K ata r a k t Univ.-Prof. Dr. Rupert Menapace Ärztlicher Leiter der Augentagesklinik der Medizinischen Universität Wien, Währinger Gürtel 18–20 1090 Wien Tel.+43 (01) 40 400-7980 36 • M e d i c a l N e t w o r k 2 0 1 1 • entsprechend gewichtet, gegenein­ander aufzurechnen. Was sind die Vor- und Nachteile? Wie bei jedem Eingriff können auch bei einer Katarakt-OP Komplikationen auftreten. Dies sind im Wesentlichen: Chirurgische und internistische Komplikationen während der OP (Kapseldefekt, kardiovaskuläre Probleme), sowie Druckanstieg, Reizzustand oder Infektion postoperativ, Abweichungen von der Zielrefraktion, sowie zystoides Makulaödem (ZMÖ) und Netzhautabhebung. Wie relevant sind diese Nachteile vor dem Hintergrund des Einsatzes modernster Techniken und Regime und entsprechend ausgebildeten Personals? Kapselrupturen liegen bei erfahrenen Operateuren im niedrigen Promillebereich, die betroffenen Augen können im Falle unter minimalem Risiko von Folgeschäden saniert und mit einem vollwertigen Alternativimplantat versorgt werden. Tropfanästhesie und entsprechende psychologische, im seltenen Bedarfsfall auch anästhesiologische Vorbereitung und Begleitung minimieren die kardiovaskuläre Belastung. Relevante Druckanstiege gehören dank geeigneter Absaugtechniken der Vergangenheit an. Dank moderner Biometrietechnologie sind die Abweichungen von der Zielrefraktion ebenso wie ein eventueller Vorteil aus der Kenntnis der Differenz am ersten Auge für das zweite Auge T H E M E N - S P ECIAL • w w w . a u g e n . c o . a t vernachlässigbar und im unwahrscheinlichen Fall durch einen Linsentausch leicht behebbar. Infektionen sind seit der routinemäßigen intrakameralen Cefuroximprophylaxe nur noch in ca. fünf von 10.000 Fällen zu erwarten und werden durch die Schilderung der Symptome und Vorgehensweise im Zuge der Patientenaufklärung in aller Regel rechtzeitig erkannt und mittels intravitrealer Antibiotikagabe erfolgreich behandelt1. ZMÖs treten typischerweise erst nach Wochen auf, sodass eine einwöchige Pause bis zur OP des zweiten Auges keinen Vorteil bringt. Dasselbe gilt für Netzhautablösungen. Viel zielführender sind dabei die routinemäßige präoperative Untersuchung der Netzhautperipherie und gegebenenfalls die Laserabriegelung von Latticezonen bei Augen mit noch anliegendem Glaskörper2. Aus den genannten Überlegungen bietet der Autor nunmehr schon seit über vier Jahren die beidseitige Katarakt-OP in einer Sitzung routinemäßig als Option an. Allein in den vergangenen drei Jahren haben über 600 tagesklinische Patienten zur ihrer vollsten ­Zufriedenheit davon Gebrauch gemacht. k • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • Literatur 1 ESCRS Endophthalmitis Study Group. Prophylaxis of postoperative endoph­ thalmitis following cataract surgery: Results of the ESCRS multicenter study and identification of risk factors. J Cataract Refract Surg 2007; 33:978-988 2 Ripandelli G, Coppé AM, Parisi V et al. Posterior vitreous detachment and retinal detachment after cataract surgery. Ophthalmology. 2007, 114:692-697 3 Sarikkola AU, Uusitalo RJ, Hellstedt T et al. Simultaneous bilateral versus sequential bilateral cataract surgery: Helsinki Simultaneous Bilateral Cataract Surgery Study Report 1. J Cataract Refract Surg 2011; 37:992-1002 4 Leivo T, Sarikkola AU, Uusitalo RJ et al. Simultaneous bilateral cataract surgery: Economic analysis; Helsinki Simultaneous Bilateral Cataract Surgery Study Report 2. J Cataract Refract Surg 2011; 37:1003-1008 Wenn unter Kontaktlinsen Keime gedeihen Foto: Mag. Bernhard STeiner B ei alleinstehenden Personen muss dazu qualifiziertes Transport- und Pflegepersonal bereitgestellt werden. Dadurch wird nicht nur das Gesundheitsbudget belastet, vielmehr fehlen schon die Ressourcen an entsprechendem Personal bei der rapide zunehmenden Überalterung der Gesellschaft. Vor diesem Hintergrund ist zu prüfen, ob nicht beidseitig erforderliche OPs wie die Katarakt-OP vorteilhaft in einer Sitzung durchgeführt werden können oder gar sollen. Dabei gilt es, Vor- und Nachteile aufzulisten und, Fotos: Dr. Erich Feichtinger / Medical Network Von Univ.-Prof. Dr. Rupert Menapace und Dr. Sabine Schriefl die Ersparnis auf 739 Euro, inkludiert man auch die Kosten des beruflichen Arbeitsausfalles, so erreicht der Betrag eine Höhe von 849 Euro4. Die Autoren schlussfolgern daraus richtig, dass die simultane Kataraktoperation beider Augen im Vergleich zur sequenziellen gleich gute klinische Resultate liefert, während die Einsparungen an medizinischen und nicht-medizinischen Kos­ten substanziell sind. • auch in konkrete Zahlen fassen: Das Begleitpersonal braucht die Patienten nur einmalig zu bringen und zu holen. Die Zahl der Arztbesuche reduziert sich, ebenso die des Pflegepersonals bei Patienten, die nicht selbst tropfen können. Neben dem Begleitpersonal wird dadurch auch der Patient we­­niger belastet. Die räumliche Orientierungsfähigkeit bei Menschen mit höheren Ametropie oder deutlicher Katarakt am zweiten Auge ist sofort wiederhergestellt, was die bei älteren Patienten ohnehin erhöhte Sturzgefahr deutlich reduziert. Neben der faktischen Entlastung ist das rein finanzielle Einsparpotenzial beeindruckend: Eine skandinavische Untersuchung an über 500 Patienten hat die Einsparungen von rein medizinischen Kos­ten mit 449 Euro pro Patient beziffert. Rechnet man die Kos­ten für Transport und Heimbetreuung hinzu, steigt • Die Katarakt ist in der Regel ein beidseitiges Leiden und betrifft hauptsächlich ältere, häufig in ihrer Mobilität e­ingeschränkte Menschen. Das Verbringen zum Ort der Operation (OP), der Vor- und ­Nachuntersuchungen und auch die postoperative Tropftherapie erfordern daher häufig Begleitpersonal. Nach der OP – komplikationslos und zufrieden • Beidseitige Kataraktoperation in einer Sitzung als Routine an der Augentagesklinik am AKH in Wien Von Prof. Dr. Wolfgang Behrens-Baumann (Auszug aus der Pressekonferenz bei der AAD 2011) Weiche Kontaktlinsen sind auffällig häufig an Infektionen der Augenoberfläche beteiligt. Werden die Kontaktlinsen über die empfohlene Tragedauer hinaus verwendet, sind Komplikationen zu befürchten. Wesentlich ist zudem die Hygiene: Händewaschen vor dem Einsetzen und Herausnehmen der Linsen, gründliche Reinigung und sorgfältige Aufbewahrung in speziell dafür angebotenen Lösungen sind unverzichtbar. Auch die Linsenbehälter sollten regelmäßig ausgetauscht werden. Wer diese Regeln nicht beherzigt, ebnet Krankheitserregern den Weg ins Auge. In der feuchten Kammer zwischen Kontaktlinse und Hornhaut vermehren sich die Keime besonders gut. Hinzu kommt, dass die Kontaktlinse den Wischeffekt der Augenlider verringert und die Augenoberfläche deshalb nicht so gut gereinigt wird. Als Erreger kommen Bakterien, Pilze und Parasiten in Frage. Ein Bindehautabstrich und, falls nötig, eine Gewebeprobe, helfen, den Erreger genau zu bestimmen. Zu den Bakterien, die die Entzündung auslösen können, zählen gramnegative Pseudomonaden und grampositive Strep- Eine aktuelle Publikation aus Skandinavien belegt in der Tat, dass Komplikationsraten und refraktives Ergebnis bei gleichzeitiger und zeitlich versetzter Katarakt-OP beider Augen gleich waren. Dies gilt auch für die Patientenzufriedenheit3, wobei diese in den vielen vom Autor selbst beidseitig in derselben Sitzung in der ATK operierten Patienten auffällig hoch war. Während die Nachteile bei entsprechen­den Umfeldbedingungen vernachlässigbar sind, sind die Vorteile gewichtig und lassen sich tokokken. Aber auch Pilze oder Parasiten, wie die möglicher­weise im Trinkwasser vorhandenen Akanthamöben kommen als Erreger in Frage. Schließlich können noch Vireninfektionen das Auge schädigen – unabhängig von Kontaktlinsen. Mit antibiotischen Augentropfen lassen sich Bakterieninfektionen in den Griff bekommen. Dabei gilt die Devise: Nicht kleckern, sondern klotzen. Mit hoher Dosierung über einen kurzen Zeitraum werden die Erreger am besten bekämpft. Denn eine Unterdosierung fördert die Resistenzentwicklung. Die Behandlung dauert in der Regel eine Woche, maximal zieht sie sich über zehn Tage hin. Ist nicht nur die Augenoberfläche von Bakterien infiziert, kommen neben Augentropfen auch andere Darreichungsformen der Antibiotika in Frage. Liegt eine Entzündung im Augeninneren (Endophthalmitis) vor, kann der Wirkstoff in die Augenkammer oder in den Glaskörper gespritzt werden. Eine systemische Gabe von Antibiotika, beispielsweise in Tablettenform, ist bei Augeninfektionen meist nur als ergänzende Therapie ratsam, dann aber in höchstmöglicher Dosierung, denn eingenommen als Tablette, kommt von dem www.augen.co.at • Medikament nicht sehr viel im Auge an. Bei einer stationären Behandlung kann das Antibiotikum auch intravenös in den Blutkreislauf gegeben werden – dann ist eine höhere Dosierung möglich und somit die Wirkung stärker als bei oraler Gabe. Den Augenärzten steht für die rasche Therapie bakterieller Augenentzündungen der “Magdeburger Dreistufenplan” (www.med.uni-magdeburg. de/fme/kauge/Dreistufenplan2010.pdf) zur Verfügung. Er enthält je nach Schwere des Krankheitsbilds Ratschläge für die Behandlung, die ein wirksames Eingreifen schon dann ermöglichen, wenn noch kein Erreger nachgewiesen wurde. Augenärztlichen Akademie Deutschland Nächster Termin: 20. bis 24. März 2012 AAD 2012 in Düsseldorf M e d i c a l N e t w o r k 2 0 11 • T H E M E N - S P ECIAL • 37