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Auftraggeber
Bundesamt für Gesundheit (BAG)
Gruppe für Wissenschaft und Forschung (GWF)
Trägerschaft
Schweizerischer Nationalfonds zur Förderung der Wissenschaft SNF
Schweizerische Akademie der Medizinischen Wissenschaften SAMW
Nationale Ethikkommission im Bereich Humanmedizin NEK
Zentrum für Technologiefolgen-Abschätzung TA-Swiss beim Schweizerischen
Wissenschafts- und Technologierat
alliance F Bund Schweizerischer Frauenorganisationen
Basler Appell gegen Gentechnologie
Von
Embryonen
und
Stammzellen
Informationen und Fragen
zur Diskussion gestellt
von der Stiftung Science et Cité
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Impressum
Herausgeberin: Stiftung Science et Cité
Redaktion: Brauchbar, Büchel & Partner AG,
Adrian Heuss, Ursula Pfister, Zentrum für
Technologiefolgen-Abschätzung TA-Swiss
Layout: VischerVettiger Basel
Bezugsadresse:
Stiftung Science et Cité
Marktgasse 50
CH – 3011 Bern
Tel.: + 41 31 313 19 19
Fax: + 41 31 313 19 18
E-Mail: [email protected]
Homepage: www.science-et-cite.ch
Legende zum Titelbild
Das Bild zeigt einen drei Tage alten
menschlichen Embryo auf einer Nadelspitze,
(130-fach vergrössert, Foto: Yorgos Nikas).
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Die 1998 gegründete Stiftung Science et Cité fördert die konstruktive Auseinandersetzung, das
Verständnis und die Verständigung zwischen Wissenschaft und Gesellschaft. Die Stiftung wurde
vom Bundesamt für Gesundheit und der Gruppe
für Wissenschaft und Forschung beauftragt, parallel zum Vernehmlassungsverfahren über das neue
«Bundesgesetz über die Forschung an überzähligen
Embryonen und embryonalen Stammzellen» eine
öffentliche Debatte rund um das Thema Forschung
an Stammzellen sicherzustellen. Science et Cité
wird von einer Trägerschaft begleitet, in welcher vertreten sind: alliance F Bund Schweizerischer Frauenorganisationen, Basler Appell gegen Gentechnologie, Nationale Ethikkommission im Bereich Humanmedizin NEK, Schweizerische Akademie der
Medizinischen Wissenschaften SAMW, Schweizerischer Nationalfonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung SNF sowie das Zentrum
für Technologiefolgen-Abschätzung TA-Swiss beim
Schweizerischen Wissenschafts- und Technologierats.
Von Embryonen
und Stammzellen
Informationen und Fragen
zur Diskussion gestellt
von der Stiftung Science et Cité
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Ansichten ...
«Ich bin grundsätzlich für Grundlagenforschung und damit auch für therapeutisches Klonen. Die Schweiz sollte gerade auf diesem Gebiet nicht wieder die typische
Stellung des Igels und der makellosen Insel einnehmen,
sondern mutig den Fortschritt fördern. Also nicht Verbote schaffen (die durch Transfer ins liberalere Ausland
umgangen werden können), sondern vernünftige, positive Rahmenbedingungen. Für unethisch halte ich das
verfrühte Ziehen von Schlüssen über die Anwendbarkeit
und übereilte Heilungsvoraussagen, ebenso den bewussten Verzicht der Forschung in kommerziell uninteressanten Gebieten.»
COSTANTE MOMBELLI, 6934 BIOGGIO, PARKINSONPATIENT, MITGLIED DER SCHWEIZERISCHEN PARKINSONVEREINIGUNG
Mehr dazu: Kapitel 4
«Im Gegensatz zu den Stammzelllinien der Maus, an
denen seit zwanzig Jahren geforscht wird, ist wenig bekannt über die menschlichen Stammzelllinien. Die grösste Herausforderung für Forscherinnen und Forscher auf
unserem Gebiet ist es, mehr über diese menschlichen
embryonalen Stammzelllinien zu erfahren. Das ist ein
entscheidender Schritt. Erst danach kann man mit der
Entwicklung von Strategien für eine Therapie beginnen.»
MARISA JACONI, ALTERSFORSCHERIN, UNIVERSITÄT GENF
«Es ist ein ernstzunehmender ethischer Einwand, dass es
nicht erlaubt werden dürfe, einen menschlichen Embryo
zu instrumentalisieren. Der Embryo würde ausschliesslich als Mittel zum Zweck der Forschung verwendet und
dabei verbraucht. Einen Träger von Menschenrechten
dürfen wir prinzipiell nicht auf den Status eines Instruments reduzieren. Denn dies wäre der Inbegriff der Verletzung seiner Würde. Gilt das aber auch für die menschliche Blastozyste?» (Basler Zeitung, 14.8.2001)
Mehr dazu: Kapitel 1, 3 und 4
CHRISTOPH REHMANN-SUTTER, PRÄSIDENT DER NATIO-NALEN ETHIKKOMMISSION IM BEREICH HUMANMEDIZIN
Mehr dazu: Kapitel 5
«In die Forschung an embryonalen Stammzellen werden
aus Forschungs- und Wirtschaftkreisen grosse Erwartungen projiziert. Handelt es sich nicht wieder um eine neue
Spitzenmedizin, die nur einigen wenigen vorbehalten
sein wird? Auch die Auswirkungen dieser Forschungsergebnisse auf die viel kritisierten Krankenversicherungskosten ist zu prüfen. Irgendwann drängt sich in der Politik
ernsthaft die Frage auf: Welche Medizin wollen wir, können wir uns noch leisten?»
«Lebende Organismen und damit menschliche Zellen
dürfen nicht patentiert werden. Es verstösst gegen jegliches sittliche Gefühl und ich empfinde es als unerträglich,
dass lebendige Systeme wie unbelebte Materie behandelt
werden. Zudem sind Lebewesen niemals Erfindungen
sondern Entdeckungen und als solche auch von Rechts
wegen nicht patentierbar.»
ROSMARIE DORMANN, NATIONALRÄTIN, CVP
VERENA SOLDATI, BASLER APPELL GEGEN GENTECHNOLOGIE
Mehr dazu: Kapitel 5
Mehr dazu: Kapitel 5
Was sind Stammzellen?
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1. Was sind
Stammzellen?
Stammzellen haben eine bemerkenswerte Fähigkeit: Sie können sich durch Teilung beliebig
oft vermehren. Zudem gilt die Regel: Je jünger,
desto vielseitiger. Embryonale Stammzellen
besitzen noch das Potential, sich zu allen Zelltypen des menschlichen Organismus entwickeln
zu können. Mit steigendem Alter werden die
Möglichkeiten jedoch sukzessive eingeschränkt.
Wir alle sind aus einer Stammzelle entstanden: Aus
der befruchteten Eizelle mit einem Durchmesser von
weniger als einem Zehntel Millimeter. Aus embryonalen Stammzellen können Nervenzellen, Knochenzellen, Blutzellen – grundsätzlich jeder der mehr als
200 Zelltypen des menschlichen Körpers – hervorgehen. Durch Teilung entsteht aus dieser einzelnen
Zelle ein Mensch mit Milliarden von Zellen. Nur das
befruchtete Ei und die acht Zellen, die daraus in den
ersten Tagen entstehen, besitzen dieses umfassende
Potenzial. Man spricht deshalb von so genannten totipotenten Stammzellen – übersetzt «zu allem fähige
Zellen» oder kurz «Alleskönner».
Das Blastozystenstadium
Am fünften und sechsten Tag nach der Befruchtung
befindet sich der Embryo im so genannten Blastozystenstadium. Er besteht mittlerweile aus über 200
Zellen und weist die Form einer Hohlkugel auf. Zu
diesem Zeitpunkt ist er für das menschliche Auge
kaum sichtbar, kleiner als der Punkt auf diesem «i».
Die Zellen der Blastozyste werden in dieser Phase
unterteilt: Mit den Zellen der äusseren Schicht nistet
sich der Embryo in die Gebärmutter ein. Aus diesen
Zellen entstehen später die Plazenta und die Nabel-
schnur. Aus den inneren Zellen hingegen entsteht
durch weitere Teilungen schliesslich der Fötus. Die
ungefähr dreissig Zellen im Blastozystenstadium
können noch immer alle Gewebetypen des menschlichen Körpers, aber nicht mehr einen kompletten Organismus bilden. Sie werden deshalb als pluripotent
bezeichnet. Aus den «Alleskönnern» werden «Vieleskönner». WissenschaftlerInnen wollen diese Zellen,
auch embryonale Stammzellen (ES-Zellen) genannt,
für die Forschung benützen.
Adulte Stammzellen
Spätestens am 14. Tag hat sich der Embryo vollständig in die Gebärmutter eingenistet. Ab der vierten
Woche entwickelt er Organe, Muskeln und Nervensystem. Mit Abschluss der Organentwicklung im dritten Schwangerschaftmonat bezeichnet die Medizin
den Embryo als Fötus. Im Laufe der weiteren Entwicklung entstehen eine Vielzahl von weiter spezialisierten Zellen, sogenannte «Mehrfachkönner», aus denen die verschiedenen Körperzellen wie Blut,- Haut,oder Nervenzellen hervorgehen. Derartige (multipotente) Zellen findet man auch nach der Geburt im
Körper, weshalb sie dann als adulte Stammzellen (ASZellen) bezeichnet werden. Sie können nur noch alle
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vorkommenden Zellen innerhalb ihres Gewebes ausbilden. So kann zum Beispiel eine Blutstammzelle
«nur» noch alle Zellen des Blutes bilden: rote Blutkörperchen, weisse Blutkörperchen, Blutplättchen,
etc. Adulte Stammzellen versorgen unseren Körper
ständig mit neuen Zellen und ersetzen so beschädigtes, erkranktes oder ausgelaugtes Gewebe.
Totipotenz, Pluripotenz, Multipotenz
Mit diesen Begriffen umschreiben WissenschaftlerInnen die unterschiedliche Entwicklungsfähigkeit
der verschiedenen Stammzelltypen. Bis anhin ging
man davon aus, dass die Entwicklung von den «Alles-» zu den «Mehrfachkönnern» nicht rückgängig
gemacht werden kann. Neuere Forschungsergebnisse scheinen aber darauf hin zu deuten, dass bei adulten Stammzellen eine Rückführung zu mehr Können
möglich sein könnte. So konnte man Blutstammzellen dazu bringen, sich zu Knochen- oder Muskelzellen zu entwickeln. Doch weiss man noch fast nichts
darüber, wie eine solche Umprogrammierung auf der
molekularen Ebene abläuft.
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2. Wie gewinnt man
Stammzellen?
Man unterscheidet die Gewinnung von embryonalen und adulten Stammzellen. Embryonale
Stammzellen können derzeit nur aus wenigen
Tagen alten Embryonen gewonnen werden.
Adulte Stammzellen findet man im Menschen
nach der Geburt in verschiedenen Geweben.
Multipotente Stammzellen aus
Nabelschnurblut.
Foto: Jürgen Berger
Embryonale Stammzellen
Embryonale Stammzellen werden einem Embryo entnommen, der sich im Blastozystenstadium befindet.
Derzeit gibt es kein Verfahren, mit dem die Stammzellen aus dem Inneren der Blastozyste entnommen
werden könnten, ohne den Embryo zu zerstören.
Wie werden die embryonalen Stammzellen aus
der Blastozyste entnommen?
Die äussere Zellschicht der Blastozyste wird mit Laser oder einer biochemischen Reaktion entfernt. Aus
der inneren Zellmasse entnimmt man die Stammzellen und kultiviert sie in einem speziellen Nährmedium. Der Embryo wird bei diesem Vorgang zerstört.
Dank ihrer Fähigkeit zur Selbsterneuerung kann man
Stammzellen im Labor längere Zeit (ca. zwei Jahre)
erhalten. Diese Art der Zellgewinnung gelang erstmals im Jahre 1998 und ermöglichte erst die Erforschung dieser Zellen. Zurzeit gibt es weltweit 80 registrierte humane embryonale Stammzelllinien. Jede
Zelllinie ist dabei aus den Zellen eines einzigen Embryos entstanden. Forschungsgruppen auf der ganzen Welt können solche Zelllinien erwerben, um damit Forschung zu betreiben.
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Wie gewinnt man Stammzellen?
Woher stammen die Embryonen
für die Gewinnung der
embryonalen Stammzellen?
Überzählige Embryonen aus der
In-Vitro-Fertilisation
Die künstliche Befruchtung kann Paaren helfen, die
sonst keine Kinder bekommen könnten. Bei der InVitro-Fertilisation wird eine Eizelle ausserhalb des
weiblichen Körpers mit einer Samenzelle verschmolzen und danach in die Gebärmutter der Frau eingepflanzt. Dies gelingt aber nur selten auf Anhieb, weshalb in der Regel acht bis zehn Eizellen entnommen
werden. Die ersten beiden Eizellen werden befruchtet und eingepflanzt. Die restlichen Eizellen werden
als Reserve eingefroren, und zwar in einem Stadium,
in dem die Spermien bereits in das Plasma der Eizelle eingedrungen sind, in der die Verschmelzung des
männlichen und weiblichen Vorkerns aber noch nicht
stattgefunden hat. Derartige Eizellen bezeichnet man
als imprägnierte Eizellen. Zu Embryonen werden sie
auch rechtlich erst ab der Verschmelzung der Vorker-
ne. Seit dem In-Kraft-Treten des Fortpflanzungsmedizingesetzes ist es in der Schweiz verboten, Embryonen zu lagern. Das Lagern von imprägnierten Eizellen indessen ist gesetzlich nicht geregelt.
Ist der erste Versuch der künstlichen Befruchtung
fehlgeschlagen, so werden die nächsten beiden imprägnierten Eizellen aufgetaut. Die Vorkerne verschmelzen und werden zu einem Embryo. Selten
kann es vorkommen, dass dieser Embryo aus einem
unvorgesehenen Grund nicht eingepflanzt werden
kann. Das Paar entscheidet sich beispielsweise kurzfristig um, die Frau erkrankt oder ihr stösst etwas zu.
Das Schicksal eines auf diese Weise entstandenen
überzähligen Embryos ist in der Schweiz nicht im
Detail geregelt.
Es gibt noch eine zweite Sorte von überzähligen
Embryonen: Aus Zeiten vor der Einführung des entsprechenden Verbotes lagern in der Schweiz noch einige hundert tiefgefrorener Embryonen in Spitälern.
Diese Embryonen müssen gemäss Fortpflanzungsmedizingesetz bis zum 31.12.2003 vernichtet werden.
Wie gewinnt man Stammzellen?
Zu Forschungszwecken hergestellte
Embryonen
Einige WissenschaftlerInnen sind überzeugt, dass
Embryonen, die vorgängig nicht tiefgefroren waren,
von besserer Qualität sind. Für die Herstellung frischer Embryonen spenden Frauen Eizellen – in der
Regel gegen Bezahlung – die danach mittels In-VitroFertilisation befruchtet werden. (In der Schweiz verboten.)
Zellkerntransfer (therapeutisches Klonen)
Fremde Zellen werden vom Körper abgestossen. Dies
würde auch mit Geweben geschehen, die aus fremden embryonalen Stammzellen gezüchtet worden
sind. Wären diese embryonalen Stammzellen jedoch
mit den körpereigenen Zellen identisch, könnte eine
Abstossung verhindert werden. Aus diesem Grund
kommt im Zusammenhang mit den embryonalen
Stammzellen immer wieder das therapeutische Klonen zur Sprache. Dazu entnimmt man der Körperzelle eines Patienten oder einer Patientin das Erbgut und
überträgt es in eine Eizelle, welcher zuvor der Zellkern entfernt wurde. Entwickelt sich daraus ein Embryo, so kann man aus dem Blastozystenstadium em-
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bryonale Stammzellen gewinnen. Durch therapeutisches Klonen soll kein Mensch erzeugt werden – es
geht lediglich darum, körpereigene embryonale
Stammzellen für therapeutische Zwecke zu gewinnen. Das Verfahren funktioniert bei Mäusen, entsprechende Versuche mit menschlichen Zellen waren bisher erfolglos. (In der Schweiz verboten.)
Parthenogenese
Zurzeit werden noch weitere Möglichkeiten zur Gewinnung von embryonalen Stammzellen erforscht,
z. B. durch Parthenogenese. Dieses Phänomen wird
beispielsweise bei Bienen und Ameisen beobachtet,
bei denen aus unbefruchteten Eizellen männliche Tiere hervorgehen. Beim Menschen kann ebenfalls Parthenogenese auftreten, indem die Eizelle zur Teilung
angeregt wird, ohne dass ein Spermium eingedrungen ist. Ein derart entstandener Keim wäre rechtlich
kein Embryo, da keine Befruchtung stattgefunden
hat. Bislang konnten derart noch keine embryonalen
Stammzellen gewonnen werden. (In der Schweiz
nicht geregelt.)
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Wie gewinnt man Stammzellen?
Embryonen bei Fehlgeburten und Schwangerschaftsabbrüchen
Diese Embryonen sind in der Regel zwischen fünf und
neun Wochen alt. Aus ihnen können allerdings keine
embryonalen Stammzellen entnommen werden, sondern nur embryonale Keimbahnzellen, so genannte
EG-Zellen (EG = embryonic germline). EG-Zellen sind
die Vorläufer der Ei- oder Samenzellen (Keimzellen).
Sie sind pluripotent und können sich im Labor zu
Zellen entwickeln, die den embryonalen Stammzellen ähnlich, aber nicht gleichwertig sind. (In der
Schweiz ist die Gewinnung gesetzlich zulässig.)
Exkurs:
Reproduktives Klonen gründet auf der gleichen Technik wie das therapeutische Klonen. Um die Geburt
eines genetisch identischen Individuums herbeizuführen, wird aber der Embryo in eine Gebärmutter
eingesetzt, wo er zu einem Menschen heranwächst.
Reproduktives Klonen ist weltweit verboten.
Adulte Stammzellen
Stammzellen existieren auch im Körper nach der Geburt. Die Forschung an diesen adulten Stammzellen
ist ethisch weniger umstritten, da für ihre Gewinnung
keine Embryonen zerstört werden. WissenschaftlerInnen sind sich uneinig darüber, wie potent diese Zellen
wirklich sind.
Woher stammen die adulten Stammzellen?
Adulte Stammzellen fand man bislang in zwanzig
verschiedenen Geweben wie Gehirn, Knochenmark,
Blut oder Zahnpulpa. Über ihre Eigenschaften ist
noch wenig bekannt, da sie nur in sehr geringer Zahl
vorkommen. Am meisten Erfahrung hat man heute
mit der Gewinnung von Blut bildenden Stammzellen.
Sie können aus dem Knochenmark und Blut sowie
aus Nabelschnurblut von Neugeborenen gewonnen
werden. Die Transplantation Letzterer kann eine Knochenmarktransplantation ersetzen. Nabelschnurblut
wird daher in vielen Zentren sofort nach der Geburt
eingefroren und in einer Nabelschnurbank bis zur
Verwendung gelagert, sofern die Eltern in die Spende einwilligen. Die Entnahme ist für Mutter und Kind
ungefährlich. (In der Schweiz nicht geregelt.)
Wie gewinnt man Stammzellen?
Embryonale und adulte
Stammzellen: Gemeinsame
Erforschung?
Die genauen Eigenschaften von embryonalen Stammzellen und ihre therapeutischen Anwendungsmöglichkeiten sind noch weitgehend unbekannt. Breite
Kreise in der Forschung sind sich aber einig, dass embryonale und adulte Stammzellen neue und vielversprechende therapeutische Möglichkeiten schaffen
könnten. Die zu erwartenden Ergebnisse der wissenschaftlichen Forschung mit embryonalen Stammzellen sind aber auch wichtig für das Verständnis der
adulten Stammzellen – und umgekehrt. Viele WissenschaftlerInnen vertreten deshalb den Standpunkt,
dass die Forschung an adulten und embryonalen
Stammzellen Hand in Hand gehen müsse.
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Wo steht die Forschung?
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3. Wo steht
die Forschung?
WissenschaftlerInnen und Kranke erhoffen sich
viel von Stammzellen. In den letzten Jahren
wurde intensiv an Stammzellen aus Mäusen
und Menschen geforscht. Obwohl wesentliche
Erkenntnisse gewonnen werden konnten, gibt
es bis heute nur vereinzelte konkrete Anwendungen.
Die Forschung an embryonalen Stammzellen des
Menschen befindet sich im Grundlagenstadium. Eine
therapeutische Anwendung existiert bislang nicht.
Weiter fortgeschritten ist die Forschung mit tierischen embryonalen Stammzellen, insbesondere bei
der Maus. Dort hat man bereits ermutigende Erfahrungen bei der Behandlung von Nervenzellenerkrankungen oder Herzinfarkt sammeln können, die als
Grundlage für die Erforschung menschlicher embryonaler Stammzellen dienen können. Die Forschung
mit menschlichen adulten Stammzellen kann ebenfalls bereits Erfolge vorweisen: Solche Stammzellen
werden heute klinisch eingesetzt:
bestand die Gefahr der Abstossung. Deshalb mussten jeweils SpenderInnen mit möglichst ähnlichem
Knochenmark gefunden werden. Heute nutzt man
die Erkenntnis, dass Blutstammzellen in geringer
Zahl auch im Blut vorkommen: Die Stammzellen werden dem Krebspatienten vor der Chemotherapie aus
einer Armvene entnommen, tiefgefroren und nach
der Therapie wieder eingepflanzt. Diesen Vorgang
nennt man autologe Stammzellen-Transplantation.
Zurzeit gibt es erste klinische Versuche eines Schweizer Forscherteams, autologe Blutstammzellen für die
Therapie von Autoimmunerkrankungen wie Multiple
Sklerose zu benützen.
Die Behandlung von Blutkrebs
Die Züchtung einfacher menschlicher
Gewebe
Bei Blutkrebs (Leukämien und Lymphome) werden
erkrankte Blutzellen mittels Chemotherapie eliminiert. Leider ist die Chemotherapie nicht selektiv: Sie
zerstört nicht nur die Krebszellen, sondern gesunde
Zellen des Knochenmarks. Früher transplantierte
man nach dieser Behandlung das Knochenmark eines anderen Menschen. Das Knochenmark enthält
Blutstammzellen, die neue Blutzellen produzieren
können. Die SpenderInnen wurden dabei mit einer
Kurznarkose belastet, und bei den EmpfängerInnen
Tissue Engineering, Herstellung menschlicher Gewebe im Labor, nennt sich der Forschungszweig, bei
dem WissenschaftlerInnen adulte Stammzellen
als Ausgangsmaterial für die Produktion einfacher
menschlicher Gewebe wie Haut, Knorpel und Knochen benützen. Einige solcher Tissue-EngineeringProdukte haben sich in der Klinik schon bewährt, andere stehen kurz vor dem Einsatz. Ein Produkt für
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Gelenkknorpel ist bereits auf dem Markt. Auch bei
der Behandlung grossflächiger Verbrennungen sind
adulte Stammzellen hilfreich. Den PatientInnen werden Stammzellen oder entsprechende Vorläuferzellen entnommen. Diese Zellen werden im Labor vermehrt und dazu gebracht, sich zu einem bestimmten
Zelltyp, in diesem Fall Hautzellen, zu entwickeln. Die
Zellen werden dann auf ein Trägermaterial aufgebracht und den PatientInnen an der betroffenen Stelle wieder eingepflanzt.
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4. Was erhofft
man sich
von Stammzellen?
Von Alzheimer und Diabetes über Schlaganfall
und Parkinson – zur Behandlung vieler Krankheiten sollen Stammzellen gesundes Gewebe
nachliefern. Noch sind dies lediglich Hoffnungen, denn die Forschung mit embryonalen
Stammzellen steckt in den Kinderschuhen, und
Therapien sind in weiter Ferne.
Menschlicher Embryo drei Tage
nach der Befruchtung. Er
befindet sich im Acht-Zell-Stadium.
Vergrösserung: 1:900.
Foto: Yorgos Nikas.
Menschliche embryonale Stammzellen können erst
seit 1998 im Labor kultiviert werden. Experimente mit
diesen Zellen gehören deshalb zur Grundlagenforschung, und bis zur Entwicklung von Medikamenten
dürften noch Jahre vergehen. Doch erste erfolgreiche
Ergebnisse mit menschlichen Zellen sowie die langjährige Erfahrung aus entsprechenden Tierversuchen
stellen vielfältige Anwendungsmöglichkeiten in Aussicht.
Herzmuskelerkrankungen
Adulte und embryonale Stammzellen können sich zu
Herzmuskel- und Gefässzellen entwickeln. Entsprechende Versuche werden derzeit an der Universität
Genf durchgeführt. Beim Herzinfarkt hofft man
deshalb, die durch den Infarkt geschädigten Herzmuskelareale durch neue Zellen zu ersetzen. Auch
denkbar ist die Entwicklung neuer Herzklappen mittels Tissue Engineering.
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Was erhofft man sich von Stammzellen?
Nervenzellenerkrankungen (Parkinson,
Alzheimer)
Bei diesen Erkrankungen sterben die Nervenzellen in
grosser Zahl ab. Stammzellen sollen die zerstörten
Nervenzellen ersetzen. Auch für die Behandlung von
Rückenmarksverletzungen, bei denen viele verschiedene Zelltypen betroffen sind, hofft man eines Tages
eine wirksame Zellersatz-Therapie mit Stammzellen
zu finden.
Zuckerkrankheit
Für Diabetes, die häufigste Stoffwechselkrankheit der
Welt, gibt es trotz bekannter Ursache noch keine heilende Behandlung. Bei dieser Erkrankung kommt es
aufgrund unzureichender Insulinproduktion durch
bestimmte Zellen der Bauchspeicheldrüse zu einer
Erhöhung des Blutzuckerspiegels. Man hofft, zukünftig embryonale Stammzellen dazu zu bringen, sich
zu Bauchspeicheldrüsenzellen zu entwickeln, die Insulin produzieren. Die gefürchteten Spätschäden wie
Herzinfarkt, Erblindung und Nierenversagen könnten
so verhindert werden.
Herstellung ganzer Organe
Mittels Tissue Engineering hoffen die WissenschaftlerInnen, Gewebe oder gar ganze Organe herstellen
zu können, um den Engpass der Organverfügbarkeit
für Transplantationen zu umgehen. Die Vorstellung
jedoch, einst ein normal funktionierendes Herz, eine
Lunge oder eine Leber mittels Stammzellen herstellen zu können, gehört zurzeit ins Reich der Utopie.
Was erhofft man sich von Stammzellen?
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Das Problem der
Abstossungsreaktionen
Mit der Stammzellenforschung verbindet sich die Hoffnung, dereinst erkranktes Gewebe oder gar ganze Organe ersetzen zu können. Allerdings existiert bei allen zukünftigen Therapien mit embryonalen Stammzellen ein
Problem: Bei der Transplantation von fremden Organen
(zum Beispiel einer Niere) in den menschlichen Körper,
erkennt dieser das Gewebe als fremdartig und reagiert
darauf mit Abstossung. Diese Reaktion kann heute mit
Medikamenten unterdrückt werden. Allerdings sind damit starke Nebenwirkungen verbunden. WissenschaftlerInnen hoffen, dieses Problem mit Hilfe des therapeutischen Klonens zu lösen, da dabei Gewebe entstehen
kann, das vom Körper nicht abgestossen wird. Wie dieses Verfahren funktioniert, wird unter «Kapitel 2: Wie gewinnt man Stammzellen?» beschrieben.
Möglicherweise kann man die Abstossungsreaktion
auch durch die Verwendung adulter Stammzellen vermeiden. Auch hier würden Abstossungsreaktionen des
Körpers ausbleiben, da ja körpereigene Stammzellen verwendet werden. WissenschaftlerInnen hoffen, die multipotenten adulten Stammzellen in pluripotente Stammzellen überführen zu können. Im Tierexperiment hat das
teilweise funktioniert. Ob das mit menschlichen adulten
Stammzellen gleich verläuft, ist noch nicht erwiesen.
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5. Ethische Fragen
und Denkanstösse
Die Forschung mit embryonalen Stammzellen
wirft eine Fülle von Fragen auf – nicht nur ethische, sondern auch wirtschaftliche oder politische Fragen, die uns alle betreffen. Zum Beispiel diese: Darf man Leben zerstören, um anderes Leben zu retten?
Die Forschung mit embryonalen Stammzellen polarisiert: Das Zerstören eines Embryos ist
für die einen ein Forschungsmittel zum guten
Zweck, für die anderen ein verbotenes Naschen
am Baum der Erkenntnis. Im Folgenden werden anhand von Fragen und Zitaten verschiedene Denkanstösse zur Problematik geliefert.
Was ist ein Mensch?
«Was einzig und allein zählt, ist die Frage, ob es sich bei
einem gegebenen Embryo um einen werdenden Menschen handelt oder nicht. Wenn dies der Fall ist, dann
verdient er Schutz. Wenn dies nicht der Fall ist, dann
entfällt die Pflicht zum Lebensschutz.»
JOHANNES FISCHER, THEOLOGE, MITGLIED DER NATIONAETHIKKOMMISSION FÜR DEN BEREICH HUMANMEDIZIN,
NEUE ZÜRCHER ZEITUNG VOM 12. 9. 2001
LEN
Die Frage ist, ob die Blastozyste, obwohl natürlicherweise nur eine von fünf bis zur Geburt überlebt, bereits ein Mensch ist.
Wann beginnt menschliches, individuelles Leben?
Bereits mit der Befruchtung oder erst mit der Entstehung des Nervensystems, das den Fötus befähigt,
Schmerz zu empfinden?
Steht der Blastozyste Menschenwürde zu?
Falls dem so ist, dann ist in der Bundesverfassung
klar geregelt:«Die Würde des Menschen ist zu achten
und zu schützen» (Artikel 7).
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Ethische Fragen und Denkanstösse
Die Würde des Menschen, da sind sich die EthikerInnen einig, kann gegen kein anderes Gut abgewogen
werden. Das hiesse, sie dürfte auch nicht verletzt
werden, wenn die möglichen Vorteile, die mit der
Embryonenforschung für die Menschheit verbunden
sein könnten, sehr gross wären.
Reicht die Aussicht des Embryos, einmal ein Mensch
zu werden, aus, um ihm Menschenwürde zuzusprechen?
«Es ist nicht vertretbar, einer befruchteten Eizelle oder
einem Embryo, der noch kein Fötus ist, die selben
Rechte wie einem Menschenwesen zuzuschreiben.»
ALEX MAURON, PROFESSOR FÜR BIOETHIK
AN DER UNIVERSITÄT GENF, IN «LE TEMPS», 9. 2. 1999
Falls der Embryo Menschenwürde besitzt, wie steht
es dann mit der «Spirale» als Verhütungsmittel, welche die Einnistung einer befruchteten Eizelle in die
Gebärmutter verhindert?
Ethische Fragen und Denkanstösse
Was hat mehr Wert?
Ist aber ein Embryo nicht absolut und unter allen Bedingungen geschützt, dann stellt sich die Frage, was
mit diesem Recht konkurrieren kann. Die heute noch
vage Aussicht, dass aufgrund dieser Forschung eines
Tages möglicherweise vielen Menschen geholfen werden kann, steht dem Recht des Embryos entgegen,
nicht zu Forschungsmaterial zu werden.
Bei den überzähligen Embryonen, die laut Gesetz
vernichtet werden müssen, stellt sich diese Frage sehr
pointiert.
«Bereits berichten Medien über Wissenschaftler, welche
hoffen, dereinst mit embryonalen Stammzellen ganze
Organe züchten zu können. Ich halte dies für unrealistisch und finde es auch unethisch, kranken Menschen
jetzt schon Hoffnungen zu machen auf Therapien, von
welchen wir noch sehr weit entfernt sind.»
RUTH GONSETH, ÄRZTIN, ALT-NATIONALRÄTIN
Dazu ist in der Bundesverfassung die Freiheit der
Wissenschaft festgelegt.
Ist diese ein in diesem Fall übergeordnetes Gut?
«Der SNF ist der Auffassung, dass die Wissenschaftsfreiheit jedenfalls dann höher als der Grundrechtsschutz zu
gewichten ist, wenn es darum geht, für wissenschaftliche
Zwecke mit hochwertigen therapeutischen Zielen embryonale Stammzellen aus menschlichen Embryonen
zu gewinnen, die aus der In-Vitro-Fertilisation stammen
und aus unvorhergesehenen Gründen überzählig werden, d.h. nicht mehr in den Körper einer Frau eingepflanzt werden können und damit ohnehin dem Tod geweiht sind.»
POSITIONSPAPIER DES SCHWEIZERISCHEN
NATIONALFONDS ZUR FÖRDERUNG DER
WISSENSCHAFTLICHEN FORSCHUNG, 28. 9. 2001
Die schiefe Ebene
Manche KritikerInnen befürchten einen Dammbruch,
ein Ausrutschen auf der schiefen Ebene («slippery
slope»). Wenn die Forschung an menschlichen Embryonen erst zugelassen sei, dann gäbe es kein Zurück mehr. Es würden dann Experimente möglich, die
nicht mehr im Sinne der Menschen wären.
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Wer schaut den ForscherInnen auf die Finger?
Wer verhindert wirksam Missbrauch?
Reichen die heutigen Kontrollinstanzen aus?
Welche Instanzen wären nötig?
Wer garantiert einen respektvollen Umgang mit
menschlichem «Material»?
«Vom Moment an, da man den Finger in das Räderwerk gesteckt hat, kann man es kaum mehr aufhalten.»
YANN BARRANDON, PROFESSOR FÜR MEDIZIN AN DER UNIVERSITÄT
LAUSANNE UND AN DER ETH LAUSANNE, IN «LA LIBÉRATION», 27. 11.
2001, ZUM THERAPEUTISCHEN KLONEN
Unterschiedliche Geschwindigkeiten von
Forschung und Politik
Die Diskussion um Stammzellen wirft auch Fragen
auf zum Verhältnis zwischen Wissenschaft und Politik. Anfang 2000 hatte die Universität Genf beim
Schweizerischen Nationalfonds ein Finanzierungsgesuch für ein Forschungsprojekt eingereicht, das mit
dem Import von Stammzellen verbunden war. Der
Nationalfonds entschied nach zusätzlichen Abklärungen positiv. Eine breitere Dikussion indessen hatte
nicht stattgefunden. Das Parlament war vor ein fait
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Ethische Fragen und Denkanstösse
accompli gestellt. Auch die zuständige Bundesrätin
Ruth Dreifuss erklärte damals, dass sie es vorgezogen hätte, wenn vor dem konkreten Entscheid eine
Debatte geführt worden wäre.
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Big business
«Mit menschlichem Erbgut und mit Erzeugnissen aus
Embryonen darf kein Handel getrieben werden»
BUNDESVERFASSUNG, ART. 119 ABS. 2 LIT.E
«Ich habe dem Forschungsgesuch aus Genf zugestimmt,
weil der grundlegende moralische Entscheid bereits vor
einigen Jahren bei der Zulassung der In-Vitro-Fertilisation gefällt wurde – dies im Übrigen gegen meinen Willen. Dass dabei überzählige Embryos entstehen würden,
war bekannt. Wenn man sie vernichten darf, sollte es
auch erlaubt sein, sie unter engen Bedingungen für die
Forschung zu nutzen.»
BARBARA HAERING, NATIONALRÄTIN,
STIFTUNGSRÄTIN SCHWEIZERISCHER NATIONALFONDS
Reagiert die Politik zu spät?
Wie kann die Politik den wissenschaftlichen Fortschritt beeinflussen?
Soll sie dies überhaupt?
Wie steht es dann mit der verfassungsrechtlich geschützten Wissenschaftsfreiheit?
Die Stammzellenforschung wirft Fragen auf zum Verhältnis zwischen Wissenschaft und Wirtschaft. Mit
Hilfe der embryonalen Stammzellen sollen neue Therapien entwickelt werden, etwa gegen Parkinson, Diabetes oder Herzinfarkt. Manche Experten und Expertinnen schätzen den Marktwert derartiger Therapien
auf mehrere Milliarden US-Dollar jährlich.
Die meisten heute bestehenden Stammzelllinien
sind patentiert. Das heisst, ForscherInnen können die
Stammzellen zwar zum Selbstkostenpreis bestellen
und damit Forschung betreiben. Die daraus hervorgehenden Erfindungen müssen dann aber mit der
entsprechenden Firma geteilt werden.
Sollen Stammzelllinien überhaupt patentierbar sein?
Soll nur das Verfahren zur Gewinnung von Stammzellen patentierbar sein, nicht aber die Stammzelllinien selbst?
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Ethische Fragen und Denkanstösse
Andererseits: Wieso soll eine Firma, die sehr viel Mittel in die Erforschung und Entwicklung derartiger Verfahren investiert hat, ihren Erfolg nicht geschäftlich
nutzen dürfen?
«Es geht in der globalisierten Wirtschaft auch um Patente und damit um Gewinne, um ein Geschäft mit
kranken Menschen.»
«Wenn die Herstellung (von Stammzellen) im eigenen
Land verboten ist und/oder für verwerflich gehalten wird,
wäre es ein offensichtlicher moralischer Widerspruch, den
Import von solchen Zellen aus dem Ausland zu unterstützen. Es ergäbe sich eine ähnliche Situation, wie wenn
man die Beute aus einem Diebstahl in die Schweiz einführen würde, vorausgesetzt sie wurde in einem Land
gestohlen, wo derselbe Diebstahl nicht verboten war.»
INA PRAETORIUS, ETHIKERIN,
BASLER ZEITUNG VOM 25. 10. 2001
STELLUNGNAHME DER NATIONALEN ETHIKKOMMISSION
IM BEREICH HUMANMEDIZIN, 19. 9. 2001
In der Schweiz wird das Patentrecht zurzeit überarbeitet. Es soll an die EU-Richtlinie zum Schutz biotechnologischer Erfindungen angepasst werden. Diese ist aber umstritten und noch nicht von allen EUMitgliedstaaten in nationales Recht umgesetzt worden.
Wie konsequent ist es, nur den Import, nicht aber die
Herstellung eigener Stammzelllinien in der Schweiz
zuzulassen?
Doppelmoral
Einige Länder haben ihr moralisches Dilemma gelöst,
indem sie zwar im eigenen Land die Gewinnung von
Stammzellen aus ethischen Gründen verbieten, aber
einen Import derartiger Zellen aus dem Ausland ermöglichen.
Die Möglichkeit zur Herstellung eigener Stammzelllinien wird von vielen Schweizer ForscherInnen auch
deshalb gewünscht, weil damit die Gefahr wirtschaftlicher Abhängigkeiten von ausländischen Firmen und
Forschungsinstituten vermieden werden könnte.
Ethische Fragen und Denkanstösse
Zweiklassenmedizin
«Die Spitzentechnologien, welche die heutige medizinische Forschung entscheidend prägen, können nur in den
reichen Nationen der Welt entwickelt und angewandt
werden. Entsprechend kommen sie nur einem verschwindend kleinen Teil der Menschheit zugute. (...) Gleichzeitig haben weltweit mehr als 2,5 Milliarden Menschen
keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser, was zu schwerwiegenden Gesundheitsproblemen und einer hohen Mortalität führt.»
POSITIONSPAPIER DER ZENTRALEN ETHIKKOMMISSION
SCHWEIZERISCHEN AKADEMIE DER MEDIZINISCHEN WISSENSCHAFTEN ZUR GEWINNUNG VON UND FORSCHUNG AN MENSCHLICHEN STAMMZELLEN, 28. 8. 2001
DER
Neben diesen grundlegenden Fragen, die das Verhältnis zwischen reichen und armen Ländern der Welt
betreffen, wirft die Forschung an Stammzellen weitere Fragen auf, auch im Hinblick auf die generelle
nationale Gesundheitspolitik. Gewisse Therapien für
bestimmte Krankheiten sind schon heute enorm
teuer.
27
Wie wirken sich diese neuen Therapien und Therapiemöglichkeiten auf die Gesundheitspolitik aus?
Was werden Stammzelltherapien kosten?
Wem werden sie zugute kommen?
Wer wird dadurch belastet?
Aber auch:
Wenn man die Forschung an embryonalen Stammzellen in der Schweiz verbietet, ist es dann richtig,
künftige Medikamente, die auf dieser Forschung basieren, aus dem Ausland zu importieren?
Ist es zu verantworten, derartige Medikamente
Schweizer PatientInnen zu verweigern?
Sollen dann nur noch vermögende Leute von derartigen Behandlungen jenseits der Landesgrenzen profitieren können?
Prioritäten der Forschung
Der Kampf um die öffentlichen Gelder ist auch im
Bereich der Forschung ein Thema. Die Mittel sind
beschränkt – es müssen Prioritäten gesetzt werden.
Auf Kosten welcher Wissenschaftsbereiche wird in
die Spitzenmedizin investiert?
Ethische Fragen und Denkanstösse
28
Andererseits: Was bedeutet ein Verbot der Stammzellenforschung für den Forschungsplatz Schweiz?
Was wären die Konsequenzen, wenn sich die öffentliche Forschung aus der Stammzellen-Forschung zurückziehen müsste?
Grundfragen des menschlichen
Zusammenlebens
«Die Revolution in der Erforschung des Lebens geht immer weiter. Wir werden auch in Zukunft mit ethischen
und moralischen Herausforderungen konfrontiert. Trotz
allen offenen und interessanten Fragen wollen wir Grenzen setzen und akzeptieren und sind bereit, diese in aller
Transparenz zu respektieren. Wir beschreiten ein in seiner Natur völlig neues Gebiet, das Respekt, Bescheidenheit und Ehrfurcht gebietet.»
DANIEL VASELLA, ARZT, CEO UND PRÄSIDENT
VEWALTUNGSRATS DES PHARMAUNTERNEHMENS
NOVARTIS ZUR FORSCHUNG AN EMBRYONALEN
STAMMZELLEN, NEUE ZÜRCHER ZEITUNG VOM 9. 2. 2002
DES
Welches ist das Ziel unserer medizinischen und biologischen Forschung?
Unter welchen Druck geraten Frauen, Eizellen zu
spenden?
Weshalb stellen Eltern ihre überzähligen Embryonen
der Forschung zur Verfügung?
Welche gesellschaftspolitischen Folgen hat es, wenn
die Menschen länger leben, länger gesund bleiben?
Was heisst das für die Alterssicherung?
Welche Solidaritäten sind gefragt?
29
Die Rechtslage
30
6. Wie ist die
Rechtslage in der
Schweiz und in
anderen Ländern?
Die Forschung an Embryonen ist in der Schweiz
verboten – nicht jedoch jene an importierten
Stammzellen. Dieser Widerspruch soll mit einem neuen Embryonenforschungsgesetz behoben werden. Die Vernehmlassung für dieses
Bundesgesetz läuft im Frühsommer 2002 an.
Für GegnerInnen und BefürworterInnen der Stammzellenforschung ist klar: Eine gesetzliche Regelung tut
Not, denn bis heute ist der Import von Stammzellen
nicht geregelt. Diese Gesetzeslücke hat es dem Nationalfonds im Herbst 2001 ermöglicht, ein Genfer
Gesuch zur Grundlagenforschung mit importierten
embryonalen Stammzellen zu bewilligen. Auch für
den Schweizerischen Nationalfonds ist dies eine unbefriedigende Lösung, weshalb er rechtliche Bestimmungen fordert.
Ein Gesetz zur Forschung mit Embryonen hätte
nicht nur Auswirkungen auf die Forschung, es beträfe beispielsweise auch den wissenschaftlichen Wettbewerb. Ein Beispiel: In England oder auch in Israel
boomt die Forschung an embryonalen Stammzellen,
da dort sehr liberale Gesetze gelten. Betroffen wäre
auch der damit verbundene wirtschaftliche Wettbewerb.
In der Schweiz
Die Forschung am Menschen ist in der Schweiz in
der Bundesverfassung und in weiteren Gesetzen wie
dem Fortpflanzungsmedizingesetz ansatzweise geregelt.
Zurzeit ist das «Bundesgesetz über die Forschung an
überzähligen Embryonen und embryonalen Stammzellen» in Vorbereitung. In diesem Gesetz sollen die
wichtigsten Fragen im Zusammenhang mit der Forschung an menschlichen Embryonen geregelt werden, insbesondere die Frage des Imports und die Verwendung überzähliger Embryonen aus der künstlichen Befruchtung.
Gemäss den Übergangsbestimmungen des Fortpflanzungsmedizingesetzes dürfen noch vorhandene
überzählige Embryonen – die es gemäss Rechtsordnung in der Schweiz eigentlich gar nicht geben dürfte
– bis spätestens Ende 2003 aufbewahrt werden. Dann
müssen sie vernichtet werden, sofern diese Frist nicht
allenfalls verlängert wird. Ein umfassenderes Gesetz
über die Forschung am Menschen wird voraussichtlich im Herbst 2003 in Vernehmlassung gehen. Dieses Gesetz soll die Würde des Menschen in der Forschung schützen, ohne die Wissenschaftsfreiheit ungerechtfertigt einzuschränken. Es ist vorgesehen, das
«Bundesgesetz über die Forschung an überzähligen
Embryonen und embryonalen Stammzellen» zu einem späteren Zeitpunkt in das Gesetz über die Forschung am Menschen zu integrieren.
31
Schweizerische Bundesverfassung
Artikel 119 regelt die Fortpflanzungsmedizin und Gentechnologie im Humanbereich. Alle Arten des Klonens
und Eingriffe in das Erbgut menschlicher Keimzellen und
Embryonen sind unzulässig. Die künstliche Befruchtung
darf nicht angewendet werden, um Forschung zu betreiben. Es dürfen nur so viele menschliche Eizellen zu Embryonen entwickelt werden, wie einer Frau sofort eingepflanzt werden können.
Fortpflanzungsmedizingesetz
Das Fortpflanzungsmedizingesetz (FMedG) enthält die
für die Forschung an menschlichen Embryonen relevanten Vorschriften. Es verbietet das Erzeugen von Embryonen zu Forschungszwecken, die Gewinnung von Zellen
aus einem Embryo im Reagenzglas, das Klonen (therapeutisches und reproduktives Klonen) und den Eingriff
ins Erbgut von Embryonen.
32
Die Rechtslage
Die Situation in anderen
Ländern
Die Gesetzgebung zur Embryonenforschung ist
in Europa uneinheitlich geregelt: Sie reicht vom
strikten Verbot wie in Irland bis zu komplett
fehlenden Bestimmungen wie in Portugal. Das
reproduktive und – mit Ausnahmen – auch
das therapeutische Klonen sind aber in allen
Ländern untersagt.
Im Februar 2002 hat der Bundestag in Deutschland
dem Import von Stammzellen aus überzähligen Embryonen nach IVF unter strengen Auflagen für drei
Jahre zugestimmt. Therapeutisches und reproduktives Klonen sind verboten.
In Frankreich stimmte die Nationalversammlung am
22. Januar 2002 einem Gesetzesentwurf zu, der vorsieht, die Forschung an Embryonen unter strikten
Auflagen zu erlauben. Es sollen Embryonen verwendet werden dürfen, die für die In-Vitro-Fertilisation
geschaffen wurden, zu diesem Zweck aber nicht mehr
gebraucht werden. Die zweite parlamentarische Kammer, der Senat, hat sich noch nicht mit dem Gesetz
befasst. Das Gesetz soll Ende 2003 in Kraft treten.
Grossbritannien erlaubt seit 1990 die Forschung an
Embryonen bis zum 14. Tag zur Verbesserung der
medizinisch unterstützten Fortpflanzung. Im Februar 2002 kam die definitive Erlaubnis für das therapeutische Klonen hinzu. Das reproduktive Klonen
wurde verboten.
Auch Schweden erlaubt die Forschung an embryonalen Stammzellen bis zum 14. Tag, ihre Herstellung zu
Forschungszwecken sowie das therapeutische Klonen, verbietet aber das reproduktive Klonen. Nach
vierzehn Tagen müssen die Embryonen zerstört werden. Ähnlich liberale Gesetze haben auch die Niederlande.
Seit Herbst 2001 dürfen in Australien Stammzellen
aus überzähligen Embryonen für die Forschung verwendet werden. Das therapeutische Klonen wurde
nicht verboten, untersteht aber einem dreijährigen
Moratorium. Das reproduktive Klonen ist verboten.
Die Rechtslage
In Israel sind Forschung an embryonalen Stammzellen und therapeutisches Klonen erlaubt. Im jüdischen
Glauben gilt der Embryo erst im Alter von 40 Tagen
als beseelt, weshalb keinerlei Bedenken für die Embryonenforschung bis zu diesem Zeitpunkt aufkommen. Das reproduktive Klonen untersteht seit 1999
einem fünfjährigen Moratorium.
China ist sehr aktiv in der Stammzellen-Forschung.
Künstliche Befruchtungen werden in hoher Zahl
durchgeführt. Die dabei produzierten Embryonen
unterliegen keinerlei Schutz. Die genaue Zahl der bestehenden embryonalen Stammzelllinien ist nicht
einmal den chinesischen Fachleuten bekannt.
In den USA unterliegen die mit öffentlichen Geldern
finanzierten Institute strengen Vorschriften: Einzig
die Stammzelllinien aus überzähligen Embryonen
nach IVF, die schon vor dem 9. August 2001 existierten, sind für die Forschung zugelassen. Das nationale Gesundheitsamt (NIH) erstellte ein Register der
zulässigen Stammzelllinien, das heute mehr als 70
Zelllinien umfasst. Das therapeutische und auch das
reproduktive Klonen sind in den USA derzeit nicht
geregelt, allerdings befinden sich Gesetze in Erarbei-
33
tung. Das Repräsentantenhaus hat bereits im Sommer 2001 das Klonen von Menschen unter Strafe gestellt. Die Forschung an Embryonen ist erlaubt. Die
unklare Rechtssituation führt dazu, dass gewisse
WissenschaftlerInnen neben ihrem Arbeitsplatz im
staatlichen Institut noch einen Laborplatz an einem
Privatinstitut haben, um so die restriktiven Vorschriften zu umgehen.
34
35
7. Glossar
Stammzellen
Multipotente Stammzellen aus
dem Knochenmark.
Vergrösserung: 1:4000.
Foto: Eye of Science/Science Photo
Library.
zu mehr als 200 verschiedenen Gewebetypen heranwachsen. Embryonale Stammzellen werden auf verschiedene Wege gewonnen (vgl. Kapitel 2).
Adulte Stammzellen
Stammzellen sind undifferenzierte Zellen eines Embryos, Fötus oder geborenen Individuums. Durch Teilung können sie sich selbst beliebig oft vermehren.
Wachsen die Stammzellen zu einer dichten Kultur
heran, beginnen sie sich zu Zellen unterschiedlicher
Gewebe zu entwickeln. WissenschaftlerInnen möchten diese Fähigkeit nutzen, um Ersatzgewebe für
Schwerkranke zu züchten. Mit Nährstoffen, Wachstumsfaktoren und Gentechnik sollen die Stammzellen in der Laborschale dazu angeregt werden, bestimmte Gewebetypen zu bilden.
Adulte Stammzellen wurden bisher in rund zwanzig
Geweben des menschlichen Körpers nach der Geburt
und in der Nabelschnur von Neugeborenen gefunden. Adulte Stammzellen können sich im Vergleich
zu den embryonalen Stammzellen nur begrenzt vermehren und entwickeln. Zudem sind sie sehr schwer
aus dem Gewebe zu isolieren. Es mehren sich die
Hinweise, dass etwa Blut bildende Stammzellen aus
dem Knochenmark nicht nur Blutzellen, sondern
auch andere Zelltypen bilden können.
Embryonale Stammzelle
In verschiedenen Labors ist es gelungen, embryonale
Stammzellen in Kulturen zu vermehren und zu züchten. Erstmals gelang dies James A. Thomson 1998 in
Wisconsin, USA. Momentan gibt es weltweit 78 humane embryonale Stammzelllinien. Eine Zelllinie ist
dabei aus den Zellen eines einzigen Embryos entstanden. Nicht alle bisher registrierten Stammzelllinien
gelten als stabil genug für entsprechende Forschung.
Embryonale Stammzellen werden dem Embryo im
so genannten Blastozystenstadium entnommen. Die
Blastozyste ist eine Hohlkugel, in deren Innerem sich
eine Anhäufung von Zellen befindet. Aus dieser sogenannten inneren Zellmasse werden die Stammzellen gewonnen. In diesem Stadium sind sie nicht mehr
totipotent, sondern pluripotent, aus ihnen kann kein
Lebewesen mehr entstehen. Sie können jedoch noch
Stammzelllinien
36
Glossar
Glossar
Totipotente Zellen
Blastozyste
Totipotente Zellen können zu einem vollständigen
Lebewesen heranreifen. Die Zellen eines menschlichen Embryos gelten bis zum 8-Zell-Stadium als totipotent.
Die Blastozyste ist ein Embryo am 5. und 6. Tag der
Entwicklung. Die Blastozyste ist eine Hohlkugel. Aus
den Zellen der Hülle bilden sich später die PlazentaAnteile. Aus der Zellmasse im Inneren der Kugel wird
sich später das Kind entwickeln. Aus dieser inneren
Zellmasse werden die embryonalen Stammzellen gewonnen. Dabei wird der Embryo zerstört.
Pluripotente Zellen
Aus pluripotenten Zellen können zahlreiche Gewebe
und Organe entstehen, aber kein ganzes Lebewesen.
Es gibt – je nachdem wie streng eine Zelle bereits auf
ihr Entwicklungsschicksal festgelegt ist – verschiedene Abstufungen von Pluripotenz. Generell gilt: Je weiter eine Zelle in der Entwicklung vorangeschritten ist,
desto weniger Entwicklungswege stehen ihr noch offen.
In der Schweiz dürfen im nur so viele menschliche
Eizellen zu Embryonen entwickelt werden, als der
Frau sofort eingepflanzt werden können. Überzählige
Embryonen aus diesem Verfahren müssen vernichtet
werden. In der Schweiz dürfen jedoch so genannte
Vorkernstadien (befruchtete Eizelle vor Kernverschmelzung) eingefroren werden.
Therapeutisches Klonen (Zellkerntransfer)
Fötus (auch Foetus und Fetus)
Auch dieser Begriff wird in der Schweiz nicht einheitlich verwendet. MedizinerInnen sprechen von einem
Fötus ab dem dritten Schwangerschaftsmonat, wenn
die Organentwicklung des Kindes abgeschlossen ist.
Embryo
In-Vitro-Fertilisation (IVF)
Der Übergang vom Embryo zum Fötus wird nicht einheitlich definiert. In der Medizin versteht man darunter das Stadium zwischen der befruchteten Eizelle
und dem Abschluss der Organentwicklung im dritten
Schwangerschaftsmonat. Auch im Schweizerischen
Fortpflanzungsmedizingesetz wird der Embryo so
definiert.
Die In-Vitro-Fertilisation bezeichnet die Befruchtung
ei-ner Eizelle, die zuvor dem Körper einer Frau entnommen wurde. Die Eizelle wird im Reagenzglas mit der
Samenzelle befruchtet, entwickelt und anschliessend in
die Gebärmutter der Frau eingesetzt. Bei der künstlichen
Befruchtung werden häufig mehrere Eizellen entnommen und befruchtet, um gegebenenfalls mehrere Versuche für eine gewünschte Schwangerschaft starten
zu können.
Der Körperzelle eines Menschen oder Tieres wird der
Kern, der das Erbmaterial enthält, entnommen. Dieses Erbmaterial wird in eine zuvor entkernte Eizelle
eingeschleust. Ein Embryo entsteht. Der Embryo verbleibt in der Petrischale, wo er mit Nährstoffen und
Wachstumsfaktoren zur Zellteilung angeregt wird. Im
Blastozystenstadium können dann Stammzellen entnommen werden. Durch die Entnahme der Stammzellen wird der Embryo zerstört.
Reproduktives Klonen
Der Körperzelle eines Menschen oder Tieres wird der
Kern, der das Erbmaterial enthält, entnommen. Dieses Erbmaterial wird in eine zuvor entkernte Eizelle
eingeschleust. Ein Embryo entsteht. Dieser Embryo
wird anschliessend im Unterschied zum therapeuti-
37
schen Klonen in die Gebärmutter eines Lebewesens
eingepflanzt. Klonschaf Dolly ist durch reproduktives
Klonen zur Welt gekommen.
Pränataldiagnostik (PND)
Die Pränataldiagnostik umfasst verschiedene Untersuchungen eines Kindes im Mutterleib. Dies kann
mittels Ultraschall, Chorionzottenbiopsie (Untersuchung von Zellen der Eihaut) oder Amniozentese
(Fruchtwasseruntersuchung) geschehen. Das Fruchtwasser enthält Zellen des Kindes. Sie können auf
eventuelle genetische Schäden untersucht werden.
Präimplantationsdiagnostik (PID)
Drei Tage nach der künstlichen Befruchtung (IVF)
ausserhalb des Mutterleibs wird der Embryo auf
krankhaft veränderte Gene untersucht. Ziel ist es, anschliessend nur gesunde Embryonen in die Gebärmutter einzusetzen. Für die PID wird einem achtzelligen Embryo eine Zelle abgetrennt. Bei der genetischen Analyse wird also eine Zelle zerstört, die noch
totipotent ist. Die PID ist in der Schweiz verboten.
(Grundlage: «Die Zeit» – Dossier Stammzellen)
38
Glossar
39
8. Internet-Links
Menschlicher Embryo im Blastozysten-Stadium fünf Tage nach der
Befruchtung. Vergrösserung: 1:300.
Foto: Yorgos Nikas.
Nationales Forschungsprogramm 46 «Implantate &
Transplantate»
www.nfp46.ch
Schweiz
Umfassendes Literaturverzeichnis und Pressespiegel
unter «Artikel als downloads»
Stiftung Science et Cité
Informationen zur Stammzellenforschung, zur öffentlichen Debatte über Stammzellenforschung, weitere nützliche Links zum Thema
www.science-et-cite.ch
Nationale Ethikkommission im Bereich
Humanmedizin
Forschung an importierten embryonalen Stammzellen, Stellungnahme Nr.1/2001(September 2001)
www.saez.ch/pdf/2001/2001-48/2001-48-1117.PDF
Schweizerischer Nationalfonds zur Förderung
der wissenschaftlichen Forschung
Stellungnahme des Schweizerischen Nationalfonds:
Ja zur Forschung mit embryonalen Stammzellen
(September 2001)
www.snf.ch/de/com/prr/prr_arh_01sep28.asp
Schweizerische Akademie der Medizinischen
Wissenschaften/ L’Académie Suisse des Sciences
Médicales
www.samw.ch
Unter «Medienmitteilungen und Stellungnahmen»:
«Therapeutisches Klonieren» beim heutigen Wissensstand verantwortungslos (29.11.2001) und
Stammzellen: SAMW befürwortet Forschung an
«überzähligen Embryonen» (28.8.2001)
Positionspapier des SNF zur Verwendung von
menschlichen, embryonalen Stammzellen in der biomedizinischen Forschung
www.snf.ch/downloads/snf_position_stammzellen_d.pdf
40
Internet-Links
Zentrum für Technologiefolgen-Abschätzung SWTR
Unter «Aktivitäten und Produkte» finden sich Informationen zur Studie «Menschliche Stammzellen
(Abschluss Herbst 2002)» und zu den «publifocus»
über die Forschung an Stammzellen
www.ta-swiss.ch
Fact Sheets dt.
www.ta-swiss.ch/www-remain/
reports_archive/Infoblaetter/fsheet_stamm_dt.pdf
Zwischenbericht zur TA-Studie zu menschlichen
Stammzellen
www.ta-swiss.ch/www-remain/reports_archive/
publications/2002/ta_41z_2002_zwischenbericht.
pdf
Bundesamt für Gesundheit
www.bag.admin.ch
Gruppe für Wissenschaft und Forschung
(keine Informationen zu Stammzellen)
www.gwf-gsr.ch
Alliance f Bund Schweizerischer Frauenorganisationen
www.alliancef.ch
Basler Appell gegen Gentechnologie
www.baslerappell.ch
Internet-Links
Internationale Organisationen
Unesco: Internationales Bioethisches Komitee
Bericht über die Verwendung von embryonalen
Stammzellen (April 2001)
www.unesco.org/ibc/index.html
EU: European Life sciences group
Konferenz: «Stammzellen: Therapien für die Zukunft?» (Dezember 2001)
europa.eu.int/comm/research/quality-of-life/
stemcells.html
Weiterführende Link-Liste:
europa.eu.int/comm/research/quality-of-life/
stemcells/links.html
41
Ausland
Deutschland
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG)
Dokumentation und Stellungnahmen zum Thema
Stammzellforschung
www.dfg.de/aktuell/stellungnahmen
dokumentation_1.html
Grossbritannien
Department of Health
Expertenbericht zur Stammzellenforschung (August
2001)
www.doh.gov.uk/cegc
Bericht des britischen Oberhauses zur Forschung an
embryonalen Stammzellen (Februar 2002)
www.parliament.the-stationery-office.co.uk/pa/
ld200102/ldselect/ldstem/83/8301.htm
42
Internet-Links
USA
National Institute of Health
Katalog der verfügbaren menschlichen embryonalen
Stammzelllinien
escr.nih.gov
Bericht zum Thema Stammzellen – Wissenschaftlicher Fortschritt und zukünftige Forschungsrichtungen (Juni 2001)
www.nih.gov/news/stemcell/scireport.htm
National Bioethics Advisory Commission
Ethische Fragen zur Stammzellenforschung (September 1999)
bioethics.georgetown.edu/nbac/pubs.html
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