Anorganische Chemie I MO-LCAO / 2. Obligatorische Übung A

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Anorganische Chemie I
A. Mezzetti
MO-LCAO / 2. Obligatorische Übung
Fragenkatalog IX
1. Aufgabe. Der Komplex [FeCl(L)]PF6 reagiert mit ClO– (aq) unter Bildung des instabilen
Oxo-Komplexes [Fe(O)(L)]2+ (A), welcher zwei ungepaarte Elektronen enthält. L ist ein fünfzähniger Stickstoff-Ligand:
L=
N
N
N
N
N
– Bestimmen Sie die Oxidationszahl und Elektronenkonfiguration von Eisen in A!
Der Komplex ist dikationisch, der Oxo-Ligand zweimal negativ geladen: Fe(IV), d4
– Diskutieren Sie die Fe=O-π-Bindung von A mittels MO-LCAO-Überlegungen. (Hinweis:
Zeichnen Sie (a) die Orbitale der Fe- und O-Atome, welche an der π-Bindung beteiligt sind,
und (b) den Effekt ihrer Überlappung auf die Energien.)
Der Komplex ist oktaedrisch, die Punktgruppe ist C4v (wenn der Chelatring vernachlässigt
wird. Dieser hat keinen wesentlichen Effekt auf die Bindung!).
O
N
N
Fe
N
N
N
Als Basis für die Diskussion der π-Bindung skizzieren wir das σ-Schema gemäss KFT.
Dabei kann man in erster Linie die Feldstärkedifferenz zwischen O und N als Donoren vernachlässigen (links im Schema):
[ML6]
[M(O)L6]
O
!*
p(x)
N
e ("*)
n
d(xz)
b2 (n)
nur !-Bindung
p(x)
p(y)
"
O
z
Fe
N
N
(analog auf der yz-Ebene)
x
Welche Fe-Orbitale haben die passende Symmetrie, um π-Bindungen zu bilden? Diese sind
– wie für alle oktaedrischen Komplexe, d(xy), d(xz) und d(yz). Die Charaktertafel der C4vPunktgruppe zeigt, dass zwei entartete Orbitale (e) mit π-Symmetrie entlang der z-Achse
liegen. Diese können mit den besetzten p(x)- und p(y)-Orbitalen des Oxo-Liganden eine
L→M-dative Bindung bilden. Die Energie der π-Orbitale des Sauerstoffs wird gesenkt, die
der e-Metallorbitale (π*) angehoben.
– Wieso ist diese eine Doppelbindung?
Jetzt muss man das Energieschema mit Elektronen füllen. Fe(IV) ist hat die d4-Elektronenkonfiguration und die Sauerstoff-Orbitale sind vollständig besetzt. Für einen d4-Komplex
eines 3d-Metalls würde man eine high-spin Konfiguration erwarten. Der Komplex enthält
aber nur zwei ungepaarte Elektronen (siehe Aufgabestellung). Dies bedeutet, dass der
Komplex eine low-spin-Konfiguration besitzt. Dies ist nicht überraschend, wenn man
bedenkt, dass der Oxidationszustand +4 hoch ist, was den Δο-Wert erhöht!
Zwei der vier Elektronen der low-spin d4-Konfiguration besetzen ein nicht bindendes Orbital
(b2). Die zwei antibindenden π*-Orbitale sind jeweils einzeln besetzt. Um die Gesamtbindungsordnung zu bestimmen, muss man berücksichtigen, dass der Oxo-Ligand mit 2 σund 4 π-bindenden Elektronen zur Fe–O-Bindung beiträgt. Also würde man meinen, die Fe–
O-Bindung sei eine dreifache Bindung (3 Elektronenpaare). Wir sollen aber nicht vergessen,
dass π*-Elektronen vorhanden sind! Somit sinkt die Bindungsordnung auf 2.
(Aufgabe aus der AC1–Basisprüfung Herbst 2008)
2. Aufgabe
Der Komplex [Cr(CNPh)6] (A) (CNPh ist C6H5–NC, ein Isonitril) reagiert mit Silber(I)Hexafluorophosphat (AgPF6) gemäss folgender Reaktionen:
AgPF
(1 Äquivalent)
AgPF
(1 Äquivalent)
6
6
" [Cr(CNPh)6]PF6 (B) !!!!!!!
" [Cr(CNPh)6](PF6)2
[Cr(CNPh)6] (A) !!!!!!!
(C)
Magnetische Eigenschaften und ausgewählte Abstände (d) aus Kristallstrukturbestimmungen:
Komplex
µeff / BM
d(Cr–C) / Å
d(C≡N) / Å
0
2.1
3.1
1.938
1.975
2.014
1.176
1.159
1.158
[Cr(CNPh)6] (A)
[Cr(CNPh)6]PF6 (B)
[Cr(CNPh)6](PF6)2 (C)
(a)
Zeichnen Sie die Lewis-Formel von CNPh! Die Struktur und Eigenschaften ähneln
denjenigen, eines Ihnen bekannten Liganden. Welcher? Skizzieren Sie die (Form der)
Molekülorbitale von CNPh, welche für die Koordinationsbindung massgebend sind!
Welche Eigenschaften erwarten Sie demzufolge für CNPh als Ligand? Erklären Sie!
!*
C
N
Ph
C
O
x
(analog auf der yz-Ebene)
z
Isonitrile sind ähnlich wie CO und deshalb starke π-Akzeptoren!
(b) Bestimmen Sie die Oxidationszahlen von A, B und C und erklären Sie ihre magnetischen
Eigenschaften anhand eines einfachen Orbitalenergie-Schemas!
Komplex
[Cr(CNPh)6] (A)
[Cr(CNPh)6]PF6 (B)
[Cr(CNPh)6](PF6)2 (C)
OZ
µeff / BM
ungep. e–
El.Konf.
Cr(0)
Cr(I)
Cr(II)
0
2.1
3.1
0
1
2
l.s.-d6
l.s.-d5
l.s.-d4
Die µeff-Werte zeigen, dass die Komplexe die low-spin-Konfiguration besitzen. Erklärung:
PhNC ist ein Starkfeldligand. Somit:
[Cr(CNPh)6]PF6 (B)
[Cr(CNPh)6] (A)
[Cr(CNPh)6](PF6)2 (C)
eg, !*
eg, !*
eg, !*
t2g, "
t2g, "
t2g, "
(c) Anhand des oben entwickelten Orbitalenergie-Schema erklären Sie die Differenzen in den
Bindungslängen von A, B, und C!
In oktaedrischen Komplexen der Oh-Symmetrie mit π-Akzeptoren als Liganden sind die
t2g-Orbitale π-bindend:
nur !-Bindung "-Bindung
"*(PhNC)
eg, !*
t2g, "
Je grösser die Zahl der π-bindenden Elektronen, desto stärker und kürzer die M–LBindungen:
Komplex
[Cr(CNPh)6] (A)
[Cr(CNPh)6]PF6 (B)
[Cr(CNPh)6](PF6)2 (C)
π-bindende-e–
d(Cr–C) / Å
d(C≡N) / Å
6
5
4
1.938
1.975
2.014
1.176
1.159
1.158
Anhang
Die Reduktion der reduziblen Darstellung wurde in der Aufgabestellung nicht explizit verlangt.
Man kann aber schnell zeigen, dass diese ohne grossen Aufwand möglich ist. Für ID-fans:
Reduzible Darstellung:
2
0
–2
0
0
O
N
N
Fe
N
N
N
Aus der Reduktionsformel:
N = 1 # !rx "!ix "n x
h x
h = Gesamtzahl der Symmetrieoperationen in der PG = 8
Für A1, A2, B1 und B2 bekommt man eine Null. Für E:
Somit
N(E)= 1 (2 ! 2) + 0 + (–2) ! (–2) + 0 = 1
8
Γπ = e
Der die p(x)- und p(y)-Orbitale des Oxo-Liganden haben π-Symmetrie und werden in einem
LGO mit e-Symmetrie kombiniert. Das LGO mit e-Symmetrie überlappt mit den d(xz)- und
d(yz)-Metallorbitalen. Dasselbe Verfahren haben wir anschaulich in der oberen Diskussion
entwickelt.
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