Member of Center for Plasma Science and Technology Ruhr-Universität Bochum RUB Plasmatechnik II 1. Gasphasen- und Oberflächenprozesse 1.1 Elementare Gasphasen- und Oberflächenreaktionen 1.2 Gasphasenkinetik 1.3 Oberflächenprozesse 1.4 Oberflächenkinetik 2. Schichtabscheidung durch Sputterverfahren 2.1 Magnetron Entladungen 2.2 Schichtabscheidung 3. Plasmaunterstützte chemische Schichtabscheidung (PECVD) 3.1 Amorphes Silizium 3.2 Siliziumdioxid Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT Member of Center for Plasma Science and Technology Ruhr-Universität Bochum RUB Literatur zu Plasmatechnik II • • • • M. A. Lieberman, A. J. Lichtenberg, “Principles of plasma discharges and materials processing“ John Wiley & Sons, Inc. (1994) B. Chapmann, “Glow discharge processes“ John Wiley & Sons, Inc. (1980) K. Wasa, S. Hayakawa, “Handbook of sputter deposition technology“ Noyes Publications (1992) P. Sigmund in „Sputtering by particle bombardment I, Ed. R. Behrisch, Topics Appl. Phys 47, Springer Berlin (1981) pp. 9-71 Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 2 Member of Center for Plasma Science and Technology RUB Ruhr-Universität Bochum 1. GASPHASEN- UND OBERFLÄCHENPROZESSE 1.1 Elementare Gasphasen- und Oberflächenreaktionen Betrachtet man folgende Reaktionen: 2U + 3V → W + 2 Z a) U+V→W+Z U→W+Z b) (1.1.1) c) wobei U, V, W, Z Moleküle sind. Eine der obigen Reaktionen wird als „elementar“ bezeichnet, wenn diese in einem Schritt vollzogen wird. D.h. alle Moleküle in (1.1.1) a), b) müssen gleichzeitig stoßen, bzw. in (1.1.1) c) muß die „Zerlegung“ in einem Schritt erfolgen. Reaktion (1.1.1) a) ist mit großer Wahrscheinlichkeit keine elementare Reaktion, da fünf Moleküle gleichzeitig zusammenstoßen müssen. Für die Reaktionen b) ist eine elementare Reaktion denkbar: O + + O 2 → O + O +2 Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 3 Member of Center for Plasma Science and Technology RUB Ruhr-Universität Bochum ebenso für die Reaktion c): A * → A + hν Andererseits ist bekannt, dass folgende Reaktion nicht elementar ist: Cl 2 + H 2 → 2HCl Diese Reaktion entspricht (1.1.1) b). Daraus geht hervor, dass, ausgehend von stöchiometrischen Gleichungen ((1.1.1) a) - c)) nicht entschieden werden kann, ob eine Reaktion elementar ist oder nicht. Allerdings lassen sich chemische Gleichungen in verschiedene Grundmuster zerlegen: 1. Unimolekulare Reaktionen: U → Endprodukte 2. Bimolekulare U + V → Enprodukte Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 4 Member of Center for Plasma Science and Technology RUB Ruhr-Universität Bochum Bei hohem Druck können auch termolekulare Reaktionen auftreten: U + V + W → Endprodukte Diese sind jedoch in Niederdruckplasmen meist komplex, d.h. nicht elementar. Mittels der sog. stöchiometrischen Koeffizienten α i lassen sich Reaktionsraten definieren. Die Reaktionsraten sind für Reaktanten (U, V in (1.1.1)) negativ, für Produkte (Zwischen- oder Endprodukte, W, Z in (1.1.1)) positiv: 1 dn j R= α j dt (1.1.2) mit der Anzahldichte nj von Molekülen der j-ten Komponente. Betrachtet man Reaktion (1.1.1) a), dann gilt: R=− 1 dn U 1 dnV dnW 1 dnZ =− = = 2 dt 3 dt dt 2 dt Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 5 Member of Center for Plasma Science and Technology RUB Ruhr-Universität Bochum Im Falle von Oberflächenreaktionen müssen die Teilchenvolumendichten nj [cm-3] durch Oberflächendichten nj´[cm-2] ersetzt werden. Im Allgemeinen ist R eine komplizierte Funktion der Teilchenzahldichte aller Reaktanten. Im Falle von elementaren Reaktionen jedoch unterscheidet man folgende einfache Formen: Z → Produkte R=− dnZ = K1nZ dt (1.1.3) Die Größe K1 [s-1] wird Ratenkonstante erster Ordnung genannt. U + U → Produkte R=− 1 dn U = K 2 nU2 2 dt (1.1.4) Die Größe K2 [m3s-1] wird Ratenkonstante zweiter Ordnung genannt. Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 6 Member of Center for Plasma Science and Technology RUB Ruhr-Universität Bochum Eine Reaktion zweiter Ordnung kann auch durch zwei unterschiedliche Reaktanten gebildet werden: U + V → Produkte R=− dnU dn = − V = K 2 nU nV dt dt (1.1.5) Für Reaktionen dritter Ordnung ergibt sich damit: U + V + W → Produkte R=− dnU dn dn = − V = − W = K 3 nU nV nW dt dt dt (1.1.6) mit K3 in [m6s-1]. Diese Ratenkonstanten sind Funktionen der Temperatur, aber unabhängig von den Dichten der beteiligten Reaktanten. Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 7 Member of Center for Plasma Science and Technology RUB Ruhr-Universität Bochum Gleichgewichtskonstante Betrachtet man folgende entgegengesetzte elementare Reaktionen: U+V K2 ⎯ ⎯→ W+Z ←⎯⎯ K −2 mit der Vorwärtsrate nUnVK2 und der Rückwärtsrate nWnZK-2. Im thermischen Gleichgewicht sind die Raten gleich: K 2 nU nV = K −2 nW nZ (1.1.7) nW nZ K 2 (T ) = = Κ (T ) nU nV K −2 (T ) (1.1.8) umgeformt erhält man Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 8 Member of Center for Plasma Science and Technology Ruhr-Universität Bochum RUB Obwohl (1.1.8) hergeleitet wurde für thermisches Gleichgewicht, ist dieser Zusammenhang auch in einem realen System gültig, das sich nicht im thermischen Gleichgewicht befindet. Einzige Voraussetzung ist, dass die Geschwindigkeit der stoßenden Teilchen einer Maxwellverteilung mit der Temperatur T unterliegt. Der Grund liegt darin, dass die Ratenkonstanten (auch Ratenkoeffizienten genannt) unabhängig von den Teilchendichten sind. Sie hängen nur ab vom zugehörigen Wirkungsquerschnitt und der Stoßdynamik (=Wirkungsquerschnitt): ∞ K UV (T ) = σ UV vR = ∫ f m vRσ UV 4πvR2 dvR (1.1.9) 0 Dieser Ausdruck entspricht Gl. ( 2.3) in Plasmatechnik 1 (PT1). Damit kann, wenn die Gleichgewichtskonstante K (T ) bekannt ist, ein Ratenkoeffizient (Ratenkonstante) aus dem anderen berechnet werden. Z.B. Stoßanregung: n0 ne X (Te ) = n*neY (Te ) Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz (1.1.20) AEPT 9 Member of Center for Plasma Science and Technology RUB Ruhr-Universität Bochum Mit dem Ratenkoeffizient Y für Stoßabregung. Sind n0 und n* im thermischen Gleichgewicht, dann gilt: ⎛ ∆E ⎞ n0 g 0 ⎜⎜ − ⎟⎟ = exp * * n g ⎝ kTe ⎠ (1.1.21) Damit wird Y, wenn X bekannt ist: Y=X ⎡ ∆E ⎤ n0 g0 = − X exp ⎢ ⎥ * * n g ⎣ kTe ⎦ (1.1.22) Gl. (1.1.21) wurde auch in PT1 unter Gl. (2.8) bereits verwendet. Dieser bemerkenswerte Umstand wird „Prinzip des detaillierten Gleichgewichts“ genannt und kann für alle Reaktionen zur Berechnung der Ratenkonstante (Ratenkoeffizient) der jeweiligen Rückreaktion verwendet werden. Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 10 Member of Center for Plasma Science and Technology Ruhr-Universität Bochum RUB 1.2 Gasphasenkinetik Viele Reaktionen, die in der Prozesstechnologie relevant sind, sind nicht elementar. Vielmehr bestehen diese aus aufeinander aufbauenden, teilweise gegenläufigen, teilweise parallelen Reaktionen. In PT1 wurde Siliziumätzen mit CF4 betrachtet. Dieser Prozess beruht darauf, dass durch verschiedene Reaktionen F Atome erzeugt und auch vernichtet werden: e + CFx → ← CFx-1 + F + e x = 1,2,3,4 Die meisten technologischen Prozesse sind stationär, d.h. die gesamte Prozesszeit z.B. zum Ätzen von Trenches ist sehr viel länger als Reaktions- oder Transportzeitkonstanten (Abb. 1.1) für die relevanten Gasphasenspezies. Während eines typischen Prozesses befindet sich ein konstanter Gasfluss im Reaktor (bestehend aus verschiedenen Gasen), eine konstante Leistung und meist ist das Gefäß auch unter konstantem (Unter)druck. Alle gasförmigen Spezies werden entweder abgepumpt oder auf den Oberflächen abgeschieden. Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 11 Member of Center for Plasma Science and Technology Langsame Dichte t º 100 ms RUB Ruhr-Universität Bochum 25 11 1,0x10 Schnelle „Temperatur“ t º 1ms t = 125 ms 10 -3 15 ne [cm ] Ee/e,UFl,UPl [V] 20 electron energy EeV plasma potential UplV floating potential UflV electron density ne 10 1,0x10 t = 555 ms 5 9 0 0 100 200 300 400 500 In den ersten ms: time [µs] kein Skineffekt fl starke Heizung weniger Elektronen fl Zündung kapazitiv 600 700 800 900 1,0x10 1000 Zwei Zeitkonstanten: abhängig von Ionenmasse fl Trägheit + variables <E> Abb. 1.1 Zeitkonstanten im gepulsten induktiv gekoppelten HF-Plasma Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 12 Member of Center for Plasma Science and Technology RUB Ruhr-Universität Bochum Aus diesen Gründen sind die Teilchendichten der gasförmigen Spezies konstant, d.h. unabhängig von der Zeit. Allerdings können diese Dichten nicht unter der Annahme thermodynamischen Gleichgewichts bestimmt werden, da dies nicht vorliegt. Sind allerdings die Ratenkoeffizienten für die einzelnen Reaktionen bekannt, können die entsprechenden Ratengleichungen (meist numerisch) gelöst werden, die oftmals miteinander verknüpft sind. Bestimmte charakteristische Verläufe für einfache Systeme sollen im Folgenden betrachtet werden. Konsekutive Reaktionen erster Ordnung Betrachtet werden sollen zwei konsekutive zeitveränderliche Reaktionen: K K U ⎯⎯→ V ⎯⎯→ W U V (1.2.1) ohne Quellen und Senken, d.h. die Spezies U wird nicht von außen nachgeliefert und die Spezies W verschwindet nicht nach außen. Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 13 Member of Center for Plasma Science and Technology RUB Ruhr-Universität Bochum Die Ratengleichungen für diese Abfolge von Reaktionen lauten: dnU = − K U nU dt (1.2.2) dnV = K U nU − K V nV dt (1.2.3) dnW = K V nV dt (1.2.4) Beginnt man nun mit einem Anfangswert nU=nU0, wobei nV und nW = 0 für t=0, dann kann (1.2.2) integriert werden: nU = nU0 exp(− K U t ) Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz (1.2.5) AEPT 14 Member of Center for Plasma Science and Technology Ruhr-Universität Bochum RUB setzt man (1.2.5) in (1.2.3) ein, erhält man durch Integration: nV = nU0 KU [exp(− K Ut ) − exp(− K Vt )] KV − KU (1.2.6) Diese Vorgehensweise kann nochmals wiederholt werden, um auch noch nW zu berechnen (Einsetzen von (1.2.6) in (1.2.4) und anschl. Integration). Da es sich jedoch um ein abgeschlossenens System handelt, gilt: nU (t ) + nV (t ) + nW (t ) = nU0 = const (1.2.7) Nachdem nU und nV bekannt sind, ergibt sich somit: nW (t ) = nU0 − nU − nV Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz (1.2.8) AEPT 15 Member of Center for Plasma Science and Technology Ruhr-Universität Bochum RUB Daraus erhält man schließlich: ⎡ ⎤ 1 (K V exp(− K U t ) − K U exp(− K Vt ) )⎥ nW = nU0 ⎢1 + ⎣ KU − KV ⎦ (1.2.9) Betrachtet man 2 Extremfälle 1) KU<<KV und 2) KV<<KU, dann gilt für Fall 1: nW = nU0 (1 − exp(− K U t )) (1.2.10) nW = nU0 [1 − exp(− K V t )] (1.2.11) und für Fall 2: Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 16 Member of Center for Plasma Science and Technology RUB Ruhr-Universität Bochum In beiden Fällen (1 u. 2) wird die Bildung der Produkte durch die kleine Ratenkonstante definiert. Da der Kehrwert der Ratenkonstanten in (1.2.10) und (1.2.11) die Zeitkonstanten für den exponentiellen Zeitverlauf darstellen, wird die Bildung von nW durch die langsamste Zeitkonstante limitiert, den sog. ratenbegrenzenden Reaktionsschritt. Im Fall 1 (KV>>KU) wird die Spezies V mit einer langsamen Rate aus der Spezies U erzeugt. Anschließend wird V sehr schnell in Spezies W umgewandelt. Aus diesem Grunde zerfällt nV (nach einer kurzen Übergangszeit) mit der Rate KU, wobei nV<<nU. Damit gilt: dnV ≈ K U nV << K U nU dt Daher wird (1.2.12) n&V in Gl. (1.2.3) zu Null gesetzt. Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 17 Member of Center for Plasma Science and Technology RUB Ruhr-Universität Bochum Auf diese Weise erhält man folgende Näherungslösung für die Gln. (1.2.2) (1.2.4): nU = nU0 exp(− K U t ) nV ≈ (s. 1.2.5)* KU K nU = U nU0 exp(− K U t ) KV KV nW ≈ nU0 [1 − exp(− K U t )] (1.2.13) (s. 1.2.10)* Spezies V ist in diesem Fall die reaktive Zwischenstufe. Wobei dnV ≈0 dt die stationäre Lösung für die reaktive Zwischenstufe V ist. Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 18 Member of Center for Plasma Science and Technology RUB Ruhr-Universität Bochum 1 1 0.8 0.8 nU nW 0.6 KV = 30 KU 0.6 0.4 0.2 0.4 0.5 1 1.5 2 2.5 3 nV 0.2 0.5 1 1.5 2 2.5 3 t/sec Abb. 1.2 Zeitabhängige Reaktionskinetik der Teilchendichten für KU=1 und KV=5 Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 19 Member of Center for Plasma Science and Technology Ruhr-Universität Bochum RUB Im Fall 2 (KU>>KV) wird Spezies V durch U schneller erzeugt als W durch V. Dadurch entstehen zwei nicht gekoppelte Reaktionen erster Ordnung mit den nachfolgenden Lösungen. Für t<ts (Separationszeit) gilt: nU = nU0 exp[− K U t ] nV ≈ nU0 (1 − exp[− K U t ]) (1.2.14) nW ≈ 0 und für t>ts gilt demgegenüber: nU ≈ 0 nV ≈ nU0 exp[− K V t ] (1.2.15) nW ≈ nU0 (1 − exp[− K V t ]) Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 20 Member of Center for Plasma Science and Technology 1 0.8 RUB Ruhr-Universität Bochum 1 ts≈0.22 sec nW nU 0.8 ts≈0.45 sec 0.6 KU = 20 KV 0.6 0.4 0.4 0.2 nV 0.2 0.5 0.5 1 1.5 2 2.5 1 3 1.5 2 2.5 3 t/sec Abb. 1.3 Zeitabhängige Reaktionskinetik der Teilchendichten für KU=5 und KV=1 Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 21 Member of Center for Plasma Science and Technology RUB Ruhr-Universität Bochum Für die Separationszeit gilt: ts = 1 KU KV (1.2.16) die die schnellen (1.2.14) und die langsamen (1.2.15) Zeitkonstanten voneinander trennt. Soll nun die konsekutive Reaktion (1.2.1) in einem stationären Plasmaprozess ablaufen, benötigt man für die Spezies U einen Generationsterm G [m-3 s-1] (z.B. den Zufluss durch Frischgas) sowie einen Verlustterm für die Spezies W (z.B. durch Abpumpen), der als Reaktion erster Ordnung geschrieben werden kann. Damit erhält man aus (1.2.2) bis (1.2.4): dnU = G − K U nU = 0 dt dnV = K U nU − K V nV = 0 dt dnW = K V nV − K W nW = 0 dt Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz (1.2.17) AEPT 22 Member of Center for Plasma Science and Technology RUB Ruhr-Universität Bochum Löst man dieses Gleichungssystem (1.2.17), erhält man: nU = G KU nV = G KV nW = G KW (1.2.18) Gegenläufige Reaktionen Nun soll (1.2.1) mit den jeweiligen gegenläufigen Reaktionen betrachtet werden: KU →V U ← K -U KV → W ← K -V (1.2.19) wobei nU=nU0 gesetzt wird, ohne weitere Quellen oder Senken zu berücksichtigen. Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 23 Member of Center for Plasma Science and Technology Ruhr-Universität Bochum RUB Dann ergeben sich folgende Ratengleichungen: dnU = − K U nU + K − U nV = 0 dt dnV = K U nU − K − U nV − K V nV + K −V nW = 0 dt dnW = K V nV − K −V nW = 0 dt (1.2.20) (1.2.21) (1.2.22) mit den zugehörigen Lösungen: nV = KU nU0 = nV K −U nW = KV nV = nW K −V Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz (1.2.23) AEPT 24 Member of Center for Plasma Science and Technology Ruhr-Universität Bochum RUB wobei diese Lösungen (1.2.23) diejenigen für thermisches Gleichgewicht darstellen. Dieser Zusammenhang, der mit dem Begriff des „detaillierten Gleichgewichts“ in Abschnitt 1.1 bereits erläutert wurde, muss sich einstellen, wenn die genau gegenläufigen Reaktionen sich bilanzieren, ohne dass Quellen oder Senken vorhanden sind. Betrachtet man hingegen für die Reaktionen (1.2.19) einen Quellenterm (G) und einen Verlustterm (-KWnW) erster Ordnung, dann erhält man: KU nV = nU K + K V K W −U K −V + K W (1.2.24) nW KV = nV K −V + K W wobei wiederum (vgl. (1.2.18)) gilt: nW = Electrical Engineering & Plasma Technology G KW Peter Awakowicz (1.2.25) AEPT 25 Member of Center for Plasma Science and Technology Ruhr-Universität Bochum RUB Vergleicht man nun die Ergebnisse von (1.2.24) mit denen von (1.2.23), dann zeigt sich, dass die Verhältnisse der Teilchenzahldichten von (1.2.24) unterhalb der Gleichgewichtsverhältnisse von (1.2.23) liegen, sobald Quellen und Senken vorhanden sind. Dies ist für nahezu alle Niederdruckplasmaprozesse gegeben, die sich daher nicht im thermischen Gleichgewicht befinden. 2-Körper Anlagerungsstöße mit Strahlungsemission Betrachtet man folgende Reaktion U + V → UV (1.2.26) Sind U und V zwei Atome, kann diese Reaktion nicht stattfinden, da Energie- und Impulserhaltung verletzt wären. Allerdings gibt es zahlreiche sog. AttachmentProzesse, wie z.B. SF6 + e − → SF6− Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 26 Member of Center for Plasma Science and Technology Ruhr-Universität Bochum RUB Um zu verstehen, wie (1.2.26) abläuft, muß ein Zwischenschritt betrachtet werden: K2 U + V ⎯⎯→ UV * (1.2.27) der zu einem angeregten, aber unstabilen Molekül führt. Wird die Anregungsenergie nicht (sehr schnell) in einem folgenden Reaktionsschritt auf ein anderes Teilchen übertragen, dissoziiert das Molekül sofort: −1 UV * ⎯K⎯→ U+V (1.2.28) Ein möglicher Mechanismus für sofortigen Energieverlust ist Strahlungsemission, die dann zu folgender komplexer Reaktion führt: K2 K1 * ⎯ ⎯→ U + V ←⎯⎯ UV ⎯ ⎯→ UV + hν K (1.2.29) −1 Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 27 Member of Center for Plasma Science and Technology Ruhr-Universität Bochum RUB Die stationären Ratengleichungen für (1.2.29) lauten: dnU dnV = = − K 2 nU nV + K −1nUV* + G = 0 dt dt dnUV* = K 2 nU nV − K −1nUV* − K1nUV* = 0 dt dnUV = K1nUV* − K1W nUV = 0 dt (1.2.30) wobei wieder ein Quellterm G und ein Verlustterm K1WnUV eingesetzt wurde (um ein stationäres System zu erhalten). Da die Reaktion (1.2.29) der von (1.2.19) entspricht, wenn K-V zu Null gesetzt wird, kann die Lösung aus (1.2.24, oben) verwendet werden: nUV* = Electrical Engineering & Plasma Technology K2 nU nV K −1 + K1 Peter Awakowicz (1.2.31) AEPT 28 Member of Center for Plasma Science and Technology Ruhr-Universität Bochum RUB Die zugehörige Rate R der Produktion von nUV lautet damit: R = K1nUV* = K1 K 2 nU nV K −1 + K1 (1.2.32) Betrachtet man die Reaktion ((1.2.26): U+V→UV) als eine elementare Reaktion (was sie nicht ist), kann man die zugehörige Ratekonstante schreiben als: K 2′ = K1 K 2 K −1 + K1 (1.2.33) Zur Abschätzung dieser Ratenkonstante nimmt man eine typische Dissoziationszeitkonstante eines unstabilen Moleküls UV* zu 10-13 - 10-12 s an. Damit wird K-1=1012 - 1013 s-1. Typische Übergangswahrscheinlichkeiten f. spontane Emission (A-Werte, Einsteinkoeffizienten) sind in der Größenordnung K1=108 - 109 s-1. Setzt man dies in (1.2.33) ein, erhält man: K 2′ ≈ 10 −5 − 10 −3 K 2 Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz (1.2.34) AEPT 29 Member of Center for Plasma Science and Technology Ruhr-Universität Bochum RUB Daraus (1.2.34) erkennt man, dass die Ratenkonstante für 2-Körper Anlagerungsstöße mit Strahlungsemission gering ist. Aus diesem Grund ist dieser Prozess in Niederdruckplasmen von geringer Bedeutung 3-Körper Anlagerungsstösse Betrachtet werden soll folgender Typ von Stoß, bei dem die Spezies U und V miteinander reagieren und einen dritten unveränderlichen Stoßpartner M benötigen, um der Impuls- und Energieerhaltung zu genügen: U + V + M → UV + M (1.2.35) M kann jedes beliebige Schwerteilchen (Atom, Molekül) im System sein. Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 30 Member of Center for Plasma Science and Technology Ruhr-Universität Bochum RUB Da 3-Teilchenstöße in Niederdruckplasmen sehr selten sind, ist die Wahrscheinlichkeit für eine komplexe (d.h. nicht elementare) Reaktion groß: K * ⎯ ⎯→ U + V ←⎯⎯ UV K 2 (1.2.36) −1 dabei bildet sich also aus den Teilchen U und V ein Molekül, das sich in einem angeregten Zustand befindet. Dieses stößt dann mit dem Teilchen M, welches nicht verändert wird: UV * + M ⎯K⎯ ⎯→ UV + M 2M (1.2.37) Die Ratengleichungen mit Quellen und Senken dazu lauten: dnU = − K 2 nU nV + K −1nUV* + G = 0 dt Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 31 Member of Center for Plasma Science and Technology sowie dnUV * Ruhr-Universität Bochum RUB = K 2 nU nV − K −1nUV − K 2 M nUV nM = 0 * * dt dnUV = K 2 M nUV nM − K1W nUV dt (1.2.38) * Die Lösungen dazu lauten (vgl. mit (1.2.18) bzw. (1.2.25)): G = K1W nUV = K 2 M nUV nM * und (1.2.39) nUV = * K2 nU nV K −1 + K 2 M nM Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 32 Member of Center for Plasma Science and Technology Ruhr-Universität Bochum RUB Damit (1.2.39) wird die Reaktionsrate zur Produktion von nUV: R = K 2M nUV nM = * K 2 K 2M nM nU nV K −1 + K 2 M nM (1.2.40) Aus (1.2.40) geht hervor, dass die Abhängigkeit vom Stoßpartner M kompliziert ist. Für niedrigen Druck (K2MnM<<K-1) erhält man die Näherung: R≈ K 2 K 2M nU nV nM K −1 (1.2.41a) und für hohen Druck (K2MnM>>K-1): R ≈ K 2 nU nV Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz (1.2.41b) AEPT 33 Member of Center for Plasma Science and Technology RUB Ruhr-Universität Bochum Aus diesem Grunde sieht bei niedrigem Druck Reaktion (1.2.37) wie ein elementare Reaktion aus: K 3′ U + V + M ⎯⎯→ UV + M (1.2.42) mit der Ratenkonstanten K 3′ = K 2 K 2M K −1 (1.2.43) Betrachtet man (1.2.36) und (1.2.37) als eine elementare Reaktion: K 2′ U + V ⎯⎯→ UV Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz (1.2.44) AEPT 34 Member of Center for Plasma Science and Technology RUB Ruhr-Universität Bochum dann gilt für die Ratenkonstante in Analogie zu (1.2.33) und mit K1 = nMK2M: K 2′ = K 2 K 2 M n2 M K −1 + K 2 M n2 M (1.2.45) Unter der Annahme geringen Drucks (K-1>>K2MnM) wird daraus: K 2′ ≈ K 2 K 2 M nM K −1 (1.2.46) Mit den Ratenkonstanten K2M ≈ 10-11 - 10-10 cm3 s-1 und K-1 ≈ 1012 - 1013 s-1 (siehe Abschätzung zu (1.2.34)) ergibt sich: K 2′ ≈ K 2 (10 −24 − 10 −22 ) nM (1.2.47) wobei nM in cm-3 eingesetzt wird. Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 35 Member of Center for Plasma Science and Technology Ruhr-Universität Bochum RUB setzt man für p=10 Pa, T=300K, dann erhält man: nM = 2.42 ⋅1015 cm -3 und somit: K 2′ ≈ 2.4 ⋅ (10 −9 − 10 −7 ) K 2 (1.2.48) Aus diesem Grunde ist die 3-Körper Anlagerung unter Einbeziehung von Neutralteilchen (M) in Niederdruckentladungen schwach. In Hochdruckentladungen jedoch wächst nM um mehr als 4 Größenordnungen, dann können solche Reaktionen bedeutend werden, wie z.B. die Ozonproduktion bei Drücken größer 1 Bar: O 2 + O 2 + O → O3 + O 2 In diesem Fall dient ein Sauerstoffmolekül als Stoßpartner M. Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 36 Member of Center for Plasma Science and Technology Ruhr-Universität Bochum RUB 3-Körper positiv-negativ Ionen Rekombination Reaktion zwischen positiv und negativ geladenen Ionen der Art U + + V − + M → UV + M können große Ratenkonstanten aufweisen. Es kann gezeigt werden, dass diese für Drücke größer oder etwa gleich 1 mbar eine Rolle spielen können. Da Plasmatechnik II sich jedoch nur mit Prozessen beschäftigt, deren Druckbereich deutlich geringer als 1mbar ist, sollen diese hier nicht näher ausgeführt werden. Ein Spezialfall für diese Reaktionsklasse ist die 3-K Elektron-Ion Rekombination: e + U+ + e → U + e für diese Reaktion kann ebenfalls gezeigt werden, dass sie nicht wesentlich ist für Te>1eV und ne<1013 cm-3. Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 37 Member of Center for Plasma Science and Technology Ruhr-Universität Bochum RUB 1.3 Oberflächenprozesse In Plasmatechnik I wurde das Ätzen von Silizium (Si) mit CF4 behandelt. Dieser Prozess beruht darauf, dass im Plasma F Atome in der Gasphase erzeugt werden, die zur Oberfläche (Wafer) transportiert werden. Dort fluorinieren sie die Oberfläche (d.h. sie gehen mit dem Festkörper chemische Reaktionen ein) in der Weise: F(gas) + Si : Fx (surface) ⇔ SiFx +1 (s) x = 0,1,2,3 dabei diffundieren im wesentlichen zwei Spezies aus der fluorinierten Oberfläche zurück in die Gasphase (weil sie flüchtig sind), die dann als sog. Ätzprodukte abgepumpt werden: Si : Fx (s) ⇔ SiFx (g) x = 2,4 Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 38 Member of Center for Plasma Science and Technology RUB Ruhr-Universität Bochum Weiterhin spielen Adsorptions- und Desorptionsreaktionen vom Typ F(g) + Surface ⇔ F : Surface eine wichtige Rolle, wobei diese die Konzentrationen der Spezies in der Gasphase beeinflussen. Letztlich wird die gesamte Entladung durch Oberflächenprozesse wie z.B. die Neutralisation von Ionen oder die Emission von Sekundärelektronen beeinflusst. In diesen Plasmen sind die Gleichungssysteme der Gasphasen- und Oberflächenreaktionen verkoppelt. Im Falle der Niederdruckplasmen ist diese Kopplung stark. Aus diesem Grund sollen die wichtigsten Oberflächenreaktionen im Folgenden behandelt werden. Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 39 Member of Center for Plasma Science and Technology Ruhr-Universität Bochum RUB Neutralisation positiver Ionen und Emission von Sekundärelektronen Wie bereits besprochen ist die exotherme Neutralisationsreaktion e + U+ → U in der Gasphase verboten, da Moment- und Energieerhaltung nicht gewährleistet sind. An der Oberfläche (Reaktorwand, Substrat, etc.) allerdings ist diese Reaktion sehr schnell: e + U + + Surface → U + S Dabei steht „S“ hier und in Zukunft für „Oberfläche“. Für typische Ionenenergien von 10 - 1000 eV werden alle positiven Ionen, die auf die Oberfläche treffen, sofort neutralisiert. Um dies zu verstehen, muß der Einschluß der Elektronen im Festkörper kurz besprochen werden. Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 40 Member of Center for Plasma Science and Technology RUB Ruhr-Universität Bochum In Abb. 1.4 ist die Energie der Ladungsträger als Funktion des Ortes im Metall gezeigt. Die gebundenen Elektronen im Metall besetzen Energieniveaus mit sehr geringem energetischem Abstand im sog. Leitungsband. Dieses ist bis zu einem Energiemaximum besetzt, dem sog. Ferminiveau. Die Fermienergie bezeichnet die Energiedifferenz EF von der unteren Kante des Leitungsbandes bis hin zum Ferminiveau. Dieses wiederum liegt um EΦ unterhalb der potentiellen Energie Φ = 0 für freie Elektronen, wobei EΦ Austrittsarbeit genannt wird. Metall freie Elektronen Φ=0 EΦ Energie Elektronen EF Oberfläche Ort Abb. 1.4 Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 41 Member of Center for Plasma Science and Technology RUB Ruhr-Universität Bochum Damit sind die Elektronen im Festkörper durch eine Potentialbarriere der Höhe EΦ eingeschlossen. Durch eine einfache klassische Überlegung kann EΦ für Metalle bestimmt werden. Dabei geht man davon aus, dass eEΦ die zu verrichtende Arbeit ist, um ein Elektron, das ursprünglich im Abstand x=aeff von einer Oberfläche entfernt ist, bis ins Unendliche zu transportieren (für x< aeff ist das Elektron noch im Festkörper ). Hier ist aeff von der Größe eines Atomradius für ein beliebiges Atom. In Abb. 1.5 ist gezeigt, dass die auf das Elektron wirkende Kraft durch die Methode der Spiegelladungen beschrieben werden kann. e + r e− F • x • −x Spiegelladung freies Elektron (x>>aeff) gebundenes Elektron (x< aeff) Abb. 1.5 Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 42 Member of Center for Plasma Science and Technology RUB Ruhr-Universität Bochum Mit dem Coulombgesetz erhält man: e2 Fx = − 4πε 0 (2 x) 2 (1.3.1) Die verrichtete Arbeit durch Bewegung des Elektrons von aeff nach ∞ wird: ∞ eEΦ = − ∫ Fx dx (1.3.2) aeff und damit EΦ = e 16πε 0 aeff (1.3.3) Mit aeff = a0 gleich dem Bohrradius (0.53 Å = 0.053 nm) erhält man EΦ ≈ 6.8 V, wobei die Austrittsarbeit für die meisten Materialien bei 4 - 6 V liegt (die von Alkali- und Erdalkalimetallen ist niedriger). Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 43 Member of Center for Plasma Science and Technology RUB Ruhr-Universität Bochum Man kann zeigen, dass für ein Vielelektronen-Atom der Atomradius aeff skaliert mit: aeff ≈ a0 13.61 V 1 ∝ Ei Ei (1.3.4) Damit gilt für EΦ: EΦ ∝ Ei (1.3.5) wobei Ei das Ionisationspotential des jeweiligen Atoms ist (z.B. He: 24.6 eV, Ne: 21.6 eV, Ar:15.8 eV, Kr:14 eV, Xe:12.1 eV; H:13.6 eV, Fe:7.9 eV, Si:8.2 eV, W:8eV). In Abb. 1.6 ist der Potentialverlauf eines positiven Ions im Abstand aeff vor einer Festkörperoberfläche gezeigt. Dieses Ion erzeugt für die Elektronen einen tiefen Potentialtopf, der durch eine schmale Potentialbarriere von der Oberfläche getrennt ist. Die Breite der Barriere ist ungefähr gleich aeff. Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 44 Member of Center for Plasma Science and Technology Ruhr-Universität Bochum RUB Eine Elektron mit der Energie eEel innerhalb des Leitungsbandes kann durch die Barriere zum Ion tunneln, um dieses zu neutralisieren. Auger Emission aeff Φ=0 EΦ Eel2 Eel1 Möglichkeit 1 EF Ei Möglichkeit 2 E*=Ei-Eel1 Ion Abb. 1.6 Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 45 Member of Center for Plasma Science and Technology RUB Ruhr-Universität Bochum Für die Neutralisation gibt es zwei Möglichkeiten, wobei die erste darin besteht, dass das Elektron einen angeregten Zustand besetzt: e + U + + S → U* + S (1.3.6) mit der Anregungsenergie eE* ≈ e( Ei − Eel ) = hν (1.3.7) Ist der angeregte Zustand nicht metastabil, zerfällt dieser durch Strahlungsemission (hν) in den Grundzustand (oder einen metastabilen Zustand). Auf diese Weise kann die Neutralisation positiver Ionen an einer Festkörperoberfläche metastabile Atome erzeugen oder auch Rekombinationstrahlung. Die zweite Möglichkeit der Neutralisation beruht darauf, dass das (erste) Elektron in den Grundzustand des Ions fällt und dass ein zweites Elektron aus dem Leitungsband des Festkörpers die dadurch frei werdende Energie absorbiert. Dies nennt man Auger-Neutralisation. Diese ist nicht-strahlend und benötigt zwei Elektronen. Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 46 Member of Center for Plasma Science and Technology RUB Ruhr-Universität Bochum Das (erste) Elektron, das in den Grundzustand fällt, verliert die Energie: ∆eE = e( Ei − Eel1 ) (1.3.8) die das zweite Elektron im Festkörper gewinnt. Ist ∆eE<eEel2, der Austrittsenergie für das zweite Elektron, dann bleibt dieses im Festkörper gefangen. Ist jedoch ∆eE>eEel2, dann wird das Elektron aus dem Festkörper „befreit“. Diesen Vorgang nennt man Auger-Emission oder auch Sekundärelektronen-Emission. Diese findet man in der Plasmatechnik häufig, vor allem, wenn Edelgasionen auf der Oberfläche z.B. der Gefäßwand auftreffen (siehe Plasmatechnik 1). Betrachtet man Abb. 1.6, dann sieht man, dass die Bedingung zum Entfernen des zweiten Elektrons von der Oberfläche am Leichtesten erfüllt wird, wenn beide Elektronen von der Oberkante des Leitungsbandes herrühren, d.h. Eel1 = Eel2 = EΦ Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz (1.3.9) AEPT 47 Member of Center for Plasma Science and Technology Ruhr-Universität Bochum RUB Die Bedingung für Emission lautet dann: ∆E = Ei − EΦ ≥ EΦ Ei ≥ 2 EΦ bzw. (1.3.10) Die maximal mögliche kinetische Energie des emittierten Elektrons ist somit (d.h. die nach Überwindung der Austrittsarbeit restliche Energie): eEmax = e( Ei − 2 EΦ ) (1.3.11) Kommen beide Elektronen vom unteren Ende des Leitungsbandes, dann gilt: Eel1 = Eel2 = EΦ + EF (1.3.12) ∆E = Ei − ( EΦ + EF ) ≥ EΦ + EF (1.3.13) und damit Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 48 Member of Center for Plasma Science and Technology Ruhr-Universität Bochum RUB Auf diese Weise erhält man die minimale kinetische Energie des emittierten Elektrons: eEmin ≥ e( Ei − 2 EΦ − 2 EF ) (1.3.14) bzw. die kin. Energie ist Null, wenn (1.3.14) negativ wird. Damit verdeutlicht (1.3.14), dass Sekundäremission bevorzugt bei Edelgasen auftritt, weil Ei für diese groß ist und für Alkali- und Erdalkalifestkörper, da EΦ klein ist. Da die Zeit, die ein Elektron zum Durchtunneln der Oberflächenbarriere in Abb. 1.6 benötigt, kurz ist im Vergleich zur Ionenstoßzeit mit der Oberfläche, ist der Sekundäremissionsprozess nahezu unabhängig von der Ionenenergie (d.h. bevor das Ion die Energie auf die Oberfläche übertragen kann, ist das Sekundärelektron schon emittiert). Daher hängt die Sekundäremission nur von der Gasart (Ei) und vom Wandmaterial (EΦ) ab. Obwohl die Neutralisation von Ionen und die Emission von Sekundärelektronen nur für Metalle beschrieben wurde (s.o.), findet ein vergleichbarer Prozess auch auf der Oberfläche von Halbleitern und Isolatoren statt. Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 49 Member of Center for Plasma Science and Technology Ruhr-Universität Bochum RUB Die Emission von Sekundärelektronen wird mit dem Koeffizienten γse beschrieben. Dieser gibt die Zahl der emittierten Sekundärelektronen pro einfallendem Ion an. Eine häufig verwendete empirische Formel lautet: γ se ≈ 0.016 ⋅ ( Ei − 2 EΦ ) (1.3.15) (Y. P. Raizer, Gas Discharge Physics, Springer New York (1991)) unter der Voraussetzung, dass Ei>2EΦ. Insbesondere metastabile Neutrale (z.B. Ar* oder He*) produzieren Sekundärelektronen sehr effizient unter der Voraussetzung E*> EΦ. Zusätzlich können Sekundärelektronen auch durch Ionenenergien eEi>1 keV erzeugt werden. Derart hohe Energien treten, wenn überhaupt, nur in kapazitiv gekoppelten Maschinen mit großem Flächenverhältnis auf (siehe Plasmatechnik 1). Gl. (1.3.15) liefert nur eine grobe Abschätzung des Sekundäremissionskoeffizienten. Tatsächlich hängt dieser auch von der Morphologie, von Verunreinigungen und Oberflächenbelegungen ab. Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 50 Member of Center for Plasma Science and Technology RUB Ruhr-Universität Bochum Einige gemessene Werte EΦ und γse für Ionen, die auf eine saubere Oberfläche auftreffen, sind in Tab. 1.1 gegeben. Festkörper Austrittarbeit (eV) Ion Si (100) 4.9 He+ Ar+ Ni (111) 4.5 He+ Ar+ Mo 4.3 W 4.54 He+ Ar+ N2+ He+ Ar+ Tab. 1.1 Electrical Engineering & Plasma Technology H2+ N2+ O2 + Energie (eV) 100 10 100 100 10 100 100 100 100 100 10 100 100 100 100 Peter Awakowicz γse 0.168 0.024 0.027 0.170 0.034 0.036 0.274 0.115 0.032 0.263 0.096 0.095 0.029 0.025 0.015 AEPT 51 Member of Center for Plasma Science and Technology RUB Ruhr-Universität Bochum Unabhängig von Neutralisation und Sekundäremission haben schwere Teilchen (Ionen, Neutrale) ähnliches Verhalten, wenn sie auf Oberflächen treffen. Bei niedrigen (=thermischen) Energien (<1 eV) kann Physi-, Chemi- und Desorption auftreten. Bei höheren Energien (einige 10 eV) werden Moleküle in Bruchstücke zerlegt (=Fragmentation). Sind die Energien im Bereich von einigen 100 eV, werden Festkörperatome an der Oberfläche zerstäubt (=Sputtering) und bei Energien von Tausenden von eV wird die Implantation (=Einbau) wichtig (vgl. Abb. 1.6). <1 eV Physi-, Chemi-, Desorption >10 eV Fragmentation der Moleküle >100 eV Sputtering >1000 eV Implantation Teilchenenergie Abb. 1.7 Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 52 Member of Center for Plasma Science and Technology Ruhr-Universität Bochum RUB Adsorption und Desorption Sowohl die Adsorption (Anlagerung) als auch die Desorption (Entfernen adsorbierter Teilchen) beeinflussen plasmatechnische Prozesse entscheidend, da vielfach einer von beiden der für Oberflächenprozesse begrenzende Schritt ist. Die Adsorption ist eine Reaktion mit der Oberfläche, die zu einer Bindung führt: U + S → U :S (1.3.16) Desorption ist die gegenläufige Reaktion. Die Adsorption beruht auf Anziehungskräften zwischen dem eintreffenden Molekül (Ion) und der Oberfläche. Dabei unterscheidet man zwei verschiedene Arten von Adsorption: die Physisorption und die Chemisorption. Die Physisorption beruht auf der van der Waals Wechselwirkung zwischen dem Molekül und der Oberfläche. Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 53 Member of Center for Plasma Science and Technology RUB Ruhr-Universität Bochum Betrachtet man ein Bohrsches Atom (beliebiges Atom, das nach dem Atommodel von Bohr aufgebaut sein soll) in der Nähe einer Oberfläche, dann kann dies gem. Abb. 1.8 als oszillierender Dipol beschrieben werden. Die zur Oberfläche senkrechte Komponente des (zeitabhängigen) Dipolmoments lautet: (1.3.15) pdx ≈ ea0 cos ωat t t=t2 (Ladung e, Abstand a0, atomare Kreisfrequenz ωat) e- p e+ -x t=t1 Spiegelladung e- p e+ t=t1 x t=t2 x Bohratom Abb. 1.8 Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 54 Member of Center for Plasma Science and Technology Ruhr-Universität Bochum RUB Die Kraft zwischen zwei Dipolen kann mit der Methode der Spiegelladungen gefunden werden, wobei für den Dipol bei +x ein Dipolmoment +pdx(t) angenommen wird und ein gleichgerichter Dipol bei -x mit dem Dipolmoment +pdx(t) zur gleichen Zeit t existiert. Daher ziehen sich beide Dipole an (Nahfeldnäherung) mit der Kraft (s. Übung): 2 6 pdx (t ) 3a02 e 2 Fx = − ≈− 4 4πε 0 (2 x) 4πε 0 ( 2 x) 4 (1.3.16) Das Wechselwirkungspotential nach van der Waals ergibt sich aus der Kraft zu: r r dV F = q E = -e dx a02 e ⇒ V ( x) = − 64πε 0 x 3 (1.3.17) Wird der Abstand zwischen Atom und Oberfläche jedoch sehr klein (d≈0.1 - 0.3 nm), bildet sich zwischen der Elektronenwolke des Atoms und den Festkörperelektronen eine abstoßende (Coulomb) Kraft. Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 55 Member of Center for Plasma Science and Technology Ruhr-Universität Bochum RUB Befindet sich der Übergang zwischen Anziehung und Abstoßung bei etwa 0.1 0.3 nm, kann die Potentialtiefe mit (1.3.17) abgeschätzt werden: (0.53 ⋅10 −10 ) 2 ⋅1.6 ⋅10 −19 V≈ ≈ 0.26 V −12 −10 3 64π ⋅ 8.85 ⋅10 (1 ⋅10 ) Für 0.3 nm Abstand beträgt das Potential etwa 0.01 V. Damit wird deutlich, dass die Energie, die nötig ist, um ein physisorbiertes Teilchen von einer Oberfläche zu entfernen im Bereich von 0.01 - 0.26 eV liegt. Diese Energien sind deutlich geringer als typische Ionenenergien an der Oberfläche. Da 0.01 eV etwa 116,0 K entspricht (1eV=11604,5 K; Raumtemperatur: 293 K), genügt z.T. bereits Raumtemperatur, um physisorbierte Teilchen abzulösen. Diese Energien von 0.01 - 0.25 eV ergeben Enthalpien |∆H| ≈ 1 - 25 kJ/mol. Die Physisorptionsreaktion ist exotherm, d.h. es wird bei der Physisorption von einem Mol einer Teilchensorte (6.022 x 1023 Teilchen) eine Energie von 1 - 25 kJ/mol frei. Im Gegensatz zur Physisorption beruht die Chemisorption auf einer chemischen Bindung zwischen dem jeweiligen Teilchen und der Oberfläche. Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 56 Member of Center for Plasma Science and Technology Ruhr-Universität Bochum RUB Auch die Chemisorptionsreaktion ist exotherm, allerdings sind die Enthalpiewerte deutlich größer, d.h. |∆H| ≈ 40 - 400 kJ/mol. Dies entspricht einer Potentialtiefe von Echem ≈ 0.4 - 4 eV, wobei das Minimum des Potentialtopfes im Abstand von etwa 0.1 - 0.15 nm vor der Oberfläche lokalisiert ist. Ist ein Molekül, bestehend aus zwei Atomen, über eine Doppelbindung (=) gebunden, so kann Chemisorption stattfinden, indem ein Bindungsarm aufbricht und mit der Oberfläche bindet: U = V + S → UV : S (1.3.18) Einfach gebundene Moleküle werden oft dissoziiert, wenn sie an der Oberfläche chemisorbieren: UV + S → U : S + V : S (1.3.19) Dieser Prozess wird dissoziative Chemisorption genannt und benötigt zwei freie Oberflächenbindungsarme (dangling bonds). Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 57 Member of Center for Plasma Science and Technology RUB Ruhr-Universität Bochum Beide Arten der Adsorption existieren oft gleichzeitig bzw. werden von einem Molekül durchlaufen. Betrachtet man das Molekül U-V (einfach gebunden), dann durchläuft dies bei Annäherung an eine Oberfläche in Abb. 1.9 zunächst das Minimum des weiter von der Oberfläche entfernten Physisorption-Potentialtopfes (geringerer Tiefe), um anschließend den näher an der Oberfläche gelegenen Chemisorptions-Potentialtopf (größerer Tiefe) zu erreichen. U+V Physisorption 0.1 - 0.3 nm Chemiesorption x UV Ephys ≈ 0.01 - 0.25 eV Echem ≈ 0.4 - 4 eV U+V 0.1 - 0.15 nm Electrical Engineering & Plasma Technology Abb. 1.9 Peter Awakowicz AEPT 58 Member of Center for Plasma Science and Technology Ruhr-Universität Bochum RUB Potentialverläufe mit positiver Steigung bezeichnen Anziehung, mit negativer Abstoßung. Ist der Wert des Potentials negativ, ist das Molekül an der Oberfläche gebunden, wird der Wert positiv, ist das Molekül (Atom) frei. Bei der dissoziativen Chemisorption ist das Molekül UV bzw. sind die beiden Atome U, V gebunden, d.h. der Gesamtpotentialverlauf (dicke Linie) ist stets negativ (Abb. 1.9). „Anziehung“ „Abstoßung“ U+V Atom frei Eads UV Atom gebunden U+V Abb. 1.10 Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 59 Member of Center for Plasma Science and Technology Ruhr-Universität Bochum RUB Im Falle der Abb. 1.10 ergibt sich im Potentialverlauf eine Barriere der Höhe Eads, die das Molekül an der Chemisorption zunächst hindert. Ein einfallendes Molekül UV wird also physisorbiert, um später evtl. bei nicht zu hoher Barriere in den dissoziativen chemisorbierten Zustand überzugehen. In beiden Fällen (Abb. 1.9 und 1.10) haben die Potentialverläufe von UV und U+V einen Schnittpunkt, d.h. das ursprüngliche Molekül UV chemisorbiert (1.9), um in einen energetisch günstigeren Zustand zu gelangen. Dies gilt auch für Abb. 1.10, wenn die Barriere Eads überwunden wird (z.B. durch Energieeintrag von außen). Diese beiden Fälle entsprechen im Prinzip der Gl. (1.3.19). Die Reaktion in Gl. (1.3.18) wird durch Abb. 1.11 wiedergegeben. U+V UV Abb. 1.11 UV Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 60 Member of Center for Plasma Science and Technology Ruhr-Universität Bochum RUB Dabei handelt es sich um eine molekulare Chemisorption (Verlauf UV). Der energetisch ungünstigere Zustand der diss. Chemisorption (Verlauf U+V) wird hier nicht eingenommen. Teilchen, die auf eine Oberfläche treffen, können nur adsorbiert werden, wenn diese beim Stoß Energie verlieren, d.h. an die Wand abgeben. Dabei muß die Normalkomponente des Energieverlustes „geeignet“ sein, um das Teilchen im Adsorptionstopf festzuhalten. D.h. die Energie muß größer sein als etwaige Potentialbarrieren und darf nicht zu groß sein, damit nicht andere Prozesse (als Adsorption) stattfinden (z.B. Sputtering). Befindet sich im Plasma eine Teilchensorte U, dann hat diese die Flussdichte auf die Oberfläche jU, für die gilt (s. Übung): 1 jU = nU vU 4 mit der mittleren Geschwindigkeit Electrical Engineering & Plasma Technology (1.3.20) vU und der Teichendichte nU. Peter Awakowicz AEPT 61 Member of Center for Plasma Science and Technology RUB Ruhr-Universität Bochum Für die Flussdichte (oft nur als „Fluss“ bezeichnet) der Teilchen, die adsorbiert werden, gilt: 1 jads = sjU = svU nU 4 (1.3.21) mit dem sog. Sticking Koeffizienten s. Dieser ist im allgemeinen Fall eine Funktion der Oberflächenbedeckung Θ sowie der Gas- und Oberflächentemperatur. Die Oberflächenbedeckung Θ bezeichnet den Anteil der mit Adsorbat bedeckten Oberfläche. D.h. Θ =1 bedeutet, dass die gesamte Oberfläche bedeckt ist, Θ =0, dass die Oberfläche frei von Adsorbat ist. Eine allgemein verwendete Näherung (gem. der Langmuir Kinetik) des StickingKoeffizienten für nicht-dissoziative Adsorption lautet: s (Θ, T ) = s0 (T )(1 − Θ ) (1.3.22) wobei s0 das Sticking bei Θ =0 bedeutet und 1- Θ beschreibt den Anteil der Oberfläche, der nicht mit Adsorbat bedeckt ist. Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 62 Member of Center for Plasma Science and Technology Ruhr-Universität Bochum RUB Diese Beschreibung der Kinetik (Langmuir Kinetik) unterschätzt das Sticking für mittlere Bedeckungsgrade, weil Moleküle bzw. Teilchen, die auf einen bereits (mit Adsorbat) besetzten Platz treffen, zunächst durch Physisorption festgehalten werden, um anschließend zu freien Oberflächenbindungen zu diffundieren (Oberflächendiffusion) und dort chemisorbiert zu werden. Allgemein gilt, dass Chemisorption aufhört, wenn auf einer Oberfläche alle aktiven (d.h. freien) Oberflächenbindungen besetzt sind, es sein denn, es werden im Laufe des Depositionsprozesses neue Dangling Bonds freigeätzt (siehe z.B. die Rolle von Wasserstoff im Diamantbeschichtungsprozess). Dieses korrespondiert in etwa mit einer Monolage der Beschichtung. Nachfolgende Adsorption findet dann nur noch auf der Basis der Physisorption statt, die wesentlich schwächere Bindungen aufweist (s.o.). Auf diese Weise können viele Monolagen physisorbieren, d.h. es kann eine kontinuierliche Adsorption bzw. Kondensation von Adsorbaten stattfinden. Für nicht aktive Oberflächen (z.B. Reaktorwände, Flansche, Fenster, ...) gilt in der Regel, dass Physisorption und Desorption im Gleichgewicht stehen, d.h. der Teilchen-Nettofluss zu diesen Oberflächen ist Null. Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 63 Member of Center for Plasma Science and Technology RUB Ruhr-Universität Bochum Die Temperaturvariation von s0 (Sticking bei Bedeckungsgrad Null) hängt davon ab, ob die Chemisorption eine Energiebariere besitzt (Abb. 1.10) oder nicht (Abb. 1.9). U+V U+V Eads UV Echem U+V Ephys UV U+V Abb. 1.10* Abb. 1.9* Ist keine Barriere vorhanden (Abb. 1.9), dann ist s0 ≈ 1 für niedrige Temperaturen. Dagegen nimmt s0 ab, wenn T zunimmt, da der Anteil an Teilchen bzw. Molekülen, die eine geeignete Energiemenge (die nicht zu groß ist) zur Chemisorption verlieren, abnimmt. Ist hingegen eine Barriere der Höhe Eads vorhanden (Abb. 1.10), dann ist das Sticking gering, so lange bis kT ≈ Eads. Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 64 Member of Center for Plasma Science and Technology Ruhr-Universität Bochum RUB Aus diesem Grunde hat s0 eine Arrheniusform: s0 = s00 (T ) exp(− Eads / kT ) (1.3.23) wobei s00 mit steigendem T abnimmt, wie dies für den Fall ohne Barriere zutrifft. Gl. (1.3.23) zeigt, dass der exp-Term mit steigendem T gegen 1 läuft und mit fallendem T gegen Null. Gemessene Sticking-Koeffizienten variieren bei 300K (=26 meV) von 10-6 - 1 und hängen stark von Kristallorientierung und Oberflächenrauhigkeit ab, wobei s0 mit zunehmender Rauhigkeit ebenfalls zunimmt. Bei vielen Oberflächen befinden sich die aktiven Bindungsplätze, die Sticking hervorrufen, an Oberflächenfehlern wie Stufen, freien Plätzen, Dislokationen etc.. Chemisch reaktive Gase, insbesondere Radikale (wie der Name schon sagt!), weisen Sticking im Bereich von s0 = 0.1 - 1 mit Metallen wie Fe, Ni , ... auf. Oftmals sind Sticking Koeffizienten für andere Oberflächen geringer. Z.B. s0 ≈ 1 für H auf Si, aber s0 ≈ 0.01 für H2 auf Si. Oder s0 ≈ 10-4 - 10-3 für O2 auf Si. Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 65 Member of Center for Plasma Science and Technology RUB Ruhr-Universität Bochum Desorption ist der zur Adsorption gegenläufige Prozess: U :S → U + S (1.3.24) Wie bereits erwähnt, bilanzieren sich beide Prozesse im thermischen Gleichgewicht. Man kann zeigen, dass die Desorptionsratenkonstante (erster Ordnung) auch eine Arrheniusform besitzt: K des = K 0 exp(−eEdes / kT ) (1.3.25) wobei Edes die Tiefe des Potentialwalles (Echem oder Ephys) bezeichnet. Eine theoretische Abschätzung liefert: K 0 ≈ 6 ⋅1012 s (T ) Electrical Engineering & Plasma Technology g esc g ads [s -1 ] Peter Awakowicz (1.3.26) AEPT 66 Member of Center for Plasma Science and Technology Ruhr-Universität Bochum RUB mit den statistischen Gewichten für „entrinnende“ (ecaped) und „gefangene“ (adsorbed) Moleküle. Das thermische Sticking s (T ) hat gemäß Gl. (1.3.23) ebenfalls Arrheniusform. Im Falle der Physisorption ist K0≈1014 - 1016 s-1, für Chemisorption ist K0 ≈1013 1015 s-1. Fragmentation Treffen ionisierte oder neutrale Moleküle genügend hoher Energie auf eine Oberfläche, könnne diese in Atome zerbrechen, die dann von der Oberfläche adsorbiert oder reflektiert werden. Die Schwellenenergie der Fragmentation liegt im Bereich der Bindungsenergie der Moleküle. Bei Stoßenergien, die vier- bis fünfmal der Bindungsenergie entsprechen, wird mehr als die Hälfte der Moleküle fragmentiert. Da Molekülbindungen zwischen 1 - 10 eV liegen (Tab. 1.2) und Ionenbeschußenergien auf Oberflächen oftmals deutlich höher sind als die zugehörigen Bindungsenergien (insbesondere auf der kleineren Elektrode von kapazitiv getriebenen HF-Entladungen), fragmentieren Molekülionen sehr oft, sobald sie auf eine Oberfläche auftreffen. Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 67 Member of Center for Plasma Science and Technology RUB Ruhr-Universität Bochum Gleiches gilt auch für Neutralteilchen, die durch Umladungsstöße in Wandnähe entstanden sind, da deren Energie ebenfalls typische Bindungsenergien (Tab. 1.2) übertreffen kann. C-N 450 hc λ Wellenlänge [nm] 400 350 6.63 ⋅10-34 3 ⋅108 λ= m 1.602 ⋅10-19 1eV ≅ 1241 nm C-H Si-O O-H O-O 300 250 = 1eV = 1.602 ⋅10 −19 J C=C 200 C=O VUV-Bereich 150 C≡N (vgl. Abb. 1.13) 100 2 Abb. 1.12 3 4 5 6 7 8 9 Energie/eV 9.41 8.31 6.14 5.90 5.14 5.04 4.78 4.61 4.46 4.27 4.02 3.69 3.36 3.34 3.05 2.78 10 Bindungsenergie [eV] Electrical Engineering & Plasma Technology Bindung C≡N C=O C=C H-F O-O C-F O-H Si-O H-Cl C-H N-H C-C C-Cl C-O Si-O C-N Tab. 1.2 Peter Awakowicz AEPT 68 Member of Center for Plasma Science and Technology RUB Ruhr-Universität Bochum VUV-Strahlung des Doppel-ICP bei 1500W und 10 Pa P=1500W, p=10Pa 2,00E+016 N2 Photonen /(s cm³ nm) 1,75E+016 N2 N N 1,50E+016 N2 1,25E+016 ArH2 1,00E+016 ArN2 7,50E+015 5,00E+015 H2 H 2,50E+015 0 120 130 140 150 160 170 180 190 200 Wellenlänge / nm Abb. 1.13 Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 69 Member of Center for Plasma Science and Technology Ruhr-Universität Bochum RUB In Abb. 1.12 sind die zugehörigen Wellenlängen des im Plasma emittierten Lichts eingetragen, die den jeweiligen Bindungsenergien entsprechen. Daraus geht hervor, dass die zu den beiden größten Bindungsenergien zugehörigen Wellenlängen im Vakuum-UV (VUV, λ ≤ 200 nm) liegen. Da technische Plasmen Wellenlängen im Bereich bis unter 200 nm abstrahlen können (in Abhängigkeit vom verwendeten Gasgemisch, vgl. Abb. 1.13), wird deutlich, dass auch die Lichtemission des Plasmas im UV- und VUVSpektralbereich freie Oberflächenbindungen erzeugen kann. Sputtering (Zerstäubung) Ab Teilchenenergien oberhalb von etwa 30 eV „schlagen“ schwere Teilchen Atome aus dem Festkörperverbund einer Oberfläche heraus. Im Allgemeinen sind die schweren Teilchen mit genügend Energie Ionen. Der Gewinn bzw. die Ausbeute (Sputter-Yield) ist definiert zu: γ sput = herausgeschlagene Atome =Y auftreffende Ionen Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz (1.3.27) AEPT 70 Member of Center for Plasma Science and Technology Ruhr-Universität Bochum RUB Hier hat man folgende bildliche Vorstellung (lineare Kaskadentheorie Abb. 1.13): einfallendes Ion Oberfläche Abb. 1.13 + gesputtertes (zerstäubtes) Atom • • • • • • „Stoßkaskade“ im Festkörper Innerhalb dieser Stoßkaskade werden durch den Energieübertrag des stoßenden Teilchens Sekundärteilchen der Energie Esek in einem Raumwinkel dΩsek erzeugt. Die bildliche Vorstellung dazu ist in Abb. 1.14 gezeigt. Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 71 Member of Center for Plasma Science and Technology einfallendes Ion Ruhr-Universität Bochum + Oberfläche gesputtertes (zerstäubtes) Atom • • • Abb. 1.14 RUB • • • „Stoßkaskade“ im Festkörper dΩsek Esek Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 72 Member of Center for Plasma Science and Technology RUB Ruhr-Universität Bochum Damit kann die Zahl der im Festkörper gestoßenen Atome (Recoils), deren Energie Esek ≥ E0 ist, beschrieben werden mit: N ( E , E0 ) ≈ Γ E E0 (1.3.28) dabei ist Γ eine Funktion des Wechelswirkungspotentials zwischen einfallendem Ion und Targetatom (f. den ersten Stoß) bzw. allgemein zwischen Projektil und Target für alle nachfolgenden Stöße innerhalb der Kaskade. E ist die Energie des einfallenden Ions f. d. ersten Stoß bzw. die Energie des stoßenden Festkörperatoms (Projektils) für alle weiteren Stöße. Gl. (1.3.28) gilt nur, falls die Energie E des einfallenden Teilchens oder Recoils multipliziert mit dem „kinematischen Faktor“ (d.h. dem maximal möglichen Anteil an Energieübertrag (s. Übung)) größer ist als E0: γ kin E >> E0 mit γ kin = 4m1m2 (m1 + m2 ) 2 (1.3.28a) Die Zahl der Stöße mit Energien zwischen E0 und E0+dE0 ist dann: dN ( E , E0 ) E ≈ Γ 2 = F ( E , E0 ) dE 0 E0 Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz (1.3.29) AEPT 73 Member of Center for Plasma Science and Technology Ruhr-Universität Bochum RUB Die Anzahl der Teilchen, die pro Fläche in einer Zeit dt0 gestoßen werden, ergibt sich aus der Flussdichte der Projektile (= Flussdichte der einfallenden Ionen für den ersten Stoß Φ) multipliziert mit der Zahl der Recoils N und der Zeiteinheit: G ( E , E0 )dE0 = Φ ⋅ N ( E , E0 )dt0 (1.3.30) Damit ist G(E,E0) die Zahl der gestoßenen Teilchen mit Energien die größer sind als E0, da jedes dieser Teilchen durch Energieabgabe im Festkörper das Intervall zwischen E0 und E0+dE0 durchläuft. Ersetzt man nun formal dt0 durch: dt 0 = dE0 dE0 dt = t =t0 dE0 dE0 = dE dx dE0 v0 0 dt dx t =t dx (1.3.31) 0 wobei dt0 die (mittlere) Zeit ist, in der ein Recoil abkühlt von E0+dE0 auf E0, und v0 ist die zugehörige Geschwindigkeit zu E0. Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 74 Member of Center for Plasma Science and Technology Ruhr-Universität Bochum RUB So erhält man aus (1.3.30) mit (1.3.28) und (1.3.31): G ( E , E0 )dE0 = ΦΓ einfallendes Ion Oberfläche Abb. 1.15 + E dE0 ⋅ dE E0 v0 0 dx (1.3.32) Flächennormale v1y • • • v0y • Electrical Engineering & Plasma Technology Θ0 • dΩ1 •v 0 dΩ0 v1 E1 v1x v0x Beitrag zum Fluss j in Richtung der Oberfläche Peter Awakowicz AEPT 75 Member of Center for Plasma Science and Technology Ruhr-Universität Bochum RUB Berechnet man nun die Flussdichte J an Teilchen, die in Richtung zur Oberfläche gestoßen werden, dann ist diese gemäß Abb. 1.15 durch Projektion der einzelnen Geschwindigkeitsvektoren aus dem Raumwinkel dΩ0 auf die Oberlächennormale gegeben: J ( E , E0 )dE0 dΩ0 = G ( E , E0 )dE0 dΩ0 v0 cos Θ0 = = ΦΓ E dE 0 v0 cos Θ0 dΩ0 d E E0 v0 0 dx (1.3.33) Dem Ausstritt der Teilchen durch den letzten Stoß aus der Oberfläche heraus steht eine Barriere mit der Höhe ESB (surface binding) für die senkrechte Geschwindigkeitskomponente (also parallel zum Normalvektor) entgegen. die Energiekomponente wird damit: m (v0 cos Θ0 )2 2 Electrical Engineering & Plasma Technology = E0 cos 2 Θ0 Peter Awakowicz AEPT 76 Member of Center for Plasma Science and Technology Ruhr-Universität Bochum RUB wobei die tangentiale Komponente der Energie stetig übergeht. Damit gilt für die Energien senkrecht und parallel zur Oberfläche: senkrecht: E0 cos 2 Θ0 − ESB = E1 cos 2 Θ1 (1.3.34) parallel: E0 sin 2 Θ0 = E1 sin 2 Θ1 (1.3.35) Aufgrund der (Energie)Flusserhaltung an der Oberfläche gilt: E0 cos Θ0 dΩ0 = E1 cos Θ1dΩ1 (1.3.36) umgeformt wird damit: cos Θ0 dΩ0 = Electrical Engineering & Plasma Technology E1 cos Θ1dΩ1 E0 Peter Awakowicz AEPT 77 Member of Center for Plasma Science and Technology Ruhr-Universität Bochum RUB eingesetzt in (1.3.33) erhält man die Flussausbeute als Verhältnis von zersteubter Flussdichte J zu eingestrahlter Flussdichte Φ: Y= J E dE1 E1 =Γ cos Θ1dΩ1 d E Φ E0 0 E0 dx (1.3.37) Addiert man die linken und rechten Seiten von (1.3.34) und (1.3.35) so erhält man: E0 − ESB = E1 ⇒ E0 = E1 + ESB und setzt dies in (1.3.37) ein: dY E E1 cos Θ1 =Γ 2 dE0 ( E1 + ESB ) dE1dΩ1 dx (1.3.38) wobei |dE0/dx| an der Stelle E0=E1+ESB bestimmt wird. Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 78 Member of Center for Plasma Science and Technology Ruhr-Universität Bochum RUB Gl. (1.3.38) gibt die Zahl der zersteubten Teilchen an, die in den Raumwinkel dΩ1 gestreut werden mit der Energie E1, bezogen auf den eingestrahlten Teilchenfluss Φ. Diese Verteilung wird Thompson-Verteilung genannt. Diese hat ein Maximum für ebene Oberflächen bei: E1 = E1max = ESB 2(1 − m) (1.3.39) mit m ≈ 0.2 - 0.3 für E1 ≈ 1 keV bzw. m =0 für E1 = ESB. Weiterhin zeigt (1.3.38), dass die Position des Maximums im Energiespektrum der gesputterten Atome nur vom Target abhängt und nicht von der Ionenart und Ionenenergie. Damit vermittelt diese Verteilung die grundsätzliche Vorgehensweise. Allerdings sollte zur Bestimmung der Zersteubungsausbeute als Funktion von Winkel und Energie ein Monte-Carlo Code verwendet werden (TRIM-Code). Ganz grob skaliert die Zersteubungsausbeute (sputter yield) mit: Y = γ sput ∝ Electrical Engineering & Plasma Technology mion 1 ESB mion + mtarget Peter Awakowicz (1.3.40) AEPT 79 Member of Center for Plasma Science and Technology Ruhr-Universität Bochum RUB wobei ESB in etwa mit der Verdampfungsenthalpie gleichgesetzt werden kann. In Tabelle 1.3 sind einige gemessene Zersteubungsausbeuten für verschiedene Targets, beschossen mit Argonionen bei 600 V, zusammengestellt: Target γsput Al Si Fe Co Ni Cu Ge W Au Al2O3 SiO2 GaAs SiC SnO2 0.83 0.54 0.97 0.99 1.34 2.00 0.82 0.32 1.18 0.18 1.34 0.90 1.80 0.96 Tab. 1.3 Zersteubungsausbeute Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 80 Member of Center for Plasma Science and Technology Ruhr-Universität Bochum RUB Als Näherungsformel wir die Bohdansky-Formel verwendet, die die Zersteubungsausbeute als Funktion der Energie Eion der mit dem Winkel α auftreffenden Ionen beschreibt (α=0°: senkrechter Einfall): α ⎛ ⎛ E ⎞ 2 3 ⎞⎛ Eth ⎞ th ⎜ ⎟ ⎟ ⎜1 − ⎟ Y ( Eion ,α = 0°) = Qsn (ε ) 1 − ⎜⎜ ⎜ ⎝ Eion ⎟⎠ ⎟⎜⎝ Eion ⎟⎠ ⎠ ⎝ (1.3.41) mit dem Wirkungsquerschnitt (f. Stopping): sn (ε ) = 3.441 ε ln(ε + 2.718) 1 + 6.355 ε + ε (6.882 ε − 1.708) (1.3.42) und dem empirischen Parameter Q, gewonnen aus experimentellen SputterDaten. Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 81 Member of Center for Plasma Science and Technology RUB Ruhr-Universität Bochum wobei für die normierte Energie ε gilt: E ε = ion ETF mit ETF: ETF Z1Z 2 e 2 m1 + m2 = aL m2 (1.3.43) Eion ist die Energie des einfallenden Ions, Z1,2 die Kernladungszahlen von Projektil- und Targetatom sowie m1,2 die Massen der beiden. Die Größe aL in (1.3.43) bezeichnet einen effektiven Bohrradius mit: 0 ⎛ 9π 2 ⎞ 0.4685 23 2 3 − 0.5 ⎟⎟abohr ( Z1 + Z 2 ) = aL = ⎜⎜ [A] 23 23 Z1 + Z 2 ⎝ 128 ⎠ (1.3.44) wobei abohr den Bohrradius des Wasserstoffatoms beschreibt. Die Schwellenenergie Eth wird unterschieden nach dem Masseverhältnis von Projektil- und Targetatom. Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 82 Member of Center for Plasma Science and Technology RUB Ruhr-Universität Bochum Für die Projektilmasse m1 < 0.2m2 gilt f. Eth (Schwellenenergie): Eth = ESB γ kin (1 − γ kin ) (1.3.45) mit dem „kinematischen Faktor“ γkin gemäß (1.3.28a) und der Oberflächenbindungsenergie ESB gemäß (1.3.34). γ kin = 4m1m2 (m1 + m2 )2 Für größere Projektilmassen m1 > 0.2m2 gilt: ⎛m ⎞ Eth = 8 ESB ⎜⎜ 1 ⎟⎟ ⎝ m2 ⎠ Electrical Engineering & Plasma Technology 0 .4 Peter Awakowicz (1.3.46) AEPT 83 Member of Center for Plasma Science and Technology Ruhr-Universität Bochum RUB Abb. 1.16a, b: Sputter-Yields (Ar+ auf div. Targets: Niedrig- u. Hochenergiebereich; als Funktion der Ordnungszahl; als Funktion des Einfallwinkels) Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 84 Member of Center for Plasma Science and Technology Ruhr-Universität Bochum RUB 1.4 Oberflächenkinetik Ein (Oberflächen)reaktionsmechanismus ist im Allgemeinen als eine Abfolge verschiedener Elementarprozesse zu verstehen. In Abb. 1.15 ist ein allgemeines Beispiel gezeigt, das exemplarisch für das Ätzen einer Kohlenstoffschicht mit Sauerstoff verwendet werden kann. In diesem Fall ätzen die O-Radikale den C-Film, wobei das flüchtige Ätzprodukt CO entsteht (oberflächennahe Dichte nUS). nU KU • nUS KV • KM KL KW P • KX KY Abb. 1.17 • Zunächst diffundieren oder fliegen (je nach Druckbereich) die O-Radikale mit einer Ratenkonstanten KU zur Oberfläche. An der Oberfläche adsorbieren diese mit einer Ratenkonstanten KV und reagieren dort zum Produkt (CO) mit KW. Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 85 Member of Center for Plasma Science and Technology Ruhr-Universität Bochum RUB Das Ätzprodukt (CO) desorbiert mit KX und fliegt bzw. diffundiert ins Volumen mit K Y. Weiterhin können Radikale desorbieren ohne zuvor zu reagieren mit der Ratenkonstanten KL. Zusätzlich ist es natürlich auch möglich, dass Ätzprodukte von der Gasphase zurückgelangen und an der Oberfläche adsorbieren (KM). Im folgenden sollen nun die einzelnen Ratenkonstanten abgeleitet bzw. abgeschätzt werden. Ratenkonstante für Diffusion Aus PT1 ist die Diffusion bekannt. Diese wird für Neutralteilchen nur durch einen Konzentrationsgradienten getrieben. Der zugehörige Diffusionskoeffizient für Teilchen U die mit Teilchen V stoßen, gilt: DUV = kT M Rν UV (1.4.1) mit T der Temperatur, MR der reduzierten Masse und νUV der Stoßfrequenz der Teilchen U mit den V-Teilchen. Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 86 Member of Center for Plasma Science and Technology Ruhr-Universität Bochum RUB Wie aus der Übung PT1 bekannt, gilt für die reduzierte Masse: MR = mU mV mU + mV (1.4.2) Die Stoßfrequenz erhält man aus der mittleren thermischen RelativGeschwindigkeit (zwischen U und V), dividiert durch die mittlere freie Weglänge: ν UV = ν UV λUV (1.4.3) Die mittlere freie Weglänge beträgt (PT 1): λUV = 1 nVσ UV (1.4.4) wobei nV die Dichte der Teilchen V und σUV den Wirkungsquerschnitt für den Stoß zwischen U und V bezeichnet. Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 87 Member of Center for Plasma Science and Technology RUB Ruhr-Universität Bochum Damit ergibt sich für die Stoßfrequenz: ν UV = nVσ UV vUV (1.4.5) Erweitert man nun (1.4.1) mit 8/π und setzt (1.4.5) ein, erhält man: DUV = 8kT π λUV π M R 8 vUV (1.4.6) Die mittlere thermische Geschwindigkeit war (PT 1): vUV = Electrical Engineering & Plasma Technology 8kT πM R Peter Awakowicz (1.4.7) AEPT 88 Member of Center for Plasma Science and Technology Ruhr-Universität Bochum RUB Dann erhält man mit (1.4.6): DUV = 2 π vUV 8 vUV λUV = π 8 vUV λUV (1.4.8) Die mittlere freie Weglänge wird bestimmt mit (1.4.4) unter Verwendung von „Harte-Kugel-Querschnitten“, wobei die Teilchen U und V die Radien rU und rV haben mögen: σ UV ≈ π (rU + rV ) 2 (1.4.9) Wirkungsquerschnitte für Neutrale sind typischerweise im Bereich von 2 - 7· 10-15 cm-2. Für die Diffusion von Teilchen U in Teilchen U (Selbstdiffusion) gilt MR=0.5 mU. In Tab. 1.4 sind einige gaskinetische Wirkungsquerschnitte in 10-15 cm2 angegeben. Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 89 Member of Center for Plasma Science and Technology He Ar H2 RUB Ruhr-Universität Bochum He Ar H2 N2 O2 CO CO2 1.6 2.9 2.2 3.1 2.9 3.0 3.6 5.0 3.7 5.4 5.2 5.3 5.7 2.7 3.8 3.7 3.9 4.5 5.2 4.1 5.1 6.8 4.9 4.8 5.9 5.0 6.3 N2 O2 CO 7.8 CO2 Tab. 1.4 Gaskinetische Wirkungsquerschnitte in 10-15 cm2 Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 90 Member of Center for Plasma Science and Technology Ruhr-Universität Bochum RUB Ist die mittlere freie Weglänge kleiner als die charakteristische Dimension des Plasmareaktors, dann diffundieren die Teilchen bekanntermaßen aus dem Plasmabulk zur Wand. D.h. mit λUV < lchar ≈ Reaktorvolumen Reaktoroberfläche kann ein Teilchenfluss jU,surf der Teilchensorte U auf die Oberfläche abgeschätzt werden, wenn nU,bulk die Dichte im Bulk und nU,surf (kürzer: nUS) die Dichte an der Oberfläche bezeichnet (Diffusionsgesetz): jU,surf ≈ DUV nU,bulk − nU,surf 0.5lchar (1.4.10) Multipliziert man (1.4.10) mit dem Verhältnis aus Reaktoroberfläche zu Reaktorvolumen (=1/lchar), erhält man eine mittlere Verlustrate der Teilchen U durch Diffusion aus dem Volumen zur Wandoberfläche: dnU ≈ − K diff (nU,bulk − nU,surf ) dt Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz (1.4.11) AEPT 91 Member of Center for Plasma Science and Technology RUB Ruhr-Universität Bochum Für die Ratenkonstante (1. Ordnung) des Diffusionsverlustes ergibt sich damit: K diff ≈ 2 DUV 2 lchar [s -1 ] (1.4.12) Um die Ratenkonstante für Diffusionsverluste präziser zu bestimmen, muss die Geometrie der Entladung bekannt sein. Weiterhin muss die Produktionsrate berechnet werden, die die Diffusion bilanziert. Hat man z.B. eine Scheibengeometrie, d.h. Boden und Deckel im Abstand l, Durchmesser der Scheibe sehr groß (Übung PT 1), dann ergibt sich: K diff,Scheibe = 8 DUV πλUV vUV = [s -1 ] 2 2 l l (1.4.13) die Ratenkonstante 1. Ordnung für diffusiven Verlust der Teilchen zu der Reaktorwand einer Kammer mit „Scheibengeometrie“ (entspricht in Abb. 1.17 KU). Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 92 Member of Center for Plasma Science and Technology Ruhr-Universität Bochum RUB Ratenkonstante für Adsorption und Desorption Nachdem die Moleküle gemäß (1.4.11) an die Wand diffundiert sind, werden sie dort adsorbiert bzw. desorbiert. Im Falle nicht-dissoziativer Adsorption gilt: KV ⎯ ⎯→ U + S ←⎯⎯ U :S K L mit der Ratenkonstanten für Diffusion KV (gemäß Abb. 1.17) und der für Desorption KL. Ist nun die Flächendichte der möglichen Adsorptionsbindungen (damit also Chemiesorption) n0´, dann ist die der besetzten, d.h. mit Adsorbat (A) bedeckten Oberfläche nA:S´= θ n0´. Gemäß der Langmuirkinetik ist der Teilchenfluss von U proportional 1- θ, d.h. zur nicht bedeckten Oberfläche. Damit gilt: jads = K V nUS n0′ (1 − θ ) (1.4.14) wobei nUS (≡ nU,surf in (1.4.10)) die Gasphasendichte an der Oberfläche ist. Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 93 Member of Center for Plasma Science and Technology Ruhr-Universität Bochum RUB Der Fluss der desorbierenden Moleküle ist proportional zur Oberflächenbedeckung: jdes = K L n0′θ (1.4.15) Setzt man im stationären Zustand Adsorption (Chemisorption) und Desorption ins Gleichgewicht, erhält man: K V nUS n0′ (1 − θ ) = K L n0′θ (1.4.16) K V nUS n0′ K V K L ⋅ nUS ⇒θ = = K L n0′ + K V nUS n0′ 1 + K V K L ⋅ nUS (1.4.17) Damit ist der Bedeckungsgrad für ein kleines Verhältnis von KV/KL bei Null (d.h. kleine Adsorptionsrate, große Desorptionsrate) und für ein großes Verhältnis von KV/KL bei eins. Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 94 Member of Center for Plasma Science and Technology Ruhr-Universität Bochum RUB Ist die Adsorption dissoziativ, werden zwei Oberflächenbindungen (d.h. Chemiesorption) benötigt (z.B. Molekül U2, vgl (1.3.19)): KV ⎯⎯⎯ ⎯→ U 2 (g) + 2S ← 2U : S K L und damit ergibt sich für den molekularen Fluss, der adsorbiert (chemisorbiert) wird (vgl. (1.4.14)): jads = K V nU S n0′ (1 − θ ) ⋅ n0′ (1 − θ ) (1.4.18) 2 mit der Gasphasendichte der Moleküle nU2S an der Oberfläche. Für den Desorptionsfluss gilt: jdes = K L n0′2θ 2 (1.4.19) da ja wiederum 2 Atome pro desorbiertes Molekül von den Oberflächenbindungen entfernt werden. Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 95 Member of Center for Plasma Science and Technology RUB Ruhr-Universität Bochum Setzt man hier wieder Adsoption und Desorption ins Gleichgewicht: ( K θ= 1 + (K V K L ⋅ nU S ) 12 K L ⋅ nU S ) 2 12 V (1.4.20) 2 Man sieht, dass im Falle der dissoziativen Adsorption (Chemisorption) für eine geringe Oberflächenbedeckung (d.h. θ klein) gilt: θ ∝ nU S 2 Reaktion mit der Oberfläche Nachdem nun die Flüsse für Chemisorption und Adsorption beschrieben wurden, soll jetzt noch die Reaktion der chemisorbierten Teilchen mit der Oberfläche (Ratenkonstante KW in Abb. 1.17) berücksichtigt werden. D.h. man muss folgende konsekutiven Reaktionen berücksichtigen: V W ⎯⎯⎯ ⎯→ U : S ⎯⎯→ US(g) U(g) + S ← K K KL Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 96 Member of Center for Plasma Science and Technology Ruhr-Universität Bochum RUB Die Oberflächenbedeckung ergit sich aus der zugehörigen Ratengleichung, die die Bilanz im Punkt P in Abb. 1.17 beschreibt (siehe (1.4.14) u. (1.4.15)): dn′U:S = K V nUS n0′ (1 − θ ) − K L n0′θ − K W n0′θ = 0 dt (1.4.21) mit der Oberflächendichte nUS der Teilchen U. Daraus erhält man für die Oberflächenbedeckung: θ= K V nUS 1 = K V nUS + K L + K W 1 + ( K L + K W ) K V nUS (1.4.22) In unserem Beispiel beschreibt (1.4.22) die Reaktion der Kohlenstoffoberfläche mit einem chemisorbierten Sauerstoffatom, das durch Diffusion an die Oberfläche gelangt ist. Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 97 Member of Center for Plasma Science and Technology Ruhr-Universität Bochum RUB Die Reaktionsrate für die Produktion des Moleküls CO ist damit: RUS = RCO = K W n0′θ [cm -2s -1 ] (1.4.23) da n0´θ die Zahl der chemisorbierten Atome U (z.B. Sauerstoff O) pro Fläche bezeichnet und KW die Rate für die Reaktion O+C -> CO (in s-1). Analog zu (1.4.10) und (1.4.11) ergibt sich für den Nettofluss von Teilchen U aus der Gasphase auf die Oberfläche S: jU = lchar K diff (nU,bulk − nUS ) [cm -2s -1 ] (1.4.24) Im Prinzip kann man nun den Nettofluss jU aus (1.4.24) und die Reaktionsrate RUS aus (1.4.23) gleichsetzen: RUS = jU ⇒ K W n0′θ = lchar K diff ( nU,bulk − nUS ) (1.4.25) wobei zwei Extremfälle besonders wichtig sind: Niederdruck und Hochdruck Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 98 Member of Center for Plasma Science and Technology Ruhr-Universität Bochum RUB K V nUS << K L + K W Näherung für geringen Druck: d.h. die Adsorptionsrate ist sehr viel kleiner als Desorptionsrate und die chemische Reaktionsrate (der auftreffenden Atome mit der Oberfläche). In diesem Fall ergibt sich für die Oberflächenbedeckung mit (1.4.22): θ≈ K V nUS << 1 KL + KW (1.4.26) für diesen Fall wird aus der Bilanz von Diffusion und Reaktionsrate (1.4.25): KV KW n0′ nUS = lchar K diff ( nU,bulk − nUS ) KL + KW (1.4.27) Berechnet man daraus die Teilchendichte in Oberflächennähe: nUS = lchar K diff nU,bulk K K lchar K diff + V W n0′ KL + KW Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz (1.4.28) AEPT 99 Member of Center for Plasma Science and Technology Ruhr-Universität Bochum RUB Setzt man schließlich (1.4.28) in (1.4.26) ein, erhält man die Reaktionsrate mit der Moleküle aus dem Plasmavolumen an die Oberfläche diffundieren (Kdiff), dort chemisorbieren (KV), teilweise desorbieren (z.B. thermisch, KL) und teilweise mit dem Oberflächenmaterial reagieren (KW). Zunächst wird (1.4.28) vereinfacht: nUS = 1 nU,bulk ′ K K n 1 1+ V W 0 ⋅ K L + K W lchar K diff (1.4.28a) und in (1.4.26) eingesetzt ergibt: θ= KV 1 nU,bulk ⋅ ′ K K n 1 KL + KW 1+ V W 0 ⋅ K L + K W lchar K diff Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz (1.4.29) AEPT 100 Member of Center for Plasma Science and Technology somit erhält man: θ= RUB Ruhr-Universität Bochum KV n K V K W n0′ U,bulk KL + KW + lchar K diff (1.4.30) die Oberflächenbedeckung in Abhängigkeit von Diffusion, Chemisorption, Desorption und einer Reaktion mit dem Oberflächenmaterial. Fasst man nun alle Prozesse in einer einzigen Ratenkonstanten zusammen und berechnet die Produktionsrate RCO für das Molekül CO (allgemein: Molekül US) mit (1.4.23), so erhält man: RCO = RUS = K W n0′θ = K CO nO,bulk (1.4.31) mit (1.4.30) ergibt sich damit: K CO = 1 KL + KW 1 + n0′ K W K V lchar K diff (1.4.32) die Produktionsrate für das CO-Molekül durch Ätzen eines Kohlenstoffsubstrates. Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 101 Member of Center for Plasma Science and Technology RUB Ruhr-Universität Bochum Die Gl. (1.4.32) ist eine zusammengesetzte Ratenkonstante 1. Ordnung. Diese ist typisch für Oberflächenreaktionen im Niederdruckplasma und hat im Prinzip unabhängig vom eigentlich Reaktionstyp mit der Oberfläche (Schichtabscheidung, Ätzen, Modifizieren, ...) immer eine ähnliche Struktur. Betrachtet man nun noch die Näherung für hohen Druck: K V nUS >> K L + K W dann wird mit (1.4.22) θ= 1 1 + ( K L + K W ) K V nUS die Oberflächenbedeckung für den Hochdruckfall: und die Produktionsrate z.B. für CO wird mit (1.4.31): (1.4.22)* θ ≈1 RCO = n0′ K W d.h. unabhängig von der Bulkdichte nO,bulk der Sauerstoffatome. Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 102 Member of Center for Plasma Science and Technology Ruhr-Universität Bochum RUB Dies entspricht einer Kinetik 0-ter Ordnung, die in Hochdruckplasmen häufig auftritt. Für Oberflächenprozesse im Niederdruck spielen diese Reaktionskinetiken keine Rolle. Damit ist das Kapitel „Oberflächenkinetik“ beendet. Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass nur ein Teil aller möglichen Oberflächenprozesse behandelt wurde (und werden kann). Für weiterführende Betrachtungen sei z.B. auf P.W. Atkins, Physikal Chemistry, 3rd ed., Freeman New York (1986) verwiesen. Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 103 Member of Center for Plasma Science and Technology RUB Ruhr-Universität Bochum 2. SCHICHTABSCHEIDUNG UND SPUTTERVERFAHREN 2.1 Magnetron Entladungen Weicheisenjoch S Kathode rCE VDC + Magnet N S N w R r B s DC-Glimmentladung Anode IDC Abb. 2.1 Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 104 Member of Center for Plasma Science and Technology Ruhr-Universität Bochum RUB Aufbau Eine typische Magnetron-Konfiguration ist in Bild 2.1 gezeigt. Es handelt sich dabei um eine Vakuumkammer, die mit zwei Elektroden versehen ist. Diese sind mit einer Gleichspannung VDC verbunden. Oben befinde sich die Kathode, unten die Anode. Oberhalb der Kathode ist ein System von Permanentmagneten angebracht, so dass die zylindersymmetrische Kammer ein ringförmiges Eindringen des Magnetfeldes ermöglicht. Der Mittenradius des Ringes betrage R, die Breite des Ringes w und die Höhe rce. Legt man eine Spannung VDC an, zündet eine Glimmentladung, die im Bereich des Magnetfeldes ein hochdichtes, hell leuchtendes Plasma besitzt. Weit außerhalb des ringförmigen Feldes besitzt das Plasma eine deutlich geringere Dichte. Das Plasma schirmt das elektrische Feld gegenüber der restlichen Kammer weitestgehend ab. In der Nähe der Kathode bildet sich eine Randschicht mit der Dicke s, die etwa 1 mm beträgt. Innerhalb dieser Randschicht fällt ein großer Teil der von außen angelegten Gleichspannung ab. Derartige Plasmen werden oftmals mit Argon betrieben. Die Magnetfeldstärken sind so eingestellt, dass die Agonionen nicht magnetisiert sind, die Elektronen hingegen sind magnetisiert (vgl. auch PT1). Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 105 Member of Center for Plasma Science and Technology Ruhr-Universität Bochum RUB Funktion des Magnetrons Die positiven Argonionen nehmen kinetische Energie in der kathodischen Randschicht auf und bombardieren die (kalte) Kathode, die als Target ausgelegt ist. Beim Beschuss des Targets mit den Ionen wird Targetmaterial gesputtert (abgetragen) und fliegt in die Entladung hinein. Die mittleren freie Weglängen dieser gesputterten Teilchen sind im Bereich des Abstandes zwischen Anode und Kathode. Befindet sich auf der Anode ein Substrat, wird dieses mit dem Targetmaterial beschichtet. Zusätzlich bewirkt der Ionenbeschuss der Kathode die Emission von Sekundärelektronen aus dem Target. Diese werden von der Kathode abgestoßen und dringen in das Bulkplasma ein, wo sie von den Magnetfeldlinien festgehalten werden. Die Elektronen stoßen mit dort verfügbaren Neutralteilchen und ionisieren das Neutralgas. Typische Magnetron-Entladungsparameter: B0 ≈ 200 G = 0.02 T (Flussdichte beim Radius R, an dem die Feldlinien tangential verlaufen) p ≈ 0.3 - 0.7 Pa jion ≈ 20 mA/cm2 (über die Ringfläche gemittelte Ionenstromdichte) VDC ≈ 800 V Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 106 Member of Center for Plasma Science and Technology Ruhr-Universität Bochum RUB Energieverlust der Elektronen pro gebildetes Elektronen-Ionenpaar EC: Elektronen in der Entladung verlieren Energie durch (PT 1): • Ionisation • Anregung • elastische Stöße (elast. Streuung) Für hohe Elektronentemperaturen entspricht der Energieverlust EC pro gebildetes Elektron-Ion-Paar etwa der doppelten Ionisierungsenergie Eion, d.h. EC ≈2 Eion f. Te ≥ 100 eV. Für Elektronentemperaturen unterhalb von Eion steigt EC steil an, da die Anregung gegenüber der Ionisation stark zunimmt. In Argon (Eion =15.8 eV) bei Te ≈ 4 eV wird eine Gesamtenergie von etwa EC ≈ 40 eV benötigt (Abb. 2.2), um ein Elektron-Ionenpaar zu erzeugen. Bei Molekülgasen wird zusätzliche Energie benötigt (O2 in Abb. 2.2), um die Moleküle vibratorisch und rotatorisch anzuregen. Weiterhin wird Energie durch Dissoziationsprozesse verbraucht. In diesen Fällen ist EC bei gleichen Temperaturen ca. 2 - 10 fach höher als für Edelgase. Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 107 Member of Center for Plasma Science and Technology Ruhr-Universität Bochum RUB 3 10 EC in [eV] Ar O2 2 10 1 10 1 10 100 Te [eV] Abb. 2.2 Benötigte Elektronenenergie EC pro Elektron-Ionpaar Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 108 Member of Center for Plasma Science and Technology RUB Ruhr-Universität Bochum Abschätzung der Magnetronspannung VDC Da fast die gesamte angelegte Spannung VDC in der kathodischen Randschicht abfällt, entspricht die Ionenenergie in etwa VDC. Trifft nun ein Ion mit dieser Energie, die im Bereich von etwa 200 - 1000 eV liegt auf das Target, so wird im Falle von Argonionen, die auf ein Aluminiumtarget auftreffen, etwa ein Elektron pro 10 Ionen emittiert, d.h. γse ≈ 0.1 (s. a. Tab. 1.1). Dieses Sekundärelektron fliegt zurück ins Plasma und wird durch die mehr oder weniger horizontalen Feldlinien gefangen. Dabei erzeugt es N ElektronIonenpaare, wobei pro Paar die Energie EC verbraucht wird: N≈ eVDC EC (2.1.1) Haben die Sekundärelektronen Energien von 200 - 1000 eV (nicht zu verwechseln mit Temperaturen!), dann ist EC etwa 30 eV pro e-i-Paar. Da durch den fast horizontalen Verlauf der Feldlinien nicht alle Elektronen gefangen werden, sondern manche einige Male gyrieren, um wieder zur Kathode zurückzufliegen, ist die effektive Sekundärelektronenemission γeff kleiner als γse. Abschätzungen liefern: (2.1.2) γ ≅ 0.5γ ≅ 0.05 eff Electrical Engineering & Plasma Technology se Peter Awakowicz AEPT 109 Member of Center for Plasma Science and Technology RUB Ruhr-Universität Bochum Die Entladung ist genau dann selbsterhaltend, wenn das ins Plasma fliegende Sekundärelektron genügend Energie hat, dass so viele Ionen erzeugt werden, die dann ihrerseits wieder genügend Sekundärelektronen erzeugen, damit: Nγ eff = 1 (2.1.3) Für das oben genannte Beispiel werden also 20 Elektron-Ion-Paare benötigt. Gl. (2.1.1) und (2.1.2) in (2.1.3) eingesetzt ergibt: 1 eVDC γ se =1 2 EC (2.1.4) Damit ergibt sich für die Versorgungsspannung des Magnetrons: VDC ≈ 2 EC eγ se (2.1.5) Für EC = 30 eV und γse = 0.1 ergibt VDC = 600 V einen realistischen Wert. Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 110 Member of Center for Plasma Science and Technology Ruhr-Universität Bochum RUB Die vom Target emittierten Sekundärelektronen gyrieren um die Magnetfeldlinien von B0 mit dem Gyroradius rCE. Im horizontalen Bereich der Feldlinien steht der Vektor der Geschwindigkeit der Elektronen senkrecht auf den Feldlinien. Damit ergibt sich für den Gyroradius (vgl. Abb. 2.1): v = ω ⋅ r ⇒ rCE = v⊥ ωCE = ve ωCE (2.1.6) Die Elektronen erhalten ihre kinetische Energie durch Beschleunigung in der Randschicht, daher gilt: 2eVDC 1 eVDC = me ve2 ⇒ ve = 2 me (2.1.7) Zur Bestimmung der (Gyro)Kreisfrequenz wird ein Kräftegleichgewicht zwischen der Zentrifugalkraft und der Lorentzkraft angesetzt (PT 1): eB v2 r r qv × B = m ⇒ qvB ≡ eωrB = mω 2 r ⇒ ω = m r Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz (2.1.8) AEPT 111 Member of Center for Plasma Science and Technology RUB Ruhr-Universität Bochum Gl. (2.1.7) und (2.1.8) in (2.1.6) eingesetzt, ergibt: rCE = 1 2meVDC B0 e (2.1.9) Für B0=200 G und VDC = 600 V erhält man rCE ≈ 5 mm. Für die schweren Argonionen ergibt sich unter den genannten Bedingungen ein Gyroradius von rAr ≈ 1.3 m. Daraus wird deutlich, dass die Elektronen in einem Magnetron magnetisiert sind, die Argonionen dagegen nicht. Abschätzung der Ringbreite w Zur Abschätzung der Ringbreite w soll Abb. 2.3 (vgl. Abb. 2.1) herangezogen werden. r2 r1 θ RC R Kathode B w/2 rCE Abb. 2.3 Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 112 Member of Center for Plasma Science and Technology Ruhr-Universität Bochum RUB In Abb. 2.3 ist ein Teilausschnitt der Kathode von Abb. 2.1 gezeigt. Die mittlere Höhe des Plasmarings unter der Kathode entspricht in etwa dem Gyrationsradius rCE der Elektronen um die horizontalen Magnetfeldlinien (in der Mitte mehr, am Rand weniger). Zur weiteren Berechnung wird angenommen, dass die Dicke der Randschicht sehr viel kleiner ist als der Gyroradius, d.h. s<<rCE (muss noch gezeigt werden). Werden nun Sekundärelektronen emittiert, so werden diese an den Magnetfeldlinien festgehalten und laufen an diesen entlang (v= ≠ 0). Dadurch gelangen sie wieder an die Kante zur Randschicht bei r1 bzw. r2, wo sie aufgrund der großen Potentialbarriere zurückreflektiert werden. Damit laufen diese immer zwischen den beiden Radien hin- und her. Nimmt man den Krümmungsradius der B-Feldlinien zu RC an, die Höhe des Rings zu rCE und die Weite zu w ≈ r2-r1, dann gilt: sin θ = und weiterhin gilt: w2 ⇒ RC sin θ = w 2 RC rCE + RC cosθ = RC ⇒ RC cosθ = RC − rCE Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz (2.1.10) (2.1.11) AEPT 113 Member of Center for Plasma Science and Technology Ruhr-Universität Bochum RUB Nach Quadrieren von (2.1.10) und (2.1.11) und anschließendem Addieren der beiden Gleichungen erhält man: w2 R (sin θ + cos θ ) = ( RC − rCE ) + 4 2 C 2 2 2 (2.1.12) und mit sin2Θ+cos2 Θ =1 eine Bestimmungsgleichung für w: 2 w2 = 4(2 RC rCE − rCE ) (2.1.13) Setzt man in (2.1.13) den bereits berechneten Wert für rCE=0.5 cm und mit RC = 4 cm einen typischen Wert ein, ergibt sich für die Ringbreite: w ≈ 3.8 cm Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 114 Member of Center for Plasma Science and Technology Ruhr-Universität Bochum RUB Wie bereits festgestellt, sind die Ionen in typischen Magnetronentladungen unmagnetisiert. Weiterhin ist der Entladungsdruck sehr gering, damit ist die Randschicht stoßfrei. Über der geringen Randschichtdicke s fällt die relativ hohe Spannung VDC ab. Daher kann die Ionenstromdichte vom Ring auf die Kathode mit dem „U3/2“ - Gesetz nach Child (für stoßfreie Randschichten mit hohem Spannungsabfall) berechnet werden (PT1): 32 4 2e VDC ji = ε 0 9 mion s 2 (2.1.14) mit der Dielektrizitätskonstante ε0 und der Ionemasse mion. Gleichzeitig entspricht die Ionenstromdichte dem gesamten Entladungsstrom dividiert durch die Ringfläche (da im Ring die Ladungsträgerdichte sehr viel höher ist, liefert in erster Näherung nur dieser einen Beitrag zur Stromdichte): ji = I DC I DC = π (r22 − r12 ) π (r2 − r1 )(r2 + r1 ) Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz (2.1.15) AEPT 115 Member of Center for Plasma Science and Technology RUB Ruhr-Universität Bochum Für r2-r1 = w und für r2+r1 ≈ R+w/2 gesetzt, gilt: ji = I DC π ( Rw + w2 2) (2.1.16) Setzt man in (2.1.16) die bereits berechneten Werte w = 3.8 cm, R=4 cm und einen typischen Entladungsstrom von IDC = 5 A, dann erhält man: ji = 5A mA 71 ≈ 70.4 cm 2 cm 2 Setzt man diesen Wert in (2.1.14) ein, ergibt sich für die Randschichtdicke: s ≈ 0.6 mm Damit ist die obige Annahme, dass s << rCE (=5 mm) gerechtfertigt. Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 116 Member of Center for Plasma Science and Technology RUB Ruhr-Universität Bochum Abschätzung der Plasmadichte im Bulk Zur Bestimmung der Plasmadichte im Magnetron wird kurz die Randschichtphysik aus PT1 nochmals aufgegriffen. n(x) n e = n i = n0 nb: Bulk ns: Schichtkante ne = ni ni ne Plasma Vorschicht x x=0 Schicht Fp x F(0) = 0 F′(0) ≈0 Abb. 2.4 Electrical Engineering & Plasma Technology Schichtkante Peter Awakowicz AEPT 117 Member of Center for Plasma Science and Technology Ruhr-Universität Bochum RUB Das Plasma wird in Bulk, Vorschicht und Randschicht unterteilt. Die Plasmadichte an der „Schnittstelle“ zwischen Bulk und Vorschicht wird mit Bulkdichte nb bezeichnet. Die Dichte an der Schichtkante, d.h. der „Schnittstelle“ zwischen Vorschicht und Schicht mit ns. Das Potential bei nb ist Fp, das bei ns ist zu Null gesetzt, d.h. Fs=0. Die Ionen werden in der Vorschicht auf die Bohmgeschwindigkeit beschleunigt, d.h. kTe vB = mion (2.1.17) ist die Geschwindigkeit der Ionen an der Schichtkante. Beim Durchlaufen des Vorschichtpotentials nimmt das Ion die Energie auf: 1 mion vB2 = eΦ p 2 (2.1.18) kTe = 2eΦp (2.1.19) Mit (2.1.17) erhält man daraus: Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 118 Member of Center for Plasma Science and Technology Ruhr-Universität Bochum RUB Um die Plasmadichte an der Schichtkante ns zu bestimmen, wird nun die Boltzmann-Relation (PT1) bezogen auf die Bulkdichte nb benötigt: nS = nb exp(− eΦ p kTe ) (2.1.20) Damit ergibt sich mit (2.1.19): ni,S = nS = nb exp(0.5) ≈ 0.61nb (2.1.21) Somit kann nun die Ionenstromdichte ausgedrückt werden: ji = eni,SvS = 0.61 ⋅ enb vB (2.1.22) bzw. bei (schwacher) Te-Abhängigkeit kann die Ionendichte bestimmt werden: ni = Electrical Engineering & Plasma Technology ji mi 0.61e kTe Peter Awakowicz (2.1.23) AEPT 119 Member of Center for Plasma Science and Technology RUB Ruhr-Universität Bochum Für Te ≈ 3 eV und einer berechneten Stromdichte von ji ≈ 70· 10-3 A/cm2 =700 A/m2 erhält man eine Ionendichte im Bulk von: 700 40 ⋅1.67 ⋅10 −27 1 1 18 12 2 . 67 10 2 . 67 10 ni = ne = = ⋅ = ⋅ 0.61 ⋅1.6 ⋅10 −19 1.38 ⋅10 −23 ⋅ 3 ⋅11604 m3 cm 3 Bestimmung der Sputterrate Die Berechnung der Sputterrate erfordert jetzt nur noch die Sputterausbeute, die in Tab. 1.3 (S. 80) mit γsput = 0.83 gegeben ist. Bei einer Aluminiumatomdichte im Festkörper von nAl ≈ 6 · 1022 cm-3 erhält man: Rsput = γ sput 70 ⋅10-3 1 ji 1 -6 = 6 ⋅ 10 [cm/sec] = 0.83 -19 22 e nAl 1.6 ⋅10 6 ⋅10 Wird einen Tag (24h) lang gesputtert, ergibt sich ein Abtrag von ca. 0.5 cm. Daher gräbt sich die Entladung einen Graben in das Target, der die Form eines Rings und den Querschnitt gemäß der Verteilung der Ionenstromdichte über der Ringbreite w hat. Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 120 Member of Center for Plasma Science and Technology Ruhr-Universität Bochum RUB Da es sich bei dem Target um hochreines und damit teueres Material handelt, stellt diese schlechte Targetausnutzung einen erheblichen Kostenfaktor dar. Mit beweglichen Magneten oder mit neuen Hochfrequenzkonzepten kann dieser Nachteil (möglicherweise) überwunden werden (AEPT: VHF-Plasma). Entladungsleistung Die in die Entladung gespeiste elektrische Leistung beträgt: Pmag = I DCU DC = 5 ⋅ 600 W = 3 kW Da die Leistung im wesentlichen von der Kathode aufgenommen wird, muß diese gekühlt werden (z.B. deionisiertes Wasser). Evtl. ist auch HeliumBackside-Cooling möglich (wie beim Plasmaätzen). Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 121 Member of Center for Plasma Science and Technology Ruhr-Universität Bochum RUB 2.2 Schichtabscheidung durch Sputtering Die Deposition von dünnen Schichten spielt in der modernen Mikroelektronik, in der Displaytechnologie aber auch in der Architekturglasbeschichtung eine wesentliche Rolle. In der Mikroelektronik beispielsweise werden Aluminium und/oder Kupferschichten als Metallisierungsschichten (horizontale Leiterbahnen) und als Interconnect-Beschichtungen (vertikale Leiterbahnen bei mehreren Metallisierungsebenen) benötigt. Diese werden typischerweise mit Aluminium- bzw. Kupfertargets erzeugt, wobei die Substrattemperatur nahe bei Raumtemperatur bleibt. Zu diesem Zweck könnten auch thermische Verdampfungsquellen verwendet werden, allerdings ist die Kontrolle der Filmuniformität und der Schichtzusammensetzung deutlich schwieriger. Beim reaktiven Sputtering, das z.B. benötigt wird, um Oxide abzuscheiden, wird eine Hintergrundgas verwendet, dessen Dissoziationsprodukte mit dem Targetmaterial chemisch reagieren, wobei gleichzeitig auch die hochenergetischen Ionen eine wichtige Rolle spielen. In Tab. 2.1 sind einige Beispiele von gesputterten Schichten und deren Anwendungen aufgeführt. Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 122 Member of Center for Plasma Science and Technology Anwendung Ruhr-Universität Bochum RUB Material Elektronik: Elektroden/Interconnects Widerstände Dielektrika Isolatoren Supraleiter Halbleiter Passivierung Au, Al, Cu, Cr, Ti, Pt, Mo, W, Al/Si, ... Cr, Ta, Re, TaN, TiN, NiCr, SnO2, ... HfO2, PbO, AlN, Si3N4, Al2O3, SiO2, ... Si3N4, Al2O3, SiO2, TiO2, Ta2O5, ... Nb, NbN, La-Sr-Cu-O, Y-Ba-Cu-O, ... Ge, Si, Se, Te, SiC, ZnO, ZnSe, CdSe, ... Si3N4, SiO, SiO2 Optik: Beschichtung SiO2, TiO2, SnO2, In2O3 Sonstiges Härtung Dekoration Cr, TiN, SiC, WC Al, Zn, Cd, Cr, Ti, Ta, W, TiN, TiC, SiC, Ag, Au, ... Tab. 2.1 Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 123 Member of Center for Plasma Science and Technology Ruhr-Universität Bochum RUB 2.2.1 Physikalisches Sputtern Beim physikalischen Sputtern schlagen Ionen aus einem Target Atome heraus, die ballistisch, d.h. ohne weitere Stöße, auf ein Substrat fliegen und dort eine Schicht bilden. Typischerweise werden dazu Argonionen von etwa 500 bis ca. 1000 eV verwendet. Da viele Targematerialien Zersteubungsausbeuten nahe bei 1 bzw. in der Größenordnung von 1 besitzen, wird eine große Vielfalt von reinen Metallen, Legierungen und Dielektrika verwendet. Physikalisches Sputtern von reinen Metallen ist ein gut verstandener Prozess, der für viele Anwendungen relativ einfache Sputtersysteme zulässt. Brauchbare Abscheideraten vereint mit sehr guter Filmqualität, d.h. mit sehr guter Uniformität, geringer Rauhigkeit und guter Adhäsion werden heute über große Flächen erzielt. Bei Multikomponententargets würde man zunächst annehmen, dass aufgrund der unterschiedlichen Zersteubungsausbeuten die Zusammensetzung des abgeschiedenen Films vom Target verschieden ist. Tatsächlich jedoch bildet sich auf der Oberfläche eines Multikomponententargets während des Sputtervorganges eine Schicht aus, die gegenüber der ursprünglichen Targetzusammensetzung verändert ist. Und zwar werden die Komponenten angereichert, deren Zersteubungausbeute geringer ist als die der anderen. Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 124 Member of Center for Plasma Science and Technology Ruhr-Universität Bochum RUB Dies führt dann dazu, dass im stationären Zustand der gesputterte atomare Fluss, der von dieser geänderten Schicht herrührt, wieder dem ursprünglichen Gemisch der einzelnen Komponenten entspricht. D.h. die Stöchiometrie des ursprünglichen Multikomponententargets bleibt im atomaren Fluss erhalten (vorausgesetzt die Diffusion zwischen Oberflächenschicht und Bulkmaterial des Targets ist vernachlässigbar). Sind nun auch noch die Sticking-Koefizienten der verschiedenen Komponenten gleich, dann hat der abgeschiedene Film die gleiche Zusamensetzung wie das Target selbst. Aus diesem Grund können auch Legierungen gesputtert werden. Allerdings können Materialien wie z.B. Keramiken oder Oxide nicht physikalisch gesputtert werden, da diese oftmals Komponenten mit hohem Dampfdruck besitzen. Unter der Voraussetzung, dass alle zersteubten Atome auch das Substrat treffen, wird die Depositionsrate für physikalisches Sputtering zu: Rdeposition = γ sput Γion Atarget nfilm Asubstrat [cm/sec] (2.2.1) mit dem Ionenfluss Γion in [1/cm2sec], der Zersteubungsausbeute γsput, der Dichte des deponierten Films nf in [1/cm3], der Target- und der Substratfläche At und Af. Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 125 Member of Center for Plasma Science and Technology Ruhr-Universität Bochum RUB Verwendet man z.B. 1 kV Argonionen mit γsput = 0.83 (Al, Tab. 1.3, S 80) bei einer Filmdichte von nf = 5 x 1022 cm-3 und einer Ionenstromdichte von 1mA/cm2 (d.h. Γion = 6.25 x 1015 cm-2 s-1), dann ergibt sich mit At/Af =1: Rdep nm 0.83 ⋅ 6.25 ⋅1015 100 ≈ = min 5 ⋅10 22 liegt der Prozessdruck bei 0.1 Pa (typisch), dann ist die Argonkonzentration für eine Gastemperatur von 300 K: p = nkT ⇒ n = 0.1 1 1 1 p 19 13 2 . 42 10 2 . 42 10 = = ⋅ = ⋅ kT 1.38 ⋅10 −23 ⋅ 300 m 3 m3 cm 3 mit dem gaskinetischen Querschnitt (Tab. 1.4, S 90) f. Aluminium in Argon σ ≈ 5 x 10-15 cm2 erhält man die mittlere freie Weglänge der Al-Atome: 1 1 cm 3 λ= ≈ ≈ 8.3 cm 13 −15 2 nσ 2.42 ⋅10 ⋅ 5 ⋅10 cm Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 126 Member of Center for Plasma Science and Technology RUB Ruhr-Universität Bochum Daher ist es in diesem Beispiel notwendig, dass der Abstand von Target und Substrat nicht größer als ca. 8 cm wird. Die Energieverteilung der gesputterten Atome folgt in etwa der Proportionalität: f (E) ∝ Et E ( Et + E ) 3 (2.2.2) die in den beiden Abbildungen Abb. 2.1a und b zu sehen sind. Dabei ist Et die Oberflächenbindungsenergie des Targetmaterials. In Abb. 2.1a ist Et = 1 eV gewählt, in Abb. 2.1b Et = 4 eV. Man erkennt, dass die meisten gesputterten Atome Energien bei 0.5Et haben, wobei typische Et-Werte zwischen 1 - 4 eV liegen. Der Energiebereich der größten Zahl der gesputterten Atome liegt zwischen 0.1 10 eV. Treffen die Atome mit diesen Energien auf das Substrat, führt das zu einem Vermischen (“Mixing“) und einer Diffusion von Substratmaterial und auftreffenden Atomen. Dies resultiert in einer verbesserten Bindung und damit in einer besseren Adhäsion der Schicht auf dem Substrat. Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 127 Member of Center for Plasma Science and Technology Energieverteilung der gesputterten Atome Ruhr-Universität Bochum RUB Emax = 2 eV f(E) 0.035 0.03 Abb. 2.1b 0.025 0.02 f(E) Emax = 0.5 eV 0.015 0.14 0.01 0.12 0.005 Et = 4 eV 0.1 2 4 6 8 0.08 10 E/eV 0.06 0.04 Et=1 eV 0.02 Abb. 2.1a 2 4 6 Electrical Engineering & Plasma Technology 8 10 E/eV Peter Awakowicz AEPT 128 Member of Center for Plasma Science and Technology Ruhr-Universität Bochum RUB Die Morphologie (Beschaffenheit) der gesputterten Schichten ist eine Funktion der Substrattemperatur. Diese wird üblicherweise getrennt geregelt. Sind die atomaren Flüsse sehr hoch, muss das Substrat gekühlt werden. Eine nicht ganz so wichtige Rolle spielt der Prozessdruck. In Abb. 2.2 sind die verschiedenen Prozessbereiche in Abhängigkeit vom Argondruck und von der Substrattemperatur, bezogen auf die Schmelztemperatur Tm des abgeschiedenen Metallfilms, dargestellt. Dabei unterscheidet man 4 Bereiche: • Bereich 1 (T/Tm ≤ 0.3) Bei geringen Drücken und geringer Temperatur besteht der Film aus „Säulen“ mit runden „Köpfen“ und vielen Einschlüssen (Voids, bis zu 30%) zwischen den Säulen. Diese Struktur wird durch die Abschattung der auf das Substrat treffenden Atome gebildet. Die Substrattemperatur ist zu gering, um per Oberflächendiffusion die Voids aufzufüllen. Diese Filme sind weniger brauchbar. • Bereich T (0.3≤ T/Tm ≤ 0.5) Der Film hat eine Fiberstruktur, in der Kristalle senkrecht zur Substratoberfläche aufwachsen. Der Volumenanteil der Einschlüsse ist auf <5% gesunken. Die Filmoberfläche ist relativ glatt, die Dichte des Films entspricht etwa der des Bulkmaterials. Diese Eigenschaften resultieren aus der durch Ionenbeschuss induzierten und die Substrattemperatur unterstützten Oberflächendiffusion. Diese Morphologie ist brauchbar für viele Anwendungen. Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 129 Member of Center for Plasma Science and Technology Ruhr-Universität Bochum Metall Schmelzpunkt in °C Al Ag Au Cu Ni Fe Ti Cr Mo W 660.4 961.9 1064.4 1083.4 1453.0 1535.0 1660.0 1857.0 2617.0 3410.0 RUB Tab. 2.2 Schmelzpunkt Tm einiger Metalle in °C Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 130 Member of Center for Plasma Science and Technology RUB Ruhr-Universität Bochum Bereich 3 0.8 ≤ T/Tm≤1 Bereich 1 T/Tm ≤ 0.3 Bereich 2 0.5 ≤ T/Tm ≤ 0.8 Bereich T 0.3 ≤ T/Tm ≤ 0.5 pAr/Pa 1.0 T/Tm 3 2 0.5 1 Abb. 2.2 0.1 0.1 Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 131 Member of Center for Plasma Science and Technology Ruhr-Universität Bochum RUB • Bereich 2 (0.5≤ T/Tm ≤ 0.8) Die thermisch angetriebene Oberflächendiffusion der deponierten Atome führt zu kolumnaren Kristallgrenzen. Deren Größe nimmt mit steigendem T/Tm zu. • Bereich 3 (0.8≤ T/Tm ≤ 1) Die Volumendiffusion innerhalb des Films führt zu glatten, zufällig orientierten polykristallinen Schichten. Filme aus allen Bereiche werden für unterschiedliche Anwendungen hergestellt. Ionen und schnelle Neutralteilchen, die das Substrat bombardieren, beeinflussen stark die Filmeigenschaften. In kommerziellen Maschinen wird die Energie der Ionen zusätzlich durch das Anlegen eines Substratbias eingestellt. Allerdings führen Ionenbeschuss und Entladungsdruck zu inneren Spannungen der Schichten. Zusätzlich führen hohe Ionenenergien durch Ionenimplantation zu Druckspannungen in den Schichten. Grundsätzlich gilt, dass ein Übergang von hohen Spannungen zu geringeren vollzogen wird, wenn der Argondruck erhöht wird. Dies führt man auf eine Absenkung der Ionenenergien (bei Druckerhöhung) zurück. Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 132 Member of Center for Plasma Science and Technology Ruhr-Universität Bochum RUB 2.2.2 Reaktives Sputtern Im Gegensatz zum rein physikalischen Sputtern, benötigt das reaktive Sputtern ein Hintergrundgas, das im Plasma dissoziert wird und dessen Dissoziationsprodukte mit dem Target chemisch reagieren während dieses gleichzeitig von hochenergetischen Ionen beschossen wird. Der auf dem Substrat deponierte Film ist eine Kombination, gebildet aus dem gesputterten Target und Komponenten des Reaktivgases. Typische Anwendungen sind durch Sputtering abgeschiedene Filme, deren Komponenten deutlich unterschiedliche Dampfdrücke und daher auch deutlich unterschiedliche Sticking-Koeffizienten auf dem Substrat besitzen. Will man z.B. SiO2 Schichten mit einem SiO2 Target erzeugen, dann führt dies zu einer Anreicherung von Si im abgeschiedenen SiOx-Film (d.h. x<2). Setzt man dem Hintergrundgas (Ar) Sauerstoff (O2) zu, kann man die Stöchiometrie von Si:O=1:2 erreichen. Ebenso kann auch ein reines Si-Target verwendet werden, um mit zugemischtem Sauerstoff SiO2 Schichten abzuscheiden. Siliziumdioxidschichten werden z.B. in der Mikroelektronik als Isolatorschichten und auch als Maskenmaterial verwendet. In der Lebensmitteltechnik beschichtet man PET-Flaschen, um die Diffusionsbarriere zu verbessern (AEPT). Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 133 Member of Center for Plasma Science and Technology Ruhr-Universität Bochum RUB Reaktivgassputtering wird an vielen Stellen verwendet, um Oxide und Nitride herzustellen. Weiterhin werden auch Karbide (z.B. WoC: Wolframkarbid) und Silizide (z.B. WoSi: Wolframsilizid) abgeschieden. Hochtemperatur-supraleitende Filme wie z.B. YBaCuO werden abgeschieden, indem ein z.B. YBaCuO-Target verwendet und mit O2-Zusatz gesputtert wird. Die Beimischung folgender Zusätze (oftmals zum Hintergrundgas Ar) erzeugt durch Dissoziation im Plasma die entsprechenden Reaktivgaskomponenten: • • • • O2 und H2O N2 und NH3 CH4 und C2H2 SiH4 ⇒ ⇒ ⇒ ⇒ O-Atome N-Atome C-Atome Si-Atome Prinzipiell könnten auch Keramiken als Targets verwendet werden. Doch diese sind gegen hohe Leistungsflüsse empfindlich (brechen bei inhomogenem Wärmeeintrag). Daher werden i.d.R. Metalltargets in Kombination mit einem reaktiven Hintergrundgas verwendet. Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 134 Member of Center for Plasma Science and Technology Ruhr-Universität Bochum RUB Beim reaktiven Sputtern reagieren sowohl das Target als auch das Substrat chemisch mit der Reaktivgaskomponente, während das Target zersteubt und das Substrat beschichtet wird. Grundsätzlich gibt es zwei Betriebsarten, um mit einem metallischen Target einen Mehrkomponentenfilm („Compound“) abzuscheiden: 1. Geringer Ionenfluss + großer Gasfluss bedeckt ⇒ „bedeckter Modus“ ⇒ Target ist mit Compound Film 2. Großer Ionenfluss + geringer Gasfluss ⇒ „metallischer Modus“ ⇒ Target bleibt metallisch Im metallischen Modus werden größere Depositionsraten erzielt als im bedeckten Modus. Hält man den Ionenfluss fest und variiert den Gasfluss, erhält man einen Übergang vom einen zum anderen Modus. Dieser Übergang zeigt eine Hysterese (Abb. 2.3), d.h. befindet man sich z.B. im metallischen Modus und erhöht den Gasfluss, dann „springt“ das Plasma bei einem bestimmten Gasfluss Γm→b in den bedeckten Modus, wobei die Depositionsrate deutlich geringer wird. Verringert man nun wieder den Gasfluss, findet der Übergang in den metallischen Modus bei einem geringeren Gasfluss Γb→m statt: Γm→b > Γb→m Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 135 Member of Center for Plasma Science and Technology Ruhr-Universität Bochum RUB Zur Beschreibung wird ein Modell verwendet (s.a. Übung), das die Zusammenhänge verdeutlicht. Mit AT und AS werden die Flächen des Targets und des Substrats, mit ΘT und ΘS die Flächenbedeckungsgrade von Target und Substrat mit Compoundmaterial und mit γM und γC die Zersteubungsausbeuten des (Target)Metalls und des Compoundmaterials am Target beschrieben. Weiterhin sind Γion der Ionenfluss und Γrea der Fluss der reaktiven Gasmoleküle. Der Stickingkoeffizient dieser Gasmoleküle auf dem metallischen Target wird mit sr bezeichnet. Im stationären Zustand ist die Depositionsrate von Compoundmaterial auf dem Target gleich der Abtragsrate durch Zersteubung des Compoundmaterials vom Target (d.h. die Bedeckung des Metalls mit Compound ist konst.): Target: dΘT ! = 0 = iΓ rea srea (1 − ΘT ) − Γ ion γ CΘT nT′ dt (2.2.3) wobei i die Zahl der im Plasma durch Dissoziation gebildeten Radikale je Reaktivgasmolekül ist (z.B. O-Radikal aus O2: i=2, C-Radikal aus CH4: i=4). Der erste Term (rechte Seite) beschreibt also den Fluss der Reaktivgasmoleküle (Γrea), die im Plasma dissoziiert werden (i), auf dem Target „kleben“ bleiben (s) und dies natürlich nur auf einer noch freien Fläche (1- ΘT) gemäß der Langmuirkinetik. Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 136 Member of Center for Plasma Science and Technology Ruhr-Universität Bochum RUB Der zweite Term in (2.2.3) bezeichnet das Sputtern des Compoundfilms durch auftreffende Ionen (Γion) mit der Ausbeute γC, wobei dies natürlich nur von einer bereits bedeckten Fläche des Targets erfolgen kann (ΘT). Betrachtet man nun die Bedeckung des Substrates (mit Compound)ΘS im stationären Zustand, die durch auftreffende Reaktivgasmoleküle auf den metallischen Teil (1- ΘS) erhöht wird. Weiterhin wird diese erhöht durch den Fluss von Compoundmaterial, das am Target abgesputtert wird (ΘT) und auf die freien, d.h. metallischen Flächen des Susbtrats (1- ΘS) trifft. Die Bedeckung des Substrats (mit Compound) wird vermindert durch den Anteil ΘS des Flusses von gesputterten Metallatomen γMΓion, die vom Target kommen (1- ΘT), der auf der mit Compoundmaterial bedeckten Substratfläche auftrifft (ΘS). Berücksichtigt man nun noch das Verhältnis von Target- zu Substratfläche (AT/AS), dann gilt: Substrat: dΘ S ! A = 0 = iΓ rea sr (1 − ΘS ) + Γ ion γ CΘT T (1 − ΘS ) nS′ dt AS AT - Γ ion γ M (1 − ΘT ) ΘS AS Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz (2.2.4) AEPT 137 Member of Center for Plasma Science and Technology Ruhr-Universität Bochum RUB Beschreibt man nun die Gesamtzahl an Reaktivgasmolekülen, die pro Sekunde verbraucht werden, um einen Compoundfilm auf dem Substrat (auf den metallischen, d.h. freien Flächen) zu erzeugen, so erhält man: Reaktivgasfluss: dN rea = Γ rea sr [(1 − Θ T ) AT + (1 − ΘS ) AS ] dt (2.2.5) da der Reaktivgasfluss gleichermaßen zum Susbtrat S als auch zum Target T fließt. Der Fluss, mit dem das Target zersteubt wird, d.h. der nach der Zersteubung von metallischem Teil (γM) und Compoundanteil (γC) des Targets abfließt, lautet: Target: Γ sput = Γ ion [γ M (1 − Θ T ) + γ C Θ T ] (2.2.6) Nun kann (2.2.3) nach der Oberflächenbedeckung des Targets aufgelöst werden: ΘT = iΓ rea sr Γ ion γ C + iΓ rea sr Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz (2.2.7) AEPT 138 Member of Center for Plasma Science and Technology RUB Ruhr-Universität Bochum Ebenso kann (2.2.4) nach der Oberflächenbedeckung des Substrats aufgelöst werden und ΘT nach (2.2.7) eingesetzt werden: Γ iγ C AT AS Γ iγ C + iΓ r sr ΘS = ⎛ 1 ⎞⎤ 1 1 A ⎡ ⎟⎟⎥ + γ M ⎜⎜ − 1 + Γ i T ⎢γ C AS ⎣ Γ iγ C + iΓ r sr ⎝ iΓ r sr Γ iγ C + iΓ r sr ⎠⎦ 1+ (2.2.8) Setzt man (2.2.7) und (2.2.8) in (2.2.5) und (2.2.6) ein, zeigt sich das Hystereseproblem, das bereits zuvor angesprochen wurde (s. Übung). Beim realistischen Reaktivgasputtering von TiN-Filmen wird eine Ti-Target mit einem Ar/N2-Gasgemisch zersteubt. Dabei zeigt sich, dass die Strahldichte (PT1) einer Ti-Linie proportional zum metallischen Anteil des Flusses Γsput (2.2.6) ist. Trägt man die maximale Strahldichte der Ti-Linie gegen den Reaktivgasfluss auf, ergibt sich im ungeregelten Fall eine Hysterese, die für kleinere Gasflüsse einen höheren Peak (d.h. einen höheren Sputterfluss) ergibt als für größere Reaktivgasflüsse. Regelt man den Fluss aus, kann man, wie in Abb. 2.3 gezeigt, die Hysterese vermeiden. Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 139 Member of Center for Plasma Science and Technology 1,1 Ruhr-Universität Bochum RUB metallischer Modus: hoher metallischer Anteil in Γsput 1,0 0,9 Ti-Linie 0,8 0,7 0,6 bedeckter Modus: geringer metall. Anteil in Γsput 0,5 0,4 0,3 Γ b→m < Γ m →b 0,2 0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 1,2 Massenfluss [sccm] Abb. 2.3 Mittels einer Ti-Linie ausgeregelte Hysterese bei der reaktiven Sputterdeposition von TiN-Filmen (Messwerte). Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 140 Member of Center for Plasma Science and Technology RUB Ruhr-Universität Bochum 3. PLASMAUNTERSTÜTZTE CHEMISCHE ABSCHEIDUNG AUS DER GASPHASE (PECVD) Die klassische Abscheidung von dünnen Filmen aus einer thermisch aktivierten Gasphase (CVD: chemical vapor deposition) basiert auf einem Satz von Gasphasen- und Oberflächenreaktionen. Damit muss die thermische Energie der Gasteilchen aber auch der Oberfläche hoch genug sein, um die entsprechenden chemischen Reaktionen an der Oberfläche und in der Gasphase zu ermöglichen. Im Falle der plasmaunterstützten chemischen Abscheidung aus der Gasphase (PECVD: plasma enhanced chemical vapor deposition) tritt an die Stelle der thermischen Aktivierung die nicht-thermische, d.h. kinetische Elektronenstoßdissoziation des Hintergrundgases oder Gasgemisches. Dies ist möglich, da die Elektronenenergie typischerweise zwischen Te ≈ 1 - 5 eV liegt. Da die Elektronentemperatur sehr viel größer ist als die Substratemperatur und die Schwerteilchentemperatur (aufgrund der thermischen Entkopplung der Atome und Ionen von den Elektronen), findet die Deposition bei deutlich geringerer thermischen Belastung des Substrates statt verglichen mit der CVD. Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 141 Member of Center for Plasma Science and Technology Ruhr-Universität Bochum RUB Da allerdings chemische Reaktionen zwischen Schwerteilchen aus der Gasphase bei der PECVD notwendig sind, liegt der Entladungsdruckbereich mit ca. 5 - 1000 Pa deutlich über dem Druckbereich des Plasmaätzens (ionenunterstütztes Ätzen und reaktives Ionenätzen: 1 - 10 Pa). Aus diesem Grunde sind die mittleren freien Weglängen bei der PECVD deutlich geringer als beim Sputtern oder beim Ätzen und liegen im Bereich von ca. 3 µm - 300 µm. Die Plasmadichte liegt typischerweise zwischen ne = ni = 109 und 5 x 1011 cm-3 und der Ionisationsgrad ε ist mit 10-6 bis 10-3 gering. Wie im Falle des Ätzens ist auch die Deposition entweder durch den Fluss und Druck des Hintergrundgases definiert oder durch die ins Plasma eingespeiste Leistung. Die Oberflächenaktivierungsenergien für PECVD sind meist gering. Daher ist die Depositionsrate nur eine schwache Funktion der Substrattemperatur. Allerdings werden viele Filmeigenschaften wie die Morphologie, die Zusammensetzung, die inneren Spannungen, ... oftmals sehr stark von der Substrattemperatur Tsub beeinflusst. Aus diesem Grund muss Tsub im Hinblick auf die geforderten Filmeigenschaften optimiert und geregelt werden. Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 142 Member of Center for Plasma Science and Technology RUB Ruhr-Universität Bochum Wegen der relativ hohen Drücke und der daraus resultierenden geringen freien Weglängen und gleichzeitig hohen Reaktionsraten ist die Filmuniformität bei der PECVD ein kritischer Punkt. Dies wird dadurch verschärft, dass insbesondere für Radikale hohe Sticking-Wahrscheinlichkeiten mit großen Radikaldichten gepaart sind. Aufgrund dieser Kombination von für die Filmuniformität ungünstigen Faktoren muss die Gasphasendynamik, d.h. der Transport der Gasteilchen vom Einlass über die Gasdusche bis hin zum Pumpkabinett mit großer Sorgfalt ausgelegt werden (siehe Abb. 3.1). Weiterhin muss die Leistungsdichte (auf die Filmfläche) kontrolliert und möglichst gleichmäßig verteilt werden. Aus diesem Grund ist nach wie vor die CCP-Anordnung wichtig. Allerdings werden auch HD-Plasmen in etlichen Fällen eingesetzt: CCP ICP oder TCP • HF HF 13.56 MHz Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 143 Member of Center for Plasma Science and Technology Ruhr-Universität Bochum RUB Induktiv gekoppelter Reaktor (ICP) Gasdusche Deckel (mit Quarzscheibe) Boden (mit Quarzscheibe) Antenne + Matchbox Abb. 3.1 Biodecon-Reaktor Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 144 Member of Center for Plasma Science and Technology RUB Ruhr-Universität Bochum 3.1 Abscheidung von amorphem Silizium (a-Si:H) mit PECVD Die Abscheidung von amorphem Silizium (a-Si:H) wird für viele technische Anwendungen benötigt. So werden, ähnlich wie in PT1 gezeigt, zur Herstellung von Dünnschichttransistoren mehrere Prozessschritte benötigt, in denen a-Si:H abgeschieden werden muss. Weiterhin wird bei der Herstellung von amorphen Solarzellen a-Si:H deponiert. Auch Flachbildschirme und Displays basieren auf der Abscheidung dieser Filme. Im Gegensatz zum epitaktisch gewachsenen, d.h. kristallinen, Silizium mit einer Dichte von 2.33 g/cm3, besitzt amorphes Si eine geringere Dichte von etwa 2.2 g/cm3. Dieses wird üblicherweise aus SiH4 (Silan) abgeschieden. Beim Abscheideprozess werden etwa 5 - 20% H-Atome in das Gitter miteingebaut. Dadurch erhält man amorphes, wasserstoffdotiertes Silizium: a-Si:H. Das Material kann günstig hergestellt und auf großen Flächen abgeschieden werden. Als Substratmaterialien werden u.a. Glas, Metalle, Polymere und Keramiken verwendet. Typische Gasgemische zur Herstellung von a-Si:H im PECVD sind Mischungen aus Ar:H2:SiH4 im Druckbereich von 25 - 120 Pa. Zur Dotierung werden typischerweise B2H6 (Diboran, p-Dotierung, extrem toxisch) und PH3 (Phosphin, nDotierung, extrem toxisch) verwendet. Da beide Dotiergase extrem toxisch sind, müssen entsprechende Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden. Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 145 Member of Center for Plasma Science and Technology Ruhr-Universität Bochum RUB In kapazitiv gekoppelten Entladungen (CCP, PT1) erhält man bei Leistungsdichten von 10 - 100 mW/cm2 Abscheiderqaten von 5 - 50 nm/min. Die Substrattemperaturen befinden sich typischerweise bei 25 - 400 °C. Silan ist ebenfalls nicht ungefährlich, da es unter Normalbedingungen in Reinform brennt, d.h. es reagiert mit Wasserdampf und/oder Luft heftig. Das Molekül bildet einen Tetraeder mit dem Si-Atom in der Mitte. Die Bildungsenergie beträgt 24.3 kJ/mol und der Abstand einer Si - H -Bindung beträgt 0.15 nm. Die SiH3-H Bindung hat eine Bindungsenergie von 3.9 eV. Das SiH4+-Ion ist instabil und wurde bisher nicht in einer Entladung unter typischen Abscheidebedingungen gefunden, wohingegen SiH3+ immer zu sehen ist. Die beiden Radikale SiH2 und SiH3 habe eine positive Elektronenaffinität, d.h. sie ziehen freie Elektronen an und werden dadurch zu negativ geladenen Ionen. Aus diesem Grunde sind Silan-Entladungen oftmals elektronegativ. Die Bindungsenergien der Radikale SiH2-H, SiH-H und Si-H betragen 3.0, 3.4 und 3.0 eV. In Tab. 3.1 sind einige wichtige Ratenkonstanten aufgelistet. Dies sind in der Regel Zwei-Körper-Stöße. Ein weitestgehen vollständiger Reaktionsmechanismus ist bei M. Kushner aufgeführt (K.J. Kushner, J. Appl. Phys. 63 (1988) 2532). Dieses Modell enthält mehr als 35 Elektronenstoßreaktionen, 90 NeutralteilchenNeutralteilchenreaktionen und 80 Ionen (positive) - Neutralteilchenreaktionen sowie alle Rekombinationreaktionen. Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 146 Member of Center for Plasma Science and Technology Lfd No. Reaktion Ruhr-Universität Bochum RUB Ratenkonstante (cm3/s) 1.5· 10-8 exp(-10/Te) 1 e+SiH4 →SiH3+H+e 2 e+SiH4 →SiH2+2H+e 1.8· 10-9 exp(-10/Te) 3 e+SiH4 →SiH3-+H 1.5· 10-11 exp(-9/Te) 4 e+SiH4 →SiH2-+H2 9· 10-12 exp(-9/Te) 5 e+SiH4 →SiH3++H+2e 3.3· 10-9 exp(-12/Te) 6 e+SiH4 →SiH2++H2+2e 4.7· 10-9 exp(-12/Te) 7 e+SiHn+ →SiHn-1+H 2.5· 10-7 Te-1/2 -----------------------------------------------------------------------------2.7 · 10-12 8 SiH4+H→SiH3+H2 9 SiH4+SiH2→Si2H6* 1.0 · 10-11 10 Si2H6* →Si2H4+H2 5.0 · 10+6 (1/sec) 11 Si2H6*+SiH4→Si2H6+ SiH4 1.0 · 10-10 12 SiH4+ SiH3 →Si2H5+H2 1.8 · 10-15 13 SiH3+H→SiH2+ H2 1.0 · 10-10 14 SiH3+SiH3 →SiH2+SiH4 7.0 · 10-12 15 SiHm- +SiHn+ → SiHm +SiHn 5.0 · 10-7 Tab. 3.1 Vereinfachter Silan Reaktionsmechanismus nach Kushner (1988) Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 147 Member of Center for Plasma Science and Technology RUB Ruhr-Universität Bochum Atomarer Beschichtungsmechanismus in vier Schritten: 1. Aktivierung und Passivierung der (Si-)Oberfläche θp θa Si H Si Si Si Si Si Si Si Si Si Si Si Si Abb. 3.2 Eine passive oder passivierte Oberfläche (Bedeckung θp) besteht aus Si (Bulkmaterial) oder z.B. H-Atomen, die das Bulkmaterial nach außen bedecken. Eine aktive Oberfläche (Bedeckung θa) besteht aus freien Bindungsarmen, sog. Dangling Bonds (s. Abb. 3.2). Dangling Bonds (DBs) werden durch Ionenbeschuss, vornehmlich SiH3+, erzeugt, der auch H-Atome von der Oberfläche entfernen kann. Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 148 Member of Center for Plasma Science and Technology Ruhr-Universität Bochum RUB 2. Das SiH2-Radikal kann durch Stoß mit der Oberfläche in das Festkörpergitter eingebaut werden. Dies kann an aktiven und passiven Oberflächen geschehen. In beiden Fällen handelt es sich um Physisorption. Wird das Schichtwachstum überwiegend durch diesen Elementarprozess bestimmt, erhält man eine schlechte Filmqualität, die Voids und große Rauhigkeit zur Folge hat. 3. Das adsorbierte SiH3-Radikal diffundiert entlang der Oberfläche und trägt nur an aktiven Flächen zum Wachstum bei (Chemisorption). Dies führt zum Ausgleich von Oberflächenrauhigkeiten und trägt somit zum Aufwachsen von glatten Filmen hoher Qualität bei. 4. Das adsorbierte SiH4-Molekül kann an aktiven Oberflächen ein H-Atom verlieren und passiviert dadurch den DB: SiH3 SiH4 H Si Si Si Si Si Si Si Si Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz Abb. 3.3 AEPT 149 Member of Center for Plasma Science and Technology RUB Ruhr-Universität Bochum Unter der Voraussetzung, dass die gesamte Fläche aus aktiven und passiven bzw. passivierten Flächen besteht, d.h. θp + θa =1, gilt: mit 1. gilt: SiH 3+ + Θp ⎯K⎯→ ⎯ Θa + Yion H(g) (3.1) ion wobei Yion den „Yield“ an H-Atomen pro einfallendes Ion beschreibt. SiH 2 + Θa ⎯K⎯→ Θa 2a mit 2. gilt: K 2p (3.2) SiH 2 + Θp ⎯⎯→ Θp (3.3) mit 3. gilt: K SiH 3 + Θa ⎯⎯→ Θp (3.4) mit 4. gilt: K SiH 4 + Θa ⎯⎯→ Θp + SiH 3 (g) (3.5) 3 4 Mit dem Gleichungssystem (3.1) bis (3.4) sind die oben erläuterten atomaren Prozesse beschrieben. Allerdings stellt dies eine Vereinfachung der tatsächlichen Gegebenheiten dar. Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 150 Member of Center for Plasma Science and Technology RUB Ruhr-Universität Bochum Im nächsten Schritt müssen die (von der beteiligten Teilchendichten unabhängigen) Ratenkonstanten bestimmt bzw. abgeschätzt werden: v K i ≈ Bohm n0′ SiH3+ SiH2 K 2a 1s v ≈ 2a 2 4 n0′ m3 [ ] s (3.6) 1 s 2 p v2 ≈ 4 n0′ (3.7) K 2p SiH3 K3 ≈ 1 Ms3v3 4 n0′ (3.8) SiH4 K4 ≈ 1 s 4 v4 4 n0′ (3.9) wobei die Stickingkoeffizienten mit s2, s3 und s4 gekennzeichnet sind und M die Zahl der DBs kennzeichnet, die das SiH3-Radikal im Mittel durch Diffusion passiert, bevor es desorbiert (chemisorbiert). Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 151 Member of Center for Plasma Science and Technology Ruhr-Universität Bochum RUB Im stationären Zustand ist die Bildung und Vernichtung von DBs, d.h. aktiver Oberfläche, im Gleichgewicht: dΘa ! = 0 = Yion K ion nion (1 − Θa ) − K 3 n3SΘa − K 4 n4SΘa dt (3.10) wobei der Einbau des SiH2-Radikals die Oberflächenbedeckung θa unbeinflusst lässt. Die Depositionsrate hingegen basiert auf den Gln. (3.2), (3.3) und (3.4): DSi = (K 2a n2S + K 2 p n2S + K 3 n3SΘ a ) n0′ nSi (3.11) mit der Festkörperdichte nSi. Fasst man K2a+K2p=K2 zusammen und berücksichtigt, dass die SiH4-Moleküldichte deutlich größer ist als die Ionen- und SiH2-Radikaldichten, d.h. K 4 n4S >> Yion K ion nion + K 3 n3S Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz (3.12) AEPT 152 Member of Center for Plasma Science and Technology Ruhr-Universität Bochum RUB dann erhält man mit (3.10): Θa = Yion K ion nion Y K n ≈ ion ion ion Yion K ion nion + K 3 n3S + K 4 n4S K 4 n4S (3.13) In typischen Entladungen ist nion/n4S ≈ 10-4, Yion ≈ 10 und für Kion/K4 gilt: kTe / mion K ion vBohm Te 10 4 = = ≈ ≈ = 10 2 K 4 1 4 ⋅ s4 v4 1 / 4 kTg / mion Tg 10 damit wird: Θa ≈ Electrical Engineering & Plasma Technology (3.14) 10 ⋅10 = 10 −2 4 10 Peter Awakowicz (3.15) AEPT 153 Member of Center for Plasma Science and Technology RUB Ruhr-Universität Bochum Mit M ≈10 wird der effektive Stickingkoeffizient für das SiH3-Radikal: s3,eff ≈ s3 MΘa ≈ 0.1 (3.16) Unter typischen Abscheidebedingungen ist die Dichte des SiH2-Radikals deutlich kleiner als die des SiH3-Radikals, d.h. n2S ≈ 10 −2 n3S (3.17) und damit ist der dritte Term in (3.11), der für gute Fimqualität verantwortlich ist, ca. 10-fach größer als die ersten beiden Terme, die für schlechte Filmqualität stehen. Damit wird mit (3.11) und (3.13) weiterhin deutlich, dass ein hoher Ionenfluss für eine gute Filmqualität entscheidend ist ebenso wie ein großes n3S/n2S-Verhältnis sowie eine hohe Oberflächendiffusion von SiH3. Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 154 Member of Center for Plasma Science and Technology Ruhr-Universität Bochum RUB Wie bereits angedeutet, ist der Mechanismus in den Gl. (3.1) bis (3.5) stark vereinfacht, da z.B. Gl. (3.1) für eine ganze Klasse von Ionen (und damit von Gleichungen) steht, die durch Ionenbeschuss der Oberfläche DBs erzeugen können, wie z.B. Ar+ oder SiHn+ Ionen. Gleiches gilt auch für das Besetzen oder das Freiätzen von DBs durch Wasserstoffatome: H + θa → θp H + θp → θa + H 2 ( g ) Durch diesen Wasserstoffmechanismus kann die gesamte Oberflächendynamik stark beeinflusst werden. 3.2 Abscheidung von Siliziumdioxid (SiO2) Das native Oxid des Siliziums, das als Isolatorschicht in Halbleiterbauelementen oder als Maskenmaterial entscheidende Funktionen erfüllt, kann durch Oxidation von reinem Silizium bei 850 - 1100° C in O2 oder H2O Atmosphäre erzeugt werden. Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 155 Member of Center for Plasma Science and Technology Ruhr-Universität Bochum RUB Mittels CVD kann SiO2 bei etwa 600 - 800 °C ebenfalls deponiert werden, wobei dazu eine Silan-Sauerstoffatmosphäre verwendet wird oder ein Gemisch aus TEOS (Tetraethyloxysilan) und Sauerstoff. Weiterhin wird SiO2 abgeschieden mittels PECVD bei 100 - 300 °C, wobei ebenfalls ein Gemisch aus Silan und Sauerstoff oder TEOS und Sauerstoff verwendet wird. Da TEOS im Gegensatz zu Silan inert und nicht-toxisch ist, ist die Handhabung einfacher. Allerdings handelt es sich bei TEOS um eine Flüssigkeit, die mit speziellen Verdampfer- und Flow Controller Systemen dem Hintergrundgas Stickstoff und/oder Argon zugeführt werden muß. Die Strukturformel von TEOS (Si(OC2H5)4) ist in Abb. 3.4 gezeigt. Die Bindungsenergie der C-O-Bindung in TEOS beträgt 3.7 eV, die der Si-O-Bindung 4.7 eV. TEOS wird „highly diluted“ d.h. hochverdünnt in Sauerstoff verwendet: TEOS:O2 = 1:99%. Unter diesen Bedingungen wird die Gasphasenkinetik vom Sauerstoffreaktionsmechanismus dominiert, der in Tab. 3.2 (2-Körper) und 3.3 (3-Körper) verkürzt dargestellt ist. Sauerstoffreiche Mischungen sind notwendig, um eine gute Filmqualität zu erzielen, da TEOS viel Kohlenstoff und Wasserstoff enthält, das von O2 in CO2(g) und H2O(g) umgeformt wird. Gelingt diese Oxidation nicht vollständig, dann haben die SiO2-Filme einen nennenswerten Gehalt an Kohlenstoff und/oder Wasserstoff. Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 156 Member of Center for Plasma Science and Technology RUB Ruhr-Universität Bochum H H⎯C⎯H H⎯C⎯H H H O H H H ⎯ C ⎯ C ⎯ O ⎯ Si ⎯O ⎯ C ⎯C ⎯ H H H H O H H⎯C⎯H H⎯C⎯H H Abb. 3.4 Strukturformel TEOS (Tetraethyloxysilan) Si(OC2H5)4 Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 157 Member of Center for Plasma Science and Technology Ruhr-Universität Bochum RUB Lfd. No. Reaktion Ratenkonstante [cm3/sec] 1 e+O2→Impulsaustausch 4.7⋅10-8(Te)0.5 2 e+O2→O-+ O 8.8⋅10-11(-4.4/Te) 3 e+O2→2O+e 4.2⋅10-9(-5.6/Te) 4 e+O2 →O2++2e 9⋅10-10Te0.5 exp(-12.6/Te) 5 e+ O-→O+2e 2⋅10-7 exp(-5.5/Te) 6 e+O2+→2O 5.2⋅10-9/Te -------------------------------------------------------------------------------7 O-+O2+→O+O2 2⋅10-7(300/Te)0.5 8 O-+O→O2+e 5 ⋅10-10 9 O-+O+2→3O 1. 0⋅10-7 -------------------------------------------------------------------------------10 e+O2→O-+O++e 7.1 ⋅10-11 Te0.5 exp(-17/Te) 11 e+O2→O+O++2e 5.3⋅10-10 Te0.9 exp(-20/Te) 12 e+O→O++2e 9.0⋅10-9 Te0.7 exp(-13.6/Te) und viele weitere: B. Eliasson, U. Kogelschatz, Basic data for modelling of electrical discharges in gases: oxygen, Report KLR86-11C, BBC Konzernforschung, CH-5405 Baden/Schweiz (1986) Tab. 3.2 Ausgewählte 2-K-Reaktionen in Sauerstoffentladungen (Te in eV, T in K) Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 158 Member of Center for Plasma Science and Technology RUB Ruhr-Universität Bochum Lfd. No. Reaktion Ratenkonstante [cm6/sec] 1 e+e+O2+→e+O2 1⋅10-19(0.026/Te)4.5 2 e+O2++O2→O2+ O2 6⋅10-27(0.026/Te)1.5, 1⋅10-26 3 e+O+O2→O-+O2 1⋅10-31 ---------------------------------------------------------------------------4 e+e+O+ →e+O 1⋅10-19 (0.026/Te)4.5 5 e+ O++O2 →O+O2 6⋅10-27(0.026/Te)1.5 ,1⋅10-26 6 O-+O++O2→O2+O2 2⋅10-25(300/Te)2.5 ,1⋅10-25 7 O-+O++M→O+O+M 2⋅10-25(300/Te)2.5 ---------------------------------------------------------------------------9.9 ⋅10-33 (O*= O(1D) Meta) 8 O+O*+O2→O2+O2 ---------------------------------------------------------------------------9 e+O2+O2→O2-+O2 1.4⋅10-29(0.026/Te) x exp[100/T-0.061/Te] 10 e+O2+O→O2-+O 1.0 ⋅10-31 11 O-+O2++O2 →O3+O2 2⋅10-25(300/Te)2.5 und weitere: B. Eliasson, U. Kogelschatz, Basic data for modelling of electrical discharges in gases: oxygen, Report KLR86-11C, BBC Konzernforschung, CH-5405 Baden/Schweiz (1986) Tab. 3.3 Ausgewählte 3-K-Reaktionen des Sauerstoff (Te in eV, T in K) Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 159 Member of Center for Plasma Science and Technology RUB Ruhr-Universität Bochum Typische Gasmischungen (Ausgangsgase) sind: SiH4+Ar+N2O oder SiH4+Ar+NO oder SiH4+Ar+O2 Diese führen zu Depositionsraten von bis zu 200 nm/min, d.h. ca. 3.3 nm/sek. Oftmals wird N2O als Sauerstoffquelle verwendet, da dieses Gas genügend viele O-Atome durch Dissoziation liefert. Man geht davon aus, dass die wichtigsten Si-Radikale für die Deposition („Precursor“) die Radikale SiH3, SiH2 und O sind. Diese werden durch Elektronenstoßdissoziation (vgl. Tab. 3.2) der Ausgangsgase (s.o.) erzeugt. Eine wichtige, initiale Reaktion an der Oberfläche, um DBs zu erzeugen, lautet: 2SiH 3 + O(s) → (SiH 3 ) 2 O → SiH 3OH + H 2 (3.18) wobei die Endprodukte gasförmig sind. Überzählige Wasserstoffatome an der Oberfläche werden durch Sauerstoff oxidiert unter Bildung von Wasser („Knallgasreaktion“). Typische H-Konzentrationen in der Schicht liegen bei etwa 2 - 9%. Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 160 Member of Center for Plasma Science and Technology Ruhr-Universität Bochum RUB Beispiel: Abscheidung im Trench-Kondensator In PT1 wurde gezeigt, dass zur Herstellung eines „Bits“ ein „Graben“ (=Trench) geätzt wird, der anschliessend mit einem Isolatormaterial (SiO2) gefüllt werden muss. Eine weitere leitfähige Schicht bildet dann mit dem Bulkmaterial einen Kondensator, dessen gespeicherte Ladung das Bit repräsentiert (Abb. 3.5). Elektrode Isolator Elektrode Breite: 0.12 mm 1 Bit Tiefe: 5.5 mm Aspektverhältnis 1 : 45 1Gbit-Trench (Stand 6.99) Abb. 3.5 Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 161 Member of Center for Plasma Science and Technology Ruhr-Universität Bochum RUB Da die Stickingkoeffizienten von SiH3 und SiH2 in Silan-Entladungen hoch sind (s ≈ 0.35), besteht die Gefahr der ungleichmäßigen Abscheidung innerhalb des Trenches. Ein einfaches Modell für die Beschichtung eines Trenches der Weite w und der Tiefe d (Abb. 3.6) zeigt unter Annahme großen Stickings und eines ballistischen Transports der Precursor im Trench (d.h. kein Stoß ≡ mittlere freie Weglänge>> als w, d) folgende Abhängigkeit des Depositionsflusses: Γ SiO ∝ 1 − cosθ s θs (3.19) 2 d Fluss auf die Seitenwände w Damit gilt für Abscheidung in der Nähe der Oberfläche θs ≈ 90° und damit 1-cosθs ≈ 1. Je tiefer man in den Trench hineingeht, um so kleiner wird θs und um so kleiner wird ΓSiO2 Abb. 3.6 Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 162 Member of Center for Plasma Science and Technology Ruhr-Universität Bochum RUB Da die Depositionsrate in einer PECVD Silanentladung in der Nähe der Trenchöffnung am Größten ist, kann das gemäß Abb. 3.7 zu einem Einschluss (Void) in Form eines „Schlüssellochs“ führen. SiO2-Isolationschicht Trenchkondensator Abb. 3.7 „Schlüsselloch“-Einschluss (Void) Diese Einschlussbildung während der Deposition ist für alle Anwendungen i.d.R. unerwünscht. Um eine uniforme Abscheidung zu erzielen, sollte einerseits die Stickingwahrscheinlichkeit nicht zu hoch sein und andererseits die Oberflächendiffusion nicht zu gering. Im Falle eines PECVD-Silan-Prozesses ist jedoch das Sticking der Precursor hoch und die Oberflächendiffusion gering. Daher ist die Gleichmäßigkeit der Abscheidung schlecht, allerdings sind die Abscheideraten gut (200 nm/min). Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 163 Member of Center for Plasma Science and Technology Ruhr-Universität Bochum RUB Demgegenüber führt die SiO2-Deposition mit einem TEOS/Ar/O2-Gemisch zu einer deutlich homogeneren Schichtabscheidung, wenn der Prozess unter „highly diluted“ Bedingungen abläuft, die Substrattemperaturen sich bei 200 300°C befinden und der Prozessdruck bei etwa 25 - 60 Pa eingestellt wird. Unter diesen Bedingungen ist die Abscheiderate relativ gering, nämlich bei etwa 50 nm/min, verglichen mit der Silanabscheidung. Der signifikante Unterschied scheint daher zu rühren, dass die TEOS-Precurser etwa eine Größenordnung geringere Stickingkoeffizienten (s ≈ 0.045) besitzen, die eben dadurch zu homogener Deposition führen. Man glaubt, dass TEOS-Precursor folgende Spezies sind: Si(OC 2 H 5 ) n (OH) 4−n Si(OC 2 H 5 ) n O 4-n mit n=0, 1, 2, 3 Diese werden durch Elektronenstoßdissoziation auf folgende Weise erzeugt: e + Si(OC 2 H 5 ) n (OH) 4−n → Si(OC 2 H 5 ) n -1 (OH) 4−n +1 + C 2 H 4 + e n=1-4 (3.20) Zur Veranschaulichung dieses Stoßprozesses dient Abb. 3.8. Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 164 Member of Center for Plasma Science and Technology RUB Ruhr-Universität Bochum Gl. (3.20) für z.B. n=2: e O-H O-H e C2H5-O-Si-O-C2H5 C2H5-O-Si-O-H O-H O-H Abb. 3.8 C2H4 Anstelle des Elektronstoßes kann auch eine O-Atomreaktion treten: O + Si(OC 2 H 5 ) n (OH) 4−n → Si(OC 2 H 5 ) n −1 (OH) 4−n +1 + C 2 H 4 O n=1-4 (3.21) wobei in „highly diluted“ TEOS/O2 Gemischen die Reaktion aus Gl. (3.21) dominiert. Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 165 Member of Center for Plasma Science and Technology Ruhr-Universität Bochum RUB Bisher ist nicht bekannt, welche Precursor in den größten Konzentrationen während des TEOS/O2 - Prozesses vorhanden sind. Die Precursor adsorbieren auf der wachsenden Oberfläche, wobei Reaktionen mit Sauerstoff diese gemäß Gl. (3.21) fragmentieren. Weiterhin oxidieren die Sauerstoffradikale (O) die Wasserstoff- und Kohlenstoffatome. Dieser Oxidationsprozess ist der mutmaßliche ratenbegrenzende Prozeßschritt der Deposition. Zusätzlich ist auch eine starke Richtungsabhängigkeit bekannt, die auf einen Ionenbeschuss hinweist, der die vertikale Deposition unterstützt (und nicht die auf den horizontalen Oberflächen). Im Bereich mittlerer bis hoher Temperaturen weisen die Abscheideraten eine negative Aktivierungsenergie auf, d.h. dass die Depositionrate zunimmt, wenn die Substrattemperatur abnimmt. Dies kann wie folgt begründet werden: • Die thermische Desorption nimmt mit steigender Substrattemperatur zu, wodurch die Bedeckung der Oberfläche mit Precursor-Spezies vermindert wird. • Aufgrund einer zunehmenden O-Rekombination auf der Oberfläche, wird die O-Atomkonzentration im Volumen vermindert, wodurch zur Precursorproduktion im Volumen nicht genügend O-Atome verfügbar sind. Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 166 Member of Center for Plasma Science and Technology Ruhr-Universität Bochum RUB Ähnlich wie im Falle der a-Si:H-Abscheidung kann der chemische Reaktionsmechanismus mit Ratengleichungen beschrieben werden: 1. Sauerstoffatome oxidieren die TEOS Precursoren auf der wachsenden Oberfläche, die dann zur Deposition beitragen. Es wird angenommen, dass TEOSFragmente die gesamte Oberfläche bedecken (absättigen). Daher ist die Depostionsrate unabhängig von der Oberflächenbedeckung: (1) DSiO ≈ 2 0.9n OS n SiO [cm/sek] (3.22) 2 wobei die Konstante 0.9 cm/sek einem Fit an experimentelle Daten entnommen wurde und nOS die O-Atomdichte in Oberflächennähe beschreibt sowie nSiO2 die Festkörperdichte. 2. Sauerstoffionen oxidieren ebenfalls die TEOS-Precursoren, was zu der Depositionsrate führt: D ( 2) SiO 2 ≈ nO+ vBohm Electrical Engineering & Plasma Technology 2 nSiO 2 [cm/sek] Peter Awakowicz (3.23) AEPT 167 Member of Center for Plasma Science and Technology Ruhr-Universität Bochum RUB Da es sich in (3.23) um Ionen handelt, muss auch die Bohmgeschwindigkeit benutzt werden. 3. Die Rekombination von Sauerstoffatomen an allen Oberflächen (d.h. an vertikalen und horizontalen) führt zu nicht-reaktiven O2-Molekülen, die dadurch die verfügbaren O-Atomkonzentration der Gasphase (in Oberflächennähe) nOS (Gl. 3.22) vermindern. Gleichzeitig aktiviert die Rekombinationswahrscheinlichkeit srec(T) die SiO2Oberflächen. Allerdings hat diese keine Arrhenius-Form. Typische Werte f.d. Rekombinationswahrscheinlichkeit von O auf SiO2-Oberflächen sind: srec (20°C)=1.8· 10-4 srec (127°C)=2.7· 10-4 srec (200°C)=6.5· 10-4 srec (394°C)=50· 10-4 Damit kann der Fluss an O-Atomen, die durch diesen Prozess dem Volumen verloren gehen, beschrieben werden durch: 1 Γ rec = 2 srec (T ) nOSvO 4 Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz (3.24) AEPT 168 Member of Center for Plasma Science and Technology Ruhr-Universität Bochum RUB Wenn in Gl. (3.24) T zunimmt, wird damit auch der Fluss größer. Dies führt bei festgehaltener O-Generation zu einer Verminderung der Abscheiderate gemäß Gl. (3.22). Ein schönes Beispiel: Sterilisation und Beschichtung von PET mit SiO2 (ca. 30 nm) am AEPT Electrical Engineering & Plasma Technology Peter Awakowicz AEPT 169