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2.Weltkrieg
Polzinger Bernhard
2. Weltkrieg
Zweiter Weltkrieg: globale kriegerische Auseinandersetzung (1939-1945), die ein Schlüsselereignis in der Geschichte des
20.Jahrhunderts darstellt. Verursacher war das nationalsozialistische Deutschland, das mit dem Überfall auf Polen die
Kampfhandlungen am 1.September 1939 begann. Am Ende des Krieges stand die Teilung des deutschen Staates und eine neue
politische und wirtschaftliche Weltordnung mit zwei Supermächten.
Der größte Land-, Luft- und Seekrieg der Geschichte hatte katastrophale Folgen: Etwa 60 Millionen Menschen starben weltweit,
davon mindestens 20 bis 30 Millionen Zivilisten, die durch Luftangriffe, Deportation, Massenvernichtungslager und Übergriffe der
Streitkräfte umkamen. Etwa sechs Millionen Juden wurden Opfer des nationalsozialistischen Vernichtungskrieges. Rund
20 Millionen Menschen mussten fliehen, wurden vertrieben oder als Zwangsarbeiter verschleppt.
1.
Beginn des Krieges
Auf Befehl Adolf Hitlers überfiel am 1.September die deutsche Wehrmacht ohne Kriegserklärung Polen. Daraufhin erklärten
Frankreich und Großbritannien Deutschland am 3.September 1939 den Krieg. Australien, Indien und Neuseeland schlossen sich der
britischen Kriegserklärung am 6.September, die kanadische und südafrikanische Regierung am 19.September an. Die USA hielten
sich zunächst vom europäischen Kriegsschauplatz fern. Der amerikanische Präsident Roosevelt ließ jedoch keinen Zweifel darüber
aufkommen, dass er Großbritannien und Frankreich in ihrer Auseinandersetzung mit dem nationalsozialistischen Aggressor durch
Wirtschafts- und Militärhilfe unterstützen werde. Weit weniger eindeutig war das Verhältnis zwischen der Sowjetunion unter Stalin
und dem Deutschen Reich zu Beginn des Krieges. In einem Vertrag, den der deutsche Außenminister Joachim von Ribbentrop am
23.August 1939 in Moskau unterzeichnete, versicherten sich die beiden Partner, im Kriegsfall nicht die Kriegsgegner des anderen
Vertragspartners zu unterstützen. Der auf zehn Jahre abgeschlossene Hitler-Stalin-Pakt beinhaltete neben der Verpflichtung, sich
nicht an Bündniskonstellationen zu Lasten des anderen zu beteiligen, ein geheimes Zusatzprotokoll, in dem Polen und die baltischen
Staaten in russische und deutsche Einflusszonen aufgeteilt wurden.
Die außenpolitische Ausgangssituation im Jahr 1939 hatte sich entgegen Hitlers ursprünglichen Vorstellungen entwickelt. England,
Hitlers Wunschpartner, war nicht gewillt, den Expansionsdrang des Deutschen Reiches durch ein Bündnis abzusichern. Die
Frontstellung des britischen Empires gegen das Deutsche Reich vereitelte Hitlers Plan, durch eine globale Interessenaufteilung mit
Großbritannien „freie Hand im Osten“, d.h. die Möglichkeit zur Umsetzung seiner gegen die slawischen Länder gerichteten
Expansionspläne zu erlangen. Hitler schätzte die britische Appeasement-Politik grundsätzlich falsch ein. Zwar erkannten die Briten
Teile der deutschen Revisionsforderungen an, doch während Hitler England durch ein bilaterales Abkommen auf seine Seite ziehen
wollte, planten die Briten, das Deutsche Reich durch eine entgegenkommende Politik einzubinden, um damit den Frieden in Europa
zu sichern. Ziel Hitlers war es dagegen, das internationale System kollektiver Sicherheit zu beseitigen.
Mit Hilfe des deutsch-sowjetischen Bündnisses versuchte Hitler, seinen Handlungsspielraum im Osten wiederzuerlangen. Die
Sowjetunion betrachtete die Vereinbarung als Sicherheitsbündnis auf Zeit. Die „Vernunftehe“ zwischen Hitler und Stalin bedeutete
keine irreversible Festlegung auf ein neuartiges Bündnissystem. Beide Seiten trachteten danach, technologisch und wirtschaftlich
voneinander zu profitieren, um die jeweiligen Expansionspläne im geeigneten Moment vorantreiben zu können.
2.
Grundzüge der NS-Außenpolitik vor 1939
Zur Verschleierung seiner Zielsetzung bediente sich Hitler oft einer verharmlosenden, irreführenden Sprache, die das Ausland von
der Friedfertigkeit und dem berechtigten Anspruch auf die Revision bestehender Grenzen und Verträge überzeugen sollte. Trotz
aller Taktik und aller programmatischen und bündnispolitischen Verschiebungen seit der Machtergreifung (1933) lassen sich
Konstanten in Hitlers Weltbild feststellen. Leitmotiv der nationalsozialistischen Außenpolitik war der „Kampf um Lebensraum“. In
seinem Buch „Mein Kampf“ (die erste Auflage erschien 1924) entwickelte Hitler seine sozialdarwinistische Vorstellung von der
Unmöglichkeit der friedlichen Koexistenz der Völker. Alleine der Kampf bestimme das Überleben. Aus seiner Sicht konnte ein Volk
nur dann überleben, wenn es sich erstens von rassischen „Abszessen am Volkskörper“ befreie und zweitens Lebensraum und
Bevölkerungszahl in eine „gesunde“ Übereinstimmung bringe. Auf der weltanschaulichen Grundlage von Antisemitismus,
Antibolschewismus und Lebensraum-Ideologie machte Hitler in der Sowjetunion seinen Hauptfeind aus, gegen den rassische und
politische Herrschaft gewaltsam durchzusetzen sei. Den Volkskörper gefährdende Kräfte, wie Juden und politisch Andersdenkende,
gelte es auszumerzen. Hitlers Denkweise knüpfte in vielfältiger Weise an bereits im 19. Jahrhundert entstandene
sozialdarwinistische und rassistische Denkmuster an und bildete daraus einen pseudorationalen Gesellschaftsentwurf, der Innenund Außenpolitik als Ganzes begriff und beides unter die Prämisse des totalen Krieges stellte.
Seit seinem Machtantritt im Januar 1933 verfolgte Hitler das Ziel, das internationale System kollektiver Sicherheit zu durchbrechen.
Seine Bemühungen galten ebenso der Revision des Versailler Friedensvertrages wie der Aushebelung des Völkerbundes als
internationalem Machtfaktor. Hitlers Revisionismus fand in Deutschland zunächst uneingeschränkte Akzeptanz. Er konnte sich der
Zustimmung des Auswärtigen Amtes sicher sein, da die Aufhebung der Versailler Ordnung und die Neubelebung militärischer und
machtpolitischer Stärke auch zentrales Ziel der politischen Führungsschichten des Deutschen Reiches war. Den qualitativen
Unterschied der nationalsozialistischen Außenpolitik machte Hitler schon wenige Tage nach der Machtergreifung am 3.Februar
1933, die das Ende der Weimarer Republik markierte, vor den ranghöchsten Offizieren der Reichswehr deutlich, indem er die
Gewinnung von „neuem Lebensraum im Osten“ als Leitmotiv zukünftiger Außenpolitik definierte.
Fasst man die weltpolitische Entwicklung seit der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten zusammen, lassen sich drei
außenpolitische Faktoren erkennen, die die deutsche Revisionspolitik begünstigten: Erstens lenkte die ostasiatische Dauerkrise
zwischen Japan und China die Aufmerksamkeit der Weltmächte, insbesondere der USA und Großbritanniens, auf den Konfliktherd
fern von Europa, so dass sich der Aufstieg des Deutschen Reiches im Schatten der ostasiatischen Krise vollziehen konnte. Zweitens
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schuf der Interessenkonflikt um die Mittelmeerregion eine internationale Konstellation, in der Deutschland durch geschickte
Bündnispolitik die Spannungen zwischen den europäischen Großmächten auszunutzen vermochte. Drittens begünstigte der
sowjetisch-britische Konflikt, der sowohl in Ostasien als auch in der Mittelmeerregion das Verhältnis der beiden Mächte bestimmte,
die Expansionspolitik Hitlers.
Zunächst jedoch stand Hitler vor zwei Problemen: Erstens wollte er die außenpolitische Isolierung, in die sich das Deutsche Reich
durch seine neue antidemokratische Führung hineinzumanövrieren drohte, abwenden. Zweitens wollte Hitler die Gunst der Stunde
nutzen, um den – seit dem ungeahndet gebliebenen japanischen Überfall auf China (1931) bloßgestellten – Völkerbund weiter zu
schwächen.
Den ersten außenpolitischen Erfolg konnte Hitler durch das Konkordat mit dem Vatikan im Juli 1933 verbuchen, das ihn als
gleichberechtigten Vertragspartner auf der internationalen Bühne einführte und die Isolation erstmals durchbrach. Allerdings
verstärkte sich der außenpolitische Druck auf das Deutsche Reich im Oktober 1933 wieder, nachdem Hitler nicht nur die
internationale Abrüstungskonferenz unter Protest verlassen, sondern auch den Austritt Deutschlands aus dem Völkerbund erklärt
hatte. Seine Schaukelpolitik, einerseits Schwächung des Systems kollektiver Sicherheit, andererseits Schaffung eines neuen
Machtblockes nach nationalsozialistischen Prämissen, zeigt sich besonders deutlich beim deutsch-polnischen Pakt (26.Januar
1934). Hitler untergrub dadurch nicht nur das französisch-polnische Bündnissystem, sondern verschaffte sich gleichzeitig ein
Sprungbrett für seine gegen die Sowjetunion gerichtete Expansionspolitik. Die Wiedereinführung der allgemeinen Wehrpflicht (März
1935), die Kündigung der Locarnoverträge und der Einmarsch in die entmilitarisierte Zone des Rheinlandes (März 1936)
verdeutlichen, wie zielstrebig die deutsche Führung auf die Aufhebung der Versailler Ordnung hinarbeitete. Das Versagen des
Völkerbundes förderte die Hegemoniebestrebungen des nationalsozialistischen Deutschlands. Weder die USA noch die Sowjetunion
trugen das System transnationaler Sicherheit; Völkerrechtsverstöße, wie beispielsweise der italienische Angriff auf Abessinien 1935,
wurden durch den Völkerbund nicht oder in nicht ausreichendem Maße geahndet. Dieses Machtvakuum vermochte Hitler geschickt
zu seinen Gunsten zu nutzen. Der Völkerbund erwies sich als unfähig, die Aggressoren Deutschland, Italien und Japan wirkungsvoll
zu isolieren. Den Antikominternpakt zwischen Deutschland und Japan (November 1936) und die Bildung der Achse Berlin–Rom
(Oktober 1936) konnte die internationale Organisation nicht verhindern.
Mit der Jahreswende 1936/37 begann eine neue Phase nationalsozialistischer Außenpolitik. Galt es bisher, die Isolierung zu
überwinden, wurde nun die „Eroberung neuen Lebensraumes“ zum vordringlichen Ziel. Mit der Verkündung des Vierjahresplanes auf
dem Reichsparteitag der NSDAP im November 1936, der eine nochmalige Steigerung der Rüstungsproduktion und eine zukünftige
Unabhängigkeit des Reiches von Importen aus dem Ausland anstrebte, nahmen die Kriegsvorbereitungen konkrete Formen an.
Nach dem Anschluss Österreichs gab Hitler am 30.Mai 1938 den Befehl zur Zerschlagung der Tschechoslowakei. Die
Krisensituation wurde 1938 noch einmal durch das Münchner Abkommen entschärft, auf dem Hitler, Mussolini, Chamberlain und
Daladier die Abtretung der sudetendeutschen Gebiete an das Reich beschlossen. Doch die britische Appeasement-Politik, deren
Zweischneidigkeit sich besonders in den Münchner Vereinbarungen zeigte, scheiterte an Hitlers unbedingtem Willen zur
kriegerischen Revision der Grenzen. Er ließ sich nicht in ein System von Verträgen einbinden, die seinem Ziel der
Lebensraumerweiterung im Osten zuwiderliefen. Bereits am 14./15.März 1939 erklärte Hitler das „Restgebiet“ der Tschechoslowakei
zum „Protektorat Böhmen und Mähren“.
3.
Polen unter nationalsozialistischer Herrschaft
Schon mehrere Monate vor dem Überfall auf Polen, am 23.Mai 1939, erklärte Hitler vor den Führern der Wehrmacht: „Danzig ist
nicht das Objekt, um das es geht. Es handelt sich für uns um die Erweiterung des Lebensraumes im Osten und Sicherstellung der
Ernährung, sowie die Lösung des Baltikum-Problems. Lebensmittelversorgung ist nur dort möglich, wo geringe Besiedlung herrscht.“
Polen sollte zum Modellfall für zukünftige Expansionen werden. Deshalb stilisierte die Propaganda den raschen Sieg der
überlegenen deutschen Wehrmacht (7.Oktober 1939) zum Beweis der Unbezwingbarkeit des Dritten Reiches hoch. Dass der Sieg
so glatt und reibungslos und ohne größere Verluste für die deutsche Seite durchgeführt werden konnte, lag weniger am militärischen
Konzept des Blitzkrieges als an der abwartenden Haltung der europäischen Großmächte. Weder England noch Frankreich leisteten
Polen die so dringend benötigte militärische Unterstützung. Während Deutschland keine Rücksicht auf die Rechte Dritter nahm,
fühlten sich die Westmächte an völkerrechtliche Verträge gebunden. Weder Belgien noch die Niederlande wollten ihre Neutralität
zugunsten britischer und französischer Aufmarschpläne opfern, so dass der alliierte Aufmarsch gegen Westdeutschland erheblich
behindert wurde. Zusätzlich begünstigte der deutsch-russische Nichtangriffspakt die Expansionspolitik Hitlers: Durch den Einmarsch
der Roten Armee (17.September 1939) wurde die Niederlage Polens endgültig besiegelt.
3.1. Polen während der Besatzungszeit
Die deutsche Okkupationspolitik in Polen durchlief verschiedene Phasen.
Die erste Phase, die vom Einmarsch bis zur Errichtung des Generalgouvernements Mitte Oktober 1939 andauerte, war sowohl durch
den Dualismus von Volkstums- und Ausbeutungspolitik als auch durch einen Interessenkonflikt zwischen der zu diesem Zeitpunkt
noch an völkerrechtlichen Bestimmungen orientierten Wehrmacht und dem terroristischen Wirken von Einsatzgruppen der
Schutzstaffeln (SS) und des Sicherheitsdienstes (SD) bestimmt. Unkoordiniertem Terror, zahlreichen Exekutionen und gewalttätigen
Exzessen stand ein gewisses Maß an militärischer Ordnung gegenüber. Während der Leiter des Sicherheitsdienstes Heydrich
zynisch festlegte: „Flurbereinigung: Judentum, Intelligenz, Geistlichkeit, Adel“, handelte das Militär zunächst nach den Grundsätzen
der Haager Landkriegsordnung.
Die zweite Phase, die etwa von Oktober bis zum Frühjahr 1940 reichte, hatte für die polnische Bevölkerung, insbesondere für die
polnisch-jüdische Bevölkerungsgruppe, gravierende Folgen. Das Berliner Reichssicherheitshauptamt führte umfangreiche
Deportationen, „Umsiedelungen“ und Vernichtungsaktionen durch. Die an das Reich angegliederten Ostgebiete sollten „judenfrei“
gemacht werden. Die Ghettoisierung der Juden im Generalgouvernement Polen unter seinem Leiter Hans Frank wurde umfassend
und mit großer Radikalität vorangetrieben (siehe Warschauer Ghetto; Warschauer Ghettoaufstand).
In der dritten Phase, die im Frühsommer 1940 einsetzte, konsolidierten sich die Verwaltungsstrukturen. Die SS-Einsatzgruppen
wurden lokalen Gewalten unterstellt, wodurch ein gewisses Maß an Ordnung wieder hergestellt werden konnte. „Ordnung“
bedeutete allerdings nicht eine Befriedung des Landes. Die deutschen Besatzer sahen in den vormals polnischen Ostgebieten in
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erster Linie ein schier unerschöpfliches Reservoir an Menschen und Rohstoffen, das für die nationalsozialistischen Ziele der
Wiederaufrüstung und damit für den Lebensraumkrieg genutzt werden sollte.
Mit den im Frühsommer 1940 immer konkreter werdenden Überlegungen für einen Feldzug gegen die Sowjetunion trat die
nationalsozialistische Polenpolitik in eine vierte Phase. Das Generalgouvernement gewann zunehmend als Aufmarschgebiet an
Bedeutung. Transport- und Liefersysteme wurden ausgebaut, die Rüstungsproduktion intensiviert.
Nach der Niederlage von Stalingrad und der Ausweitung des Luftkrieges über Deutschland veränderte sich 1943 die strategische
Bedeutung Polens ein letztes Mal. Die durch die Rote Armee zurückgedrängte Wehrmacht griff rücksichtslos auf die Ressourcen der
besetzten Länder zurück. Der Partisanenkrieg gegen die deutschen Besatzer erreichte einen ersten Höhepunkt, und die durch die
alliierten Angriffe bedrohte deutsche Industrie wurden zunehmend in den Osten verlagert, um dort Schutz vor den Luftangriffen der
Westmächte zu finden. Doch obwohl Polen damit einen grundsätzlichen strategischen Bedeutungswandel erfuhr und der
Administrator des Generalgouvernements Hans Frank Hitler eindringlich zu einer zeitlichen befristeten, aus „herrschaftstechnischen“
Gründen notwendig erscheinenden Aussetzung der Ausbeutungspraxis aufforderte, ließ der „Führer“ einen Kurswechsel nicht zu.
4.
Außenpolitische Konstellation im Jahr 1939/40
Nach dem Sieg über Polen wäre eine Strategie der Sicherung des erreichten Status quo den Westmächten und ihren
Aufrüstungsplänen entgegengekommen. Dem Deutschen Reich drohte der Verlust der erkämpften außenpolitischen
Handlungsinitiative und des rüstungswirtschaftlichen Vorsprungs, zumal England keinerlei Anstalten machte, auf die
fadenscheinigen Friedensangebote Hitlers einzugehen. Hitler lief die Zeit davon. Italien war nicht, wie geplant, aktiv an der
deutschen Seite in den Krieg eingetreten, und die stetige Annäherung zwischen den neutralen Benelux-Staaten und den
Westmächten bedrohte Hitlers kontinentale Hegemonie.
Auf einer Lagebesprechung mit den Oberkommandierenden der Wehrmacht erläuterte Hitler am 27.September seine Pläne. Er wolle
nicht abwarten, „bis der Gegner kommt“, sondern – wenn eine friedliche Regelung nicht möglich sei – einen „Schlag nach Westen“
führen. Frankreich solle zerschlagen und England in die Knie gezwungen werden.
Um die außenpolitische Dynamik, die durch den Polenfeldzug entstanden war, auszunutzen und um die kriegswirtschaftlich
notwendigen Erzlieferungen aus Schweden abzusichern, begann im Frühjahr 1940 mit der Besetzung Dänemarks (9.April 1940) die
„Operation Weserübung“. Die deutsche Wehrmacht eroberte neben Dänemark auch Norwegen, so dass sowohl die nordeuropäische
Flanke gesichert als auch die eigene Position gegen die Sowjetunion gestärkt wurde. Dies schien aus nationalsozialistischer Sicht
nötig, da Russland Ende November 1939 Finnland überfallen und damit seine Einflusszone im Norden Europas weiter ausgebaut
hatte. Doch der Preis für den Sieg war hoch. In den Seeschlachten mit Großbritannien, das Norwegen militärisch unterstützt hatte,
verlor das Reich einen großen Anteil seiner Marinestreitkräfte. Zwar musste auch England Verluste hinnehmen, doch wogen diese
aufgrund der größeren britischen Reserven weitaus weniger schwer als bei den qualitativ und quantitativ unterlegenen deutschen
Streitkräften.
Der „Schlag nach Westen“, von dem Hitler schon während des Polenfeldzuges gesprochen hatte, begann am 10.Mai 1940. Gegen
den Willen der militärischen Führung setzte Hitler den waghalsigen Plan durch, Frankreich anzugreifen. Der strategische
„Sichelschnitt“, der die Flanken der französischen Streitkräfte aufreiben sollte, war ein militärischer Schachzug. Der
Überraschungseffekt und das Tempo der völkerrechtswidrigen Vorstöße durch Belgien und Holland lähmten die Verteidiger, so dass
die Wehrmacht in weniger als fünf Wochen Paris einnehmen konnte. Nur sechs Wochen nach Kriegsbeginn war Frankreich besiegt,
aufgeteilt in einen besetzten und einen unbesetzten Teil, dem so genannten Freien Frankreich, und zu einem
Waffenstillstandsabkommen in Compiègne gezwungen (22.Juni 1940).
Gab es bis zu diesem Zeitpunkt auch innerhalb der deutschen Bevölkerung Vorbehalte gegen den Krieg, so bedeutete der Sieg
gegen den „französischen Erbfeind“ einen enormen Popularitätsschub für das nationalsozialistische Regime.
5.
Kriegssituation nach der Niederlage Frankreichs
Aus der Sicht der militärischen Führung boten sich im Sommer 1940 für das Deutsche Reich mehrere militärische Optionen an.
England war nach der Niederlage Frankreichs isoliert, während sich die deutsche Einflusszone erheblich vergrößert hatte. Sie
reichte nun von Nordnorwegen bis zur Biskaya. Ein Großteil Europas stand unter nationalsozialistischer Herrschaft bzw. war, wie
Italien oder Spanien, mit dem Reich verbündet. Eine Seeblockade gegen England schien möglich, da das Deutsche Reich über
genügend Luft- und Seestützpunkte verfügte, um England direkt anzugreifen.
Andererseits gab es Überlegungen, die britische Vorherrschaft im Mittelmeerraum durch gezielte Militäraktionen zu brechen.
Gemeinsam mit dem Bündnispartner Italien konnte das Deutsche Reich die Engländer an der Peripherie ihres Einflussbereichs
angreifen, um so das Zentrum London indirekt zu schwächen. Der Dreimächtepakt, den Italien, Japan und Deutschland am
27.September 1940 unterzeichneten und dem bis 1942 noch weitere Länder, darunter Ungarn, Rumänien, die Slowakei und
Nanking-China, beitraten, kann als der Versuch einer Neuordnung der ostasiatisch-europäischen Einflusszonen gewertet werden,
der systematisch die Vorherrschaft des britischen Empires zu untergraben versuchte.
Solange England nicht zu einem Friedensschluss mit Deutschland bereit war, währte das Bündnis auf Zeit zwischen der
kommunistischen Sowjetunion und dem nationalsozialistischen Deutschland. Doch Hitler hatte sein Ziel der
„Lebensraumerweiterung“ im Osten nicht aufgegeben. Im Gegenteil, nach den Aufzeichnungen des Chefs des Generalstabes Franz
Halder (1884-1972) hatte Hitler im Juli 1940 bereits gegenüber einem führenden Mitarbeiter des Auswärtigen Amtes seine
zukünftige Marschrichtung festgelegt: „Augen stark auf den Osten gerichtet. England wird voraussichtlich noch einer Demonstration
unserer militärischen Gewalt bedürfen, ehe es nachgibt und uns den Rücken frei lässt für den Osten“.
Die „Demonstration der Stärke“ folgte Mitte August 1940 mit den ersten Bombardements englischer Städte durch die deutsche
Luftwaffe. Doch die eher halbherzige Kriegsführung des Generalstabes deutet darauf hin, dass der Krieg gegen England nicht mit
dem gleichen Vernichtungswillen betrieben wurde wie der gegen Polen und Frankreich. Hitler hoffte nach wie vor auf ein Einlenken
Großbritanniens, um zum entscheidenden Stoß gegen die Sowjetunion ausholen zu können. Der Kampf mit „verkehrten
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Frontstellungen“ beschnitt den Handlungsspielraum deutscher Expansionsbestrebungen im Osten erheblich. Der deutsche Luftkrieg
gegen England endete ergebnislos, nachdem es nicht gelungen war, die notwendigen Bedingungen für die „Operation Seelöwe“, die
Invasion der Britischen Inseln, zu schaffen.
6.
Krieg auf dem Balkan und in Nordafrika
Während in Hitlers Führerquartier das Geflecht an Überlegungen für den „Lebensraumkrieg“ gegen die Sowjetunion immer
engmaschiger wurde, zwang der unerwartete Feldzug Italiens gegen Griechenland zu einer Verschiebung der bereits angelaufenen
Planungen. Der italienische Diktator Mussolini, der sich durch die deutsche Rumänienpolitik hintergangen fühlte, versuchte durch
einen Sieg über Griechenland Macht und militärstrategischen Einfluss zu gewinnen. England nutzte die Chance, sich auf die
griechische Seite zu stellen, um erstens den italienischen Angriff abzuwehren und zweitens der „Achse Berlin–Rom“ eine Niederlage
beizubringen, die ihren Einfluss in der Mittelmeerregion dämmen würde. Um nicht eine alliierte Balkanfront unter britischer Führung
entstehen zu lassen, unterstützte Hitler Mussolini. Der Balkan und insbesondere Rumänien bildeten das Rückgrat einer
südosteuropäischen Frontlinie in dem geplanten Russlandfeldzug. Zusätzlich bedeuteten die rumänischen Ölquellen einen
kriegswichtigen Energieträger, den es vor britischen Bombardements zu schützen galt.
Drei eng miteinander verknüpfte Ziele verfolgte Hitler also mit dem Balkankrieg: Erstens die militärische Stabilisierung des
italienischen Bündnispartners, zweitens die Flankensicherung für den Krieg gegen Russland und drittens die Sicherung der
rumänischen Ölquellen. Unter großem militärischem Aufwand konnten alle drei Ziele verwirklicht werden. Der Sieg über
Griechenland und Jugoslawien beendete zwar die Militärpräsenz Großbritanniens in der Balkanregion, doch die Bündelung
deutscher Kräfte an unterschiedlichen Frontverläufen, der Verschleiß großer Mengen Kriegsmaterials und die dadurch
mitverursachte häufige Terminverschiebung des Russlandfeldzuges waren der Preis für die deutsche Hegemonie auf dem Balkan.
Der Kampf Italiens gegen britische Stellungen in Nordafrika mit dem Ziel der Wiedererrichtung eines „Römischen Mittelmeerreiches“
drohte Ende 1940 zu scheitern. An eine Offensive, wie es die Deutschen von ihren südlichen Partnern forderten, war nicht zu
denken. Mussolini musste am 20.Dezember 1940 angesichts der katastrophalen militärischen Entwicklung Hitler um Hilfe ersuchen.
Die Illusion vom italienischen „Parallelkrieg“ war damit zerstört. Italien war vom Deutschen Reich abhängig und musste sich in seiner
Kriegsführung an dessen Strategie anpassen. Ende Dezember 1940 begann die Wehrmacht mit der Verlegung von Kräften nach
Nordafrika, wo sie bis zum Sommer 1941 zunächst größere Geländegewinne erzielten. Das „Deutsche Afrikakorps“, das unter dem
Oberbefehl von Erwin Rommel stand, kämpfte aufseiten italienischer Truppen zunächst um die Rückeroberung der Cyrenaika, die im
Dezember 1940 an die Briten verloren gegangen war. Nacheinander konnten die Achsenmächte, die ja parallel dazu auch auf dem
Balkan gegen England kämpften, von den Briten besetztes Gebiet zurückerobern. Allerdings lag der Grund für die Erfolge des durch
die nationalsozialistische Propaganda zum „Wüstenfuchs“ stilisierten General Rommel darin, dass die Briten fast 60.000 Soldaten
ihrer Afrikaarmee zur Verteidigung Griechenlands aus Nordafrika abziehen mussten. Langfristigere Ziele konnte das
nationalsozialistische Deutschland in Nordafrika nicht verfolgen, da am 22.Juni 1941 der Krieg gegen die Sowjetunion begann, der
alle zur Verfügung stehenden Kräfte in Anspruch nehmen sollte.
7.
Der Beginn des Krieges gegen die Sowjetunion
Hitler hatte es trotz aller Erfolge nicht vermocht, ein grundsätzliches strategisches Problem zu lösen. Nach wie vor machte
Großbritannien keinerlei Anstalten, sich dem deutschen Druck zu beugen. Die von Churchill geführte Allparteienregierung
widerstand jeglichen deutschen Annäherungsversuchen. Um sein immer wieder in Varianten durchdachtes Ziel eines
„Lebensraumkampfes im Osten“ zu verwirklichen, musste Hitler sich nun auf ein militärstrategisches Vabanquespiel einlassen: ein
Zweifrontenkrieg gegen England und Russland. Die deutsche Führung hielt einen Blitzkrieg gegen den „bolschewistischen Feind“ für
möglich.
7.1.
Konzeption des Vernichtungskrieges
Am 18.Dezember 1940 erging in der „Weisung Nr.21“ Hitlers Befehl, die Vorbereitung für das „Unternehmen Barbarossa“ zu treffen.
„Die deutsche Wehrmacht muss darauf vorbereitet sein, auch vor Beendigung des Krieges mit England Sowjetrussland in einem
schnellen Sieg niederzuwerfen.“
Der Kampf gegen Russland war von Beginn an als rassistischer Vernichtungskrieg geplant. Er unterschied sich damit grundsätzlich
von den bisherigen Feldzügen gegen die Westmächte. Vernichtung und Ausrottung galten als Leitmotive expansionistischer
Kriegführung im „Unternehmen Barbarossa“. Hitler erklärte in einem Gespräch mit dem Chef des Wehrmachtsführungsstabes Alfred
Jodl: „Dieser kommende Feldzug ist mehr als nur ein Kampf der Waffen; er führt zur Auseinandersetzung zweier
Weltanschauungen“, und er sei mit unerbittlicher Härte zu führen.
Am Beispiel der Rolle der Wehrmacht wird deutlich, welche qualitative Radikalisierung die nationalsozialistische Politik vollzogen
hatte. Gab es innerhalb der Wehrmachtsführung im Polenfeldzug Bedenken gegen rassistische und völkerrechtswidrige Exzesse, so
ebneten sich die zum Teil bestehenden weltanschaulichen Differenzen zwischen NS- und Wehrmachtsführung im Lauf des Krieges
zunehmend ein. Die Meinungsverschiedenheiten nahmen ab, und die Wehrmacht entwickelte sich zum willigen Vollstrecker des
nationalsozialistischen Vernichtungskrieges.
Zwei Beispiele sollen dies verdeutlichen: In Hitlers Erlass über „Die Ausübung der Kriegsgerichtsbarkeit im Gebiet ,Barbarossa‘ und
besondere Maßnahmen der Truppe“ vom 13.Mai 1941 wurden schon Wochen vor Kriegsbeginn die Weichen für die
Eroberungspolitik in Russland gestellt. „Freischärler“, also Partisanen, seien schon im Kampf oder auf der Flucht „schonungslos“ zu
liquidieren, lautete der Befehl. Dies gelte ebenso für solche Zivilisten, die sich den Anordnungen deutscher Soldaten zu widersetzen
versuchten. Straffreiheit dagegen war all denjenigen in Aussicht gestellt, die sich an den „Säuberungsaktionen“ beteiligt und dadurch
gegen militärrechtliche Bestimmungen verstoßen hatten. Unter Androhung von Strafe wurde den Wehrmachtsangehörigen befohlen,
verdächtigte Täter nicht zu verwahren, sondern sie gleich zu exekutieren. Und diejenigen Handlungen sollten unter Strafe gestellt
werden, die die Moral der Truppe hätten gefährden können. Dazu zählte beispielsweise „geschlechtliche Hemmungslosigkeit“
ebenso wie der Raub oder die Verschwendung von Vorräten und Beutegut.
Keineswegs stießen die Anordnungen des „Führers“ auf Protest der Wehrmacht. Zwar verstießen sie gegen die elementaren
Grundregeln des Völkerrechtes, doch machte sich die Wehrmachtsführung den Kriegsgerichtsbarkeitserlass zu Eigen und lieferte
zugleich noch eine ideologische Begründung. „Bei der Beurteilung solcher Taten ist in jeder Verfahrenslage zu berücksichtigen“, so
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der Generalfeldmarschall Wilhelm Keitel, „dass der Zusammenbruch im Jahre 1918, die spätere Leidenszeit des deutschen Volkes
und der Kampf gegen den Nationalsozialismus mit den zahlreichen Blutopfern der Bewegung entscheidend auf bolschewistischen
Einfluss zurückzuführen war und dass kein Deutscher dies vergessen hat“. Die Anordnung Hitlers öffnete den Verbrechen der
Wehrmacht an der Zivilbevölkerung Tür und Tor. Jede Frau und jeder Mann konnte nun Opfer der nationalsozialistischen Willkür
werden. Wer zum „Partisanen“ erklärt und exekutiert wurde, hing allein vom Ermessen der lokalen militärischen Entscheidungsträger
ab. Freilich gab es auch Teile der Wehrmacht, die sich dem widersetzten, Befehle nicht weitergaben und Kriegsgefangene
menschlich zu behandeln suchten. Doch war diese Gruppe, gemessen an den Befürwortern des „Unternehmens Barbarossa“,
verschwindend gering.
Waren im „Kriegsgerichtsbarkeitserlass“ die Feindgruppen noch nicht genau definiert, so präzisierten die „Richtlinien für die
Behandlung politischer Kommissare“ vom 6.Juni 1941 die Aufgaben der Wehrmacht. „Im Kampf gegen den Bolschewismus ist mit
einem Verhalten nach den Grundsätzen der Menschlichkeit oder des Völkerrechtes nicht zu rechnen. Die Urheber barbarisch
asiatischer Kampfmethoden sind die politischen Kommissare. Gegen diese muss daher sofort und ohne weiteres mit aller Schärfe
vorgegangen werden.“ Der „Kommissarbefehl“ zeigt deutlich, wie weit sich die deutsche Kriegspolitik von den Grundlagen des
Völkerrechtes entfernt hatte. Die politische Führung Russlands sollte ausgeschaltet, entmachtet und bei dem geringsten Zeichen von
Widerstand oder Widerspruch exekutiert werden.
7.2.
Gründe für den Russlandfeldzug
Um behaupten zu können – wie in jüngster Zeit des öfteren geschehen –, Hitler wäre mit dem „Unternehmen Barbarossa“ einem
drohenden Überfall Stalins zuvorgekommen und hätte einen Präventivkrieg geführt, muss man zunächst folgende Fragen – mit
Berücksichtigung der gegenseitigen Wahrnehmung der politischen Gegner – beantworten können: Unter welchen Voraussetzungen
wurde der Krieg von nationalsozialistischer Seite geplant? Galt ein Angriff Russlands als wahrscheinlich? Wie wurde die Schlagkraft
des kommunistischen Gegners bewertet?
Sicher ist, dass Hitler und die Wehrmacht 1941 nicht mit einem militärischen Schlag der Sowjetunion rechneten. Man ging davon
aus, dass die russische Armee, die sich in einer Phase der Reorganisation und Modernisierung befand, noch nicht kriegsbereit sei.
Mit einer ernst zu nehmenden Bedrohung rechnete man frühestens ein halbes Jahr später. Zwar gab es Meldungen über russische
Truppenbewegungen, doch gaben diese keinesfalls Grund zur Unruhe. Nach ihrer Einschätzung der Lage und ihrem Wissensstand
konnten sich Hitler und die Wehrmacht also nicht auf eine präventive Funktion des Russlandfeldzuges berufen. Unter diesen
Umständen ist es auch nicht mehr relevant, ob Stalin tatsächlich über ausgearbeitete Kriegspläne gegen das Deutsche Reich
verfügte, oder nicht.
Die Motive, warum sich Hitler ausgerechnet im Juni 1941 zu einem Angriff auf Russland entschloss, müssen also an anderer Stelle
gesucht werden. Sowohl ideologische als auch strategische Beweggründe können angeführt werden, nicht aber ein Präventivkrieg.
An erster Stelle stand Hitlers Ziel der Eroberung von „Lebensraum im Osten“. Die Zeit zwang ihn zum Handeln, weil die Aufgabe der
amerikanischen Neutralität abzusehen war. Und ein Kriegseintritt der USA an der Seite der Westmächte England und Frankreich
stellte eine ernst zu nehmende Bedrohung der Expansionspläne dar. Zur Verhinderung dieses Bündnisses standen der deutschen
Außenpolitik zwei Möglichkeiten zur Verfügung: entweder die Aufgabe des ideologischen Zieles der Eroberung von „Lebensraum im
Osten“ oder Krieg gegen die Sowjetunion, der die Möglichkeit eröffnete, mit den eroberten Ressourcen die USA zu bekämpfen. Da
die Vorbereitung auf den „Lebensraumkampf im Osten“ das Kernelement der nationalsozialistischen Politik war, gab Hitler dem
Vernichtungskrieg den Vorzug.
7.3.
Der Beginn des Krieges gegen Russland
Die anfänglichen Erfolge der Wehrmacht schienen den Planungen der Militärs Recht zu geben. Der Russlandfeldzug, als Blitzkrieg
geplant, sollte nicht länger als drei bis vier Monate andauern. Auf den Erfahrungen des Frankreichfeldzuges aufbauend, ging man
von der eigenen Überlegenheit und der Durchschlagskraft deutscher Waffen aus. Um die Angriffsgeschwindigkeit erhöhen zu
können, verzichtete man beispielsweise auf die Winterausrüstung der Soldaten. Noch 14 Tage werde der Krieg andauern, so
prophezeite der Generalstabschef Franz Halder am 3.Juli 1941 euphorisch. Den raschen Sieg vor Augen, verfügte Hitler am 14.Juli
1941 eine grundlegende Umorientierung der Rüstungsindustrie. Der Schwerpunkt wurde verlagert von der Produktion für das Heer
zugunsten der See- und Luftstreitkräfte, die sich für den Krieg gegen die USA und England rüsten sollten.
Die Hochstimmung der ersten erfolgreichen Wochen schlug im Spätherbst 1941 in Ernüchterung um. In drei Heeresgruppen waren
die deutschen Truppen bis zum September 1941 u.a. bis nach Leningrad vorgerückt. Grund für die anfänglichen Erfolge waren vor
allem strategische Vorteile: Das nationalsozialistische Deutschland, das Russland ohne Kriegserklärung überfallen hatte, verfügte
über rund drei Millionen Soldaten, insgesamt 153 Divisionen, eine hohe Zahl motorisierter und gepanzerter Einheiten, die den Angriff
durch hohe Geschwindigkeit und Intensität vorantreiben konnten. Die Dynamik des Überfalls war ein entscheidender Vorteil für
Deutschland und vernichtete bereits am ersten Tag des Krieges mehr als 2.000 sowjetische Flugzeuge am Boden. Von
entscheidendem Nachteil für die russischen Streitkräfte war nicht nur ihre zahlenmäßige Unterlegenheit zu Beginn des Krieges,
sondern vor allem auch ihr organisatorisches Defizit und die mangelnde Ausbildung der durch die stalinistischen Säuberungen
dezimierten Offizierskorps. Dagegen verfügte die Sowjetunion über eine große Reserve an Soldaten und Material, die vor allem in
einem länger dauernden Krieg wirkungsvoll eingesetzt werden konnte. Die Wehrmacht musste trotz großer Geländegewinne schon
früh enorme Verluste hinnehmen. Bis August 1941 waren bereits annähernd 410.000 Verwundete, Gefallene und Vermisste zu
beklagen. In der deutschen Führung waren unterdessen Konflikte um die den größten Erfolg versprechende militärische Strategie
ausgebrochen. Während Halder einen bedingungslosen Durchbruch nach Moskau forderte, bevorzugte Hitler eine vorsichtigere
Strategie, die die Schwächung der mittleren Heeresgruppe zugunsten der nördlichen und südlichen vorsah, um dadurch die
Eroberung des Donezbeckens und die Verbindung mit Finnland zu gewährleisten. Immer deutlicher zeigte sich das Scheitern der
Blitzkriegsstrategie. Zwar konnte Leningrad eingekesselt werden, die Stadt wehrte sich jedoch in einem zähen Kampf erfolgreich
gegen die deutschen Belagerer. 30 Kilometer vor Moskau kam der Vormarsch der deutschen Truppen zum Erliegen. Chaotische
Planungen, divergierende strategische Konzepte und mangelnde Vorbereitung machten sich nun bemerkbar. Mit dem
Wintereinbruch kam die deutsche Front zum Stillstand.
Nach dem Prinzip „alles oder nichts“ glaubte Hitler, nach dem Scheitern seines Gesamtkriegsplanes vom Herbst 1940, nun die
Entscheidung herbeiführen zu müssen.
Seite 5
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7.4.
2.Weltkrieg
Polzinger Bernhard
Stalingrad
Seit dem gescheiterten Angriff auf Moskau („Operation Taifun“) war die Rote Armee zur Gegenoffensive übergegangen. Die
Wehrmacht drohte aufgerieben zu werden. Durch einen militärischen Kraftakt gelang es Hitler noch einmal die Ostfront im Januar
1942 zu stabilisieren. Sein „Haltebefehl“ und der Aufruf zum „fanatischen Widerstand“ zeigten Wirkung. Die militärische Führung, die
er für die Rückschläge im Winter 1941 verantwortlich machte, wurde abgesetzt. Hitler übernahm nun selbst das Kommando über die
Wehrmacht. Die Offensive im Sommer 1942, die unter Einsatz aller verfügbarer Ressourcen vorangetrieben wurde, führte die
deutschen Streitkräfte bis tief in das sowjetische Hinterland. Ziel war die Eroberung der Erdölfelder im Kaukasus und die Einnahme
von Stalingrad, einem der wichtigsten Verkehrs- und Rüstungszentren. Der 6. Armee unter General Friedrich Paulus gelang es
Anfang September 1942 in die Vororte Stalingrads einzudringen und bis Mitte des Monats den größten Teil der Stadt zu erobern.
Doch die schon geschlagen geglaubte Rote Armee leistete Widerstand. Kurz nach der deutschen Einnahme Stalingrads bündelte
die Rote Armee ihre überlegenen Kräfte westlich Stalingrads, um die deutschen Truppen in der Stadt einzukesseln. Nachdem Hitler
einen Ausbruchsversuch untersagt und eine Übergabe der Stadt abgelehnt hatte, ging die Rote Armee am 25.Januar 1943 dazu
über, die Stadt zurückzuerobern. Am 31.Januar 1943 musste die durch Hunger, Kälte und Munitionsmangel erschöpfte 6. Armee
kapitulieren. Der Mythos der „ruhmreichen“ 6.Armee, die bis zum letzten Blutstropfen für das Wohl des Deutschen Reiches
gefochten habe, wurde schon unmittelbar nach dem Verlust von Stalingrad propagandistisch inszeniert. „Sie starben, damit
Deutschland leben kann“, titelte die nationalsozialistische Presse. Diese Formulierung versuchte den tief greifenden
Stimmungsumschwung der Bevölkerung nach der Niederlage zu überdecken.
7.5.
Die Praxis des Vernichtungskrieges
Schon im Februar/März 1941 hatte es zwischen Wehrmachts- und nationalsozialistischer Führung einen Konsens über die Art und
Weise der Kriegsführung im Osten gegeben. Die Wehrmacht machte sich Hitlers Forderung nach dem Kampf gegen die „jüdischbolschewistische Intelligenz“ zu Eigen, zumal die Richtlinien des Diktators genügend Spielraum für eigene Interpretationen ließen.
Darin lag eine wesentliche Ursache späterer Exzesse: Die ungenaue Zielgruppendefinition bot die Voraussetzung für die
Radikalisierung im Krieg, für einen „schubweisen Entkopplungsprozess“ (Ludolf Herbst), der den Vernichtungswillen begünstigte und
die immer weitere Ausdehnung der Gewaltaktionen förderte. Allein von den 3,35 Millionen russischen Kriegsgefangenen im Jahr
1941 kamen bis zum 1.Februar 1942 zwei Millionen ums Leben. Sie starben an Unterversorgung, Zwangsarbeit und den Strapazen
langer Märsche oder wurden exekutiert.
Drei Faktoren bildeten die Rahmenbedingungen für die Ermordung der russischen Kriegsgefangenen und der Ostjuden während des
„Weltanschauungskrieges“. Erstens der Vernichtungswille der nationalsozialistischen Führung und der Einsatzgruppen vor Ort, die
durch die besondere Brutalität ihres Vorgehens gegen die Zivilbevölkerung hervortraten. Zweitens die fast reibungslose
Zusammenarbeit zwischen Parteidienststellen und Wehrmachtseinheiten, die den Massenerschießungen der SS nicht nur
zuarbeiteten, sondern auch selbst aktiv Exekutionen vornahmen. Und drittens die Beteiligung von Kollaborateuren aus den
besetzten Ländern, die ein eigenes Interesse an der Bekämpfung von Juden und Kommunisten hatten.
Zusätzlich wurden die Handlungsmöglichkeiten der nationalsozialistischen Führung immer geringer: Nachdem Vertreibung und
Aussiedlung noch nicht den gewünschten Erfolg gebracht hatten oder aber an der praktischen Umsetzbarkeit gescheitert waren,
entwickelten sich auf der Grundlage bestehender Deportationspläne neue, radikalere Lösungsvorschläge, die die Politik des
Antisemitismus fortsetzten, und sie in Bahnen lenkten, in der die Vertreibungs- zu einer Vernichtungspraxis wurde.
Insgesamt lassen sich seit Kriegsbeginn drei Phasen der deutschen Judenpolitik während der Ostexpansion unterscheiden: Die
erste Phase, die in etwa vom Beginn des Überfalls auf Polen bis zum Juni 1940 dauerte, war durch die „Territorialisierung der
Judenfrage“ gekennzeichnet. Die Juden wurden zur Auswanderung in den Osten gezwungen, so dass bis zum Juni 1941 etwa
300 000 polnische Juden die deutsch besetzten Gebiete verlassen mussten. Deportationen und Ghettoisierung prägten ebenfalls
diese erste Phase. Die Region um Lublin wurde zu einem der großen Sammelbecken für die Vertriebenen. In einer zweiten Phase
erweiterten sich die nationalsozialistischen Umsiedlungs- und Deportationspläne. Bis zum Beginn des Russlandfeldzuges wurde die
„Lösung der Judenfrage“ von Überlegungen bestimmt, die eine Aussiedlung der Juden nach Madagaskar vorsah. Die jüdischen
Ghettos veränderten derweil ihr Gesicht. Hunger und die Ausschreitungen der Einsatzgruppen wurden zu täglichen Erfahrungen. Mit
dem Beginn des Russlandfeldzuges wurde schließlich in einer dritten Phase die Tötungsmaschinerie institutionalisiert.
8.
Die USA und der Kriegsschauplatz in Europa
Zum Zeitpunkt des deutschen Angriffs auf Polen hatten sich die USA zunächst für neutral erklärt. Nach isolationistischer Tradition
wollten sie sich aus dem Krieg heraushalten. Erst nach der Niederlage Polens gelang es Roosevelt, eine Änderung der
außenpolitischen Strategie durchzusetzen. Auf der Basis von „cash and carry“, d.h. Barzahlung und Transport auf
nichtamerikanischen Schiffen, erlaubten die Amerikaner ab November 1940 Waffenlieferungen. Faktisch konnten nur Seemächte
diese Möglichkeit nutzen. Als im Sommer 1940 die Bedrohung vom Atlantik und vom Pazifik gleichzeitig wuchs, beschlossen die
USA den Bau einer zweiten Ozeanflotte. In Umgehung der Legislative hatte Roosevelt mit diesen Maßnahmen den Schritt von der
Neutralität zur „Nicht-Kriegsführung“ zugunsten Englands getan.
Nach seiner Wiederwahl im November 1940 baute Roosevelt die USA systematisch zum „Arsenal der Demokratie“ aus. Ein Element
dieser Politik war der „Lend-Lease-Act“ (siehe Lend-Lease-System) vom März 1941. Dieses Leih- und Pachtgesetz erlaubte es der
amerikanischen Regierung, jedem Staat Waffen und Material zu „leihen“ oder zu überlassen. Im Laufe des Jahres errichteten die
USA einen Marinestützpunkt in Island und nahmen britische Schiffe in ihre Geleitzüge auf. Obwohl die deutschen U-Boote
Anweisung hatten, Zwischenfälle zu vermeiden, kam es zu Zusammenstößen. Im September gab Roosevelt den Befehl, die
Kriegsschiffe der Achsenmächte unter Beschuss zu nehmen. Damit waren die USA im Atlantik vom Status der „Nicht-Kriegsführung“
zum „unerklärten De-facto-Kriegszustand“ übergegangen.
Zur Koordination ihrer Kriegsziele in der Atlantikschlacht trafen sich England und die USA im August 1941 in der Bucht von Placentia
zur Atlantikkonferenz (siehe Atlantikcharta). Im Laufe des Jahres 1941 überwand Roosevelt die Bedenken der Isolationisten im
eigenen Land und bezog nach und nach die Sowjetunion in die materiellen Unterstützungskampagnen mit ein. Das Problem des
Übergangs vom Materiallieferanten zum aktiven Kriegsteilnehmer löste sich von selbst, als Hitler den USA am 11.Dezember 1941
den Krieg erklärte.
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2.Weltkrieg
Polzinger Bernhard
Anfang 1942 schlug das Kräfteverhältnis in der Atlantikschlacht noch einmal zugunsten der Deutschen um. Nach dem Kriegseintritt
der USA waren die amerikanischen Küsten deutschen U-Boot-Angriffen ausgesetzt. Der U-Boot-Krieg wurde jetzt von deutscher
Seite uneingeschränkt geführt. Gleichzeitig mit der Einführung eines neuen Codiersystems im Funkverkehr entschlüsselten die
Deutschen den Hauptcode der alliierten Geleitzüge im Atlantik. Im November 1942 erreichte die Schlacht im Atlantik ihren
Höhepunkt. Die Tonnageverluste der Alliierten erreichten Rekordhöhe. Allein in diesem Monat versenkten die deutschen U-Boote
105 Schiffe mit insgesamt 650 000 Bruttoregistertonnen. Seit Januar 1942 war die Zahl der deutschen U-Boote im Atlantik von 22
auf über 100 (Oktober) angestiegen. Im März 1943 wendete sich das Blatt zugunsten der Alliierten. Es gelang ihren Geleitzügen
immer häufiger, den deutschen U-Booten auszuweichen oder sich in Kämpfen erfolgreich zu wehren. Lücken im Luftraum konnten
die Alliierten schließen, und der Einsatz neuer Radarortungsgeräte und selbständiger U-Boot-Jagdgruppen führte bis Mai 1943 dazu,
dass die Alliierten den Atlantik kontrollierten. Trotz der sich abzeichnenden Niederlage, setzte die deutsche Seekriegsleitung den UBoot-Krieg fort, um die alliierten Kräfte weiterhin zu binden.
9.
Die USA, Japan und der Krieg im Pazifik
Seit 1931 betrieb Japan eine aggressive Außenpolitik mit dem propagierten Ziel, Asien von der kolonialen Ausbeutung zu befreien
und eine neue Ordnung zu errichten. Erste Zeichen dieser Politik waren die Errichtung des Kleinstaates Mandschuko (1932) und der
Austritt aus dem Völkerbund (1933). Drei Jahre später schloss sich Japan der Antikomintern an. Seit Juli 1937 rückten japanische
Armeen gegen China vor. Als der Vormarsch nach zwei Jahren stagnierte, hatte Japan fünf Provinzen im Norden Chinas erobert und
beherrschte die chinesische Küste. Es richtete daraufhin 1940 eine Marionettenregierung unter Wang Tsching-wei (1883-1944) in
Nanking ein und erpresste von England eine dreimonatige Sperrung der Burmastraße sowie von dem Vichy-Regime die Zustimmung
zur japanischen Besetzung des Nordens Indochinas. Damit waren die letzten überseeischen Versorgungswege für Waffen und
Munition nach China abgeschnitten.
Falls China und England von den Aggressoren besiegt worden wären, wären die USA an zwei Seiten von expansionistischen
Kräften bedroht gewesen. Dieses Szenario veranlasste die Amerikaner im September 1940 zur Aufgabe ihrer strikten
isolationistischen Haltung. Neben der Unterstützung Englands wurde die Eindämmung der japanischen Expansion durch
Wirtschaftsmaßnahmen vordringliches Ziel der amerikanischen Regierung. Die europäischen Westmächte, durch das Vorgehen
gegen China in ihren Wirtschafts- und Handelsinteressen und langfristig in ihren kolonialen Besitzungen bedroht, reagierten auf die
Expansionspolitik Japans nur mit verbalem Protest, da ihre militärischen Kräfte in Europa gebunden waren.
Durch die Offensive Deutschlands nach Westen im Mai 1940 änderte sich die Situation im Pazifik entscheidend: Die Kolonialmächte
Holland und Frankreich waren besiegt bzw. geschwächt, und die britischen Kräfte waren am europäischen Kriegsschauplatz
gebunden. Ein Vorstoß in die europäischen Kolonialgebiete in Südostasien schien Erfolg versprechend. Unter strategischen
Gesichtspunkten konnte ein Angriff auf südostasiatische Gebiete die Nachschubverbindungen Chiang Kai-sheks unterbrechen und
somit dem Krieg gegen China eine entscheidende Wendung geben. Um für eine solche Operation den Rücken frei zu haben,
schloss Japan am 13.April 1941 einen Neutralitätspakt mit der Sowjetunion.
Entgegen der deutschen Diplomatie, die Japan gerne dazu bewegt hätte, eine zweite Front gegen England zu eröffnen, richtete sich
der japanische Angriff in Südostasien am 2.Juli 1941 gegen Französisch-Indochina und Thailand. Auf die Aggression reagierten die
USA, England und Niederländisch-Indien mit dem Einfrieren der japanischen Guthaben. Die japanische Regierung stand nun vor der
Wahl, auf die Umsetzung der Hegemonialpläne zu verzichten oder mit den verbleibenden Vorräten zunächst Rohstoffquellen zu
erobern. Falls sich Japan für weitere Südoperationen gegen britische und niederländische Besetzungen entschied, musste es mit
Widerstand seitens der amerikanischen Flotte rechnen. Weitere Expansion bedeutete also gleichzeitig Krieg gegen die USA.
Das Klima zwischen den USA und Japan verschlechterte sich zunehmend, nicht zuletzt nachdem der auf Interessenausgleich
bedachte Ministerpräsident Fürst Fumimaro Konoe im Oktober seinen Posten an den ehemaligen Kriegsminister General Tojo
Hideki abtrat. Ein Ultimatum Tojos zum 25.November 1941 führte zu keiner Einigung. Die USA, die den japanischen DiplomatenCode entschlüsselt hatten, wussten, dass ein militärischer Angriff der Japaner unmittelbar bevorstand. Dennoch trafen Ort und Zeit
des ohne japanische Kriegserklärung erfolgten Angriffs auf Pearl Harbor die USA überraschend.
Mit dem Angriff auf Pearl Harbor am 7.Dezember 1941 entschied sich Japan für eine Fortsetzung der aggressiven Expansionspolitik.
Der Überfall schaltete die amerikanische Schlachtflotte im Pazifik mit einem Schlag aus und brachte Japan einen strategischen
Vorteil. Dieses Ereignis markierte den Beginn des weltweiten Krieges.
10. Der globale Konflikt: die japanische Offensive im Pazifik
Nach der Aggression gegen Südostasien war es das Ziel Japans, die Kontrolle über die Rohstoffe in der Region zu gewinnen. Der
Angriff auf Pearl Harbor sollte die potentielle Bedrohung durch die amerikanische Flotte beseitigen. Die Sowjetunion war durch das
Neutralitätsabkommen zunächst von militärischen Schritten in Asien abgehalten worden. Die Pläne der Japaner richteten sich
zunächst gegen die Philippinen und Malaya. Darauf sollte die Eroberung von Birma und Niederländisch-Indien folgen. Die Besetzung
von Teilen Neuguineas, des Bismarck-Archipels und der Marshall- und Gilbert-Inseln sollte Japan die Kontrolle über Öl, Kautschuk
und Zinn sichern. Gleichzeitig sollten die Eroberungen einen Verteidigungsgürtel um das japanische Kernland bilden.
1941/42 stieß die japanische Offensive in drei Richtungen vor: Der Hauptstoß nach Süden richtete sich gegen die Philippinen
(Januar) und Niederländisch-Indien (März). Java und die Sunda-Inseln wurden besetzt. Hier kapitulierten die holländischen
Verteidiger im März 1942. Nach der Eroberung Timors war auch Australien bedroht. Diese Front zielte vor allem auf wirtschaftliche
Autarkie.
Nach einem Bündnisschluss mit Thailand nahmen die Japaner auf dem asiatischen Kontinent die britischen Kolonialstützpunkte
Hongkong und Singapur ein. Durch die Eroberung Birmas wurde China im April 1942 endgültig vom alliierten Nachschub
abgeschnitten. Dieser Frontabschnitt bedrohte langfristig Indien.
Eine weitere japanische Offensive galt Ozeanien. Noch im Dezember 1941 eroberten die Japaner Guam und Wake, bis März 1942
den Bismarck-Archipel, Neuguinea und die Salomonen.
In weniger als sechs Monaten waren die Japaner nach geringen Verlusten zu einem Großreich aufgestiegen. Sie beherrschten ein
Territorium mit etwa 450 Millionen Einwohnern und reichen Bodenschätzen (Gummi, Chinin, Zinn, Reis, Erdöl, Erze). Sehr schnell
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2.Weltkrieg
Polzinger Bernhard
zeigte sich, dass sie nicht nur als Befreier von den Kolonialmächten, sondern als Eroberer gekommen waren: Brutalität gegen
Kriegsgefangene (vor allem Filipinos) und Massaker unter Einheimischen zeugten davon.
Durch die raschen Eroberungen Japans gelangten die Briten und Amerikaner zu der Ansicht, dass die Japaner nur schwer zu
besiegen seien. Auf japanischer Seite zeigte sich eine Art Siegestrunkenheit. In Verkennung der Tatsache, dass die Expansionen
nur durch die vorausgegangenen Siege Deutschlands, den Konflikt in Europa und die Kämpfe auf dem Atlantik und im Mittelmeer
möglich geworden waren, führten die Japaner ihre Kriegserfolge auf die eigene Überlegenheit sowie auf die Schwäche und
Dekadenz der Europäer zurück. Der Siegestaumel verdeckte auch ein strukturelles Manko des japanischen Militärs: Es gab in Japan
keinen Oberbefehlshaber, der einen einheitlichen Kurs festlegen konnte. Heer und Marine mussten sich untereinander verständigen,
um dann anschließend das Einverständnis des Kaisers einzuholen.
Uneinigkeit lähmte die Entscheidungen der militärischen Führungseliten. Konkurrierende Pläne zielten auf den Indischen Ozean, das
britische Kolonialgebiet in Richtung Australien und den Zentralpazifik, wo sich die US-Marine zu regenerieren begann.
11. Der Weg nach Midway – Stagnation
Anfang April 1942 startete die japanische Marine einen Vorstoß in den Indischen Ozean. Auf Unterstützung von Landtruppen konnte
sie nicht hoffen, da das japanische Heer in China und Mandschuko gebunden war. Ein Versuch, das strategisch wichtige
Madagaskar zu erobern, blieb erfolglos. Das Scheitern dieses Versuchs brachte Japan zwar keine großen Verluste, bedeutete aber
strategisch eine schwere Niederlage.
Im Südpazifik geriet Japan bald darauf in Zugzwang. Die Amerikaner hatten ihre militärische Präsenz in diesem Raum verstärkt, und
Japan musste eine Art Schutzschild nach Süden errichten. Der so motivierte japanische Angriff auf die Midway-Inseln am 3.Juni
1942 endete zwei Tage später mit einer Niederlage, von der sich die japanische Flotte nicht erholen sollte. Die Schlachtschiffe waren
intakt geblieben, aber es hatte sich gezeigt, dass der entscheidende Faktor im Pazifik die Flugzeugträger waren, und davon hatten
die Japaner vier verloren.
12. Alliierte Gegenoffensive auf Guadalcanal
So ermutigt, entschlossen sich die USA im August zu einem Gegenangriff auf die Salomon-Insel Guadalcanal. Die Japaner
antworteten darauf mit schweren Attacken aus der Luft und zur See. In sechs Seeschlachten erlitten beide Seiten große Verluste.
Obwohl während der Kämpfe, die sich über sechs Monate hinzogen, immer wieder der Nachschub für die US-Marines bedroht war,
zeichnete sich im November/Dezember 1942 ab, dass die USA in dieser Abnutzungsschlacht überlegen waren. Japans
schwindende Ressourcen konnten mit der prosperierenden kriegswirtschaftlichen Produktion der Amerikaner nicht mehr mithalten.
Am 7.Februar 1943 zogen sich die Japaner schließlich zurück.
Die Annahme der japanischen Strategen, Amerika sei nicht bereit, für einige unbedeutende Inseln einen hohen Preis an Menschen
und Material zu zahlen, hatte sich als falsch erwiesen. Guadalcanal war eine Bankrotterklärung der strategischen Führung in Tokyo.
Statt sich aus den Kämpfen entweder rasch zurückzuziehen oder mit vollem Einsatz zu kämpfen, hatten die Japaner den dritten
Weg eingeschlagen: Sie brachten immer mehr Ressourcen in den Kampf ein, aber nie genug, um den Gegner zu überwältigen.
Diese Strategie führte zum Verlust der Schlacht von Guadalcanal und – was bedeutender war – zum Verlust der militärischen
Initiative insgesamt.
Mit der erfolgreichen alliierten Gegenoffensive von Guadalcanal im Winter 1942 hatte der Krieg im Pazifik eine Wende genommen,
wie sie sich ähnlich auch an den anderen Kriegsschauplätzen zeigte.
13. Kriegswende in Europa – der Verlust der deutschen Initiative auf dem östlichen Kriegsschauplatz
Die Niederlage der 6.Armee in Stalingrad verdeutlichte unzweifelhaft, wie sich die Gewichte zu Ungunsten der deutschen
Wehrmacht verschoben hatten. Die Verluste im Osten waren kaum mehr durch Nachschub aufzuwiegen. So kamen alleine in
Stalingrad von den etwa 250.000 Soldaten 91.000 in russische Kriegsgefangenschaft; 42.000 Verwundete konnten gerettet werden,
alle übrigen waren gefallen. Die mangelnde Planung sowie die Überschätzung der eigenen und die Unterschätzung der
gegnerischen Kräfte beendeten den Traum vom neuen „Lebensraum im Osten“. Mit zunehmender Kriegsdauer konnte die Rote
Armee ihre anfänglichen Rüstungsnachteile ausgleichen, der Überraschungseffekt des Blitzkrieges hatte seine Wirkungskraft
verloren, und auch die Organisationsfähigkeit der sowjetischen Militärs hatte entscheidend an Dynamik gewonnen. Trotz
zunehmender Überlegenheit des Gegners schlug Hitler die im Frühjahr 1943 vorsichtig von sowjetischer Seite geäußerte Möglichkeit
zu Friedensverhandlungen aus. Grund für die Wiederannäherung Stalins war der Tiefpunkt der diplomatischen Beziehungen zu den
Westmächten gewesen. Doch in völliger Fehleinschätzung der eigenen militärischen und politischen Schwäche wies Hitler das
Angebot nicht nur barsch zurück, sondern intensivierte sogar im Frühsommer 1943 seine Kriegsanstrengungen in Russland durch
einen Zangenangriff auf den sowjetischen Frontbogen von Kursk. Am 5.Juli 1943 begann Hitler die Schlacht, um die sowjetischen
Kräfte einzukesseln. Die russischen Generäle Schukow und Vasilyevsky hatten allerdings ebenfalls diese Gefahrenstelle erkannt
und ihre Kräfte verstärkt. In der größten Panzerschlacht des 2.Weltkrieges konnte die Sowjetunion die deutschen Kräfte bis auf ihre
Ausgangsposition zurückdrängen. Dann brach Hitler die Operation ab, um seine Divisionen in Italien verstärken zu können, denn
inzwischen waren britische und amerikanische Einheiten auf Sizilien gelandet. Endgültig lag nun das Gesetz des Handelns in den
Händen der Alliierten.
Hitler musste mit einer Invasion der Westmächte rechnen. Daher änderte er seine Strategie für den Osten: Im Rahmen einer
defensiven Haltestrategie sollten offensive Teilschläge geführt werden.
Die sowjetischen Truppen führten trotz zahlenmäßiger Überlegenheit keine weiträumigen Umfassungsmanöver durch, sondern
griffen unter rücksichtslosem Einsatz von Menschen jeweils an einem Schwerpunkt an, um ihn an eine andere Stelle zu verlegen,
sobald die deutschen Kräfte gebunden waren. Durch derartig gestaffelte Offensiven drängte die Rote Armee die deutschen
Verbände bis Ende September 1943 auf die „Pantherstellung“ entlang Narva, Desna und Dnjepr zurück. Als Hitler am 15.September
den Rückzug an den Dnjepr befahl, wandten die Deutschen die Taktik „der verbrannten Erde“ an: Zerstörung aller Verkehrs- und
Versorgungseinrichtungen, Zwangsevakuierung der arbeitsfähigen Bevölkerung sowie die Misshandlung und Ermordung der
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Zivilbevölkerung. Am 3.November gab Hitler Anweisung, den Westen personell und materiell bevorzugt auszustatten. Unter diesen
Voraussetzungen erzielte die Rote Armee bis zum Jahresende 1943 tiefe Einbrüche in die Pantherstellung.
Trotz militärischer Erfolge gelang den sowjetischen Truppen der Durchbruch erst im Rahmen der Winteroffensive 1943. Aus dem
Brückenkopf Kiew drang die 1.Ukrainische Front unter General Watutin am 24.Dezember 1943 bis über die ehemalige polnischsowjetische Grenze nach Kowel und Luzk vor. Damit bildete sie einen 300 Kilometer langen Keil zwischen den deutschen
Heeresgruppen Süd und Mitte. Ende Januar 1944 schlossen 1. und 2.Ukrainische Front am Dnjepr 54.000 Deutsche ein. Nur unter
Zurücklassen von Waffen und Verwundeten konnten 30.000 Mann nach Südwesten ausbrechen und die deutschen Linien erreichen.
Auch am Nordflügel war die sowjetische Winteroffensive 1943/44 erfolgreich. Sie hatte die Bedrohung von Leningrad abgewehrt.
Abgeschlossen wurde die sowjetische Frühjahrsoffensive 1944 mit der Rückeroberung der Krim. Die meisten der 150.000 deutschen
und rumänischen Soldaten auf der Krim starben oder gerieten in sowjetische Kriegsgefangenschaft.
Die sowjetische Sommeroffensive 1944 brachte die Rote Armee bis an die Grenze Ostpreußens, an die Weichsel und an die Donau.
Die deutschen Kräfte waren um diese Zeit durch die Landung der Westalliierten in der Normandie (6.Juni 1944) gebunden.
14. Nordafrika als Kriegsschauplatz
Die sich abzeichnende Kriegsniederlage des Deutschen Reiches im Osten war begleitet von dem Verlust der Vorherrschaft in
Nordafrika. Und ähnlich wie im Russlandfeldzug führte die Überschätzung der eigenen Kräfte und die ideologische Verblendung zum
Zusammenbruch der Front. Bis zur Jahresmitte 1942 konnte das deutsche und italienische Afrikakorps strategisch wichtige Erfolge
verbuchen. Ende Juni gelang den Truppen der Achsenmächte die Überschreitung der ägyptischen Grenze. Die Eroberung Kairos
war das ehrgeizige Ziel. Doch im Gegensatz zu Großbritannien verfügte Deutschland nicht oder nur unzureichend über
Nachschubkräfte. Die Angriffe der Achsenmächte konnten sich in den Wüstenschlachten gegen die immer stärker werdende
britische Armee nicht durchsetzen. Am 23.Oktober begann bei El Alamein die groß angelegte Offensive der Briten. Die anhaltenden
Luftangriffe auf die deutschen Basen schwächten zusätzlich die deutsche Offensive, so dass die Westmächte Stück für Stück in
Nordafrika Land zurückgewinnen konnten. Ganz im Gegensatz zu den militärischen Notwendigkeiten stand der Befehl Hitlers an
Rommel, „keinen Schritt zu weichen“ und seiner Truppe „keinen anderen Weg zu zeigen als den zum Siege oder Tode“. Doch die
verzweifelten Durchhalteparolen waren nicht mehr als verbale Realitätsflucht. Auch Rommel erkannte die Ausweglosigkeit und die
Überlegenheit der amerikanisch-britischen Streitmächte, die seit der für Hitler überraschenden Landung in Marokko und Algerien (7.
und 8.November 1942) ihren Druck weiter verstärkten. Auf eigenen Befehl hin ordnete Rommel den Rückzug an. Den Untergang
des italienisch-deutschen Afrikakorps konnte er freilich nicht mehr verhindern. Durch seine Entscheidung, die Stellungen bis zum
letzten Mann zu halten, hatte Hitler daran maßgeblichen Anteil.
15. Konferenz von Casablanca
Nachdem die Alliierten um die Jahreswende 1942/43 die militärische Initiative an sich gerissen hatten, schien es nur einen Umstand
zu geben, der den alliierten Sieg hätte gefährden können: den Bruch zwischen den Westmächten und der Sowjetunion. Daher war
die Kooperation der drei im militärischen Bereich und die Einigkeit in Fragen der Nachkriegsordnung äußerst wichtig. Zunächst
trafen sich Roosevelt und Churchill in Casablanca (Januar 1943). Die beiden Staatsoberhäupter beschlossen, vordringlich die
deutsche U-Boot-Gefahr zu bekämpfen, da die Sicherheit des Schiffsverkehrs für alle Operationen in Europa und Ostasien die
Voraussetzung war.
Während die amerikanischen Militärs einen direkten Vormarsch gegen Deutschland favorisierten, setzten sich die Briten für einen
Vorstoß gegen den „weichen Unterleib“ der Achsenmächte – Sizilien und Italien – ein. Roosevelt schloss sich schließlich der Ansicht
der Briten an. Die amerikanischen Militärs konnten sich einige Monate später nur insofern durchsetzen, als keine weiteren Truppen
in den Mittelmeerraum gebracht wurden, um alle zur Verfügung stehenden Kräfte auf den Britischen Inseln für die Invasion in
Nordfrankreich zu sammeln. Als Zeitpunkt für eine Invasion in Nordfrankreich wurde August/September 1943 anvisiert. Die
Westalliierten beschlossen eine gemeinsame strategische Luftoffensive gegen Deutschland. Allerdings konnte man sich nicht über
die Methode einigen. Die Briten wollten schwere Nachtangriffe, d.h. Flächenangriffe fliegen, die Amerikaner setzten sich für
Tagesangriffe auf strategische Ziele ein. Das Ergebnis war, dass beide Strategien angewandt wurden (Combined Bomber
Offensive). Erstmals eingesetzt gegen die Küstenstadt Hamburg, kostete sie Ende Juli 1943 50.000 Menschenleben.
Man einigte sich auf die „bedingungslose Kapitulation“ der Dreierpaktmächte Deutschland, Italien und Japan als Kriegsziel. Diese
Formel sollte auch der Sowjetunion beweisen, dass die Westmächte den Krieg an der Seite ihres sowjetischen Verbündeten bis zum
Ende ausfechten würden, auch wenn die Eröffnung einer zweiten Front in Europa erst für später in Aussicht gestellt wurde. Stalin
schloss sich der Forderung nach einer „bedingungslosen Kapitulation“ an (Mai 1943).
Im Mai 1943 beendeten die westalliierten Streitkräfte durch die Eroberung der Hafenstädte Tunis und Bizerta die deutsch-italienische
Militärpräsenz in Nordafrika. Ebenso schwer wie der strategische Verlust wog der personelle und materielle Aderlass der
Achsenstreitkräfte: Mehr als 250.000 italienische und deutsche Soldaten gingen in alliierte Kriegsgefangenschaft, die Ausrüstung
von acht deutschen und sechs italienischen Divisionen fiel in die Hände der Westmächte.
16. Von der Peripherie ins Zentrum: der alliierte Vormarsch in Italien
Zur Vorbereitung der Landung auf Sizilien flogen die alliierten Streitkräfte ab Mai 1943 Luftangriffe gegen die Insel. Am 10.Juli
begann die Landung alliierter Divisionen auf Sizilien unter dem Oberbefehl General George S.Pattons. Nach fünf Wochen hatten die
Alliierten Sizilien in ihre Hand gebracht. In der Zwischenzeit hatte sich in Italien ein innenpolitischer Machtwechsel vollzogen: Die
Faschisten hatten Mussolini am 27.Juli 1943 mit der Begründung entmachtet, dass er sich nicht in ausreichendem Maße von Hitler
lösen hätte können. Die Macht wurde wieder auf die Verfassungsinstitutionen Krone, Regierung, Parlament und Korporationen
verteilt. Der neue Staatschef Badoglio erklärte den Ausnahmezustand und die Auflösung der faschistischen Partei, gleichzeitig aber
auch die Fortsetzung des Kampfes an der Seite des Deutschen Reiches. Insgeheim nahm aber der italienische General Castellono
noch im August 1943 in Lissabon die Waffenstillstandsbedingungen der Alliierten für Italien entgegen. Am 3.September 1943 wurde
das Waffenstillstandsabkommen unterzeichnet.
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Hitler reagierte auf die inneritalienischen Veränderungen mit der Verlegung von Truppen nach Oberitalien und mit Angriffen auf die
italienische Flotte. Am 12.September befreite die deutsche Wehrmacht Mussolini, der kurz darauf eine faschistische Republik am
Gardasee errichtete.
Im August 1943 landeten Einheiten der britischen und amerikanischen Armee auf dem italienischen Festland. Anfang November
zogen sich die deutschen Verteidiger auf die so genannte „Gustavlinie“, ungefähr 100 Kilometer südlich von Rom, zurück. Trotz
massiver Angriffe gelangen den Alliierten bis Mai 1944 nur einzelne örtliche Einbrüche.
Erst Mitte Mai 1944 durchbrachen alliierte Kräfte den Südflügel der deutschen Italienfront. Die Gustavstellung brach zusammen, und
am 4.Juni fiel Rom kampflos in die Hände der Alliierten. Bis Ende August hatten sich die deutschen Verteidiger auf die „grüne Linie“
im Apennin zurückgezogen. Die alliierte Offensive gegen diese Front wurde im November 1944 eingestellt. Die „dritte Front“ im
Süden Europas war damit zum Stehen gekommen. Der Stoß in den „weichen Unterleib“ war für Deutschland nicht zum Verhängnis
geworden. Allerdings war Italien für alle Beteiligten nur ein Nebenkriegsschauplatz. Die Entscheidungen sollten im Osten und
Westen fallen.
17. Konzentrischer Sturm auf die „Festung Europa“ – Planungen zur Landung in der Normandie
Ende 1941 hatten sich in Washington Roosevelt und Churchill auf die „Germany first“-Strategie geeinigt. Seither spielte die Planung
einer Landung an der französischen Kanalküste eine zentrale Rolle in den Überlegungen der Alliierten. England und Amerika hatten
allerdings unterschiedliche Vorstellungen von einer solchen Aktion. Während die Briten eine Landung als letzten tödlichen Stoß für
das durch Wirtschaftsblockade und Abnutzungsoperationen geschwächte Deutschland ansahen, wollten die Amerikaner möglichst
bald einen Hauptschlag zur militärischen Niederwerfung Deutschlands führen. Bereits im März 1942 begann der amerikanische
General Eisenhower mit dem Aufbau einer Invasionsstreitmacht von einer Millionen Soldaten in England. Als Zeitpunkt für die
Operation in der Normandie wurde zunächst das Frühjahr 1943 ins Auge gefasst. Auch die sowjetische Öffentlichkeit glaubte, dass
die Westmächte nun bald eine zweite Front in Europa eröffnen würden. Die mehrfache Verschiebung des Invasionstermins schürte
Enttäuschung und Misstrauen bei den Sowjets. Ein erstes Landungsmanöver kanadischer Truppen im französischen Dieppe im
August 1942 scheiterte, veranlasste Hitler aber zum Ausbau des „Atlantikwalles“.
Auf der Washingtoner Konferenz vom Mai 1943 verschoben die Westmächte den Zeitpunkt der Invasion ein letztes Mal.
Verzögerungen beim Feldzug in Nordafrika und die bevorstehenden Operationen in Italien veranlassten die Alliierten, die Invasion in
Frankreich auf das kommende Frühjahr festzulegen. Diese Entscheidung führte zu einem Tiefpunkt der Beziehungen zwischen den
Westmächten und der Sowjetunion.
Im November 1943 trafen sich in Teheran die drei Staatschefs der alliierten Mächte – Roosevelt, Churchill und Stalin – zum ersten
Mal zu einer gemeinsamen Konferenz. Entgegen den britischen Vorstellungen, die auf einen Nebenkriegsschauplatz am Balkan
spekulierten, setzten sich hier die amerikanischen und sowjetischen Interessen durch, eine Zersplitterung der alliierten Kräfte zu
vermeiden und möglichst bald eine Invasion in Frankreich durchzuführen.
Hitler erwartete die Invasion in Nordwesteuropa im Frühjahr 1944. In seinen Augen bot sich damit die Chance, den Krieg doch noch
zu gewinnen: Falls es gelänge, die britischen und amerikanischen Truppen wieder von den Küsten zurückzuwerfen, würde es so
bald keinen weiteren Invasionsversuch geben. Dann, so meinte Hitler, hätte er alle Kräfte frei für einen entscheidenden Kampf
gegen die Sowjetunion.
Der für die Invasion vorgesehene Küstenbereich war von den Deutschen kaum befestigt, da es dort keine Häfen gab und man
deshalb nicht mit einer Großlandung rechnete. Im Frühjahr 1944 stand in England unter dem Oberbefehlshaber Eisenhower eine
Invasionsstreitmacht von 37 Divisionen bereit. Weitere 40 Divisionen sollten aus den USA nachrücken. Nach einer wochenlangen
Luftoffensive, deren Ziel das Eisenbahnnetz und die Brücken in Nordfrankreich waren, landeten am 6.Juni 1944 („D-Day“) 3.100
Landungsfahrzeuge gedeckt von 1.200 Kriegsschiffen in der Normandie. Die Amerikaner gingen an der Ostküste der CotentinHalbinsel und bei Vierville, die Kanadier und Briten östlich der Ornemündung an Land.
Gegen diesen massiven Angriff war die deutsche See- und Luftwaffe machtlos. Da den Alliierten ein Überraschungsangriff gelungen
war, hing für die Wehrmacht alles davon ab, ob sie schnell Verstärkung zum Gegenangriff heranführen konnte. Die Luftherrschaft
der Alliierten erschwerte es, die begrenzten Kräfte unter dem Kommandanten Rommel zu bewegen. Hitler weigerte sich zudem bis
in den Juli hinein, alle verfügbaren Truppen im Norden zusammenzuziehen, da er eine zweite Invasion der Alliierten nördlich des
Flusses Seine erwartete. Aufgrund der schleppenden deutschen Verteidigungsstrategie traf die Verstärkung nur verzögert und
tropfenweise ein. Die Deutschen leisteten zwar heftigen Widerstand, ein Offensivschlag gegen die Alliierten wurde aber nicht
geführt. Schon im Juni hatten die Alliierten einen Landekopf mit einer Länge von 100 Kilometern und einer Tiefe von 30 Kilometern
errichtet. Ende Juli hatte Eisenhower 850.000 Mann und 150.000 Fahrzeuge in der Normandie stehen.
18. Widerstand – 20. Juli 1944
Im Osten wie im Westen schien die militärische Lage im Juli 1944 hoffnungslos. Angesichts der Casablanca-Formel von der
„bedingungslosen Kapitulation“ waren auch für die Zukunft keine besseren Friedensbedingungen zu erwarten. In dieser
aussichtslosen Situation entschlossen sich einige oppositionelle Militärs, Hitler zu beseitigen, um weitere sinnlose Opfer zu
vermeiden.
Am 20.Juli 1944 versuchten Widerstandskämpfer um Claus Schenk von Stauffenberg, Hitler durch ein Sprengstoffattentat zu töten.
Durch die Bombe wurden einige Offiziere verwundet, Hitler aber nur leicht verletzt. Daraufhin erneuerte Goebbels im August die
Parole des „totalen Krieges“, und im September 1944 wurden alle wehrfähigen Männer im Alter von 16 bis 60 Jahren zum deutschen
Volkssturm rekrutiert.
19. Die Befreiung Frankreichs
Am 25.Juli 1944 durchbrachen die Amerikaner westlich von Saint-Lô die deutsche Front und stießen fächerförmig nach Westen in
die Bretagne, nach Süden Richtung Loire, nach Südosten auf Le Mans und nach Osten bis Mortain vor. Die Reste der deutschen
Heeresgruppe B drohten von den alliierten Truppen umfasst zu werden. Um dieser Gefahr zu entgehen, schlug der
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Frontbefehlshaber Günther von Kluge (1882-1944) einen Rückzug bis hinter die Seine vor. Hitler befahl dagegen, sich in den Häfen
der Bretagne zu verschanzen. Als der deutsche Versuch, von dort aus eine Gegenoffensive zu starten, von den Alliierten erstickt
wurde, befahl Kluge auf eigene Verantwortung den Rückzug. Daraufhin wurde er durch Feldmarschall Model ersetzt. Aber auch
dieser konnte den ungeordneten Rückzug kaum aufhalten. Schließlich schloss sich der Kessel. 45.000 Soldaten schafften den
Durchbruch nicht mehr.
Am 25.August 1944 zogen die Alliierten in Paris ein. Der deutsche Kommandant Dietrich Choltitz hatte Hitlers Befehl, die Stadt in ein
Trümmerfeld zu verwandeln, nicht befolgt. General Eisenhower, der am 1. September den Oberbefehl über die gesamten alliierten
Landstreitkräfte in Frankreich übernommen hatte, ordnete zunächst an, auf der ganzen Breite an den Rhein vorzudringen. Mitte
August landeten amerikanische und französische Truppen unter Generalleutnant Alexander Patch in Südfrankreich. Zehn Tage
später nahmen die Franzosen Kontakt mit den Panzerverbänden unter General Patton auf. 20.000 deutsche Soldaten waren
dadurch in Südwestfrankreich abgeschnitten. Am selben Tag überschritten amerikanische Patrouillen erstmals die deutsche Grenze.
Die Briten hatten unter Montgomery die Meuse und den oberen Rhein erreicht, die Amerikaner standen am Westwall, den die
Deutschen in den dreißiger Jahren als Gegenstück zur Maginot-Linie errichtet hatten. Der Versuch, Aachen als erste größere
deutsche Stadt einzunehmen, scheiterte zunächst. Das größte Problem der Westmächte war der Nachschub. Benzin und Munition
mussten von den französischen Häfen 800 Kilometer weit über zerstörte Straßen und Schienen hinweg transportiert werden.
Voraussetzung für weitere Operationen war, den Hafen von Antwerpen funktionsfähig zu machen. Dies gelang erst im November.
Noch bevor die Alliierten daraus Nutzen ziehen konnten, wurden sie von der deutschen Ardennenoffensive überrascht.
20. Die Ardennenoffensive
Mit der Ardennenoffensive setzte Hitler am 16.Dezember 1944 alles auf eine Karte. Immer noch hoffte er, die alliierte Front
auseinanderbrechen zu können, indem er die Hoffnung der Westmächte auf ein baldiges Ende des Krieges erschütterte. Drei
deutsche Truppenverbände trafen zwischen Monschau und Echternach auf einen völlig überraschten Gegner. Dennoch gelang
ihnen der erhoffte Durchbruch nur teilweise. Nachdem am 24.Dezember die alliierte Luftwaffe in die Kämpfe eingegriffen hatte,
mussten die Deutschen überall zur Verteidigung übergehen, zumal der Angriff die letzten mobilen Verbände des deutschen
Westheeres verschlissen hatte. Hitler verweigerte gegen den Ratschlag seiner Generäle einen Rückzug. Daraufhin wurden die
deutschen Verbände am 16.Januar 1945 eingeschlossen.
21. Der Zusammenbruch im Osten
Im Winter 1944/45 mobilisierte Hitler die letzten zur Verfügung stehenden Truppen, um die gefährdete Front im Westen zu
verstärken. In der Zwischenzeit fehlte es an der Ostfront an den nötigen Kräften. Nach der Invasion in der Normandie war an
Unterstützung aus dem Westen nicht mehr zu denken. So blieb der Rückzug im Osten als einzige Lösung. Am 22.Juni 1944 – dem
Jahrestag des deutschen Überfalls auf die Sowjetunion – begann die Rote Armee ihre Sommeroffensive mit einem Angriff gegen die
Heeresgruppe Mitte. Die zahlenmäßig stark überlegenen sowjetischen Truppen drängten die Wehrmacht bis Anfang Juli auf die
Linie Kowno–Brest–Litowsk zurück. Bis dahin hatte die Heeresgruppe Mitte 28 Divisionen mit 350.000 Mann eingebüßt.
Die Sommeroffensive richtete sich auch nach Süden. Dieser Vorstoß führte zum Abfall der deutschen Verbündeten Rumänien und
Bulgarien und schließlich zur Räumung des Balkans. Angesichts der Entwicklungen an der Ostfront schlossen auch die Finnen im
August 1944 einen Waffenstillstand mit Moskau. Danach konnten die sowjetischen Verbände im Norden der Front ihre Kräfte auf die
baltischen Staaten richten. Mitte September 1944 begann die Sowjetunion einen konzentrischen Angriff auf Estland. Den deutschen
Truppen blieb hier nur der Rückzug über die Ostsee. Nach der Aufgabe von Lettland zogen sich die dortigen Kräfte ins Kurland
zurück, wo sie sich – ohne Landverbindung zu deutschen Verbänden – bis zum Kriegsende hielten. Ende des Jahres 1944 hatte die
Front auch im Osten die Grenzen des Deutschen Reiches erreicht und teilweise schon überschritten.
22. Die Situation in Deutschland
Anfang 1945 waren die Alliierten überzeugt, das Deutsche Reich noch im selben Jahr zu besiegen. An allen Fronten hatten sie die
Lufthoheit. Die deutsche Luftwaffe besaß zwar immer noch eine erhebliche Zahl von Flugzeugen. Aber nach dem Verlust von
wichtigen Ölquellen (Rumänien, Polen, Estland) und nach der Zerstörung von industriellen Produktionsstätten herrschte in
Deutschland akuter Treibstoffmangel. Im Luftkrieg hatte sich also die Situation seit den Anfangserfolgen in den Blitzkriegen ins
Gegenteil verkehrt.
Auch im Atlantik waren die Hoffnungen der militärischen Führung, mit Hilfe von neuen, schnelleren U-Booten doch noch in die
Atlantikschlacht eingreifen zu können, unrealistisch. Die Hauptsorge der deutschen Marine galt um die Jahreswende 1944/45 der
Situation in der Ostsee. Für die deutsche Kriegführung war es zwingend notwendig, die Versorgungswege für schwedisches
Eisenerz offen zu halten.
Entscheidender als die Operationen von Luftwaffe und Marine war die Frage, ob die Heimatfront halten würde. Sie hatte trotz der
enormen Verluste im Sommer und Herbst 1944 und trotz der zunehmenden Bomberoffensiven der Alliierten Bestand.
Kriegsmüdigkeit und Versorgungsmängel prägten das Leben der Bevölkerung. Viele klammerten sich an die Hoffnung auf den Erfolg
neuer Geheimwaffen (V-Waffen). Trotz aller militärischer Niederlagen forderte Reichspropagandaminister Josef Goebbels fanatisch
dazu auf, sich bedingungslos für den „Endsieg“ einzusetzen und keine persönlichen Opfer zu scheuen.
23. Die ehemaligen Verbündeten
Angesichts der militärischen Rückschläge, die die sowjetische Armee an die Grenzen Ungarns und auf das Gebiet Rumäniens
führten, suchten die Verbündeten Deutschlands Kontakte zu den Westmächten. Hitler hatte für diesen Fall schon Pläne zur
Besetzung Ungarns und Rumäniens ausarbeiten lassen.
Er erzwang die Zustimmung des ungarischen Staatsverwesers Horty zur Duldung einer deutschen Besetzung Ungarns und seine
Zustimmung zu einer „zuverlässigen“ Regierung. In der zweiten Märzhälfte 1944 besetzten deutsche Truppen Ungarn, und der
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bisherige Gesandte in Berlin, Sztójay, bildete eine neue Regierung. Die ungarischen Truppen wurden der deutschen Heeresgruppe
unterstellt.
Der rumänische Staatsführer Antonescu ließ im März 1944 Verhandlungen mit den Westmächten über eine Kapitulation führen,
lehnte aber die Bedingungen als unannehmbar ab. Da Antonescu bereit war, den Kampf an der Seite Deutschlands fortzusetzen,
verzichtete Hitler auf eine vollständige Besetzung Rumäniens. Erst nach dem Zusammenbruch der Heeresgruppe Süd im August
1944 schied Rumänien aus dem Krieg.
24. Pläne der Alliierten – die Konferenz von Jalta
Anfang Februar 1945 trafen sich die drei alliierten Staatschefs in Jalta auf der Krim. Zu diesem Zeitpunkt hatte Stalin fast ganz Südund Osteuropa unter Kontrolle und stand an der Oder 60 Kilometer östlich von Berlin. Polen war in sowjetischer Hand, und die
Westmächte konnten weder in territorialen Fragen noch für die polnische Exilregierung in London dauerhafte Zugeständnisse
erreichen. Immerhin unterzeichnete Stalin eine allgemeine Deklaration, die allen befreiten und besetzten Gebieten eigene
Regierungen zusicherte.
Hauptthema der Konferenz war die Zukunft des besiegten Deutschlands. Widerstrebend stimmte Stalin der Einrichtung einer
französischen Besatzungszone in Deutschland zu. Über die zukünftige Entnazifizierung und Entmilitarisierung einigten sich die
Alliierten schnell. Offen blieb dagegen die Frage der Reparationen und der Demokratisierung. Hier gingen die Vorstellungen der
Sowjetunion und der Westalliierten weit auseinander.
Für den weiteren Kriegsverlauf sagte Stalin auf der Jalta-Konferenz zu, nach der deutschen Kapitulation in den Krieg gegen Japan
einzutreten. Dafür sollte er territoriale Entschädigungen erhalten.
In den folgenden Jahren wurde die Konferenz von Jalta oft als Ausverkauf westalliierter Interessen deklariert. Tatsächlich zeigte die
Konferenz, wie schwer es war, die verschiedenen Ideologien und Interessen zu koordinieren und vor allem die Umsetzung der
erzielten Kompromisse später zu kontrollieren. Nach der Konferenz von Jalta entschieden sich eine Reihe bisher neutraler Staaten,
unter ihnen die Türkei und die lateinamerikanischen Staaten, aufseiten der Alliierten in den Krieg gegen das Deutsche Reich
einzutreten.
25. Militärischer Zusammenbruch Deutschlands
Ende März 1945 schloss die westalliierte Front bis zum Rhein auf. Der Vormarsch hatte die Wehrmacht seit Februar ein Drittel ihrer
im Westen eingesetzten Kräfte gekostet: 293.000 Soldaten waren in Kriegsgefangenschaft geraten, 60.000 gefallen oder verwundet.
Die deutschen Truppen hatten beim Rückzug alle Brücken über den Rhein zerstört – bis auf die Eisenbahnbrücke bei Remagen.
Während die Deutschen versuchten, die Brücke in letzter Sekunde doch noch zu sprengen, konnten amerikanische Kräfte ans
Ostufer gelangen und diesen Brückenkopf ausbauen. Wenig später setzten auch weiter nördlich amerikanische und britische
Truppen über.
Nächstes Ziel der Westmächte war das Ruhrgebiet. Am 14.April kapitulierten die im Ruhrkessel eingeschlossenen deutschen
Verbände. 325.000 Mann wurden gefangen genommen. Im Norden drangen die alliierten Truppen rasch bis nach Holstein und
Mecklenburg vor. Am 25.April 1945 gaben sich amerikanische und sowjetische Soldaten bei Torgau an der Elbe die Hand. Ost- und
Westfront hatten sich vereinigt. In südlicher Stoßrichtung erreichten die Amerikaner im Mai ihre Landsleute in Italien. Zur selben Zeit
standen die Franzosen in Vorarlberg. Unaufhaltsam war auch die sowjetische Front im Osten vorgerückt. In Pommern, Schlesien,
Ost- und Westpreußen leisteten die Wehrmachtsverbände verzweifelt Widerstand. Nach dem Zusammenbruch der Front Ende März
flohen Soldaten und Zivilisten vor der herannahenden sowjetischen Armee in Richtung Westen.
Bis Ende März sicherte die Rote Armee ihre Flanken für den bevorstehenden Angriff auf die Reichshauptstadt Berlin und sammelte
Truppen und Material. Die Westalliierten erreichten die Ostsee und Österreich, die Rote Armee griff die Vororte der
Reichshauptstadt Berlin an.
Hitler und einige seiner politischen und militärischen Berater waren entschlossen, den Kampf fortzusetzen. Zahlreiche
Militärbefehlshaber sahen aber nur noch einen einzigen Grund, den Krieg weiterzuführen: Sie wollten Zeit für die Flüchtlinge aus
dem Osten gewinnen und möglichst vielen Soldaten ermöglichen, der Gefangennahme durch die Rote Armee zu entgehen.
Die sowjetischen Truppen drangen in die östlichen Randgebiete Berlins ein und näherten sich am 29.April 1945 dem Führerbunker.
Hitler diktierte sein Testament, in dem er seine Politik rechtfertigte und dazu aufforderte, seine Rassenpolitik fortzusetzen. Er
ernannte Dönitz zum Reichspräsidenten und Oberbefehlshaber der Wehrmacht und Goebbels zum Reichskanzler. Der Reichsführer
der SS, Heinrich Himmler, der inzwischen versucht hatte, mit den Alliierten einen separaten Frieden auszuhandeln, wurde aus
seinem Amt entlassen. Am nächsten Tag nahm der nationalsozialistische Diktator sich mit Eva Braun, die er kurz zuvor geheiratet
hatte, das Leben. Hitler überlebte damit Mussolini um zwei Tage. Der italienische Diktator wurde am 28.April 1945 von Partisanen
erschossen. Am 1.Mai schied auch Goebbels freiwillig aus dem Leben. Zwei Tage später kapitulierte Berlin.
In Mürwik bei Flensburg richtete Dönitz eine „geschäftsführende Reichsregierung“ ein. Mit Hilfe von Teilkapitulationen im Westen
versuchte diese Regierung möglichst viele Wehrmachtsangehörige und Flüchtlinge aus dem sowjetischen Einflussbereich zu holen.
Erst am 7.Mai 1945 unterschrieb Generaloberst Jodl in Reims die Gesamtkapitulation für Deutschland. Zu diesem Zeitpunkt hatten
die deutschen Teilkräfte in Berlin, Italien, Holland, Norddeutschland und Dänemark bereits kapituliert. Die Gesamtkapitulation trat am
8.Mai 1945 um 23.01 Uhr in Kraft. Am 23.Mai lösten die Alliierten auf Drängen Moskaus die Regierung Dönitz auf. Damit war die
zentrale Reichsregierung beseitigt und die Regierungsgewalt auf die alliierten Siegermächte übergegangen.
26. Alliierte Besatzung
Schon auf der Konferenz von Jalta war entschieden worden, Deutschland in Besatzungszonen aufzuteilen. Die Westmächte
Großbritannien, USA und Frankreich zogen sich Anfang Juli hinter die vereinbarten Grenzen zurück. An einer Aufteilung
Deutschlands in mehrere Staaten hatten die Alliierten aus unterschiedlichen Gründen kein Interesse: Die Sowjetunion hoffte auf die
Chance, das kommunistische Einflussgebiet bis zum Rhein ausdehnen zu können. Die Westalliierten wollten das Land als Bollwerk
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gegen die Sowjetunion nicht zu sehr schwächen. Aber alle Annexionen des Deutschen Reiches nach 1937 sollten wieder rückgängig
gemacht werden.
Vom 7.Juli bis 2.August 1945 trafen sich in Potsdam die „Großen Drei“ ein letztes Mal. Anstelle Roosevelts, der kurz zuvor
gestorben war, nahm der neue amerikanische Präsident Truman mit seinem Außenminister Byrnes teil. Zur Debatte stand vor allem
die Frage der Reparationen. Stalin setzte sich für harte Konditionen ein. Die Westmächte fürchteten dagegen die Gefahr von
Verelendung und daraus resultierender politischer Radikalisierung im besiegten Deutschland. Die Sowjetunion war bereit, ihre
Ansprüche aus der eigenen Zone zu befriedigen, falls die Gebiete östlich von Oder und Neiße nicht zur Sowjetischen
Besatzungszone gerechnet würden, sondern unter polnische Verwaltung kämen. Von den Gewinnen aus der Industriedemontage
sollte die Sowjetunion einen Anteil aus den Westzonen erhalten.
Darüber hinaus vereinbarten die drei Siegermächte die Entmilitarisierung und Entnazifizierung in Deutschland, Kriegs- und NSVerbrecher (siehe Nürnberger Prozesse) zu bestrafen und eine demokratische Selbstverwaltung in Deutschland zu errichten.
Die Ergebnisse der Potsdamer Konferenz waren Kompromissformeln (siehe Potsdamer Abkommen). Sie basierten auf der
Machtverteilung bei Kriegsende in Europa. Eine gemeinsame stabile Friedensordnung kam jedoch nicht zustande. Wie in
Deutschland zeichnete sich auch europaweit eine Teilung in zwei Interessensphären ab. Der Eiserne Vorhang begann sich zu
senken (siehe Kalter Krieg, Ost-West-Konflikt).
27. Militärischer Zusammenbruch Japans
Mit der amerikanischen Landung auf Guadalcanal im August 1942 hatte eine groß angelegte Gegenoffensive der Alliierten im
südwestlichen und mittleren Pazifik begonnen. Bis zum Frühsommer 1945 eroberten die Amerikaner die Philippinen und die
japanischen Inselstützpunkte Iwo Jima und Okinawa.
Im Oktober 1944 setzten die Japaner im Kampf um die Philippinen eine neue Waffe ein: die Kamikaze-Flieger. Während des
Kampfes um Luzon und die Philippinen kamen sie erstmals zum Einsatz.
Trotz des japanischen Widerstandes drangen die Alliierten immer weiter vor. Die Eroberung von Inselgruppen in unmittelbarer Nähe
zur japanischen Hauptinsel ermöglichte Luftangriffe auf das japanische Kernland.
Die Serie von Niederlagen im Februar und März 1945, die Landung der Amerikaner auf Okinawa und die Kündigung des
Neutralitätsvertrags durch die Sowjetunion führten zu einer inneren Krise in Japan. Nach dem Sturz des Ministerpräsidenten Koiso
Kuniaki kam mit Admiral Suzuki Kantaro ein Mann an die Macht, der bereit war, den Krieg fortzuführen, obwohl die Situation Japans
aussichtslos war.
Die amerikanischen Militärs waren überzeugt, dass die Japaner unter Fortsetzung der bisherigen Strategie nur durch eine
Besetzung ihrer Insel zur Aufgabe gezwungen werden konnten. Sie rechneten dabei mit schweren, verlustreichen Kämpfen. Im
Anschluss an erfolgreiche Atombombentests im Juli 1945 entschieden sich die Amerikaner für den Einsatz der Waffe. Nachdem
Japan auf ein Ultimatum nicht einging, warfen sie am 6.August die erste Atombombe auf Hiroshima ab. Die Bombe kostete 92.000
Menschen das Leben, 37.000 wurden verletzt, 170.000 obdachlos. Die Stadt war zerstört. Drei Tage später erklärte die Sowjetunion
Japan den Krieg und marschierte in die Mandschurei ein. Am selben Tag fiel die zweite amerikanische Atombombe auf Nagasaki.
40.000 Menschen starben, 60.000 wurden verletzt.
Noch immer war die japanische Regierung uneinig, wie sie auf die alliierten Kapitulationsbedingungen reagieren sollte. Nach der
Niederschlagung einer Revolte von Offizieren erklärte Kaiser Hirohito am 15.August 1945 die Kapitulation. Am 2.September wurde die
Kapitulationsurkunde auf dem Schlachtschiff „Missouri“ unterzeichnet.
28. Folgen des Krieges
Der 2.Weltkrieg war die größte Auseinandersetzung in der Menschheitsgeschichte. Fast ein Drittel der Weltbevölkerung aus 61
Ländern war daran unmittelbar beteiligt. Insgesamt standen 110 Millionen Menschen unter Waffen, davon über die Hälfte im Dienst
der Sowjetunion, Deutschlands und der USA.
Die jahrelangen Kämpfe hatten ungeheure Opfer gefordert und maßlose Zerstörungen mit sich gebracht. Die größten Verluste an
Menschenleben hatte die Sowjetunion zu beklagen. Neue Schätzungen gehen von mindestens 25 Millionen Toten aus.
Charakteristisch ist, dass davon höchstens ein Drittel bei militärischen Aktionen ums Leben kam. Die Zahl der zivilen Opfer überstieg
die der militärischen bei weitem. In China sind Schätzungen zufolge etwa 15 Millionen Menschen gestorben. Polen hatte fast sechs
Millionen Tote zu beklagen, die Vereinigten Staaten etwa 300.000. In Deutschland forderte der Krieg über vier Millionen Opfer, in
Japan über zwei Millionen. Weltweit schätzt man die Zahl der Toten auf ungefähr 60 Millionen, darunter sechs Millionen Juden.
Der 2.Weltkrieg hatte eine Flüchtlingswelle ausgelöst, die auch nach Kriegsende nicht zum Stillstand kam. Viele Menschen konnten
aufgrund der politischen Veränderungen nicht in ihre Heimat zurückkehren, andere – wie z.B. die polnischen Juden – trafen bei ihrer
Rückkehr auf so viel Ablehnung, dass sie erneut fliehen mussten. Auch Millionen Deutsche waren auf der Flucht aus den
ehemaligen Ostgebieten. Man spricht von weit über zehn Millionen Flüchtlingen.
Das internationale Kräfteverhältnis verschob sich infolge des Krieges nachhaltig: Die Sowjetunion wurde neben den USA zur
Weltmacht. Die bisherigen Großmächte England, Frankreich, Deutschland und Japan verloren an Bedeutung.
Verfasst von:
Polzinger Bernhard
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