetrie eines Problems ist
häufig die geometrische Beschreibung in
Zylinder- oder Kugelkoordinaten sinnvoll,
um den Rechenaufwand zu reduzieren.
r sin Θ cos ϕ
Zylinderkoordinaten ( ρ, ϕ, z )
z
r
z
r = r sin Θ sin ϕ
r cos Θ
r
Θ
ρ cos ϕ
r = ρ sin ϕ
ϕ
z
x
ϕ
x
ρ
y
ρ
y
r= r
ρ = r sin Θ = r sin Θ
ρ = x2 + y 2
15
Experimentalphysik I
1.7 Differential- und Integralrechnung
1.7.1 Ableitung einer Funktion
Gegeben sei nun eine beliebige
Funktion y = f (x ) , z.B.
y = A sin( ω x )
Gegeben sei die Gleichung einer Geraden bzw. linearen Funktion y ( x ) = a x
y = C log( 1 + x 2 )
y = a + bx + cx
y
y2
2
+ dx
3
Die "Ableitung" ist die Berechnung
der Steigung der Tangenten an einer
Funktion y = f (x) in einem Punkt x.
∆y
y1
y
∆x
x1
x2
x
y1
y = f (x)
Definition der Steigung
∆y y2 − y1 a x2 − a x1
m=
=a
=
=
∆x x2 − x1
x2 − x1
∆x → 0
x1
x
16
Experimentalphysik I
Man berechnet zunächst den Differenzenquotienten, d.h. die Sekantensteigung im
Punkt x1
y2 − y1 ∆y
=
x2 − x1 ∆x
Dann lässt man ∆x (und damit auch ∆y)
immer kleiner werden, bis man sich im
Grenzfall ∆x → 0 dem Punkt x genähert
hat (Grenzübergang).
Differentialquotient, Ableitung
dy
y −y
f ( x2 ) − f ( x1 )
= lim 2 1 = lim
dx ∆x→0 x2 − x1 ∆x→0
x2 − x1
∆y
= lim
= f ' ( x)
∆x→0 ∆x
Beispiel: Ableitung der Funktion
y ( x) = a x 2
Der Differenzenquotient ist (x2 = x1+∆x)
y2 − y1 a ( x1 + ∆x ) − a x12
=
x2 − x1
∆x
2
(
)
a 2 x1∆x + ∆x 2
=
= 2a x1 + a∆x
∆x
Dann muss der Grenzübergang
erfolgen, wobei x1 = x gesetzt wird:
y′( x) = lim (2a x + a ∆x )
∆x →0
Also ergibt sich für die Ableitung:
y′( x) = 2a x
17
Experimentalphysik I
Schreibweisen für die Ableitung:
dy
dx
LeibnizSchreibweise:
y ′( x ) =
2. Ableitung :
d dy
d2y
= 2
dx dx
dx
Zeitabhängige Vorgänge:
dy (t )
d 2 y (t )
= y (t ) ,
= y (t )
2
dt
dt
Ortsabhängige Vorgänge:
dy ( x)
d 2 y ( x)
= y ' ( x) ,
= y ' ' ( x)
2
dx
dx
Liste einiger wichtiger Ableitungen
1.
2.
3.
4.
5.
6.
d n
x = n x n−1
dx
d
1
x=
dx
2 x
d
sin ax = a cos ax
dx
d
cos ax = −a sin ax
dx
1
d
ln x =
dx
x
d ax
e = a eax
dx
18
Experimentalphysik I
1.7.2 Integration einer Funktion
Problemstellung: Wie groß ist die Fläche
S unter der Kurve f(x) zwischen den
Aus dem Differential der Funktion y(x)
folgt
dy
dx
dy = y′( x) dx
y′( x) =
Grenzen xa und xb ?
x
f(x)
dy = y ( x)
0
x
∆x
oder auch
y′( x) dx = y ( x)
0
xi
xa
S = lim
n
∆x → 0
n →∞ i =1
f ( x i ) ∆x =
xb
x
f(x)
xb
f ( x ) dx
xa
Hauptsatz der Differential und Integralrechnung: "Die Integration ist die
Umkehrung der Differentiation".
F ( x) =
x
f (ξ) dξ
0
0
x x + ∆x
19
Experimentalphysik I
Der Hauptsatz der Differential- und
Integralrechnung bedeutet mit der sog.
Stammfunktion F(x):
x
F ( x ) = f (ξ) dξ ⇔
0
xb
dF
= f ( x)
dx
f ( x) dx = F ( xb ) − F (xa )
xa
Die Ableitung einer Funktion n-ten Grades war
d n
x = n x n −1
dx
Daraus folgt
d (x ) = n x
n
n −1
dx
x n = d ( x n ) = n x n −1 dx
Setzt man m = n − 1
n = m +1
m +1
x
x m dx =
m +1
folgt
Integrale wichtiger Funktionen:
1.
1
dx = ln x
x
2.
e x dx = e x
3.
cos x dx = sin x
4.
sin x dx = − cos x
5.
6.
2
x dx =
3
( x)
3
ln x dx = x ln x − x
20
Experimentalphysik I
Inhalt der Vorlesung Experimentalphysik I
Teil 1: Mechanik
1.
2.
Physikalische Größen und Einheiten
Kinematik von Massepunkten
2.1
2.2
2.3
2.4
2.5
3.
4.
5.
Massenpunkte
Geschwindigkeit
Beschleunigung
Mehrdimensionale Bewegung
Kreisbewegung
Dynamik von Massepunkten
Gravitation
...
21
Experimentalphysik I
2. Kinematik vom Massenpunkten
Kinematik meint die Beschreibung einer
Bewegung in Form einer Gleichung, ohne
die Ursache der Bewegung zu
Trägt man den Ort über der Zeit auf,
so erhält man (hier: eindimensionaler
Fall)
die
Bahnkurve
x(t)
der
Bewegung.
x(t )
2.1 Massenpunkte
Ein Massenpunkt ist ein idealisierter
Körper, dessen gesamte Masse in einem
Punkt vereint ist. Die Lage des Massenpunktes wird durch einen Ortsvektor
beschrieben:
x(t )
r (t ) = y (t )
z (t )
Mit dem Superpositionsprinzip kann die
Bewegung
durch
Angabe
der
(voneinander unabhängigen) Koordinaten
x, y, und z beschrieben werden.
t
Das Ort-Zeit-Diagramm oder Bahnkurve x(t) enthält die gesamte
Information der Bewegung. Ais ihr
lassen sich die Größen Geschwindigkeit und Beschleunigung ableiten.
22
Experimentalphysik I
2.2 Geschwindigkeit
In einer Dimension schreibt man auch
Hat ein Körper eine konstante Geschwindigkeit, dann wird ihr Wert angegeben
durch den Quotienten
Geschwindi gkeit =
Weg
Zeit
m
s
Da neben dem Betrag auch die Richtung
wichtig ist, ist die Geschwindigkeit (im
dreidimensionalen Fall) ein Vektor:
r
v=
t
Hierbei ist t die Zeit, die zur Verschiebung
um die Strecke r benötigt
v=
x
t
Bei konstanter Geschwindigkeit ergibt
sich im Weg-Zeit-Diagramm (Bahnkurve) eine Gerade:
x(t )
∆x
∆t
t
Die Geschwindigkeit ist in diesem
Fall also
∆x
v=
∆t
23
Experimentalphysik I
Bei nicht konstanter Geschwindigkeit
ergibt sich eine beliebige Funktion:
Umgekehrt kann man aus dem
Verlauf der Geschwindigkeit v(t) auch
die Bahn berechnen:
v (t ) =
dx
dt
dx = v (t ) dt
t
t
0
0
x (t ) = dx = v (t ' ) dt '
Die mittlere Geschwindigkeit ist hier
v=
∆x
∆t
Definition der momentanen zur Zeit t
vorhandenen Geschwindigkeit v(t):
∆x(t ) dx
=
=x
∆t →0 ∆t
dt
v(t ) = lim
m
s
Die Integrationsvariable "Zeit" wird
hier mit t' bezeichnet, um sie von der
Integrationsgrenze t zu unterscheiden.
Sei die Geschwindigkeit konstant, also
v(t) = v0 = const., dann folgt
t
t
0
0
x(t ) = v0 dt ' = v0 dt ' = v0t + C
24
Experimentalphysik I
Wenn der Körper zum Zeitpunkt t = 0
am Ort x(0) = x0 war, dann folgt sofort
C = x0
x(t ) = v0t + x0
Dies ist vom Typ eine Geradengleichung.
2.3 Beschleunigung
Ändert sich die Geschwindigkeit v(t) mit
der Zeit t, spricht man von Beschleunigung.
Beschleuni gung =
Geschwindi gkeit
Zeit
m
s2
Die Definition der Momentanbeschleunigung in einer Dimension lautet:
dv d 2 x
= 2 =x
a (t ) =
dt dt
Anschaulich ist die Beschleunigung
die Krümmung der Bahnkurve bzw.
die Steigung in der v(t)-Kurve.
Aus der Beschleunigung kann auch
wieder rückwärts die Geschwindigkeit
und der Ort berechnet werden:
t
v(t ) = a (t ') dt '
0
Die mittlere Beschleunigung ist dann
∆v
a=
∆t
m
s2
t
x (t ) = v (t ') dt '=
0
t
'
t'
a (t ') dt 'dt ''
0
0
25
Experimentalphysik I
Die Integrationsvariablen "Zeit" werden
wieder mit t' bzw. t'' bezeichnet, um sie
von den Integrationsgrenzen zu unterscheiden.
Wenn der Körper zum Zeitpunkt t = 0
am Ort
x(0) = x0 war und die
Geschwindigkeit v(0) = v0 hatte, und
weiter die Beschleunigung a = a0 = const.
ist, dann folgt
1 2
x(t ) = x0 + v0t + a0t
2
Dies ist vom Typ eine Parabelgleichung.
Vorzeichen der Beschleunigung:
a > 0 : "Beschleunigung"
a < 0 : "Verzögerung"
a = 0 : "gleichförmige Bewegung"
Beispiel: Vollbremsung eines PKW's
Ein PKW bremst von der Geschwindigkeit 100 km/h bis zum Stillstand ab;
der Bremsweg beträgt 38 m.
Gesucht: Bremszeit ∆t, Verzögerung a
a=
∆v 0 − 100 km/h
=
∆t
∆t
a = const.
v nimmt linear mit t zu:
mittlere Geschwindigkeit v = 50 km/h
v=
38 m
∆x
∆x
=
= 2.7 s
⇔ ∆t =
v
50 km/h
∆t
-100 km/h
m
a=
= −10.3 2
2.7 s
s
26
Experimentalphysik I
Beispiel: Freier Fall
Auf der Erdoberfläche
wirkt die konstante Beschleunigung
a
m
a = g = 9.81 2
s
2.4 Mehrdimensionale Bewegung
Auch im dreidimensionalen Raum
wird die Bewegung wieder durch eine
Bahnkurve beschreiben:
x(t )
r (t ) = y(t )
z(t )
Nach t = 5 s freier Fall ist die Geschwindigkeit (am Anfang sei v0 = 0 m/s):
t
t
m
v = a dt '= g dt '= g t = 49.5
s
0
0
r (t )
und der zurückgelegte Weg x :
x=
t
0
t'
t
g 2
a dt 'dt ''= a t 'dt '= t = 122.6 m
2
0
0
27
Experimentalphysik I
Die Bewegung lässt sich zusammensetzen ("superpositionieren") aus den
(Teil-) Bewegungen entlang der drei
Koordinatenachsen.
In kartesischen Koordinaten ist
r (t ) = x(t ) ex + y(t ) ey + z(t ) ez
mit den Einheitsvektoren ex , ey und ez .
Der Betrag der Geschwindigkeit ist
dann gegeben durch
ds
v = x +y +z =
dt
2
2
2
Das Wegelement ist dann
ds = ( dx) 2 + ( dy ) 2 + (dz ) 2
Für die (momentane) Geschwindigkeit gilt
x(t )
v=
vx
dr (t )
= r (t ) = y (t ) = v y
dt
z (t )
vz
Die Ableitung eines Vektors erfolgt durch
Ableitung
der
Komponenten.
Der
Geschwindigkeitsvektor v (t ) liegt tangential zur Bahnkurve r (t ) .
Die (momentane) Beschleunigung ist
wieder die Änderung der Geschwindigkeit pro Zeit, jetzt aber als Vektor:
vx
x
dv
= vy = y
a=v =
dt
z
vz
28
Experimentalphysik I
Für die Berechnung der Sprungdauer
t0 wird der Landepunktpunkt am Boden
(Höhe gleich null) gewählt:
Beispiel: Sprung von einer Mauer
y(t)
y0
v0x
y (t = t0 ) = 0 ⇔ y0 =
r(t)
xe
x(t)
Die Anfangsgeschwindigkeit habe nur
eine Komponente v0x in x-Richtung.
Die wirksame Beschleunigung ist die
Erdbeschleunigung ay = −g.
Superpositionsprinzip:
1 2
x(t ) = x0 + v0 x t + a xt = v0 x t
2
1
1
y (t ) = y0 + v0 y t + a y t 2 = y0 − gt 2
2
2
1 2
gt0
2
t 0 = 2 y0 / g
Hiermit erhält man die Sprungweite xe
xe = x(t = t0 ) = v0 x 2 y0 / g
Für die Auftreffgeschwindigkeit ve gilt:
v x (t0 ) = v0 x = const.
v y (t0 ) = − gt0 = − 2 gy0
2
2
2
ve = v0 x + v y = v0 x + 2gy0
29
Experimentalphysik I
Beispiel: Schräger Wurf
Nochmalige Integration liefert den
zeitabhängigen Ortsvektor
t
r (t ) = r0 + v (t ') dt '
0
a
v0
z (t )
0
a= 0
−g
g = 9.81
v x ,0t + x0
v y ,0t + y0
x (t )
r (t ) = y (t ) =
m
s2
Die Geschwindigkeit ist dann
t
v = a dt '= a t + v0
0
Die Integration eines Vektors erfolgt
durch Integration der Komponenten.
−
1
g t 2 + v z ,0t + z 0
2
Für vy,0 = 0 und x0 = y0 = z0 = 0 ist
also y(t) = 0 und:
x (t ) = v x ,0 t
t =
x
v x ,0
1
g t 2 + v z ,0 t
2
v z ,0
g
z(x) =
x−
x2
2
v x ,0
2 v x ,0
z (t ) = −
30
Experimentalphysik I
Schräger Wurf in xy-Ebene
Wurf mit Geschwindigkeit v0 unter Winkel α
y
Die Bahnkurve in der xy-Ebene wird
durch separate für x und y dargestellt
x(t ) = (v0 cos α ) t
y (t ) = (v0 sin α ) t −
ymax
1 2
gt
2
Berechnung der Wurfdauer t0
v0
y (t0 ) = 0
x
α
xw
Der Geschwindigkeitsvektor lautet
v=
v0 x
v0 y
=
v0 cos α
v0 sin α
(v0 sin α )t0 =
⇔ t0 =
1 2
gt0
2
2v0
sin α
g
Berechnung der Wurfweite xm
x(t0 ) = xw = (v0 cos α )t0
2
2v
= 0 sin α cos α
g
31
Experimentalphysik I
Die maximale Wurfweite erhält man aus
dem Extremum der Funktion xw(α)
2
2v0 d
dxw
(cosα sin α )
=0=
dα
g dα
2
2v0
(− sin α sin α + cosα cosα )
=
g
2
2v
= 0 (1 − 2 sin 2 α )
g
1
⇔ sin 2 α = ⇔ α = 45°
2
Versuch: Wasserstrahl (1)
Der Wasserstrahl tritt aus einer
Düse horizontal mit einer Anfangsgeschwindigkeit v0 aus, die konstant bleibt, so dass der Weg linear
mit der Zeit zunimmt:
Beide unabhängigen Bewegungen
zusammen ergeben die Wurfparabel.
x
y
Wasserstrahl
Die maximale Wurfweite (hier: unter
Vernachlässigung von Luftreibung) wird
also für einen Abwurfwinkel α = 45°
erreicht.
32
Experimentalphysik I
Beispiel: Wasserstrahl (2)
In einem Brunnen sind zwei Wasserdüsen im Abstand von 2b = 8.0 m montiert
und um jeweils den Winkel α = 70°
geneigt. Aus den Düsen tritt das Wasser
mit der Anfangsgeschwindigkeit von
v0 = 10 m/s. Wie groß ist die Höhe h ?
Die Anfangsgeschwindigkeit ist in vektorieller Schreibweise
v0 =
v0 cos α
vx 0
3.42 m
=
=
9.40 s
v0 sin α
vx 0
Die Zeit, die das Wasser von der Düse
bis zum Kreuzungspunkt braucht, ist
b
= 1.17 s
t=
vx,0
y
Der Bahnvektor im Kreuzungspunkt ist
vx,0 t
r (t ) =
h
0
−
v0
α
α
b
b
x
1 2
g t + v z , 0t
2
4.00
=
0.0 m
4.28
Mit t = 1.17 s ergibt sich so eine Höhe
Wasserstrahlen von h = 4.28 m.
33
Experimentalphysik I
2.5 Kreisbewegung
Die Geschwindigkeit ist immer tangential zur Bahn des Massenpunktes.
e ||
Für die Kreisbewegung werden auf
Grund der Symmetrie (ebene) Polarkoordinaten benutzt
r (t )
v
Bahn
ϕ (t )
e|| = Einheitsve ktor
e|| = 1
Dann ist die Geschwindigkeit
v = v e|| mit v = v
Bei der Bewegung verändert sich mit der
Zeit t sowohl der Betrag v(t) der
Geschwindigkeit
als
auch
deren
Richtungsvektor e||(t).
r (t ) =
r
ϕ (t )
, r = const.
Die gesamte Zeitabhängigkeit wird
durch die Funktion ϕ (t) beschrieben.
34
Experimentalphysik I
Der Winkel
ϕ=
s
r
Der Vektor ω legt mit seiner Richtung
die Drehachse der Rotation fest und mit
seinem Betrag die (Kreis-) Frequenz.
mit dem Kreisbogenabschnitt σ wird im
Bogenmaß mit der Einheit rad (Radian)
angegeben. Ein Winkel von 2π rad entspricht 360 °im Gradmaß.
Die Winkelgeschwindigkeit ω ist die
Winkeländerung pro Zeit:
d ϕ (t )
ω (t ) =
dt
Meist wird die Größe ω als Kreisfrequenz (Einheit s-1) bezeichnet.
Die Bahngeschwindigkeit v ist der zurückgelegte Weg s pro Zeit, also
s
dϕ
v= =r
=ω r
t
dt
v
ϕ
ω
r
dϕ
ω =
dt
0
Die Bahngeschwindigkeit ist dann:
v =ω×r
35
Experimentalphysik I
In vektorieller Schreibweise lautete
die vorherige Beziehung also
v = ω × r , d.h. v ⊥ ω , r
Zeigt der rechte (!) Daumen in Richtung von ω (Drehachse), so geben
die Finger die Drehrichtung an.
Die Winkelbeschleunigung α ist definiert durch:
d ω ( t ) d 2ϕ ( t )
α (t ) =
=
dt
dt 2
Dagegen gilt für die Bahnbeschleunigung a:
dv
d (ω × r )
=
dt
dt
dω
dr
=
×r +ω ×
dt
dt
= α × r +ω ×v
a =
Im Falle einer gleichförmigen Kreisbewegung mit ω = const. wirkt nur die so
genannte Zentripetalbeschleunigung az
a = a z = ω × v = ω × (ω × r )
Die Zentripetalbeschleunigung az zeigt
zum Mittelpunkt der Kreisbahn, also
entgegengesetzt zum Ortsvektor r.
Beispiel: Kurvenflug eines Düsenjets
Düsenjet fliege mit v0 = 2.000 km/h
(Mach 2) eine Kurve mit Radius r = 5 km
v2
| a z |= ω r =
= 61.7 ms -2 ≈ 6.3g
r
2
Es wirkt mehr als die sechsfache Erdbeschleunigung (g = 9.81 ms-2) auf den
Piloten; bereits bei Beschleunigungen
von mehr als 4g kommt es aufgrund von
Blutmangel im Gehirn zur Ohnmacht.
36
Experimentalphysik I
Inhalt der Vorlesung Experimentalphysik I
Teil 1: Mechanik
1.
2.
3.
Physikalische Größen und Einheiten
Kinematik von Massepunkten
Dynamik von Massepunkten
3.1
3.2
3.3
3.4
3.5
3.6
3.7
3.8
3.9
3.
4.
5.
Wechselwirkungen und Kräfte
Newtonsche Axiome
Äquivalenzprinzip
Messung und Zerlegung von Kräften
Impulserhaltung
Raketenantrieb
Lösen von Bewegungsgleichungen
Drehimpuls und Drehmoment
Drehimpulserhaltung
Gravitation
Energie und Arbeit
...
37
Experimentalphysik I
3. Dynamik von Massepunkten
Während die Kinematik eine quantitative
Beschreibung von Bewegungen über die
Zusammenhänge von Ort, Geschwindigkeit und Beschleunigung ermöglicht,
beruht die Analyse von Bewegungen und
Bewegungsänderungen in der Dynamik
auf den Ursachen dieser Änderungen,
d.h. den wirksamen Kräften.
In der Physik werden Wechselwirkungen
von Körpern und Systemen durch Kräfte
beschrieben. Man unterscheidet die vier
fundamentalen Kräfte bzw. Wechselwirkungen:
-
Gravitationswechselwirkung
bzw.
-kraft (Schwerkraft). Grundlage für
Mechanik und Planetenbewegung.
- Elektromagnetische Wechselwirkung,
Coulomb-Kraft. Grundlage für Elektrostatik und -dynamik.
- Starke Wechselwirkung, kurzreichweitige Kernkraft (~10−15 m). Verantwortlich für Kernbindung.
- Schwache Wechselwirkung, extrem
kurzreichweitige
Kernkraft, bewirkt
z.B. den Beta-Zerfall von Kernen
Für die Dynamik ist die Gravitationskraft
entscheidend. Die Beschreibung von
Bewegungen baut auf den drei
Newtonschen Axiomen oder Gesetzen
auf.
38
Experimentalphysik I
3.2 Newtonsche Axiome
1. Axiom: Galileisches Trägheitsprinzip
"Ein Körper verharrt in seinem Bewegungszustand, so lange keine äußere
Kraft auf ihn wirkt."
F =0
v = const. bzw.
dv
=0
dt
Eine alternative Formulierung dieses
Axioms benutzt den Impuls p eines
Körpers der Masse m:
p = mv , Einheit kg m s −1
F =0
p = const.
Dies ist die so genannte Impulserhaltung und berücksichtigt auch den
Fall von nicht konstanter Massen m(t).
2. Axiom: Aktionsprinzip oder auch
"Grundgleichung der Mechanik"
"Jede Änderung des Bewegungszustandes erfordert die Einwirkung einer
äußeren Kraft."
In Richtung der Kraft F wirkt eine Beschleunigung a . Das Verhältnis aus Kraft
und Beschleunigung ist die Masse m.
d ( mv ) d p
F = ma =
=
dt
dt
Die Formulierung mit Hilfe des Impulses
berücksichtigt wieder zeitlich veränderliche Massen.
Die Einheit der Kraft ist Newton:
1N =
kg m
s2
39
Experimentalphysik I
Beispiele: Zeitlich veränderliche Massen
3. Axiom: Reaktionsprinzip
(i) Kernreaktionen, z.B. H1 + n
D2
D2: Deuterium, schwerer Wasserstoff
"Zwei Körper üben aufeinander gleich
große, entgegengesetzt wirkende Kräfte
aus."
Massenbilanz: mH + mn = mD + ∆m
Die fehlende Masse ∆m entspricht nach
Einstein der Energiedifferenz ∆Ε = ∆m c2.
Diese Energie wird als γ −Quant emittiert.
„actio = reactio“
F1
F2
F2 = − F1
(ii) Relativistische Geschwindigkeit, Zunahme der Masse mit Geschwindigkeit:
m (v ) =
m0
1− v2 / c2
m0: Ruhemasse für v = 0
c: (Vakuum-) Lichtgeschwindigkeit
Beispiel: Freier Fall
m
F = mg
F ' = −mg = − F
Erde
40
Experimentalphysik I
Masse m wird von der Erde mit der
Kraft F = mg angezogen. Umgekehrt
wird die Erde von der Masse m mit der
'
Kraft F = − mg angezogen.
Beispiel: Zentripetalkraft und Zentrifugalkraft bei der Kreisbewegung
r (t )
Kraft und Gegenkraft greifen im
Allgemeinen
an
unterschiedlichen
Körpern an.
ϕ (t )
Aus der Zentripetalbeschleunigung
a = −ω 2 r folgt mit F = ma die Zentripetalkraft Fp, die der Kraft auf ein Seil
entspricht. Die Zentripetalkraft ist
umgekehrt gleich der nach außen
wirkenden Zentrifugalkraft Ff:
Zentripetalkraft:
F p = − mω 2 r
Zentrifugalkraft:
F f = + mω 2 r
41
Experimentalphysik I
Kräftegleichgewicht, Statik
Ein System, in dem keine Bewegungen
auftreten, nennt man statisch.
Die Erfahrung lehrt, dass eine Kraft
einen Körper beschleunigt. An einem
statischen System muss daher die
Summe der Kräfte verschwinden:
F1
Masse in
Ruhe
F2
Im statischen Gleichgewicht gilt für die
Vektorsumme aller Kräfte:
F1 + F2 + F3 +
n
i =1
+ Fn = 0
Fi = 0
Eine zweite Bedingung lautet, dass
auch keine Drehmomente auf das
System wirken, dass also auch für die
Vektorsumme aller Drehmomente gilt:
M1 + M 2 + M 3 +
n
Fi
i =1
+ Mn = 0
Mi = 0
Drehmomente werden in Abschnitt 3.8
eingeführt.
42
Experimentalphysik I
3.3 Äquivalenzprinzip
3.4 Messung & Zerlegung von Kräften
Im 2. Axiom ist die Masse m ein Maß
für die Trägheit gegenüber einer Beschleunigung durch von außen angreifende Kräfte, d.h. eine "träge Masse".
Die Gewichtskraft im Schwerefeld der
Erde ist
Lineare Federkraft: Hookesches Gesetz
FG = mg
mit der ortsabhängigen Erdbeschleunigung g (r ) . Die Größe der Gewichtskraft ist proportional zur Masse, die hier
als "schwere Masse" bezeichnet wird.
Nach dem Äquivalenzprinzip (und allen
bisherigen Präzisionsmessungen sind
schwere Masse ms und träge Masse mt
gleich:
ms = mt
x
Rücktreibende Kraft
ist proportional zur
Auslenkung:
Fr = − D x
D: Federkonstante
Einheit N/m
Alternative Messmethoden:
- Messung als Druck (Kraft pro Fläche)
- Stoßprozesse: Ablenkung von Körpern
in Kraftfeldern liefert Rückschlüsse auf
Form des Kraftfeldes. Beispiel Rutherford-Streuung an Atomkernen.
43
Experimentalphysik I
Kräfte an elastischen Körpern
Lineare Abhängigkeit:
Dehnung eines Drahtes
FD
FD
Die Dehnungskonstante ist
FD
Die Ausdehnung ∆x wird für verschiedene Gewichtskräfte G gemessen
FD
= D = const.
∆x
Hookesches Gesetz:
FD = D ∆x
44
Experimentalphysik I
Zerlegung von Kräften
Beispiel: Seilkräfte
Kräfte sind Vektoren und werden nach
dem Superpositionsprinzip ungestört
überlagert:
y
F1
Fges
F1
F2
F2
Fges = F1 + F2
Die Gesamtkraft, welche auf einen Körper wirkt, ist die Summe aller einzelnen
Kräfte, d.h.
Fges = F1 + F2 +
+ FN =
x
F3
N
i =1
Fi
F1 =
− F1 cos α
− F1 sin α
F3 =
F2 =
F2 cos β
− F2 sin β
0
− F3
45
Experimentalphysik I
F1 + F2 + F3 = 0
F1 + F2 = − F3
F2
α
F3
Durch Quadrieren erhält man
2
(
F3 = F1 + F2
)
2
Fs
FG
γ
F1
Gespanntes Seil mit Gewicht
= F12 + F22 + 2 F1 ⋅ F2
F32 = F12 + F22 + 2 F1 F2 cos γ
Es folgt
F32 − F12 − F22
cos γ =
2 F1 F2
FH
FG
Die Kraft, die das Seil spannt, ist FS.
Damit wird
FG = 2 Fs sin α
Fs =
FG
2 sin α
Für sehr kleine α kann Fs sehr groß
werden, das Seil reißt.
46
Experimentalphysik I
Flaschenzug mit N Rollen
Beispiel: Flaschenzug
Annahmen:
1. reibungslose Rolle: F1 = F2
2. Ideales Seil:
kein Biegemoment
1
F = Fs
2
lose Rolle
feste
Rolle
1
F = Fs
2
Zugkraft am Seil
F =
Fs
2N
47
Experimentalphysik I
3.5 Impulserhaltung
Beispiel: Schiefe Ebene
Der Gesamtimpuls eines abgeschlossenen Systems ist eine Erhaltungsgröße:
FH
α
FN
p ges =
FG
α
FN = FG cos α
FH = FG sin α
Die Normalkraft FN drückt den Wagen
auf die Fahrbahn, die Hangabtriebskraft FH bewirkt die Bewegung
N
i =1
pi = const.
Wichtig ist die Abgeschlossenheit des
Systems.
Beispiele:
bremsender PKW: Fahrzeug und
Fahrbahn (Erde),
Billard: Kugel und Bande
Rakete: Rumpf und Abgase
Bei mehrdimensionalen bzw. vektoriellen Impulsen gilt die Impulserhaltung
aufgrund des Superpositionsprinzips für
jede Raumkomponente getrennt.
48
Experimentalphysik I
3.6 Raketenantrieb
Eine Rakete habe die Geschwindigkeit v
und die Masse m. Das Gas trete mit der
Geschwindigkeit v' aus der Rakete aus.
Das betrachtete Gesamtsystem besteht
hier aus der Rakete und den ausströmenden Gasen. In der Zeit ∆t verbrennt
die Treibstoffmasse ∆m, die Geschwindigkeit erhöht sich gleichzeitig um ∆v.
Die Impulsbilanz lautet:
Vakuum
p (t ) = mv
p(t + ∆t ) = (m − ∆m)(v + ∆v) + ∆mv '
Gas
v
v'
m
ve = v'−v < 0
Die Ausströmgeschwindigkeit des Gases
relativ zur Rakete ist
ve′ = v'−v
∆p = p (t + ∆t ) − p (t )
= m∆v + ∆mve − ∆m∆v
Die Impulsänderung ist dann
∆p
∆v ∆m
∆m ∆v
ve −
=m
+
∆t
∆t ∆t
∆t
dp
dv dm
∆p
ve
= lim
=m +
∆
→
0
t
dt
dt dt
∆t
da der dritte Summand gegen Null geht.
49
Experimentalphysik I
Die Impulsänderung nach dem 2. Axiom
ist gleich der äußeren Kraft F; sie setzt
sich zusammen aus dem Produkt aus
Masse m und Beschleunigung aR = dv/dt
der Rakete, und der Schubkraft Rve
F=
dp
= maR − Rve mit ve < 0
dt
und der Brennstoffrate R = −dm/dt > 0.
Integration der Gleichung von t = 0 bis
zur Brennzeit t = T , bei der der Brennstoffvorrat mB = m0 − m verbraucht ist,
wobei m0 die Startmasse ist, liefert
m0
m
− gt
v(T ) = ve ln
− gt = ve ln
m
m0
Beispiel: Saturn-Mondrakete
Für die erste
Raketenstufe gilt
Beim Start ist die äußere Kraft die Schwerkraft der Rakete, im All ist sie gleich null.
Start auf der Erdoberfläche:
m0 = 2.9 ×106 kg
m = 0.6 ×106 kg
ve = 2500 m/s
T = 153 s
dv dm
ve = −mg
F =m +
dt dt
dm
⇔ dv = −
ve − g dt
m
Dies ist die so genannte Raketengleichung.
v(T ) = 4000
m
m
− gT ≈ 2500
s
s
50
Experimentalphysik I
Beispiel: Raketenrucksack
3.7 Lösen von Bewegungsgleichungen
Bedingung für Aufsteigen ist aR > 0:
Beispiel: Freier Fall in Erdnähe
dv R
=
ve − g > 0
dt m0
Zahlenwerte:
m0 = 150 kg
ve = 300 m/s
R = 5 kg/s
Es wird die Reibung vernachlässigt und
angenommen, dass g = const.
m
z
Gewichtskraft
Fg = m g
g = 9.81
m
s2
Es handelt sich um ein eindimensionales
Problem, d.h. nur Komponenten entlang
der z-Achse sind ungleich Null. Das 2.
Newtonsche Axiom (Beträge) liefert:
Eine Flugzeit von z.B. T = 20 s erfordert
daher rund 100 kg Treibstoff.
F = ma = m g
d 2 z dv
=
=g
2
dt
dt
51
Experimentalphysik I
Zweimalige Integration der Gleichung
ergibt den der Fallweg z(t)
z (t ) =
1 2
g t + v0t + z0
2
Beispiel: Atwoodsche Fallmaschine
Beide Massen M und m werden durch
die Gewichtskraft der Masse m gleichmäßig beschleunigt.
Mit den Anfangswerten z0 und v0 als
Ort und Geschwindigkeit zur Zeit t = 0.
Für den Fall z0 = 0 und v0 = 0 erhält
man für die Fallkurve eine Parabel.
M
z [ m]
a
m
F
Fallkurve
x
Die Bewegungsgleichung lautet:
t
[s ]
F = (M + m ) a = (M + m ) x = m g
52
Experimentalphysik I
Integration liefert mit den Startwerten
x0 = 0 , v0 = 0
m
a=x=
g
M +m
m
gt
x=
M +m
1 mg 2
x(t ) =
t
2 M +m
Der Vergleich mit dem freien Fall zeigt
eine um den Faktor m⁄(M+m) geringere
Beschleunigung a.
Die Fallzeit t ist entsprechend erhöht:
t=
Beispiel: Federpendel
2 x(M + m )
2x
=
mg
a
D
FD
m
Fg
Masse
m
mit
Gewichtskraft Fg
hängt an einer Feder mit Federkonstante D. In der
Ruhelage (Kräftegleichgewicht, d.h.
Fg = FD) sei x = 0.
Wird die Masse um die Strecke x aus
der Ruhelage ausgelenkt, so wirkt die
rückstellende Federkraft
F (t ) = − D x(t )
53
Experimentalphysik I
Mit dem 2. Newtonschen Axiom,
d 2x
F = ma = m 2 = mx
dt
wird die Bewegung x(t) der Masse m
durch eine Differentialgleichung (DGL)
2. Ordnung beschrieben:
F (t ) = − D x(t ) = mx(t )
D
⇔ x(t ) = − x(t )
m
Eine allgemeine Lösung ist
x(t ) = A sin(ωt ) + B cos(ωt )
Dies ist die allgemeine Schreibweise
einer harmonischen Schwingung.
Die Randbedingung sei x (t = 0) = x0, d.h.
die Masse m wird zur Zeit t = 0 mit der
Anfangsauslenkung x0 losgelassen:
Einsetzen von x (t) in die DGL liefert die
Schwingung
x(t ) = x0 cos(ωt )
mit der Schwingungskreisfrequenz
ω=
D
m
Die Schwingungsfrequenz f (Anzahl der
Schwingungen pro Sekunde) und die
Periodendauer T (Zeit für eine
vollständige Schwingung) ist dann
f =
1
ω
=
2π 2π
D
1
, T=
m
f
54
Experimentalphysik I
Beispiel: (Mathematisches) Fadenpendel
l
ϕ
m
Fs
s
Fr
Fg
Masse m am Faden
der Länge l wird um
den Winkel ϕ bzw.
den Kreisbogenabschnitt s ausgelenkt.
Es ist
− s = −lϕ
Die Gewichtskraft Fg der Masse m wird
zerlegt in Seilkraft Fs und rücktreibende
Kraft Fr in Richtung der Bewegung mit
Fr = −mg sin ϕ
Das Minuszeichen berücksichtigt, dass
die rücktreibende Kraft der Auslenkung
entgegenwirkt.
Für kleine Auslenkungen ϕ << 1 gilt
sin ϕ = ϕ −
ϕ3
3!
+
ϕ5
5!
− ... ≈ ϕ
Die Bewegungsgleichung lautet dann
Fr = −mg ϕ = −mg
s
= ms
l
Mit der Randbedingung s (t = 0) = s0 lautet eine Lösung dieser harmonischen
Schwingungsgleichung wieder
s (t ) = s0 cos(ωt )
mit der Schwingungskreisfrequenz
ω=
g
l
55
Experimentalphysik I
Beispiel: Hemmpendel
Die Kugel des Fadenpendels schwingt
auf beiden Seiten auf
die gleiche Höhe h,
unabhängig von der
Position des Hemmstabs. In dieser Höhe
ist
die
kinetische
Energie vollständig in
potentielle
Energie
umgewandelt worden.
Hemmstab
h
56
Experimentalphysik I
3.8 Drehmoment und Drehimpuls
Drehmoment
Beispiel: Balkenwaage
Gleichgewicht
Waage:
m1
an
der
l
gleicharmigen
l
m2
Für m1 = m2 sind die Gewichtskräfte
gleich, also
F1 = F2
m2
Bei ungleichen Hebelarmen gilt:
F2
F1
m1
m1 l1 = m2 l2
F1 l1 = F2 l 2
Wenn die Kraft F und der Hebelarm l
senkrecht aufeinander stehen, so ist
das Produkt aus beiden das Drehmoment
M = Fl
57
Experimentalphysik I
Allgemein gilt für das Drehmoment:
r
M = r F sin α
α
r sin α
F
und damit
Experiment zum
Vektorprodukt des
Drehmoments mit Hilfe einer drehbaren
Scheibe:
M =r×F
r
Fall 1:
×
M
Fall 2:
r
Das Drehmoment als Vektorprodukt
M = r × F aus Hebelarmvektor und
Kraftvektor steht senkrecht zu den
beiden Größen und gibt die Drehachse
an, um die sich ein Körper drehen
könnte (falls M ungleich Null ist).
F⊥r
F
F
M = M
max
F || r
M =0
m1
m2
58
Experimentalphysik I
Experiment: Momentenscheibe
Drehimpuls
Der lineare Impuls war definiert durch:
Scheibe
p = mv
Der Drehimpuls eines Massepunktes
ist definiert als:
L = r × p = r × mv
Die Größe des Drehimpulses hängt
von der Wahl des Ursprungs ab.
Drehachse
L bezogen auf den Kreismittelpunkt O:
L || ω
Gewichte
59
Experimentalphysik I
L'bezogen auf den Punkt O'
:
L'
||ω
Der Drehimpuls war definiert als
L=r×p
Daraus folgt durch zeitliches Ableiten
dL
=r× p+r× p
dt
Wegen
p = mv = mr
r || p
r×p=0
ergibt sich:
Mit
r ≠ r 'gilt auch
L′ = mr ′ × v ≠ L = mr × v
dL
=r×p
dt
60
Experimentalphysik I
Mit dem 2. Newtonschen Axiom folgt
F=p
Das Drehmoment wurde definiert als:
M = r×F
3.9 Drehimpulserhaltung
Betrachtet wird ein abgeschlossenes
System aus zwei Teilchen der Massen
m1 und m2 an den Orten r1 und r2:
m1
r = r2 − r1
m2
Also gilt
dL
= r ×F = M
dt
Ein Drehmoment M bewirkt demnach
eine Änderung des Drehimpulses L .
Dies ist eine ähnliche Gleichung wie das
2. Newtonsche Axiom und wird daher
auch als Grundgleichung der Drehbewegung bezeichnet:
dL
=M
dt
⇔
dp
=F
dt
r1
r2
Nach dem 3. Newtonschen Axiom wirken entgegengesetzte, gleiche große
(Gravitations-) Kräfte auf die Massen.
Das gesamte Drehmoment lautet:
M = r1 × F12 + r2 × F21 = r × F12 = 0
weil F21 || r für Zentralkräfte ist.
61
Experimentalphysik I
In einem abgeschlossenen System, auf
das keine externen Momente einwirken,
gilt also die Drehimpulserhaltung:
M=
dL
=0
dt
L = const.
Dann gilt:
M = r × F (r ) = r × [ f (r ) r ] = 0
In Zentralkraftfeldern bleibt der Drehimpuls also erhalten.
Der Gesamtdrehimpuls des Systems ist
eine Erhaltungsgröße. Da der Drehimpuls ein Vektor ist, gilt diese Aussage
für jede einzelne Komponente.
Beispiel: Massepunkt im Zentralkraftfeld
In einem Zentralkraftfeld zeigt die Kraft
entlang der Verbindungslinie der miteinander wechselwirkenden Körper und
ist eine Funktion des Abstandes:
F (r ) = f (r ) r
62
Experimentalphysik I (Kip WS 2009)
Inhalt der Vorlesung Experimentalphysik I
Teil 1: Mechanik
1.
2.
3.
4.
Physikalische Größen und Einheiten
Kinematik von Massepunkten
Dynamik von Massepunkten
Gravitation
4.1 Keplersche Gesetze
4.2 Newtonsches Gravitationsgesetz
4.3 Messmethoden: Gravitationswaage
5.
6.
7.
Energie und Arbeit
Bewegte Bezugsysteme
...
67
Experimentalphysik I (Kip WS 2009)
4. Gravitation
Geozentrisches Weltbild
Aus dem vorherigen Kapitel ist bekannt,
dass in einem Zentralkraftfeld wie dem
Gravitationsfeld der Drehimpuls konstant
ist:
r
dL d r r r
= (r × p) = 0
dt dt
Die Bewegung von Planeten im Weltall
erfolgt daher in einer Ebene senkrecht
zum Drehimpulsvektor um die Sonne.
Im Gegensatz zum geozentrischen Weltbild mit der Erde im Mittelpunkt bewegen
sich die Planeten im heliozentrischen
Weltbild auf Ellipsenbahnen um die
Sonne.
68
Experimentalphysik I (Kip WS 2009)
Heliozentrisches Weltbild
Erschwert wird die Planetenbeobachtung durch die Kreisbewegung der Erde, welche zu schleifenartigen Planetenbahnen (von der Erde betrachtet) führt.
4.1 Keplersche Gesetze
Alle Planeten bewegen sich auf elliptischen Bahnen um die Sonne. Die
Sonne steht dabei in einem Brennpunkt
der Ellipse.
Die Beobachtung der Planetenbahnen
durch Kepler (1609-1619) führt auf die
drei Keplerschen Gesetze:
Astronomica Nova (1609)
Harmonici Mundi (1619)
69
Experimentalphysik I (Kip WS 2009)
Eine Ellipse ist eine geschlossene Kurve
mit der bestimmenden Beziehung
x2 y2
+ 2 =1
2
a b
B1
"Die Planetenbewegung erfolgt auf
Ellipsenbahnen mit der Sonne in
einem der Brennpunkte."
2. Keplersches Gesetz
y
b
1. Keplersches Gesetz
r
u
v B
2
a
x
"Der Fahrstrahl r (t ) (Verbindungslinie
zwischen Sonne und Planet) überstreicht in gleichen Zeiten gleiche
Flächen."
Δt
Sonne
Ellipse
Die Brennpunkte sind B1 und B2. Für die
Verbindungslinien zu jedem Punkt der
Ellipse gilt u + v = const. . Im Grenzfall
a = b erhält man einen Kreis.
A1
r
r (t )
A2
Δt
dA
= const.
dt
70
Experimentalphysik I (Kip WS 2009)
3. Keplersches Gesetz
"Die Quadrate der Planetenumlaufzeiten
sind proportional zur dritten Potenz der
großen Halbachsen (dies ist der mittlere
Abstand Sonne-Planet)."
2
2
3
Ti
T1
a1
=
⇔
= const . ∀ i
2
3
3
T2
a2
ai
1r r
1 r
r
r × dr =
r × m dr
2
2m
r
1 r
dr
=
r × m dt
2m
dt
1 r
r
=
r × m v dt
2m
dA =
4.2 Newtonsches Gravitationsgesetz
Ausgangspunkt sind das 1. und 2.
Keplersche Gesetz:
Für die in der Zeit dt überstrichene
Fläche dA gilt:
r
dr
dA
r
r
dA
= const.
dt
Es folgt weiter
r
dA
1 r
=
r ×mv
dt 2m
1 r r
=
r×p
2m
1
=
L = const.
2m
71
Experimentalphysik I (Kip WS 2009)
Damit gilt
Δt
dA
1 r
A( Δt ) = ∫
dt =
L Δt
dt
2m
0
d.h. das 2. Keplersche Gesetz folgt aus
der Drehimpulserhaltung
r r
r für Zentralkraftfelder F (r ) = f (r ) r .
Nach dem 3. Newtonschen Axiom üben
zwei Massen gleich große Kräfte aufeinander aus, d.h. es muss gelten F ~ m1m2.
Aus den Vorüberlegungen resultiert der
Ansatz für die Gravitationskraft FG :
r r
FG (r ) = G m1 m2 f (r ) rˆ
Ein Vektor in radialer Richtung mit
dem Betrag 1 wird als (radialer) Einheitsvektor bezeichnet. Mögliche
Schreibweisen sind z.B.
r
r r
rˆ = = er = eˆr
r
Eine "spezielle" Ellipsenbahn ist die
Kreisbahn mit Radius r. Dann wirkt
die Gravitationskraft als Zentripetalkraft und ist entgegengesetzt gleich
der Zentrifugalkraft Fz .
Ein Körper der Masse m1 kreise um
die Masse m2 auf einer Bahn mit
Radius r1. Das Kräftegleichgewicht
lautet dann
m1 ω1 r1 = G m1 m2 f (r1 )
2
mit der Gravitationskonstante G als
Proportionalitätskonstante.
72
Experimentalphysik I (Kip WS 2009)
Damit erhält man das Newtonsche
Gravitationsgesetz
Fz
m1
FG
r1
r
m1m2
FG = G 2 rˆ
r
mit r = |r2 − r1| als Abstand der beiden
Massen und der Gravitationskonstante
G = 6.67 ⋅10 −11 Nm2kg−2 .
m2
Nach dem 3. Keplerschen Gesetz gilt
ω12 ∝
1
1
∝
2
3
T1
r1
1
⇒ f (r1 ) = 2
r1
73
Experimentalphysik I (Kip WS 2009)
Beispiel: Freier Fall im Vakuum
Vakuumpumpe
massive
Kugel
Papierstück
Plexiglasrohr
Fall in Luft
Fall im Vakuum
In Luft wirkt die Reibungskraft, die das
Papierstück abbremst. Im Vakuum
fallen die Kugel und das Papier gleich
schnell.
74
Experimentalphysik I (Kip WS 2009)
4.3 Messmethoden: Gravitationswaage
Versuch: Messung der Gravitationskonstante nach Cavendish (1798)
Gravitationswaage
Torsionsfaden
Anordnung der Kugeln
Position 1
Probenkugel m2
Masse m1
Masse m2
Spiegel
Bei der "Beschleunigungsmethode" werden die Massen m2 in Richtung von m1
beschleunigt; der zurückgelegte Weg
(gemessen mit Lichtzeiger) aufgetragen
gegen t2 ergibt eine Gerade, aus der G
ermittelt werden kann.
Position 2
Lichtzeiger
Massenkugel m1
75
Experimentalphysik I (Kip WS 2009)
Inhalt der Vorlesung Experimentalphysik I
Teil 1: Mechanik
3.
4.
5.
…
Dynamik von Massepunkten
Gravitation
Energie und Arbeit
5.1
5.2
5.3
5.4
5.5
5.6
5.7
6.
7.
8.
Definition der Arbeit
Potentielle Energie
Kinetische Energie
Energieerhaltung
Mechanische Leistung
Kraftfeld und Potential
Reibungskräfte
Bewegte Bezugsysteme
Massepunktsysteme
...
76
Experimentalphysik I (Kip WS 2009)
5 Arbeit, Energie und Leistung
Dynamik: Lösung der Bewegungsgleichung F = ma = m&x& mit bekannter Kraft
der Form F = F (t ). Im Allgemeinen hängt
die Kraft vom Ort ab, ist also ein sogenanntes Kraftfeld F = F (r (t )). Die Lösung
der Bewegungsgleichung führt dann auf
die Begriffe Arbeit und Energie.
5.1 Definition der Arbeit
r
Auf einen Körper wirke
r die Kraft F , die
ihn um die Strecke
m
Δr
verschiebt.
r
F
Θ
r
Δr
Dann ist die geleistete Arbeit gleich dem
Skalarprodukt aus der (hier: konstanten)
Kraft und dem Verschiebungsvektor:
r r
W = F ⋅ Δr = F Δr cos Θ
Wichtig: Nur die Kraft (-komponente) in
Richtung der Verschiebung trägt zur
Arbeit bei – die oft genannte Beziehung
„Arbeit ist Kraft mal Weg“ beschreibt
nur die Situation wenn beide Vektoren
(F, Δr) parallel stehen.
Die obige Beziehung gilt auch nur,
wenn die Kraft entlang der Verschiebung konstant ist. In dem gezeigten
Beispiel ist die Arbeit Reibungsarbeit
(Umwandlung in Wärme):
r
r
W =| FR || Δr | = − FR s
77
Experimentalphysik I (Kip WS 2009)
Die Einheit der Arbeit ist Joule:
Für den Grenzfall Δri Æ 0 folgt das
Linien- bzw. Wegintegral
[W] = 1 Joule = 1 J = 1 N m
1 J = 1 Nm = 1 kg
W =
m2/s2
Ist die Kraft entlang der Verschiebung
nicht konstant oder der Weg gekrümmt,
muss bei der Berechnung der Arbeit
anders vorgegangen werden: Es wird
über infinitesimale Teilarbeiten oder
–wege summiert bzw. integriert.
Auf dem Wegstück Δr werde die Arbeit
ΔW verrichtet:
r
r2
∫
r r
r
F (r ) ⋅ dr
r
r1
r
dr
r
r1
r
r
r r
F (r )
r
r2
W ist also die Fläche der Kurve F(r)
r r
r
ΔW = F (r ) ⋅ Δr
F(r)
Die gesamte Arbeit W ist die Summe
über alle Wegstücke i
r r
r
W = ∑ ΔW = ∑ F (ri ) ⋅ Δri
i
0
r1
r2
r
78
Experimentalphysik I (Kip WS 2009)
Bsp.: Ortsunabhängige Kraft: Reibung
Beispiel: Ortsabhängige Kraft: Feder
Ein Körper der Masse m wird auf einem
Wege vom Ort r1 zum Ort r2 bewegt. Es
wirkt eine ortsunabhängige Reibungskraft FR.
Eine Feder wird durch die Kraft F um die
Länge x gedehnt. Es gilt das Hookesche
Gesetz:
r
r2
W =
∫
r
r
FR ⋅ d r
r
r1
r
r2
= −
∫
D=
F
⇒ F ( x) = − D x = FD
x
Die zum Spannen der Feder aufgewendete Arbeit ist dann
x
F R dr
r
r1
= − F R ( r2 − r1 )
Das negative Vorzeichen berücksichtigt
hier, dass die Reibungskraft dem Weg
entgegengerichtet ist. Ein negatives
Vorzeichen der Arbeit W steht für (am
Körper) verrichtete Arbeit.
x
∫
∫
W = F (~
x ) d~
x = −D ~
x d~
x
0
0
⎡~
x2 ⎤
1
= − D ⎢ ⎥ = − Dx 2
2
⎣ 2 ⎦0
x
In der (gespannten) Feder wird diese
Arbeit als potentielle Energie gespeichert
W=
1
D x2
2
79
Experimentalphysik I (Kip WS 2009)
5.2 Potentielle Energie
Bsp.: Masse m im Schwerefeld der Erde
Potentielle Energie ist die Arbeit an
einem Körper, um ihn gegen die Kraft F
vom Ort r0 zum Ort r zu verschieben:
r
F
r
r
r r
r
r
r
E pot (r ) = F (r ' ) ⋅ dr ' = W (r ) − W0
∫
r
r0
m
h
r
G
r
Die Energie W0 = W (r0 ) ist dabei ein
(willkürlich) gewählter Bezugspunkt.
Die wirksame Kraft lautet
Physikalische Aussagen sind nur für
Differenzen der potentiellen Energie
sinnvoll:
r
Beim Heben ist F parallel zum Weg h
und konstant, so dass gilt E = m g h .
r
2
r r
r
r
r
r
ΔE pot (r ) = F (r ' ) ⋅ dr ' = W (r2 ) − W (r1 )
∫
r
r1
ist die Änderung der potentiellen Energie
bei Verschieben des Körpers von r1
nach r2.
r
r
r
F = −G = m g
Die Arbeit W ist aufzubringen, um die
Masse m in die Höhe h zu bringen.
Gegen den Boden ist die potentielle
Energie erhöht um den Betrag
Epot = W = m g h
80
Experimentalphysik I (Kip WS 2009)
Konservative Kräfte
ΔE pot
Für viele Kräfte ist die potentielle
Energie unabhängig vom Weg, auf dem
ein Körper verschoben wird. Solche
Kräfte nennt man konservative Kräfte.
Ein Körper werde vom Ort r1 zum Ort r2
einmal über den Weg A und alternativ
über den Weg B verschoben.
A
∫
∫
A
B
r r r
r r r
⇔ F (r ) ⋅ dr − F (r ) ⋅ dr
∫
A
∫
B
r r r
= F (r ) ⋅ dr = 0
∫
Kräfte, welche die letzte Bedingung
erfüllen, heißen konservative Kräfte.
Beispiele für konservative Kräfte:
- Gravitationskraft, Coulomb-Kraft
r
r2
B
0
r r r
r r r
= F (r ) ⋅ dr = F (r ) ⋅ dr
Beispiel für nicht-konservative Kräfte:
- Reibungskraft (weil ~Weg)
r
r1
81
Experimentalphysik I (Kip WS 2009)
5.3 Kinetische Energie
Ein Körper der Masse m wird durch die
konstante Kraft F auf die Geschwindigkeit v beschleunigt.
m
ΔEkin =
r
F
r
v
(
1
m v22 − v12
2
)
5.4 Energieerhaltung
Die dabei geleistete Arbeit führt zur
Erhöhung der Bewegungsenergie oder
kinetischen Energie:
r r r r r
r
r ⎛1 r ⎞
Ekin (r ) = F (r ) ⋅ dr = F ⋅ r = (ma) ⋅ ⎜ at 2 ⎟
⎝2 ⎠
∫
r ⎛⎜ 1 r⎛ v ⎞
= (ma) ⋅ a⎜ ⎟
⎜2 ⎝a⎠
⎝
Bei einer Geschwindigkeitsänderung
von v1 auf v2 ändert sich also die
kinetische Energie um den
2
⎞ 1 2 r
⎟ = mv (r )
⎟ 2
⎠
Die Summe aus potentieller Energie
und kinetischer Energie ist zeitlich
konstant:
E ges = E pot + Ekin = const.
oder
oder
∂Eges
∂t
=0
r
r
r
r
E pot (r1 ) + Ekin (r1 ) = E pot (r2 ) + Ekin (r2 )
82
Experimentalphysik I (Kip WS 2009)
Die Energieerhaltung lässt sich mit Hilfe
des 2. Newtonschen Gesetzes beweisen:
r
r2
r r r
r
r
E pot (r1 ) − E pot (r2 ) = F ( r ) ⋅ dr
Beispiel: Freier Fall
Eine Masse m fällt aus der Höhe h über
dem Boden nach unten.
∫
r
r2
r r r
= m a (r ) ⋅ dr = m
∫
r
r1
r
t2 ( r2 )
=m
∫
r r
a ⋅ v dt = m
r
t1 ( r1 )
r r
v2 ( r2 )
1
= m
2
r
r1
r
t2 ( r2 )
∫
r
t1 ( r1 )
r
t2 ( r2 )
∫
r
t1 ( r1 )
r
r r
dr
a (r (t )) ⋅ dt
dt
1 ⎛ dv 2 ⎞
⎟⎟ dt
⎜⎜
2 ⎝ dt ⎠
1
dv = m (v22 − v12 )
2
r
∫
v 1 ( r1 )
2
Epot
h
v
Ekin
In der Höhe h gilt
(1)
(1)
E pot
= m g h , Ekin
=0
und am Boden (Bezugspunkt Wpot = 0)
1 2
mv
2
1
⇔ m g h = m v2
2
( 2)
( 2)
= 0 , Ekin
=
E pot
E (1) = E (2)
v = 2gh
83
Experimentalphysik I (Kip WS 2009)
Beispiel: Luftgewehrschuss
Beispiel: Federschwingung (Kap. 3.7)
Federkraft mit Federkonstante D
Kinetische Energie der (waagerecht)
schwingenden Masse m
FD ( x) = − D x
Arbeit zum Spannen der Feder um die
strecke x0
x0
1
2
WD = FD dx = − D x0
2
∫
0
Luftgewehrschuss: Umwandlung von
potentieller in kinetische Energie zur
Beschleunigung der Luftgewehrkugel mit
Masse m (Annahme: masselose Feder)
1
1
2
2
D x0 = m v0
2
2
⇔ v0 =
D
x0
m
Ekin
1 2
= mv
2
Potentielle Energie der ausgelenkten
Feder mit Federkonstante D
E pot =
1 2
Dx
2
Harmonische Schwingung
x(t ) = x0 sin(ωt ) mit ω 2 = D / m
Beweis der Energieerhaltung
E ges = Ekin + E pot
1 2
= x0 {mω 2 cos 2 (ωt ) + D sin 2 (ωt )}
2
1 2
= x0 D = const.
2
84
Experimentalphysik I (Kip WS 2009)
Beispiel: Loopingbahn
Ein Wagen der Masse m startet in einer
Höhe h auf einer schrägen Rampe und
durchläuft einen Looping. Wie groß
muss h sein, damit der Wagen im höchsten Punkt gerade nicht herunterfällt?
Wagen
Masse m
h
v2
Fz = m az = m = mg = Fg
R
⇒
v2 = g R
Energieerhaltung liefert
Fz
Start
Loop
Loop
Epot
= Epot
+ Ekin
Fg
R
Reibung werde vernachlässigt. Da die
Kräfte im Scheitelpunkt entgegengesetzt
sind wird mit Beträgen gerechnet.
2R
1 2
m g h = mg (2 R ) + mv
2
Damit erhält man als Ergebnis
1 2
mv
2
⇒ v 2 = 2 g (h − 2 R ) = gR
5
⇒h= R
2
ΔEpot = m g (h − 2 R ) =
Ansatz: Bei hinreichend hoher Geschwindigkeit überwiegt die Zentrifugalkraft Fz gegenüber der Gewichtskraft Fg.
85
Experimentalphysik I (Kip WS 2009)
Beispiel: Fluchtgeschwindigkeit
Gesucht ist die Geschwindigkeit, auf die
Körper (z.B. Rakete) auf der Erde
beschleunigt werden muss, damit er das
Schwerefeld der Erde verlassen kann.
Die notwendige Energie zum Verlassen
der Erde (d.h. Arbeit gegen die
Gravitationskraft, von der Erdoberfläche
RE bis „unendlich“ weit weg) ist:
∞
WFlucht =
∫ F (r ) dr
G
RE
∞
= G m mE
∫
RE
1
dr
2
r
= G m mE / RE
Die notwendige kinetische Energie ist
1
m v 2 = G m mE / RE
2
⇔ v = vFlucht = 2GmE / RE
≈ 11.2 km/s
Der Abschuss von (interplanetaren)
Raketen erfolgt meist in Äquatornähe
(z.B. Cape Canaveral) und in östlicher
Richtung, um die Rotationsgeschwindigkeit (ca. 1.5 km/s) der Erde zu nutzen.
Der von der Rakete eingeschlagene
Weg (z.B. radial oder Spiralbahn) ist aus
energetischer Sicht unerheblich; allerdings ist die Energiezufuhr zum
Erreichen von vFlucht über einen längeren
Weg u.U. leichter zu erreichen.
86
Experimentalphysik I (Kip WS 2009)
5.5 Mechanische Leistung
Die auf die Zeit bezogene Arbeit ist
als Leistung definiert:
dW
P=
dt
Leistung ist gleich Arbeit pro Zeit.
Damit ist die Arbeit auch
t1
W = ∫ P (t ) dt
t0
Die Einheit der Leistung ist:
J
Nm
[P] = 1 = 1
= 1 Watt = 1W
s
s
früher : 1.36 PS = 1 kW
Beispiel: Beschleunigung PKW
Ein PKW mit Masse m = 1200 Kg und
einem 75 PS-Motor beschleunige aus
dem Stand auf v0 = 100 km/s. Gesucht
ist die Beschleunigungszeit tB.
1 2
P = Ekin / t B = mv0 / t B
2
1
⇔ t B = mv02 / P
2
≈9s
Anmerkung: Es wurde vernachlässigt,
dass der Motor die Maximalleistung
nicht während der gesamten Beschleunigungsphase erbringt. Daher ist die
Zeit tB hier deutlich zu kurz.
87
Experimentalphysik I (Kip WS 2009)
5.6 Kraftfeld und Potential
Die in einer gespannten Feder gespeicherte potentielle Energie war:
1
W ( x) = D x 2
2
Durch Differenzieren ergibt sich:
dW ( x)
= D x = − FD ( x)
dx
mit der Federkraft FD(x), welche die
Feder auseinander drückt. Dies ist also
die Kraft, welche auf die Feder wirkt.
Aus der potentiellen Energie W lässt
sich also die wirksame Kraft berechnen:
F ( x) = −
dW ( x)
dx
Allgemein gilt in drei Dimensionen:
⎛ dW / dy ⎞
r r
r
⎜
⎟
F (r ) = −⎜ dW / dy ⎟ = −∇ W = −grad W
⎜ dW / dz ⎟
⎝
⎠
r r
mit dem Kraftfeld
F (r )
r
Potential W (r ) .
und dem
r
Die Größe ∇ heißt Nabla-Operator.
Aus der Kenntnis des wirksamen
Potentials (d.h. dem Wissen, wie sich
die potentielle Energie räumlich
ändert) lässt sich damit die auf einen
Körper wirkende Kraft berechnen,
womit dann die Beschreibung der
zugehörigen Bewegung möglich ist.
Häufig benutzt man für das Potential
V oder U statt W.
88
Experimentalphysik I (Kip WS 2009)
Beispiel: Bewegung der Masse m im
Gravitationspotential der Erde
Auf die Masse m wirkt im Abstand r die
Gravitationskraft :
r r
m mE
FG (r ) = G 2 rˆ
r
Das zugehörige Potential lautet dann:
Beweis:
r
m mE
U (r ) = − G
r
r r
r
FG (r ) = −gradU (r )
⎧ ∂ ⎛ 1 ⎞ ∂ ⎛ 1 ⎞ ∂ ⎛ 1 ⎞⎫
= Gm mE ⎨ ⎜ ⎟, ⎜ ⎟, ⎜ ⎟⎬
⎩ ∂x ⎝ r ⎠ ∂y ⎝ r ⎠ ∂z ⎝ r ⎠⎭
⎫
⎧
− 1/ 2⋅ 2 x
,
...
= −Gm mE ⎨ 2
⎬
2
2 3/ 2
(
)
x
y
z
+
+
⎭
⎩
r
r
⎧x y z⎫
= Gm mE ⎨ 3 , 3 , 3 ⎬ = Gm mE 3
r
⎩r r r ⎭
Zur Berechnung von Bewegungen eines
Körpers in einem Potential müssen häufig weitere Nebenbedingungen berücksichtigt werden, z.B. Energieerhaltung.
Bsp.: Effektives Potential des Mondes im
Schwerefeld der Erde
Die Bewegung des Mondes wird durch
das Gleichgewicht von Zentrifugal- und
Gravitationskraft bewirkt. Es gibt zwei
Erhaltungsgrößen:
E = Ekin + E pot = const.
r r r
Zentralkraft:
L = r × p = const.
Energie:
Die Bahnkurve des Mondes (Ellipsenbahnen) wird in ebenen Polarkoordinaten
beschrieben:
r
r = (r , ϕ )
89
Experimentalphysik I (Kip WS 2009)
Die Bahngeschwindigkeit (und damit die
kinetische Energie) enthält entsprechend tangentiale und radiale Anteile:
Ekin
1
1
= mv 2 = m(vr2 + vϕ2 )
2
2
1
= m(r& 2 + r 2ϕ& 2 )
2
tang
rad
= Ekin
+ Ekin
Der Betrag des Drehimpulses
L = mrvϕ = mr 2ϕ& = const.
und die Gesamtenergie sind konstant:
1 2
E = E pot + mv
2
1 2
L2
= E pot + mr& +
= const.
2
2
2mr
Die potentielle Energie war
Hier sind vr und vϕ die Radial- bzw.
Winkelgeschwindigkeit (für eine Kreisbahn würde vr = 0 gelten).
Die Differenz aus Gesamtenergie E und
radialer kinetischer Energie Ekinrad bildet
die effektive potentielle Energie Epoteff
vr
v
E pot
m mE
= −G
r
vϕ
r
eff
tang
rad
E pot
= E pot + Ekin
= E − Ekin
90
Experimentalphysik I (Kip WS 2009)
Trägt man das effektive Potential als
Funktion des Bahnradius r auf, so
lassen sich die möglichen Bahnkurven
des Planeten ablesen:
Energie
tang
kin
E
L2
=
2mr 2
Besitzt der Planet eine von Null
verschiedene radiale kinetische Energie,
so gilt
eff
tang
E pot
= E pot + Ekin
r1 r0
rad
eff
Ekin
= E1 − E pot
>0
r2
r
E1
E0
rad
Ekin
E pot = −
GmmE
r
Die kleinste mögliche Energie E0 führt zu
einer Kreisbahn des Planeten mit
konstantem Radius r0. Diese Energie
entspricht gerade dem Minimum des
effektiven Potentials; in diesem Fall ist
die radiale kinetische Energie gleich
Null.
Der Planet beschreibt nun eine Ellipsenbahn mit den beiden Halbachsen r1, r2.
Nimmt die radiale kinetische Energie
rad
eff
> − E pot
weiter zu, Ekin
, so wird der Planet
zum Kometen: Er kann nun auf einer
halboffenen Kometenbahn das anziehende Gravitationspotential verlassen.
91
Experimentalphysik I (Kip WS 2009)
5.7 Reibungskräfte
Reibungskräfte treten immer dann auf,
wenn sich Grenzflächen zweier Körper
mit einer Relativgeschwindigkeit zueinander bewegen. Dabei wird kinetische
Energie in Wärmeenergie umgewandelt.
Eine allgemeingültige Beschreibung der
Reibung ist schwierig. Empirisch findet
man häufig für Reibungskräfte FR charakteristische Abhängigkeiten von der
Geschwindigkeit v :
FR (v) = a v n , a : Konstante
n = 0: Coulomb-Reibung oder Festkörperreibung, unabhängig von der Geschwindigkeit,
n = 1: Stokes-Reibung oder viskose Reibung (gilt z.B. fluide Medien und
geringe Geschwindigkeiten),
n = 2: Newton-Reibung (fluide Medien bei
bei hohen Geschwindigkeiten, beschreibt turbulente Strömungen).
Coulomb-Reibung
Die Reibungskraft ist unabhängig von
der Geschwindigkeit und hängt von der
Normalkraft senkrecht zur Grenzfläche
ab:
r
r
FR = µ N
µ = Reibungskoeffizient
r
FR
Unterlage
r
N
r
F
r
mg
92
Experimentalphysik I (Kip WS 2009)
r
Die Kraft FR steht parallel zu den sich
berührenden Flächen. Empirisch findet
man, dass bei gleicher Masse die
Reibungskraft (und damit μ) unabhängig
von der Größe der Auflagefläche ist:
Es wird unterschieden zwischen zwei
unterschiedlichen Arten von Reibung:
r
Haftreibung FR ,H , die Masse ist in Ruhe
r
Gleitreibung FR ,G , die Masse wird bewegt
Dabei gilt immer:
r
r
F R , H > F R ,G
m
m
m
d.h. die Haftreibung ist immer größer als
die Gleitreibung.
m
Wenn keine Kraft wirkt, so gilt
r r
FR = 0
So lange der Körper noch nicht gleitet ist
r
r
FR = − F
M1
Masse m gleitet nicht, falls M1g < μsm g
93
Experimentalphysik I (Kip WS 2009)
Beispiele für Reibungskoeffizienten:
m
M2
Masse gleitet wenn M 2 g ≥ μ s m g
Die Haft- und Gleitreibungskoeffizienten
µS und µG sind stark abhängig von der
Beschaffenheit der jeweiligen Oberflächen (glatt, rauh, feucht, .....):
μµHS
Flächen
µG
Glas auf Glas
0.4
0.9 – 1
Glas auf Metall
0.2-0.3
0.5 – 0.7
Metall auf Metall
0.3 – 1
Stahl auf Stahl
0.6
0.7
Stahl auf Stahl
0.03-0.11 0.05-0.13
Mit Öl dazwischen
Teflon auf Metall
0.04
0.04
Gelenk mit Gelenk0.003
flüssigkeit
sehr klein !
0.25
0.3
Gummi auf Beton
(naß)
Gummi auf Beton
(trocken)
0.8
1–4
z.B. Reifen
94
Experimentalphysik I (Kip WS 2009)
Prinzip der Luftkissenschiene zur starken Verringerung der Reibung:
Schlitten
p0
p1>p0
Messung von µS an der schiefen Ebene
FR = m g sin Θ
Luftschicht
N = m g cos Θ
Θ
mg
Θ
Der Winkel Θ wird solange erhöht, bis
der Körper zu gleiten beginnt.
μs =
FR m g sin Θ max
=
= tan Θ max
N m g cos Θ max
⇒ μ s = tan Θ max
Luftspalt
95
Experimentalphysik I (Kip WS 2009)
Stokessche Reibung
Die Stokessche Reibung beruht auf dem
Modell der laminaren Strömung. Hierbei
wird angenommen, dass zwei Grenzflächen eines Festkörpers und eines
fluiden (Gas, Flüssigkeit) Mediums (oder
zweier Fluide) in Schichten aufeinander
gleiten. Für die Größe der Reibungskraft
ist die Zähigkeit (Viskosität) des Mediums die entscheidende Größe.
Für eine Folge von aufeinander gleitenden Schichten mit der Fläche A und dem
Geschwindigkeitsgradienten dv/dx (senkrecht zur Fläche) erhält man zunächst
allgemein die so genannte Newtonsche
Reibungsformel
dv
FR = η A
dx
Für das (langsame) Fallen einer Kugel
mit Radius R im viskosen Medium mit
(dynamischer) Viskosität η (längere
Rechnung) lautet das Stokessche Gesetz
FR = 6πηRv
Beispiel: Fallviskosimeter
Kugel: Radius R
Dichte ρK
Volumen VK = 4πR3/3
Masse m = rKVK
Öl:
Öl
Dichte ρ
dyn. Viskosität η
FR = FG − FAuftrieb
6π η R v = 4 / 3π R 3 ( ρ K − ρ ) g
2g (ρK − ρ )
⇔v=
9η
96
Experimentalphysik I (Kip WS 2009)
Turbulente Strömungen
Bei größeren Strömungsgeschwindigkeiten wird kinetische Energie auf das
umgebende Medium übertragen; es
kommt insbesondere zur Wirbelbildung.
Modell: Ein Körper mit Querschnittsfläche A bewegt sich mit Geschwindigkeit
v durch ein Medium. Dabei beschleunigt
er das (Luft-) Volumen V = s Aeff auf die
gleiche Geschwindigkeit:
s
Fläche A
Masse :
m = Vρ Luft = Aeff vtρ Luft
Auf das (Luft-) Volumen übertragene
kinetische Energie E:
W=
1 2 1
mv = Aeff tρ Luft v 3
2
2
Interpretation: Arbeit W wird geleistet gegen die Reibungskraft FR auf Strecke s:
1
Aeff tρ Luft v 3
2
W W 1
⇔ FR =
=
= Aeff ρ Luft v 2
s
vt 2
W = FR s =
v
Fläche Aeff
s
⇔ s = vt
t
Volumen : V = sAeff = Aeff vt
v=
Volumen V
97
Experimentalphysik I (Kip WS 2009)
Das Verhältnis aus effektiver Fläche Aeff
und Querschnittsfläche A des Körpers
wird als Widerstandsbeiwert cW :
cW =
Aeff
A
⇔ FR =
1
cW Aρ Luft v 2
2
Beispiele für Widerstandsbeiwerte cW :
Kreisplatte:
cW = 1.1
Halbkugel (1):
cW = 0.4
Halbkugel (2):
cW = 0.34
Halbkugel (3):
cW = 1.33
30°-Kegel:
cW = 0.34
Flügelprofil:
cW ≈ 0.1
Beispiel: Fallschirmspringer
Ein Fallschirmspringer mit der Masse
m = 100 kg und der Querschnittsfläche
A = 1 m2 springt aus großer Höhe mit
dem Fallschirm ab. Seinen Widerstandsbeiwert kann er von cW,1 = 0.5 (gestreckt) über cW,2 = 1 (waagerecht) bis
cW,3 = 20 (offener Fallschirm) verändern.
Gesucht ist die Landegeschwindigkeit v.
FG = FR
⇔ mg =
⇔
v=
1
cW Aρ Luft v 2
2
2mg
cW Aρ Luft
Zahlenwerte:
v1 = 55 m/s , v2 = 39 m/s , v3 = 8.7 m/s
98
Experimentalphysik I (Kip WS 2009)
Inhalt der Vorlesung Experimentalphysik I
Teil 1: Mechanik
4.
5.
6.
…
Gravitation
Energie und Arbeit
Bewegte Bezugsysteme
6.1
6.2
6.3
6.4
7.
8.
9.
Inertialsysteme
Gleichförmig bewegte Systeme
Beschleunigte Bezugssysteme
Rotierende Bezugssysteme
Dynamik starrer Körper
Deformierbare feste Körper
...
99
Experimentalphysik I (Kip WS 2009)
6. Bewegte Bezugssysteme
6.1 Gleichförmig bewegte Systeme
6.1 Inertialsysteme
Es bewege sich ein Bezugsystem S´ mit
r
der konstanten Geschwindigkeit u relativ zum ruhenden Bezugssystem S. Ein
Punkt A hat dann in S´ die Koordinaten:
Bewegungen werden in der Physik relativ zu wohldefinierten Bezugssystemen
beschrieben. Hierbei ist die Wahl der
Koordinaten (z.B. kartesische, Kugeloder Zylinderkoordinaten) beliebig, d.h.
die Naturgesetze dürfen nicht von der
Wahl der Koordinaten abhängen.
Systeme, in denen die Newtonschen
Gesetze gelten, heißen Inertialsysteme.
Jedes Bezugsystem, das sich relativ zu
einem Inertialsystem mit konstanter
Geschwindigkeit bewegt, ist selbst
wieder ein Inertialsystem.
Zur Umrechnung zwischen bewegten
Bezugssystemen sind Transformationsgleichung.
x′ = x − u x t , y′ = y − u y t , z′ = z − u z t
Beide Systeme besitzen gleiche Uhren:
t = t′
Dies gilt, solange |u| << c.
Für die Geschwindigkeit des Punktes A
gilt dann
r
r
dr ′
dr
bzw. v′ =
v=
dt
dt
r r r
⇒ v′ = v − u
100
Experimentalphysik I (Kip WS 2009)
Weiter erhält man für die Beschleunigung des Punktes A
r
r
dv
dv ′
a=
bzw. a′ =
dt
dt
r r
⇒ a′ = a
r
r
⇒ F′ = F
d.h. in beiden Systemen werden die
gleichen Kräfte beobachtet: Sie sind
beide Inertialsysteme.
Diese Transformation vom System S‘ in
das System S wird als Galilei-Transformation bezeichnet:
r r
r = r ′ + ut
r r r
v = v′ + u
r r
a = a′
6.3 Beschleunigte Bezugssysteme
In allen beschleunigten Bezugssystemen treten zusätzliche Scheinkräfte auf,
die durch Transformation in ein Inertialsystemen wegfallen.
Es wird der Fall eines Systems S´ betrachtet, welches mit a = du/dt gegenüber dem System S beschleunigt wird.
Für den Ortsvektor von A in S´ gilt dann
r
r r r
1 r 2 r du
′
r = r − u0t − a t , a =
2
dt
sowie für Geschwindigkeit und Beschleunigung
r r r r
v ′ = v − u0 − a t
r
r
r dv ′ dv
a′ =
≠
dt
dt
101
Experimentalphysik I (Kip WS 2009)
Im beschleunigten Bezugssystem werden also unterschiedliche Kräfte (a ≠ a´)
beobachtet; es ist kein Inertialsystem.
Bsp.: Fahrstuhl mit Masse m an Feder
r
a
Die Bewegung der
Masse m wird einmal
vom Portier (System
S) sowie einmal vom
Fahrstuhlführer (System S´) beobachtet.
D
FD
m
Fg
System S: Die Masse wird zusammen
mit dem Fahrstuhl beschleunigt, für die
wirkende Kraft gilt:
r r
r
F = Fg + FD
r
r r
r
= mg + m (a − g ) = ma
System S´: Aus Sicht des Fahrstuhlführers ist die Masse in Ruhe, die
wirkende Kraft demnach gleich Null:
r r
r
r
F = Fg + FD + FT = 0
r
r
⇒ FT = − m a
d.h. auf die Masse wirkt eine so genannte Scheinkraft oder Trägheitskraft
r
r
FT = − m a
Trägheitskräfte treten in beschleunigten
Bezugssystemen auf, wenn die Beschleunigung nicht berücksichtigt wird.
102
Experimentalphysik I (Kip WS 2009)
6.4 Rotierende Bezugssysteme
In dieser Situation fallen die Koordinatenursprünge von S und S´ zusammen;
das System S´ rotiere mit einer festen
Winkelgeschwindigkeit ω = const. um S.
Dies entspricht der Situation der Erde im
(näherungsweise ortsfesten) Sonnensystem:
Das Ziel der folgenden Berechnung ist
es, die Beschleunigung zu bestimmen,
die ein (mitbewegter) Beobachter im
System S` sieht. Diese Beschleunigung a´ wird sowohl von der Winkelgeschwindigkeit ω als auch von der
Geschwindigkeit v´ des Beobachters
im System S´ abhängen.
Als (vorweg genommenes) Ergebnis
erhält man zusätzliche Scheinbeschleunigungen, welche den zugehörigen
Scheinkräften entsprechen: die CoriolisKraft und die Zentrifugalkraft, welche
beide auf den Beobachter wirken:
r r r
r r
r r
a′ = a + 2(v ′ × ω ) + ω × (r × ω )
r
r
r
ac +
az
=a+
Ist die Erde ein Inertialsystem ?
r
ac : Coriolis-Beschleunigung
r
az : Zentrifugalbeschleunigung
103
Experimentalphysik I (Kip WS 2009)
S und S´ haben gemeinsamen Ursprung,
aber die Koordinatenachsen (ex´, ey´, ez´)
rotieren mit ω = (ωx, ωy, ωz) um das ortsfeste Koordinatensystem (ex, ey, ez).
Betrachte Punkt A im System S
r
r (t ) = x(t ) eˆx + y (t ) eˆ y + z (t ) eˆz
r
dx
dy
dz
v (t ) =
eˆx +
eˆ y + eˆz
dt
dt
dt
Der gleiche Punkt A im System S´ ist
r
r ′(t ) = x′(t ) eˆx′ + y′(t ) eˆ y′ + z′(t ) eˆz′
Hier ist nun zu beachten, dass die Koordinatenachsen (ex´, ey´, ez´) sich zeitlich
ändern: Die Endpunkte der Vektoren eˆi´.
machen eine Kreisbewegung, also z.B.
deˆx´ r
= ω × eˆx´
dt
Die Geschwindigkeit v von A lässt sich
alternativ aus Sicht des Beobachters in
S, aber mit Hilfe der rotierenden Koordinatenachsen als v*(x´,y´,z´) ausdrücken:
r
dr ′
v ( x, y, z , t ) = v* ( x′, y′, z′, t ) =
dt
dx′
dy′
dz ′
=
eˆx′ +
eˆ y′ +
eˆz′
dt
dt
dt
deˆ y′
deˆz′
deˆx′
′
′
′
+x
+y
+z
dt
dt
dt
r r
r
= v ′ + (ω × r ′)
r r
r
r r
′
= v + (ω × r ) , da r = r ′
Hier ist v´ die Geschwindigkeit, welche
ein Beobachter in S´ sieht, wenn er die
Rotation ω nicht berücksichtigt. Die Geschwindigkeit u = ω × r ist eine Korrektur,
die diesen Unterschied berücksichtigt.
104
Experimentalphysik I (Kip WS 2009)
Das Zwischenergebnis lautet demnach
r r
r r
v = v ′ + (ω × r )
Ohne Rotation (ω = 0) gilt also v = v´.
Die Beschleunigung des Punktes A ist
r
r
r
r
r
r r
′
r dv dv ⎛
dr ⎞ dv ′
+ (ω × v )
a=
=
+ ⎜ω × ⎟ =
dt
dt ⎝
dt ⎠ dt
r
dx ′
dy ′
dz ′
v ′(t ) =
eˆx′ +
eˆ y′ +
eˆz′
dt
dt
dt
r
dv ′ d 2 x′
d 2 y′
d 2 z′
⇒
= 2 eˆx′ + 2 eˆ y′ + 2 eˆz′
dt
dt
dt
dt
dx′ deˆx′ dy′ deˆy′ dz′ deˆz′
+
+
+
dt dt
dt dt
dt dt
r r
r
= a′ + (ω × v ′)
mit
Hier ist a´ die Beschleunigung, die der
Beobachter in S´ sieht.
Damit erhält man als Beziehung der
Beschleunigungen in beiden Systemen
r r
r r
r r
a = a′ + (ω × v ′) + (ω × v )
r r
r r r
r
= a′ + 2(ω × v ′) + ω × (ω × r )
r r r
r r r r
⇔ a ′ = a + (v ′ × ω ) + ω × ( r × ω )
r r r
= a + ac + a z
r r
r r
Hier wurde die Beziehung v = v ′ + (ω × r )
benutzt.
Für den (mitrotierenden) Beobachter in
S´ treten also zwei Scheinkräfte auf:
Zum einen die Coriolis-Kraft Fc und zum
anderen die Zentrifugalkraft Fz
r
r r
Fc = 2mv ′ × ω
r
r r r
Fz = mω × (r × ω )
105
Experimentalphysik I (Kip WS 2009)
Aufgrund der Coriolis-Kraft ergibt sich für
auf der Erde bewegte Massen eine
Ablenkung aus der Bewegungsrichtung,
welche sich auf der Nord- bzw.
Südhalbkugel unterscheidet:
Beispiel: Hoch- und Tiefdruckgebiete
Bei einem Tiefdruckgebiet (siehe Bild)
strömt Luft zum Zentrum geringsten
Druckes hin. Dies führt zu einer Rotation
der Luftmassen im Gegenuhrzeigersinn.
Entsprechend drehen sich Hochdruckgebiete im Uhrzeigersinn.
106
Experimentalphysik I (Kip WS 2009)
ω
Beispiel: Foucault-Pendel
Ein Foucault-Pendel ist ein Fadenpendel,
welches sich in einem rotierenden Bezugssystem (Erde) befindet. Durch die
Erdrotation ändert sich so für einen
Beobachter mit der Zeit die Schwingungsebene; ein Foucault-Pendel lässt
sich daher als Uhr benutzten.
ω
ϕ
v
ωs
ϕ
Die Erde rotiert mit der Kreisfrequenz
r 2π
2π
| ω |=
=
s −1
24 ⋅ 3600
T
≈ 7 ⋅ 10 −5 s −1
An den Polen ist der Effekt maximal; auf
dem Breitengrad ϕ wirkt allerdings nur
die Komponente (siehe Bild):
ωs = ω sin ϕ
Aus der „Sicht“ des Pendels wirkt auf
die sich abwechselnd mit ±v bewegende Masse m die Coriolis-Kraft
r
r r
Fc = 2m v × ω = 2mvωs
107
Experimentalphysik I (Kip WS 2009)
Inhalt der Vorlesung Experimentalphysik I
Teil 1: Mechanik
5.
6.
7.
…
Energie und Arbeit
Bewegte Bezugsysteme
Massepunktsysteme und Stöße
7.1
7.2
7.3
7.4
7.5
Starrer Körper; Schwerpunkt
Schwerpunktsystem, Relativkoordinaten & reduzierte Masse
Elastische Stöße
Inelastische Stöße
Ballistisches Pendel
8. Deformierbare feste Körper
9. Mechanische Schwingungen
10. ...
108
Experimentalphysik I (Kip WS 2009)
7. Massepunktsysteme und Stöße
Bisher haben wir die Dynamik von einzelnen Massepunkten untersucht. Dieses
Kapitel behandelt die Wechselwirkung
(Stöße) mehrerer Massepunkte, danach
folgt in Kapitel 8 die Beschreibung der
Dynamik solcher Systeme.
7.1 Starrer Körper, Schwerpunkt
Ein starrer Körper ist ein System aus
Massepunkten mi , welche untereinander
feste Abstände rij = rj − ri haben.
Der Massenmittelpunkt oder Schwerpunkt xs ist in diesem Beispiel:
mges xs = m1 x1 + m2 x2 , mges = m1 + m2
⇒ xs =
m2
d
m1 + m2
Die allg. Zusammenhänge für Gesamtmasse M und Schwerpunkt rs für ein
System aus N Massepunkten lauten:
M=
∑
N
m2
r
rs =
x
x1 = 0
xs
x2 = d
i
i =1
Wir betrachten zunächst zwei Massen
m1
∑m
N
r
ri mi
i =1
N
∑
mi
1
=
M
∑
N
r
ri mi
i =1
i =1
109
Experimentalphysik I (Kip WS 2009)
rm
rs
m1
r
r1
r
r2
m2
7.2 Schwerpunktsystem, Relativkoordinaten und reduzierte Masse
3
r
r3
mi
r
ri
Betrachtet wird die Flugbahn eines
Kegels. Der Schwerpunktvektor beschreibt eine Parabelbahn:
0
Bei kontinuierlichen Masseverteilungen
muss der Schwerpunkt durch Integration über Massen dm bestimmt werden:
M=
∫ dm
Volumen
r
1
rs =
M
∫
r
ρ
r dm =
M
Volumen
∫
r
r dV
Volumen
mit der Volumendichte ρ = M/V = const..
rs
0
Die Berechnung (Übung!) des Schwerpunktvektors rs in Zylinderkoordinaten
(dV = r dr dϕ dz) liefert das Ergebnis:
⎛ 0⎞
r 3 ⎜ ⎟
rs = h ⎜ 0 ⎟
4 ⎜ ⎟
⎝1 ⎠
110
Experimentalphysik I (Kip WS 2009)
Die Bewegung von rs lässt sich mit Hilfe
der Dynamik für Massepunkte beschreiben. Für die Eigenbewegung (z.B.
Rotation) des Kegels benutzt man ein
sogenannte Schwerpunktsystem: Ein mit
vs bewegtes Koordinatensystem mit
Ursprung in rs. Vorteil: Der Gesamtimpuls
im Schwerpunktsystems ist gleich Null.
Reduzierte Masse
Betrachtet werden 2 Körper der Massen
m1,2, die mit Kräften F1,2 aufeinander
wirken und ein abgeschlossenes System
bilden (d.h. keine weiteren Kräfte).
r
F2
r
F1
m1
r
r1
r
rs
r
r2
m2
Die Bewegungsgleichungen lauten:
r
r dv
F
a1 = 1 = 1
dt m1
r
r
dv
F
F
a2 = 2 = 2 = − 1
dt
m2
m1
Die Differenz der Gleichungen liefert
⎛ 1
1 ⎞r
d r r
⎟ F1
(v1 − v2 ) = ⎜⎜
+
⎟
dt
⎝ m1 m2 ⎠
r
dv12 r
⇔ μ
= F1
dt
Mit der sogenannten reduzierten Masse
μ und der Relativgeschwindigkeit v12:
m1m2
μ=
,
m1 + m2
r
r r
v12 = v1 − v2
111
Experimentalphysik I (Kip WS 2009)
Die Beschreibung der Relativbewegung
der Massen erfolgt als ein Teilchen mit
Masse m und Geschwindigkeit v12 im
Schwerpunktsystem. Die zugehörige
(kinetische) Energie ist ½μ v122.
Beispiel: Wasserstoffatom
Ein Wasserstoffatom besteht aus Proton
(mp) und Elektron (me). Mit dem Massen
mp ≈ 1836 me. Die reduzierte Masse ist
μ = 0.99946 me ≈ me
Es gilt für den Schwerpunkt:
rs ≈
1
rB
1837
Es macht Sinn, die Bewegung bzw.
Energie des Wasserstoffatoms aufzuteilen in (i) Translation des Schwerpunktes
rs mit Geschwindigkeit vs und (ii) die
Bewegung der Masse μ mit der
Geschwindigkeit v12.
Ekin =
1
1
(me + m p ) vs2 + μ v122
2
2
Der erste Beitrag (Bewegungsenergie)
hat bei Raumtemperatur die Größenordnung 30 meV. Der zweite Beitrag
(Innere Energie) ist deutlich größer und
beträgt etwa 10 eV; er beschreibt die
Bindungsenergie.
mit dem sogenannten Bohrschen Radius
rB = 0.5×10−10 m als mittlerer Abstand
zwischen Elektron und Kern beim
Wasserstoffatom.
112
Experimentalphysik I (Kip WS 2009)
7.3 Elastische Stöße
Bewegte Körper können untereinander
Stöße ausführen. Dabei ändert sich im
allgemeinen deren Geschwindigkeit und
Richtung.
r
m1′ , v1′
r
m1 , v1
ϕ2 ϕ1
r
m2 , v 2
Wechselwirkungs bereich
r
m ′2 ,v 2′
Wirken keine äußeren Kräfte, so bleibt
der Gesamtimpuls vor und nach dem
Stoß konstant:
Von der Energiebilanz her lassen sich
drei Fälle von Stößen unterscheiden:
Elastischer Stoß, mechanische Energie
(Epot + Ekin) bleibt erhalten.
Bsp.: Billiardkugeln
Inelastischer Stoß, mechanische Energie (Epot + Ekin) ändert sich, z.B. durch
Umwandlung in Wärme.
Bsp.: Autounfall (Verformungsarbeit)
Superelastischer Stoß, ein Stoßpartner
besitzt innere Energie, Zunahme der
kinetischen Energie.
Bsp.: Stoß angeregter Elementarteilchen
r
r r
r r
pges = p1 + p2 = p1 ' + p2 ' = const.
113
Experimentalphysik I (Kip WS 2009)
Kraftstoß
Eindimensionaler elastischer Stoß
In Kap. 3.2 wurde die Kraft F als zeitliche
Änderung des Impulses p eingeführt.
Integration dieser Beziehung führt auf die
Interpretation des Impulses (genauer:
Impulsänderung Δp) als „Kraftstoß“, d.h.
das Einwirken einer Kraft F über eine
(Wechselwirkungs-) Zeit Δt = t2 – t1:
Impulsbilanz vor (t < 0) und nach (t > 0)
r
r
∫ F dt = Δp
t2
dem Stoß (t = 0)
p = m1v1 + m2v2
!
p ' = m1v'1 + m2v'2 = p
t<0
m1
r r
v1 > v2
m2
r
v2
t1
r
F
Kraftverlauf beim Stoß
t=0
r
− Fs
harte Kugeln
(Stahl)
weiche Kugeln
(Gummi)
t>0
m1
m1
r
v1′ > 0
m2
r
Fs
m2
r
v2′ > 0
t
114
Experimentalphysik I (Kip WS 2009)
Energieerhaltung (da elastischer Stoß)
Beispiel 1: m1 = m2, m2 sei in Ruhe
1
1
1
1
m1v12 + m2v22 = m1v'12 + m2v'22
2
2
2
2
Resultat: v´2 = v1 , d.h. Impuls und
Energie werden vollständig übertragen.
Formal: Zwei Gleichungen mit zwei
Unbekannten (v´1,2). Umformen liefert
Anwendung: Kugeltanz (s.u.), Abbremsen von Neutronen im Kernreaktor mit
Wasser (mNeutron ≈ mH).
m1 (v1 − v'1 ) = −m2 (v2 − v'2 )
m1 (v1 + v'1 )(v1 − v'1 ) = −m2 (v2 − v'2 )(v2 + v'2 )
Dividieren der Gleichungen durcheinander führt auf die charakteristische
Beziehung „Relativgeschwindigkeit ist
gleich Rückstoßgeschwindigkeit“:
v1 − v2 = v'2 −v'1
Geschwindigkeiten nach dem Stoß
v'1 =
2m2
m1 − m2
v2
v1 +
m1 + m2
m1 + m2
v '2 =
2m1
m − m1
v1 + 2
v2
m1 + m2
m1 + m2
1
2345
1234
5
Beispiel 2: m1 > m2, m2 sei in Ruhe
Resultat: v´2 = (2m1)/(m1+m2) v1 > v1 , d.h.
Geschwindigkeitszunahme von Masse 2.
„Anwendung“: Fliege an Autoscheibe
115
Experimentalphysik I (Kip WS 2009)
7.4 Inelastische Stöße
7.5 Ballistisches Pendel
Es gilt weiterhin Impulserhaltung, aber
keine Energieerhaltung mehr:
Eine Kugel (m1, v1) wird in einen an einem Pendel hängenden Sandsack (m2,
m1v1 + m2v2 = m1v'1 + m2v'2
Neben den Anfangsbedingungen (m1,2,
v1,2) muss i.Allg. mindestens eine weitere
Größe bekannt. Ausnahme: vollständig
inelastischer Stoß, bei dem die Massen
aneinander „kleben“ bleiben. Hierfür gilt:
v2 = 0) geschossen. Aus der Höhenzunahme h nach dem Einschuss soll die
Geschwindigkeit v1 bestimmt werden.
m1
m2
v' = v'1 = v'2 =
v1 +
v2
m1 + m2
m1 + m2
Eine Anwendung der Gesetze
vollständig inelastischen Stoß ist
sogenannte „Ballistische Pendel“
Messung der Geschwindigkeiten
Geschossen.
zum
das
zur
von
ϕ l
Pendel mit
Sandsack
Gewehrkugel
v1
m1
h
m2
116
Experimentalphysik I (Kip WS 2009)
Beim Einschuss (inelastischer Stoß) gilt
Impulserhaltung :
m1v1 = (m1 + m2 ) v'2
Nach dem Einschuss gilt Energieerhaltung: Kinetische Energie wird beim Ausschlag des Pendels in potentielle Energie umgewandelt.
Für die Höhe h gilt:
h=l−x
= l (1 − cos ϕ )
ϕ
x
l
h
v'2 = 2 gh = 2 g (1 − cos ϕ )
m1 + m2
⇒ v1 =
2 g (1 − cos ϕ )
m1
117
Experimentalphysik I (Kip WS 2009)
z
8. Dynamik starrer Körper
8.1 Rotation um feste Achsen
mi
Die Beschreibung des Bewegungszustandes des starren Körpers findet im ruhenden, d.h. raumfesten Inertialsystem S
statt. Die Gesamtmasse und der
Schwerpunkt des starren Körpers waren:
r ρ r
M = ρ ∫ dV , rs = ∫ r dV
M
Betrachtetr wird die kinetische Energie
des mit ω um die Achse A rotierenden
Körpers im ruhenden System S (vS = 0),
für einen einzelnen Massepunkt mi :
Ekin ,i
r
ri :
r
r⊥ ,i :
1
1
2
= mi vi = mi r⊥2, iωi2
2
2
Ortsvektor von mi
Abstand zur Drehachse A
r
vi
r
ri
r
ω
r
rs = 0
y
x
A
Der Punkt mi beschreibt eine Kreisbahn
um die Drehachse A. Die gesamte
(Rotations-) Energie ist dann
1
1
Erot = ∑ mi r⊥2, iω 2 = ω 2 ∑ mi r⊥2, i
2
i 2
i
118
Experimentalphysik I (Kip WS 2009)
Geht man zu einer kontinuierlichen
Masseverteilung über, so ist die Summation über Massepunkte mi durch die
Integration über infinitesimale Massen
dm = rdV zu ersetzen:
1 2 2
1 2
Erot = ω ∫ r⊥ dm = ω ρ ∫ r⊥2 dV
2
2
8.2 Trägheitsmoment
Die Größe I ist das Trägheitsmoment
des Körpers bezüglich Drehachse A:
I = ∫ r⊥2 dm = ρ ∫ r⊥2 dV
Mit Hilfe des Trägheitsmomentes lässt
sich für die Rotationsenergie (bezogen
auf Rotation um A) einfach schreiben:
1 2
Erot = ω I
2
Der Drehimpuls eines einzelnen Massepunktes ist
r r
r
r
r
Li = r⊥ , i × pi = mi r⊥ , i × vi
und der Gesamtdrehimpuls damit
r
r
r
L = ∑ mi r⊥ , i × vi
i
r
r
= ρω ∫ r⊥2 dV = Iω
d.h. Drehimpuls und Winkelgeschwindigkeit stehen parallel zueinander
(Anmerkung: dies gilt aber nicht, wenn
die Drehachse nicht mehr durch rs geht)
Die Angabe der Rotationsenergie ist so
auch mit Hilfe von L möglich:
L2
1 2
Erot = ω I =
2
2I
119
Experimentalphysik I (Kip WS 2009)
Bsp.: Trägheitsmoment eines Stabes
Bsp.: Trägheitsmoment Vollzylinder
Betrachtet wird ein dünner quaderförmiger Stab mit Länge L und Querschnitt
A << L2. Gesucht ist Is bezüglich einer
Drehachse durch rs und senkrecht zur
Symmetrieachse. Die Masse ist M = AL.
Ein Hohlzylinder habe die Höhe h und
Radius R. Die Masse ist M = ρhπR2 .
z
In Zylinderkoordinaten lautet
Volumenelement dV = r dr dϕ dz.
das
I s = ρ ∫ r 2 dV
A
h 2π R
x
y
= ρ∫
∫
3
r
∫ dr dϕ dz
0 0 0
R
Das Volumenelement in kartesischen Koordinaten lautet dV = A dx .
L/2
I s = ρ ∫ r dV = ρA ∫ x dx
2
2
−L / 2
1 ⎛ L3 L3 ⎞ 1
= ρA ⎜ + ⎟ = ML2
3 ⎝ 8 8 ⎠ 12
= 2πρh ∫ r 3 dr
0
1
= 2πρh R 4
4
1
= MR 2
2
120
Experimentalphysik I (Kip WS 2009)
Beispiel: Trägheitsmoment Vollkugel
Aus Symmetriegründen erfolgt die Berechnung in Kugelkoordinaten (r, ϑ, ϕ);
die Drehachse wird in Richtung der
z-Achse gewählt und verläuft durch den
Schwerpunkt (Mittelpunkt der Kugel).
Das Volumenelement in Kugelkoordinaten lautete
dV = r 2 sin ϑ dr dϑ dϕ
z
r⊥ = r sin ϑ
z
R
x
r⊥
dϕ
dm
y
ϑ
r dϑ
r
dr
y
Die Kugel mit Radius R sei homogen
(ρ = const.), für die Gesamtmasse M gilt:
4
M = ρVKugel = πρ R 3
3
r⊥ dϕ
dϑ
x
121
Experimentalphysik I (Kip WS 2009)
Die Integration zunächst führt auf:
∫
I s = ρ r⊥ dV
2
sin 3 x =
2π π R
=ρ
∫∫∫
r 4 sin 3 ϑ dr dϑ dϕ
1
(3 sin x − sin 3 x)
4
Das Trägheitsmoment ist dann:
I s , Kugel =
0 0 0
π
= ρ 2π
Es wurde die Relation benutzt
∫
1 5
R sin 3 ϑ dϑ
5
0
2
MR 2
5
Beispiel: Weitere Trägheitsmomente
π
= ρ 2π
∫
1 51
R
(3 sin ϑ − sin 3ϑ ) dϑ
5 4
0
⎛
⎞
⎜
⎟
π
1
5
π
π
= ρ R ⎜ − 3 cosϑ 0 + cos 3ϑ 0 ⎟
10
3 4243 ⎟
⎜⎜ 14243 1
⎟
+ 3 +3
−1 / 3 − 1 / 3
⎝
⎠
=
π
10
ρ R5
16 2 4
2
=
πρR 3 R 2 = M R 2
3 5 1
3 23
5
M
122
Experimentalphysik I (Kip WS 2009)
Situation von oben betrachtet:
8.3 Steinerscher Satz
Es ist wichtig, dass sich die Angabe von
I ≡ IS auf die (bestimmte) Drehachse A
bezieht, welche durch den Schwerpunkt
rs verläuft. Mit Hilfe des „Steinerschen
Satzes“ ist die leichte Umrechnung des
Trägheitsmomentes eines Körpers der
Gesamtmasse M bezüglich einer zu A
um die Strecke b verschobenen
parallelen Achse B möglich:
I B = I S + M b2
z
mi
r
ω
r
b
A
r
r
r
R
mi
B
Beweis des Steinerschen Satzes:
r r 2
I B = ∫ R dm = ∫ (r + b ) dm
r r
2
= ∫ r dm + 2 ∫ r ⋅ b dm + ∫ b 2 dm
r r
= I S + 2b ⋅ ∫ r dm + Mb 2
123
2
=0
r r
v i ri
x
b
A
y
= I S + Mb 2
B
da
r
r
∫ r dm = M rs , d.h. der Koordinaten-
ursprung liegt in rs = 0.
123
Experimentalphysik I (Kip WS 2009)
Versuch: Schiefe Ebene
Drei Körper der gleichen Masse m
(Vollzylinder, Hohlzylinder, Kugel mit
Radius R) rollen eine schiefe Ebene
hinab. Welcher Körper kommt zuerst
unten an?
z
h
x
ϑ
Drehachse
m
Versuchsergebnis: Die Kugel rollt am
schnellsten, gefolgt vom Vollzylinder.
Vor dem Start
Kugel
R
v
ϑ
Hohlzylinder
Vollzylinder
Nach dem Start
Der Lösungsansatz erfolgt hier über die
Berechnung der wirksamen Beschleunigungen: Der Körper mit der größten
linearen Beschleunigung ist auch am
schnellsten.
124
Experimentalphysik I (Kip WS 2009)
Die (momentane) Drehachse liegt auf
der schiefen Ebene; das zugehörige
Drehmoment lautet:
D = D|| = M g R sin ϕ
Das Trägheitsmoment ist hier:
I = Is + m R
2
Damit lautet die Bewegungsgleichung:
L& = Iω& = D|| ⇔ ( I s + mR2 )ω& = MgR sin ϕ
Für die Beschleunigung des Schwerpunktes folgt dann:
dv d
a = = (ωR) = Rω&
dt dt
mgR 2 sin ϕ
g sin ϕ
=
=
I s + mR 2 1 + I s /(mR 2 )
Für einen reibungsfrei rutschenden Körper würde man das Ergebnis erhalten
dv
F
a~ = = g sin ϕ = H
m
dt
Offensichtlich ist die Beschleunigung
um den Faktor 1+Is /(mR2) verringert;
entsprechend wird der Körper mit dem
geringsten Trägheitsmoment Is am
stärksten beschleunigt:
I Hohlzyl . > IVollzyl . > I Kugel
⇒ aHohlzyl . < aVollzyl . < aKugel
Die Kugel wird am stärksten beschleunigt und besitzt die größte kinetische
Energie. Die Zylinder sind langsamer,
haben aber wegen des größeren Trägheitsmomentes mehr Rotationsenergie.
125
Experimentalphysik I (Kip WS 2009)
Drehimpulserhaltung angewendet auf
den starren Körper bedeutet:
r
r
L = Iω = const.
Demnach ist das Produkt aus Trägheitsmoment I und Winkelgeschwindigkeit ω
konstant; verringert sich z.B. I, so muss
ω zunehmen. Dies wird nutzt man z.B.
beim Pirouetteneffekt
ω1
ω2 > ω1
Versuch: Drehimpulserhaltung am Drehstuhl: „Pirouetteneffekt“
Eine Person mit ausgestreckten Hanteln
wird in Drehbewegung versetzt. Das
Trägheitsmoment ist relativ groß.
Die Hanteln werden dann an den Körper gezogen. Das Trägheitsmoment
verringert sich und die Rotationsfrequenz nimmt zu.
ω klein
ω groß
I klein
I1
I 2 < I1
I groß
126
Experimentalphysik I (Kip WS 2009)
8.4 Messung von Trägheitsmomenten
Die Messung von Trägheitsmomenten
ist mit einem Torsionspendel möglich.
Zunächst wird die Eigenfrequenz ω0 des
Pendels mit dem bekannten Trägheitsmoment I0 der Scheibe bestimmt. Ein
hinzugefügter Körper, dessen Trägheitsmoment Ik bestimmt werden soll, ändert
diese Frequenz, hieraus folgt dann Ik.
Das Richtmoment D0 des Torsionsdrahtes erzeugt bei Auslenkung um
den Winkel ϕ ein Drehmoment D
D = − D0 ϕ
Die Bewegungsgleichung lautet
D = I 0ϕ&& = − D0 ϕ
mit der Eigenfrequenz ω0 und Schwingungsdauer T
ω 2 = D0 / I 0 , T = 2π I 0 / D0
I0
Ik
Mit Probekörper ändert sich das Trägheitsmoment zu I ′ = I 0 + I k und die
Schwingungsdauer wird
T ′ = 2π I ′ / D0
⇒ I k = D0 (T ′2 − T 2 )
127
Experimentalphysik I (Kip WS 2009)
8.5 Vergleich von linearer Bewegung (Translation) und Rotationsbewegung
Lineare Bewegung
Rotationsbewegung
x
v = x&
Drehwinkel
Winkelbeschleun.
Masse
a = v& = &x&
m
Kraft
F = ma
Arbeit
W = ∫ F dx
1
Ekin = mv 2
2
P = Fv
p = mv
r
r
F = p& = m&x&
Ortskoordinate
Geschwindigkeit
Beschleunigung
Energie
Leistung
Impuls
Bewegungsgln.
Winkelgeschwin.
Trägheitsmoment
Drehmoment
Arbeit
Energie
Leistung
Drehimpuls
Bewegungsgln.
ϕ
ω = ϕ&
α = ω& = ϕ&&
I
r r r
D = r ×F
W = ∫ D dϕ
1 2
Erot = Iω
2
P = Dω
Lω = I
r r&
r
r&
&
D = L = Iα = Iϕ
128
Experimentalphysik I (Kip WS 2009)
Versuch: Maxwellsches Rad („Jojo“)
8.6 Trägheitstensor
Es findet ein ständiger Austausch zwischen potentieller Energie, der kinetischen Energie des Schwerpunktes und
der Rotationsenergie des Rades statt.
Bisher verlief die Drehachse durch den
Schwerpunkt und war gleichzeitig Symmetrieachse. Weiter war die Drehachse
und damit die Richtung von ω fest.
E = Ekin + Erot + Epot
1
1
E mvs2 + I ω 2 + mgzs
2
2
Nun soll der allgemeine Fall untersucht
werden: Der drehbar aufgehängte Körper hat einen Fixpunkt S, durch den die
Drehachse ω verläuft. Die Drehachse ist
dann nicht mehr raumfest: es kommt zur
Kreiselbewegung des Körpers.
Die weitere Vorgehensweise ist:
Berechnung des Drehimpulses L für beliebige Drehachsen ω; diese Verknüpfung
benutzt den Begriff des Trägheitstensors
r& r
Lösung der Bewegungsgleichung L = D.
für die Rotation; dies erfordert die Transformation von L in ein mitrotierendes
Koordinatensystem des Kreisels
129
Experimentalphysik I (Kip WS 2009)
zr
führt auf die Beziehung
r
r r r
2 r
Li = mi (ri ω − (ri ⋅ ω )ri )
ω
mi
Integration liefert den Gesamtdrehimpuls
r
r r r
2 r
L = ρ ∫ (r ω − (r ⋅ ω )r ) dV
r
ri
r
vi
Als Beispiel wird hier die x-Komponente
von L betrachtet:
S
A
y
Lx = ρ ∫ [(x2 + y 2 + z 2 )ωx
− x2ωx − xyωy − xzωz ] dV
x
Der Drehimpuls des Massepunktes mi ist
r
r r
r r r
Li = mi ri × vi = mi ri × (ω × ri )
Anwendung der Vektorrelation
r r r
r r r r r r
A × ( B × C ) = ( A ⋅ C ) B − ( A ⋅ B )C
= ρ ∫ [( y 2 + z 2 )ωx − xyωy − xzωz ] dV
= I xxωx + I xyωy + I xzωz
mit
I xx = ρ ∫ ( y 2 + z 2 ) dV
I xy = ρ ∫ xy dV , I xz = − ρ ∫ xz dV
130
Experimentalphysik I (Kip WS 2009)
Insgesamt erhält man
r für die Komponenten des Vektors L
Lx = I xxωx + I xyωy + I xzωz
Ly = I yxωx + I yyωy + I yzωz
Lz = I zxωx + I zyωy + I zzωz
oder in Vektorschreibweise
⎛ Lx ⎞ ⎛ I xx I xy I xz ⎞⎛ ωx ⎞
⎟⎜ ⎟ r
r ⎜ ⎟ ⎜
L = ⎜ Ly ⎟ = ⎜ I yx I yy I yz ⎟⎜ωy ⎟ = Iˆω
⎜ ⎟ ⎜I
⎟⎜ ω ⎟
I
I
⎝ Lz ⎠ ⎝ zx yz zz ⎠⎝ z ⎠
mit dem so genannten Trägheitstensor
⎛ I xx I xy I xz ⎞
⎟
⎜
Iˆ = ⎜ I yx I yy I yz ⎟
⎟
⎜I
I
I
⎝ zx yz zz ⎠
8.7 Hauptachsensystem
In den betreffenden Integralen ist die
Reihenfolge, z.B. xy = yx , vertauschbar;
der Trägheitstensor ist symmetrisch:
I ij = I ji , i, j = x, y, z
Weiter ist der Trägheitstensor diagonalisierbar: Es existiert ein Koordinatensystem (Hauptachsensystem), in dem die
Nichtdiagonalelemente verschwinden:
⎛ I xx I xy I xz ⎞
⎛ Ia 0 0 ⎞
⎟ H .T . ⎜
⎜
⎟
⎯ ⎜ 0 Ib 0 ⎟
⎜ I yx I yy I yz ⎟ ⎯⎯→
⎜0 0 I ⎟
⎜I I I ⎟
⎝
c⎠
⎝ zx yz zz ⎠
H.T. meint hier die so genannte Hauptachsentransformation, bei der das Koordinatensystem (x, y, z) durch das Hauptachsensystem (a, b, c) ersetzt wird.
131
Experimentalphysik I (Kip WS 2009)
Berechnung H.A.-System (lin. Algebra):
I xx − I a
det I yx
I zx
I xy
I xz
I yy − Ib
I yz
I yz
I zz − I c
=0
Bsp.: Hauptachsensystem eines Quaders
z
c
y
b
a
x
Im Koordinatensystem (x, y, z) erhält man
6 unabhängige Tensorelemente Iij. Wird
das H.A.-System (a, b, c) benutzt, so verschwinden die Nichtdiagonalelemente.
8.8 Rotation um freie Achsen: Kreisel
Das bisherige Ergebnis der Berechnung
des Drehimpulses war die Beziehung
r
r
ˆ
L = Iω
d.h. L und ω (Drehachse) stehen im
Allgemeinen nicht parallel zueinander.
Nur bei Rotation um H.A. stehen beide
parallel: Das H.A.-Systems erlaubt eine
einfachere Darstellung der beteiligten
Größen; i.F. wird dieses System benutzt.
Gesucht wird nun der Winkel zwischen L
und ω. Sinnvoll ist hierzu die Beschreibung der Bewegung im mitrotierenden
Koordinatensystem K (H.A.-System).
Gelöst wird dann die Bewegungsgleichung (hier im Ruhesystem R):
r&
r
LR = D
132
Experimentalphysik I (Kip WS 2009)
Für die (Coriolis-) Beschleunigung im rotierenden Bezugssystem (Kap. 6.4) galt:
r r
r
r
v&K = v&R − (ω × vK )
r r
r r
a ≡ v&R , a ′ ≡ v&K
Die gleiche Transformation gilt analog
auch für den Drehimpuls:
r&
r&
r r
LK = LR − (ω × LK )
r r&
r r
⇒ D = LK + (ω × LK )
Dies ist die Bewegungsgleichung für den
Drehimpuls L, dargestellt im System K.
Hier ist D das im Ruhesystem R
(Intertialsystem) auf den Körper wirkende äußere Drehmoment.
Im H.A.-System (a, b, c) wird die a-Komponente des Drehmoments betrachtet:
r r
&
Da = La + (ω × L ) a
d
= ( I aωa ) + ωb Lc − ωc Lb
dt
= I aω& a + ωbωc I c − ωcωb I b
Alle drei Komponenten von D bilden die
so genannten Eulerschen Gleichungen:
I aω& a + ( I c − I b )ωcωb = Da
I bω& b + ( I a − I c )ωaωc = Db
I cω& c + ( I b − I a )ωbωa = Dc
Dieser Satz von Bewegungsgleichungen
erlaubt die Beschreibung einer Vielzahl
von Kreiselbewegungen.
133
Experimentalphysik I (Kip WS 2009)
Beispiel: Torkeln eines Diskus
Betrachte Zeitpunkt t = 0: ωa = w┴
Figuren-/Symmetrieachse c, Ia = Ib ≠ Ic
Schnitt durch ac-Ebene (im System K)
r
Kräftefreiheit: D = 0
I a = I b ⇒ ω& c = 0 ⇒ ωc = const.
ω& a + Ωωb = 0 und ω& b − Ωωa = 0
mit Ω = ωc ( I c − I a ) / I a = const.
Ia > Ic
r
c
r
L r
ω
c
ωc Ic
r
L
r
ω
ωc
System von zwei gekoppelten Differentialgleichungen. Eine Lösung ist z.B.
a
ωa = ω⊥ cos(Ωt ) , ωb = ω⊥ sin(Ωt )
mit ω⊥ = ωa2 + ωb2
Interpretation: Die Drehachse ω hat eine
konstante Komponente ωc parallel zur
Figurenachse, sowie eine Komponente
ω┴ senkrecht hierzu, welche sich mit der
Frequenz Ω um diese dreht.
ωa Ia
ω⊥
r
Im System K ist ω || L . Der Kreisel rotiert
r
mit Ω um die Figurenachse c: Torkelbewegung oder „Nutation“ des Kreisels.
Wichtig: Skizze gilt im System K, aber
Winkel von L und ω relativ zu c ist im
Inertialsystem R identisch.
134
Experimentalphysik I (Kip WS 2009)
Ia > Ic
r
c
r
c
Darstellung im System R:
r
c
mo
me
nt
Ia < Ic
r
c
ane
Dre
h
Nutationskegel
r
L
se
Symmetrischer Kreisel mit Ia = Ib
Im Inertialsystem mit Zentralkräften
gilt
r
Drehimpulserhaltung: Vektor L ist raumfest in R.
ac h
Beispiel: Verschiedene Kreiselformen
r
c
r
ω
Ia = Ic
r
c
r
c
Rastpolkegel
Gangpolkegel
Beobachter: Gangpolkegel rollt auf dem
Rastpolkegel ab.
135
Experimentalphysik I (Kip WS 2009)
Versuch: Kräftefreier Kreisel
Kurzer Stoß auf den kräftefreien Kreisel
(Auflagepunkt ist Schwerpunkt, siehe
Bild) bewirkt Nutationsbewegung.
Bei Kreiselbewegungen unterscheidet
man prinzipiell drei verschiedene Achsen: Figurenachse (fest mit Körper verbunden), die Drehimpulsachse (raumfest) und die momentane Drehachse.
Beispiel: Nutation der Erde
Erde ist abgeplattetes Rotationsellipsoid, Ic > Ia = Ib:
Äquatordurchmesser: 12.756 km
Poldurchmesser:
12.713 km
außerdem: Figurenachse ≠ Drehachse
Folge: Die Figurenachse (Pol-Pol-Achse)
rotiert mit T = Ω-1 ≈ 18 Jahre, d.h. der
geographische Nordpol wandert um
einige Meter (Bezugsystem ist hier das
Sonnensystem, welches in guter Näherung ein Inertialsystem ist).
136
Experimentalphysik I (Kip WS 2009)
Versuch: Rotation eines Zylinders
Beispiel: Spielzeugkreisel
Drehung um Symmetrieachse: stabile
Rotation, Kraft auf Achse zeitl. konstant
Spielzeugkreisel: Körper dreht um Figurenachse, ist aber nicht im Schwerpunkt
rs unterstützt. Folge: Gewichtskraft auf rs
bewirkt Drehmoment D ≠ 0, welches
eines Präzession des Kreisels bewirkt.
r r
ω, L
r
rs
Drehung um schräge Achse: Es wirken
zeitlich veränderliche Kräfte auf Achse
α
0
r
D
r
r
Fg = mg
Das wirksame Drehmoment ist
r r r
D = rs × Fg = rs mg sin α
137
Experimentalphysik I (Kip WS 2009)
Die Grundgleichung derr (Rotations-)
Ber
& = D . Wichtig ist
L
wegung lautet
wieder
r&
r
hier, dass L senkrecht zu L. steht. Blick
von oben auf Kreisel:
r
dL
dϕ
r
L⊥
r
r
L⊥ : Projektion von L. in Beobachtungsebene, es ist L⊥ = L sin α .
r
dL ist die Drehimpulsänderung in
r Zeit
dt, in der sich der Drehimpuls L⊥ um
Winkel dϕ dreht:
r r
r
| dL |=| L⊥ | dϕ =| L | sin ϕ dϕ
Die Bewegungsgleichung lautet dann:
r
r&
r
| D |=| L | =| L | ϕ& sin α
Die zeitliche Änderung des Winkels ϕ ,
die Päzessionsfrequenz Ωp , ist also
r
|D|
rs mg
Ω p = ϕ& = r
=
| L | sin α
Iω
Beispiel: Präzession der Erde
Die Drehachse der Erde (Pol-Pol) steht
unter dem Winkel α = 23.5° zur Bahnebene der Sonne („Ekliptik“). Die Gravitation auf die beiden Erdhälften bewirkt
ein aufrichtendes Drehmoment. Folge:
Erde präzediert mit Ω = 26.000 Jahre.
Tierkreiszeichen haben sich seit ihrer
Benennung vor ~2.000 Jahren um ca.
einen Monat verschoben.
138
Experimentalphysik I (Kip WS 2009)
Beispiel: Kreiselkompass
Beispiel: Tippy-Top-Kreisel
Drehimpulserhaltung gilt nur im Inertialsystem Sonne. Die Erddrehung erzeugt
bei einen frei aufgehängten Kreisel ein
Drehmoment D, welches den Kreisel so
lange ausrichtet, bis Drehimpuls L und
Erddrehachse ωE zusammenfallen.
Reibungskraft FR am
Auflagepunkt S bewirkt Drehmoment D,
welches den Kreisel
auf die Spitze dreht.
r r
L,ω
r
ez '
ϑ
r r r
M = l × FR
r
l
S
r
FR
139
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