privatinstitut für theoretische geologie in linz

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PRIVATINSTITUT FÜR THEORETISCHE GEOLOGIE
IN LINZ
Die Arbeiten im Berichtsjahr 1979 erfolgten wiederum von einem Akademiker
und einem technischen Mitarbeiter. Im Zuge der durch weitere Rationalisierung
erfolgten Umstellung standen nun eine Wohnungseinheit und ein Stollenabschnitt in Linz sowie drei Wohnungen und ein Labor in bzw. bei Wien zur Verfügung. Für die Fortsetzung der bisherigen Themen zur Grundlagenforschung
und zur Bearbeitung neuer Projekte wurde der Literaturbestand an Einzelwerken und Zeitschriften durch zahlreiche Ankäufe ergänzt. Seit vielen Jahren werden Tageszeitungen und Zeitschriften auf entsprechend relevante Presseartikel
über Naturkatastrophen und Ereignisse von geologischem Interesse bzw. ökonomische Mitteilungen und politische Nachrichten für geopolitiche Analysen
gesammelt bzw. ausgewertet. Im Berichtsjahr wurden vor allem die Situationen
auf dem Energiesektor eingehender bearbeitet und entsprechende Presseartikel
archiviert.
Auf dem Gebiet der T h e o r e t i s c h e n Geologie erfolgte die weitere Betreuung der bisherigen Untersuchungen über potentielle und kinematische,
tektonische Spannungen im Gesteinsverband geologischer Strukturen und im
Mineralverband von Gesteinsproben. Weitere Themen der Bearbeitung betrafen wiederum die Fragen zur Kristallmorphologie und deren genetischen Bedingungen. Die Untersuchungen zur Geomathematik und hinsichtlich des Prognosekalküls wurden fortgesetzt. Letzteres gewinnt im Zusammenhang mit den
Untersuchungen zur Anthropogeologie zunehmend an Bedeutung für die Belange der Geopolitik. Dies folgt aus der Erkenntnis, daß die Auswirkungen
künstlicher Eingriffe in das geologische System völlig unerwartet zu Schäden
führen können. Künstliche Eingriffe und daraus folgende Schäden sind Elemente eines politischen Prozesses und unterliegen daher der Vorsorgepflicht
bzw. der Verantwortung. Die Dimensionen solcher Eingriffe und deren Auswirkungen nehmen in ständig steigendem Maße zu und damit wächst auch die
Verantwortung. Sachliche Voraussetzung solcher Verantwortung ist die Systemanalyse über solche Veränderungen und die sich daraus ableitende Prognose der nach einem gezielten Eingriff zu erwartenden Reaktionen.
Geologische Systeme umfassen sowohl die Struktur des gegenständlichen
Gesteinsverbandes als auch die in einem solchen geologischen Verband wirksamen geologischen Prozesse. Dem engeren Fachkollegen sind solche Zusammenhänge geläufig und werden in der sogenannten Aktual-Geologie behandelt. Als
Folge der bisherigen Schulgeologie liegt aber dennoch das Schwergewicht der
Interessen und Kenntnisse bei der Erforschung von großen Veränderungen der
geologischen Vergangenheit. Erkenntnisse der Aktualgeologie mögen hierbei
eine Hilfestellung haben. Eine Geologie, welche sich im Extremfall mit dem Bereich der Millisekunden befaßt, bleibt hierbei weitestgehend unbeachtet. Für
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den geologischen Laien, der vorwiegend als Gesprächspartner von interdisziplinären Bemühungen ist, stellt sich die geologische Situation als mehr oder weniger abgeschlossene und für den Menschen nicht mehr weiter veränderliche Gegebenheit dar. Aus den Notwendigkeiten der angewandten Geologie im Bereich
des Bauingenieurwesens mußte ein anderer Standpunkt eingenommen werden.
Es waren nicht nur die geologischen Strukturen und Prozesse zu berücksichtigen und der räumliche geologische Aufbau eines Projektsbereiches auf die rationellste bzw. wirtschaftlichste Weise zu erkennen, sondern auch die jeweils wirkenden geologischen Prozesse zu erfassen. Diese gegenwärtig wirksamen geologischen Prozesse entziehen sich meist der unmittelbaren Beobachtung. Es
mußten daher neue Methoden der geologischen Beobachtung geschaffen werden und es müssen in Zukunft auch weitere entwickelt werden. Mit Feinmeßgeräten (z. B. Mikrouhren) und speziellen Analysen muß der „geologische Puls
des Geschehens", muß der geologisch wirksame Prozeß erfaßt werden. Diese
auch für den engeren Fachkollegen noch wenig bekannte Dimension der geologischen Bearbeitung ist zum großen Teil noch Neuland. Diese Dimension ist
aber im Zusammenhang mit den geologischen Erhebungen über die Vergangenheit eines Landes wesentliche Voraussetzung, um spezielle Prognosen über die
künftig zu erwartenden geologischen Ereignisse bzw. Zustände abgeben zu
können. Solche Prognosen sind heute bereits wesentliche Voraussetzungen im
Ingenieurbauwesen. Arbeiten im Sinne der traditionellen Geologie, ohne Berücksichtigung der geologischen Zustandsänderungen und der daraus resultierenden Prognosen sind wesentliche Quellen von bautechnischen Schwierigkeiten und Baukatastrophen geworden. In Anbetracht des Umstandes, daß die Anwendungsbereiche der Geologie heute bereits über die Probleme des Ingenieurbauwesens hinausgehen, kommt der geologischen Prognose besondere Bedeutung zu. Die Ergebnisse der Anthropogeologie lassen ebenfalls erkennen, daß
die Beurteilung der künftig zu erwartenden geologischen Zustände bzw. deren
Prognosen eine Voraussetzung und Hilfe für viele Gebiete der künftigen Tätigkeit und Existenz des Menschen ist. Erkenntnisse solcher Art sind demnach
wesentliche Elemente politischer Entscheidungen und speziell der Geopolitik als
Entscheidungshilfe. Hierbei ist der Begriff Geopolitik gegenüber der üblichen
internationalen Auffassung um die geologische Dimension zu erweitern. Die
geologischen Prozesse sowie Zustandsänderungen im örtlich geologischen System aus den verschiedenen Gesteinsarten und deren Strukturen können unmittelbar wahrnehmbar sein (Vulkanausbrüche, Erdbeben, Felsstürze, Rutschungen, Muren etc.), sie können aber auch völlig unbemerkt stattfinden. Entscheidend ist somit der Bezug solcher Prozesse zum Beobachter, dessen Sinnesorgane und Merkvermögen. Eine geologische Zustandsänderung wird nur dann
als solche wahrgenommen, wenn diese Veränderung auch beobachtet und registriert werden kann. Hinzu kommt allerdings, daß solche Veränderungen in
ihrem geologischen Zusammenhang erkannt werden können. Geologische Prozesse bzw. Zustandsänderungen sind daher zweckmäßigerweise in zwei Gruppen zu unterteilen, in solche, die vom sachkundigen Beobachter unmittelbar erkannt werden können — diese seien somit Gegenstand der Makrogeologie — und
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solche, welche nur mit Hilfe besonderer Methoden und Kenntnisse festgestellt
werden können, die sich der unmittelbaren Beobachtung entziehen, seien Gegenstand der Mikrogeologie. Die Mikrogeologie ist nach den heutigen Erfahrungen
bereits ein wichtiges Gebiet der angewandten Geologie und wesentliches Teilgebiet der geologischen Dynamik als Hilfe bei der Lösung von gegenwarts- und
zukunftsbezogenen Aufgaben. Der Mikrogeologie steht bereits ein umfangreiches Instrumentarium verschiedener Fachgebiete zur Verfügung, welche zunächst zusammengestellt und entsprechend aktiviert werden müssen. Mit Hilfe
eines solchen Instrumentariums und entsprechenden Methoden kann die regionale Untersuchung eines Landes erfolgen, um die Grundlagen für spezielle Planungen zu erbringen.
Im Zuge der generellen Studien zur Lithogenese hat der Verfasser 1941 an der
Universität Wien ein System von geologischen Hierarchien als Hilfsmodell der
Bearbeitungen eingeführt. Es wurde hierbei ein funktional zusammenhängendes System mit verschiedenen Organisationsstufen (von subatomarer Basis, der
atomaren Basis, der molekularen Basis usw. bis zum Bereich der astronomischen
Umwelt) zugrunde gelegt. In der Mineralogie war bereits die Betrachtungsweise
der Kristalle auf der atomaren und der molekularen Basis bekannt und wurde
für den Mineralverband der Gesteine, speziell für die metamorphen Gesteine
angewendet. Über die Tonmineralogie ist die molekulare Basis sowohl in die
Bodenkunde als auch in die Bodenmechanik eingeführt worden. In jüngster Zeit
haben molekularbiologische Methoden auch in die Paläontologie Eingang gefunden. Neuere Arbeiten auf dem Sachgebiet der Mineralogie haben bereits die subatomare Basis zur Grundlage der Untersuchungen eingeführt. Aus dem Zusammenhang der verschiedenartigen Fachgebiete zur interdisziplinären Untersuchung geologischer Bedingungen sowohl für die anorganischen Bereiche als
auch die biologischen Bereiche insbesondere in Hinblick auf die Belange der Anthropogeologie und Geomedizin mußte eine gemeinsame Wurzel der Betrachtung, eine gemeinsame Basis, angenommen werden. Eine gemeinsame Basis,
welche sowohl den anorganischen Anteil als auch den organischen Anteil und
deren Wechselwirkungen berücksichtigt, stellt die molekulare Basis dar. Diese
Basis hat speziell in der Molekularbiologie zu wesentlichen Erkenntnissen geführt. Auf der molekularen Basis lassen sich aber auch, wie oben angedeutet,
geologische Zusammenhänge untersuchen, sodaß in Anbetracht der zunehmenden Bedeutung geologischer Erkenntnisse ein spezielles Sachgebiet, die Molekulargeologie als neues Instrument einzuführen ist. Der wesentliche Anstoß, die
Begründung einer Molekulargeologie anzuregen, hat sich aus der Notwendigkeit
jüngster Untersuchungen zur Anthropogeologie im Zusammenhang mit Problemen der Geomedizin ergeben.
Auf dem Gebiet der A n t h r o p o g e o l o g i e erfolgten umfangreiche Untersuchungen über die theoretischen Grundlagen, insbesondere über synchrone
Zusammenhänge der biologischen bzw. anthropologischen Zustandsänderungen mit den speziellen geologischen Prozessen. Diese Überlegungen gehen von
dem Umstand aus, daß Simultanereignisse bzw. isochrone Elemente eines Systems erfaßt werden können, wie dies vom Verfasser in einer Untersuchung aus
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1944 für die paläogeographische Analyse erfolgte. Unter den isochronen Elementen eines geologischen Systems sind dann asynchrone und synchrone Zusammenhänge festzustellen, synchron dann, wenn funktionelle Zusammenhänge der Elemente bestehen. Solche Untersuchungen stellen eine wesentliche
Ergänzung zur kausalen Untersuchung dar. Für den Bereich der Anthropogeologie folgt daraus die neue Problemstellung, inwieweit die biologischen und geologischen Prozesse zu einem bestimmten Zeitpunkt der Beobachtung einer
übergeordneten geologischen Funktion unterliegen. Auf einer interdisziplinären Arbeitsbesprechung, welche von der STUDIA-Wien veranlaßt wurde, und
unter anderem Dr. Millendorfer und Univ.-Prof. Dr. Spitzy teilgenommen haben, wurde auf die Bedeutung abstrakter geologischer Modelle zum Verständnis
soziologischer Gegebenheiten hingewiesen. Diverse Arbeiten befaßten sich mit
Veränderungen der Kulturdynamik und ihren anthropologischen bzw. geologischen Zusammenhängen. Ein spezielles Thema war dem zerstörenden Wachstum gewidmet. Es wurde versucht, aus bisherigen Erkenntnissen der Krebsforschung abstrakte Modelle abzuleiten, welche auf kultur-dynamische Probleme
anwendbar sind. In diesem Zusammenhang ist auf die Analogieversuche der
Ethologen (Lorenz) hinzuweisen, wonach krebsartige Strukturen von Siedlungen und Stadtentwicklungen in zunehmendem Maße zu erkennen sind.
Auf dem Gebiet der P a r o n t o l o g i e wurde auf Grund der Literaturankäufe
weiteres Material gesammelt, aus dem geologische Indikatoren aus archäologischen und historischen Daten zu gewinnen sind. In den verschiedenen Kulturen
werden geologisch relevante Daten sowohl der direkten Beobachtung als auch
auf dem indirekten Wege über die Technologie und über politische Prozesse
dokumentiert und ergänzen die übrigen geologischen Angaben des betreffenden historischen Zeitabschnittes. Das archäologische und historische Material
enthält aber darüber hinaus auch Problemstellungen, welche im wesentlichen
geologischer Natur sind. Eine systematische Bearbeitung solcher Problemstellungen wäre sowohl für die Geschichtsforschung als auch zur Klärung der geologischen Bedingungen jüngster historischer Zeitabschnitte von Bedeutung.
Durch verschiedene Veröffentlichungen, insbesondere die grundlegende Arbeit
von H. Hassinger über geographische Grundlagen der Geschichte, wurde auf
die außerordentlich engen Zusammenhänge zwischen den geographischen Elementen und dem historischen Geschehen aufgezeigt. Auf Grund der anthropogeologischen Bearbeitungen ergibt sich nun eine wesentliche Erweiterung dieser Zusammenhänge durch Einführung der geologischen Dimension, sodaß
nun noch engere Beziehungen zur Geschichtswissenschaft gefunden werden
konnten. Hierbei ist auf die strukturelle Verwandtschaft von Geologie und Geschichte hinzuweisen, da es sich in beiden Fällen um historische Wissenschaften
handelt.
Auf dem Gebiet der I n g e n i e u r g e o l o g i e wurden Themen der Stabilitätsbedingungen und Massenbewegungen behandelt. In der heutigen Bodenmechanik und Felsmechanik werden umfangreiche Stabilitätsuntersuchungen
durchgeführt, um die Sicherheitsbedingungen gegen Massenbewegungen bzw.
Katastrophen durch Rutschungen und Felsablösungen im Zuge von künstlichen
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Eingriffen zu verhindern bzw. um entsprechende Katastrophenfälle zu sanieren. Diese Untersuchungen gehen von der Voraussetzung aus, daß die Faktoren
der Analysen nicht verändert und somit die Gleichgewichtsbedingungen für die
treibenden Kräfte und die Widerstandskräfte aufgestellt werden können. In der
Praxis zeigt sich allerdings, daß diese Bedingungen zeitabhängig veränderlich
sein können. Dies ergibt sich aus der Beobachtung, daß Geländeteile durch Jahrhunderte bzw. Jahrtausende und älter sich durch die Zeiträume hindurch stabil
verhalten haben. Die in diesen Geländeteilen wirkenden Faktoren haben demnach eine ausreichende Standsicherheit aufgewiesen. Trotz dieser langjährigen
Stabilität tritt dann plötzlich eine Rutschung oder eine Felsablösung bzw. ein
Bergsturz ein, wie dies in vielen Fällen zu beobachten ist und als Katastrophenfall jährlich eintritt. Es liegen hiermit zeitliche Veränderungen der Faktoren vor,
welche bei Stabilitätsuntersuchungen zu berücksichtigen sind. Die laufenden
Untersuchungen haben sich nun mit dem Problem solcher zeitlichen Veränderungen der Faktoren des rechnerischen Systems befaßt, um die Beurteilungen
von Geländeteilen seitens der Boden- und Felsmechanik den tatsächlichen Gegebenheiten besser anpassen zu können.
Auf dem Gebiet der G e r i c h t s g e o l o g i e wurde das Ursache-Wirkungsgefüge geologischer Prozesse näher untersucht, um künstliche Eingriffe und die
Situation ihrer Verantwortung besser erfassen zu können. Es wurden zunächst
Kriterien behandelt, um festzustellen, ob bei gegebenem Tatbestand ein kausaler Zusammenhang zwischen Tat und geologischer Erscheinung überhaupt vorhanden ist. Bisher wird das zeitliche Moment meist überbewertet, was aus psychologischen Gründen durchaus verständlich ist. Folgt eine geologische Veränderung im Wirkungsbereich einer Tat unmittelbar oder fast gleichzeitig, so
liegt die Versuchung nahe, beide Ereignisse in das kausale Ursache-Wirkungsgef üge einzubeziehen. Ein derartiger Sachverhalt kann nun tatsächlich eine kausale Verknüpfung aufweisen, was aber nicht unbedingt gegeben sein muß. Es
kann sich hierbei auch um akausale Bedingungen handeln, welche der Grund zu
Meinungsirrtümern sind. Eine Differenzierung, ob zwischen Tat und augenscheinlicher Folge kausale oder akausale Bedingungen vorliegen, erfordert entsprechend sorgfältige Untersuchungen. Eine weitere psychologische Schwierigkeit zur richtigen Beurteilung einer Tat und der geologischen Tatfolge liegt in
dem Umstand begründet, daß im allgemeinen kurzfristige kausale Verknüpfungen erwartet werden. Geologische Reaktionen können aber auch sehr langsam
ablaufen, sodaß ein Initialprozeß zunächst unbemerkt über längere Zeit wirksam sein kann, ehe die Wirkung augenscheinlich wird bzw. der Katastrophenfall
eintritt. Es liegt hiermit ein Spätschadenereignis vor und bedingt die psychologische Schwierigkeit, den Tatverhalt mit einem solchen langfristig nachfolgenden Sachverhalt in kausale Beziehung zu bringen. Auch hierzu sind geologische
Untersuchungen mit besonderer Sorgfalt durchzuführen und gegebenenfalls
neue Methoden zu suchen, um den Anforderungen der gerichtlichen Aussage
entsprechen zu können. Die konventionelle Geologie kann hierbei überfordert
sein, da die Problemstellung meistens im Bereich der obengenannten Mikrogeologie zu lösen ist.
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Auf dem Gebiet der G e o p o 1 i t i k erfolgten Versuche zur Analyse der geologischen Elemente von historischen und politischen Prozessen. Es wurden Versuche unternommen, um die synchronen Zusammenhänge nachzuweisen, wobei vor allem wertfreie Analysen historischer und politischer Geschehnisse den
Untersuchungen zugrunde zu legen sind. Die Erkenntnisse der Anthropogeologie bedingen die Notwendigkeit von Systemanalysen, um den Zusammenhang
geologischer Bedingungen und Prozesse und deren Wechselwirkungen mit politischen Vorgängen zu erkennen. Auf Grund solcher Einsichten und daraus folgender Prognosen können Entscheidungshilfen versucht werden. Ein Teil der
Arbeiten wurde der Konfliktforschung zugrunde gelegt. Die Untersuchungen
haben gezeigt, daß nicht nur jene geologischen Elemente in das politische Geschehen hineinwirken, welche bisher bereits unter den geographischen Einflüssen auf die Geschichte bekannt sind, sondern darüber hinaus auch Zusammenhänge geologischer Art wirksam werden, die bisher nicht berücksichtigt werden
konnten.
Auf dem Gebiet der Geomedizin erfolgten Untersuchungen über die
Landschaft und deren Auswirkungen bzw. Untersuchungen zur Ermittlung des
Erholungswertes. Von der Heidelberger Akademie der Wissenschaften wird
eine medizinische Landeskunde herausgegeben, als Beiträge zur geographischen
Medizin, andere Arbeitsgruppen befassen sich im Zuge der pathologischen Anatomie mit der historischen und geographischen Pathologie. Es sind Arbeiten, in
denen zum Teil auch auf die geologischen Bedingungen der betreffenden Länder
Bezug genommen wird und weisen auf örtliche Faktoren hin, welche am Krankheitsgeschehen mitwirken. In einem solchen Zusammenhang erscheint es
zweckmäßig, ähnliche, differenziertere Untersuchungen auf Landesebene zu
beginnen um den Einfluß der Landschaft auf den gesunden und kranken Menschen näher zu erfassen. In Anbetracht der sozial-negativen Indikatoren kommt
dem Erholungswert der Landschaft eine besondere Bedeutung zu. Dieser betrifft im speziellen die psychische Situation. Diesbezügliche Ansätze entstammen ebenfalls dem Heidelberger Arbeitskreis mit der Begründung der Geopsychologie, welche heute allerdings bereits weitgehend ergänzungsbedürftig ist.
Besonderes Augenmerk wurde bei den letzten Untersuchungen auf Umweltfaktoren gelegt, welche intrakranial wirksam sind und damit das Denken und
Verhalten unter Umgehung der Sinnesorgane beeinflussen können.
Auf dem Gebiet der M i l i t ä r g e o l o g i e erfolgte lediglich die Literaturbearbeitung aus den Eingängen.
Die L e h r t ä t i g k e i t betreffend erfolgten wiederum zahlreiche Gespräche
mit den geologischen Laien verschiedener wissenschaftlicher Sachbereiche. Im
Sinne einer postgraduated Ausbildung ist der Versuch begonnen worden, die
neueren Entwicklungen der Geologie, soweit sie über den Bereich des konventionellen Studienganges hinausgehen, zu vermitteln.
Die g e o l o g i s c h e n B e o b a c h t u n g e n im G e l ä n d e erfolgten im Bereich der Gusen, der Feidaist und Waldaist, hinsichtlich der geomorphologischen
Nachweise von jungen, tektonischen Krustenbewegungen und den Aktivierungen tektonischer Störungen des kristallinen Grundgebirges. Im Bereich von
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Kefermarkt wurden tertiäre Quarzgeschiebe zur näheren Untersuchung aufgesammelt. Aus einem Vorkommen von besonders intensiv gefärbtem rotem
Weinsberger Granit östlich von Kefermarkt wurden Proben zur näheren Untersuchung der Feldspate entnommen. In Ergänzung zum vorhergehenden Jahresbericht wird vermerkt, daß anläßlich des Aufenthaltes in Dalmatien (Omis) auch
ergänzende Untersuchungen über die Meereswasser-Korrosion an Karstkalken
durchgeführt wurden, die nun im Zusammenhang mit dem Probenmaterial aus
Istrien bearbeitet werden, womit ein Beitrag zur generellen Karstproblematik
geliefert wird. Im Zusammenhang mit den fortlaufenden Arbeiten zur Karstgeologie wurden geomorphologisch analoge Geländeformen der Flyschzone
untersucht. An Flyschgesteinen lassen sich fallweise geringfügige Korrosionen
in der Nähe von Toneinschaltungen beobachten. Hydrochemische Beobachtungen an Flyschquellen lassen die Kalkabfuhr aus dem Gesteinsverband der
Flyschzone erkennen. Aus den bisherigen Beobachtungen läßt sich nun ein Modell ableiten, welches im wesentlichen dadurch charakterisiert wird, daß von
Störungszonen und deren Kreuzungen ausgehende Verwitterungsvorgänge
die Flyschgesteine zersetzen bzw. den kalkhaltigen Kornzement des Mineralverbandes abbauen. Der dadurch entstehende Flyschgesteinszersatz wird, sobald die Talerosion fortschreitet, und die Zersatzzone anschneidet, ausgewaschen. Die dadurch entstehende Geländeform kann damit einer Doline des klassischen Karstes gleichen. Weitere geomorphologische Untersuchungen befassen sich mit den Auswirkungen tektonischer Spannungen auf die formgestaltenden Kräfte und Einflüsse auf die Reliefgestaltung. Bei Talnetzanalysen größeren Umfanges konnten die Zusammenhänge bzw. Abhängigkeiten der geomorphologischen Ausformung eines Talnetzes zeigen, daß sich tiefliegende tektonische Störungen in relativ jungen mehr oder weniger homogenen Überlagerungen auf die Erosionsvorgänge auswirken können. Die Aktivierung verdeckter tektonischer Störungen und deren Abbildung in der Geometrie des Talnetzes muß hierbei nicht nur, wie bekannt, durch Niveauverstellungen von Bruchschollen erfolgen. Die Geometrie solcher Störungen kann sich auch in anderer
Weise auf die Steuerung der Talerosion auswirken, örtlich differenzierte Erschütterungen geologisch junger Ablagerungen durch Erdbeben entlang von
tiefer liegenden Störungen können oberflächennahe Schwächezonen bedingen,
welche die Erosion in Richtung des verdeckten Störungsverlaufes lenken. In diesem Zusammenhang wurden Einflüsse von Erdbebenwirkungen auf den bodenmechanischen Problemkreis untersucht. In bezug auf die geologische Situation
von Massenbewegungen in Bebengebieten erfolgten ebenfalls ergänzende Untersuchungen zur Bodenmechanik von Rutschungen, da in der einschlägigen Literatur derzeit wenig Unterlagen vorhanden sind. In Anbetracht des Umstandes, daß Frequenz und Intensität von Erdbeben das bodenmechanische System
und die felsmechanischen Bedingungen langfristig beeinflussen können, müssen diese Einflüsse als zusätzliche Störfaktoren der theoretischen Gleichgewichtsbedingungen untersucht bzw. bearbeitet werden. In Anbetracht des Umstandes, daß Massenbewegungen, insbesondere Rutschungen, nach langer
Ruhezeit des Geländes und ohne künstliche Eingriffe plötzlich auftreten kön-
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nen, muß die Ursache in einer natürlichen Abnahme der Standsicherheit gesucht werden. Unter den verschiedenen Möglichkeiten einer solchen Verringerung der Standsicherheit sind Auswirkungen der örtlichen Seismizität über sehr
lange Zeiträume zu berücksichtigen. Eine Rutschung kann, aber muß nicht unmittelbar im Zusammenhang mit einem Erdbeben erfolgen. Es können derartige
Massenbewegungen unter Dauerbeanspruchung der Seismizität nach langen
Zeiträumen stabilen Verhaltens eintreten.
Die A r b e i t e n im g e o l o g i s c h e n Labor beschränkten sich auf mikrogeologische Einflüsse auf das Mineralgef üge von Gesteinen, welche mittels der
Elektronenstrahl-Oszilloskopie durchgeführt wurden.
Die B e a r b e i t u n g g e o l o g i s c h e r T h e m e n und U n t e r l a g e n betraf im wesentlichen Nachweise des Paläokarstes in Oberösterreich und Salzburg, sowie tektonische Strukturuntersuchungen der Molasse und der Flyschzone zwischen der Donau und dem mittleren Ennstal auf Grund von geomorphologischen Analysen.
Dr. Heinrich H ä u s l e r
TECHNISCHES BÜRO FÜR ANGEWANDTE GEOLOGIE
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Die Projektsarbeiten wurden im Berichtsjahr 1979 in Linz und Wien durch
einen Akademiker und einen technischen Mitarbeiter betreut. Für umfangreiche Projekte waren die Mitarbeit auswärtiger Fachkräfte und die entsprechenden Räumlichkeiten vorgesehen.
Auf dem Gebiet der G e o t e c h n i k lag das Schwergewicht der Bearbeitung
auf der Erfassung des Naturraumes mittels der geologischen Systemanalyse und
dem daraus abzuleitenden Prognosemodell. Mit Hilfe der geologischen Systemanalyse und dem Prognosemodell sollen sich Grundlagen der GefahrenzonenKartierung und deren Beurteilung ergeben, wodurch vor allem geologische Gefahrenpotentiale erfaßt und unter Kontrolle gebracht werden sollen. Das geologische Gefahrenpotential wird aber nicht nur durch die wirksamen geologischen
Elemente eines Gebietes allein bedingt, sondern auch durch das Wirken des
Menschen. Das Wirken des Menschen kann das natürlich gegebene Gefahren-
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