Kulturen der alten Welt 1350– 250 v. Chr. Israels

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später die israelitischen Staaten Juda
und Israel.
Also gab es gar keine Flucht aus Ägypten? Keine Wanderung durch die Wüste?
Keine Eroberung Kanaans? Alles historisch nicht belegbar. Genau wie das
Großreich von David und Salomo mit
seinem glanzvollen Zentrum Jerusalem:
Auf dem Gebiet der angeblichen Königsstadt gab es nach den Erkenntnissen von
Archäologen im 10. Jh. höchstens eine
knapp fünfeinhalb Fußballfelder große
Siedlung mit rund tausend Einwohnern.
Ein Dorf als Schaltzentrale eines Großreichs? Die deutsche Bibelwissenschaftlerin Angelika Berlejung hält das für „logistisch ausgeschlossen“.
Doch wieso setzt sich die Bibel über
historische Tatsachen hinweg? Das Alte
Testament, schreibt Berlejung, sei „kein
Kompendium der Geschichte Palästinas,
und wollte es auch niemals sein“. Es handele sich um den „Geschichtskommentar“ eines theologischen Entwurfs, der
Material gezielt ausgewählt habe, „um
die Gründe für den Untergang der Staaten Israel und Juda anzugeben und die
Fundamente für den erwarteten oder erhofften Neubeginn zu legen“.
Die Zeit, in der Israel eine solche Erklärungshilfe am dringendsten brauchte,
war jene rund um das Babylonische Exil
im 7. bis 5. Jahrhundert v. Chr.
Es war eine stürmische Epoche. 722
v. Chr. hatten die Assyrer Samaria erobert, die Hauptstadt von Israel, des
nördlichen der beiden israelitischen
Staaten, Israel wurde assyrische Provinz. Das Südreich Juda hingegen, vormals im Schatten des prosperierenden
Nachbarn vor sich hin darbend, erlebte
einen rasanten Aufschwung. Innerhalb
weniger Jahrzehnte hatte sich möglicherweise die Bevölkerung Jerusalems
auf 12 000 Menschen vervielfacht. Rings
um die mit einer
gewaltigen
Mauer befestigte Stadt entstanden weitere Städte und Verwaltungszentren,
eine öl- und weinverarbeitende Industrie. Aus einem abgeschiedenen Kleinststaat wurde plötzlich ein aufstrebendes
Königreich mit einer multiethnischen Bevölkerung und reichen Handelsbeziehungen
in entfernte Länder.
Auch die judäische
Götterwelt war äußerst mannigfaltig.
Neben Jahwe wurden zahlreiche andere Gottheiten verehrt,
etwa die Meeresgöttin Aschera. Das
missfiel national gesinnten Priestern
und Propheten. Um
700 v. Chr. verschaffte sich deshalb eine
neue religiöse Bewegung zunehmend Gehör. Sie forderte: Nur
Jahwe allein darf
noch verehrt werden!
Vermutlich war
das die Geburtsstunde einer der wichtigsten Schriften der
Hebräischen Bibel:
des Deuteronomiums. Es berichtet,
wie Mose dem Volk
Israel das göttliche
Gesetz verkündet,
dass das Leben Israels und seine Beziehung zu Gott fortan
regeln soll. Das wichtigste Gebot lautet:
1350 – 250 v. Chr.
Israels
Urgeschichte
nach 961 Mit der Gründung des Ersten
Tempels – später
seit etwa 1350 Frühe Spuren von hebräischer
Besiedelung in Palästina lassen auf Sippen- und
nach 1300 Pharao Ramses II. herrscht in
Ägypten. In seiner Zeit könnte die biblische
1208 Auf einer Stele des Pharaos Merenptah, die einen Sieg über westliche Feinde
Stammesverbände schließen, die dann gegen Angreifer
als Volkseinheit auftreten.
Mose-Geschichte spielen.
feiert, wird erstmals Israel erwähnt – als eines von
etlichen im Osten unterworfenen Gebieten.
1350 v. Chr.
Kulturen
der alten
Welt
32
1150
um 1379 Ägyptens Pha-
rao Amenophis IV. nennt sich
„Echnaton“ – seine gewagte
Betonung des Sonnenkults,
die einem Monotheismus nahekommt, bleibt
für Ägypten Episode.
950
nach 1200 Schwere
Angriffe der sogenannten
Seevölker schwächen
das mächtige Reich der
Hetiter in Kleinasien und
bedrohen wiederholt auch
die Pharaonen.
um 1000 Das aufstrebende Reich
der Phönizier im
Gebiet des Libanon und
Syriens wird zur
Handelsmacht mit
Verbindungen und
Kolonien bis ins westliche Mittelmeer.
König Salomo zugeschrieben – ist laut Bibel die
staatlich-religiöse Einigung
Judas auf dem Höhepunkt.
V.L.N.R.: JÜRGEN LIEPE; PHOTOS12 / INTERFOTO; AKG
DIE HEILIGE SCHRIFT DER JUDEN
Kanaanitischer
Wettergott Baal
Bronzefigurine,
ca. 12. Jh. v. Chr.
„Ich bin der Herr, dein Gott … Du sollst
keine anderen Götter haben neben mir.“
Zwar sollte es noch lange dauern, bis die
Israeliten Baal und anderen endgültig
abschworen. Der Monotheismus des
Judentums, dem später auch Christentum und Islam folgen, findet in dieser
frühen Schrift jedoch seinen Ausdruck.
uch die besondere Beziehung zwischen Jahwe
und Israel wird im Deuteronomium klar definiert:
Jahwe ist der Gott Israels,
und Israel ist das Volk Jahwes und als
solches verpflichtet, seine Gesetze einzuhalten. Der Ort dieser Verehrung soll
der Jerusalemer Tempel sein. Das erwies sich aber schon bald als schwierig.
Denn während Juda eine wirtschaftliche
und kulturelle Blüte erlebte, verschob
sich mal wieder das Gefüge der Weltmächte: Skythische Nomadenstämme
hatten das assyrische Reich so geschwächt, dass es sich aus Palästina zurückzog. Kurz gewannen die Ägypter
wieder an Einfluss, doch um 605 v. Chr.
wurden sie von den Babyloniern zurückgedrängt.
Die Truppen aus dem südlichen Mesopotamien eroberten Jerusalem zum ersten
Mal 598/97 v.Chr., deportierten den König
und ersetzten ihn durch einen loyalen Vasallen. Als der frech einen Aufstand anzettelte, machte König Nebukadnezzar II.
587 v.Chr. kurzen Prozess: Das Reich wurde in wenigen Monaten verwüstet. Rund
20 Prozent der Bevölkerung, darunter
die Königsfamilie und der Großteil der
intellektuellen
Elite, wurde
nach Babylonien deportiert;
ren? Doch wie konnte
man Jahwe überhaupt
angemessen verehren
ohne den Jerusalemer
Tempel, den einzig legitimen Ort des Jahwe-Kults?
Vor diesem Hintergrund,
so glauben viele Forscher,
veröffentlichten
noch während
des Exils ehemalige Hofbeamte eine detaillierte Geschichte des
Volkes Israel –
von den letzten Tagen der
Wüstenwanderung bis zur Exilzeit. Dabei wurde eine ganze Reihe älterer Texte verarbeitet
und die Frage
nach dem Warum der Katastrophe
sehr klar beantwortet: Israel
und seine Anführer waren gegenüber Gott wiederholt ungehorsam gewesen. Also hatte Gott das
Exil herbeigeführt – als Strafe für
die Unfähigkeit und den Unwillen
Israels, sein Gesetz einzuhalten.
Ob es sich bei dem sogenannten Deuteronomistischen Geschichtswerk tatsächlich um einen
einheitlichen Text handelt, wird
heute wieder bezweifelt. Auf jeden Fall lieferte die Schrift Israel nicht nur eine theologische
Begründung für das Exil, sondern
löste auch das Problem des zerstörten
V.L.N.R.: ALAMY / MAURITIUS IMAGES; BPK; BILDAGENTUR-ONLINE/LESCOURRET; AKG
A
841 Nach mehreren
Angriffen aus Assyrien, vor allem durch König
Salmanassar III., wird das
Nordreich Israel tributpflichtig, 722 erobert und
danach ein Satellitenstaat.
750
um 800 Die Entste-
hung der homerischen
Epen Ilias und
Odyssee beendet
für die griechische
Zivilisation das
mythische Zeitalter.
eine nationale Katastrophe.
Zwar war das Leben im Exil durchaus erträglich: Die Israeliten wurden
als geschlossene Gruppen in
verschiedenen Städten angesiedelt, durften sich lokal
selbst verwalten und ihre Religion ungehindert ausüben.
Viele von ihnen erwarben
Häuser und Sklaven, gingen
Berufen nach. Rechtlich waren
sie den Einheimischen gleichgestellt. Trotzdem hatten sie aus
ihrer Sicht alles verloren: Ihre
Häuser und die Gräber ihrer Vorfahren, ihre Hauptstadt, ihren
Tempel, die politische Unabhängigkeit ihrer Dynastie. Wie hatte
Jahwe das zulassen können?
Das zweite Problem waren
die vielen Götter Babyloniens:
Sollte man sich assimilieren
und sich unter den Schutz
der fremden Gottheiten stellen?
Oder versuchen, die eigene Religion und Kultur zu bewah-
587/86 Mit der zweiten
Zerstörung Jerusalems durch
den babylonischen König
Nebukadnezzar II. und dem
bis 515 Unter persischer
Herrschaft kehrt die
judäische Elite zurück.
Die Einweihung des
Untergang des
Staates Juda beginnt
Zweiten Tempels
die Exilzeit.
markiert das neue Selbstbewusstsein.
550
753 Auch wenn die
Gründung Roms eine
Sage bleibt – die damals in
Mittelitalien heimischen
Etrusker treten mit Pferd und
Streitwagen selbstbewusst
gegen ihre Nachbarn auf.
458 Die legendenhaft
überlieferte Rückkehr des
Propheten Esra aus Babylon
gilt als Schlüsseldatum für
den Abschluss der Tora, in
der Weltbild und Kultregeln
Israels festgeschrieben sind.
seit etwa 300 Die
heiligen Schriften der Juden
werden ins Griechische übertragen. Dieser Septuaginta-Text bildet später
die Grundlage für das Alte
Testament der Christen.
350
480 Die Abwehr der Perser unter Xerxes führt zur
Blütezeit der griechischen Stadtstaaten wie Athen, Sparta,
Korinth oder auch Syrakus
auf Sizilien.
323 Nach dem Tod
Alexanders des
Großen zerfällt sein
Weltreich. Die hellenistische Kultur lässt eine
religiös-kulturelle Kontaktzone zwischen Asien
und Südeuropa entstehen.
33
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