Fach: Geschichte Thema: Französische Revolution Der Verlauf der Revolution Der Weg in die Revolution Das Finanzloch im Staatshaushalt hatte gigantische Ausmasse angenommen. Der einzige Weg aus diesem beängstigenden Krater war eine Steuerreform. Die Angst geht um bei den reichen Bürgern wie bei tieferen Schichten des Dritten Standes. Deshalb fordert das Pariser Parlament die Einberufung der Generalstände. Dem Druck gibt Louis XVI. nach einigem Zögern nach. Doch nun tritt ein juristisches Problem auf: Soll nach Ständen oder nach Köpfen abgestimmt werden? Hoher Klerus und Adel sind natürlich für erstere, der Dritte Stand für letztere Variante. Am 5. Mai 1789 werden zu Versailles die Generalstände eröffnet – eine Sensation, denn diese wurden zum letzten Mal 1614 einberufen. Der besagte juristische Streit zog sich inzwischen hin. Der Monarch zeigte sich wie die beiden Ersten Stände unnachgiebig. Daraufhin erklärte sich der Dritte Stand mit all seinen Freunden aus den beiden ersteren am 17. Juni 1789 sich auf Abbé Sieyès berufend zur „Nationalversammlung“. Ein paar Tage später schworen die Abgeordneten im Ballspielhaus zu Versailles den Schwur, zusammenzuhalten, Königreiches geschaffen bis und eine Verfassung eingesetzt sei. des Die Der Ballhausschwur „Nationalversammlung“ agierte hier aus eigenem Recht heraus, als gäbe es in Frankreich keinen König von Gottes Gnaden. Das war Revolution! Die Revolution beginnt! Der König erkannte die Nationalversammlung nach einigem Zögern an, liess aber vorsichtshalber trotzdem Truppen um Paris zusammenziehen. Derweil gärte es in Paris. Hunger, unheimliche Truppenbewegungen und erste Scharmützel trieben die aufgebrachte Bevölkerung am 14. Juli erst in Waffenmagazine, dann gegen das Staatssymbol der Unterdrückung – das Gefängnis genannt die Bastille. Die Revolution verlagerte sich damit aus der relativ gesitteten Nationalversammlung des Grossbürgertums auf die Strasse. Hier wurde mit Worten, dort mit der Flinte und sonstigem gestritten. Der Sturm auf die Bastille erschütterte das Land, der Gegenschlag blieb aus, denn der König zeigte sich in Paris mit der Trikolore-Kokarde. In den Provinzen ging die „grosse Furcht“ durch die Reihen der Bauern und Handwerker. Würde der Adel zurückschlagen? Auf dem Lande zündeten sie Schlösser und Klöster an. Aber nicht nur Furcht spielte hier ein Sturm auf die Bastille Rolle, sondern auch Wut. In Burgen und Klöstern lagerten nämlich die Rechnungen über steuerliche Abgaben. Diese wollten die Bauern vernichten, auf dass niemand mehr auf deren Grundlage etwas von ihnen verlangen konnte. © by Dr. Martin Fröhlich Eigentlich war die Nationalversammlung damit beschäftigt, eine neue Verfassung zu kreieren. Dieses Vorhaben wurde aber zugunsten einer anderen Idee auf die lange Bank geschoben. In der Nachtsitzung vom 4. auf den 5. August 1789 schaffte die Nationalversammlung die Privilegien, die Leibeigenschaft sowie die Steuerfreiheit ab. Dies klingt so heroisch, insbesondere wenn Adelige an dieser Abschaffung aktiv mitmachen. Faktisch jedoch verlor der Adel kaum etwas. Frondienste und Leibeigenschaft wurden ersatzlos gestrichen. Alle anderen Privilegien wurden in barer Münze abbezahlt.1 Der Bauer, der aus der faktischen Abhängigkeit hinaus wollte, musste für das Land bezahlen. Adelige und reiche Bürger blieben oder wurden Grossgrundbesitzer. Ausserdem erliess die Versammlung die „Déclaration des droits de l’Homme“ – ein Abbild der amerikanischen „Bill of Rights“. Die Nationalversammlung zeigte sich als Repräsentant der Nation, der König war rechtlich faktisch ausgeschaltet. Seine physische „Ausschaltung“ blieb vorerst noch aus. Am 5. Oktober 1789 holte ihn eine bewaffnete Volksmenge (insbesondere Marktfrauen) in Versailles ab und führte ihn nach Paris, denn der König hat bei seinem Volke zu leben. Eine Frau namens Olympe de Gouges fand die Menschenrechtserklärung unzureichend, da nur auf den Mann zugeschnitten. Wie zwei Jahrhunderte später Hillary Clinton sagte auch sie (einfach auf Französisch) „human rigths are women rights“. Bloss der positive Widerhall, den Clinton damit erzielte, war Olympe de Gouges vergönnt – offensichtlich war sie mit ihrer Idee der Zeit (oder auch den Männern) voraus. Sie wurde geköpft. Das Ausland reagiert Die Reformen der Versammlung waren vielleicht gut gemeint – jedenfalls von revolutionären Ideen getragen, aber sie zeitigten kaum Erfolge. Grundbesitz der Kirche wurde aufgehoben. Auf dem Grundwert dieses Landes wurde Papiergeld, die so genannte Assignate, ausgegeben. Diese konnte in Kirchenland umgetauscht werden. Zum einen jedoch verursachte der Verkauf von Land eine Besitzumlagerung hin zu Grossgrundbesitzern, zum anderen verloren die Assignaten rasch an Wert. Die galoppierende Inflation begleitete fortan die Revolution. Zudem verweigerte ein Grossteil des Klerus den Treueeid auf die Nation. Die Treuen hingegen wurden nicht mehr wie sonst durch die Kirche bezahlt, sondern mussten nun aus der Staatskasse bezahlt werden. Die adeligen Emigranten waren ein weiteres Problem. Drohend türmen sich Anzeichen, dass die Emigranten das Ausland Déclaration des droits de l’homme gegen die frisch geborene Nation aufbringen würden. Die Angst wuchs, als Louis XVI. versuchte zu fliehen. Ein idiotischer Versuch, der das bereits stark angekratzte Image des Monarchen vollends zerstörte. 1791 wurde die neue gesetzgebende Nationalversammlung nach dem Zensuswahlrecht gewählt, d.h. nur diejenigen mit einem genügenden Steueraufkommen durften das Stimmrecht beanspruchen. Diese Nationalversammlung erliess die neue Verfassung – eine konstitutionelle Monarchie. Der Himmel über 1 Vgl.: Schulin, Ernst: Die Französische Revolution. Seiten 70 – 71. Seite Emigranten waren im Ausland und intrigierten gegen das revolutionäre Frankreich. Aber auch dem König 2 Frankreich war dunkel verhangen, Gewitterwolken nahten drohend vom Ausland her. Viele adelige von Preussen und dem Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation war es nicht wohl bei dem Gedanken, dass diese verräterischen Gedanken von Freiheit und Mitbestimmung auf ihre Länder übergreifen könnten. In dieser Situation nahm die Nationalversammlung die Flucht nach vorn und erklärte Österreich den Krieg. Die Revolutionäre spielten gleichsam Lotto: Die wohl am besten organisierte Armee Europas – die der Preussen – setzte sich gegen Frankreich in Marsch. Die Revolutionstruppen dagegen konnten wohl nur unverbesserliche Optimisten als Armee bezeichnen. Dementsprechend konnten diese die feindlichen Truppen nicht aufhalten. In dieser Situation der Angst drohte der österreichisch-preussische Kommandant, der Herzog von Braunschweig, mit der Vernichtung von Paris, sollte der Königsfamilie nur ein Härchen gekrümmt werden. Dies war ein Fehler. Die Menge stürmte am 10. August 1792 die Tuilerien, den Sitz des Monarchen in Paris. Einer der Kanoniere war damals ein gewisser Napoleon Bonaparte. Die Verteidiger des Königs waren übrigens Schweizer Söldner2, deren wagemutigen Kampf zum Schutze eines überlebten Systems später im Löwendenkmal zu Luzern eine späte Ehrung zuteil wurde. Der König floh in die Nationalversammlung, fand hier aber keinen Schutz. Daraufhin löste sich die Nationalversammlung auf und an ihre Stelle trat ein neu gewählter Nationalkonvent, der über die Abschaffung des Königtums und die Errichtung einer Republik beriet. Währenddessen marschierten die österreich-preussischen Truppen weiter und nahmen am 17. August 1792 die Stadt Verdun ein. In Paris ging die Angst um und liess die Menge an ein Komplott gegen die Nation aus den Gefängnissen glauben. Die „Septembermorde“ an über tausend Gefangenen waren die ersten Anzeichen für die zunehmende Unbändigkeit des zähnefletschenden Ungeheuers Revolution. Die Radikalisierung – die Revolution verrennt sich… Der Nationalkonvent wurde nicht mehr nach dem Zensuswahlrecht gewählt, sondern diesmal galten alle Stimmen gleich. In diesem Konvent sassen sich zwei grosse gegenseitig feindlich gesinnte Gruppen gegenüber. Die einen waren die Jakobiner, so genannt nach ihrem Versammlungsort - dem JakobsKloster. Die anderen waren die Girondisten, genannt nach dem Herkunftsort ihres bekanntesten Redners. Die ersteren waren radikal gegen die Monarchie, für die Republik und vertraten die Idee der sozialen Gerechtigkeit. Ihr wichtigster Vertreter war ein südfranzösischer Anwalt namens Robespierre. Die Girondisten hingegen waren für eine Republik, gegründet auf einer liberalen Wirtschaftsordnung mitsamt den bereits beschlossenen Grundrechten. Auf den Krieg möchte ich hier nicht unbedingt eintreten, doch am 20. September 1792 ereignete sich eine Schlacht, die den Verlauf nicht nur des Krieges, sondern auch der Revolution geprägt hat. Bei Valmy stiessen am besagten Tag französische und preussische Truppen aufeinander. Eine wilde Kanonade begann, die am Abend mit dem Rückzug der Preussen (!) endete. Das konnte nicht wahr sein! Das abgetakelte Revolutionsheer hatte der als unbesiegbar eingestuften preussischen Armee Einhalt geboten. Maximilian Robespierre In Paris ging der Konvent am 21. September frohgemut an die Abschaffung 2 Vgl.: Schulin, Ernst: Die Französische Revolution. Seite 119. Seite Diskussionen wurde am 18. Januar 1793 Ludwig XVI. – einstmals von Gottes Gnaden – zum Tode 3 der Monarchie. Was sollte mit dem König geschehen? Nach langen hitzigen verurteilt. Am 24. Juni 1793 wurde die bislang freiheitlichste Verfassung verabschiedet. Sie sah die Wahlberechtigung aller vor. Jedoch trat sie nie in kraft. In der Geschichte Europas war Ludwig nach dem englischen Karl I. der zweite König, der von einem selbsternannten Parlament hingerichtet wurde. Ein eisiger Schrecken durchfuhr die Herrscherhäuser in Europa. Die Feinde Frankreichs nahmen zu: England, Holland, Spanien und die italienischen Staaten. Das revolutionäre Frankreich stand wiederum knapp vor dem Untergang. Eilig wurde in Paris die allgemeine Wehrpflicht beschlossen, der sich viele Franzosen begeistert anschlossen. Nur die Südfranzösische Vendée verschloss sich gegen das Begehren und machte einen Aufstand. In dieser Situation warfen sich die Jakobiner und Girondisten gegenseitig Unfähigkeit vor, bis schliesslich die ersteren die letzteren der Zusammenarbeit mit dem Feind bezichtigten. Von der Strasse her wurde härtestes Vorgehen gegen die Feinde der Nation gefordert. Diesem Druck beugten sich die Jakobiner gerne und setzten die Gefangennahme und Erschiessung der Mehrzahl der girondistischen Abgeordneten durch. Daraufhin bildeten die Jakobiner angesichts der gespannten Lage einen so genannten „Wohlfahrtsausschuss“, der für Wirtschaft, Verwaltung und Truppenaushebungen zuständig und dem Konvent vorgeschaltet war. Ab nun wurde jeder zum Tode verurteilt, der sich in irgendeiner Weise des Verdachts auf Verrat an der Nation aussetzte. Die Guillotinen arbeiteten in den Jahren 93/94 auf Hochtouren. In gewissen Gegenden Frankreichs war den Massen an Hinzurichtenden mit dem Fallbeil und der Flinte nicht mehr beizukommen. Dementsprechend wurden - wie in Polen unter den Nazis – Gräben ausgehoben an welche sich die Verurteilten in Gruppen zusammengebunden hinstellen mussten, um mit Kanonen (!) ins Jenseits befördert zu werden. Der Aufstand in der Vendée wurde blutig zusammengeschlagen, so dass kein Stein mehr auf dem anderen blieb. Der Kopf des Wohlfahrtsausschusses war der Anwalt Robespierre. Die „Sansculotten“, welche durch lange Hosen den Unterschied zu den adeligen KniehosenTrägern markierten, bildeten den aktiven Teil der Jakobiner in der Schreckenszeit. Um den Bruch mit der Vergangenheit deutlich zu machen, führte der Konvent am 24. Oktober 1793 eine neue Zeitrechnung und einen neuen Kalender - ohne christliche, aber mit neuen Festen - ein. Währenddessen verbuchte das revolutionäre Frankreich erste Erfolge gegen die feindliche Koalition. Die schrecklichen Hinrichtungen gingen weiter und die Guillotine verschlang nebst Girondisten auch abgefallene Jakobiner. Am 28. Juli 1794 traf es schliesslich Robespierre selbst. Er wurde angeklagt und geköpft. War Robespierre ein Scheusal, ein Ungeheuer? Der südfranzösische Anwalt hielt sehr viel von sozialer Gerechtigkeit (Brot für alle), aber noch sehr viel mehr von einem tugendhaften Leben. Insofern war er kein Scheusal. Bloss verband er Justiz mit Moral, was sich nur schlecht verträgt, da Moral an sich nicht greifbar ist. Manche Historiker behaupten, er habe Rousseaus „Contrat social“ zu Ende gedacht. Der Genfer Rousseau verfocht die Idee, dass all diejenigen, die sich Jean Jacques Rousseau einfach nicht in das so tolle demokratieähnliche System integrieren lassen wollten, in irgendwelcher Weise zu beseitigen wären. Aber der Leser möge Seite 4 sich hier eine eigene Meinung über Robespierre bilden.