Die Kombination von MICS mit der 23-Gauge- Vitrektomie

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Die Kombination von MICS mit der 23-GaugeVitrektomie
C. Werschnik, F. Wilhelm
Einleitung
In den letzten Jahrzehnten hat sich die Kleinschnitttechnik in allen chirurgischen
Fachdisziplinen etabliert. Da konnte es nicht ausbleiben, dass auch bei der Katarakt­
operation, dem häufigsten operativen Eingriff überhaupt, danach getrachtet wurde,
den Zugang immer kleiner zu gestalten, wobei hier nahtfreies und astigmatismus­
neutrales Operieren im Vordergrund stand. Begünstigt wurde diese Entwicklung durch
die Entwicklung von Faltlinsen und den Übergang zum „Clear-cornea-Schnitt“.
Nachdem sich das bimanuelle Absaugen der Rindenanteile über die Parazentesen
durch die Trennung von Irrigation und Aspiration [3] durchgesetzt hatte, war es nur
eine Frage der Zeit, wann dies auch für die Entfernung des Linsenkerns möglich sein
würde. Die ersten klinischen Erfahrungen wurden hier mit der Laserphako gesam­
melt [9], da die Ultraschallphakotips noch nicht für den Einsatz über die Parazen­
tesen adaptiert waren. Trotz dieser Vorreiterrolle konnte sich die Laserphako nicht
durchsetzen. Erhöhter Geräteaufwand und begrenzte Einsetzbarkeit bei härteren
Kernen verhinderten eine weite Verbreitung des Verfahrens.
Auch die bimanuelle Ultraschallphako – international auch als MICS (Micro­
incision Cataract Surgery) etabliert – hatte zu Beginn mehr Kritiker als Fürspre­
cher. Zu groß war die erwartete Gefahr des „burnings“ im Parazentesenbereich beim
Arbeiten mit einem Phakotip ohne Sleeve. Außerdem war die Notwendigkeit des
kleineren Schnittes nicht einzusehen, da es lange Zeit keine Linsen gab, die durch
eine ­Öffnung unter 2,0 mm Schnittweite implantiert werden konnten. Über die Ein­
führung der MICS in die klinische Routine hatten die Autoren bereits im Jahre 2004
auf der Jahrestagung der DGII vorgetragen [18] und in der Ophthalmo-Chirurgie be­
richtet [19].
Erste Erfahrungen wurden zu dieser Zeit auch mit der MICS-Technik im Rahmen
kombinierter Katarakt-/Pars-plana-Vitrektomie-Operation gesammelt [20]. Auch
hier war der Einsatz aufgrund fehlender Erfahrungen hinsichtlich der Stabilität
des Sitzes der über die Parazentese implantierbaren Linse limitiert. Vergleiche des
Endo­thels von Schweineaugen nach Einsatz verschiedener Phakotechniken anhand
­rasterelektronenmikroskopischer Untersuchungen haben gezeigt, dass die Schädi­
gung dieser empfindlichen Zellschicht nicht größer ist als bei der konventionellen
Phako [21].
In den letzten Jahren hat sich die Koaxiale Mikroinzisionskataraktchirurgie als
sichere Technik etabliert. Bei vergleichbaren Ergebnissen werden für die kleineren
Schnitte noch verlängerte Operationszeiten veranschlagt [2 ,6]. Beim Vergleich der
bimanuellen mit der koaxialen MICS benötigten Cavallini et al. signifikant weniger
Spülflüssigkeit beim Einsatz der bimanuellen Technik [4].
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Phakotechniken
Auch in der Netzhaut-Glaskörperchirurgie geht die Tendenz zu immer kleineren
Zugängen bei der Bulbuseröffnung. Von der etablierten 20-Gauge-Vitrektomie wird
zunehmend zur 23-Gauge-Chirurgie als sichere Operationsmethode übergegangen
[7, 10] und dabei über deutlich verkürzte Operationszeiten berichtet [11]. Ähnlich
wie bei der Einführung der nahtfreien „Clear-cornea-Kataraktoperation“ wurde hier
anfangs eine erhöhte Endophthalmitisrate befürchtet, was sich nicht bestätigte [8].
Im Gegenteil, die 23-Gauge-Vitrektomie wird sogar für die operative Behandlung
postoperativer Endophthalmitiden empfohlen [17] und außerdem auch bei der Endo­
tamponade mit Silikonöl als sicheres Verfahren eingeschätzt [13, 16].
Da sowohl die MICS als auch die 23-Gauge-Vitrektomie als operative Verfahren
etabliert sind, liegt bei gleichzeitigem Vorliegen von Katarakt und operationswür­
diger Netzhautpathologie die Durchführung eines kombinierten Eingriffes nahe.
Methodik und Patienten
Im Beobachtungszeitraum wurden als erste Patienten mit dieser kombinierten
Methode konsekutiv 17 Patienten im Alter von 41 bis 80 Jahren mit einem Visus von
0,05 bis 0,5 operiert. Die Indikationen teilten sich dabei wie folgt auf:
– zwei Patienten mit Macular pucker nach Venenastverschluss (einmal mit Ödem),
– vier Patienten mit Macular pucker,
– zehn Patienten mit Makulaforamen (sieben mit Stadium III nach Gass, drei mit
Stadium IV nach Gass),
– ein Patient mit visuslimitierender asteroider Hyalose.
In allen Fällen erfolgte eine bimanuelle Phako- und HKL-Implantation (MICS),
23-G-ppV, epiretinales Membranpeeling, Rhexis der MLI. Die Endotamponade er­
folgte durch die Eingabe von Luft-SF6-Gas (14-mal), Luft-C3F8-Gas (einmal) oder
ausschließlich mit Luft (einmal) bzw. BSS plus Triamcinolon (einmal).
Ergebnisse
Intraoperative Probleme
In zwölf Fällen verliefen die Eingriffe ohne jegliche Besonderheiten. Einmal trat
eine Hypotonie beim Instrumentenwechsel auf. In einem Fall wurde die Naht einer
Sklerotomie und dreimal die Laserkoagulation eines präformierten Netzhautfora­
mens notwendig. Bei keiner der 17 Operationen trat eine Vorderkammerabflachung
bei der Bulbusindentation auf. Besonders kritisch wurden die Tensionswerte nach
dem kombinierten Eingriff erwartet. Lediglich in vier Fällen trat eine Hypotonie
(<10 mmHg) am ersten postoperativen Tag auf. Einmal wurde ein IOD-Anstieg ver­
zeichnet. Am zweiten postoperativen Tag wiesen alle 17 operierten Augen Normoto­
nie auf. Bei einem Patienten mit Diabetes mellitus wurde eine leichte postoperative
Fibrinreaktion beobachtet.
Der Entlassungsvisus betrug in den 15 Fällen mit Gasendotamponade Erkennen
von Handbewegungen. Ein Patient mit Luftfüllung erreichte bereits einen Visus von
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Werschnik, Wilhelm: Die Kombination von MICS mit der 23-Gauge-Vitrektomie
0,2 und der Patient mit BSS-Auffüllung des Glaskörperraumes sogar 0,7. Folgende
Visusergebnisse wurden acht Wochen postoperativ erzielt:
– 0,1 bis 0,4 (sieben Fälle),
– 0,5 bis 1,0 (neun Fälle).
Bei einem Patienten konnte kein Visus erhoben werden, da er den Wohnort ge­
wechselt hatte und nicht zur Kontrolluntersuchung erschien. In den 16 nachkontrol­
lierten Fällen lagen die Tensionswerte im Mittel bei 16 mmHg (13 bis 20 mmHg).
Neun der zehn Makulaforamina konnten durch die Operation verschlossen werden,
eines persistierte. In 15 Fällen war die Makula postoperativ trocken, einmal bestand
noch ein Restödem.
Besonders auffällig und von den Patienten positiv registriert war die schnelle
Rehabilitation und Beschwerdefreiheit, was auch mit den biomikroskopisch und
ophthalmoskopisch erhobenen Befunden (Abb. 1 und 2) korreliert, die schon auch
aufgrund der fehlenden Nähte kurze Zeit nach der OP kein Operationstrauma mehr
erkennen ließen.
a
b
c
Abb. 1a–c: Patient D. G., Befunde 8 Wochen nach kombinierter MICS und 23-Gauge-Vitrektomie bei Katarakt,
Macular pucker, VAV und artielle Plaques, Visusbesserung von 0,2 auf 0,6
a
b
c
Abb. 2a–c: Patientin S. A., Befunde 8 Wochen nach kombinierter MICS und 23-Gauge-Vitrektomie bei Katarakt
und Makulaforamen, Visusbesserung von 0,05 auf 0,6
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Phakotechniken
Diskussion
Jede neue Technik hat ihre Reize und Vorteile – aber auch von vornherein den
Nachteil, dass sie neu ist. Das bedeutet eine Umstellung – für den Operateur und
auch für die OP-Schwester. Allerdings wird der Erfolg des schonenderen Operierens
für den Stress bei der Einarbeitung in die neue Technik entschädigen! Besonders zu
Anfang ist mit deutlich verlängerten Phakozeiten zu rechnen. Deshalb sollten für die
ersten Operationen relativ weiche Kerne ausgewählt werden und dann nach und
nach gesteigert werden. Die Verlängerung der reinen Phakozeit kann man – zumin­
dest teilweise – durch den Einsatz des Pulse-Modes abfangen.
Die in den kollegialen Diskussionen im Umfeld von Tagungen aufgegriffenen Für
und Wider der kombinierten Mikroinzisionstechnik sind nachfolgend aufgelistet:
Vorteile
– schnellere postoperative Rehabilitation und erhöhter Patientenkomfort – keine
Nähte
– kleinerer Schnitt, keine Gefahr der Tunneleröffnung bei Indentation während ppV
– einfacher Umstieg auf bimanuelle Phako oder auf 23-Gauge-Vitrektomie,
– flexibles Arbeiten möglich
– Kombination von zwei schonenden Verfahren
– kaum Astigmatismusinduktion
Nachteile
– „burning“ im Parazentesenbereich?
– abhängig von der Verfügbarkeit geeigneter IOLs?
– kein Astigmatismusausgleich
– erhöhte ppV-Kosten (Einmalmaterialien)?
– Refluxgefahr bei Silikonöleinfüllung?
– erhöhtes Hypotonie- und Endophthalmitisrisiko?
– gering verlängerte Phako- und Vitrektomiezeiten?
Das Angebot geeigneter Intraokularlinsen ist in den letzten Jahren umfangreicher
geworden. So stehen sowohl dreiteilige als auch einteilige Blaulichtfilterlinsen für
die MICS zur Verfügung, wobei auch diese in absehbarer Zeit preloaded im Shooter
geliefert werden sollen.
Zusammenfassend ist festzustellen, dass es sich bei der Kombination beider OPTechniken um ein effektives und sicheres Verfahren der Kleinschnitttechnik für va­
riable vitreoretinale Indikationen handelt, das weniger traumatisch und komplika­
tionsarm ist. Es ist von einer schnelleren postoperativen Rehabilitation auszugehen
[14]. Während einzelne Autoren die kombinierte Operation gerade für komplizierte
Ausgangssituationen favorisieren [12], geben andere dem zweizeitigen Vorgehen den
Vorzug, da die postoperativen Entzündungsreaktionen geringer sind [4]. Auch eine
vermehrte frühzeitige Fibrosierung der Hinterkapsel bei der kombinierten Operation
wurde beobachtet [15]. Andere Studien beschäftigen sich bereits mit der Kombina­
tion von MICS mit der 25-Gauge-Vitrektomie [1].
Werschnik, Wilhelm: Die Kombination von MICS mit der 23-Gauge-Vitrektomie
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Zusammenfassung
Nach diesen ersten hier vorgestellten Resultaten sind größere und randomisier­
te Vergleichsstudien zwischen konventioneller Phako und MICS sowie 20- und
23-Gauge-Vitrektomien erforderlich. Die vorliegenden Ergebnisse ermutigen dazu,
die Indikation für diese Kombination von zwei mikroinvasiven Operationsmethoden
weiter zu fassen. Daraus ergibt sich langfristig die Frage, ob zukünftig die Kombina­
tionsoperation von bimanueller Phako und 23-Gauge-Vitrektomie der neue Stan­
dard wird.
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