Lehrstuhl für Technische Elektrophysik Technische Universität München Elektromagnetische Feldtheorie Vorlesungsskript Prof. Dr. G. Wachutka 29. November 2010 Inhaltsverzeichnis 2 Inhaltsverzeichnis 1 Klassische Kontinuumstheorie des Elektromagnetismus 1.1 Maxwellsche Gleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2 Energie von elektromagnetischen Feldern . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2.1 Elektrische Energiedichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2.2 Magnetische Energiedichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2.3 Allgemeine Bilanzgleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2.4 Energiebilanz des elektromagnetischen Feldes . . . . . . . . . . . 1.3 Potentialdarstellung des elektromagnetischen Feldes . . . . . . . . . . . . 1.3.1 Elektromagnetisches Vektor- und Skalarpotential . . . . . . . . . 1.3.2 Maxwellsche Gleichungen in Potentialdarstellung . . . . . . . . . 1.4 Feldverhalten an Materialgrenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.4.1 Grenzflächenbedingung für die normalen Feldkomponenten . . . . 1.4.2 Grenzflächenbedingungen für die tangentialen Feldkomponenten . 1.5 Das Randwertproblem der Potentialtheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.5.1 Das RWP der Elektrostatik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.5.2 Klassifikation der Potential-Randwertprobleme . . . . . . . . . . . 1.5.2.1 Dirichletsche Randwertbedingung . . . . . . . . . . . . . 1.5.2.2 Neumannsche Randbedingung . . . . . . . . . . . . . . . 1.5.2.3 Gemischtes Randwertproblem . . . . . . . . . . . . . . . 1.5.3 Analytisches Lösungsverfahren für die Poissongleichung . . . . . . 1.5.3.1 Orthogonalentwicklung nach Eigenfunktionen von ∆ . . 1.5.3.2 Lösung mittels Greenfunktion . . . . . . . . . . . . . . . 1.5.3.3 Spiegelladungsmethode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.5.4 Randwertproblem für stationäre Strömungen . . . . . . . . . . . . 1.5.4.1 Grundgleichungen, Rand- und Grenzflächenbedingungen 1.5.5 Korrespondenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 4 5 5 9 13 15 17 17 20 23 23 26 30 30 34 34 35 37 41 41 44 47 51 51 56 2 Makromodellierung des Elektromagnetismus in technischen Systemen 2.1 Flusserhaltende Diskretisierung durch Ersatzschaltbilder . . . . . . . . . 2.1.1 Partition in Blockkomponenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.1.1 Diskretisierung in Finite Netze (Finite Volumina, Finite Boxen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.1.2 Stromdiskretisierung (Knotenregel) . . . . . . . . . . . . 2.1.1.3 Konzentrierte Elemente (Kompaktmodelle) . . . . . . . . 2.1.2 Physikalische Modellierung von Mehrpol-Blockkomponenten . . . 57 57 57 57 58 60 67 Inhaltsverzeichnis 2.2 2.3 2.4 3 Kapazitive Speicherelemente (Kondensator, Batterie, Akku, . . . ) . . . . . 68 2.2.1 Kondensatoranordnungen (Geometrie und Topologie) . . . . . . . 68 2.2.2 Maxwellsche Kapazitätsmatrix . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 2.2.2.1 Beziehungen zwischen Leiterladungen und -potentialen . 70 2.2.2.2 Darstellung der gespeicherten elektrischen Energie . . . 71 2.2.2.3 Teilkapazitätskoeffizienten . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 Induktive Speicherelemente (Spulen, Drosseln) . . . . . . . . . . . . . . . 77 2.3.1 Spulenanordnung (Geometrie und Topologie) . . . . . . . . . . . . 77 2.3.2 Induktionskoeffizienten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 2.3.3 Zusammenhang mit der magnetischen Feldenergie . . . . . . . . . 82 Niederfrequente Wechselstromnetzwerke . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 2.4.1 Grundlegende Begriffe der Wechselstromlehre . . . . . . . . . . . 86 2.4.1.1 Wechselspannungsgenerator . . . . . . . . . . . . . . . . 86 2.4.1.2 Zeigerdarstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 2.4.2 Wechselstromschaltungen mit linearen Bauelementen . . . . . . . 94 2.4.2.1 Lineare Wechselstrom-Bauelemente . . . . . . . . . . . . 94 2.4.2.2 Elementare Beispiele für lineare Wechselstrombauelemente 96 2.4.2.3 Kirchhoffsche Regeln für Wechselstromschaltungen . . . 101 2.4.2.4 Einfache Grundschaltungen aus R, L, C . . . . . . . . . 102 2.4.2.5 Zusammenfassung Wechselstromschaltungen . . . . . . . 105 2.4.3 Leistung und Effektivwerte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 2.4.3.1 Momentane Leistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 2.4.3.2 Effektivwerte, Wirkleistung . . . . . . . . . . . . . . . . 108 2.4.3.3 Leistungsbilanz bei energiespeichernden Bauelementen . 112 2.4.3.4 Scheinleistung und Blindleistung . . . . . . . . . . . . . 114 4 1 Klassische Kontinuumstheorie des Elektromagnetismus in materiellen Medien 1.1 Maxwellsche Gleichungen Die Grundgleichungen des Elektromagnetismus lassen sich wie folgt zusammenfassen (vgl. § 4.4 der Vorlesung Elektrizität und Magnetismus ): #» div D = ρ (1.1) #» ∂B #» rot E = − ∂t (1.2) #» div B = 0 (1.3) #» #» #» ∂ D rot H = j + ∂t (1.4) Die Maxwellschen Gleichungen sind Naturgesetze. 5 Hinzu kommen die drei phänomenologischen Materialgleichungen (Modellgleichungen): #» #» D = E (1.5) #» #» B = µH (1.6) #» #» j = σE (1.7) Das System (1.1) - (1.7) ist auf einem Gebiet Ω ⊂ E3 zu lösen (nach entsprechender #» #» Substitution und Elimination ergibt sich ein geschlossenes System für E, H ). Nach Vorgabe von passend gewählten Randwerten auf ∂Ω und Anfangsbedingungen für t = t0 sind hierdurch alle elektromagnetischen Vorgänge vollständig bestimmt. 1.2 Energie von elektromagnetischen Feldern 1.2.1 Elektrische Energiedichte (i) Energie zum Aufbau einer diskreten Ladungsanordnung (qi , #» r i )|i=1, ..., N : 1 Wel = 4π = N X k=2 = q3 q1 q3 q2 q2 q 1 + #» + #» + ... #» #» #» | r 2 − r 1 | | r 3 − r 1 | | r 3 − #» r 2| N X X qk k−1 qi 1 qk qi = #» #» #» 4π i=1 | r k − r i | i<k 4π | r k − #» r i| i,k=1 N 1 1 X qk qi #» 2 4π i6=k | r k − #» r i| i,k=1 ! 1.2.1 Elektrische Energiedichte 6 (ii) Übergang zu einer kontinuierlichen Ladungsverteilung ρ( #» r ): (qi , #» r i )|i=1, ..., N N X {. . . , #» r i , . . .} qi i=1 → → ρ( #» r) {. . . , #» r , . . .} ρ( #» r ) d3 r Z V Also: 1 Z Z ρ( #» r )ρ( #» r 0) 3 3 0 Wel = d rd r 8π | #» r − #» r 0| (1.8) V V (iii) Differentielle Änderung der elektrischen Energie: ρ( #» r ) → ρ( #» r ) + δρ( #» r) Folgende Definitionen sollen gelten: F (α) := Wel [ρ + αδρ] ; α ∈ R d δWel [ρ, δρ] := Wel [ρ + αδρ] dα α=0 Damit gilt: dF · 1 + O δρ2 Wel [ρ + δρ] = F (1) = F (0) + dα α=0 d = Wel [ρ] + Wel [ρ + αδρ] + O δρ2 dα α=0 = Wel [ρ] + δWel [ρ; δρ] + O δρ2 1.2.1 Elektrische Energiedichte 7 Dadurch folgt für die differentielle Änderung der elektrischen Energie: d 1 1 Z Z (ρ( #» r ) + αδρ( #» r ))(ρ( #» r 0 ) + αδρ( #» r 0 )) 3 3 0 δWel = d r d r dα 2 4π | #» r − #» r 0| V V 1 1 Z Z d = 2 4π dα V V V V = Z V ! (ρ( #» r ) + αδρ( #» r ))(ρ( #» r 0 ) + αδρ( #» r 0 )) d3 r d3 r0 #» #» 0 |r − r | α=0 ! ρ( #» r ) δρ( #» r 0 ) δρ( #» r ) ρ( #» r 0) + #» #»0 d3 r d3 r 0 | #» r − #» r 0| |r − r | 1 1 Z Z = 2 4π Z 1 Z ρ( #» r 0) 3 0 3 #» d r δρ( r ) d r = Φ( #» r ) δρ( #» r ) d3 r 4π | #» r 0 − #» r| V V Φ( #» r ): Elektrostatisches Potential {z | } Fazit: δWel = Z Φ( #» r ) δρ( #» r ) d3 r (1.9) V #» #» (iv) Darstellung durch Feldgrößen E bzw. D: #» • δρ verursacht δD gemäß div δ D = δρ . #» #» • E genügt E = −∇Φ. #» • δρ sei eingeschlossen in der Kugel K( 0 , R). Damit folgt: #» Φ( #» r ) div δ D( #» r ) d3 r Z δWel = #» K( 0 ,R) =− Z #» K( 0 ,R) α=0 #» #» grad Φ( #» r ) δ D( #» r ) d3 r + Φ( #» r ) δ D( #» r ) |{z} d #» a | {z } | {z } | {z } #» δK( 0 ,R) 1 1 ∼ R2 −E( #» r) ∼ ∼ 2 R R Z 1.2.1 Elektrische Energiedichte 8 Für R → ∞ folgt damit: Z δWel = #» #» E · δ D d3 r (1.10) R3 Zudem gilt: Z Wel = wel ( #» r ) d3 r R3 Z δWel = δwel ( #» r ) d3 r R3 (v) Interpretation: #» #» #» Es gebe ein Materialgesetz D → 7 E(D). Dann ist #» #» δwel = E · δ D (1.11) die lokale differentielle Änderung der Energiedichte des elektrischen Feldes und #» wel = ZD #» #» #» E(D0 ) · dD0 #» 0 #» #» Wegintegral im E-D-Raum | {z } ist die (lokale) Energiedichte des elektrischen Feldes. (1.12) 1.2.2 Magnetische Energiedichte 9 #» #» (vi) Beispiel: D = E, = const. #» wel = ZD #» 0 Dx Dy Dz 0 0 0 Z Z 1 #» #» 1 Z 0 D dD = Dx dDx0 + Dy0 dDy0 + Dz0 dDz0 = 1 (Dx2 + Dy2 + Dz2 ) 2 Also: wel = #»2 1 #» #» 1 #»2 D = E = E ·D 2 2 2 (1.13) 1.2.2 Magnetische Energiedichte (i) Elektromagnetische Leistung zur Aufrechterhaltung einer Stromverteilung: • Diskrete Ladungen qk haben am Ort #» r k (t) die Geschwindigkeit #» v k (t). Damit folgt für die elektromagnetische Leistung: Pelmag = − N X #» F k ( #» r k ) · #» vk k=1 =− N X k=1 =− N X k=1 qk #» #» E( #» r k )+ #» v k × B( #» r k ) · #» vk | {z 0 } #» qk #» v · E( #» r k ) (= − mechanische Leistung) 1.2.2 Magnetische Energiedichte 10 #» • Kontinuierliche Stromverteilung j ( #» r ) = ρ( #» r ) #» v ( #» r ): N X {. . . , #» r k , . . .} qk → k=1 {. . . , #» r , . . .} ρ( #» r ) d3 r Z V ⇒ Pelmag = − Z #» ρ( #» r ) #» v ( #» r ) · E( #» r ) d3 r V Also: Pelmag = − Z #» #» #» j ( r ) · E( #» r ) d3 r (1.14) V #» #» (ii) Darstellung durch Feldgrößen H bzw. B: #» #» #» ∂ D Durch Einsetzen von rot H = j + in (1.14) folgt: ∂t Pelmag = − Z #» #» rot H · E d3 r + Z V V | Z V #» #» ∂ D 3 E· dr ∂t {z } ∂wel 3 dWel dr= ∂t dt dWel ist die Änderung des rein elektrischen Energieinhalts. Demnach ist die dt dWmag Änderung des magnetischen Energieinhalts enthalten im Term: dt − Z V #» #» ! rot H · E d3 r = Z V | ∂wmag 3 d r + Energiefluss aus System durch Berandung ∂V ∂t {z dWmag dt } 1.2.2 Magnetische Energiedichte 11 Nebenrechnung #» #» #» #» div(E × H) = ∇ · (E × H) #» #» #» #» = (∇ × E) · H − (∇ × H) · E #» ∂ B #» #» #» =− · H − rot H · E ∂t Damit gilt: − Z #» #» rot H · E d3 r = V Z V = Z V #» Z ∂ B #» 3 #» #» · H d r + div(E × H) d3 r ∂t V #» Z ∂ B #» 3 #» #» · H d r + E × H d #» a ∂t ∂V #» Mit V = K( 0 , R) folgt für R → ∞: Pelmag #» Z #» ∂ D 3 = E· d r+ {z ∂t} R3 R3 | δwel δt{z } | | dWel dt Z #» Z #» ∂ B 3 #» #» H· (E × H) · d #» a d r + lim R→∞ #» | {z ∂t} | r |=R δwmag δt{z } dWmag dt Für den letzten Term gilt dabei: 1 #» E∼ n R 1 #» H∼ m R für n = 2, mZ = 3: quasistatischer Fall #» #» ⇒ lim (E × H) d #» a →0 für n =Z 1, m = 1: dynamischer Fall #» #» (E × H) d #» a ist die totale abgestrahlte Leistung ⇒ R→∞ | #» r |=R | #» r |=R 1.2.2 Magnetische Energiedichte 12 (iii) Fazit: Differentielle Änderung der gesamten magnetischen Energie: δWmag = Z #» #» H( #» r ) · δ B( #» r ) d3 r (1.15) R3 Differentielle Änderung der Energiedichte des magnetischen Feldes: #» #» δwmag = H · δ B (1.16) Energiedichte des magnetischen Feldes: #» wmag = ZB #» #»0 #»0 H(B ) · dB (1.17) #» 0 #» #» (iv) Beispiel: B = µH, µ = const. #» wmag = µ ZH #» 0 #»0 #»0 µ #»2 1 #» #» H · dH = H = H · B (1.18) 2 2 1.2.3 Allgemeine Bilanzgleichung 13 1.2.3 Allgemeine Bilanzgleichung (i) Sei X eine physikalische Größe, die eine Dichte x( #» r , t) besitzt (extensive Größe), das heißt: X(V ) = Z x( #» r , t) d3 r, ∀ Kontrollvolumina V V Beispiele: Ladung Masse Teilchen Energie X= Q M N W(el,mag) Ladungsdichte Massendichte Konzentration Energiedichte x= ρel ρM n w(el,mag) (ii) Bilanzgleichung in integraler Form (vgl. Abb. 1.1): #» #» J x heißt Stromdichte zu X: J x = x( #» r , t) #» v x ( #» r , t). #» #» J x · d a ist die Menge der Größe X, die pro Zeiteinheit die Kontrollfläche d #» a in Normalrichtung passiert. Abbildung 1.1: Stromdichte in einem Kontrollvolumen Es gilt: Z Z dX(V ) #» = − J x d #» a + Πx d3 r dt ∂V V (1.19) 1.2.3 Allgemeine Bilanzgleichung 14 Wobei Πx die Produktionsrate der Größe X pro Volumen- und Zeiteinheit bezeichnet. (iii) Bilanzgleichung in differentieller Form: Z Z d Z #» x( #» r , t) d3 r = − div J x ( #» r , t) d3 r + Πx ( #» r , t) d3 r dt V V V ∀ Kontrollvolumina V Damit folgt: ∂x #» = − div J x + Πx ∂t (1.20) (iv) Beispiele: • Ladungerhaltung: Mit (1.1) und (1.4) gilt: #» ∂D #» #» ∂ρ #» = div j + 0 ≡ div(rot H) = div j + div ∂t | {z∂t} ∂ #» ∂ρ div D = ∂t ∂t Daraus folgt: #» ∂ρ 0 = div j + ∂t • Teilchenbilanz im Halbleiter: Elektronen: ∂n #» = − div J n + Gn ∂t Löcher: ∂p #» = − div J p + Gp ∂t Gn und Gp sind die jeweiligen Teilchengenerationsraten. 1.2.4 Energiebilanz des elektromagnetischen Feldes 15 • Energiebilanz für das elektromagnetische Feld: ∂welmag #» + div J elmag = Πelmag ∂t #» #» #» ∂ D #» ∂ B #» #» #» E· +H · + div J elmag = − j · E | {z ∂t} | {z ∂t} ∂wel ∂wmag ∂t ∂t 1.2.4 Energiebilanz des elektromagnetischen Feldes, Poynting-Vektor (i) Wir wissen aus (1.11) und (1.16): #» #» ∂wel #» ∂ D ∂wmag #» ∂ B =E· , =H· ∂t ∂t ∂t ∂t Sowie (1.14): Πelmag #» #» = − j · E, wegen Pelmag = − Z #» #» 3 j ·E d r V Andererseits gilt: #» #» ∂ D #» #» #» #» #» #» #» ∂ B #» div E × H = rot E · H − E · rot H = −H · − E ·( + j) ∂t ∂t #» Also: #» #» #» #» ∂ D #» ∂ B #» #» #» E· +H· + div E × H = − j · E | {z } ∂t {z ∂t} | Πelmag ∂welmag ∂t (1.21) 1.2.4 Energiebilanz des elektromagnetischen Feldes 16 (ii) (1.21) legt nahe: #» #» #» S := E × H (1.22) Poynting-Vektor ist mit der elektromagnetischen Energiestromdichte zu identifizieren. #» #» #» #» NB: Durch (1.21) ist J elmag nur bis auf ein additives Vektorfeld S 0 mit div S 0 = 0 eindeutig bestimmt, das heißt #» #» #» #» J elmag = E × H + S 0 (1.23) #» mit div S 0 = 0 ist die elektromagnetische Energiestromdichte. (iii) Beispiele: #» Elektrostatisches Feld (z.B. E = const.) #» Magnetostatisches Feld (z.B. H = const.) #» #» #» ⇒ S = E × H = const. 6= 0, aber Energiefluss = 0! In der Tat: Z ∂V #» S d #» a = Z V #» div S d3 r = Z #» #» div E × H d3 r = 0, V ∀ Hüllflächen V #» D. h. für die integrale Bestimmung des Leistungsflusses kann S verwendet werden. 17 1.3 Potentialdarstellung des elektromagnetischen Feldes 1.3.1 Elektromagnetisches Vektor- und Skalarpotential (i) Vektorpotential (allgemein): #» #» #» • Sei U ( #» r ) ein Vektorfeld mit U ( #» r ) = rot V ( #» r ). Dann gilt: #» #» div U = div(rot V ) = 0 • In „sternförmigen“ Gebieten Ω ⊂ R3 gilt auch die Umkehrung: #» div U = 0 in Ω #» #» #» ⇒ es existiert V ( #» r ) auf Ω mit U = rot V in Ω Satz von Poincaré (Bourne/Kendall: § 7.3, Großmann: § 5.2.9) • Das Vektorpotential ist nur bis auf ein additives Gradientenfeld bestimmt, denn: #» #» #» #» #» U = rot V = rot V 0 ⇒ rot(V − V 0 ) = 0 Mit § A.5 (iii) der Vorlesung Elektrizität und Magnetismus folgt: #» #» es existiert χ( #» r ) mit V − V 0 = grad χ( #» r) 1.3.1 Elektromagnetisches Vektor- und Skalarpotential 18 Das heißt: #» #» V 0 = V − grad χ( #» r) (ii) Elektromagnetisches Vektorpotential: Nach § 1.1 gilt stets: #» div B( #» r , t) = 0 in R3 × (−∞, ∞) #» Damit existiert ein A( #» r , t) mit: #» #» B( #» r , t) = rot A( #» r , t) (1.24) #» A heißt elektromagnetisches Vektorpotential. #» NB: A ist durch (1.24) nur bis auf ein additives Gradientenfeld eindeutig bestimmt: #» #» #» #» #» A und A 0 := A − ∇χ liefern dasselbe B-Feld (Eichfreiheit). (iii) Skalares elektromagnetisches Potential: Nach (1.2) gilt: #» ∂ B (1.24) ∂ #» #» #» ˙ rot E = − = − rot A = − rot A ∂t ∂t #» #» ˙ ⇒ rot(E + A) = 0 Damit folgt mit § A.5 (iii) aus der Vorlesung Elektrizität und Magnetismus : #» #» ˙ ∃ Φ( #» r , t) mit E + A = − grad Φ 1.3.1 Elektromagnetisches Vektor- und Skalarpotential 19 Also: #» ∂ A #» #» #» E = − grad Φ( r , t) − ( r , t) ∂t (1.25) Φ heißt elektromagnetisches skalares Potential. #» NB: (1.25) verallgemeinert E = − grad Φ aus der Elektrostatik auf den zeitabhängigen Fall. Daher wird Φ oft auch (schlampigerweise) elektrisches Potential genannt. (iv) Eichtransformation: #» #» #» Wird das Vektorpotential gemäß A 0 := A − ∇χ „umgeeicht“, so muss auch das skalare Potential transformiert werden, damit (1.25) gültig bleibt. ! #» #» #»0 ∂ A ∂ ∂χ ∂A ∂ A 0 0 0 = ∇Φ + − ∇χ = ∇ Φ − + ∇Φ + ∂t ∂t ∂t ∂t ∂t #» ∂A = ∇Φ + ∂t ! Damit muss für Φ0 gelten: Φ0 − ∂χ ! = Φ + (const.) ∂t Insgesamt folgt also: #» #» A 0 ( #» r , t) = A( #» r , t) − ∇χ( #» r , t) (1.26a) ∂χ #» Φ0 ( #» r , t) = Φ( #» r , t) + ( r , t) ∂t (1.26b) #» #» #» liefern für beliebige Eichfunktionen χ( #» r , t) dasselbe E- und B-Feld wie A und Φ. Beweis: In (1.24) und (1.25) einsetzen. 1.3.2 Maxwellsche Gleichungen in Potentialdarstellung 20 1.3.2 Maxwellsche Gleichungen in Potentialdarstellung #» (i) Durch Einführen der elektromagnetischen Potentiale A, Φ sind die homogenen Maxwellgleichungen #» div B = 0 und #» #» ∂ B rot E + =0 ∂t identisch erfüllt. Einsetzen von (1.24) und (1.25) in die inhomogenen Maxwellgleichungen (1.1) und (1.4) liefert (bei linearen Materialgleichungen): #» #» ∂ #» ρ = div D = div E = − div (∇Φ) − div A ∂t ! #» #» 1 ∂ ∂A ∂ #» ∂ D #» #» (∇Φ) + j = rot H − = rot rot A + ∂t µ ∂t ∂t ∂t div(∇Φ) + ∂ #» div( A) = −ρ ∂t ! ! #» ∂2 A ∂Φ 1 #» #» rot A + +∇ = j rot 2 µ ∂t ∂t (1.27) (1.28) #» Ziel ist nun die Entkopplung dieser Gleichungen bezüglich A und Φ. (ii) Lorenzeichung: • Seien und µ räumlich konstant. Mit einer geeigneten Eichfunktion χ lässt sich die Lorenzeichung ∂Φ #» div A + µ =0 ∂t (1.29) 1.3.2 Maxwellsche Gleichungen in Potentialdarstellung 21 erfüllen. #» • Damit lässt sich A aus (1.27) eliminieren: ∆Φ − µ ∂ 2Φ ρ =− 2 ∂t (1.30) Wellengleichung • Weiter ist: #» #» #» #» rot rot A = ∇ × ∇ × A = ∇(div A) − ∆ A ∂Φ aus (1.28), so erhält man: ∂t ! #» ∂2 A ∂Φ #» #» #» ∇(div A) − ∆ A + µ + ∇ µ = jµ 2 ∂t ∂t | {z } #» −∇(div A) Eliminiert man zudem mit (1.29) Daraus folgt: #» ∂2 A #» #» ∆ A − µ 2 = −µ j ∂t (1.31) Wellengleichung Kompaktschreibweise: ρ/ ∂2 Φ (∆ − µ 2 ) #» = − #» µ j A ∂t | {z } Wellenoperator ! ! (1.32) 1.3.2 Maxwellsche Gleichungen in Potentialdarstellung 22 #» Alle vier Komponenten von A, Φ werden formal gleich behandelt (vierdi #» mensionale Raum-Zeit, Viererpotential, Viererstromdichte ρc, j ). (iii) Coulombeichung: • Seien , µ (stückweise) räumlich konstant: Mit einer passend gewählten Eichfunktion χ ergibt sich die Coulombeichung (oder optische Eichung): #» div A = 0 (1.33) div(∇Φ) = −ρ( #» r , t) (1.34) • (1.27) lautet dann: Poissongleichung Sie ist instantan bezüglich der Zeit t und sieht formal aus wie im elektrostatischen Fall, obwohl Φ( #» r , t) das elektromagnetische Skalarpotential ist. • (1.28) vereinfacht sich zu: ! #» ∂2 A ∂ #» #» (∇Φ) ∆ A − µ = −µ j − ∂t2 ∂t | {z } #» jt (1.35) Dies ist die Wellengleichung mit der divergenzfreien, transversalen Stromdichte ∂ #» #» (grad Φ) (Beweis: Bilde Divergenz von (1.28)). j t := j − ∂t 23 1.4 Feldverhalten an Materialgrenzen 1.4.1 Grenzflächenbedingung für die normalen Feldkomponenten #» (i) Das Vektorfeld U ( #» r ) erfülle die Beziehung #» div U = γ (1.36) mit Volumendichte γ #» #» Beispiele hierfür sind div D = ρ oder div B = 0. 1 und 2 in An einer Grenzfläche Σ zwischen zwei verschiedenen Materialien #» den Gebieten Ω1 und Ω2 existiere eine Grenzflächendichte ν( r ) der durch γ( #» r) beschrieben extensiven Größe (z.B. γ = ρ damit ν = σ Oberflächenladungsdichte). Abbildung 1.2: Oberflächenladungsdichte an Grenzfläche Für ein Kontrollvolumen V , welches die Grenzfläche Σ schneidet, V ∩ Σ 6= ∅, gilt dann (vgl. Abb. 1.2): Z ∂V #» U · d #» a = Z V γ d3 r + Z V ∩Σ ν da (1.37) 1.4.1 Grenzflächenbedingung für die normalen Feldkomponenten 24 #» 1 → 2 ), Z das zylin(ii) Seien N ( #» r 0 ) mit #» r 0 ∈ Σ die Oberflächennormale auf Σ ( drische Kontrollvolumen, A = Σ ∩ Z der Querschnitt sowie M der Zylindermantel. Abbildung 1.3: Zylindrisches Kontrollvolumen Z #» U · d #» a+ A1 Z A2 #» U · d #» a+ Z #» U · d #» a = M Z γd r+ 3 Z Z ν da Σ∩Z=A Für ∆h → 0 folgt mit dem Mittelwertsatz: #» #» #» #» #» #» U ( #» r ) · N ( #» r 0 )∆A = ν( #» r 0 )∆A lim − U ( r ) · N ( r 0 ) ∆A +#r»lim #r»→ #r» → #r» 0 #r»∈Ω 1 0 #r»∈Ω 2 Also: #» #» #» #» U2 ·N − U1 ·N = ν #» 1 nach 2 N zeigt von #» #» #» #» #» #» mit U j · N ( #» r 0 ) :=#r»lim U ( r ) · N ( r 0) # » →r , 0 #r»∈Ω j (1.38) 1.4.1 Grenzflächenbedingung für die normalen Feldkomponenten 25 #» (iii) Anwendung auf D: #» div D = ρ, Grenzflächenladungsdichte σint . #» #» #» #» D2 · N − D1 · N = σint auf Σ (1.39) #» Der Sprung in der Normalkomponente von D längs Σ ist gleich der Grenzflächenladungsdichte σint auf Σ. Speziell: σint = 0 #» ⇒ Normalkomponente von D ist stetig #» (iv) Anwendung auf B: #» div B = 0, keine Grenzflächenladungsdichte. #» #» #» #» B 1 · N = B 2 · N auf Σ #» ⇒ Normalkomponente von B ist stetig (1.40) 1.4.2 Grenzflächenbedingungen für die tangentialen Feldkomponenten 26 1.4.2 Grenzflächenbedingungen für die tangentialen Feldkomponenten #» (i) Das Vektorfeld U ( #» r ) erfülle die Beziehung: #» #» #» rot U = J + V + #» ν δΣ (1.41) #» #» mit Flussdichte J und beschränktem Vektorfeld V ( #» r) #» #» #» #» ∂ D #» #» ∂ B Beispiele sind rot H = j − oder rot E = 0 − . ∂t ∂t 1 und 2 in Auf der Grenzfläche Σ zwischen zwei verschiedenen Materialien #» #» #» den Gebieten Ω1 und Ω2 existiere eine Grenzflächenflussdichte ν ( r ) der durch J #» #» beschriebenen extensiven Größe (z.B. J = j el ⇒ #» ν elektrische Oberflächenstromdichte). Abbildung 1.4: Grenzflächenflussdichte an einer Grenzfläche Für eine Kontrollfläche A mit positiv orientierter Randkurve C = ∂A, welche die Grenzfläche Σ schneidet (vgl. Abb. 1.4), gilt dann: 1.4.2 Grenzflächenbedingungen für die tangentialen Feldkomponenten Z #» U d #» r = Z #» J d #» a+ A ∂A Z A #» V d #» a+ 27 #» ν · #» n ds Z A∩Σ (1.42) mit #» n Oberflächennormale von A ( d #» a = #» n da) #» #» #» #» 1 nach 2 r 0 ) = t ein Tangentialvektor auf Σ, N ( #» r 0 ) = N die (von (ii) Seien t ( #» #» weisende) Oberflächennormale, r 0 ∈ Σ, A eine rechteckige Kontrollfläche sowie #» #» #» n = N × t die orientierte Oberflächennormale zu A (vgl. Abb. 1.5). Abbildung 1.5: Rechteckige Kontrollfläche an der Grenzfläche Dann schreibt sich (1.42): 4 Z X #» U d #» r = i=1 γi Z #» #» J + V · #» n da + A Z #» ν · #» n ds Σ∩A Es folgt mit dem Mittelwertsatz: #» #» #» #» #» #» #» #» #» #» #» lim U ( #» r ) · t ∆l −#r»lim U ( r ) · t ∆l + U ( r ) · N ∆b − U ( r ) · N ∆b 4 2 # » →r , #r»→ #r» , 0 #r»∈Ω 2 0 #r»∈Ω 1 = ∆l∆b #» #» J ( #» r 0 ) + V ( #» r 0 ) · #» n + ∆l #» ν ( #» r 0 ) · #» n 1.4.2 Grenzflächenbedingungen für die tangentialen Feldkomponenten 28 Erst ∆b → 0, dann Division durch ∆l und ∆l → 0 liefert: #» #» #» #» U 2 · t − U 1 · t = #» ν · #» n auf Σ (1.43) #» #» #» #» #» #» mit U j · t :=#r»lim U ( r ) · t ( r 0) # » →r 0 #r»∈Ω j #» #» (iii) Wegen #» n = N × t gilt weiter: #» #» #» #» #» ν · #» n = #» ν · N × t = #» ν ×N · t Also: #» #» #» #» #» #» U 2 · t − U 1 · t = #» ν ×N · t (∗) #» für jeden Tangentialvektor t Abbildung 1.6: Projektor auf die Grenzflächennormalebene Nebenrechnung Der Projektor auf die Grenzflächentangentialebene lautet: #» #» #» #» #» #» #» #» ΠX = X − (N · X) · N = −N × (N × X) 1.4.2 Grenzflächenbedingungen für die tangentialen Feldkomponenten Damit gilt: #» #» #» #» X · t = 0 für alle t ⊥N #» ⇔ ΠX = 0 #» #» #» ⇔ N × N ×X =0 #» #» ⇔ N ×X =0 #» #» #» #» #» #» wegen − N × X = N × N N × X Damit lässt sich (∗) umschreiben zu: #» #» #» #» #» #» N.R. U 2 t − U 1 t = ( #» ν × N ) · t ⇐=⇒ #» #» #» #» #» #» #» #» #» #» #» N × U 2 − N × U 1 = N × ( #» ν × N ) = #» ν (N · ν}) = #» ν | · {z N}) − N (N | {z 1 0 Fazit: #» #» #» #» N × U 2 − N × U 1 = #» ν (1.44) #» 1 nach 2 N zeigt von #» (iv) Anwendung auf E: #» ∂B #» #» rot E = − , keine Grenzflächenflussdichte: J = #» ν = 0. ∂t #» #» #» #» E 1 × N = E 2 × N auf Σ (1.45a) #» #» #» #» E 1 t = E 2 t auf Σ (1.45b) #» Tangentialkomponente von E stetig 29 30 #» #» #» #» ∂ D #» (v) Anwendung auf H: rot H = j + , Grenzflächenstromdichte i . ∂t #» #» #» #» #» N × H2 − N × H1 = i (1.46) #» 1 nach 2 N zeigt von #» Speziell: i = 0: #» #» #» #» H 1 × N = H 2 × N auf Σ (1.47a) #» #» #» #» H 1 t = H 2 t auf Σ (1.47b) #» Tangentialkomponenten von H stetig 1.5 Das Randwertproblem der Potentialtheorie 1.5.1 Das Randwertproblem der Elektrostatik: Rand- und Grenzflächenbedingungen #» (1.5) #» #» (1.25) #» (1.1) (i) In elektrischen Medien gilt D = E, E = −∇Φ, div D = ρ, also: div(( #» r )∇Φ) = −ρ (1.48) Poissongleichung, vgl (1.34) #» #» (ii) In elektrisch leitenden Medien gilt (Statik) j = 0, und da j = −σ∇Φ ⇒ ∇Φ = 0 1.5.1 Das RWP der Elektrostatik 31 Φ( #» r ) = const. auf Leitern (1.49) (iii) Grenzflächenbedingungen für das elektrische Potential Φ am Materialgrenzen Σ zwischen Ω1 und Ω2 : Abbildung 1.7: Tangenten- und Normalenvektor an einer Grenzfläche #» #» #» #» Wegen E 1 · t = E 2 · t ist die Tangentialkomponente von ∇Φ stetig. Durch #» Integration von t · ∇Φ „links“ und „rechts“ von Σ folgt: Φ ist längs Materialgrenzen stetig (iv) Grenzflächenbedingungen für die Normalenableitung des Potentials: #» #» 1 nach 2 , vgl. (1.39)) folgt: Wegen D2 · #» n zeigt von n − D1 · #» n = σint auf Σ ( #» ∂Φ ∂Φ 1 − 2 = σint ∂n 1 ∂n 2 auf Σ (1.50) ∂Φ wobei := lim #» n ( #» r 0 ) · ∇Φ( #» r ), j = 1, 2 ∂n j #r»#r»→∈Ω#r»0 j 1.5.1 Das RWP der Elektrostatik 32 (v) Sonderfall A: Abbildung 1.8: Leiter und Isolator 1 ist idealer Leiter 2 ist (dielektrischer) Isolator #» #» ⇒ ⇒ #» #» E 1 = 0 , also E 1 · t = 0 #» #» E2 · t = 0 #» −∇Φ|2 = E 2 ⊥ Leiteroberfläche #» Außerdem gilt D2 · #» n = σint , also: ∂Φ 2 = −σint auf Σ ∂n 2 (1.51) 1.5.1 Das RWP der Elektrostatik 33 (vi) Sonderfall B: Abbildung 1.9: Grenzfläche zwischen zwei Isolatoren 1 und 2 sind Isolatoren, keine Grenzflächenladungen (σint = 0) (vgl. 1.9). #» #» #» #» #» #» E 1 · t = E 2 · t und D1 · #» n = D2 · #» n ⇒ ⇒ #» #» 1 E 1 · #» n = 2 E 2 · #» n #» #» #» 1 E1 · t E2 · t 1 · #» = · #» 1 E 1 · #» 2 E 2 · #» n n Abbildung 1.10: Einfallwinkel 1.5.2 Klassifikation der Potential-Randwertprobleme 34 #» #» D· t Mit tan α = #» #» (vgl. Abb. 1.10) folgt: D· n #» #» 1 sin α1 · |E 1 | 1 sin α2 · |E 2 | ⇒ · #» = · #» 1 cos α1 · |E 1 | 2 cos α2 · |E 2 | tan α1 1 = tan α2 2 (1.52) Brechungsgesetz für elektrische Feldlinien 1.5.2 Klassifikation der Potential-Randwertprobleme 1.5.2.1 Dirichletsche Randwertbedingung (i) Sei Ω ⊂ E3 ein zusammenhängendes, beschränktes Gebiet mit lipschitz-stetigem Rand ∂Ω, auf dem div(∇Φ) = −ρ gelöst werden soll, sodass auf dessen Rand ∂Ω die Lösung Φ( #» r )|∂Ω einem vorgegebenen Randwert ΦD ( #» r ) annimmt. div(∇Φ) = −ρ auf Ω̊ und Φ|∂Ω = ΦD (1.53) Dirichletsches Randwertproblem, [Dir-RWP] (ii) Satz. Für 0 < c0 ≤ ( #» r ), ∈ C 1 (Ω), ρ ∈ C(Ω) und ΦD ∈ C(∂Ω) hat [Dir-RWP] eine eindeutig bestimmte, klassische Lösung Φ ∈ C 2 (Ω) ∩ C 1 (Ω). (iii) Beispiel Kondensatoranordnung: Leitende Gebiete Ω0 , Ω1 , . . . , ΩN schließen ein dielektrisches Gebiet Ω ein. #» n ist dabei die innere Normale auf ∂Ω = N ] ∂Ωj (äußere Normale bzgl. Ωj ) (vgl. Abb. j=0 1.11). Damit sind alle ∂Ωj Äquipotentialflächen mit konstantem Potential Vj . 1.5.2 Klassifikation der Potential-Randwertprobleme 35 Abbildung 1.11: Kondensatoranordnung Annahme: keine Raumladung, ρ ≡ 0 gegeben: (V0 , V1 , . . . , VN ) ∈ RN +1 gesucht: Potential Φ( #» r ) in Ω mit div(∇Φ) = 0 und Φ|∂Ωl = Vl (l = 0, 1, . . . , N ) (1.54) [V-RWP] Satz. [V-RWP] hat eine durch V = (V0 , V1 , . . . , VN ) eindeutig bestimmte, klassische Lösung Φ( #» r ). 1.5.2.2 Neumannsche Randbedingung (i) Sei Ω ⊂ E3 ein zusammenhängendes, beschränktes Gebiet mit lipschitz-stetigem Rand ∂Ω, auf dem div(∇Φ) = −ρ gelöst werden soll, sodass auf dessen Rand 1.5.2 Klassifikation der Potential-Randwertprobleme 36 ∂Φ #» #» #» #» n = äußere Normale auf ∂Ω einen vorge= n · ∇Φ( r ) mit #» ∂Ω ( r ) ∂Ω ∂n ∂Ω #» gebenen Wert FN ( r ) annimmt. ∂Φ = FN div(∇Φ) = −ρ auf Ω und ∂n ∂Ω (1.55) Neumannsches Randwertproblem, [Neu-RWP] NB: De facto ist die Neumann-Randbedingung die Vorgabe einer Oberflächenla ∂Φ #» . Diese muss jedoch eine notwendige dungsdichte σ( #» r ) = −D( #» r ) · #» n ( #» r) = ∂n ∂Ω Voraussetzung erfüllen: − Z Z ρd r = 3 Ω div(∇Φ) d r = 3 Ω Z = ∂Ω Insbesondere: Falls ρ ≡ 0 ⇒ Z ∂Ω ∇Φ · |{z} d #» a #» n da Z ∂Φ da = FN da ∂n ∂Ω Z ! FN da = 0 notwendig für Lösbarkeit! ∂Ω r ), ∈ C 1 (Ω), ρ ∈ C(Ω), FN ∈ C(∂Ω) mit (ii) Satz. Für 0 < c0 ≤Z ( #» Z FN da = − ρ d3 r (∗) hat [Neu-RWP] bis auf eine additive, Ω ∂Ω reelle Konstante eine eindeutig bestimmte, klassische Lösung Φ ∈ C 2 (Ω) ∩ C 1 (Ω). (*) bedeutet anschaulich: Z Ω ρ d3 r = − Z ∂Ω ∂Φ da = ∂n Z ∂Ω #» D · d #» a = Q(Ω) − Z ∂Ω = eingeschlossene Ladung σ da = gesamte OF-Ladung auf δΩ 1.5.2 Klassifikation der Potential-Randwertprobleme 37 Elektrische Neutralität ⇔ elektrische Energie in Ω (Innenraum). (iii) Beispiel: Kondensatoranordnung wie in § 1.5.2.1 (iii), aber mit Vorgabe der Gesamtladung Ql (l = 1, ..., N ) auf den Kondensatorplatten ∂Ωl gegeben: (Q0 , Q1 , Q2 , ..., QN ) ∈ RN +1 mit N X Ql = 0 l=0 gesucht: Potential Φ( #» r ) in Ω mit div(∇Φ) = 0 in Ω und Z ∂Ωl ∂Φ da = Ql ∂n (1.56) [Q-RWP] #» n = äußere Normale von ∂Ωl Satz. [Q-RWP] hat durch die Vorgabe von (Q0 , Q1 , ..., QN ) ∈ RN +1 mit N X Ql = 0 eine bis auf eine additive Konstante eindeutig l=0 bestimmte Lösung Φ( #» r ). Beweisidee: Aus Qk = N X Ckl (Vl − V0 ) lassen sich für l = 1, . . . , N Potentialvorga- l=1 ben V0 − Vl bestimmen, V0 ist beliebig wählbar. Dann [V-RWP] lösen. 1.5.2.3 Gemischtes Randwertproblem, Randbedingung dritter Art #» (i) Sei Ω ⊂ E3 ein Gebiet, auf dem div D = − div(∇Φ) = ρ gelöst werden soll, so ∂Φ #» dass auf dessen Rand ∂Ω die Linearkombination α( #» r )Φ( #» r ) + β( #» r) ( r ) einen ∂n gegebenen Wert annimmt. 1.5.2 Klassifikation der Potential-Randwertprobleme 38 (ii) Beispiel 1: Elektrischer Kontakt mit ohmschem Kontaktwiderstand (vgl. Abb. 1.12): #» #» j = σ E = −σ∇Φ ∂Φ Φin − ΦKlemme #» = σ∂Ω = γel (Φin − ΦKlemme ) IKlemme = j · #» n = −σΩ |{z} ∂n d Übergangsleitwert ≥ 0 Abbildung 1.12: Elektrischer Kontakt Also: ! ∂Φ γel γel Φ+ = ΦKlemme σΩ ∂n ∂Ω σΩ |{z} h≥0 bzw. ∂Φ = h(ΦKlemme − Φ) ∂n (1.57) 1.5.2 Klassifikation der Potential-Randwertprobleme Grenzfälle: ∂Φ = 0: homogene Neumann-RB, isolierender Rand h = 0 ⇒ γel = 0 ⇒ ∂n h → ∞ ⇒ γel → ∞ ⇒ Φ = ΦKlemme : Dirichlet-RB, idealer Ohmscher Kontakt (iii) Beispiel 2: Wärmetransport, thermischer Übergang (vgl. Abb. 1.13): #» J Q = −κ∇T ; #» div J Q = ΠQ κ = thermische Leitfähigkeit T = Temperatur ΠQ = Heizleistungsdichte ⇒ div(κ∇T ) = −ΠQ Thermischer Kontakt von Ω durch eine Schicht zur Außenwelt: ∂T Tin − Text #» = κ∂Ω := K (Tin − Text ) IQ = J Q · #» n = −κΩ · ∂n ∂Ω d Dabei ist K = κ∂Ω der Wärmedurchgangskoeffizient (K-Wert). d Abbildung 1.13: Thermischer Übergang 39 1.5.2 Klassifikation der Potential-Randwertprobleme K ∂T T+ κ∂Ω ∂n ! = ∂Ω K Text κ∂Ω 40 (1.58) |{z} h bzw. ∂T = h(Text − T ) ∂n Grenzfälle: ∂T K=0⇒ = 0: homogene Neumann-RB, thermisch völlig isolierend. ∂n K → ∞ ⇒ T = Text : Dirichlet-RB, Anschluss an Wärmereservoir (heat-sink) mit fester Temperatur Text . (iv) Definition: Gemischtes Randwertproblem (Randwertproblem dritter Art) Suche Φ( #» r ) auf Ω ⊂ E3 (zusammenhängend, beschränkt, mit lipschitz-stetigem Rand ∂Ω), sodass gilt: div(σ∇Φ) = −Π auf Ω und ∂Φ + hΦ ∂n ! (1.59) = F auf ∂Ω ∂Ω [Gem. RWP] Damit „die Physik stimmt“, müssen wir fordern: σ > 0, h ≥ 0 #» #» #» (d.h j el k E = −∇Φ; J Q k −∇T ) (v) Satz. Für 0 < c0 ≤ σ( #» r ), σ ∈ C 1 (Ω), Π ∈ C(Ω), h ∈ C(∂Ω), h ≥ 0, h 6= 0, F ∈ C(∂Ω) hat [Gem. RWP] eine eindeutig bestimmte, klassische Lösung: Φ ∈ C 2 (Ω) ∩ C 1 (Ω). NB: Ist h ≡ 0 ⇒ [Neu-RWP]-Lösungstheorie. Mit 0 ≤ h ≤ ∞ interpoliert 1.5.3 Analytisches Lösungsverfahren für die Poissongleichung 41 man zwischen [Neu-RWP] und [Dir-RWP]. Der Grenzwert h → ∞ ist singulär (Dirichlet-RB ist wesentliche, Neumann-RB ist natürliche RB). 1.5.3 Analytisches Lösungsverfahren für die Poissongleichung 1.5.3.1 Orthogonalentwicklung nach Eigenfunktionen von ∆ (Spektraldarstellung) (i) Problemstellung: Löse gemischtes Randwertproblem div(∇Φ) = −ρ auf Gebiet Ω, 0 < c0 ≤ ( #» r) (1.60) mit Φ|∂Ω(D) ∂Φ = σN = ΦD und ∂n ∂Ω(N ) wobei ∂Ω = ∂Ω(D) ∪ ∂Ω(N) ∅ = ∂Ω(D) ∩ ∂Ω(N) , ∂Ω(D) 6= ∅ (ii) Lösungsschritt 1: ∂Φ(0) Finde Φ(0) ∈ C 2 (Ω) ∩ C 1 (Ω) mit = Φ und = σN als D ∂Ω(D) ∂n ∂Ω(N ) Lösung der homogenen DGL div ∇Φ(0) = 0. Ansatz für Φ: Φ = Φ(0) + ϕ. ϕ erfüllt dann das homogene Randwertproblem: Φ(0) div (∇ϕ) = −ρ − div ∇Φ(0) =: −f ϕ|∂Ω(D) = 0, ∂ϕ =0 ∂n ∂Ω(N ) (1.61) 1.5.3 Analytisches Lösungsverfahren für die Poissongleichung 42 (iii) Lösungsschritt 2: r ) und λν ∈ C Finde Eigenfunktionen und Eigenwerte zu − div(∇ .), d.h finde bν ( #» mit: − div(∇bν ) = λν bν (1.62) und homogene Randwertbedingungen für bν Für beschränkte („endliche“) Gebiete Ω lässt sich zeigen: a) {λν |ν = 1, ...∞} ist diskret, λν ∈ R+ , 0 < λ1 ≤ λ2 ≤ λ3 ≤ . . . b) {bν } können orthonormal gewählt werden: < bµ |bν >:= Z b∗µ ( #» r )bν ( #» r ) d3 r = δµν (1.63) Ω c) {bν |ν ∈ N} sind vollständig, d.h. jede Funktion ϕ ∈ L2 (Ω) lässt sich nach b1 , b2 , b3 , . . . entwickeln. ϕ= ∞ X αν bν mit αν =< bν |ϕ > (1.64) ν=1 Kurzschreibweise als Vollständigkeitsrelation: ∀ ϕ∈L2 (Ω) Z ∞ X #» #» ϕ( r ) = bν ( r ) b∗ν ( #» r 0 )ϕ( #» r 0 ) d3 r0 ν=1 = Z X ∞ Ω ν=1 | Ω bν ( #» r )b∗ν ( #» r 0 ) ϕ( #» r 0 ) d3 r 0 Deltafunktion δ( #» r − #» r 0) {z } 1.5.3 Analytisches Lösungsverfahren für die Poissongleichung ∞ X 43 bν ( #» r )b∗ν ( #» r 0 ) = δ( #» r − #» r 0) (1.65) ν=1 (iv) Lösungsschritt 3: r) = Für ein gegebenes f suchen wir eine Lösung zu (1.61) mit dem Ansatz ϕ( #» ∞ X r ). Die homogenen Randbedingungen sind identisch erfüllt, es bleibt zu αν bν ( #» ν=1 lösen: ∞ X ! f = − div(∇ϕ) = αν [− div(∇bν )] = ν=1 αµ λµ = ∞ X | αν λν < bµ |bν > = ν=1 | {z } δµν ⇒ αµ = Z {z λ ν bν } ∞ X αν λν bν ν=1 bµ (r)∗ f ( #» r ) d3 r =< bµ |f > Ω < bµ |f > λµ Damit folgt abschließend die Lösung: ϕ( #» r) = ϕ( #» r) = ∞ X < bν |f > #» bν ( r ) λν ν=1 1 r 0 ) f ( #» bν ( #» r ) b∗ν ( #» r 0 ) d3 r0 λ ν ν=1 Z X ∞ Ω Greenfunktion G( #» r , #» r 0) | {z } (1.66a) (1.66b) 1.5.3 Analytisches Lösungsverfahren für die Poissongleichung 44 1.5.3.2 Lösung mittels Greenfunktion (i) Greenfunktion: Definiert als die Lösung des homogenen Randwertproblems mit f ( #» r ) = δ( #» r − #» r 0 ) („Punktladung“) als rechte Seite, also: div #»r (( #» r )∇ #»r G( #» r , #» r 0 )) = −δ( #» r − #» r 0) (1.67) und homogene Randbedingungen (ii) Ist ϕ Lösung von (1.61), so gilt: ϕ( #» r) = δ( #» r − #» r 0 )ϕ( #» r 0 ) d3 r0 Z Ω =− div #»r 0 ( ∇ #»r 0 G( #» r , #» r 0 )) ϕ( #» r 0 ) d3 r 0 Z Ω = Z ∇ #»r 0 G( #» r, #» r 0 ) · ∇ #»r 0 ϕ( #» r 0 ) d3 r 0 − Ω =− | {z } 0 Z Z G( #» r , #» r 0 ) ( #» r 0 ) #» n · ∇ #»r 0 ϕ( #» r 0 ) da0 ∂Ω(N ) Ω 0 G( #» r , #» r 0 ) div #»r 0 ( ∇ #»r 0 ϕ( #» r 0 )) d3 r0 + G( #» r , #» r 0 ) ( #» r 0 ) #» n · ∇ #»r 0 ϕ( #» r 0 ) da0 | {z } | {z } ∂Ω(D) 0 −f ( #» r 0) Z Ω Z | {z } #» n · ∇ #»r 0 G( #» r , #» r 0 ) ϕ( #» r 0 ) da0 Z ∂Ω(N ) = a0 ∇ #»r 0 G( #» r , #» r 0 ) ϕ( #» r 0 ) d #» ∂Ω(D) − + Z G( #» r , #» r 0 )f ( #» r 0 ) d3 r0 | {z 0 } 1.5.3 Analytisches Lösungsverfahren für die Poissongleichung 45 (iii) Fazit: ϕ( #» r) = Z G( #» r , #» r 0 )f ( #» r 0 ) d3 r0 (1.68) Ω löst homogenes Randwertproblem (1.61) NB: G ist Kern eines symmetrischen Integraloperators: G( #» r , #» r 0 ) = G( #» r 0 , #» r ). (iv) Kennt man die Eigenfunktionen und -werte von div(∇◦), so gilt nach (1.66b) die Spektraldarstellung: G( #» r , #» r 0) = 1 ∗ #»0 bν ( #» r) b (r ) λν ν ν=1 ∞ X (1.69) Für unbeschränkte Gebiete Ω gilt eine analoge Darstellung, aber: ∞ X (. . . , bν , λν , . . .) ν=1 → Z (. . . , bk , λk , . . .) dµ(k) k∈Σ (v) Beispiel: Ω = (0, L1 ) × (0, L2 ) × (0, L3 ) mit homogenen Dirichletbedingungen und = const., das Randwertproblem lautet dann: 1 f =: fe; ϕ|δΩ = 0 Finde Eigenfunktionen in kartesischen Koordinaten #» r = (x1 , x2 , x3 ). #» Separationsansatz: b( r ) = b1 (x1 ) · b2 (x2 ) · b3 (x3 ). −∆ϕ = 1.5.3 Analytisches Lösungsverfahren für die Poissongleichung Wegen ∆ = 46 ∂2 ∂2 ∂2 + + gilt: ∂x21 ∂x22 ∂x23 ! −∆b = −b001 b2 b3 − b1 b002 b3 − b1 b2 b003 = λb1 b2 b3 ⇒− ⇒− b001 b002 b003 − − =λ∈R b1 b2 b3 b001 b00 b00 = λ1 ; − 2 = λ2 ; − 3 = λ3 b1 b2 b3 b00j + λj bj = 0, (j = 1, 2, 3) Allgemeine Lösung: bj (xj ) = Aj sin(kj xj ) + Bj cos(kj xj ); kj = q λj Randbedingungen: bj (0) | {z } ⇒ Bj = 0 = bj (Lj ) = 0 | {z } kj Lj = nj π wobei nj ∈ N π xj bj (xj ) = Aj sin nj Lj ! Normierung: ! 1= ZLj bj (xj ) dxj = 0 = A2j A2j ZLj 0 Lj 1 π 2 sin 2 π nj xj Lj ! dxj 1.5.3 Analytisches Lösungsverfahren für die Poissongleichung s Aj = 47 2π Lj Fazit: 3 3 Y (2π) 2 π #» √ bn1 n2 n3 ( r ) = xj ; nj ∈ N sin nj Lj L1 L2 L3 j=1 ! n1 π = L1 λn1 n2 n3 2 n2 π + L2 2 n3 π + L3 2 Die Greenfunktion G( #» r , #» r 0) = X = bn1 n2 n3 ( #» r) n1 n2 n3 ∈N 1 λn1 n2 n3 bn1 n2 n3 ( #» r 0) führt auf die diskrete Fourierdarstellung der Lösung des Randwertproblems. 1.5.3.3 Spiegelladungsmethode (i) Punktladung im R3 : Ladung Q bei #» r 0 erzeugt ein Potential ϕ( #» r) = Q 1 1 · · #» #» 0 4π | r − r 0 | mit einer homogenen Dirichlet-Randbedingung im Unendlichen, das heißt ∧ r | → ∞, ϕ(| #» r | → ∞) = 0 Ω = R3 , ∂Ω = | #» Das heißt, es gilt: − div(0 ∇ϕ) = −Q ∆ #»r 1 1 #» 4π | r − #» r 0| ! = Q δ( #» r − #» r 0) | {z } Punktladungsdichte 1.5.3 Analytisches Lösungsverfahren für die Poissongleichung 48 Ein Vergleich mit (1.67) liefert: GVac ( #» r , #» r 0) = 1 1 #» 4π0 | r − #» r 0| (1.70) ist die Vakuum-Greenfunktion zur Poissongleichung im R3 , das heißt ∆ #»r In der Tat wird ∆ϕ = − ϕ( #» r) = Z 1 1 #» 4π | r − #» r 0| ! = −δ( #» r − #» r 0 ). ρ im gesamten R3 gelöst durch: 0 GVac ( #» r , #» r 0 )ρ( #» r 0 ) d3 r0 = R3 1 Z ρ( #» r 0) d3 r 0 4π0 3 | #» r − #» r 0| R (ii) Greenfunktion für Halbraum mit ideal leitendem Rand: Enspricht einer Punktladung vor metallischem Halbraum (vgl. Abb. 1.14): Abbildung 1.14: Punktladung vor metallischem Halbraum Ω = { #» r = #» r || + z #» n ; #» r || · #» n = 0; z > 0} =: H #» #» ∂H = { r = r || ; z = 0} = const. 1.5.3 Analytisches Lösungsverfahren für die Poissongleichung 49 Im oberen Halbraum H besitzen beide Anordnungen dasselbe Potential, d.h Φ erfüllt auf H das homogene Randwertproblem. Q 1 1 Φ( #» r) = − #» #»∗ #» #» 4π | r − r Q | | r − r Q | " # (1.71) für #» r ∈ H und Φ|∂H = 0 Damit ist 1 1 1 GH ( #» r , #» r 0) = − #» #»0 ∗ #» #» 0 4π | r − r | | r − r | " # (1.72) die Greenfunktion für den Halbraum. Probe: div #»r ( ∇ #»r GH ( #» r , #» r 0 )) = ∆ #»r 1 1 1 1 − ∆ #»r #» #» #» 0 4π | r − r | 4π | r − #» r 0∗| ! 0 = δ( #» r − #» r 0 ) − δ( #» r − #» r ∗) | {z } 0 für #» r , #» r0 ∈ H 0 0 und GH ( #» r , #» r 0 ) ≡ 0 für #» r ∈ ∂H da | #» r − #» r | = | #» r − #» r ∗ | für #» r ∈ ∂H. Für beliebige Ladungsverteilungen ρ( #» r ), #» r ∈ H ist Φ( #» r) = Z GH ( #» r , #» r 0 )ρ( #» r 0 ) d3 r 0 H die Lösung des Potentialproblems in H. (1.73) ! 1.5.3 Analytisches Lösungsverfahren für die Poissongleichung 50 Abbildung 1.15: (iii) Greenfunktion für Viertelraum ( = const.) mit ideal leitendem Rand: Entspricht Punktladung vor metallischem 90°- Winkelraum (vgl. Abb. 1.16): Abbildung 1.16: Punktladung vor metallischem 90°- Winkelraum 1.5.4 Randwertproblem für stationäre Strömungen 51 Im Winkelraum W besitzen beide Anwendungen dasselbe Potential Φ( #» r ), insbesondere erfüllt Φ das homogene Randwertproblem auf W : Q Φ( #» r) = 4π " 1 1 − #» #» #» | r − r Q | | r − s1 #» r Q| 1 1 + #» − #» #» | r − s2 r Q | | r − s3 #» r Q| # (1.74) und Φ|∂W = 0 Somit ist: 3 1 X 1 GW ( #» r , #» r 0) = #» 4π n=0 | r − sn #» r 0| (1.75) Greenfunktion für Viertelraum 1.5.4 Randwertproblem für stationäre Strömungen 1.5.4.1 Grundgleichungen, Rand- und Grenzflächenbedingungen (i) Ladungsbilanz: Aus (1.1) und (1.4) folgt (vgl. § 1.2.3): #» #» 0 = div(rot H) = div j + #» ∂ div D ∂t #» ∂ρ = div j + . ∂t Also: #» ∂ρ div j + =0 ∂t (1.76) 1.5.4 Randwertproblem für stationäre Strömungen 52 Das heißt ΠQ = 0 im Sinne von § 1.2.3, es werden keine Ladungen erzeugt oder vernichtet. #» (ii) Modell für j (vgl. Elektrizität und Magnetismus § 2.2.2): N #» #» X j = (|qα |nα µα )E − qα Dα ∇nα α=1 + (α) #» σα RH j α #» × B − σα Pα ∇T (1.77) Dabei gilt für die einzelnen Terme in der Klammer: • 1. Term: Driftstrom (Ohmsches Gesetz, Metall) • 2. Term: Diffusionsstrom (Ficksches Gesetz, Bipolartransistor) • 3. Term: Lorentzkraft (Hall-Effekt, Hall-Sensor) • 4. Term: Thermische Diffusion (Seebeck-Effekt, Thermoelement) Allgemein: #» ∂A #» E = −∇Φ − ∂t |{z} 0 für quasistationäre Ströme #» Ohne B und ∇T : N X #» (σα ∇Φ j =− |{z} +qα Dα ∇nα ) α=1 #» −E =− N X |qα | µα nα ∇Φ + qα Dα nα ∇ ln α=1 =− N X α=1 σα ∇Φα nα n0 1.5.4 Randwertproblem für stationäre Strömungen 53 Dabei heißt Φα elektrochemisches Potential. N X #» j =− σα (∇Φα + Pα ∇T ) (1.78) α=1 elektrochemisches Transportmodell (iii) Quasistationäre Näherung (quasi-stationary approximation, QSA), dielektrische Relaxionszeit: #» σ #» #» #» Setze j = σ E = D in (1.76) ein; wegen div(D) = ρ gilt: ∂ρ σ σ = − ρ, falls = const. ∂t Das heißt, die Störung ∆ρ einer stationären Raumladung ( t − t0 ∆ρ(t, #» r ) = ∆ρ(t = t0 , #» r ) exp − τR mit τR = Relaxationszeit σ Typische Werte für τR sind: • Metall: τR ≈ 10−15 s = 1 fs • Halbleiter: τR ≈ 10−12 . . . 10−4 s • Isolator: τR = 104 . . . 106 s ≈ 10 Tage ∂ρ0 = 0) gehorcht ∂t (1.79) (1.80) 1.5.4 Randwertproblem für stationäre Strömungen 54 QSA: Alle zeitlichen Vorgänge von Interesse (Schalten, Ladungsverschiebung, etc.) seien langsam im Vergleich zu τR , das heißt: ∂ρ ≈0 ∂t Damit stationäres Strömungsproblem: #» div j = 0 (1.81) #» ∂B #» (iv) Weitere Annahme: = 0 ⇒ rot E = 0 ∂t #» ⇒ E = −∇Φ #» j = −σ∇Φ (1.82) Potentialströmung Das heißt: Keine Wirbelströme durch Induktion zugelassen. div(σ( #» r )∇Φ) = 0 (1.83) 1.5.4 Randwertproblem für stationäre Strömungen 55 Man erhält also ein gemischtes Randwertproblem für stationäre Strömungen (vgl. Elektrostatik § 1.5.2.3 (1.59)). Abbildung 1.17: Gebiet begrenzt von Klemmen und isolierendem Rand Löse (1.83) im Gebiet Ω mit den Randbedingungen: Φ|∂Ωj = Vj (potentialgesteuerte Klemmen) n [ ∂Φ = 0 auf ∂Ω\ ∂Ωj (elektrisch isolierender Rand) ∂n j=1 U = RD ΦD dielektrisches Netzwerk lineares Materialgesetz Kirchhoffsches Netzwerk elektrisches Netzwerk A U = Rel I elektrische Strömung Z #» I = j d #» a dielektrischer fluss Z #» ΦD = D d #» a „Through“-Größe A − U = Φ+ el − Φel − U = Φ+ el − Φel „Across“-Größe elektrische Spannung U div(σ∇Φelchem ) = 0 elektrische Spannung U div(∇Φel ) = −ρ #» E = −∇Φelchem #» j = −σ∇Φelchem (Ohm,Fick) #» #» ( j , σ, E) #» div j = 0 #» rot E = 0 #» #» (D, , E) #» div D = ρ #» rot E = 0 #» E = −∇Φ #» D = −∇Φel Netzwerkdarstellung (Pot) in (Cont) Flussgröße treibende Kraft (Pot) (Cont) Kontinuitätsth. stationäre Strömungen Elektrostatik magnetische Kreise A Vm = Rm ΦB magnetischer fluss Z #» a ΦB = B d #» − Vm = Φ+ mag − Φmag magnetische Spannung Vm div(µ∇Φmag ) = 0 #» #» (B, µ, H) #» div B = 0 #» #» rot H = j #» H = −∇Φmag #» #» B = −µ∇Φmag Magnetostatik #» J Q d #» a thermisches Netzwerk A Z ∆T = Rth Q̇ Q̇ = Wärmestrom ∆T = Thot − Tcold Temperaturgefälle ∆T div(κ∇T ) = −ΠQ −∇T #» J Q = −κ∇T (Fourier) rot ∇T = 0 #» ( J Q , κ, −∇T ) #» div J Q = ΠQ stationärer Wärmefluss 1.5.5 Korrespondenz 56 1.5.5 Korrespondenz zwischen Elektrostatik, stationären Strömungen, Magnetostatik und Wärmefluss (Thermodynamik) 57 2 Makromodellierung des Elektromagnetismus in technischen Systemen 2.1 Flusserhaltende Diskretisierung durch Ersatzschaltbilder (Kirchhoffsche Netzwerke) 2.1.1 Partition in Blockkomponenten (konzentrierte Elemente, lumped elements, Kompaktmodelle) 2.1.1.1 Diskretisierung in Finite Netze (Finite Volumina, Finite Boxen) Sei X eine extensive Größe: ∂x #» + div J x = Πx in Ω ⊂ E3 (vgl. (1.20)) ∂t Wähle Gitter (Netz, Mesh, Schaltkreis) mit Knoten K ∈ K. Zu jedem Knoten K ∈ K lässt sich eine Zelle (Finite Volumina, Finite Boxen) BK ⊂ E3 konstruieren, so dass K[∈ BK das Zentrum von BK bildet und B = {BK |K ∈ K} eine Partition von Ω bildet: B K = Ω und B̊K ∩ B̊K 0 = ∅ für K 6= K 0 (vgl. Abb. 2.1). K∈K Die Zuordnung K 3 K BK ∈ B ist eine Bijektion. Konstruktion von BK : • Nächste Nachbarn: Zu K ∈ K sei NN (K) = {K 0 ∈ K|K 0 ist nächster Nachbar (geometrisch erklärt)} • Die Mittelebenen zwischen K und K 0 ∈ NN (K) schließen einen Polyeder BK um K ein. 2.1.1 Partition in Blockkomponenten 58 # » • K ist mit allen K 0 ∈ NN (K) über gerichtete Zweige KK 0 verbunden. ⇒ gerichteter Graph. Abbildung 2.1: Finite Box um einen Knoten in einem Gitter Für BK ∈ B setzt sich die Oberfläche ∂BK aus der disjunkten Vereinigung ebender # » Polygonflächen F (KK 0 ) mit K 0 ∈ NN (K) zusammen: ∂BK = ] # » # » # » F (KK 0 ) mit F̊ (KK 0 ) ∩ F̊ (KK 00 ) = ∅ für K 0 6= K 00 K 0 ∈NN (K) 2.1.1.2 Stromdiskretisierung (Knotenregel) Für BK ∈ B gilt: Z BK Z Z ∂x 3 #» 3 d r+ div J x d r = Πx d3 r ∂t BK BK 2.1.1 Partition in Blockkomponenten 59 (Vorläufige) Annahme: stationäre Strömung, Z #» div J x d3 r = BK ∂x = 0 (nicht-speichernder Knotenpunkt). ∂t #» J x · d #» a = Z Πx d3 r BK ∂BK = Z #» J x · d #» a Z X K 0 ∈NN (K) # »0 F (KK ) =: < Πx >BK · vol(BK ) =: I0,K = Stromquelle von X am Knoten K # » Mit I(KK 0 ) := Z #» J x · d #» a folgt die Kirchhoffsche Knotenregel: # » F (KK 0 ) X # » I(KK 0 ) = I0,K für K ∈ K (2.1) K 0 ∈NN (K) (einfache kirchhoffsche Knotenregel) Allgemeiner: X(BK ) := XK := Z x d3 r am Knoten K gespeicherte Menge von X. BK Z BK d Z d ∂x 3 dr= x d 3 r = XK ∂t dt dt BK X # » dXK + I(KK 0 ) = I0,K dt K 0 ∈NN (K) Kirchhoffsche Knotenregel (2.2) 2.1.1 Partition in Blockkomponenten 60 2.1.1.3 Konzentrierte Elemente (Kompaktmodelle) (i) Modellgleichungen für Flussdichten (Ströme): #» NB: In div J x gehen keine Wirbelströme ein, sondern nur Potentialströme. Betrachte Menge verschiedener extensiver Transportgrößen: T = {X, Y, Z, . . . } ⇒ Phänomenologische Transporttheorie (Onsager 1931): X #» Jx = − σXY ∇ΦY (2.3) Y ∈T mit (σXY )X,Y ∈T symmetrische, positiv definite Matrix Beispiel: Elektrothermisches Transportmodell T = {Nel , UQ } #» J n = −σn (∇Φn + Pn ∇T ) #» #» J Q = −κ∇T + Pn T J n ! ! #» ! σn σn Pn ∇Φn Jn =− #» σn Pn T κ + σn Pn2 T ∇T JQ (ii) Hieraus folgt: a) Maschenregel: 0= z M N X ∇ΦX · d #» r = K Zl+1 l=0 K l N X ∇ΦX · d #» r = ΦX,Kl+1 − ΦX,Kl l=0 # » =: −UX (Kl Kl+1 ) | {z } 2.1.1 Partition in Blockkomponenten 61 Abbildung 2.2: Masche N X # » UX (Kl Kl+1 ) = 0 (2.4) l=0 [= Ue,m mit Spannungsquelle] b) Sei σ −1 inverse Matrix zu σ = (σXY )X,Y ∈T Abbildung 2.3: Spannung und Strom zwischen zwei Knoten ⇒ ∇ΦY = − X X∈T #» (σ −1 )Y X Jx 2.1.1 Partition in Blockkomponenten 62 ZK ∀0 K,K ∈K K 0 ∈NN (K) ΦY,K − ΦY,K 0 = ∇ΦY · d #» r | {z } 0 K # » =: UY (KK 0 ) =− K X Z #» (σ −1 )Y X J X · d #» r X∈T K 0 = X X∈T #» FunktionY X (σ, IX (KK 0 )) | {z } Kompaktmodell CMY X (IX |X ∈ T ) Also: X # » # » UX (KK 0 ) = CMXY (IY (KK 0 )) (2.5) Y ∈T (iii) Spezialfall: Lineares Kompaktmodell: CMXY (IY ) = RXY (K, K 0 ) · IY (2.6) mit RXY (K, K 0 ) Widerstandsmatrix X # » # » UX (KK 0 ) = RXY (K, K 0 ) · IY (KK 0 ) Y ∈T R = (RXY )X,Y ∈T heißt (verallgemeinerte) Widerstandsmatrix. Invers: G := R−1 (verallgemeinerte Leitwertmatrix). (2.7) 2.1.1 Partition in Blockkomponenten 63 X # » # » IX (KK 0 ) = GXY (K, K 0 ) · UY (KK 0 ) (2.8) Y ∈T (iv) Modellgleichungen für speichernde Elemente (Kapazitäten): (X) XK = FK (ΦY,K 0 |Y ∈ T , K 0 ∈ K) z. B. Ladung auf Kondensatorplatten (vgl. (2.20)): QK = X CKK 0 Φel,K 0 K 0 ∈K (X) X X ∂FK dXK dΦY,K 0 = 0 dt dt Y ∈T K 0 ∈K ∂ΦY,K (2.9) | {z } XY CKK 0 XY Die Werte CKK 0 heißen dabei Kapazitätskoeffizienten. (v) Modellgleichung für Spannungsgeneratoren (Induktivitäten): Neben Gradientenfeldern −∇ΦX als treibende Kräfte für den Stromfluss gibt es auch noch „eingebaute“ bzw. „induzierte“ Triebkräfte, wie die durch elektrische #» ∂B #» #» . Induktion induzierten Wirbelfelder E ind gemäß rot E ind = − ∂t #» ∂A #» Daraus folgt eine Erweiterung der Transportgleichung (E = −∇Φ − ): ∂t #» Jx = − #» ∂ AY σXY ∇ΦY + | ∂t {z } X Y ∈T (2.10) #» Wirbelstromanteil in J x 2.1.1 Partition in Blockkomponenten mit X 64 #» #» #» div(σXY A Y ) = 0, z. B. A Y = rot C Y Y ∈T NB: Die Bilanz ∂x #» + div J x = Πx wird hiervon nicht berührt. ∂t #» X ∂ AY #» ⇒ ∇ΦY + =− (σ −1 )Y X J x ∂t X∈T #» ZK # »0 ∂ A #» Y · d #» r VY (KK ) := ∇ΦY + ∂t 0 (2.11) K # » Spannungsabfall am Zweig KK 0 Definition Flussvariable: Zt # »0 # » ΨX (KK , t) = UX (KK 0 , τ ) dτ t−∞ = Zt ΦX,K (τ ) − ΦX,K 0 (τ ) dτ t−∞ mit t−∞ → −∞ (2.12) 2.1.1 Partition in Blockkomponenten Damit wird (2.11) mit Zt 65 ... dτ und ZK #» A( #» r , t−∞ ) d #» r = 0 zu: K0 t−∞ K Z # » #» r , t) · d #» r ΨX (KK 0 , t) = − A X ( #» (2.13) K0 # » Spannungsquelle U0 (KK 0 ) Potentialgenerator | + X Zt {z } # » CMXY (IY (KK 0 , τ )) dτ Y ∈T t−∞ Beispiel: X = Q X #» # » #» # »0 ( #» r ) · I(KK 0 , t) Λ KK A( #» r , t) = # » KK 0 ∈Z # » Z := {KK 0 | K ∈ K; K 0 ∈ NN (K)} Diskrete Form von: Poissongleichung: (∆ − µ ∂ 2 #» #» ) A = −µ j 2 ∂t #» #» ∆ A = −µ j #» 0 r , t) 3 0 µ Z j ( #» #» #» dr A( r , t) = #» 4π 3 | r − #» r 0| R d (2.13) ergibt: dt # » X # »0 dIX (P P 0 , t) (X) # »0 # »0 · UX (KK , t) = LKK ,P P dt # »0 P P ∈Z + X Y ∈T # » CMXY (IY (KK 0 )) 2.1.1 Partition in Blockkomponenten 66 Wobei folgende Definition gilt: (X) # »0 # »0 LKK ,P P := ZK 0 #»(X) Λ P# P»0 ( #» r ) d #» r (2.14) K Induktivitätskoeffizienten Ist auch noch das Widerstandsmodell linear, so gilt: # » X # »0 dIX (P P 0 , t) (X) # »0 # »0 · UX (KK , t) = LKK ,P P dt # »0 P P ∈Z + X # » RXY (KK 0 ) · IY (KK 0 ) (2.15) Y ∈T (X) (X) (X) # »0 # »0 = L # »0 # »0 · δ # »0 # »0 (Selbstinduktion). Einfachster Fall: RXY = 0, LKK ,P P KK ,P P KK ,P P # » # »0 dIX (P P 0 , t) (X) # »0 # »0 UX (KK , t) = LKK ,P P dt Diskretes Induktionsmodell (2.16) 2.1.2 Physikalische Modellierung von Mehrpol-Blockkomponenten 67 (vi) Fazit: Resultierende Systemgleichung (strukturell) X ∀ K∈K X Y ∈T X∈T XY CKK 0 · K 0 ∈K dΦY,K 0 dt (2.17) + GXY (KK ) · (ΦY,K − ΦY,K 0 ) = I0,K 0 X K 0 ∈NN (K) Verallgemeinerte Knotenregel ∀ M ∈M X∈T X X # » KK 0 ∈M # » P P 0 ∈Z (X) # »0 # »0 LKK ,P P # » dIX (P P 0 ) · dt (2.18) + X # » RXY (KK 0 ) · IY (KK 0 ) = Ue,M Y ∈T Verallgemeinerte Maschenregel 2.1.2 Physikalische Modellierung von Mehrpol-Blockkomponenten • Zerlegung der kontinuierlichen Baugruppen in funktionale Blöcke (vgl. Abb. 2.4): IX = Z #» J x · d #» a Interface(K) bzw. Synthese von funktionalen Blöcken mit definiertem Klemmenverhalten (Kennlinie, Übertragungsfunktion). 68 Abbildung 2.4: Bildung von funktionalen Blöcken • Ziel: [Kont.]: ∂x #» + div J x = Πx ∂t X #» Jx = − σX,Y ∇ΦY (X ∈ T ) #» #» #» div DX = x; rot H X = J x X 1 #» #» #» DX = − XY ∇ΦY ; H X = rot A X µX Y ∈T (X ∈ T ) Y ∈T ! ⇓ X # » GXY (KK 0 )(ΦY,X − ΦY,K 0 ) + . . . [Diskret]: IX (KK 0 ) = und XY CKK 0 sowie # »0 # »0 (X), LKK ,P P Y ∈T Knotenregel (2.17) und Maschenregel (2.18) Dies wird erreicht durch Lösen des gemischten RWP-Systems [Kont.], eventuell durch Erweiterung auf speichernde und potentialgesteuerte funktionale Blöcke (vgl. § 1.5.2.1-3 und § 1.5.4) 2.2 Kapazitive Speicherelemente (Kondensator, Batterie, Akku, . . . ) 2.2.1 Kondensatoranordnungen (Geometrie und Topologie) (i) Wir betrachten die Geometrie wie in §1.5.2.1 (iii) dargestellt: Leitende Gebiete Ωl (l = 0, . . . , N ) schließen ein dielektrisches Gebiet Ω ein. ∂Ωl sind Äquipotentialflächen mit den Potentialwerten Vl . 2.2.1 Kondensatoranordnungen (Geometrie und Topologie) 69 Abbildung 2.5: Kondensatoranordnung Annahme: Keine Raumladung: ρ = 0 Gegeben: (V0 , V1 , , . . . , , VN ) ∈ RN +1 Gesucht: Φ( #» r ) in Ω mit div(∇Φ) = 0 und Φ|∂Ωl = Vl , l = (0, 1, . . . , N ) [V-RWP] Satz: [V-RWP] hat eine durch (V0 , V1 , . . . , VN ) eindeutig bestimmte Lösung Φ( #» r ). (ii) Konstruktion des Potential aus den Grundlösungen: #» • Finde N + 1 Grundlösungen Φ0 ( r ), Φ1 ( #» r ), ..., ΦN ( #» r ) zu [V-RWP] mit den 1 k = l Randbedingungen Φk |∂Ωl = δkl = . 0 k 6= l • Das [V-RWP] zu (V0 , V1 , .., VN ) ∈ RN +1 wird dann gelöst durch: 2.2.2 Maxwellsche Kapazitätsmatrix 70 Φ( #» r) = N X Vk Φk ( #» r) (2.19) k=0 Beweis: div(∇Φ) = div ∇ N X !! Vk Φk = k=0 Φ|∂Ωl = N X N X Vk div ( ∇Φk ) = 0 k=0 | {z 0 } Vk Φk |∂Ωl = Vl k=0 q.e.d. | {z } δkl 2.2.2 Maxwellsche Kapazitätsmatrix 2.2.2.1 Beziehungen zwischen Leiterladungen und -potentialen (i) Ladungen auf ∂Ωk : Qk = Z ∂Ωk #» D · #» n da = − N X #» n · ∇Φ da = − Vl Z l=0 ∂Ωk Z #» n · ∇Φl da = Qk = N X l=0 ∂Ωk | Ckl Vl {z Ckl (2.20) l=0 Ckl := − Z #» n · ∇Φl da ∂Ωk Maxwellsche Kapazitätskoeffizienten (vgl. (2.9), X = 0, ΦX,l = Vl ) NB: Ckl hängen nur von der Geometrie und ab. N X (2.21) } Ckl Vl 2.2.2 Maxwellsche Kapazitätsmatrix 71 (ii) Symmetrische Darstellung von Ckl : Ckl = − Z N X ∇Φl · #» n da = j=0 ∂Ω j ∂Ωk = Z Z div(Φk ∇Φl ) d3 r = Ω Z n ) da = Φk ∇Φl · d #» Φk |∂Ωj ∇Φl · (− #» a | {z } | {z } ∂Ω d #» a δkj Z ∇Φk ∇Φl d3 r + Ω Z Φk div( ∇Φl ) d3 r Ω | {z =0 } Fazit: Ckl = Z ∇Φk ∇Φl d3 r (2.22) Ω Offenkundig gilt: Ckl = Ckl (2.23) 2.2.2.2 Darstellung der gespeicherten elektrischen Energie (i) Nach (1.13) gilt: N X N Z X 1 Z #» #» 3 1 Z 3 (2.19) 1 Wel = EEd r= ∇Φ ∇Φ d r = Vk ∇Φl ∇Φl Vl d3 r 2 2 2 k=0 l=0 Ω Ω Ω Z N X N N X N 1 X 1 X 3 Vk ∇Φk ∇Φl d r Vl = Vk Ckl Vl = 2 k=0 l=0 2 k=0 l=0 Ω 2.2.2 Maxwellsche Kapazitätsmatrix 72 Also: Wel = N 1 1 X Vl Clk Vk = V T C V 2 k,l=0 2 C00 C10 mit C = (Ckl ) = .. . C01 C11 .. . ··· ··· .. . (2.24) C0N V0 C1N V1 .. , V = .. . . CN N VN CN 0 CN 1 · · · (ii) Wegen Wel ≥ 0 ist die (wegen (2.22) symmetrische) Kapazitätsmatrix C positiv semi-definit: C = C T und V T C V ≥ 0 ∀ V ∈ RN +1 (iii) Fasst man Wel als Funktion der unabhängigen Variablen V = (V0 , V1 , . . . , VN )T auf, so folgt aus (2.24): N N X 1 X ∂Wel = Ckl Vl + Vl Clk ∂Vk 2 l=0 l=0 ! Symm. = ∂Welk = Qk ∂Vk bzw. ∂Wel =Q ∂V N X (2.20) Ckl Vl = Qk l=0 (2.25a) (2.25b) Q0 Q1 mit Q = .. und Q = C V (siehe 2.20) . QN 2.2.2 Maxwellsche Kapazitätsmatrix 73 Weiter ist ∂ 2 Wel = Ckl ∂Vk ∂Vl bzw. (2.26a) ∂ 2 Wel = C. ∂V ∂V (2.26b) (iv) Die Potentialvorgaben V und V + ce mit e := (1, 1, . . . , 1)T ∈ RN +1 , c ∈ R erzeugen #» #» dasselbe D- und E-Feld und damit dasselbe Q: Q = C V = C(V + c e) = C V + c C e ⇒ C e = 0 bzw. N X Ckl = 0 (2.27) l=0 Speziell: N = 1 (2 Elektroden) C −C C= −C C ! C00 =: C > 0 1 Wel = (V0 CV0 + V1 CV1 − V1 CV0 − V0 CV1 ) 2 1 1 = (V0 − V1 )CV0 + (V1 − V0 )CV1 2 2 1 1 = (V0 − V1 )C(V0 − V1 ) =: CU 2 2 2 2.2.2 Maxwellsche Kapazitätsmatrix 74 Wegen C = C T folgt auch: eT C = 0 bzw. N X Ckl = 0 (2.28) k=0 Folgerung: Gesamtladung: Qtot = N X Qk = eT Q = eT C V = 0 k=0 N X | {z } =0 Qk = 0 (vgl. §1.5.2.2 (iii)) (2.29) k=0 (v) Summenregel für Grundlösung: Das [V-RWP] mit V = e hat die Lösung N N X X Φk ( #» r) r) = Vk Φk ( #» 1 = Φ( #» r) = k=0 |{z} N X Φk ( #» r) = 1 k=0 1 Also gilt mit (2.19) (2.30a) k=0 N X bzw. Φ0 ( #» r) = 1− Φk ( #» r) k=1 (2.30b) 2.2.2 Maxwellsche Kapazitätsmatrix 75 Hiermit folgt für das Potential mit der Vorgabe V ∈ R3 : Φ( #» r ) = V0 + N X (Vk − V0 )Φk ( #» r) (2.31) k=1 Dabei ist Uk,0 = Vk − V0 die Spannung zwischen ∂Ωk und ∂Ω0 . (vi) Ein analoges Vorgehen für die Ladungsberechnung liefert: Q = C(V − V0 e) ⇒ Qk = N X Ckl (Vl − V0 ) l=0 | {z } 0 für l = 0 Also: Qk = N X l=1 Ckl (Vl − V0 ) | {z Ul,0 (2.32) } Wegen (V − V0 e)T C (V − V0 e) = V T C V − V0 eT C V − V0 V T C e +V02 eT Ce | {z } 0 |{z} 0 gilt dann weiter Wel = 1 (V − V0 e)T C (V − V0 e), 2 beziehungsweise Wel = N 1 X (Vk − V0 ) Ckl (Vl − V0 ) . {z } | 2 k,l=1 Qk (2.33) | {z } 0 2.2.2 Maxwellsche Kapazitätsmatrix Wel = 76 N N 1 X 1 T 1 X Q V = Qk (Vk − V0 ) = Qk Uk,0 2 2 k=1 2 k=1 2.2.2.3 Teilkapazitätskoeffizienten Sei Ukl := Vk − Vl (Spannung zwischen δΩk und δΩl ), dann folgt: N X Ckl Ukl = l=0 N X Ckl Vk − l=0 N X Ckl Vl = −Qk l=0 | {z } 0 Abbildung 2.6: Teilkapazitätskoeffizienten Setze Kkl := −Ckl : Teilkapazitätskoeffizient (nur k 6= l benötigt) Kj0 = −Cj0 = N X Cjk k=1 Qk = N X Kkl Ukl (2.34a) l=0 l6=k QP = X # » K(P P 0 ) U (P P 0 ) P 0 ∈K P 0 6=P (vgl. (2.8) und (2.17)) (2.34b) 77 2.3 Induktive Speicherelemente (Spulen, Drosseln) 2.3.1 Spulenanordnung (Geometrie und Topologie) (i) Abbildung 2.7: Spulenanordnung N ruhende, drahtförmige Leiterschleifen Ck (k = 1, 2, ..., N ), welche orientierte Flächen Sk beranden (Ck = ∂Sk ) und durch die ein „von außen“ eingespeister Strom ik (t) fließt. ik (t): Strom in Schleife Ck uk (t): Speisespannung an den Klemmen von Ck (ii) Spule als Generator: Abbildung 2.8: Spule als Generator 2.3.1 Spulenanordnung (Geometrie und Topologie) 78 #» B(t) = B(t) #» ez Uind = − d d d Φ(S) = −w Φ(S0 ) = − Ψ dt dt dt wobei Φ(S0 ) = S0 · B(t) und Φ(S) = w · Φ(S0 ) =: Ψ verketteter Kraftfluss (iii) Spule als Verbraucher: Abbildung 2.9: Spule als Verbraucher Φ(S0 ) = S0 · B(t), sowie B(t) = c · I(t) I(t) sei von U (t) getrieben, wobei U (t) gegeben ist. ⇒ U (t) = −Uind (t) = dB dΨ dI = wS0 = wS0 c | {z } dt dt dt =: L Also: U =L dI dt In der Anordnung von 2.3.1(i) gilt an den Klemmen(für reale Leiter mit ohmschen Innenwiderstand Rk ) 2.3.1 Spulenanordnung (Geometrie und Topologie) uk (t) = rk ik (t) − uind,k (t) 79 (2.35) (iv) Stromdichteverteilung im Kontinuumsbild: Abbildung 2.10: ik (t) #» #» #» j k ( r k (s), t) = t k (s) ak (2.36) mit ak = Drahtquerschnittsfläche d #» rk #» #» und t k (s) := = Tangentialeinheitsvektor an Ck in Richtung von j k ( #» r) ds #» NB: Das Folgende lässt sich auf dreidimensional verteilte Stromdichten j ( #» r , t) verallgemeinern, sofern diese flusserhaltenden Zweipolen (=induktive Eintore) zugeordnet werden können. 2.3.2 Induktionskoeffizienten 80 2.3.2 Induktionskoeffizienten (i) Annahme: a) Die Spulen sind ortsfest, die Geometrie ist zeitunabhängig ⇒ Ruheinduktion. b) Die Spulenströme ik (t) verändern sich mit der Zeit nur sehr langsam (niederfrequent), so dass Wellenausbreitungseffekte vernachlässigt werden können (keine Antennenwirkung). In dieser quasistationären Näherung folgen die Ma#» #» r , t) den sie erzeugenden Stromdichten j k (r, t) „instantan“, gnetfelder H k ( #» #» #» gemäß der Lösung der Ampèreschen Beziehung rot H k = j k . 1 #» #» #» Aus B k = rot A k und Hk = B k folgt: µ 1 −1 #» 1 #» #» #» j k = rot rot A k = ∆ A k + ∇ div A k µ µ µ | {z } 0 für Coulomb-Eichung ! Also: #» #» ∆ A k ( #» r , t) = −µ j k ( #» r , t) (2.37) (ii) Lösung im R3 mittels der Green-Funktion, mit µ = const. (vlg. (1.70): G( #» r , #» r 0) = #» µ Z j k ( #» r 0 , t) #» #» ⇒ A k ( r , t) = 4π 3 | #» r − #» r 0| R 1 1 #» 4π | r − #» r 0| ik (t) µ Z 3 0 d r d #» s = #» #» 0| | {z } 4π | r − r #» #» Ck da ds 2.3.2 Induktionskoeffizienten 81 Also: N N X X d #» s µ Z #» #» ik (t) A( #» r , t) = A k ( #» r , t) = #» | r − #» s| k=1 k=1 4π Ck (2.38) (vlg. § 2.1.1.3) (iii) Induzierte Spannungen: d d Z #» #» d Z #» #» #» uind,k (t) = − Φ(Sk ) = − B( r , t) · d a = − A( r , t) · d #» r dt dt | {z } dt Sk Ck #» rot A =− Z Ck #» N X ∂ A #» µ Z Z d #» s · d #» r d (2.38) #» ( r , t) · d r = − il (t) #» #» ∂t | r − s | dt l=1 4π Ck Cl | {z =: Lkl } (iv) Fazit: (2.35) uk (t) = rk ik (t) + N X l=1 Lkl dil dt Transformator-Gleichungen (vgl. (5)) (2.39) 2.3.3 Zusammenhang mit der magnetischen Feldenergie 82 mit r · d #» s µ Z Z d #» Lkl := #» #» 4π |r − s| (2.40) Ck Cl Induktionskoeffizienten, Neumannsche Formel Lkk : Selbstinduktionskoeffizient Lkl,k6=l : Gegeninduktionskoeffizient Es gilt: Lkl = Llk (2.41) L := (Lkl ) ∈ R(N,N ) ist symmetrisch und positiv definit. 2.3.3 Zusammenhang mit der magnetischen Feldenergie #» #» (i) Für lineare Medien (B = µH) gilt: Wmag = Z Ω 1 Z #» 1 #» #» 3 #» H · |{z} B dr= H · rot A d3 r 2 2 #» Ω rot A 1 Z 1 Z #» #» #» #» #» 3 = rot (H × A) d a | {zH} · A d r − 2 2 #» Ω ∂Ω j | {z } → 0 für ∂V → ∞ Wmag 1 Z #» #» 3 = j ·Ad r 2 3 R (2.42) 2.3.3 Zusammenhang mit der magnetischen Feldenergie 83 (ii) Mit (2.36) folgt: Wmag = N 1 X 2 k=1 #» A( #» r , t) · d #» r · ik (t) Z Ck =δSk |Z #» B · d #» a = Φ(Sk ) {z } Sk Also: Wmag N 1 X = Φ(Sk ) · ik 2 k=1 (2.43) (iii) Mit (2.38) folgt weiter: Wmag = N µ Z Z d #» s · d #» r 1 X · ik il #» #» 2 k,l=1 4π |r − s| Ck Cl | {z Lkl } Also: Wmag N 1 X = ik Lkl il 2 k,l=1 = (2.44) 1 T I LI 2 Lkl ist positiv definit. (iv) NB: (2.44) gilt auch für nicht drahtförmige Schleifen (mit ausgedehntem Querschnitt, aber topologisch induktives Eintor) und kann zur allgemeinen Definition von Lkl verwendet werden, wenn (2.40) nicht anwendbar ist. 2.3.3 Zusammenhang mit der magnetischen Feldenergie 84 Allgemein gilt für gekoppelte induktive Eintore: (2.38) Φ(Sk ) = N X Lkl · i(Ωl ) l=1 (2.45) | {z } il N X ∂Wmag = Lkl · il = Φ(Sk ) ∂ik i1 , ..., iN l=1 ∂ 2 Wmag = Lkl ∂ik ∂il (2.46) (2.47) (v) Allgemeine Neumannsche Formel: Abbildung 2.11: Stationäres Stromproblem #» #» j l ( r , t) = #» s l ( #» r ) · il (t) Dabei ist #» s l ( #» r ) die Lösung des stationären Stromproblems (1.81) - (1.83) zu den 85 Randdaten #» s · d #» a = ±1. Z Al(ein/aus) Wmag 1 Z #» #» 3 = j ·Ad r 2 3 R N N Z µ Z jl ( #» s) 1 X #» #» X j k( r ) d3 r d3 s = #» #» 2 k=1 |r − s| l=1 4π Ωk Ωl N s k ( #» r ) · #» s l ( #» s) 3 3 1 X µ Z Z #» = d r d s · il (t)ik (t) #» #» 2 k,l=1 4π |r − s| Ωk Ωl | {z } Neumannsche Induktivitäskoeffizienten Lkl s k ( #» r ) · #» s l ( #» s) 3 3 ∂ 2 Wmag µ Z Z #» d rd s Lkl = = #» #» ∂ik ∂il 4π |r − s| Ωk Ωl (2.48) 2.4 Niederfrequente Wechselstromnetzwerke Zeitlich periodische, insbesondere sinusförmige (harmonische), Strom- und Spannungsverläufe sind technisch außerordentlich wichtig: • Transformierbarkeit (→ Energieverteilung) • Modulierbarkeit (→ Informationsübertragung) • Anpassung an Generatoren und Motoren 2.4.1 Grundlegende Begriffe der Wechselstromlehre 86 2.4.1 Grundlegende Begriffe der Wechselstromlehre 2.4.1.1 Wechselspannungsgenerator (i) Erzeugungsprinzipien: #» • im B-Feld rotierende Leiter (kleine Frequenzen, hohe Leistung) • Schwingkreis (hohe Frequenzen, kleine bis mittlere Leistung) (ii) Beispiel: Rotierende Leiterschleife erzeugt induziere Spannung u(t) (vgl. Abb. 2.12). Abbildung 2.12: Rotierende Leiterschleife Drehwinkel ϕ(t) mit konstanter Kreisfrequenz dϕ = ω = const. dt 2.4.1 Grundlegende Begriffe der Wechselstromlehre ϕ(t) = ωt + ϕ0 87 (2.49) Magnetischer Fluss: ϕ(t) = #» #» B · d #» a = A|B| cos ϕ(t) Z A(t) = Φmax cos(ωt + ϕ0 ) #» mit Φmax := A|B| Induzierte Spannung: u(t) = − dΦ = ωΦmax sin(ωt + ϕ0 ) dt Also: u(t) = Û sin(ωt + ϕ0 ) mit Û := ωAB0 (iii) Kenngrößen: • u(t): Momentanwert • Û : Scheitelwert • ϕ(t) = ωt + ϕ0 : Momentane Phase • ϕ0 = ωt0 : Anfangsphase (Phase bei t = 0) (2.50) 2.4.1 Grundlegende Begriffe der Wechselstromlehre 88 • T : Periodendauer, definiert als kleinstes T ∈ R mit: ∀ u(t) = u(t + k T ) k∈Z • f := 1 1 : Frequenz (Einheit = Hz (Hertz)) T s • ω= 2π = 2πf : Kreisfrequenz (Einheit Hz) T 2.4.1.2 Zeigerdarstellung (i) Idee: Abbildung 2.13: (2.51) 2.4.1 Grundlegende Begriffe der Wechselstromlehre 89 Der Vektor U1 (t) Û cos ϕ(t) := U (t) = U2 (t) Û sin ϕ(t) ! ! (2.52) ist ein rotierender Zeiger (englisch Phasor), dessen Spitze einen Kreis mit Radius Û in einer U1 -U2 -Ebene (= R2 ) mit dem Phasen-(Dreh-)winkel ϕ(t) umläuft, wobei ϕ(t) = ωt + ϕ0 . Die Projektion von U (t) auf die U2 -Achse U2 (t) = Û sin(ϕ(t)) = Û sin(ωt + ϕ0 ) = u(t) ist dann der tatsächlich auftretende Spannungsverlauf u(t). Satz. Der Zeiger Û := U (t = 0) hat die Länge Û und den Drehwinkel ϕ0 . Û charakterisiert also (bei fester Kreisfrequenz ω) den Spannungsverlauf u(t) = Û sin(ωt + ϕ0 ) eindeutig. (ii) Darstellung mit Hilfe komplexer Zahlen: Zeiger U (t) bzw. Û ∈ C mit Körperaxiomen: C = (R2 , +, · ) U = U1 e1 + U2 e2 = U1 · 1 + U2 · j Also: U = U1 +j U2 |{z} (2.53) |{z} Real- ImaginärTeil Teil U1 = Re U , U2 = Im U . e2 = j := √ −1 (2.54) 2.4.1 Grundlegende Begriffe der Wechselstromlehre 90 In Polarkoordinaten: U2 Im U U (t) = |Û | (cos ϕ(t) + j sin ϕ(t)), mit tan ϕ = = U1 Re U Definition: ejϕ := cos ϕ + j sin ϕ (2.55) Û (t) = Û ejϕ(t) (2.56a) Û (t) = |Û (t)| ej arg Û (t) (2.56b) U2 =: arg U U1 (2.57a) ϕ = arctan |U | = Û = q U12 + U22 (2.57b) mit ϕ ∈ [0, 2π) Rechenregeln: • Für α, β ∈ R gilt: ejα · ejβ = ejα+β (2.58) 2.4.1 Grundlegende Begriffe der Wechselstromlehre 91 • Es gilt: Alle komplexen Zeiger der Länge 1 haben die Form d(ϕ) = ejϕ , mit ϕ ∈ [0, 2π). (2.59) • Für ϕ ∈ R mod 2π beschreibt die lineare Abbildung C 3 V 7→ V 0 = d(ϕ) · V = ejϕ · V (2.60) die Drehung in R2 um ϕ mod 2π im Gegenzeigersinn. Denn: Abbildung 2.14: Drehung V 0 = ejϕ V = ejϕ |{z} ejα |V | = |V |ej(α+ϕ) α = arg(V ) Also: arg(V 0 ) = ϕ + α |V 0 | = |V | • Drehungen im R2 (≡ C) sind kommutativ und abelsch: d(ϕ)d(ψ) = d(ϕ + ψ) = d(ψ)d(ϕ) 2.4.1 Grundlegende Begriffe der Wechselstromlehre 92 • Für Z = |Z|ejψ (ψ = arg Z) beschreibt die lineare Abbildung C 7→ C : V 7→ V 0 = Z · V (2.61) eine Drehstreckung mit dem Drehwinkel ψ = arg Z und dem Streckungsfaktor r = |Z|. Beweis: V 0 = Z · V = |Z|ejψ · |V |ejα = |Z||V | · ej(ψ+α) Abbildung 2.15: Drehstreckung Jede komplexe Zahl Z ∈ C lässt sich also als Drehstreckung auffassen und umgekehrt: Drehung ≡ Multiplikation mit ejϕ Streckung ≡ Multiplikation mit r ∈ R+ Drehstreckung ≡ Multiplikation mit rejϕ ∈ C • Komplexe Exponentialfunktion: Für z = x + jy ∈ C sei 2.4.1 Grundlegende Begriffe der Wechselstromlehre ez := ex+jy := |{z} ex · |{z} ejy Streckung Drehung 93 (2.62) Es gilt: ez1 +z2 = e(x1 +x2 )+j(y1 +y2 ) = ex1 ejy1 ex2 ejy2 = ez 1 ez 2 Also: ez1 +z2 = ez1 ez2 Folgerung: e−z = (2.63) 1 ez (iii) ( Allgemeine Zeigerdarstellung: ) Die reale Wechselspannung u(t) = Û sin(ωt + ϕu ) wird auf eindeutige Weise Der reale Wechselstrom i(t) = Iˆ sin(ωt + ϕi ) ( ) Û = Û ejϕu dem komplexen Zeiger zugeordnet. ˆ jϕi Iˆ = Ie Ist Û bzw. Iˆ bekannt, so erhält man den Zeitverlauf von u(t) bzw. i(t) indem man Û bzw. Iˆ mit der Kreisfrequenz ω in der komplexen U1 -U2 - (bzw. I1 -I2 )-Ebene rotieren lässt und den umlaufenden Zeiger U (t) = ejωt · Û eϕu = Û ejωt+ϕu ˆ ϕi = Ie ˆ jωt+ϕi I(t) = ejωt · Ie (2.64) (2.65) 2.4.2 Wechselstromschaltungen mit linearen Bauelementen 94 auf die imaginäre Achse (U2 -Achse, I2 -Achse) projiziert: Im U (t) = Im Û ej(ωt+ϕu ) = Û sin(ωt + ϕu ) = u(t) ˆ j(ωt+ϕi ) = Iˆ sin(ωt + ϕi ) = i(t) Im I(t) = Im Ie NB: Dass man u(t) mit Im U (t) identifiziert ist reine Konvention; man kann ebenso mit Re U (t) operieren. (iv) Zeigerdiagramm: Es ist zweckmäßig, Û und Iˆ in ein gemeinsames Achsensystem einzutragen, insbesondere wenn mehrere Wechselspannungen und -ströme in ihrer gegenseitigen Beziehung diskutiert werden sollen. Abbildung 2.16: Zeigerdiagramm für Spannung und Strom. NB: Û und Iˆ haben verschiedene Skalen (Maßstäbe). Für den tatsächlichen Zeitverlauf: Starre Rotation des gesamten Diagramms mit ejωt und Projektion auf die imaginäre Achse. 2.4.2 Wechselstromschaltungen mit linearen Bauelementen 2.4.2.1 Lineare Wechselstrom-Bauelemente Definition: Lineares Wechselstrombauelement ⇔ u(t) und i(t) haben eine zeitunabhängige und arbeitspunktunabhängige Beziehung zwischen den Scheitelwerten Û und Iˆ sowie 2.4.2 Wechselstromschaltungen mit linearen Bauelementen 95 Abbildung 2.17: Lineares Bauelement den Phasen ϕu und ϕi Das heißt, U (t) und I(t) sind über eine konstante Drehstreckung Z ∈ C starr miteinander verknüpft: jwt jwt ∃ U (t) = Z · I(t) ⇔ e Û = Ze Iˆ ⇔ Z∈C Û = Z · Iˆ (2.66) komplexes ohmsches Gesetz ˆ jϕi ⇔ ⇔ Û ejϕu = |Z|earg(Z) · Ie Û = |Z|Iˆ arg(Z) = ϕu − ϕi =: ∆ϕ Z heißt Impedanz (kompexer Scheinwiderstand), |Z| heißt (reeller) Scheinwiderstand. ∆ϕ = ϕU − ϕi = arg Z heißt Phasenverschiebung, also: (2.67a) (2.67b) 2.4.2 Wechselstromschaltungen mit linearen Bauelementen 96 Z = |Z|ej∆ϕ (2.68) 1 Iˆ = · Û =: Y · Û Z (2.69) Die Umkehroperation Û 7→ Iˆ lautet: 1 heißt Admittanz (komplexer Scheinleitwert), Z |Y | heißt (reeller) Scheinleitwert. Y := ∆ϕ = ϕu − ϕi = − arg Y (wegen Y = |Z|ej arg Z |Y | = −1 1 |Z| arg Y = − arg Z = 1 −j arg Z ), also e |Z| (2.70a) (2.70b) 2.4.2.2 Elementare Beispiele für lineare Wechselstrombauelemente (i) Ohmscher Widerstand: Für „nicht zu hohe Frequenzen“ (= ˆ quasistationäre Näherung) gilt: u = Ri(t) ⇔ ∀ Û sin(ωt + ϕu ) = RIˆ sin(ωt + ϕu ) ⇔ t∈R 2.4.2 Wechselstromschaltungen mit linearen Bauelementen Û = RIˆ ϕu = ϕi mod 2π 97 (2.71a) (2.71b) ⇒ Z = Re(j · 0) = R (2.68) Z=R (2.72) Û = RIˆ (2.73) Zeigerdiagramm: Abbildung 2.18: Zeigerdiagramm Widerstand 2.4.2 Wechselstromschaltungen mit linearen Bauelementen 98 Schaltsymbol Abbildung 2.19: Schaltsymbol Widerstand (ii) Induktivität: Es gilt: u(t) = L di(t) dt Also: ∀ Û sin(ωt + ϕu ) = ωLIˆ cos(ωt + ϕi ) t∈R π = ωLIˆ sin(ωt + ϕi + ) 2 Û = ωLIˆ (2.74a) π 2 (2.74b) Z = ωLej 2 = jωL (2.75) ∆ϕ = ϕu − ϕi = π ωL heißt Blindwiderstand (Reaktanz). Û = jωLIˆ (2.76) 2.4.2 Wechselstromschaltungen mit linearen Bauelementen 99 Abbildung 2.20: Zeigerdiagramm Spule Abbildung 2.21: Schaltsymbol Spule (iii) Kapazität Es gilt: C = q(t) , also: u(t) i(t) = C ∀ t∈R du(t) dt du(t) d Im I(t) = i(t) = C = C Im U (t) = C Im dt dt (2.77) d jωt Û e dt = C Im jω Û ejωt = Im (CjωU (t)) Y = jωC (2.78) ! 2.4.2 Wechselstromschaltungen mit linearen Bauelementen Z= 1 jωC Iˆ = jωC Û 100 (2.79) (2.80) | {z } Y Û = 1 ˆ I jωC | {z } Z ωC heißt Blindleitwert (Suszeptanz). Abbildung 2.22: Zeigerdiagramm Kapazität Abbildung 2.23: Schaltsymbol Kapazität (2.81) 2.4.2 Wechselstromschaltungen mit linearen Bauelementen 101 2.4.2.3 Kirchhoffsche Regeln für Wechselstromschaltungen (i) Es gilt: X ∀ t∈R k∈K ∀ X t∈R l∈M ik (t) = 0 an Knoten (2.82) ul (t) = ue (t) längs Maschen (2.83) (ii) Zeigerdarstellung: An Knoten (K): ! X ∀ t∈R Im I k (t) = Im X k∈K # " I k (t) = Im k (Iˆk ejωt ) = Im " ! X X k k # Iˆk ejωt = 0 Längs Maschen (M): ! ∀ t∈R X Im U l (t) = Im X " U l (t) = Im l l∈M # (Û l e jωt X ) = Im k = Im U e (t) = Im Û ejωt Iˆk = k∈K X l∈M Û l = X l∈M X X l Wähle t = 0, dann folgt: X ! " Iˆk ejϕi,k = 0 (2.84) k∈K Ûl ejϕu,l = Û e = Ûe ejϕe (2.85) # jωt Û l e 2.4.2 Wechselstromschaltungen mit linearen Bauelementen 102 2.4.2.4 Einfache Grundschaltungen aus R, L, C (i) Serienschaltung von Impendanzen Û = Û1 + Û2 = Z1 Iˆ + Z2 Iˆ = (Z1 + Z2 )Iˆ ZS = Z1 + Z2 (2.86) (ii) Parallelschaltung von Impendanzen Û Û Iˆ = Iˆ1 + Iˆ2 = + = Z1 Z2 1 1 + Û Z1 Z1 ! 1 1 1 = + ZP Z1 Z2 (2.87) YP = Y1 + Y2 (2.88) Z = R + jωL (2.89) √ R2 + ω 2 L2 Scheinwiderstand (2.90a) (iii) RL-Glied Û = Ẑ Iˆ mit Impendanz |Z| = ∆ϕ = ϕu − ϕi = arg Z = arctan ωL R (2.90b) 2.4.2 Wechselstromschaltungen mit linearen Bauelementen 103 Im Zeigerdiagramm: Û = ÛR + ÛL π NB: 0 ≤ ∆ϕ ≤ 2 (iv) RC-Parallelschaltung (RC-Glied): Y = 1 + jωC R (2.91) = G + jωC |Y | = √ G2 + ω 2 C 2 R |Z| = √ 1 + ω 2 R2 C 2 ∆ϕ = arg Z = − arg Y = − arctan (2.92) ωC G Also: ∆ϕ = − arctan (ωRC) Im Zeigerdiagramm: Iˆ = IˆR + IˆL π NB: − ≤ ∆ϕ ≤ 0 2 (2.93) 2.4.2 Wechselstromschaltungen mit linearen Bauelementen 104 (v) Gedämpftes LC-Glied: ZRL = R + jωL Y = 1 1 = jωC + Z ZRL Also: 1 + jωCZRL 1 − ω 2 LC + jωRC 1 =Y = = Z ZRL R + jωL (2.94a) Y = s |Y | = R − jωL + jωC (R2 + ω 2 L2 ) R 2 + ω 2 L2 (2.94b) 1 + ω 2 (R2 C 2 − 2LC) + ω 4 L2 C 2 (2.95) R 2 + ω 2 L2 1 2 ∆ϕ = − arg Y = − arctan ωc R + ω 2 L2 − ωL R (2.96) Bzw. folgt aus (2.94a): ∆ϕ = − arg(Zähler) + arg(Nenner) ∆ϕ = arctan ωL ωRC − arctan R 1 − ω 2 LC (2.97) 2.4.2 Wechselstromschaltungen mit linearen Bauelementen 105 Zeigerdiagramm: o. B. d. A. ϕe = 0, Û ∈ R: Iˆe = IˆC + IˆR tan ϕRL = − ωL R IˆC = jωC Û e IˆR = 1 Û R + jωL e tan(−ϕRL ) = ωL R 2.4.2.5 Zusammenfassung Wechselstromschaltungen ( (i) Reelle Wechsel- spannung u(t) strom i(t) SpannungsStrom- ) ( zeiger Û ∈ C Iˆ ∈ C ) Lineares Bauelement (R, L, C) Û = Z Iˆ mit Z = |Z|ej∆ϕ : verallgemeinertes ohmsches Gesetz, Drehstreckung im R2 =C. ˆ (ii) Elementare Beispiele: Bezeichnung ohmscher Widerstand Spule Kondensator |Z| R ωL 1 ωC ∆ϕ 0 π 2 Z R jωL 1 jωC Y G= 1 jωL jωC π NB: e±j 2 = cos (iii) Netzwerke: 1 R π π 1 + j sin = ±j, = −j. 2 2 j − π 2 2.4.2 Wechselstromschaltungen mit linearen Bauelementen 106 Topologie beschrieben wie im Gleichstromfall (Knoten, Zweige, Maschen, Bauelemente Z j , Strom- und Spannungsquellen) Knotenregel: X ik (t) = 0 k∈K X Iˆk (t) = 0 k∈K Maschenregel: X l∈M ul (t) = ue (t) X l∈M Û l (t) = Û e (t) 2.4.3 Leistung und Effektivwerte 107 2.4.3 Leistung und Effektivwerte 2.4.3.1 Momentane Leistung Abbildung 2.24: Lineares Netzwerk: Schaltung u(t) = Û sin(ωt + ϕu ) i(t) = Iˆ sin(ωt + ϕi ) Momentan zugeführte Leistung (vgl. (2.24)): p(t) = u(t)i(t) = Û Iˆ sin(ωt + ϕu ) sin(ωt + ϕi ) p(t) = 1 ˆ 1 Û I cos(ϕu − ϕi ) − Û Iˆ cos(2ωt + ϕu + ϕi ) {z } |2 {z } |2 MittelwertPm zeitlicher Mittelwert 0 (2.98) Zeitlicher Mittelwert: Pm = 1 ˆ Û I cos ∆ϕ 2 (2.99) Dabei ist ∆ϕ := ϕu − ϕi der relative Phasenwinkel. Die Schaltung enthält energiespei1 1 chernde Elemente (z. B. LI 2 bzw. CU 2 ) falls ∆ϕ = ϕu − ϕi 6= 0. 2 2 2.4.3 Leistung und Effektivwerte 108 Abbildung 2.25: Mittelwert 2.4.3.2 Effektivwerte, Wirkleistung (i) Definition: PW T 1 Z 1 (2.98) = p(t) dt = Pm = Û Iˆ cos ∆ϕ T 2 allg. 0 Ueff = Ieff := (2.100) v u ZT u u1 t u(t)2 T v u ZT u u1 t i(t)2 T dt (2.101) dt (2.102) 0 0 2.4.3 Leistung und Effektivwerte 109 Es gilt: 2 Ueff T 2π 1 Z 2 1 Z 2 2 1 2 = Û sin(ωt + ϕu ) dt = Û sin ϕ dϕ = Û 2 T ωT 2 0 0 ϕ = ωt + ϕu Also: 1 Ueff = √ Û 2 (2.103) 1 Ieff = √ Iˆ 2 (2.104) PW = Ueff Ieff cos ∆ϕ (2.105) Analog: Damit gilt: NB: Oft wird „eff“ weggelassen: 1 U = √ Û ; 2 1 I = √ Iˆ 2 1 U = √ Û ; 2 1 I = √ Î 2 Komplexe Effektivwerte: (2.106) 2.4.3 Leistung und Effektivwerte 110 Komplexe Momentantwerte: ˆ jωt i(t) = Ie u(t) = Û ejωt ; (ii) Komplexe Schreibweise: P := 1 Û · Iˆ∗ = U · I ∗ 2 (2.107) komplexer Leistungszeiger (2.64) (2.65) ˆ jϕi folgt: Mit Û = Û ejϕu und Î = Ie P = 1 ˆ j(ϕu −ϕi ) = Ueff Ieff ej∆ϕ Û Ie 2 Also: P = Ueff Ieff (cos ∆ϕ +j sin ∆ϕ) | {z (2.108) } PW = Wirkleistung Damit: PW = Re P (2.109) NB: Es gilt auch P = u(t)i(t)∗ da die Zeitabhängigkeit ejωt wegfällt: P = u(t)i(t)∗ = 1 jωt −jωt ˆ∗ 1 ˆ∗ e Û e I = Û I 2 2 2.4.3 Leistung und Effektivwerte 111 (iii) Beispiele • Omscher Widerstand: Û = R Î ⇒ P = ∗ 1 1 RÎ · Iˆ = RIˆ2 2 2 Also: Û =RIˆ 2 PW = Re P = R Ieff = Ueff · Ieff PW = Ueff · Ieff (2.110) also cos ∆ϕ = 1 • Spule: Û = jωLÎ ⇒ P = ∗ 1 1 jωLIˆIˆ = jωLIˆ2 2 2 PW = Re P = 0 also cos ∆ϕ = 0, ∆ϕ = π 2 • Kondensator: Û = 1 1 1 ˆˆ∗ 1 1 ˆ2 Î ⇒ P = II = I jωC 2 jωC 2 jωC PW = Re P = 0 also cos ∆ϕ = 0, ∆ϕ = − π 2 2.4.3 Leistung und Effektivwerte 112 (iv) Mathematische Interpretation: Definition „Skalarprodukt“ von u(t) und i(t): T 1 Z < u|i >:= u(t)i(t) dt = PW T 0 2 ||u||2 =< u|u >= Ueff 2 ||i||2 =< i|i >= Ieff ⇒< u|i >= ||u|| · ||i|| cos ϕ ϕ ist also der „Winkel“ zwischen u(t) und i(t) im Funktionsraum L2 (0, T ). 2.4.3.3 Leistungsbilanz bei energiespeichernden Bauelementen (i) Spule: (2.44) Wmag = 1 2 Li (t) 2 dWmag di = Li(t) · = u(t)i(t) = p(t) dt dt Explizit: i(t) = Iˆ sin(ωt); u(t) = ωLIˆ cos(ωt) ⇒ Wmag (t) = p(t) = 1 1 ˆ 2 LI sin (ωt) = LIˆ2 (1 − cos(2ωt)) 2 4 dWmag 1 = ωLIˆ2 sin(2ωt) dt 2 (2.111) 2.4.3 Leistung und Effektivwerte 113 Die Wirkleistung ist: PW T 1 Z = p(t) dt = 0 T 0 vlg. PW = Ieff Ueff cos π 2 (ii) Kondensator: (2.33) Wel (t) = 1 Cu2 (t) 2 dWel du = Cu = u(t)i(t) = p(t) dt dt Explizit: u(t) = Û cos(ωt); i(t) = −ωC Û sin(ωt) ⇒ Wel (t) = p(t) = 1 1 C Û 2 cos2 (ωt) = C Û 2 (cos(2ωt) + 1) 2 4 dWel 1 = − ωC Û 2 sin(2ωt) dt 2 Die Wirkleistung ist: PW T 1 Z = p(t) dt = 0 T 0 (2.112) 2.4.3 Leistung und Effektivwerte 114 2.4.3.4 Scheinleistung und Blindleistung (i) Leistungsbilanz bei linearen Bauelementen: Sei Û = Z Î; o.B.d.A Î = Iˆ ∈ R, also ϕi = 0 ⇒ i(t) = Iˆ sin(ωt) u(t) = Im (Z Îejωt ) = Im [(Re (Z)Iˆ cos(ωt) − Im (Z)Iˆ sin(ωt)) + j(Re (Z)Iˆ sin(ωt) + Im (Z)Iˆ cos(ωt))] = Re (Z)Iˆ sin(ωt) + Im (Z)Iˆ cos(ωt) p(t) = u(t)i(t) = Re Zi(t)2 + Im Z Iˆ2 sin(ωt) cos(ωt) | {z 1 sin(2ωt) 2 } Also: p(t) = Re Zi2 (t) + 2 Im ZIeff sin(2ωt) (2.113) Dabei ist p(t) die zugeführte (Netz-)Leistung. Der erste Term auf der rechten Seite enspricht dem Anteil der im System verbrauchten Leistung (≥ 0) und der zweite dW Term entspricht der Zu- oder Abnahme von gespeicherter Energie ≥ bzw. ≤ 0. dt Also: p(t) = RW i(t)2 + dW dt Leistungsbilanzgleichung (2.114) 2.4.3 Leistung und Effektivwerte 115 mit RW := Re Z (2.115) Wirkwiderstand sowie dW 2 = Im Z Ieff sin(2ωt) | {z } dt Blindwiderstand (2.116) T 1 1 Z dW dt = (W (T ) − W (0)) = 0. Es gilt: T dt T 0 Also gilt für die Wirkleistung: PW T T 1Z RW Z 2 2 = p(t) dt = i (t) dt = Re ZIeff = Re P T T 0 0 (2.117) Mittlere verbrauchte Leistung ≥ 0 (ii) Blindleistung: Aus (2.113) folgt: 2 p(t) = Re ZIeff | {z PW } 2 2 sin2 (ωt) + Im ZIeff | {z } | Mittelwert = 1 {z PB } sin(2ωt) | {z } Mittelwert = 1 2.4.3 Leistung und Effektivwerte 116 Definition: 2 PB := Im ZIeff (2.118) Blindleistung Also: p(t) = PW (1 − cos(2ωt)) + PB sin(2ωt) (2.119) Leistungsbilanz (iii) Beispiele 2 Spule: Z = jωL, PW = 0, PB = ωLIeff (2.111) dWmag 2 . Also: p(t) = ωLIeff sin(2ωt) = dt Kondensator: Z = Also: p(t) = − 1 1 2 , PW = 0, PB = − I jωC ωC eff 1 2 (2.112) dWel 2 Ieff sin(2ωt) = −ωCUeff sin(2ωt) = . ωC dt (iv) Komplexe Zeigerdarstellung: Es war: P = U I∗ Mit U = Z · I folgt: 2 P = Z(I · I ∗ ) = Z · Ieff Also: 2 2 P = Re ZIeff + j Im ZIeff (2.120) 2.4.3 Leistung und Effektivwerte 117 Somit: P = PW + jPB (2.121) Alternativ: 2 P = U I ∗ = U Y ∗ U ∗ = Y ∗ Ueff (2.122) (v) Scheinleistung: PS = |P | = q 2 PW + PB2 (2.123) Scheinleistung Das heißt: 2 PS2 = PW + PB2 , (2.124) beziehungsweise: PS = |P | = |U · I ∗ | = |U | · |I| = Ueff Ieff (2.125) 2.4.3 Leistung und Effektivwerte 118 Nach (2.108) ist P = PS (cos ∆ϕ + j sin ∆ϕ), also: PW = PS cos ∆ϕ (2.126) PB = PS sin ∆ϕ (2.127) NB: ϕ = arg P = arg Z wegen (2.120), das heißt: tan ∆ϕ = Im Z Re Z (2.128) Abbildung 2.26: Scheinleistung im Zeigerdiagramm