Katholisch-Theologische Privatuniversität Linz Institut für Moraltheologie Proseminar: Familie – hohes Ideal und schwierige Realität. Wintersemester 2010/2011 Leitung: Univ.-Ass.in Dr.in Edeltraud Koller Stellen für das päpstliche Lehramt nichteheliche Partnerschaften Familien dar? Dr. Martin Gollner 4722 Peuerbach 13.1.2011 2 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung................................................................................................... 2 2.1. Definition von Familie allgemein.............................................................3 2.2. Familiäre Realität..................................................................................... 3 2.2.1. Daten nicht-ehelicher Partnerschaften..............................................3 3. Päpstliche Lehrmeinung.............................................................................4 3.1. Allgemein............................................................................................. 4 3.2. Nichteheliche Partnerschaften.............................................................4 3.3. Speziell zu gleichgeschlechtlichen Partnerschaften.............................4 3.4. Kirchliche Reaktionen zum Lebenspartnerschaftsgesetz 17.................4 3.4.1. Meldung der katholischen Nachrichtenagentur vom 7.12.2002:....4 3.4.2. Pressemitteilung der deutschen Bischofskonferenz vom 17.7.2002:................................................................................................ 4 3.4.3. Lehrmeinung anderer Kirchen 21...................................................4 4. Biblische Aussagen, theologische Würdigung und Wandel christlicher Sündenlehre................................................................................................... 5 5. Wertvolle Rolle der Kirche im Umgang mit gleichgeschlechtlichen Partnerschaften.............................................................................................. 7 6. Schlusskapitel............................................................................................. 7 7. BIBLIOGRAPHIE........................................................................................... 9 Artikel aus Lexika........................................................................................ 9 Bücher......................................................................................................... 9 Artikel aus Sammelband............................................................................. 9 Artikel aus Zeitschriften.............................................................................. 9 Monographie.......................................................................................... 10 3 1. Einleitung Papst Johannes Paul II. hat in seiner Apostolischen Schrift im Jahr 1984 über Familie geschrieben: „Im Plan Gottes, des Schöpfers und Erlösers, findet die Familie nicht nur ihre Identität, das was sie ist, sondern auch ihre Sendung, das, was sie tun kann und muss. Die Aufgaben, zu deren Erfüllung in der Geschichte die Familie von Gott berufen ist, ergeben sich aus ihrem eigenem Wesen und stellen dessen dynamische und existentielle Entfaltung dar. Jede Familie entdeckt und findet in sich selbst den unüberhörbaren Appell, der gleichzeitig ihre Würde und ihre Verantwortung angibt. Familie werde, was Du bist! … Deshalb empfängt die Familie die Sendung, die Liebe zu hüten, zu offenbaren und mitzuteilen“1 Familie bedeutet gemäß päpstlicher Lehrmeinung die Gemeinschaft von Eltern mit ihren Kindern, die Kernfamilie.2 Im Vergleich zur Ehe ist die Familie etwas Vorübergehendes. Sie bestimmt das Leben in der Zeit, in der Eltern Kinder haben, die noch nicht als Erwachsene außerhalb des Elternhauses leben. Jeder Mensch entstammt einer Familie. Sein Leben und seine spätere Lebensfähigkeit hängen entscheidend davon ab, ob und wie diese Familie ihn ins Leben begleitet und entlassen hat. Diesen Auftrag hat die Familie von Gott. 3 Die familiäre Wirklichkeit hat sich in den letzten 50 Jahren verändert, nicht-eheliche Partnerschaften stehen jetzt im Vordergrund.4 In meiner Arbeit möchte ich die kirchliche Lehrmeinung zu nichtehelichen Partnerschaft allgemein beleuchten. Ich möchte die Familie über die angegeben Lexika definieren, die verschiedenen Formen der Familie benennen und die Idealform der Familie aus einem alten Buch aus der Bibliothek der KTU aus dem 19. Jahrhundert zitieren. Danach möchte ich die Anzahl der wiederverheirateten, alleinerziehenden und gleichgeschlechtliche Partnerschaften im deutschen Sprachraum nennen und ihren Wert als Familie für die Kirche darstellen. Den gleichgeschlechtlichen Partnerschaften möchte ich, da sie am meisten von der Ausgrenzung der katholischen Kirche betroffen sind, das Hauptaugenmerk meiner Arbeit schenken. Wieweit können nicht-eheliche Partnerschaften insbesondere gleichgeschlechtliche als Familie gelten? 1 Vgl. Johannes Paul II., Familiaris Consortio. Apostolisches Schreiben über die Aufgaben der christlichen Familie in der Welt von heute, in: Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz, Bonn 51994/ Verlautbarungen des Apostolischen Stuhls, 33, 21. 2 Vgl. Keil, Siegfried, Familie, in: TRE XI (1983), Berlin 5. 3 Vgl. ebd. 6. 4 Vgl. Ochs, Mathias/Orban, Rainer, Was heißt schon Idealfamilie? Wie Alleinerziehende, Scheidungskinder und Patchworkfamilien glücklich werden, Heidelberg 2002, 43. 4 2.1. Definition von Familie allgemein Familie bedeutet laut Brockhaus-Enzyklopädie: „Familie [lat.familia = Hausgenossenschaft, Dienerschaft, Gesinde] bezeichnet jene soziale Gruppe beziehungsweise jene spezifische Lebensgemeinschaft, deren Leistungen und Verhaltensregeln ausgerichtet sind auf die Sicherung der Handlungsund Überlebensfähigkeit ihrer Mitglieder, insbesondere der Kinder und der für sie verantwortlichen Erwachsenen, in historisch jeweils unterschiedlichen Lebensräumen und Lebenssituationen.“5 Aus biblischer Sicht steht im Standardlexikon der Theologie und Religion: "]משפחהmispaha hebräisch: Sippe, Clan, Großfamilie] im ersten Testament umgreift ursprünglich einen durch das Bewusstsein von Blutsverwandtschaft und durch den Besitz von gemeinsamen Territoriums bestimmten Personenkreis. Dessen sozioökonomischen und militärischen Pflichten (Löser) dienen wesentlich zum Schutz der einzelnen Familien, werden jedoch zugleich als Pflichten gegenüber JHWE verstanden [ בית־אבbet´ab hebräisch: Vaterhaus]. Im zweiten Testament kennzeichnet πατοιά den Familienstamm in patriachlinearer Herkunft, während die konkrete Hausgemeinschaft als οίχος oder οιχία bezeichnet werden kann.6 Beide Definitionen stellen einen Sippenverband im Sinne einer Großfamilie dar, die Kernfamilie ist wie erwähnt die Gemeinschaft von Eltern mit ihren Kindern. Kinderreichtum gilt in allen Religionen als ein auf vielfältiger Weise zu erlangender Segen, stellt jedoch keine Bedingung für das Bestehen von Familie da. In allen Religionen dienen dem Zusammenhang der Familie religiös sanktionierte Ordnungen. 7 Ordnungen und Pflichten sind auch in der Empfehlung eines alten Haushaltsbuches zu entnehmen, zitiert aus „Das goldene Familienbuch“ aus dem Jahre 1868: „Wer aber sich eine Familie gründet, der bezeichnet sich den Kreis seiner Pflichten mit den unverkennbaren Zügen und erhält die entschiedene Veranlassung, gleichwie wir uns das höchste Wesen nicht anders denken können, als in der größten Vollkommenheit der Selbstbeherrschung, aus welcher die Ordnung floss, welche das unermessliche All so wundervoll zusammenhält, selbst nach dem höchsten ihm möglichen Grade der Selbstbeherrschung zu trachten, um in sein Handeln eine ähnliche Ordnung, Gesetzlichkeit und Einheit zu bringen und Segen im Erfolge zu sichern.“8 Für die päpstliche Lehrmeinung ist eine Familie eine Ehe zwischen Mann und Frau selbstverständlich.9 Dies ist auch im Brautleutesegen unmissverständlich.10 5 Vgl. Familie 21Brockhaus Enzyklopädie 8 Mannheim 2006 744–750 Vgl. Familie ³LTHK 3 Freiburg 2006 1168–1169, 7 Vgl. ebd. 1168. 8 Vgl. Schröter, August, Das goldene Familienbuch oder der köstliche Hauschatz für jede Haus- und Landwirtschaft und für Jedermann, Abdruck 1,2 Flauen5 1868 9 Vgl. Johannes Paul II., Familiaris Consortio. Apostolisches Schreiben über die Aufgaben der christlichen Familie in der Welt von heute, in: Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz, Bonn 51994/ Verlautbarungen des Apostolischen Stuhls, 33, 9. 10 Vgl. Meyer, Hans, Bernhard (Hg.), Handbuch der Liturgiewissenschaft, Sakramentliche Feier, 2, 130: „Du hast… den Menschen nach einem Bild erschaffen: Mann und Frau…“ O.CelMar und „Du schufest den Menschen zu deinem Ebenbilde. Ihm gabst du das Weib als unzertrennliche Gehilfin bei…“ MRom 1570 statt auf Gen 2,20-25 auf Gen 1,2 6 5 2.2. Familiäre Realität Die familiäre Wirklichkeit hat sich jedoch in den letzen 50 Jahren verändert. Die bunte Entwicklung nichtfamiliärer Strukturen findet bezeichnenderweise eine große Anzahl von Begriffen für nicht-eheliche Partnerschaften: Ein-Eltern-Familien, Wiederverheiratete Eltern, Single-Mamas, Partnerschaften mit getrennten Haushalten, Single-Papas, Lebensgemeinschaften und freie Partnerschaften insbesondere gleichgeschlechtliche Paare.11 2.2.1. Daten nicht-ehelicher Partnerschaften Der Anteil Ein-Eltern-Familien ist bei etwa 15-20 Prozent aller Familienformen, 10 Prozent aller Familienformen leben in Patchwork ähnlichen Familienstrukturen, circa 5 Prozent leben in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften und etwa 16 Prozent haben gar keine Partner, sind Single und damit Nicht-Familie per definitionem. Die verbleibenden 50 Prozent aller Familien sind ehelich.12 3. Päpstliche Lehrmeinung 3.1. Allgemein Papst Johannes Paul bezieht sich in seinem apostolischen Schreiben im Jahre 1981 auf nichteheliche Familienformen. Er betont, dass es grundsätzlich zwischen zwei Getauften nur einen unauflöslichen Ehebund geben kann. Er nimmt hierzu Stellung zur Ehe auf Probe.13 3.2. Nichteheliche Partnerschaften Freie Verbindungen sind mit geduldiger Aufklärung, liebevoller Ermahnung und dem Zeugnis christlich gelebter Familien darauf hinzuwirken, dass ihnen der Weg gebahnt werde, ihre Situation zu ordnen. Nur zivil getraute Ehepaare können von der Kirche leider nicht zu den Sakramenten zugelassen werden. Getrennten und Geschiedenen ohne Wiederheirat muss jedoch die kirchliche Gemeinschaft besondere Fürsorge zuwenden, damit es ihnen möglich ist in ihrer schwierigen Situation die Treue zu bewahren. Wiederverheiratete Geschiedene sind in fürsorglicher Liebe beizustehen, damit sie sich nicht von der Kirche getrennt betrachte, sondern als Getaufte ermahnt werden, das Wort Gottes zu hören, am heiligen Messopfer teilzunehmen und regelmäßig zu beten. Menschen ohne Familie sollen die Pforten der großen Familie der Kirche geöffnet werden. „Niemand ist ohne Familie auf dieser Welt.14 11 Vgl. Ochs, Mathias/Orban, Rainer, Was heißt schon Idealfamilie? Wie Alleinerziehende, Scheidungskinder und Patchworkfamilien glücklich werden, Heidelberg 2002, 43–44 12 Vgl. ebd. 45 13 Vgl. Johannes Paul II., Familiaris Consortio. Apostolisches Schreiben über die Aufgaben der christlichen Familie in der Welt von heute, in: Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz, Bonn 51994/ Verlautbarungen des Apostolischen Stuhls, 33, 84. 14 Vgl. ebd. 84–89 6 3.3. Speziell zu gleichgeschlechtlichen Partnerschaften Zur Kontaktaufnahme zu gleichgeschlechtlichen Verbindungen gibt es laut päpstlicher Lehrmeinung keine Empfehlung.15 Im Katechismus der katholischen Kirche 1993–1997 steht: „Eine nicht geringe Zahl von Männer und Frauen sind homosexuell veranlagt. Sie haben diese Veranlagung nicht selbst gewählt; für die meisten von ihnen stellt sie eine Prüfung dar.“ 16 3.4. Kirchliche Reaktionen zum Lebenspartnerschaftsgesetz 17 1935 wurde der „Schwulenparagraph“ eingeführt und in der NS-Diktatur wurden homosexuelle Männer in Konzentrationslager deportiert und dort umgebracht. Erst 1994 wurde die strafrechtliche Verfolgung von Männern aufgrund homosexueller Kontakte abgeschafft. Das Bundesverfassungsgericht der BRD hat im Juli 2002 das Lebenspartnerschaftsgesetz für verfassungskonform erklärt. Die Reaktionen der evangelischen und katholischen Kirche waren zurückhaltend bis ablehnend. Die katholische Kirche spricht gar von Kündigung wegen Loyalitätsverlust ihrer homosexuellen Mitarbeiter, die evangelische Kirche macht sich Sorge um die Ehe: 3.4.1. Meldung der katholischen Nachrichtenagentur vom 7.12.2002: Berlin: „Die katholischen Bischöfe drohen kirchlichen Mitarbeitern im Fall einer eingetragenen gleichgeschlechtlichen Partnerschaft mit Kündigung. Das neue Rechtsinstitut widerspreche der katholischen Lehre über Ehe und Familie. Sie verweisen auf die seit 1993 geltende Grundordnung des kirchlichen Dienstes, der eine Kündigung aus kirchenspezifischen Gründen vorsieht im Sinne eines schwerwiegenden Loyalitätsverlustes.“ 19 3.4.2. Pressemitteilung der deutschen Bischofskonferenz vom 17.7.2002: „Dramatische Verschiebung im Wertebewusstsein: Die Ehe kommt zu kurz. Die Deutsche Bischofskonferenz nimmt das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu den Normkontrollanträgen der Länder Bayern, Sachsen und Thüringen gegen das Lebenspartnergesetz mit großem Bedauern zur Kenntnis. Es setzt keine substantiellen Grenzen für die Gleichstellung homosexueller Lebensgemeinschaften mit der Ehe. Der qualitative Unterschied zwischen Ehe und anderen Lebensgemeinschaften verschwimmt. Die deutschen Bischöfe haben sich in ihrer Stellungnahme zum Lebenspartnerschaftsgesetz von der Sorge um die Ehe leiten lassen. Die Ehe ist die Lebensgemeinschaft von Mann und Frau und darauf angelegt, Kindern das Leben zu schenken. Das Eherecht schützt auch und gerade das Ehepaar, das Elternpaar geworden ist und Sorge und Verantwortung für Kinder trägt. Deshalb hat die Ehe gegenüber anderen Lebensformen herausgehobene Bedeutung und verdient – auch nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts – besondere Förderung. Die auf eine Ehe gegründete Familie ist weiterhin das Normmodell der Familie, in dem die Mehrheit der Kinder (etwa 80 Prozent) aufwächst. Umso befremdlicher erscheint es, dass die herausragende Bedeutung der Ehe in der Politik, in der Rechtsprechung und zusehends auch in Teilen der Human- und Sozialwissenschaften kaum mehr formuliert wird. Immer häufiger wird der enge 7 Zusammenhang von Ehe und Familie verkannt und dem gesellschaftlichen Rang der Ehe und ihrer Bedeutung für die Menschen nicht ausreichend Rechnung getragen.“ 20 Die Evangelische Kirche beruft sich auf das Wohl der Kinder, die zu 80 Prozent im Normmodell der Familie aufwächst. 3.4.3. Lehrmeinung anderer Kirchen 21 Im europäischen Protestantismus wächst das Verständnis dafür, dass gleichgeschlechtliche Partnerschaften als Beziehung zwischen zwei Menschen ebenfalls durch Vertrauen, Verlässlichkeit und Dauer gekennzeichnet sind und dass rechtliche Regelungen zum Schutz und zur Stützung solcher Lebensgemeinschaften beitragen können. Aber alle evangelischen Kirchen sind darauf bedacht, die Grenzen und Unterschiede zur Ehe aufrechtzuerhalten, die als eigentlicher Realisierungsort menschlicher Sexualität und Generativität angesehen wird. Die zu dem größten protestantische Kirchenverband der USA gehörende Pullen Memorial Baptist Church entschied sich als erste Kirche homosexuelle Partnerschaft zu segnen. Demgegenüber blieb die römisch-katholische Kirche, zumindest was ihre offiziellen Lehraussagen anbelangt, bei der traditionellen Auffassung. Johannes Paul II beurteilte alle Versuche einer juristischen Gleichstellung homosexueller Paare mit Eheleuten als moralisch unannehmbar: Es sind dies Handlungen, die in der moralischen Tradition der Kirche in sich schlecht genannt wurden. Wenn die Kirche das Bestehen in sich schlechter Handlungen lehrt, greift sie die Lehre der Heiligen Schrift auf. Der Apostel stellt kategorisch fest: Täuscht euch nicht! Weder Unzüchtige noch Götzendiener, weder Ehebrecher noch Lustknaben, noch Diebe, noch Habgierige, keine Trinker, keine Lästerer, keine Räuber werden das Reich Gottes erben! (1.Kor. 6,9.10). Auch die griechisch-orthodoxe Kirche blieb bei ihrer strikten Zurückweisung homosexueller Lebensweise.21 15 Vgl. Johannes Paul II., Familiaris Consortio. Apostolisches Schreiben über die Aufgaben der christlichen Familie in der Welt von heute, in: Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz, Bonn 51994/ Verlautbarungen des Apostolischen Stuhls, 33. 16 Vgl. McNeil Brian, Eine katholische Perspektive, in: Sauerbrey, Ute (Hg.), Ein Fleisch sein. Materialien zu Kirche und Homosexualität, Berlin 2002 17 Vgl. Gesetz über die eingetragene Lebenspartnerschaft (Lebenspartnerschafsgesetz- LpartG), Bundesgesetzblatt 2001 Teil 1 Nr. 9, Bonn 22.Februar 2001, 266 18 Vgl. Ochs, Mathias/Orban, Rainer, Was heißt schon Idealfamilie? Wie Alleinerziehende, Scheidungskinder und Patchworkfamilien glücklich werden, Heidelberg 2002, 43 19 Vgl. Sauerbrey, Ute, Ein Fleisch sein. Materialien zu Kirche und Homosexualität, Berlin 2002, 88 8 20 Vgl. ebd. 86 Vgl. Klautke , Jürgen-Burgkhard, Gegen die Schöpfung, Homosexualität im Licht der Heiligen Schrift, Neuhofen 2007 Theologische Schriften, 1. 21 4. Biblische Aussagen, theologische Würdigung und Wandel christlicher Sündenlehre Die evangelische Bischöfin Ute Sauerbrey zitiert aus Genesis: „Darum verlässt der Mann seinen Vater und seine Mutter und haftet seiner Frau an, und sie werden zu einem Fleisch (1.Mose 2,24).22 Klara Butting stellt diesen Vers in den Kontext biblischer Hoffnung: Ein Fleisch zu werden ist etwa für Paulus eine Verheißung, die nicht nur den Eheleuten gilt – sie wird immer dort wahr, wo Freie und Sklaven, Juden und Heiden, Männer und Frauen in der Nachfolge Jesu eins werden. Kinder werden auf dem gemeinsamen Weg geschenkt, lehrt Jesus – der selbst kinderlos ist, als Petrus besorgt fragt: „Wir haben alles verlassen und sind dir nachgefolgt“ (Markus 10,28). Es geht Gott darum, Not zu beenden, Versöhnung zu schaffen und gemeinschaftliches Leben zu ermöglichen. Individuelle Lebensversuche und Lebensformen müssen sich in diesem Rahmen verantworten, auch gleichgeschlechtliche.23 Klautke Jürgen betont dazu: „Die Kirche Jesu Christi ist eine Gemeinschaft von Sündern“24 Und Gabriele Benezeder verwendet jenen biblischen Satz zur Überdenkung der ähnlichen Situation für wiederverheirateten Geschiedenen: „Ihr steht nicht mehr unter dem Regime eines Gesetzes, sondern unter der Gnade“ (Röm 6,14).25 Elisabeth Hartlieb schreibt ihrem Artikel über Entsündigung durch Liebe folgendes: „Heterosexualität steht symbolisch für Generativität. Sie enthält das Potential der Fortpflanzung. Inzwischen haben sich die sozio-historischen Bedingungen unserer Industriegesellschaft soweit verändert, dass sich für jede und jeden individuell die Frage der Nachkommenschaft abgelöst von genitaler Sexualität stellt. Der Umgang mit Selbstbefriedigung, Empfängnisverhütung und Geburtenplanung einerseits, mit den Möglichkeiten der Reproduktionsmedizin andererseits, prägen die Erfahrung heterosexueller Genitalität. Die Selbstverständlichkeit der Verbindung von Genitalität und Generativität ist unwiderruflich fraglich geworden. Dies zeigt neue Tendenzen auch in Bezug auf die klassische Definition von Familie, da Kinder auch in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften entstehen können.26 Vgl. Sauerbrey, Ute, Ein Fleisch sein. Materialien zu Kirche und Homosexualität, Berlin 2002, 7. Vgl. Butting, Klara, Kann denn Liebe Sünde sein? Gleichgeschlechtliche Liebe, das biblische Menschenbild und die Weitergabe des Lebens, in: Sauerbrey, Ute (Hg.), Ein Fleisch sein. Materialien zu Kirche und Homosexualität, Berlin 2002 24 Vgl. Klautke , Jürgen-Burgkhard, Gegen die Schöpfung, Homosexualität im Licht der Heiligen Schrift, Neuhofen 2007 Theologische Schriften, 1. 22 23 9 25 Vgl. Benezeder Gabriele, Geschieden-Wiederverheiratet-Was dann? Diplomarbeit an der KTU, Linz 2009 26 Vgl. Hartlieb, Elisabeth, Kann denn Liebe Sünde sein? Zur sexuellen Obsession christlicher Sündenlehre, in: Sauerbrey, Ute (Hg.), Ein Fleisch sein. Materialien zu Kirche und Homosexualität, Berlin 2002 119 Elisabeth Hartlieb beschreibt in ihrer Arbeit die Auslegungsgeschichte von Gen 2-3 geprägt einem Muster, mit der Sexualität als Quelle von Lust und als Grundlage der Fortpflanzung verstanden und mit der Übertretung Gottes Wille mit Ungehorsam, Strafe und Tod verbunden wird. Sünde und Sexualität bewegen sich beide im Assoziationsbereich von Tod und Leben.27 Doch Sexualität als Ganzes gehört Gott allein. Hier ist nichts Sünde. Dies wird durch folgende Bibelstellen bestärkt: Wo die Liebe ist, dort ist Gott (1Joh 4,7f) „Alles was Gott geschaffen hat, ist gut und nichts ist verwerflich, wenn es mit Dank genossen wird, es wird geheiligt durch Gottes Wort und durch das Gebet“ (1.Brief Timotheus 4,4f) 10 27 Vgl. Hartlieb, Elisabeth, Kann denn Liebe Sünde sein? Zur sexuellen Obsession christlicher Sündenlehre, in: Sauerbrey, Ute (Hg.), Ein Fleisch sein. Materialien zu Kirche und Homosexualität, Berlin 2002 102 5. Wertvolle Rolle der Kirche im Umgang mit gleichgeschlechtlichen Partnerschaften Christoph Behrens schreibt von den unbegründeten Ängsten vom Ende des Monopols Ehe durch Anerkennung gleichgeschlechtliche Partnerschaften, dabei gilt es die Differenz der unterschiedlichen Lebensformen zu minimieren um Wertschätzung aller zu ermöglichen ohne die Institution Ehe zu gefährden.28 Auch heute begründet der Konsens die Ehe. Wo der Konsens gegeben ist, die Übereinstimmung, erwächst auch die ethische Selbstverpflichtung zusammenzubleiben. Grundsätzlich ist dieser Konsens mit der Liebe verbunden. Nichteheliche Lebensgemeinschaften werden heute auf der Basis des Liebesprinzips gelebt, schreibt Andreas Heller. Mit dem flüchtigen Gefühl der Liebe wird die Dauer, die Intensität, der Wechsel der Beziehungen von Paaren gerechtfertigt. Ehe und nichteheliche Lebensgemeinschaften stehen unter dem Primat von Liebe. Die Trennung wird weithin akzeptiert, wenn die Liebe erloschen ist. In der psychischen und emotionalen Bewältigung einer Trennung gibt es zwischen ehelichen und nichtehelichen Beziehungsformen kaum grundsätzliche Unterschiede. Die Ehe ist nach Plan Gottes ein Abbild des Bundes, den Gott mit seinem Volk geschlossen hat und immer wieder erneuert.29 Kann dies auch für gleichgeschlechtliche Partnerschaften gelten? Brian McNeil setzt sich in seiner Arbeit dafür ein, Menschen zu stärken, sie befähigen eine Partnerschaft durchzuhalten – und zwar im heterosexuellen wie auch homosexuellen Bereich. Ob es nun eine eingetragene Partnerschaft, eine Ehe oder eine Freundschaft ist – wichtig ist, dass es die Verlässlichkeit gibt in den Beziehungen von Partnern. Es gibt einen seelsorgerlichen Auftrag der Kirche an Menschen, die in Partnerschaften leben, egal in welchen.30 Schockenhoff Eberhard hebt jedoch deutlich hervor, dass den wichtigsten Dienst, der im Raum der Kirche jungen Menschen auf den Weg zu einer reifen Partnerschaft angeboten werden kann, die Ehepaare und die Familien selbst leisten. Wichtiger als alle soziologischen Analysen und theologischen Begründungen, wichtiger auch als päpstlich Enzykliken ist das Beispiel einer glaubwürdigen Durchschnittsfamilie, die jungen Menschen lebensnah vor Augen führt, wie sich die Idee einer erfüllenden Beziehung zwischen Frau und Mann in Ehe und Familie verwirklichen lassen könnte.31 28 Vgl. Behrens, Christoph, Heterosexueller Imperialismus? Homosexuelle Subversion? Von den Ängsten vor einem Ende des Monopols Ehe, in: Sauerbrey, Ute (Hg.), Ein Fleisch sein. Materialien zu Kirche und Homosexualität, Berlin 2002 29 Vgl. Heller, Andreas, Zusammenleben von Frau und Mann, Kirche und Nichteheliche Lebensgemeinschaften, 1989 11 30 Vgl. McNeil Brian, Eine katholische Perspektive, in: Sauerbrey, Ute (Hg.), Ein Fleisch sein. Materialien zu Kirche und Homosexualität, Berlin 2002 31 Vgl. Schockenhoff, Eberhard, Die Familie als Ort sozialen und moralischen Lehrens. Moraltheologische Überlegungen zu ihren anthropologischen Grundlagen, in: Goldschmidt, Nil/Beestermöller, Gerhard/Steger, Gerhard (Hg.), Die Zukunft der Familie und deren Gefährdungen, FS Norbert Glatzl, Münster 2002, Schriften des Instituts für christliche Sozialwissenschaften, 44,17–29. 6. Schlusskapitel Mit Karl Rahner schließe ich den Diskussionsinhalt meiner Arbeit: „Letztlich kommt es nicht auf Konservatismus und nicht auf Progressismus an, sondern darauf, dass die Menschen wirklich die Nähe Gottes erfahren und mit ihrem Leben auf Gott hin zurechtkommen.“ Familie werde, was du bist! Kirche, du auch! Austria Presseagenturmeldung aus Teletext des österreichischen Rundfunks vom 27.12.2010: „In Österreich ist der Eintrag freier Partnerschaften seit Jänner 2010 möglich. Bis September 2010 haben sich bisher 579 gleichgeschlechtliche Paare eingetragen.“ 12 7. BIBLIOGRAPHIE Schwertner, Siegfried M., Internationales Abkürzungsverzeichnis für Theologie und Grenzgebiete (IATG² ), Berlin /New York2 1992 Artikel aus Lexika Familie 21Brockhaus Enzyklopädie 8 Mannheim 2006 744–750 Familie ³LTHK 3 Freiburg 2006 1167–1178 Keil, Siegfried, Familie, in: TRE XI (1983), Berlin 1–23 Bücher Sauerbrey, Ute, Ein Fleisch sein. Materialien zu Kirche und Homosexualität, Berlin 2002 Heller, Andreas, Zusammenleben von Frau und Mann, Kirche und Nichteheliche Lebensgemeinschaften, 1989 Schröter, August, Das goldene Familienbuch oder der köstliche Hauschatz für jede Haus- und Landwirtschaft und für Jedermann, Abdruck 1,2 Flauen5 1868 Ochs, Mathias/Orban, Rainer, Was heißt schon Idealfamilie? Wie Alleinerziehende, Scheidungskinder und Patchworkfamilien glücklich werden, 2002 Artikel aus Sammelband Schockenhoff, Eberhard, Die Familie als Ort sozialen und moralischen Lehrens. Moraltheologische Überlegungen zu ihren anthropologischen Grundlagen, in: Goldschmidt, Nil/Beestermöller, Gerhard/Steger, Gerhard (Hg.), Die Zukunft der Familie und deren Gefährdungen, FS Norbert Glatzl, Münster 2002, Schriften des Instituts für christliche Sozialwissenschaften, 44,17–29. 13 Artikel aus Zeitschriften Johannes Paul II., Familiaris Consortio. Apostolisches Schreiben über die Aufgaben der christlichen Familie in der Welt von heute, in: Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz, Bonn 51994/ Verlautbarungen des Apostolischen Stuhls, 33, 68–89. Klautke , Jürgen-Burgkhard, Gegen die Schöpfung, Homosexualität im Licht der Heiligen Schrift, Neuhofen 2007 Theologische Schriften, 1. Monographie Benezeder Gabriele, Geschieden-Wiederverheiratet-Was dann? Diplomarbeit an der KTU, Linz 2009 ῼ