IK: Einkommen, Beschäftigung und Finanzmärkte (Wintersemester 2011/12) Das IS-LM Modell in offenen Volkswirtschaften Inhalt Ziel: Erweiterung der Güter- und Finanzmarktmodelle für offene Ökonomien Offene Gütermärkte Außenhandel, Wechselkurse, Zahlungsbilanz Erweiterung des Gütermarktmodells Die IS-Relation in der offenen Ökonomie Finanzmärkte in der offenen Ökonomie Inländischer vs. ausl. Zinssatz, erwarteter Wechselkurs, Zinsparität Güter- und Finanzmärkte im Gleichgewicht Offene Gütermärkte Österreichs Außenhandel (nur Güter)1976 – 2010: 45.00% 40.00% 35.00% 30.00% Exporte/BIP 25.00% Importe/BIP 20.00% 15.00% 1976 1978 1980 1982 1984 1986 1988 1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006 2008 2010 10.00% Quelle: OENB Offene Gütermärkte Anteil des Außenhandels am BIP (Güter und Dienstl.): „Offenheit“ einer Ökonomie wird auch bestimmt durch: Größe des Landes (Spezialisierung) Geographie (Distanz zu Märkten) Luxemburg: Belgien: Niederlande: Österreich: Dänemark: Deutschland: OECD: Großbritannien: Japan: USA: 2008 157% 85% 73% 57% 54% 44% 28% 30% 17% 15% Quelle: OECD Wechselkurse „offenes“ Gütermarktmodell: Konsum heimischer vs. ausländische Güter bestimmt durch den „realen Wechselkurs“ (= relativer Preis der heimischen zu den ausländischen Gütern) hängt ab von: nominalen Wechsekurs (E), heimischen Preisniveau (P) und dem ausländischen Preisniveau (P*) Nominale Wechselkurse (E): „Preis“ einer Währung in Einheiten einer anderen Währung Konvention: Preis der heim. Währung in ausl. Währung (Bsp.: EUR in GBP) Beispiele (20.11.2011, Quelle: Oanda.com): EUR in GBP: 1 EUR = 0.85 GBP E = 0,85 EUR in JPY: 1 EUR = 103,97 JPY E = 103,97 EUR in USD: 1 EUR = 1,35 USD E = 1,35 EUR in CHF: 1 EUR = 1,24 CHF E = 1,24 Wechselkurse „nominale Aufwertung“: „Preis“ der heim. Währung steigt (E wird größer) „nominale Abwertung“: Preis“ der heim. Währung sinkt (E wird kleiner) Wechselkurs Euro zu Pfund Sterling (links) und US-Dollar (rechts): 1 1.7 0.95 1.6 0.9 1.5 0.85 1.4 0.8 1.3 0.75 1.2 0.7 1.1 0.65 1 0.6 0.9 0.55 0.8 Quelle: OENB Quelle: OENB Wechselkurse Auch das Preisniveau muss berücksichtigt werden um die Attraktivität heimischer und ausländischer Güter vergleichen zu können: Beispiel: realer Wechselkurs zwischen EUR und GBP: Preise der europ. Güter in Euro: P Preise der europ. Güter in Pfund: E * P Preise der brit. Güter in Pfund: P* Steigt ε: reale Aufwertung Sinkt ε: reale Abwertung Preise der europ. Güter ausgedrückt in britischen Gütern: ε = EP/P* P…BIP-Deflator Euro-Zone P*…BIP-Deflator UK Wechselkurse Bilateraler realer Wechselkurs Pfund/Euro (1999 - 2010): Quelle: Blanchard 2010 Wechselkurse Vom bilateralen zum multilateralen realen Wechselkurs: Österreichs wichtigste Handelspartner 2009: Anteil an Exporten Anteil an Importen 31,1 % 40,8 % Italien, F, NL, UK: 18 % 14,2 % CZ, Ungarn, Polen: 9,4 % 5,9 % Schweiz: 4,6 % 5,8 % USA: 4,3 % 2,6 % Volksrep. China: 2,2 % 4,6 % Russland: 2,2 % 1,7 % Deutschland: Quelle: Statistik Austria Handelspartner werden gewichtet um den multilateralen realen Wechselkurs zu erhalten! Quelle: OENB Jul.11 Feb.11 Sep.10 Apr.10 Nov.09 Jun.09 Jän.09 Aug.08 Mär.08 Okt.07 Mai.07 Dez.06 Jul.06 Feb.06 Sep.05 Apr.05 Nov.04 Jun.04 Jän.04 Aug.03 Mär.03 Okt.02 Mai.02 Dez.01 Jul.01 Feb.01 Sep.00 Apr.00 Nov.99 Jun.99 Jän.99 Wechselkurse Realer Wechselkurs des Euro zu den wichtigsten Handelspartnern: 120 115 110 105 100 95 90 85 80 75 70 2011 Q1 2010 Q3 2010 Q1 2009 Q3 2009 Q1 2008 Q3 2008 Q1 2007 Q3 2007 Q1 2006 Q3 2006 Q1 2005 Q3 2005 Q1 2004 Q3 2004 Q1 2003 Q3 2003 Q1 2002 Q3 2002 Q1 2001 Q3 2001 Q1 2000 Q3 2000 Q1 1999 Q3 1999 Q1 1998 Q3 1998 Q1 1997 Q3 1997 Q1 1996 Q3 1996 Q1 1995 Q3 1995 Q1 Wettbewerbsfähigkeit ausgewählter EuroLänder Harmonized competitiveness indicators based on unit labor costs indices: 140 130 120 GER BEL 110 NED AUT GRE 100 ESP IRL 90 80 Quelle: EZB Offene Finanzmärkte Erlauben den Austausch von Vermögenswerten mit dem Rest der Welt (Aktien, Anleihen, Währungen, etc.) Größe des Devisenmarkts 2005: 4 Billionen EUR/Tag Wert des Außenhandels der EU 2007: 3 Billionen EUR/Jahr Offene Finanzmärkte erlauben Handelsüberschüsse bzw. -defizite von Staaten Handelsdefizite müssen auf den Finanzmärkten finanziert werden Staaten mit Handelsüberschüssen finanzieren diese Defizite Die Zahlungsbilanz: Listet sämtliche Transaktionen eines Landes mit dem Rest der Welt auf Leistungsbilanz: Saldo der Zahlungen an und vom Rest der Welt (Gütermarkt) Kapitalbilanz: Umfasst die Kapitalbewegungen eines Staates (Finanzmarkt) Die Zahlungsbilanz Zahlungsbilanz des Vereinigten Königreiches 2008 (in Mrd. Pfund): Quelle: Blanchard 2010 Zahlungsbilanz Österreich 1995 - 2009 Quelle: WKO Die Zahlungsbilanz Leistungsbilanzüberschuss bzw. –defizit weltweit 2008: Quelle: IMF 0 0 -30 -60 GRE -20 -50 -40 -50 -150 -200 -10 0 1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006 2008 2010 2012 2014 2016 1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006 2008 2010 2012 2014 2016 -5 1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006 2008 2010 2012 2014 2016 GER AUT 300 25 250 20 200 15 150 10 40 100 5 50 20 0 ESP -10 1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006 2008 2010 2012 2014 2016 -10 1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006 2008 2010 2012 2014 2016 -50 1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006 2008 2010 2012 2014 2016 Leistungsbilanz ausgewählter Euro-Länder (in Mrd. EUR) NED 80 60 0 POR 10 0 -100 -20 -30 -40 Quelle: IMF Leistungsbilanz ausgewählter Euro-Länder (Anteil am BIP) 15 10 5 GER AUT 0 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 NED GRE ESP -5 ITA POR -10 -15 -20 Quelle: IMF Erweiterung des Finanzmarktmodells Inländische vs. ausländische Währung: irrelevant, weil nur heim. Währung für Transaktionen benötigt Inländische vs. ausländische Wertpapiere? Beispiel: 1 jährige Anleihe in EUR vs. 1 jährige Anleihe in Pfund: Jahr t Euro Anleihe: Pfund Anleihe: Jahr t + 1 1€ 1€ * (1 + it) 1€ €Et (1+i*t)(1/Eet+1) £Et £Et (1+i*t) Et…nom. WK zum Zeitpunkt t Eet+1…erwarteter nom. WK zum Zeitpunkt t+1 ungedeckte Zinsparität Die erwartete Rendite von heimischen und ausländischen Anleihen muss ident sein: 1 = (Et ) 1 + it* e = 1 + it* t +1 E4 erw. Rendite 1 4 4 2 4 3 heim. Anleihen (1 1 + it ) 23 ( ) ( ) EE t e t +1 erw.Rendite ausländ. Anleihen Zinssätze und Wechselkurse: ersetze ergibt: (1 + it ) = Et 1 = Ete+1 1 + Ete+1 − Et / Et [ ( ) ] (1 + i ) * t [1 + ( Ete+1 − Et ) / Et ] 144244 3 erwartete Aufwertung der heim. Währung Relation zwischen i, i* und erwarterter Aufwertung der heim. Währung ungedeckte Zinsparität Für kleine Zinssätze und überschaubare erwartete Kursschwankungen: e E * t +1 − Et it ≈ it − Et …inl. Zinssatz = ausl. Zinssatz - erw. Aufwertung der heim. Währung Beispiel: i EUR = 2%; i* GBP = 1% Welche Anleihe bringt die höhere erwartete Rendite? erwartete Abwertung des EUR > 1% UK Anleihe attraktiver erw. Abw. des EUR < 1% oder Aufwertung EUR – Anleihe attraktiver Hält die Zinsparität, dann erwarten Investoren eine 1% Aufwertung des Pfund! Zinsparität impliziert auch, dass sich Zinssätze weltweit angleichen… ungedeckte Zinsparität Quelle: EZB Die IS-Relation in der offenen Ökonomie Nachfrage nach inländischen Gütern in der offenen Ökonomie: IM Z = C + I+ G − +X 1 424 3 ε inl. Nachfrage nach Gütern Determinanten der Nachfragekomponenten: Inländische Güternachfrage: Importe: IM = IM (Y{ ,ε ) (+,+) Exporte: * X = X (Y{ ,ε ) (+,−) C + I + G = C (Y − T ) + I ({ Y , i) + G 123 (+) (+,−) Die IS-Relation in der offenen Ökonomie DD Demand, Z Demand, Z Offenes Gütermarktmodell – grafische Darstellung: DD AA Domestic Demand (C, I, G) Domestic Demand – Imports (IM/ε) Output 1. Heimische Güternachfrage (C, I, G) abzüglich Importe (IM/ε) Output Die IS-Relation in der offenen Ökonomie Demand, Z DD ZZ AA C + Exporte (X) Zusammenhang von Output und Nettoexporten (NX = X – IM): B A YTB Y Net exports, NX 2. AA + Exporte ergibt schließlich die gesamte Nachfrage nach inl. Gütern Output steigt Y, so sinken die NX (IM steigen mit Y, X bleiben fix) Trade Surplus Output YTB NX BC Trade deficit YTB : X = IM Trade Balance Gleichgewichtsoutput in der offenen Ökonomie Gütermärkte sind im Gleichgewicht wenn Output im Inland = Nachfrage nach inländischen Gütern: ( ) Y = C (1 Y2 −3 T ) + I ({ Y , i ) + G − IM (1 Y2 ,3 ε )/ ε + X 1 Y *,ε 23 (+) (+,−) ( +,+ ) (+,−) C steigt mit dem verfügb. Einkommen I steigen mit dem Output und sinken wenn der Zinssatz steigt G wird weiterhin als gegeben angenommen Menge der Importe (IM) steigt mit dem Output und dem realem Wechselkurs Exporte (X) steigen wenn der Output der Handelspartner steigt und sinkt wenn der reale Wechselkurs steigt Gleichgewichtsoutput in der offenen Ökonomie Demand, Z ZZ A Gleichgewicht A: Output im Inland = Nachfrage nach inländischen Gütern Grafisch: Schnittpunkt von ZZ – Kurve und Produktionskurve (45 Grad) 45° Net exports, NX Y Output Kein ausgeglichenen Handel für Gleichgewicht erforderlich Output YTB Trade deficit NX Gleichgewichtsoutput in der offenen Ökonomie Vereinfachung des Gleichgewichtsausdrucks: ( ) ( ) Nettoexporte: NX Y , Y , ε ≡ X Y , ε − IM (Y , ε ) / ε * * „neues“ Gleichgewicht: ( ) Y = C (1 Y2 −3 T ) + I ({ Y , i ) + G + NX Y , Y * , ε 1 424 3 (+) (+,−) ( −, + ,− ) Gleichgewichtsoutput hängt von ε und dem Zinssatz ab Steigt der Zins, so reduzieren sich Investitionen und der Output sinkt (Multiplikator) Steigt der reale Weckselkurs steigt die Nachfrage nach Importen. Die Nettoexporte reduzieren sich Output sinkt (Multiplikator) Gleichgewichtsoutput in der offenen Ökonomie Weitere Vereinfachungen: Preise sind in der Kurzen Frist fix, daher entwickeln sich E und ε ident P und P* werden so gewählt, dass: P/P* = 1 daraus ergibt sich: ε = EP/P* = E (realer WK = nominaler WK) daher: ( ) Y = C (Y − T ) + I ({ Y , i ) + G + NX Y , Y * , E 123 1 424 3 (+) (+,−) ( −, + ,− ) Steigen der Zinssatz und/oder der nominale Wechselkurs (= inländische Währung wertet auf), so sinkt das Gleichgewichtseinkommen Finanzmärkte im Gleichgewicht Erweiterungen des Finanzmarktmodells in der offenen Ökonomie: Geld vs. Anleihen in der offenen Ökonomie: M = YL(i ) P E 1 + it ) = (1 + it* ) et inländische vs. ausländische Anleihen: (1 23 Et +1 Rendite inl. Anleihe multipliziert mit Ete+1: Et = 142 4 43 4 erwartete Rendite ausl. Anleihe 1 + it e Et +1 * 1 + it Annahme: erwarteter Wechselkurs bekannt und gegeben: E= 1+ i 1 + i* E e Der heutige WK hängt von i, i* und dem erwarteten WK ab! Finanzmärkte im Gleichgewicht Zusammenhang Wechselkurs und Zinssatz: Steigt der Zins zu Hause, dann wertet die heim. Währung auf Steigt der Zins im Ausland, dann wertet die heim. Währung ab Steigt der erwartete Wechselkur, dann steigt der heutige Wechselkurs Beispiel: Zinssatz Euro: 5%; Zinssatz Japan: 5%; E = 100; E e = 100 1. Erwartete Aufwertung des EUR um 10%, E e = 110 erwartete Rendite der jap. Bonds: -5%, europ. Bonds daher attraktiver Verkauf von Yen und Kauf von EUR um europ. Bonds zu kaufen Aufwertung des EUR bis E = 110…erwartete Rendite wieder ident… Finanzmärkte im Gleichgewicht Beispiel: Zinssatz Euro: 5%; Zinssatz Japan: 5%; E = 100; E e = 100 2. Reduktion der Geldmenge in der EU i steigt auf 8% erwartete Rendite der europ. Bonds nun höher… Investoren wechseln von japanischen in europäische Bonds Verkauf von Yen/Kauf von EUR EUR wertet auf ଵ.଼ Aufwertung des EUR: = ܧଵ.ହ ∗ 100 = 103 Da EUR heute aufwertet, wird eine Aufwertung des Yen im kommenden Jahr erwartet (erw. WK bleibt gleich…) erwartete Rendite der beiden Papiere wieder ident… Eine Erhöhung des heim. Zinssatzes führt zu einer Aufwertung der heim. Währung! Zinsparität grafisch Dom. Interest rate, i Interest parity relation (for given i* and ܧത ) i* A E* Exchange rate, E Steigender heim. Zinssatz impliziert eine Aufwertung der heim. Währung! Güter- und Finanzmärkte (14243) Y , i ) + G + NX Y , Y , E 1. Gleichgewicht im Gütermarkt:Y = C (Y − T ) + I ({ * 123 (+) (+,−) Output (u.a.) durch Zins und E bestimmt 2. Gleichgewicht im Geldmarkt: M = YL(i ) P bestimmt den Zinssatz 3. Zinsparitätsbedingung: E= 1+ i 1 + i* Ee Zusammenhang von heim Zinssatz und Wechselkurs ( −,+,−) Güter- und Finanzmärkte 1 – 3 bestimmen Output, Zinssatz und den Wechselkurs! offene Ökonomie komplett! weitere Vereinfachung: WK im Gütermarkt durch Zinsparität ersetzen: IS: 1+ i e Y = C (Y − T ) + I ({ Y , i ) + G + NX Y , Y * , E 123 +4 i *43 14412 (+,−) (+) ( −,+ ,−) LM: M = YL(i ) P Güter- und Finanzmärkte 1. Auswirkung einer Zinserhöhung auf den Gütermärkten: Steigt i, so sinken die Investitionen, Nachfrage und Produktion gehen zurück Erhöhung des Zinssatzes lässt die heim. Währung aufwerten X und somit Y gehen zurück Auch im offenen Modell ist die IS-Kurve negativ geneigt (Y fällt wenn i steigt) LM A Interest rate, i Interest rate, i 2. Für die LM-Kurve ändert sich in der offenen Ökonomie nichts! Zinsparitätsbedingung B i IS Y Output, Y E Exchange rate, E