Für die meisten von uns ist es noch längst nicht so weit – so

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Predigt über Matthäus 6, 19-21; ERNTEDANKFEST, 30. 09. 2007, Ispringen
Jesus Christus spricht: „Ihr sollt euch nicht Schätze sammeln auf Erden, wo sie die Motten und der Rost fressen und wo die Diebe einbrechen und stehlen. Sammelt euch aber
Schätze im Himmel, wo sie weder Motten noch Rost fressen und wo die Diebe nicht einbrechen und stehlen. Denn wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz.“
Ihr Lieben,
es gibt da Worte - von Jesus überliefert die sollten ihren Namen nicht nach dem
Ort bekommen, wo sie gesprochen wurden, sondern man sollte sie nach ihrem
Inhalt bezeichnen. Ich plädiere also dafür,
die berühmte „Bergpredigt“ nicht mehr
nur als Bergpredigt zu bezeichnen, sondern sie – gemäß ihrem Inhalt – die große
„Provokationspredigt“ zu nennen. Denn
diese berühmten Worte Jesu wurden zwar
gepredigt auf einem Berg, aber das Entscheidende ist: Der Inhalt dieser Predigt ist
seither bis heute für jede Menschengeneration eine unbewältigte Herausforderung,
eine Provokation.
Da ist diese Strenge, diese Gradlinigkeit,
diese Entschiedenheit und die Kompromisslosigkeit, diese Unnachgiebigkeit in
den Worten Jesu. Diese Predigt auf dem
Berg stellt so vieles in Frage, worauf wir
Menschen längst unsere eigenen, anderen Antworten gegeben haben. - Jesus
provoziert. Er stellt menschliches Verhalten
in Frage und entwirft ein radikales Bild von
gut und richtig und böse und falsch.
„Ich sage Euch: Ihr sollt euch nicht Schätze sammeln auf Erden, wo sie die Motten
und der Rost fressen und wo die Diebe
einbrechen und stehlen.“
Damals konkret – so wie heute: Ihr sollt
nicht Geld horten und Güter anhäufen; ihr
sollt nicht Schmuck und Aktien als Wertanlagen haben; ihr sollt nicht große Autos
fahren und Wohnwagen hinter euch her-
ziehen; ihr sollt überhaupt nicht irdische
Schätzen sammeln. Ihr sollt euch nicht im
Dinge bemühen, die vergänglich sind, die
vergammeln können, die euch geklaut
werden oder sonst irgendwie abhanden
kommen können.
Ihr Lieben, diese Worte - in ihrer Einfachheit
und Kompromisslosigkeit – sie provozieren
Menschen; Menschen, die so leben können wie wir es tun.
Es fällt mir nicht leicht, mit dieser Provokation umzugehen. Ich weiche aus und sage
mir heute:
 Einer, der so wie Jesus nichts hat, der
hat so gut reden. Dem fehlt nichts, wenn
er nicht sammelt und also nichts hat. Mir
geht es da ganz anders.
 Ich sage mir: Die Welt hat sich seit damals weiter gedreht. Unser Lebensstandard muss anderen Gesetzen gehorchen
und gerecht werden, wenn das Leben
gelingen soll. Sammeln und Vorsorgen –
wer das nicht tut, gilt heute einfach nur als
dumm.
 Ich sage mir: Die Armut eines Wanderpredigers im heiligen Land kann für mich
nicht das Maß aller Dinge sein. Ich brauche irdische Schätze, für mich selbst und
für andere. Ich muss sie sammeln. Und ich
kenne keinen Menschen, der nicht auf
seine Weise sammelt, schlichtweg um das
Leben zu sichern.
Ich weiß allerdings nicht, ob ich mich Jesus
gegenüber mit diesen Einwänden aus der
Affäre ziehen kann.
„Ich sage euch: Ihr sollt euch nicht Schätze sammeln auf Erden, wo sie die Motten
und der Rost fressen und wo die Diebe
einbrechen und stehlen.“
Ihr Lieben, nachdem die erste Provokation
ein wenig abgeklungen ist und ich diese
Worte eigentlich abtun möchte als absurd
und für heutzutage irrelevant, da stellt sich
die zweite Provokation ein. Diesmal sind es
nicht nur unbequeme Worte, die uns provozieren, sondern diesmal ist es der Prediger selbst. Jesus stellt sich mit diesen Worten herausfordernd und sperrig auf unsere
alltäglichen Wege.
Und ich habe die Wahl, bzw. wir haben
die Wahl: Wir können ihn in seiner Person
und in seiner Autorität schlichtweg abtun
und sind dann frei, uns von Jesus provozieren zu lassen. Oder aber wir nehmen ihn
an, nehmen seine Autorität an und nehmen damit auch die Herausforderung an,
die er mit sich bringt. Wir haben die Wahl!
Christen entscheiden sich im Normalfall für
die Person und für die Autorität von Jesus
Christus und für die mit ihm verbundene
Herausforderung.
„Ich sage euch: Ihr sollt euch nicht Schätze sammeln auf Erden, wo sie die Motten
und der Rost fressen und wo die Diebe
einbrechen und stehlen. Sammelt euch
aber Schätze im Himmel, wo sie weder
Motten noch Rost fressen und wo die Diebe nicht einbrechen und stehlen. Denn wo
dein Schatz ist, da ist auch dein Herz.“
Den letzten Satz verstehe ich gut. Schatz
und Herz gehören zusammen. Dass mein
Herz an meinem Schatz hängt, das ist kein
Geheimnis. Das geht vielen so. Liebende
wissen das, an wem sie mit ihrem Herzen
hängen und wer ihnen am wertvollsten
und am wichtigsten ist. Für den Schatz
geht man am weitesten; für den Schatz
bringt man die größten Opfer; für den
Schatz ist man sich fast für nichts zu schade. Für den Schatz ist das Beste gerade
gut genug, und wo dein Schatz ist, da
zieht es dich immer wieder hin. – Ja, so ist
das mit dem Schatz. Der Schatz ist konkurrenzlos, er ist einzigartig. „Wo dein Schatz
ist, da ist auch dein Herz.“
Ihr Lieben, ich habe den Eindruck: Je mehr
diese Worte sacken, desto mehr schält
sich heraus, worin die eigentliche Herausforderung dieser Worte Jesu besteht. Es
gibt offenbar Schätze auf Erden, und es
gibt Schätze im Himmel. Die Schätze auf
Erden, sagt Jesus, sind naturgemäß zeitlich
begrenzt und vergänglich. Die Kostbarkweiten im Himmel dagegen, sagt Jesus,
sind ewig und unvergänglich. Und wir
Menschen können unsere Herzen offensichtlich sowohl an die einen Schätze als
auch an die anderen hängen und sie
damit zu unserem erklärten Lebensziel und
Lebensinhalt machen.
Ob ich mein Herz nicht an beide Schätze
hängen kann? Jesus sagt einen Vers weiter: „Niemand kann zwei Herren dienen.“
Und ich weiß selbst, wie recht er damit
hat.
Ihr Lieben, abgesehen von Jesus provoziert mich niemand mit der Frage, wie’s
denn bei mir aussieht. Abgesehen von Jesus interessiert es keinen, wie sehr mein
Herz für was schlägt und wofür und für
wen mein Herz am meisten schlägt.
Nur Jesus provoziert zu einer Stellungnahme und fordert Menschen heraus zu einer
Antwort auf die Frage: Wie versteht ihr
euch und euer Leben? Was ist dein Lebensziel, dein Lebensinhalt?
Sag: Woher kommst du? Wem verdankst
du dein Leben? Wem gehört dein Leben?
Wovon lebst du eigentlich, und wohin
lebst du? Sag mir, wo ist deine Seele zuhause.
Sag an: Wo hast du deinen Lebensanker
fest gemacht, damit dich die schönen Zeiten des Lebens nicht übermütig machen?
Sag mir, lass dich provozieren: Wo hast du
deinen Lebensanker fest gemacht, damit
dich die stürmischen Zeiten des Lebens
nicht aus der Bahn werfen?
Diese unbequemen Fragen sie sind die
eigentliche Herausforderung, mit der Jesus
uns Menschen kommt. Immer wieder diese
provozierenden Anfragen, wie denn die
Gewichtsverteilung in unserem Leben aussieht, und was bei uns am meisten ins Gewicht fällt und woran wir unser Herz hängen. Immer wieder die Frage, wie es die
Menschen mit dem ersten Gebot halten
und welche Nebengötter sie sich auserwählt haben. – Natürlich kommt mir in diesem Zusammenhang auch Luthers Provokation in den Sinn. Er sagte: „Woran du
dein Herz hängst, das ist dein Gott.“ – Da
sind sich zwei einig!
Ich muss gestehen: In meinem Fall ist die
Antwort nicht immer eindeutig. Jedenfalls
nicht so kompromisslos und schnörkellos,
wie es Jesus in seiner berühmten Provokationspredigt formuliert. Aber ich bin ihm
doch dankbar dafür, dass er sich immer
wieder provozierend bei uns meldet und
sich in unsere Lebensführung einmischt.
Vielleicht hier und da sogar ein wenig korrigierend!?
Jesus fordert heraus! Wäre es anders, hätte Jesus sich nicht eingemischt, nicht provoziert, dann würde er sich nicht einmischen, dann würde ich davon ausgehen,
dass wir ihm völlig gleichgültig sind und
dass ihm nichts an uns Menschen gelegen
ist.
Weil es aber offensichtlich anders ist, so
müssen wir davon ausgehen, dass Jesus
mit seiner Provokationspredigt etwas Gutes bei uns und für uns erreichen will, und
das alles deswegen, weil sein Herz, weil
Herz Gottes eben an uns Menschen
hängt.
Folglich ist es sehr verständlich, dass Gott,
dass Jesus Christus auf unsere Gegenliebe
stoßen will und sie geradezu provozieren
will. „Ich sage euch: Ihr sollt euch nicht
Schätze sammeln auf Erden, ... Sammelt
euch aber Schätze im Himmel, ... Denn
wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz.“
Ich glaube, ich verstehe so langsam, wie
man sich Schätze im Himmel sammeln
könnte. Nämlich wenn ich eine Antwort
weiß auf die Frage: Wem verdanke ich
alles, was ich bin und was ich habe, und
was könnte ich eigentlich tun, um Gott
meine Liebe und meine Dankbarkeit zu
erweisen? Fällt mir dazu etwas ein?
Wenn uns darauf Antworten einfallen ...
und wenn wir sie auch noch in die Tat umsetzen, dann schlägt unser Herz für Gott,
dann hängt unser Herz an Jesus Christus,
und dann bedanke ich mit herzlich für diese seligmachende Provokation. Amen.
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