Abteilung für Wirbelsäulenerkrankungen Patienteninformationen Sehr geehrte Patientinnen, Patienten und Interessierte, in dieser Übersicht finden Sie Informationen über Ursachen, Beschwerden und die Behandlungsmöglichkeiten bei häufigen Wirbelsäulenerkrankungen. Wir möchten Techniken der nicht-operativen und der operativen Therapie vorstellen und Sie über die Konzepte der Abteilung für Wirbelsäulenerkrankungen der Asklepios Klinik Lindau informieren. Angesichts der vielfältigen Ursachen und Formen von Wirbelsäulenerkrankungen ist eine sorgfältige Abklärung unverzichtbar. Eine ganze Reihe von nicht-operativen und operativen Techniken kann akute Beschwerden lindern und auch langfristig zu ausgezeichneten Ergebnissen führen. Die Therapiekonzepte unserer Abteilung basieren auf einer langjährigen hochspezialisierten Tätigkeit. Es bestehen Erfahrungen mit der Behandlung der gesamten Palette der Wirbelsäulenerkrankungen. Inhalt 1 ⏐ Therapiekonzept, Erkrankungs- und Behandlungsspektrum 2 ⏐ Röntgengestützte Infiltrationen 3 ⏐ Bandscheibenvorfall 4 ⏐ Spinalkanalstenose 5 ⏐ Wirbelgleiten und Instabilität 6 ⏐ Bewegungserhaltende Verfahren 7 ⏐ Versteifung 8 ⏐ Wirbelbruch 9 ⏐ Beckenbruch 10⏐ Fehlstellungen 11⏐ Infektionen 12⏐ Rheumatoidarthritis 13⏐ Tumoren 14⏐ Probleme nach früheren Operationen 15⏐ Nachbehandlung 1| Unser Therapiekonzept: ⦿ sorgfältige Abklärung von Beschwerden ⦿ Anwendung modernster Verfahren in der Diagnostik ⦿ unverzügliche Abklärung und Behandlung in dringenden Fällen ⦿ differenzierte Beratung und Behandlungsplanung ⦿ individuelle Therapie durch ein breites Spektrum an Verfahren ⦿ möglichst minimalinvasive operative Vorgehensweise ⦿ individuelle Nachbetreuung nach einer Operation Unser Erkrankungsspektrum: ⦿ Degeneration (Verschleiss) ⦿ Bandscheibenschaden ⦿ Spinalkanaleinengung ⦿ Instabilität (Wirbelgleiten) ⦿ Destruktion und Formveränderung ⦿ Wirbelbruch ⦿ Skoliose (Kind und Erwachsener) ⦿ Kyphose ⦿ Folgezustand nach Unfall ⦿ Beschwerden nach Operation ⦿ Rheumatoidarthritis ⦿ Morbus Bechterew ⦿ Tumor ⦿ Infektion Unser Behandlungsspektrum: ⦿ medikamentöse Schmerztherapie ⦿ Physiotherapie ⦿ bildwandlergestützte Infiltrationen an Wirbelsäule und Nervenwurzeln ⦿ Operationen an allen Abschnitten der Wirbelsäule mit Übergängen zu Kopf und Becken ⦿ minimalinvasive Verfahren ⦿ endoskopisch gestützte Verfahren an der Brustwirbelsäule ⦿ Versteifungen ⦿ Bandscheibenprothesen ⦿ dynamische Verfahren ⦿ Stabilisierung bei Beckenbrüchen 2 | Röntgengestützte Infiltrationen Akute Rückenschmerzen haben meist funktionelle Ursachen, d.h. sie sind überlastungs- und verschleissbedingt und in den Anfangsstadien unter konservativer (d.h. nicht-operativer) Behandlung meist gut rückläufig. Wichtig ist, vor oder im Verlauf einer nicht-operativen schwerwiegende Erkrankungen auszuschließen. Behandlung Ein großer Teil akuter Beschwerden durch Bandscheibenverschleiss und von den Wirbelgelenken ausgehend kann durch nicht-operative Behandlungen sehr gut gelindert werden. Röntgengestützte Infiltrationen sind ein wichtiger Teil dieser nicht-operativen Therapie. Das Prinzip ist das Einbringen von schmerzstillenden und entzündungshemmenden Medikamenten an den Ort der Schmerzentstehung. Die Verwendung eines Röntgengerätes erlaubt es, mit kleinen MedikamentenDosen gezielt Beschwerden zu lindern. Solche Verfahren beeinflussen die Schmerzentstehung im Bereich der geschädigten Wirbelsäulenanteile, können aber die Ursachen selbst nicht beseitigen. In den meisten Fällen kommt es später erneut zu wiederholten Beschwerden. 3 | Bandscheibenvorfall Bandscheibenvorfälle sind meist Ausdruck von Verschleiß. Selbst nach Unfällen treten Bandscheibenvorfälle zumeist aufgrund einer vorbestehenden Schädigung auf. Funktionsbedingt sind Lendenund Halswirbelsäule häufiger von Verschleiss nicht-operativ betroffen. Ob und in welcher Intensität Beschwerden durch einen Bandscheibenvorfall entstehen hängt von verschiedenen Faktoren ab (Größe, Konsistenz, Lokalisation). Selten treten akut schwere Störungen auf. ⦿ Linderung der Symptome durch Schonung und Entlastung in der Akutphase ⦿ Schmerztherapie, Physiotherapie ⦿ gezielte Schmerzmittelinjektionen Lendenwirbelsäule Beschwerden ⦿ Taubheit und Schmerz im Bein streifenförmig ⦿ Kraftminderung einzelner Muskelgruppen des Beines (Stolpern, Ermüden beim Treppensteigen) ⦿ „Kreuzschmerzen nicht in jedem Fall operativ Die Entfernung des Bandscheibenvorfalls gelingt in den meisten Fällen mit minimalinvasiven Techniken (wenig Muskelschädigung, keine Gelenkschädigung, wenig Vernarbungen). Dabei wird auf eine prophylaktische Entfernung von stabilem Gewebe aus der Bandscheibe verzichtet. Brustwirbelsäule Beschwerden Bandscheibenvorfälle der Brustwirbelsäule sind selten und verursachen in der Regel uncharakteristische Beschwerden. In den Brustkorb ausstrahlende Schmerzen, Störungen des Gehens oder des Gefühls in Rumpf und Beinen können Hinweise sein. Der nicht-operativen Behandlung sind diese Beschwerden oft sehr schlecht zugänglich. operativ Allerdings ist die operative Versorgung zum einen anspruchsvoll, führt zum anderen aber nicht in allen Fällen zu der erwünschten Linderung. Bei großen Bandscheibenvorfällen und bei bestehender Schädigung des Rückenmarks sollte aber eine operative Entfernung des Vorfalls in Betracht gezogen werden. Halswirbelsäule Beschwerden ⦿ Nackenschmerzen ⦿ Taubheitsgefühl, Ausstrahlungen streifenförmig an Armen und Händen ⦿ Kraftminderungen bestimmter Muskelgruppen der Arme und Hände ⦿ Möglich auch Gangunsicherheit u.a. operativ In Abhängigkeit von Lage, Grösse und Konsistenz des Bandscheibenvorfalls und vom Zustand der Bandscheibe insgesamt kommt entweder eine minimalinvasive Entfernung nur des Vorfalls oder eine komplette Entfernung der Bandscheibe in Frage. In letzterem Fall kann je nach Situation eine Bandscheibenprothese oder ein Platzhalter zur Versteifung eingesetzt werden. Aussichten Dringend ist die Operation meist, wenn akut deutliche neurologische Funktionsstörungen (Lähmung u.a.) bestehen. In allen anderen Situationen können die Regenerationsmechanismen des Körpers zu einer allmählichen Linderung führen. Deshalb rückt die Operation meist zunächst in den Hintergrund. Die operative Beseitigung des auf Nervengewebe drückenden Bandscheibengewebes kann durch die Druckentlastung rasch zu einer oft vollständigen Beschwerdelinderung führen. In einigen Fällen (seltener an der Hals- als an der Lendenwirbelsäule) kann es zu einem erneuten Bandscheibenvorfall kommen, dessen Ursache im fortschreitenden Verschleiß liegt. 4 | Spinalkanalstenose Entstehen können Einengungen (Stenosen) des Spinalkanals durch ganz verschiedene krankhafte Veränderungen. Meist ist die Ursache jedoch Verschleiss. Während an der weniger beweglichen Brustwirbelsäule die verschleissbedingte Einengung eher selten ist, sind die mobile Halsund v.a. Lendenwirbelsäule häufiger Ursache für stenosebedingte Beschwerden. nicht-operativ ⦿ Linderung der Symptome durch Schmerztherapie, Physiotherapie u.a. Lendenwirbelsäule Beschwerden ⦿ Schmerzen, Taubheit, Schwäche der Beine ⦿ kürzer werdende Gehstrecke ⦿ Rückenschmerzen nicht in jedem Fall operativ Das Prinzip besteht in der Erweiterung des Spinalkanals. Minimalinvasive Techniken bieten den Vorteil der Gewebsschonung (wenig Muskelschädigung, keine Gelenkschädigung, wenig Vernarbungen) sowie der etwas schnelleren Wundheilung. Gelegentlich erfordert eine ausgiebige Gewebsabtragung eine zusätzliche Stabilisierung im Sinne einer Versteifung. Halswirbelsäule Beschwerden ⦿ Schmerzen, Schwäche in Armen und Händen, eventuell auch der Beine ⦿ Störungen der Feinmotorik der Hände (Fallenlassen von Gegenständen) ⦿ Gangunsicherheit ⦿ Nackenschmerzen nicht in jedem Fall operativ In der Regel Beseitigung der Einengung im Bereich der Bandscheiben durch Operation von vorn. Meist ist in dem Zusammenhang eine Versteifung nötig. Dafür wird zwischen die Wirbelkörper ein Implantat eingesetzt. Auf eine zusätzliche Stabilisierung mit einer Platte oder mit Schrauben kann in den meissten Fällen verzichtet werden. Gelegentlich kommt eine minimalinvasive Erweiterung des Spinalkanals von hinten ohne Einsetzen eines Implantats in Frage. Aussichten Eine operative Behandlung ist selten dringend. An die langsam einsetzende Verengung kann sich das Nervensystem an der Lendenwirbelsäule aber auch an der Halswirbelsäule zunächst anpassen. Da es sich um eine mechanische Einengung handelt, können nicht-operative Behandlungen oft Beschwerden lindern, die Ursache jedoch nicht beseitigen. Im Verlauf können Störungen der Nervenfunktion (Gefühl und Muskelkraft, Gangunsicherheit) eintreten. In der Regel läßt sich eine unmittelbare Schmerzlinderung durch einen Eingriff erreichen. Die Rückbildung von Gefühlsstörungen oder gar Lähmungen hängt im Wesentlichen von der Dauer des Bestehens ab. 5 | Wirbelgleiten und Instabilität Instabilitäten bestehen, wenn die Bewegungsumfänge zwischen den Wirbeln das normale Maß überschreiten. Es kommt zu Fehlstellungen einzelner Segmente oder größerer Wirbelsäulenabschnitte. Die Folge können mechanische Schmerzen, Einengungen von Nervenbahnen mit Gefühlsstörungen und Lähmungen sein. Die häufigste Ursache ist Verschleiss. Daneben können Instabilitäten aufgrund angeborener Veränderungen, bei Rheumatoidarthitis oder u.a. unfallbedingt entstehen. degeneratives Wirbelgleiten Degeneration (Verschleiß) kann zu einem Verlust der stabilisierenden Funktion der Bandscheibe und der Gelenke führen. Dies verursacht oft Rückenschmerzen bei Bewegungen. Durch die Verschiebung der Wirbel verliert zudem die Wirbelsäule ihre Schutzfunktion für die Nervenfasern im Spinalkanal. Unter Belastung in die Beine ausstrahlende Schmerzen sowie Empfindungsstörungen der Beine können Hinweis auf ein Wirbelgleiten sein. angeborenes Wirbelgleiten Verschiedene Formen von Fehlbildungen können ein Wirbelgleiten verursachen. Am häufigsten tritt dies im untersten Segment der Lendenwirbelsäule auf. nicht-operativ ⦿ Schmerzmittel, Physiotherapie u.a. ⦿ Infiltrationen der Gelenke operativ Die betreffenden Wirbel werden operativ wieder in die ursprüngliche Position gebracht, Engstellen beseitigt. Alle deutlichen Instabilitäten erfordern im Fall der operativen Versorgung eine Versteifung des betroffenen Segmentes. Aussichten Alle nicht-operativen Maßnahmen können die Beschwerden lindern, die Ursache aber nicht beseitigen. Die Aussichten auf eine deutliche Beschwerdelinderung durch eine operative Versorgung sind in der Regel gut. Ist Verschleiß die zu Grunde liegende Ursache, können andere, ebenfalls vom Verschleiß betroffene Anteile weiterhin Schmerzen verursachen. Bei den angeborenen Formen ist die Prognose auf langfristige Beschwerdereduktion nach operativer Stabilisierung sehr gut, da die benachbarten Segmente in der Regel nicht zum Verschleiß neigen. 6 ⏐ Bewegungserhaltende Verfahren Die knöchernen Wirbel sind durch eine Vielzahl von Gelenken und über die Bandscheiben beweglich miteinander verbunden. Schädigungen dieser Bewegungsverbindungen erzeugen Schmerzen und führen im fortgeschrittenen Stadium durch mechanische Fehlfunktionen und reflektorische Muskelverspannungen zu Bewegungseinschränkungen. In vielen Fällen kann durch ein bewegungserhaltendes operatives Verfahren eine schmerzfreie Funktion eines Segmentes nicht mehr erreicht werden. Eine Versteifung kann hier Beschwerden lindern. Bewegungserhaltende Techniken (Bandscheibenprothesen, dynamische Stabilisierungen) kommen im Rahmen einer operativen Behandlung in Frage. Die Versorgung mit einer Bandscheibenprothese oder einem anderen dynamischen Implantat ist an bestimmte Voraussetzungen gebunden. Das betreffende Segment der Wirbelsäule muß nach Implantation eine schmerzfreie Funktion zulassen. Der Vorteil der erhaltenen Beweglichkeit äußert sich im Schutz der benachbarten Wirbelsäulensegmente vor einer Überlastung. 7 ⏐ Versteifung Jede Verbindung zweier Wirbel beteiligt sich an der Gesamtfunktion der Wirbelsäule. Normale Form und Funktion dieser gelenkigen Verbindung gewährleisten eine schmerzfreie uneingeschränkte Gesamtbeweglichkeit. Der häufigste Ausdruck einer Schädigung, egal welcher Art, ist der Bewegungsschmerz. Muskuläre Verspannungen führen zu einer gewissen Ruhigstellung, fortschreitender Verschleiß vermindert die Beweglichkeit zusätzlich oder bewirkt eine Gefügelockerung. Die Versteifung ist eine operative Ruhigstellung eines geschädigten Wirbelsäulenabschnittes. Das Ziel ist, die verschlissenen Bewegungsanteile als Schmerzquelle auszuschalten. Gefügelockerungen können z. T. erhebliche Fehlstellungen verursachen. Wirbelgleiten oder Wirbelsäulenverbiegungen können im Rahmen einer Versteifungsoperation korrigiert werden. Prinzipien der Operation ⦿ Spinalkanaleinengungen, Fehlstellungen (Wirbelgleiten) als häufigste Ursachen ⦿ Erweiterung des Spinalkanals und Entlastung der Nervenwurzeln im Bereich der Bandscheiben ⦿ Einbringen von Titan-Implantaten zwischen die Wirbel, um die Stellung der Wirbel zu korrigieren Halswirbelsäule ⦿ operativer Zugang von der Halsvorderseite ⦿ in der Regel auch bei der Versteifung mehrerer Wirbel keine zusätzliche Stabilisierung nötig ⦿ alternativ: bandscheibenerhaltendes Verfahren, Bandscheibenprothese Lendenwirbelsäule ⦿ operativer Zugang vom Rücken her ⦿ Stabilisierung mit Implantaten ⦿ minimalinvasive Variante des Verfahrens ⦿ alternativ: dynamische Stabilisierung, Bandscheibenprothese Aussichten Je mehr Wirbel versteift werden, umso größer ist die Belastung der benachbarten Wirbelsäulenabschnitte. Deshalb ist man bestrebt, möglichst nur einen kurzen Abschnitt zu versteifen. Meist ist Verschleiß die zugrundeliegende Ursache. Das kann dazu führen, daß die Nachbarbereiche, die oft ebenfalls vom Verschleiß betroffen sind, durch Mehrbelastung Beschwerden verursachen. Die Korrektur von Fehlstellungen und die Gewebsschonung durch minimalinvasives Vorgehen wirken sich günstig auf den Verlauf nach Versteifungsoperationen aus. Oft wird die Gesamtbeweglichkeit trotz Versteifung durch die Wiederherstellung der schmerzfreien Muskelfunktion durch den Eingriff verbessert. 8 ⏐ Wirbelbruch Brüche können durch Einwirkung von Gewalt auf gesunde Wirbel oder unter normaler Belastung bei veränderter Knochenstruktur (Osteoporose u.a.) entstehen. durch Unfall Bei unfallbedingten Brüchen bestehen neben Schmerzen gelegentlich bereits anfangs Störungen neurologischer Funktionen. Nach unverzüglicher Abklärung muß über die Dringlichkeit einer operativen Versorgung entschieden werden. In der Regel ist das minimalinvasive Einbringen von stabilisierenden Implantaten möglich. Eine Spinalkanaleinengung sollte von der Seite der Einengung (meist von vorn) beseitigt werden. Dies gelingt mit endoskopisch gestützten Techniken. durch Osteoporose Die Behandlung von osteoporotischen Wirbelbrüchen ist in der Regel weniger dringlich. Ziel ist es, eine schmerzhafte Fehlstellung oder Spinalkanaleinengung zu verhindern. In vielen Fällen kommt eine nichtoperative Behandlung in Frage. Wichtig ist, im Verlauf ein weiteres Einsinken des Wirbels zu erkennen. Das minimalinvasive Einbringen von Knochenzement in den Wirbel stellt ein stabilisierendes Verfahren dar, mit dessen Hilfe meist auch ein Wiederaufrichten des Wirbels erreicht werden kann. Eine fortgeschrittene Zerstörung des Wirbels erfordert gelegentlich einen größeren Eingriff mit Entfernung des Wirbelkörpers und Stabilisierung. Dafür stehen minimalinvasive endoskopisch gestützte Verfahren zur Verfügung. 9 ⏐ Beckenbruch Wie bei Wirbelbrüchen treten Brüche des Beckens einerseits durch starke Gewalteinwirkungen bei Unfällen oder unter normaler Belastung bei veränderter Knochenstruktur (bei Osteoporose, nach Bestrahlungen u.a.) auf. Während die Untersuchungen nach Unfällen (z.B Verkehrsunfall) diese Verletzungen in der Regel frühzeitig aufzeigen können, ist insbesondere der Nachweis von hinteren Beckenbrüchen bei älteren Menschen oft verzögert und schwierig. Grund ist nicht zuletzt, daß häufig ein eigentliches Unfallereignis nicht stattgefunden hat. Hinzu kommt, daß bei fehlender Verschiebung der gebrochenen Knochen das Röntgenbild den Bruch nicht sichtbar macht. Beschwerden Schmerzen treten bei osteoporotischen Brüchen meist als Kreuz- oder Rückenschmerzen in Erscheinung. Oft sind diese Beschwerden verstärkt bei Belastung (Stehen, Sitzen, Laufen) und lassen in Ruhe nach. nicht-operativ Während Beckenbrüche nach Unfällen in aller Regel eine sofortige operative Versorgung erfordern, muss man bei unverschobenen osteoporotischen Brüchen des Beckens in den meisten Fällen nicht dringend operativ handeln. Da eine äußere Ruhigstellung jedoch kaum möglich ist, muß eine Entlastung durch die Verwendung von Geh-Hilfen erfolgen. operativ Generell ist das Prinzip der operativen Behandlung die Stabilisierung unter Verwendung von Implantaten. Insbesondere bei osteoporotischen Brüchen ist die sichere Stabilisierung durch minimalinvasive Verfahren möglich. Der Vorteil der operativen Stabilisierung liegt in der rascheren Belastbarkeit und Vermeidung längerdauernder Bettlägerigkeit. 10⏐ Fehlstellungen Formveränderungen der Wirbelsäule können in Ursache und Erscheinungsbild vielfältig sein: ⦿ angeboren als Halb- Keil- Schmetterlingswirbel u.a. ⦿ während des Wachstums als Skoliose ⦿ nach unfallbedingten Schädigungen als Kyphose ⦿ Verschleissbedingt als degenerative Skoliose ⦿ durch spezielle Erkrankungen des Bewegungsapparates (Rheumatoidarthritis, Morbus Bechterew u.a.) Jede Formveränderung erzwingt eine Anpassung in anderen Bereichen des Bewegungsapparates. Übersteigt eine Formveränderung das Maß der Anpassungsfähigkeit, entstehen schmerzhafte Überlastungen von Muskeln und Gelenken. Ziel in der Behandlung ist es, ein Fortschreiten der Veränderungen und eine zunehmende Überlastung in den benachbarten Abschnitten zu vermeiden. nicht-operativ Formveränderungen an der wachsenden Wirbelsäule lassen sich in vielen Fällen durch eine äußere Wachstumslenkung/Stützung beeinflussen. Beim erwachsenen Patienten ist eine äußere Schienung (Korsett) meist nicht sinnvoll. Auch hier steht jedoch eine breite Palette an nicht-operativen Therapien zur Verfügung. operativ Ziel ist einerseits die Formveränderung soweit möglich zu korrigieren und zum anderen, die korrigierte Form zu erhalten. Dies erfordert, daß im korrigierten Bereich in aller Regel eine Versteifung erfolgen muß. Aus dem Langzeitverlauf von Wirbelsäulenpatienten mit Fehlstellungen weiß man inzwischen, in welchen Fällen eine operative Korrektur nötig ist und welches das geeignete Verfahren ist. Es stehen zur Versorgung dieser Veränderungen Implantate zur Verfügung, die zu einem großen Teil auch in minimalinvasiver Verwendung zu ausgezeichneten Ergebnissen führen. 11⏐ Infektionen Infektionen an der Wirbelsäule zählen zu den selteneren, jedoch tendenziell häufiger werdenden Erkrankungen. Ursächlich kommen verschiedene Wege der Infektionsausbreitung in Betracht. Meist entstehen diese Infektionen jedoch durch über den Blutweg eingeschwemmte Bakterien. nicht-operativ In Anfangsstadien bei wenig ausgeprägten entzündlichen Veränderungen kann eine antibiotische Behandlung zum Erfolg führen. Die Therapie kann wirksamer durchgeführt werden, wenn es gelingt, die Infektionserreger (meist Bakterien) zuvor zu identifizieren. Die Therapiekontrolle erfolgt durch Bestimmung von Laborwerten sowie durch Röntgen und MRT-Untersuchungen. operativ Bei ausgeprägten Veränderungen durch die Infektion (Zerstörung der Wirbelkörper, Eiteransammlungen) sollte eine operative Behandlung erfolgen. Diese umfaßt die Entfernung der von der Infektion betroffenen Gewebsanteile (Bandscheibe, Knochenanteile), die Entfernung von Eiteransammlungen und andererseits eine Stabilisierung durch Implantate. Abhängig von Ausdehnung und vom betroffenen Wirbelsäulenabschnitt, kann in der Regel ein wesentlicher Teil oder der gesamte Eingriff minimalinvasiv durchgeführt werden. Aussichten Bei der nicht-operativen Behandlung kann eine eingeschränkte Blutversorgung der Bandscheiben dazu führen, daß bei einigen Patienten Antibiotika in der Bandscheibe nicht ausreichend gegen die Infektion wirken können. In diesen Fällen sollte eine operative Versorgung erfolgen. Darüber hinaus sind zunehmende Formveränderungen der Wirbel durch die Infektion Gründe für eine operative Behandlung. Mit operativer Entfernung des entzündlichen Gewebes und Stabilisierung der Wirbelsäule sowie zusätzlicher gezielter antibiotischer Therapie sind die Aussichten für eine vollständige Heilung erfahrungsgemäß ausserordentlich gut. 12⏐ Rheumatoidarthritis Rheumatoidarthritis kann an der Wirbelsäule durch wiederkehrende Entzündungen zu einer Zerstörung von Gelenkstrukturen führen. Die Folge sind Wirbelverschiebungen, schmerzhafte Gefügelockerungen. Dadurch wiederum kann eine Spinalkanaleinengung mit Halswirbelsäule Die Gelenke zwischen Kopf und Halswirbelsäule sind aufgrund ihres Aufbaus häufig von entzündlich-rheumatischen Veränderungen betroffen. Gefügelockerungen können hier zu erheblichen Wirbelverschiebungen führen. Die Gefahr besteht in der Schädigung des oberen Rückenmarkes oder des Hirnstammes mit Beeinträchtigung lebenswichtiger Funktionen. operativ Da Beschwerden mitunter erst spät und allmählich auftreten, ist im Verlauf der Erkrankung eine gezielte Untersuchung vor allem der Halswirbelsäule in Betracht zu ziehen. Bei Vorliegen entsprechender Veränderungen ist der Zeitpunkt einer operativen Versorgung zu planen. Dabei muß man berücksichtigen, daß es kaum Möglichkeiten gibt, eine Gefügelockerung nicht-operativ zu behandeln. Darüber hinaus weiß man, daß eine rechtzeitige Operation das Fortschreiten der Veränderungen mit Übergreifen auf benachbarte Gelenke verhindert. Dies bedeutet, daß eine frühere Operation weniger versteifend erfolgen kann und die Kopfbeweglichkeit erhalten bleibt. Für die operative Versorgung stehen etablierte minimalinvasive Techniken zur Verfügung. Gefahr für Nervenstrukturen (Rückenmark, Nervenwurzeln) entstehen. Darüber hinaus können Veränderungen der Knochenstruktur im Sinne einer Osteoporose durch die langjährige Kortison-Behandlung u.a. zu Wirbelbrüchen führen oder operative Behandlungen an der Wirbelsäule erschweren. 13⏐ Tumoren Alle Abschnitte der Wirbelsäule können von Tumoren betroffen sein. Bestimmte gutartige Tumoren treten häufig als Zufallsbefund auf und verursachen kaum Beschwerden. In seltenen Fällen können gutartige Tumoren den Knochen so verändern, daß die Stabilität eines Wirbels gefährdet ist. Bösartige Veränderungen haben nur selten ihren Ursprung im Gewebe der Wirbelsäule selbst. Meist handelt es sich dabei um Absiedlungen von Tumoren anderer Organe. Beschwerden Veränderungen der tragenden Anteile der Wirbel verursachen Schmerzen. Eine fortschreitende Verdrängung des Knochens durch Tumorgewebe kann dazu führen, daß die Wirbelsäule der normalen Belastung nicht mehr Stand hält. Wirbelbrüche können die Folge sein. Wachsendes Tumorgewebe führt gelegentlich zu Einengungen des Spinalkanals mit Gefahr für das Rückenmark. Behandlungsmöglichkeiten Im Vordergrund steht immer die Behandlung des Tumorleidens. Dies erfordert eine Zusammenarbeit verschiedener Fachgebiete wie Onkologen, Radiologen, Strahlentherapeuten, Chirurgen. Nicht-operative Möglichkeiten wie Bestrahlungen oder medikamentöse Therapien können Wirbelzerstörungen oft wirksam aufhalten. In diesem Zusammenhang dienen minimalinvasive Gewebsentnahmen dazu, die Herkunft eines Tumors an der Wirbelsäule zu bestimmen. Die chirurgischen Möglichkeiten reichen von minimalinvasiven Verfahren bis hin zu komplexen Eingriffen. Die Prinzipien sind unterstützende Wirbelverstärkungen bei drohenden Brüchen, die Beseitigung von tumorbedingten Spinalkanaleinengungen bis hin zu Tumorentfernungen mit Stabilisierung durch Implantate und Knochenersatzstoffe. 14⏐ Probleme nach früheren Operationen Operationen an der Wirbelsäule können in vielen Fällen Beschwerden deutlich lindern. Für anhaltende oder im Verlauf wiederkehrende Symptome kann eine Reihe von Ursachen verantwortlich sein. Sowohl Probleme des operierten Bereichs, als auch in der Nachbarschaft kommen dafür in Frage. Treten Beschwerden im Verlauf nach einer Bandscheibenoperation auf, so kann der Grund u.a. ein erneuter Bandscheibenvorfall oder eine Instabilität des Segmentes durch fortschreitenden Verschleiß der Bandscheibe sein. Anhaltenden oder wiederkehrenden Beschwerden nach Wirbelversteifungen kann eine ausbleibende knöcherne Durchbauung oder z. B. eine Überlastung der Nachbarsegmente zugrunde liegen. Wichtig ist in jedem Fall eine sorgfältige Diagnostik, welche die Grundlage für eine Beratung ist. Vielfach kann eine Beschwerdeursache identifiziert werden, welche einer nichtoperativen oder operativen Therapie zugänglich ist. 15⏐ Nachbehandlung Im Anschluß an eine Operation an der Wirbelsäule folgt in der Regel zunächst eine kurze Phase der Nachbetreuung auf einer Überwachungsstation. Überwacht werden u.a. die Herz-Kreislauf- und die Atmungsfunktion, um Veränderungen zu erkennen und frühzeitig darauf reagieren zu können. Ausserdem kann der Patient hier schmerztherapeutisch besser versorgt werden. Während der weiteren Behandlung wird die Wundheilung überwacht und die Schmerztherapie an den Heilungsverlauf angepasst. Es wird eine rasche Mobilisation angestrebt, d.h. der Patient soll möglichst schnell wieder selbstständig aufstehen und laufen können. Dabei erfolgt eine physiotherapeutische Anleitung zu „rückengerechtem Verhalten und falls nötig zum Gebrauch von Hilfsmitteln. Wie im Einzelnen die Nachbehandlung erfolgt, hängt im Wesentlichen von der Art der operativen Versorgung ab. Wichtig ist dabei, welche Belastungen und Bewegungen für die behandelte (operierte) Wirbelsäule erlaubt sind. Die Anleitung zum Verhalten nach einer Behandlung und insbesondere nach einer Operation erfolgt durch Ärzte und Physiotherapeuten. Falls eine Versteifung oder Stabilisierung der Wirbelsäule durchgeführt wurde, ist wichtig, daß der betreffende Wirbelsäulenabschnitt mechanisch ruhiggestellt ist. Eine äußere Ruhigstellung (z.B. durch ein Korsett) ist in der Regel nicht nötig. Wichtig ist jedoch, daß in der Anfangsphase bestimmte Rumpf-Bewegungen vermieden werden. Diese Bewegungseinschränkungen können später gelockert bzw. aufgehoben werden, wenn es zu einer knöchernen Stabilisierung kommt. In der Regel wird bei der Therapie eine stufenweise Belastungssteigerung angestrebt. Im Hinblick auf rückengerechtes Verhalten werden Techniken des Hebens und rückenschonende Bewegungsabläufe trainiert. Die Durchführung einer Rehabilitation kann in den meisten Fällen befürwortet werden. Allerdings gelten auch hier unter Umständen die vorübergehenden Bewegungseinschränkungen. Generell gilt: ⦿ langdauernde monotone Körperpositionen (langes Sitzen, Stehen) vermeiden ⦿ eine aufrechte, stabile Körperposition einnehmen ⦿ schweres und besonders asymmetrisches Heben vermeiden ⦿ bei Lagewechseln möglichst wirbelsäulenschonende Bewegungen ausführen ⦿ schmerzverstärkende Bewegungen und Belastungen meiden ⦿ die Wirbelsäule im erlaubtem Umfang durch erlernte Übungen belasten