Antibiotikaempfehlungen bei nicht odontogenen Infektionen und zur Prophylaxe im MKG-Bereich Tabelle 21 Indikation Plastisch-chirurgischer Hauteingriff Dysgnathiechirurgie Tumorchirurgie und andere Eingriffe mit Zutritt der Mundhöhlenflora 8. Antibiotikaempfehlung Flucloxacillin (Staphylex®) 3x1g Bemerkungen Bei gleichzeitig vorliegender internistischer Begleiterkrankung Antibiose zumeist oral und über 1 Woche Cefotiam (Spizef®) 1g oder i.m.-Gabe mit der 2g i.m. Prämedikation als oneshot-Prophylaxe Cefotiam (Spizef®) perioperativ wie bei Amoxicillin/Clavulansäure Dysgnathiechirurgie, in (Augmentan®) 3 x 1 g schweren Fällen Augmentan® i.v. mehrere Tage AUSBLICK UND NEUE ANTIBIOTIKA Wenngleich zum heutigen Zeitpunkt an der halleschen Universitätsklinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Plastische Gesichtschirurgie generell ein sehr niedriges Resistenzniveau gegen relevante Erreger vorliegt, so ist jedoch auch an dieser Klinik in Zukunft mit einem Anstieg der Resistenzquoten zu rechnen. Infolgedessen sind andere, zum Teil neue Antibiotika für einen Wechsel des Regimes in Therapie und Prophylaxe erforderlich. Hier ist an erster Stelle das Azithromycin (Zithromax®) zu nennen. Wie eingangs beschrieben, bietet es einige pharmakokinetische Vorzüge, woraus letztlich eine anwenderfreundliche Applikation in lediglich drei Einzelgaben resultiert (Gladue et al. 1989, Hof 1999). Die neuesten Ergebnisse von Al-Nawas bescheinigten dem Azithromycin, welches über drei Tage mit je einer einmaligen Gabe verabreicht wurde, einen gleichwertigen antimikrobiellen Effekt wie eine Therapie mit Amoxicillin-Clavulansäure über 7 Tage, verteilt auf je drei Einzelgaben (Al-Nawas 2001). Zudem wurde über deutlich weniger gastrointestinale Nebenwirkungen berichtet, so dass eine Anwendung auch bei Kindern problemlos realisierbar wäre (Treadway und Reismann 2001). Möglicherweise stellt auch Telithromycin, die neueste Weiterentwicklung aus der Gruppe der Makrolid-Antibiotika, ein weiteres AlternativAntibiotikum in der MKG-Chirurgie der Zukunft dar. Telithromycin reichert sich besonders gut in Geweben an, der antibiotische Effekt durch Bindung an ribosomale Bakterien-RNS ist zehnfach stärker als bei den bisher bekannten Makroliden (Vogel und Scholz 2002). 53 Es ist ferner zu erwarten, dass die neueren Fluorchinolone in der Therapie odontogener, aber auch nicht odontogener Infektionen an Bedeutung gewinnen werden. Am erfolgversprechendsten sind die Präparate Levofloxacin (Tavanic®) und Moxifloxacin (Avalox®). Beide zeigen eine antimikrobielle Aktivität gegenüber oralen anaeroben und kapnophilen Mikroorganismen bei gleichzeitig hoher antimikrobieller Wirkung auf das aerobe Keimspektrum (Pfister et al. 2000 a,b). 9. ZUSAMMENFASSUNG Antibiotika sind in der Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie wie auch in der Zahnheilkunde unentbehrlich. Der klinische Antibiotikaeinsatz umfaßt die Therapie odontogener Weichteilentzündungen, die Behandlung nicht odontogener postoperativer Weichteilinfektionen sowie die Prophylaxe bei operativen Eingriffen. Dabei ist die Kenntnis des gesamten Keimspektrums und der Resistenzsituation erforderlich, um eine klinisch effektive und möglichst auch erregerspezifische Antibiose garantieren zu können. Im Rahmen dieser relativ aufwendig angelegten prospektiven Studie wurden unter normierten Entnahme- und Transportbedingungen 65 odontogene und 96 postoperative, nicht odontogene Weichteilinfektionen hinsichtlich Keimspektrum und Resistenz gegen Antibiotika untersucht. Im Ergebnis präsentierten sich die odontogenen Infektionen als aerob-anaerobe Erregergemische mit durchschnittlich 3 bis 4 Erregern pro eitriger Infektion. Dabei zeigte sich die Dominanz anaerober Spezies: Anaerobe Keime überwogen in einem Verhältnis von mehr als 2:1. Im aeroben Bereich fanden sich überwiegend Vertreter der Gattungen Streptococcus und Neisseria. Das anaerobe Spektrum wurde bei den grampositiven Erregern durch die Genera Peptostreptococcus, Eubacterium und Actinomyces repräsentiert. Im anaeroben gramnegativen Bereich dominierten die Erregergattungen Prevotella und Fusobacterium. Völlig andere Keimspektren wurden bei den nicht odontogenen, postoperativen Weichteilinfektionen gefunden. Hierbei überwogen die Aerobier gegenüber den Anaerobiern etwa in einem Verhältnis von 4:1. Im Keimspektrum fanden sich zumeist aerobe Kokken, aber auch Pseudomonaden und Vertreter der Familie der Enterobacteriaceae konnten häufig isoliert werden. Hinsichtlich der bakteriellen Resistenz gegenüber Antibiotika konnte der Universitätsklinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Plastische Gesichtschirurgie der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg im nationalen und internationalen Vergleich eine außerordentlich niedrige Resistenzquote im beim odontogenen Infektionsprozess 54