Kraft für den inwendigen Menschen

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Kraft für den inwendigen Menschen
Predigt zu Epheser 3, 14-21 von Pfarrer Hans-Jürgen Kopkow am 8. Mai 2016
Ich lese zunächst einmal den ganzen für heute vorgesehenen
Predigttext vor:
14 Deshalb beuge ich meine Knie vor dem Vater, 15 der der rechte
Vater ist über alles, was da Kinder heißt im Himmel und auf Erden, 16
dass er euch Kraft gebe nach dem Reichtum seiner Herrlichkeit, stark
zu werden durch seinen Geist an dem inwendigen Menschen, 17 dass
Christus durch den Glauben in euren Herzen wohne und ihr in der
Liebe eingewurzelt und gegründet seid. 18 So könnt ihr mit allen
Heiligen begreifen, welches die Breite und die Länge und die Höhe und
die Tiefe ist, 19 auch die Liebe Christi erkennen, die alle Erkenntnis
übertrifft, damit ihr erfüllt werdet mit der ganzen Gottesfülle. 20 Dem
aber, der überschwänglich tun kann über alles hinaus, was wir bitten
oder verstehen, nach der Kraft, die in uns wirkt, 21 dem sei Ehre in der
Gemeinde und in Christus Jesus zu aller Zeit, von Ewigkeit zu Ewigkeit!
Amen.
Man kann ja nicht jeden Sonntag über alles predigen, auch heute nicht.
Deshalb konzentriere ich mich heute wieder auf das, was in diesem
Text meiner Meinung nach ziemlich einmalig ist. Ich habe das hier noch
einmal auf dem Zettel abgedruckt.
Ich bitte Gott, … „16 dass er euch Kraft gebe nach dem Reichtum
seiner Herrlichkeit, stark zu werden an dem inwendigen Menschen …
damit ihr erfüllt werdet mit der ganzen Gottesfülle … und der Kraft,
die in uns wirkt.“
Von außen sieht ja bekanntlich vieles ganz anders aus, als es sich von
innen darstellt. Ich mache es mal an der Frage fest, die wir uns oft
stellen, wenn uns jemand begegnet. Ich meine die Frage: „Wie geht´s?“
Und dann wird übers Wetter und die Flüchtlinge, die Arbeit und die
Kinder, den Verein und den Urlaub, das Geld und die Gesundheit
geredet. Da fällt doch jedem sofort was zu ein.
Was würde wohl passieren, wenn ich die Frage ein bisschen
abgewandelt so stellen würde: „Wie geht´s eigentlich deinem
inwendigen Menschen?“
Ich vermute mal, die Frage würde Verwirrung stiften. Manch einer
würde sich doch fragen: „Meinem inwendigen Menschen? – Was soll
denn das wohl sein?“
Und wir sehen schon: Es ist sicher nicht schlecht, sich mal Gedanken
drüber zu machen: Wie geht´s eigentlich meinem inwendigen
Menschen? Und? Wie geht`s dem?
Nun mag der eine oder die andere einwenden: „Inwendiger Mensch!?
Wie das schon klingt. Kann man das nicht ein bisschen moderner
formulieren?“
Klar kann man das. Aber im Grunde hilft einem das mit der
Verlegenheit auch nicht weiter, in die man durch diese Frage gestürzt
wird. Denn eigentlich ist doch klar, worauf die Frage zielt.
Sie bleibt nicht beim Außen, sondern fragt nach dem Innen. Sie setzt
voraus: Es gibt Äußeres und Inneres, Äußerstes und Innerstes, eine
Außenseite und eine Innenseite, Äußerlichkeiten und Innerlichkeiten,
die Außenwand, also das Außenwändige, und die Innenwand, also das
Inwändige.
Wenn wir in den Spiegel schauen, sehen wir nur unsre Außenseite.
Aber was ist mit der Innenseite? Wie sieht es mit der aus?
Und? Fällt Dir und Ihnen dazu was ein? Es scheint so zu sein, als
würde der Schreiber des Epheserbriefes sich den Menschen wie eine
Hohlform vorstellen. Und schon stellt sich die nächste Frage: „Was
eigentlich erfüllt uns?“
Was veranlasst eigentlich den Schreiber des Epheserbriefes, dem
nachzugehen. Ganz einfach. Es geht ihm um das Thema „Kraft“. Er fragt
nach der Kraft, die wir brauchen, um die Herausforderungen zu
meistern, die auf uns zukommen.
Und er hat entdeckt, dass es eine Kraft gibt, die nicht von außen auf
uns wirkt, sondern die uns von innen erfüllt, eine Kraft, die in uns wirkt.
Er spricht von einer Fülle, die mit Gott zu tun hat. Gottesfülle ist sein
Begriff dafür.
Er bittet Gott darum, dass er uns mit seiner Kraft erfüllt, wie wir ein
Gefäß mit Wasser füllen.
Empfindest Du und empfinden Sie das auch so: Das ist eine
wunderbare Vorstellung, sich von Gott füllen lassen, sich von Gott die
überschwängliche Kraft zuströmen lassen.
Mir fällt dazu der sogenannte Römische Brunnen ein, wo die Schalen
von oben her gefüllt werden. Und erst dann, wenn sie ganz voll, wenn
sie ganz erfüllt sind, fließen sie über in die nächste Schale.
Bernhard von Clairvaux hat kam angesichts eines solchen Brunnens
auf folgende Gedanken:
Wenn du vernünftig bist,
erweise dich als Schale,
die wartet, bis sie gefüllt ist.
Auf diese Weise gibt sie das,
was bei ihr überfließt,
ohne eigenen Schaden weiter...
Lerne auch du,
nur aus der Fülle auszugießen.
Die gütige und kluge Liebe ist gewohnt überzuströmen,
nicht auszuströmen.
Ich möchte nicht reich werden, wenn du dabei leer wirst.
Wenn du kannst,
hilf mir aus deiner Fülle, wenn nicht, schone dich.
Wer bräuchte sie nicht, immer wieder, neue Kraft? Immer dann sehnt
man sich nach ihr, wenn man sich mal wieder müde und leer, ausgelaugt
und kraftlos fühlt.
Durch das Vaterunser wissen wir, woher unsere Kraft kommt bzw.
kommen könnte: „Denn dein ist die Kraft und die Herrlichkeit“.
Und genau darum geht’s doch, um die – wie es hier heißt – „Kraft
nach dem Reichtum seiner Herrlichkeit.“ So möge Gott uns, seinen
Kindern, all seinen Kindern, die Kraft geben, die Kraft zuströmen, die
wir brauchen, um bewältigen zu können, was gerade ansteht.
Von ihm erfüllt bleibt unser Inneres nicht hohl, sondern in allerbesten
Sinne erfüllt. So möge es sein. Amen.
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