überwunden werden (AEPT: VHF-Plasma). - Ruhr

Werbung
Member of Center for
Plasma Science and Technology
Ruhr-Universität Bochum
RUB
Plasmatechnik II
1. Gasphasen- und Oberflächenprozesse
1.1 Elementare Gasphasen- und Oberflächenreaktionen
1.2 Gasphasenkinetik
1.3 Oberflächenprozesse
1.4 Oberflächenkinetik
2. Schichtabscheidung durch Sputterverfahren
2.1 Magnetron Entladungen
2.2 Schichtabscheidung
3. Plasmaunterstützte chemische Schichtabscheidung (PECVD)
3.1 Amorphes Silizium
3.2 Siliziumdioxid
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
Member of Center for
Plasma Science and Technology
Ruhr-Universität Bochum
RUB
Literatur zu Plasmatechnik II
•
•
•
•
M. A. Lieberman, A. J. Lichtenberg, “Principles of plasma
discharges and materials processing“ John Wiley & Sons, Inc.
(1994)
B. Chapmann, “Glow discharge processes“ John Wiley & Sons,
Inc. (1980)
K. Wasa, S. Hayakawa, “Handbook of sputter deposition
technology“ Noyes Publications (1992)
P. Sigmund in „Sputtering by particle bombardment I, Ed. R.
Behrisch, Topics Appl. Phys 47, Springer Berlin (1981) pp. 9-71
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
2
Member of Center for
Plasma Science and Technology
RUB
Ruhr-Universität Bochum
1. GASPHASEN- UND OBERFLÄCHENPROZESSE
1.1 Elementare Gasphasen- und Oberflächenreaktionen
Betrachtet man folgende Reaktionen:
2U + 3V → W + 2 Z
a)
U+V→W+Z
U→W+Z
b)
(1.1.1)
c)
wobei U, V, W, Z Moleküle sind. Eine der obigen Reaktionen wird als
„elementar“ bezeichnet, wenn diese in einem Schritt vollzogen wird. D.h. alle
Moleküle in (1.1.1) a), b) müssen gleichzeitig stoßen, bzw. in (1.1.1) c) muß
die „Zerlegung“ in einem Schritt erfolgen.
Reaktion (1.1.1) a) ist mit großer Wahrscheinlichkeit keine elementare
Reaktion, da fünf Moleküle gleichzeitig zusammenstoßen müssen. Für die
Reaktionen b) ist eine elementare Reaktion denkbar:
O + + O 2 → O + O +2
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
3
Member of Center for
Plasma Science and Technology
RUB
Ruhr-Universität Bochum
ebenso für die Reaktion c):
A * → A + hν
Andererseits ist bekannt, dass folgende Reaktion nicht elementar ist:
Cl 2 + H 2 → 2HCl
Diese Reaktion entspricht (1.1.1) b). Daraus geht hervor, dass, ausgehend von
stöchiometrischen Gleichungen ((1.1.1) a) - c)) nicht entschieden werden kann,
ob eine Reaktion elementar ist oder nicht.
Allerdings lassen sich chemische Gleichungen in verschiedene Grundmuster
zerlegen:
1. Unimolekulare Reaktionen:
U → Endprodukte
2. Bimolekulare
U + V → Enprodukte
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
4
Member of Center for
Plasma Science and Technology
RUB
Ruhr-Universität Bochum
Bei hohem Druck können auch termolekulare Reaktionen auftreten:
U + V + W → Endprodukte
Diese sind jedoch in Niederdruckplasmen meist komplex, d.h. nicht elementar.
Mittels der sog. stöchiometrischen Koeffizienten α i lassen sich Reaktionsraten
definieren. Die Reaktionsraten sind für Reaktanten (U, V in (1.1.1)) negativ, für
Produkte (Zwischen- oder Endprodukte, W, Z in (1.1.1)) positiv:
1 dn j
R=
α j dt
(1.1.2)
mit der Anzahldichte nj von Molekülen der j-ten Komponente.
Betrachtet man Reaktion (1.1.1) a), dann gilt:
R=−
1 dn U
1 dnV dnW 1 dnZ
=−
=
=
2 dt
3 dt
dt
2 dt
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
5
Member of Center for
Plasma Science and Technology
RUB
Ruhr-Universität Bochum
Im Falle von Oberflächenreaktionen müssen die Teilchenvolumendichten nj
[cm-3] durch Oberflächendichten nj´[cm-2] ersetzt werden.
Im Allgemeinen ist R eine komplizierte Funktion der Teilchenzahldichte aller
Reaktanten. Im Falle von elementaren Reaktionen jedoch unterscheidet man
folgende einfache Formen:
Z → Produkte
R=−
dnZ
= K1nZ
dt
(1.1.3)
Die Größe K1 [s-1] wird Ratenkonstante erster Ordnung genannt.
U + U → Produkte
R=−
1 dn U
= K 2 nU2
2 dt
(1.1.4)
Die Größe K2 [m3s-1] wird Ratenkonstante zweiter Ordnung genannt.
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
6
Member of Center for
Plasma Science and Technology
RUB
Ruhr-Universität Bochum
Eine Reaktion zweiter Ordnung kann auch durch zwei unterschiedliche
Reaktanten gebildet werden:
U + V → Produkte
R=−
dnU
dn
= − V = K 2 nU nV
dt
dt
(1.1.5)
Für Reaktionen dritter Ordnung ergibt sich damit:
U + V + W → Produkte
R=−
dnU
dn
dn
= − V = − W = K 3 nU nV nW
dt
dt
dt
(1.1.6)
mit K3 in [m6s-1]. Diese Ratenkonstanten sind Funktionen der
Temperatur, aber unabhängig von den Dichten der beteiligten
Reaktanten.
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
7
Member of Center for
Plasma Science and Technology
RUB
Ruhr-Universität Bochum
Gleichgewichtskonstante
Betrachtet man folgende entgegengesetzte elementare Reaktionen:
U+V
K2
⎯
⎯→
W+Z
←⎯⎯
K
−2
mit der Vorwärtsrate nUnVK2 und der Rückwärtsrate nWnZK-2. Im thermischen
Gleichgewicht sind die Raten gleich:
K 2 nU nV = K −2 nW nZ
(1.1.7)
nW nZ K 2 (T )
=
= Κ (T )
nU nV K −2 (T )
(1.1.8)
umgeformt erhält man
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
8
Member of Center for
Plasma Science and Technology
Ruhr-Universität Bochum
RUB
Obwohl (1.1.8) hergeleitet wurde für thermisches Gleichgewicht, ist dieser
Zusammenhang auch in einem realen System gültig, das sich nicht im
thermischen Gleichgewicht befindet. Einzige Voraussetzung ist, dass die
Geschwindigkeit der stoßenden Teilchen einer Maxwellverteilung mit der
Temperatur T unterliegt. Der Grund liegt darin, dass die Ratenkonstanten (auch
Ratenkoeffizienten genannt) unabhängig von den Teilchendichten sind. Sie
hängen nur ab vom zugehörigen Wirkungsquerschnitt und der Stoßdynamik
(=Wirkungsquerschnitt):
∞
K UV (T ) = σ UV vR = ∫ f m vRσ UV 4πvR2 dvR
(1.1.9)
0
Dieser Ausdruck entspricht Gl. ( 2.3) in Plasmatechnik 1 (PT1). Damit kann, wenn
die Gleichgewichtskonstante K (T ) bekannt ist, ein Ratenkoeffizient
(Ratenkonstante) aus dem anderen berechnet werden. Z.B. Stoßanregung:
n0 ne X (Te ) = n*neY (Te )
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
(1.1.20)
AEPT
9
Member of Center for
Plasma Science and Technology
RUB
Ruhr-Universität Bochum
Mit dem Ratenkoeffizient Y für Stoßabregung. Sind n0 und n* im thermischen
Gleichgewicht, dann gilt:
⎛ ∆E ⎞
n0 g 0
⎜⎜ −
⎟⎟
=
exp
*
*
n
g
⎝ kTe ⎠
(1.1.21)
Damit wird Y, wenn X bekannt ist:
Y=X
⎡ ∆E ⎤
n0
g0
=
−
X
exp
⎢
⎥
*
*
n
g
⎣ kTe ⎦
(1.1.22)
Gl. (1.1.21) wurde auch in PT1 unter Gl. (2.8) bereits verwendet. Dieser
bemerkenswerte Umstand wird „Prinzip des detaillierten Gleichgewichts“
genannt und kann für alle Reaktionen zur Berechnung der Ratenkonstante
(Ratenkoeffizient) der jeweiligen Rückreaktion verwendet werden.
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
10
Member of Center for
Plasma Science and Technology
Ruhr-Universität Bochum
RUB
1.2 Gasphasenkinetik
Viele Reaktionen, die in der Prozesstechnologie relevant sind, sind nicht
elementar. Vielmehr bestehen diese aus aufeinander aufbauenden, teilweise
gegenläufigen, teilweise parallelen Reaktionen.
In PT1 wurde Siliziumätzen mit CF4 betrachtet. Dieser Prozess beruht darauf, dass
durch verschiedene Reaktionen F Atome erzeugt und auch vernichtet werden:
e + CFx
→
← CFx-1 + F + e
x = 1,2,3,4
Die meisten technologischen Prozesse sind stationär, d.h. die gesamte Prozesszeit
z.B. zum Ätzen von Trenches ist sehr viel länger als Reaktions- oder Transportzeitkonstanten (Abb. 1.1) für die relevanten Gasphasenspezies.
Während eines typischen Prozesses befindet sich ein konstanter Gasfluss im
Reaktor (bestehend aus verschiedenen Gasen), eine konstante Leistung und
meist ist das Gefäß auch unter konstantem (Unter)druck. Alle gasförmigen
Spezies werden entweder abgepumpt oder auf den Oberflächen abgeschieden.
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
11
Member of Center for
Plasma Science and Technology
Langsame Dichte
t º 100 ms
RUB
Ruhr-Universität Bochum
25
11
1,0x10
Schnelle
„Temperatur“
t º 1ms
t = 125 ms
10
-3
15
ne [cm ]
Ee/e,UFl,UPl [V]
20
electron energy EeV
plasma potential UplV
floating potential UflV
electron density ne
10
1,0x10
t = 555 ms
5
9
0
0
100
200
300
400
500
In den ersten ms:
time [µs]
kein Skineffekt
fl starke Heizung weniger Elektronen
fl Zündung kapazitiv
600
700
800
900
1,0x10
1000
Zwei Zeitkonstanten:
abhängig von Ionenmasse
fl Trägheit + variables <E>
Abb. 1.1 Zeitkonstanten im gepulsten induktiv gekoppelten HF-Plasma
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
12
Member of Center for
Plasma Science and Technology
RUB
Ruhr-Universität Bochum
Aus diesen Gründen sind die Teilchendichten der gasförmigen Spezies konstant,
d.h. unabhängig von der Zeit.
Allerdings können diese Dichten nicht unter der Annahme thermodynamischen
Gleichgewichts bestimmt werden, da dies nicht vorliegt.
Sind allerdings die Ratenkoeffizienten für die einzelnen Reaktionen bekannt,
können die entsprechenden Ratengleichungen (meist numerisch) gelöst werden,
die oftmals miteinander verknüpft sind. Bestimmte charakteristische Verläufe für
einfache Systeme sollen im Folgenden betrachtet werden.
Konsekutive Reaktionen erster Ordnung
Betrachtet werden sollen zwei konsekutive zeitveränderliche Reaktionen:
K
K
U ⎯⎯→
V ⎯⎯→
W
U
V
(1.2.1)
ohne Quellen und Senken, d.h. die Spezies U wird nicht von außen nachgeliefert
und die Spezies W verschwindet nicht nach außen.
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
13
Member of Center for
Plasma Science and Technology
RUB
Ruhr-Universität Bochum
Die Ratengleichungen für diese Abfolge von Reaktionen lauten:
dnU
= − K U nU
dt
(1.2.2)
dnV
= K U nU − K V nV
dt
(1.2.3)
dnW
= K V nV
dt
(1.2.4)
Beginnt man nun mit einem Anfangswert nU=nU0, wobei nV und nW = 0 für t=0,
dann kann (1.2.2) integriert werden:
nU = nU0 exp(− K U t )
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
(1.2.5)
AEPT
14
Member of Center for
Plasma Science and Technology
Ruhr-Universität Bochum
RUB
setzt man (1.2.5) in (1.2.3) ein, erhält man durch Integration:
nV = nU0
KU
[exp(− K Ut ) − exp(− K Vt )]
KV − KU
(1.2.6)
Diese Vorgehensweise kann nochmals wiederholt werden, um auch noch
nW zu berechnen (Einsetzen von (1.2.6) in (1.2.4) und anschl. Integration).
Da es sich jedoch um ein abgeschlossenens System handelt, gilt:
nU (t ) + nV (t ) + nW (t ) = nU0 = const
(1.2.7)
Nachdem nU und nV bekannt sind, ergibt sich somit:
nW (t ) = nU0 − nU − nV
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
(1.2.8)
AEPT
15
Member of Center for
Plasma Science and Technology
Ruhr-Universität Bochum
RUB
Daraus erhält man schließlich:
⎡
⎤
1
(K V exp(− K U t ) − K U exp(− K Vt ) )⎥
nW = nU0 ⎢1 +
⎣ KU − KV
⎦
(1.2.9)
Betrachtet man 2 Extremfälle 1) KU<<KV und 2) KV<<KU, dann gilt für Fall 1:
nW = nU0 (1 − exp(− K U t ))
(1.2.10)
nW = nU0 [1 − exp(− K V t )]
(1.2.11)
und für Fall 2:
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
16
Member of Center for
Plasma Science and Technology
RUB
Ruhr-Universität Bochum
In beiden Fällen (1 u. 2) wird die Bildung der Produkte durch die kleine
Ratenkonstante definiert. Da der Kehrwert der Ratenkonstanten in (1.2.10) und
(1.2.11) die Zeitkonstanten für den exponentiellen Zeitverlauf darstellen, wird
die Bildung von nW durch die langsamste Zeitkonstante limitiert, den sog.
ratenbegrenzenden Reaktionsschritt.
Im Fall 1 (KV>>KU) wird die Spezies V mit einer langsamen Rate aus der Spezies
U erzeugt. Anschließend wird V sehr schnell in Spezies W umgewandelt. Aus
diesem Grunde zerfällt nV (nach einer kurzen Übergangszeit) mit der Rate KU,
wobei nV<<nU. Damit gilt:
dnV
≈ K U nV << K U nU
dt
Daher wird
(1.2.12)
n&V in Gl. (1.2.3) zu Null gesetzt.
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
17
Member of Center for
Plasma Science and Technology
RUB
Ruhr-Universität Bochum
Auf diese Weise erhält man folgende Näherungslösung für die Gln. (1.2.2) (1.2.4):
nU = nU0 exp(− K U t )
nV ≈
(s. 1.2.5)*
KU
K
nU = U nU0 exp(− K U t )
KV
KV
nW ≈ nU0 [1 − exp(− K U t )]
(1.2.13)
(s. 1.2.10)*
Spezies V ist in diesem Fall die reaktive Zwischenstufe. Wobei
dnV
≈0
dt
die stationäre Lösung für die reaktive Zwischenstufe V ist.
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
18
Member of Center for
Plasma Science and Technology
RUB
Ruhr-Universität Bochum
1
1
0.8
0.8
nU
nW
0.6
KV
= 30
KU
0.6
0.4
0.2
0.4
0.5
1
1.5
2
2.5
3
nV
0.2
0.5
1
1.5
2
2.5
3
t/sec
Abb. 1.2 Zeitabhängige Reaktionskinetik der Teilchendichten für KU=1 und KV=5
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
19
Member of Center for
Plasma Science and Technology
Ruhr-Universität Bochum
RUB
Im Fall 2 (KU>>KV) wird Spezies V durch U schneller erzeugt als W durch V.
Dadurch entstehen zwei nicht gekoppelte Reaktionen erster Ordnung mit den
nachfolgenden Lösungen. Für t<ts (Separationszeit) gilt:
nU = nU0 exp[− K U t ]
nV ≈ nU0 (1 − exp[− K U t ])
(1.2.14)
nW ≈ 0
und für t>ts gilt demgegenüber:
nU ≈ 0
nV ≈ nU0 exp[− K V t ]
(1.2.15)
nW ≈ nU0 (1 − exp[− K V t ])
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
20
Member of Center for
Plasma Science and Technology
1
0.8
RUB
Ruhr-Universität Bochum
1
ts≈0.22 sec
nW
nU
0.8
ts≈0.45 sec
0.6
KU
= 20
KV
0.6
0.4
0.4
0.2
nV
0.2
0.5
0.5
1
1.5
2
2.5
1
3
1.5
2
2.5
3
t/sec
Abb. 1.3 Zeitabhängige Reaktionskinetik der Teilchendichten für KU=5 und KV=1
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
21
Member of Center for
Plasma Science and Technology
RUB
Ruhr-Universität Bochum
Für die Separationszeit gilt:
ts =
1
KU KV
(1.2.16)
die die schnellen (1.2.14) und die langsamen (1.2.15) Zeitkonstanten
voneinander trennt.
Soll nun die konsekutive Reaktion (1.2.1) in einem stationären Plasmaprozess
ablaufen, benötigt man für die Spezies U einen Generationsterm G [m-3 s-1] (z.B.
den Zufluss durch Frischgas) sowie einen Verlustterm für die Spezies W (z.B.
durch Abpumpen), der als Reaktion erster Ordnung geschrieben werden kann.
Damit erhält man aus (1.2.2) bis (1.2.4):
dnU
= G − K U nU = 0
dt
dnV
= K U nU − K V nV = 0
dt
dnW
= K V nV − K W nW = 0
dt
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
(1.2.17)
AEPT
22
Member of Center for
Plasma Science and Technology
RUB
Ruhr-Universität Bochum
Löst man dieses Gleichungssystem (1.2.17), erhält man:
nU =
G
KU
nV =
G
KV
nW =
G
KW
(1.2.18)
Gegenläufige Reaktionen
Nun soll (1.2.1) mit den jeweiligen gegenläufigen Reaktionen betrachtet werden:
KU
→V
U ←
K -U
KV
→ W
←
K -V
(1.2.19)
wobei nU=nU0 gesetzt wird, ohne weitere Quellen oder Senken zu
berücksichtigen.
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
23
Member of Center for
Plasma Science and Technology
Ruhr-Universität Bochum
RUB
Dann ergeben sich folgende Ratengleichungen:
dnU
= − K U nU + K − U nV = 0
dt
dnV
= K U nU − K − U nV − K V nV + K −V nW = 0
dt
dnW
= K V nV − K −V nW = 0
dt
(1.2.20)
(1.2.21)
(1.2.22)
mit den zugehörigen Lösungen:
nV =
KU
nU0 = nV
K −U
nW =
KV
nV = nW
K −V
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
(1.2.23)
AEPT
24
Member of Center for
Plasma Science and Technology
Ruhr-Universität Bochum
RUB
wobei diese Lösungen (1.2.23) diejenigen für thermisches Gleichgewicht
darstellen. Dieser Zusammenhang, der mit dem Begriff des „detaillierten
Gleichgewichts“ in Abschnitt 1.1 bereits erläutert wurde, muss sich einstellen,
wenn die genau gegenläufigen Reaktionen sich bilanzieren, ohne dass Quellen
oder Senken vorhanden sind.
Betrachtet man hingegen für die Reaktionen (1.2.19) einen Quellenterm (G) und
einen Verlustterm (-KWnW) erster Ordnung, dann erhält man:
KU
nV
=
nU K + K V K W
−U
K −V + K W
(1.2.24)
nW
KV
=
nV K −V + K W
wobei wiederum (vgl. (1.2.18)) gilt:
nW =
Electrical Engineering & Plasma Technology
G
KW
Peter Awakowicz
(1.2.25)
AEPT
25
Member of Center for
Plasma Science and Technology
Ruhr-Universität Bochum
RUB
Vergleicht man nun die Ergebnisse von (1.2.24) mit denen von (1.2.23), dann
zeigt sich, dass die Verhältnisse der Teilchenzahldichten von (1.2.24) unterhalb
der Gleichgewichtsverhältnisse von (1.2.23) liegen, sobald Quellen und Senken
vorhanden sind. Dies ist für nahezu alle Niederdruckplasmaprozesse gegeben,
die sich daher nicht im thermischen Gleichgewicht befinden.
2-Körper Anlagerungsstöße mit Strahlungsemission
Betrachtet man folgende Reaktion
U + V → UV
(1.2.26)
Sind U und V zwei Atome, kann diese Reaktion nicht stattfinden, da Energie- und
Impulserhaltung verletzt wären. Allerdings gibt es zahlreiche sog. AttachmentProzesse, wie z.B.
SF6 + e − → SF6−
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
26
Member of Center for
Plasma Science and Technology
Ruhr-Universität Bochum
RUB
Um zu verstehen, wie (1.2.26) abläuft, muß ein Zwischenschritt betrachtet
werden:
K2
U + V ⎯⎯→
UV *
(1.2.27)
der zu einem angeregten, aber unstabilen Molekül führt. Wird die
Anregungsenergie nicht (sehr schnell) in einem folgenden Reaktionsschritt auf
ein anderes Teilchen übertragen, dissoziiert das Molekül sofort:
−1
UV * ⎯K⎯→
U+V
(1.2.28)
Ein möglicher Mechanismus für sofortigen Energieverlust ist Strahlungsemission,
die dann zu folgender komplexer Reaktion führt:
K2
K1
*
⎯
⎯→
U + V ←⎯⎯
UV
⎯
⎯→
UV + hν
K
(1.2.29)
−1
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
27
Member of Center for
Plasma Science and Technology
Ruhr-Universität Bochum
RUB
Die stationären Ratengleichungen für (1.2.29) lauten:
dnU dnV
=
= − K 2 nU nV + K −1nUV* + G = 0
dt
dt
dnUV*
= K 2 nU nV − K −1nUV* − K1nUV* = 0
dt
dnUV
= K1nUV* − K1W nUV = 0
dt
(1.2.30)
wobei wieder ein Quellterm G und ein Verlustterm K1WnUV eingesetzt wurde (um
ein stationäres System zu erhalten). Da die Reaktion (1.2.29) der von (1.2.19)
entspricht, wenn K-V zu Null gesetzt wird, kann die Lösung aus (1.2.24, oben)
verwendet werden:
nUV* =
Electrical Engineering & Plasma Technology
K2
nU nV
K −1 + K1
Peter Awakowicz
(1.2.31)
AEPT
28
Member of Center for
Plasma Science and Technology
Ruhr-Universität Bochum
RUB
Die zugehörige Rate R der Produktion von nUV lautet damit:
R = K1nUV* =
K1 K 2
nU nV
K −1 + K1
(1.2.32)
Betrachtet man die Reaktion ((1.2.26): U+V→UV) als eine elementare Reaktion
(was sie nicht ist), kann man die zugehörige Ratekonstante schreiben als:
K 2′ =
K1 K 2
K −1 + K1
(1.2.33)
Zur Abschätzung dieser Ratenkonstante nimmt man eine typische
Dissoziationszeitkonstante eines unstabilen Moleküls UV* zu 10-13 - 10-12 s an.
Damit wird K-1=1012 - 1013 s-1. Typische Übergangswahrscheinlichkeiten f.
spontane Emission (A-Werte, Einsteinkoeffizienten) sind in der Größenordnung
K1=108 - 109 s-1. Setzt man dies in (1.2.33) ein, erhält man:
K 2′ ≈ 10 −5 − 10 −3 K 2
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
(1.2.34)
AEPT
29
Member of Center for
Plasma Science and Technology
Ruhr-Universität Bochum
RUB
Daraus (1.2.34) erkennt man, dass die Ratenkonstante für 2-Körper
Anlagerungsstöße mit Strahlungsemission gering ist. Aus diesem Grund ist dieser
Prozess in Niederdruckplasmen von geringer Bedeutung
3-Körper Anlagerungsstösse
Betrachtet werden soll folgender Typ von Stoß, bei dem die Spezies U und V
miteinander reagieren und einen dritten unveränderlichen Stoßpartner M
benötigen, um der Impuls- und Energieerhaltung zu genügen:
U + V + M → UV + M
(1.2.35)
M kann jedes beliebige Schwerteilchen (Atom, Molekül) im System sein.
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
30
Member of Center for
Plasma Science and Technology
Ruhr-Universität Bochum
RUB
Da 3-Teilchenstöße in Niederdruckplasmen sehr selten sind, ist die
Wahrscheinlichkeit für eine komplexe (d.h. nicht elementare) Reaktion groß:
K
*
⎯
⎯→
U + V ←⎯⎯
UV
K
2
(1.2.36)
−1
dabei bildet sich also aus den Teilchen U und V ein Molekül, das sich in einem
angeregten Zustand befindet. Dieses stößt dann mit dem Teilchen M, welches
nicht verändert wird:
UV * + M ⎯K⎯
⎯→ UV + M
2M
(1.2.37)
Die Ratengleichungen mit Quellen und Senken dazu lauten:
dnU
= − K 2 nU nV + K −1nUV* + G = 0
dt
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
31
Member of Center for
Plasma Science and Technology
sowie
dnUV
*
Ruhr-Universität Bochum
RUB
= K 2 nU nV − K −1nUV − K 2 M nUV nM = 0
*
*
dt
dnUV
= K 2 M nUV nM − K1W nUV
dt
(1.2.38)
*
Die Lösungen dazu lauten (vgl. mit (1.2.18) bzw. (1.2.25)):
G = K1W nUV = K 2 M nUV nM
*
und
(1.2.39)
nUV =
*
K2
nU nV
K −1 + K 2 M nM
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
32
Member of Center for
Plasma Science and Technology
Ruhr-Universität Bochum
RUB
Damit (1.2.39) wird die Reaktionsrate zur Produktion von nUV:
R = K 2M nUV nM =
*
K 2 K 2M nM
nU nV
K −1 + K 2 M nM
(1.2.40)
Aus (1.2.40) geht hervor, dass die Abhängigkeit vom Stoßpartner M kompliziert
ist. Für niedrigen Druck (K2MnM<<K-1) erhält man die Näherung:
R≈
K 2 K 2M
nU nV nM
K −1
(1.2.41a)
und für hohen Druck (K2MnM>>K-1):
R ≈ K 2 nU nV
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
(1.2.41b)
AEPT
33
Member of Center for
Plasma Science and Technology
RUB
Ruhr-Universität Bochum
Aus diesem Grunde sieht bei niedrigem Druck Reaktion (1.2.37) wie ein
elementare Reaktion aus:
K 3′
U + V + M ⎯⎯→
UV + M
(1.2.42)
mit der Ratenkonstanten
K 3′ =
K 2 K 2M
K −1
(1.2.43)
Betrachtet man (1.2.36) und (1.2.37) als eine elementare Reaktion:
K 2′
U + V ⎯⎯→
UV
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
(1.2.44)
AEPT
34
Member of Center for
Plasma Science and Technology
RUB
Ruhr-Universität Bochum
dann gilt für die Ratenkonstante in Analogie zu (1.2.33) und mit K1 = nMK2M:
K 2′ =
K 2 K 2 M n2 M
K −1 + K 2 M n2 M
(1.2.45)
Unter der Annahme geringen Drucks (K-1>>K2MnM) wird daraus:
K 2′ ≈ K 2
K 2 M nM
K −1
(1.2.46)
Mit den Ratenkonstanten K2M ≈ 10-11 - 10-10 cm3 s-1 und K-1 ≈ 1012 - 1013 s-1 (siehe
Abschätzung zu (1.2.34)) ergibt sich:
K 2′ ≈ K 2 (10 −24 − 10 −22 ) nM
(1.2.47)
wobei nM in cm-3 eingesetzt wird.
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
35
Member of Center for
Plasma Science and Technology
Ruhr-Universität Bochum
RUB
setzt man für p=10 Pa, T=300K, dann erhält man:
nM = 2.42 ⋅1015 cm -3
und somit:
K 2′ ≈ 2.4 ⋅ (10 −9 − 10 −7 ) K 2
(1.2.48)
Aus diesem Grunde ist die 3-Körper Anlagerung unter Einbeziehung von
Neutralteilchen (M) in Niederdruckentladungen schwach. In Hochdruckentladungen jedoch wächst nM um mehr als 4 Größenordnungen, dann können
solche Reaktionen bedeutend werden, wie z.B. die Ozonproduktion bei Drücken
größer 1 Bar:
O 2 + O 2 + O → O3 + O 2
In diesem Fall dient ein Sauerstoffmolekül als Stoßpartner M.
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
36
Member of Center for
Plasma Science and Technology
Ruhr-Universität Bochum
RUB
3-Körper positiv-negativ Ionen Rekombination
Reaktion zwischen positiv und negativ geladenen Ionen der Art
U + + V − + M → UV + M
können große Ratenkonstanten aufweisen. Es kann gezeigt werden, dass diese
für Drücke größer oder etwa gleich 1 mbar eine Rolle spielen können. Da
Plasmatechnik II sich jedoch nur mit Prozessen beschäftigt, deren Druckbereich
deutlich geringer als 1mbar ist, sollen diese hier nicht näher ausgeführt werden.
Ein Spezialfall für diese Reaktionsklasse ist die 3-K Elektron-Ion Rekombination:
e + U+ + e → U + e
für diese Reaktion kann ebenfalls gezeigt werden, dass sie nicht wesentlich ist für
Te>1eV und ne<1013 cm-3.
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
37
Member of Center for
Plasma Science and Technology
Ruhr-Universität Bochum
RUB
1.3 Oberflächenprozesse
In Plasmatechnik I wurde das Ätzen von Silizium (Si) mit CF4 behandelt. Dieser
Prozess beruht darauf, dass im Plasma F Atome in der Gasphase erzeugt werden,
die zur Oberfläche (Wafer) transportiert werden. Dort fluorinieren sie die
Oberfläche (d.h. sie gehen mit dem Festkörper chemische Reaktionen ein) in der
Weise:
F(gas) + Si : Fx (surface) ⇔ SiFx +1 (s)
x = 0,1,2,3
dabei diffundieren im wesentlichen zwei Spezies aus der fluorinierten Oberfläche
zurück in die Gasphase (weil sie flüchtig sind), die dann als sog. Ätzprodukte
abgepumpt werden:
Si : Fx (s) ⇔ SiFx (g) x = 2,4
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
38
Member of Center for
Plasma Science and Technology
RUB
Ruhr-Universität Bochum
Weiterhin spielen Adsorptions- und Desorptionsreaktionen vom Typ
F(g) + Surface ⇔ F : Surface
eine wichtige Rolle, wobei diese die Konzentrationen der Spezies in der
Gasphase beeinflussen. Letztlich wird die gesamte Entladung durch
Oberflächenprozesse wie z.B. die Neutralisation von Ionen oder die Emission von
Sekundärelektronen beeinflusst.
In diesen Plasmen sind die Gleichungssysteme der Gasphasen- und Oberflächenreaktionen verkoppelt. Im Falle der Niederdruckplasmen ist diese
Kopplung stark. Aus diesem Grund sollen die wichtigsten Oberflächenreaktionen
im Folgenden behandelt werden.
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
39
Member of Center for
Plasma Science and Technology
Ruhr-Universität Bochum
RUB
Neutralisation positiver Ionen und Emission von Sekundärelektronen
Wie bereits besprochen ist die exotherme Neutralisationsreaktion
e + U+ → U
in der Gasphase verboten, da Moment- und Energieerhaltung nicht gewährleistet
sind. An der Oberfläche (Reaktorwand, Substrat, etc.) allerdings ist diese
Reaktion sehr schnell:
e + U + + Surface → U + S
Dabei steht „S“ hier und in Zukunft für „Oberfläche“. Für typische Ionenenergien
von 10 - 1000 eV werden alle positiven Ionen, die auf die Oberfläche treffen,
sofort neutralisiert. Um dies zu verstehen, muß der Einschluß der Elektronen im
Festkörper kurz besprochen werden.
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
40
Member of Center for
Plasma Science and Technology
RUB
Ruhr-Universität Bochum
In Abb. 1.4 ist die Energie der Ladungsträger als Funktion des Ortes im Metall
gezeigt. Die gebundenen Elektronen im Metall besetzen Energieniveaus mit
sehr geringem energetischem Abstand im sog. Leitungsband. Dieses ist bis zu
einem Energiemaximum besetzt, dem sog. Ferminiveau. Die Fermienergie
bezeichnet die Energiedifferenz EF von der unteren Kante des Leitungsbandes
bis hin zum Ferminiveau. Dieses wiederum liegt um EΦ unterhalb der
potentiellen Energie Φ = 0 für freie Elektronen, wobei EΦ Austrittsarbeit
genannt wird.
Metall
freie Elektronen
Φ=0
EΦ
Energie
Elektronen
EF
Oberfläche
Ort
Abb. 1.4
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
41
Member of Center for
Plasma Science and Technology
RUB
Ruhr-Universität Bochum
Damit sind die Elektronen im Festkörper durch eine Potentialbarriere der Höhe
EΦ eingeschlossen.
Durch eine einfache klassische Überlegung kann EΦ für Metalle bestimmt werden.
Dabei geht man davon aus, dass eEΦ die zu verrichtende Arbeit ist, um ein
Elektron, das ursprünglich im Abstand x=aeff von einer Oberfläche entfernt ist,
bis ins Unendliche zu transportieren (für x< aeff ist das Elektron noch im
Festkörper ). Hier ist aeff von der Größe eines Atomradius für ein beliebiges Atom.
In Abb. 1.5 ist gezeigt, dass die auf das Elektron wirkende Kraft durch die
Methode der Spiegelladungen beschrieben werden kann.
e
+
r e−
F
•
x
•
−x
Spiegelladung
freies Elektron
(x>>aeff)
gebundenes Elektron (x< aeff)
Abb. 1.5
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
42
Member of Center for
Plasma Science and Technology
RUB
Ruhr-Universität Bochum
Mit dem Coulombgesetz erhält man:
e2
Fx = −
4πε 0 (2 x) 2
(1.3.1)
Die verrichtete Arbeit durch Bewegung des Elektrons von aeff nach ∞ wird:
∞
eEΦ = − ∫ Fx dx
(1.3.2)
aeff
und damit
EΦ =
e
16πε 0 aeff
(1.3.3)
Mit aeff = a0 gleich dem Bohrradius (0.53 Å = 0.053 nm) erhält man EΦ ≈ 6.8 V,
wobei die Austrittsarbeit für die meisten Materialien bei 4 - 6 V liegt (die von
Alkali- und Erdalkalimetallen ist niedriger).
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
43
Member of Center for
Plasma Science and Technology
RUB
Ruhr-Universität Bochum
Man kann zeigen, dass für ein Vielelektronen-Atom der Atomradius aeff skaliert
mit:
aeff ≈ a0
13.61 V
1
∝
Ei
Ei
(1.3.4)
Damit gilt für EΦ:
EΦ ∝ Ei
(1.3.5)
wobei Ei das Ionisationspotential des jeweiligen Atoms ist (z.B. He: 24.6 eV, Ne:
21.6 eV, Ar:15.8 eV, Kr:14 eV, Xe:12.1 eV; H:13.6 eV, Fe:7.9 eV, Si:8.2 eV, W:8eV).
In Abb. 1.6 ist der Potentialverlauf eines positiven Ions im Abstand aeff vor einer
Festkörperoberfläche gezeigt. Dieses Ion erzeugt für die Elektronen einen tiefen
Potentialtopf, der durch eine schmale Potentialbarriere von der Oberfläche
getrennt ist. Die Breite der Barriere ist ungefähr gleich aeff.
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
44
Member of Center for
Plasma Science and Technology
Ruhr-Universität Bochum
RUB
Eine Elektron mit der Energie eEel innerhalb des Leitungsbandes kann durch die
Barriere zum Ion tunneln, um dieses zu neutralisieren.
Auger
Emission
aeff
Φ=0
EΦ
Eel2
Eel1
Möglichkeit 1
EF
Ei
Möglichkeit 2
E*=Ei-Eel1
Ion
Abb. 1.6
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
45
Member of Center for
Plasma Science and Technology
RUB
Ruhr-Universität Bochum
Für die Neutralisation gibt es zwei Möglichkeiten, wobei die erste darin besteht,
dass das Elektron einen angeregten Zustand besetzt:
e + U + + S → U* + S
(1.3.6)
mit der Anregungsenergie
eE* ≈ e( Ei − Eel ) = hν
(1.3.7)
Ist der angeregte Zustand nicht metastabil, zerfällt dieser durch Strahlungsemission (hν) in den Grundzustand (oder einen metastabilen Zustand).
Auf diese Weise kann die Neutralisation positiver Ionen an einer Festkörperoberfläche metastabile Atome erzeugen oder auch Rekombinationstrahlung.
Die zweite Möglichkeit der Neutralisation beruht darauf, dass das (erste) Elektron
in den Grundzustand des Ions fällt und dass ein zweites Elektron aus dem
Leitungsband des Festkörpers die dadurch frei werdende Energie absorbiert. Dies
nennt man Auger-Neutralisation. Diese ist nicht-strahlend und benötigt zwei
Elektronen.
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
46
Member of Center for
Plasma Science and Technology
RUB
Ruhr-Universität Bochum
Das (erste) Elektron, das in den Grundzustand fällt, verliert die Energie:
∆eE = e( Ei − Eel1 )
(1.3.8)
die das zweite Elektron im Festkörper gewinnt. Ist ∆eE<eEel2, der Austrittsenergie
für das zweite Elektron, dann bleibt dieses im Festkörper gefangen. Ist jedoch
∆eE>eEel2, dann wird das Elektron aus dem Festkörper „befreit“. Diesen Vorgang
nennt man Auger-Emission oder auch Sekundärelektronen-Emission. Diese findet
man in der Plasmatechnik häufig, vor allem, wenn Edelgasionen auf der Oberfläche z.B. der Gefäßwand auftreffen (siehe Plasmatechnik 1).
Betrachtet man Abb. 1.6, dann sieht man, dass die Bedingung zum Entfernen des
zweiten Elektrons von der Oberfläche am Leichtesten erfüllt wird, wenn beide
Elektronen von der Oberkante des Leitungsbandes herrühren, d.h.
Eel1 = Eel2 = EΦ
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
(1.3.9)
AEPT
47
Member of Center for
Plasma Science and Technology
Ruhr-Universität Bochum
RUB
Die Bedingung für Emission lautet dann:
∆E = Ei − EΦ ≥ EΦ
Ei ≥ 2 EΦ
bzw.
(1.3.10)
Die maximal mögliche kinetische Energie des emittierten Elektrons ist somit
(d.h. die nach Überwindung der Austrittsarbeit restliche Energie):
eEmax = e( Ei − 2 EΦ )
(1.3.11)
Kommen beide Elektronen vom unteren Ende des Leitungsbandes, dann gilt:
Eel1 = Eel2 = EΦ + EF
(1.3.12)
∆E = Ei − ( EΦ + EF ) ≥ EΦ + EF
(1.3.13)
und damit
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
48
Member of Center for
Plasma Science and Technology
Ruhr-Universität Bochum
RUB
Auf diese Weise erhält man die minimale kinetische Energie des emittierten
Elektrons:
eEmin ≥ e( Ei − 2 EΦ − 2 EF )
(1.3.14)
bzw. die kin. Energie ist Null, wenn (1.3.14) negativ wird. Damit verdeutlicht
(1.3.14), dass Sekundäremission bevorzugt bei Edelgasen auftritt, weil Ei für diese
groß ist und für Alkali- und Erdalkalifestkörper, da EΦ klein ist.
Da die Zeit, die ein Elektron zum Durchtunneln der Oberflächenbarriere in
Abb. 1.6 benötigt, kurz ist im Vergleich zur Ionenstoßzeit mit der Oberfläche, ist
der Sekundäremissionsprozess nahezu unabhängig von der Ionenenergie (d.h.
bevor das Ion die Energie auf die Oberfläche übertragen kann, ist das Sekundärelektron schon emittiert). Daher hängt die Sekundäremission nur von der Gasart
(Ei) und vom Wandmaterial (EΦ) ab.
Obwohl die Neutralisation von Ionen und die Emission von Sekundärelektronen
nur für Metalle beschrieben wurde (s.o.), findet ein vergleichbarer Prozess auch
auf der Oberfläche von Halbleitern und Isolatoren statt.
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
49
Member of Center for
Plasma Science and Technology
Ruhr-Universität Bochum
RUB
Die Emission von Sekundärelektronen wird mit dem Koeffizienten γse beschrieben.
Dieser gibt die Zahl der emittierten Sekundärelektronen pro einfallendem Ion an.
Eine häufig verwendete empirische Formel lautet:
γ se ≈ 0.016 ⋅ ( Ei − 2 EΦ )
(1.3.15)
(Y. P. Raizer, Gas Discharge Physics, Springer New York (1991))
unter der Voraussetzung, dass Ei>2EΦ.
Insbesondere metastabile Neutrale (z.B. Ar* oder He*) produzieren Sekundärelektronen sehr effizient unter der Voraussetzung E*> EΦ. Zusätzlich können
Sekundärelektronen auch durch Ionenenergien eEi>1 keV erzeugt werden.
Derart hohe Energien treten, wenn überhaupt, nur in kapazitiv gekoppelten
Maschinen mit großem Flächenverhältnis auf (siehe Plasmatechnik 1).
Gl. (1.3.15) liefert nur eine grobe Abschätzung des Sekundäremissionskoeffizienten. Tatsächlich hängt dieser auch von der Morphologie, von
Verunreinigungen und Oberflächenbelegungen ab.
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
50
Member of Center for
Plasma Science and Technology
RUB
Ruhr-Universität Bochum
Einige gemessene Werte EΦ und γse für Ionen, die auf eine saubere Oberfläche
auftreffen, sind in Tab. 1.1 gegeben.
Festkörper
Austrittarbeit (eV)
Ion
Si (100)
4.9
He+
Ar+
Ni (111)
4.5
He+
Ar+
Mo
4.3
W
4.54
He+
Ar+
N2+
He+
Ar+
Tab. 1.1
Electrical Engineering & Plasma Technology
H2+
N2+
O2 +
Energie (eV)
100
10
100
100
10
100
100
100
100
100
10
100
100
100
100
Peter Awakowicz
γse
0.168
0.024
0.027
0.170
0.034
0.036
0.274
0.115
0.032
0.263
0.096
0.095
0.029
0.025
0.015
AEPT
51
Member of Center for
Plasma Science and Technology
RUB
Ruhr-Universität Bochum
Unabhängig von Neutralisation und Sekundäremission haben schwere Teilchen
(Ionen, Neutrale) ähnliches Verhalten, wenn sie auf Oberflächen treffen. Bei
niedrigen (=thermischen) Energien (<1 eV) kann Physi-, Chemi- und Desorption
auftreten. Bei höheren Energien (einige 10 eV) werden Moleküle in Bruchstücke
zerlegt (=Fragmentation). Sind die Energien im Bereich von einigen 100 eV,
werden Festkörperatome an der Oberfläche zerstäubt (=Sputtering) und bei
Energien von Tausenden von eV wird die Implantation (=Einbau) wichtig (vgl.
Abb. 1.6).
<1 eV
Physi-, Chemi-,
Desorption
>10 eV
Fragmentation
der Moleküle
>100 eV
Sputtering
>1000 eV
Implantation
Teilchenenergie
Abb. 1.7
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
52
Member of Center for
Plasma Science and Technology
Ruhr-Universität Bochum
RUB
Adsorption und Desorption
Sowohl die Adsorption (Anlagerung) als auch die Desorption (Entfernen adsorbierter Teilchen) beeinflussen plasmatechnische Prozesse entscheidend, da
vielfach einer von beiden der für Oberflächenprozesse begrenzende Schritt ist.
Die Adsorption ist eine Reaktion mit der Oberfläche, die zu einer Bindung führt:
U + S → U :S
(1.3.16)
Desorption ist die gegenläufige Reaktion.
Die Adsorption beruht auf Anziehungskräften zwischen dem eintreffenden
Molekül (Ion) und der Oberfläche. Dabei unterscheidet man zwei verschiedene
Arten von Adsorption: die Physisorption und die Chemisorption.
Die Physisorption beruht auf der van der Waals Wechselwirkung zwischen dem
Molekül und der Oberfläche.
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
53
Member of Center for
Plasma Science and Technology
RUB
Ruhr-Universität Bochum
Betrachtet man ein Bohrsches Atom (beliebiges Atom, das nach dem Atommodel
von Bohr aufgebaut sein soll) in der Nähe einer Oberfläche, dann kann dies gem.
Abb. 1.8 als oszillierender Dipol beschrieben werden. Die zur Oberfläche
senkrechte Komponente des (zeitabhängigen) Dipolmoments lautet:
(1.3.15)
pdx ≈ ea0 cos ωat t
t=t2
(Ladung e, Abstand a0, atomare Kreisfrequenz ωat)
e- p
e+
-x
t=t1
Spiegelladung
e- p e+
t=t1
x
t=t2
x
Bohratom
Abb. 1.8
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
54
Member of Center for
Plasma Science and Technology
Ruhr-Universität Bochum
RUB
Die Kraft zwischen zwei Dipolen kann mit der Methode der Spiegelladungen
gefunden werden, wobei für den Dipol bei +x ein Dipolmoment +pdx(t)
angenommen wird und ein gleichgerichter Dipol bei -x mit dem Dipolmoment
+pdx(t) zur gleichen Zeit t existiert. Daher ziehen sich beide Dipole an
(Nahfeldnäherung) mit der Kraft (s. Übung):
2
6 pdx
(t )
3a02 e 2
Fx = −
≈−
4
4πε 0 (2 x)
4πε 0 ( 2 x) 4
(1.3.16)
Das Wechselwirkungspotential nach van der Waals ergibt sich aus der Kraft zu:
r
r
dV
F = q E = -e
dx
a02 e
⇒ V ( x) = −
64πε 0 x 3
(1.3.17)
Wird der Abstand zwischen Atom und Oberfläche jedoch sehr klein (d≈0.1 - 0.3
nm), bildet sich zwischen der Elektronenwolke des Atoms und den
Festkörperelektronen eine abstoßende (Coulomb) Kraft.
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
55
Member of Center for
Plasma Science and Technology
Ruhr-Universität Bochum
RUB
Befindet sich der Übergang zwischen Anziehung und Abstoßung bei etwa 0.1 0.3 nm, kann die Potentialtiefe mit (1.3.17) abgeschätzt werden:
(0.53 ⋅10 −10 ) 2 ⋅1.6 ⋅10 −19
V≈
≈ 0.26 V
−12
−10 3
64π ⋅ 8.85 ⋅10 (1 ⋅10 )
Für 0.3 nm Abstand beträgt das Potential etwa 0.01 V. Damit wird deutlich, dass
die Energie, die nötig ist, um ein physisorbiertes Teilchen von einer Oberfläche zu
entfernen im Bereich von 0.01 - 0.26 eV liegt. Diese Energien sind deutlich
geringer als typische Ionenenergien an der Oberfläche. Da 0.01 eV etwa 116,0 K
entspricht (1eV=11604,5 K; Raumtemperatur: 293 K), genügt z.T. bereits
Raumtemperatur, um physisorbierte Teilchen abzulösen. Diese Energien von 0.01
- 0.25 eV ergeben Enthalpien |∆H| ≈ 1 - 25 kJ/mol. Die Physisorptionsreaktion ist
exotherm, d.h. es wird bei der Physisorption von einem Mol einer Teilchensorte
(6.022 x 1023 Teilchen) eine Energie von 1 - 25 kJ/mol frei.
Im Gegensatz zur Physisorption beruht die Chemisorption auf einer chemischen
Bindung zwischen dem jeweiligen Teilchen und der Oberfläche.
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
56
Member of Center for
Plasma Science and Technology
Ruhr-Universität Bochum
RUB
Auch die Chemisorptionsreaktion ist exotherm, allerdings sind die Enthalpiewerte
deutlich größer, d.h. |∆H| ≈ 40 - 400 kJ/mol. Dies entspricht einer Potentialtiefe
von Echem ≈ 0.4 - 4 eV, wobei das Minimum des Potentialtopfes im Abstand von
etwa 0.1 - 0.15 nm vor der Oberfläche lokalisiert ist.
Ist ein Molekül, bestehend aus zwei Atomen, über eine Doppelbindung (=) gebunden, so kann Chemisorption stattfinden, indem ein Bindungsarm aufbricht
und mit der Oberfläche bindet:
U = V + S → UV : S
(1.3.18)
Einfach gebundene Moleküle werden oft dissoziiert, wenn sie an der Oberfläche
chemisorbieren:
UV + S → U : S + V : S
(1.3.19)
Dieser Prozess wird dissoziative Chemisorption genannt und benötigt zwei freie
Oberflächenbindungsarme (dangling bonds).
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
57
Member of Center for
Plasma Science and Technology
RUB
Ruhr-Universität Bochum
Beide Arten der Adsorption existieren oft gleichzeitig bzw. werden von einem
Molekül durchlaufen. Betrachtet man das Molekül U-V (einfach gebunden), dann
durchläuft dies bei Annäherung an eine Oberfläche in Abb. 1.9 zunächst das
Minimum des weiter von der Oberfläche entfernten Physisorption-Potentialtopfes
(geringerer Tiefe), um anschließend den näher an der Oberfläche gelegenen
Chemisorptions-Potentialtopf (größerer Tiefe) zu erreichen.
U+V
Physisorption
0.1 - 0.3 nm
Chemiesorption
x
UV
Ephys ≈ 0.01 - 0.25 eV
Echem ≈ 0.4 - 4 eV
U+V
0.1 - 0.15 nm
Electrical Engineering & Plasma Technology
Abb. 1.9
Peter Awakowicz
AEPT
58
Member of Center for
Plasma Science and Technology
Ruhr-Universität Bochum
RUB
Potentialverläufe mit positiver Steigung bezeichnen Anziehung, mit negativer
Abstoßung. Ist der Wert des Potentials negativ, ist das Molekül an der Oberfläche
gebunden, wird der Wert positiv, ist das Molekül (Atom) frei. Bei der dissoziativen
Chemisorption ist das Molekül UV bzw. sind die beiden Atome U, V gebunden,
d.h. der Gesamtpotentialverlauf (dicke Linie) ist stets negativ (Abb. 1.9).
„Anziehung“
„Abstoßung“
U+V
Atom frei
Eads
UV
Atom gebunden
U+V
Abb. 1.10
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
59
Member of Center for
Plasma Science and Technology
Ruhr-Universität Bochum
RUB
Im Falle der Abb. 1.10 ergibt sich im Potentialverlauf eine Barriere der Höhe Eads,
die das Molekül an der Chemisorption zunächst hindert. Ein einfallendes
Molekül UV wird also physisorbiert, um später evtl. bei nicht zu hoher Barriere in
den dissoziativen chemisorbierten Zustand überzugehen. In beiden Fällen (Abb.
1.9 und 1.10) haben die Potentialverläufe von UV und U+V einen Schnittpunkt,
d.h. das ursprüngliche Molekül UV chemisorbiert (1.9), um in einen energetisch
günstigeren Zustand zu gelangen. Dies gilt auch für Abb. 1.10, wenn die
Barriere Eads überwunden wird (z.B. durch Energieeintrag von außen). Diese
beiden Fälle entsprechen im Prinzip der Gl. (1.3.19).
Die Reaktion in Gl. (1.3.18) wird durch Abb. 1.11 wiedergegeben.
U+V
UV
Abb. 1.11
UV
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
60
Member of Center for
Plasma Science and Technology
Ruhr-Universität Bochum
RUB
Dabei handelt es sich um eine molekulare Chemisorption (Verlauf UV). Der
energetisch ungünstigere Zustand der diss. Chemisorption (Verlauf U+V) wird
hier nicht eingenommen.
Teilchen, die auf eine Oberfläche treffen, können nur adsorbiert werden, wenn
diese beim Stoß Energie verlieren, d.h. an die Wand abgeben. Dabei muß die
Normalkomponente des Energieverlustes „geeignet“ sein, um das Teilchen im
Adsorptionstopf festzuhalten. D.h. die Energie muß größer sein als etwaige
Potentialbarrieren und darf nicht zu groß sein, damit nicht andere Prozesse (als
Adsorption) stattfinden (z.B. Sputtering).
Befindet sich im Plasma eine Teilchensorte U, dann hat diese die Flussdichte auf
die Oberfläche jU, für die gilt (s. Übung):
1
jU = nU vU
4
mit der mittleren Geschwindigkeit
Electrical Engineering & Plasma Technology
(1.3.20)
vU und der Teichendichte nU.
Peter Awakowicz
AEPT
61
Member of Center for
Plasma Science and Technology
RUB
Ruhr-Universität Bochum
Für die Flussdichte (oft nur als „Fluss“ bezeichnet) der Teilchen, die adsorbiert
werden, gilt:
1
jads = sjU = svU nU
4
(1.3.21)
mit dem sog. Sticking Koeffizienten s. Dieser ist im allgemeinen Fall eine
Funktion der Oberflächenbedeckung Θ sowie der Gas- und Oberflächentemperatur.
Die Oberflächenbedeckung Θ bezeichnet den Anteil der mit Adsorbat bedeckten
Oberfläche. D.h. Θ =1 bedeutet, dass die gesamte Oberfläche bedeckt ist, Θ =0,
dass die Oberfläche frei von Adsorbat ist.
Eine allgemein verwendete Näherung (gem. der Langmuir Kinetik) des StickingKoeffizienten für nicht-dissoziative Adsorption lautet:
s (Θ, T ) = s0 (T )(1 − Θ )
(1.3.22)
wobei s0 das Sticking bei Θ =0 bedeutet und 1- Θ beschreibt den Anteil der
Oberfläche, der nicht mit Adsorbat bedeckt ist.
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
62
Member of Center for
Plasma Science and Technology
Ruhr-Universität Bochum
RUB
Diese Beschreibung der Kinetik (Langmuir Kinetik) unterschätzt das Sticking für
mittlere Bedeckungsgrade, weil Moleküle bzw. Teilchen, die auf einen bereits
(mit Adsorbat) besetzten Platz treffen, zunächst durch Physisorption festgehalten
werden, um anschließend zu freien Oberflächenbindungen zu diffundieren
(Oberflächendiffusion) und dort chemisorbiert zu werden.
Allgemein gilt, dass Chemisorption aufhört, wenn auf einer Oberfläche alle
aktiven (d.h. freien) Oberflächenbindungen besetzt sind, es sein denn, es werden
im Laufe des Depositionsprozesses neue Dangling Bonds freigeätzt (siehe z.B. die
Rolle von Wasserstoff im Diamantbeschichtungsprozess). Dieses korrespondiert in
etwa mit einer Monolage der Beschichtung. Nachfolgende Adsorption findet dann
nur noch auf der Basis der Physisorption statt, die wesentlich schwächere
Bindungen aufweist (s.o.). Auf diese Weise können viele Monolagen physisorbieren, d.h. es kann eine kontinuierliche Adsorption bzw. Kondensation von
Adsorbaten stattfinden.
Für nicht aktive Oberflächen (z.B. Reaktorwände, Flansche, Fenster, ...) gilt in der
Regel, dass Physisorption und Desorption im Gleichgewicht stehen, d.h. der
Teilchen-Nettofluss zu diesen Oberflächen ist Null.
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
63
Member of Center for
Plasma Science and Technology
RUB
Ruhr-Universität Bochum
Die Temperaturvariation von s0 (Sticking bei Bedeckungsgrad Null) hängt davon
ab, ob die Chemisorption eine Energiebariere besitzt (Abb. 1.10) oder nicht (Abb.
1.9).
U+V
U+V
Eads
UV
Echem
U+V
Ephys
UV
U+V
Abb. 1.10*
Abb. 1.9*
Ist keine Barriere vorhanden (Abb. 1.9), dann ist s0 ≈ 1 für niedrige Temperaturen.
Dagegen nimmt s0 ab, wenn T zunimmt, da der Anteil an Teilchen bzw. Molekülen,
die eine geeignete Energiemenge (die nicht zu groß ist) zur Chemisorption
verlieren, abnimmt.
Ist hingegen eine Barriere der Höhe Eads vorhanden (Abb. 1.10), dann ist das
Sticking gering, so lange bis kT ≈ Eads.
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
64
Member of Center for
Plasma Science and Technology
Ruhr-Universität Bochum
RUB
Aus diesem Grunde hat s0 eine Arrheniusform:
s0 = s00 (T ) exp(− Eads / kT )
(1.3.23)
wobei s00 mit steigendem T abnimmt, wie dies für den Fall ohne Barriere zutrifft.
Gl. (1.3.23) zeigt, dass der exp-Term mit steigendem T gegen 1 läuft und mit
fallendem T gegen Null.
Gemessene Sticking-Koeffizienten variieren bei 300K (=26 meV) von 10-6 - 1 und
hängen stark von Kristallorientierung und Oberflächenrauhigkeit ab, wobei s0
mit zunehmender Rauhigkeit ebenfalls zunimmt. Bei vielen Oberflächen befinden
sich die aktiven Bindungsplätze, die Sticking hervorrufen, an Oberflächenfehlern
wie Stufen, freien Plätzen, Dislokationen etc..
Chemisch reaktive Gase, insbesondere Radikale (wie der Name schon sagt!),
weisen Sticking im Bereich von s0 = 0.1 - 1 mit Metallen wie Fe, Ni , ... auf.
Oftmals sind Sticking Koeffizienten für andere Oberflächen geringer. Z.B. s0 ≈ 1
für H auf Si, aber s0 ≈ 0.01 für H2 auf Si. Oder s0 ≈ 10-4 - 10-3 für O2 auf Si.
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
65
Member of Center for
Plasma Science and Technology
RUB
Ruhr-Universität Bochum
Desorption ist der zur Adsorption gegenläufige Prozess:
U :S → U + S
(1.3.24)
Wie bereits erwähnt, bilanzieren sich beide Prozesse im thermischen
Gleichgewicht. Man kann zeigen, dass die Desorptionsratenkonstante (erster
Ordnung) auch eine Arrheniusform besitzt:
K des = K 0 exp(−eEdes / kT )
(1.3.25)
wobei Edes die Tiefe des Potentialwalles (Echem oder Ephys) bezeichnet. Eine
theoretische Abschätzung liefert:
K 0 ≈ 6 ⋅1012 s (T )
Electrical Engineering & Plasma Technology
g esc
g ads
[s -1 ]
Peter Awakowicz
(1.3.26)
AEPT
66
Member of Center for
Plasma Science and Technology
Ruhr-Universität Bochum
RUB
mit den statistischen Gewichten für „entrinnende“ (ecaped) und „gefangene“
(adsorbed) Moleküle. Das thermische Sticking s (T ) hat gemäß Gl. (1.3.23)
ebenfalls Arrheniusform.
Im Falle der Physisorption ist K0≈1014 - 1016 s-1, für Chemisorption ist K0 ≈1013 1015 s-1.
Fragmentation
Treffen ionisierte oder neutrale Moleküle genügend hoher Energie auf eine
Oberfläche, könnne diese in Atome zerbrechen, die dann von der Oberfläche
adsorbiert oder reflektiert werden. Die Schwellenenergie der Fragmentation liegt
im Bereich der Bindungsenergie der Moleküle. Bei Stoßenergien, die vier- bis
fünfmal der Bindungsenergie entsprechen, wird mehr als die Hälfte der Moleküle
fragmentiert.
Da Molekülbindungen zwischen 1 - 10 eV liegen (Tab. 1.2) und Ionenbeschußenergien auf Oberflächen oftmals deutlich höher sind als die zugehörigen
Bindungsenergien (insbesondere auf der kleineren Elektrode von kapazitiv
getriebenen HF-Entladungen), fragmentieren Molekülionen sehr oft, sobald sie
auf eine Oberfläche auftreffen.
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
67
Member of Center for
Plasma Science and Technology
RUB
Ruhr-Universität Bochum
Gleiches gilt auch für Neutralteilchen, die durch Umladungsstöße in Wandnähe
entstanden sind, da deren Energie ebenfalls typische Bindungsenergien (Tab. 1.2)
übertreffen kann.
C-N
450
hc
λ
Wellenlänge [nm]
400
350
6.63 ⋅10-34 3 ⋅108
λ=
m
1.602 ⋅10-19
1eV ≅ 1241 nm
C-H
Si-O
O-H
O-O
300
250
= 1eV = 1.602 ⋅10 −19 J
C=C
200
C=O
VUV-Bereich
150
C≡N
(vgl. Abb. 1.13)
100
2
Abb. 1.12
3
4
5
6
7
8
9
Energie/eV
9.41
8.31
6.14
5.90
5.14
5.04
4.78
4.61
4.46
4.27
4.02
3.69
3.36
3.34
3.05
2.78
10
Bindungsenergie [eV]
Electrical Engineering & Plasma Technology
Bindung
C≡N
C=O
C=C
H-F
O-O
C-F
O-H
Si-O
H-Cl
C-H
N-H
C-C
C-Cl
C-O
Si-O
C-N
Tab. 1.2
Peter Awakowicz
AEPT
68
Member of Center for
Plasma Science and Technology
RUB
Ruhr-Universität Bochum
VUV-Strahlung des Doppel-ICP bei 1500W und 10 Pa
P=1500W, p=10Pa
2,00E+016
N2
Photonen /(s cm³ nm)
1,75E+016
N2
N
N
1,50E+016
N2
1,25E+016
ArH2
1,00E+016
ArN2
7,50E+015
5,00E+015
H2
H
2,50E+015
0
120
130
140
150
160
170
180
190
200
Wellenlänge / nm
Abb. 1.13
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
69
Member of Center for
Plasma Science and Technology
Ruhr-Universität Bochum
RUB
In Abb. 1.12 sind die zugehörigen Wellenlängen des im Plasma emittierten Lichts
eingetragen, die den jeweiligen Bindungsenergien entsprechen. Daraus geht
hervor, dass die zu den beiden größten Bindungsenergien zugehörigen Wellenlängen im Vakuum-UV (VUV, λ ≤ 200 nm) liegen.
Da technische Plasmen Wellenlängen im Bereich bis unter 200 nm abstrahlen
können (in Abhängigkeit vom verwendeten Gasgemisch, vgl. Abb. 1.13), wird
deutlich, dass auch die Lichtemission des Plasmas im UV- und VUVSpektralbereich freie Oberflächenbindungen erzeugen kann.
Sputtering (Zerstäubung)
Ab Teilchenenergien oberhalb von etwa 30 eV „schlagen“ schwere Teilchen
Atome aus dem Festkörperverbund einer Oberfläche heraus. Im Allgemeinen
sind die schweren Teilchen mit genügend Energie Ionen. Der Gewinn bzw. die
Ausbeute (Sputter-Yield) ist definiert zu:
γ sput =
herausgeschlagene Atome
=Y
auftreffende Ionen
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
(1.3.27)
AEPT
70
Member of Center for
Plasma Science and Technology
Ruhr-Universität Bochum
RUB
Hier hat man folgende bildliche Vorstellung (lineare Kaskadentheorie Abb. 1.13):
einfallendes Ion
Oberfläche
Abb. 1.13
+
gesputtertes (zerstäubtes) Atom
•
•
•
•
•
•
„Stoßkaskade“
im Festkörper
Innerhalb dieser Stoßkaskade werden durch den Energieübertrag des stoßenden
Teilchens Sekundärteilchen der Energie Esek in einem Raumwinkel dΩsek erzeugt.
Die bildliche Vorstellung dazu ist in Abb. 1.14 gezeigt.
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
71
Member of Center for
Plasma Science and Technology
einfallendes Ion
Ruhr-Universität Bochum
+
Oberfläche
gesputtertes (zerstäubtes) Atom
•
•
•
Abb. 1.14
RUB
•
•
•
„Stoßkaskade“
im Festkörper
dΩsek
Esek
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
72
Member of Center for
Plasma Science and Technology
RUB
Ruhr-Universität Bochum
Damit kann die Zahl der im Festkörper gestoßenen Atome (Recoils), deren
Energie Esek ≥ E0 ist, beschrieben werden mit:
N ( E , E0 ) ≈ Γ
E
E0
(1.3.28)
dabei ist Γ eine Funktion des Wechelswirkungspotentials zwischen einfallendem
Ion und Targetatom (f. den ersten Stoß) bzw. allgemein zwischen Projektil und
Target für alle nachfolgenden Stöße innerhalb der Kaskade. E ist die Energie des
einfallenden Ions f. d. ersten Stoß bzw. die Energie des stoßenden Festkörperatoms (Projektils) für alle weiteren Stöße. Gl. (1.3.28) gilt nur, falls die Energie E
des einfallenden Teilchens oder Recoils multipliziert mit dem „kinematischen
Faktor“ (d.h. dem maximal möglichen Anteil an Energieübertrag (s. Übung))
größer ist als E0:
γ kin E >> E0 mit γ kin =
4m1m2
(m1 + m2 ) 2
(1.3.28a)
Die Zahl der Stöße mit Energien zwischen E0 und E0+dE0 ist dann:
dN ( E , E0 )
E
≈ Γ 2 = F ( E , E0 )
dE 0
E0
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
(1.3.29)
AEPT
73
Member of Center for
Plasma Science and Technology
Ruhr-Universität Bochum
RUB
Die Anzahl der Teilchen, die pro Fläche in einer Zeit dt0 gestoßen werden, ergibt
sich aus der Flussdichte der Projektile (= Flussdichte der einfallenden Ionen für
den ersten Stoß Φ) multipliziert mit der Zahl der Recoils N und der Zeiteinheit:
G ( E , E0 )dE0 = Φ ⋅ N ( E , E0 )dt0
(1.3.30)
Damit ist G(E,E0) die Zahl der gestoßenen Teilchen mit Energien die größer sind
als E0, da jedes dieser Teilchen durch Energieabgabe im Festkörper das Intervall
zwischen E0 und E0+dE0 durchläuft.
Ersetzt man nun formal dt0 durch:
dt 0 =
dE0
dE0
dt
=
t =t0
dE0
dE0
=
dE
dx dE0
v0 0
dt dx t =t
dx
(1.3.31)
0
wobei dt0 die (mittlere) Zeit ist, in der ein Recoil abkühlt von E0+dE0 auf E0, und v0
ist die zugehörige Geschwindigkeit zu E0.
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
74
Member of Center for
Plasma Science and Technology
Ruhr-Universität Bochum
RUB
So erhält man aus (1.3.30) mit (1.3.28) und (1.3.31):
G ( E , E0 )dE0 = ΦΓ
einfallendes Ion
Oberfläche
Abb. 1.15
+
E dE0
⋅
dE
E0
v0 0
dx
(1.3.32)
Flächennormale
v1y
•
•
•
v0y
•
Electrical Engineering & Plasma Technology
Θ0
•
dΩ1
•v
0
dΩ0
v1
E1
v1x
v0x
Beitrag zum Fluss j in Richtung der
Oberfläche
Peter Awakowicz
AEPT
75
Member of Center for
Plasma Science and Technology
Ruhr-Universität Bochum
RUB
Berechnet man nun die Flussdichte J an Teilchen, die in Richtung zur Oberfläche
gestoßen werden, dann ist diese gemäß Abb. 1.15 durch Projektion der einzelnen
Geschwindigkeitsvektoren aus dem Raumwinkel dΩ0 auf die Oberlächennormale
gegeben:
J ( E , E0 )dE0 dΩ0 = G ( E , E0 )dE0 dΩ0 v0 cos Θ0 =
= ΦΓ
E dE 0
v0 cos Θ0 dΩ0
d
E
E0
v0 0
dx
(1.3.33)
Dem Ausstritt der Teilchen durch den letzten Stoß aus der Oberfläche heraus
steht eine Barriere mit der Höhe ESB (surface binding) für die senkrechte
Geschwindigkeitskomponente (also parallel zum Normalvektor) entgegen. die
Energiekomponente wird damit:
m
(v0 cos Θ0 )2
2
Electrical Engineering & Plasma Technology
= E0 cos 2 Θ0
Peter Awakowicz
AEPT
76
Member of Center for
Plasma Science and Technology
Ruhr-Universität Bochum
RUB
wobei die tangentiale Komponente der Energie stetig übergeht. Damit gilt für die
Energien senkrecht und parallel zur Oberfläche:
senkrecht:
E0 cos 2 Θ0 − ESB = E1 cos 2 Θ1
(1.3.34)
parallel:
E0 sin 2 Θ0 = E1 sin 2 Θ1
(1.3.35)
Aufgrund der (Energie)Flusserhaltung an der Oberfläche gilt:
E0 cos Θ0 dΩ0 = E1 cos Θ1dΩ1
(1.3.36)
umgeformt wird damit:
cos Θ0 dΩ0 =
Electrical Engineering & Plasma Technology
E1
cos Θ1dΩ1
E0
Peter Awakowicz
AEPT
77
Member of Center for
Plasma Science and Technology
Ruhr-Universität Bochum
RUB
eingesetzt in (1.3.33) erhält man die Flussausbeute als Verhältnis von zersteubter
Flussdichte J zu eingestrahlter Flussdichte Φ:
Y=
J
E dE1 E1
=Γ
cos Θ1dΩ1
d
E
Φ
E0
0 E0
dx
(1.3.37)
Addiert man die linken und rechten Seiten von (1.3.34) und (1.3.35) so erhält
man:
E0 − ESB = E1 ⇒ E0 = E1 + ESB
und setzt dies in (1.3.37) ein:
dY
E
E1
cos Θ1
=Γ
2
dE0 ( E1 + ESB )
dE1dΩ1
dx
(1.3.38)
wobei |dE0/dx| an der Stelle E0=E1+ESB bestimmt wird.
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
78
Member of Center for
Plasma Science and Technology
Ruhr-Universität Bochum
RUB
Gl. (1.3.38) gibt die Zahl der zersteubten Teilchen an, die in den Raumwinkel dΩ1
gestreut werden mit der Energie E1, bezogen auf den eingestrahlten Teilchenfluss
Φ. Diese Verteilung wird Thompson-Verteilung genannt. Diese hat ein Maximum
für ebene Oberflächen bei:
E1 = E1max =
ESB
2(1 − m)
(1.3.39)
mit m ≈ 0.2 - 0.3 für E1 ≈ 1 keV bzw. m =0 für E1 = ESB. Weiterhin zeigt (1.3.38),
dass die Position des Maximums im Energiespektrum der gesputterten Atome nur
vom Target abhängt und nicht von der Ionenart und Ionenenergie.
Damit vermittelt diese Verteilung die grundsätzliche Vorgehensweise. Allerdings
sollte zur Bestimmung der Zersteubungsausbeute als Funktion von Winkel und
Energie ein Monte-Carlo Code verwendet werden (TRIM-Code).
Ganz grob skaliert die Zersteubungsausbeute (sputter yield) mit:
Y = γ sput ∝
Electrical Engineering & Plasma Technology
mion
1
ESB mion + mtarget
Peter Awakowicz
(1.3.40)
AEPT
79
Member of Center for
Plasma Science and Technology
Ruhr-Universität Bochum
RUB
wobei ESB in etwa mit der Verdampfungsenthalpie gleichgesetzt werden kann.
In Tabelle 1.3 sind einige gemessene Zersteubungsausbeuten für verschiedene
Targets, beschossen mit Argonionen bei 600 V, zusammengestellt:
Target
γsput
Al
Si
Fe
Co
Ni
Cu
Ge
W
Au
Al2O3
SiO2
GaAs
SiC
SnO2
0.83
0.54
0.97
0.99
1.34
2.00
0.82
0.32
1.18
0.18
1.34
0.90
1.80
0.96
Tab. 1.3 Zersteubungsausbeute
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
80
Member of Center for
Plasma Science and Technology
Ruhr-Universität Bochum
RUB
Als Näherungsformel wir die Bohdansky-Formel verwendet, die die Zersteubungsausbeute als Funktion der Energie Eion der mit dem Winkel α auftreffenden
Ionen beschreibt (α=0°: senkrechter Einfall):
α
⎛ ⎛ E ⎞ 2 3 ⎞⎛
Eth ⎞
th
⎜
⎟
⎟ ⎜1 −
⎟
Y ( Eion ,α = 0°) = Qsn (ε ) 1 − ⎜⎜
⎜ ⎝ Eion ⎟⎠ ⎟⎜⎝ Eion ⎟⎠
⎠
⎝
(1.3.41)
mit dem Wirkungsquerschnitt (f. Stopping):
sn (ε ) =
3.441 ε ln(ε + 2.718)
1 + 6.355 ε + ε (6.882 ε − 1.708)
(1.3.42)
und dem empirischen Parameter Q, gewonnen aus experimentellen SputterDaten.
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
81
Member of Center for
Plasma Science and Technology
RUB
Ruhr-Universität Bochum
wobei für die normierte Energie ε gilt:
E
ε = ion
ETF
mit ETF:
ETF
Z1Z 2 e 2 m1 + m2
=
aL
m2
(1.3.43)
Eion ist die Energie des einfallenden Ions, Z1,2 die Kernladungszahlen von
Projektil- und Targetatom sowie m1,2 die Massen der beiden.
Die Größe aL in (1.3.43) bezeichnet einen effektiven Bohrradius mit:
0
⎛ 9π 2 ⎞
0.4685
23
2 3 − 0.5
⎟⎟abohr ( Z1 + Z 2 ) =
aL = ⎜⎜
[A]
23
23
Z1 + Z 2
⎝ 128 ⎠
(1.3.44)
wobei abohr den Bohrradius des Wasserstoffatoms beschreibt. Die Schwellenenergie Eth wird unterschieden nach dem Masseverhältnis von Projektil- und
Targetatom.
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
82
Member of Center for
Plasma Science and Technology
RUB
Ruhr-Universität Bochum
Für die Projektilmasse m1 < 0.2m2 gilt f. Eth (Schwellenenergie):
Eth =
ESB
γ kin (1 − γ kin )
(1.3.45)
mit dem „kinematischen Faktor“ γkin gemäß (1.3.28a) und der Oberflächenbindungsenergie ESB gemäß (1.3.34).
γ kin =
4m1m2
(m1 + m2 )2
Für größere Projektilmassen m1 > 0.2m2 gilt:
⎛m ⎞
Eth = 8 ESB ⎜⎜ 1 ⎟⎟
⎝ m2 ⎠
Electrical Engineering & Plasma Technology
0 .4
Peter Awakowicz
(1.3.46)
AEPT
83
Member of Center for
Plasma Science and Technology
Ruhr-Universität Bochum
RUB
Abb. 1.16a, b: Sputter-Yields (Ar+ auf div. Targets: Niedrig- u.
Hochenergiebereich; als Funktion der Ordnungszahl; als Funktion des
Einfallwinkels)
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
84
Member of Center for
Plasma Science and Technology
Ruhr-Universität Bochum
RUB
1.4 Oberflächenkinetik
Ein (Oberflächen)reaktionsmechanismus ist im Allgemeinen als eine Abfolge
verschiedener Elementarprozesse zu verstehen. In Abb. 1.15 ist ein allgemeines
Beispiel gezeigt, das exemplarisch für das Ätzen einer Kohlenstoffschicht mit
Sauerstoff verwendet werden kann.
In diesem Fall ätzen die O-Radikale den C-Film, wobei das flüchtige Ätzprodukt
CO entsteht (oberflächennahe Dichte nUS).
nU
KU
• nUS
KV
•
KM
KL
KW
P
•
KX
KY
Abb. 1.17
•
Zunächst diffundieren oder fliegen (je nach Druckbereich) die O-Radikale mit
einer Ratenkonstanten KU zur Oberfläche. An der Oberfläche adsorbieren diese
mit einer Ratenkonstanten KV und reagieren dort zum Produkt (CO) mit KW.
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
85
Member of Center for
Plasma Science and Technology
Ruhr-Universität Bochum
RUB
Das Ätzprodukt (CO) desorbiert mit KX und fliegt bzw. diffundiert ins Volumen mit
K Y.
Weiterhin können Radikale desorbieren ohne zuvor zu reagieren mit der
Ratenkonstanten KL. Zusätzlich ist es natürlich auch möglich, dass Ätzprodukte
von der Gasphase zurückgelangen und an der Oberfläche adsorbieren (KM).
Im folgenden sollen nun die einzelnen Ratenkonstanten abgeleitet bzw.
abgeschätzt werden.
Ratenkonstante für Diffusion
Aus PT1 ist die Diffusion bekannt. Diese wird für Neutralteilchen nur durch einen
Konzentrationsgradienten getrieben. Der zugehörige Diffusionskoeffizient für
Teilchen U die mit Teilchen V stoßen, gilt:
DUV =
kT
M Rν UV
(1.4.1)
mit T der Temperatur, MR der reduzierten Masse und νUV der Stoßfrequenz der
Teilchen U mit den V-Teilchen.
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
86
Member of Center for
Plasma Science and Technology
Ruhr-Universität Bochum
RUB
Wie aus der Übung PT1 bekannt, gilt für die reduzierte Masse:
MR =
mU mV
mU + mV
(1.4.2)
Die Stoßfrequenz erhält man aus der mittleren thermischen RelativGeschwindigkeit (zwischen U und V), dividiert durch die mittlere freie Weglänge:
ν UV =
ν UV
λUV
(1.4.3)
Die mittlere freie Weglänge beträgt (PT 1):
λUV =
1
nVσ UV
(1.4.4)
wobei nV die Dichte der Teilchen V und σUV den Wirkungsquerschnitt für den Stoß
zwischen U und V bezeichnet.
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
87
Member of Center for
Plasma Science and Technology
RUB
Ruhr-Universität Bochum
Damit ergibt sich für die Stoßfrequenz:
ν UV = nVσ UV vUV
(1.4.5)
Erweitert man nun (1.4.1) mit 8/π und setzt (1.4.5) ein, erhält man:
DUV =
8kT π λUV
π M R 8 vUV
(1.4.6)
Die mittlere thermische Geschwindigkeit war (PT 1):
vUV =
Electrical Engineering & Plasma Technology
8kT
πM R
Peter Awakowicz
(1.4.7)
AEPT
88
Member of Center for
Plasma Science and Technology
Ruhr-Universität Bochum
RUB
Dann erhält man mit (1.4.6):
DUV =
2
π vUV
8 vUV
λUV =
π
8
vUV λUV
(1.4.8)
Die mittlere freie Weglänge wird bestimmt mit (1.4.4) unter Verwendung von
„Harte-Kugel-Querschnitten“, wobei die Teilchen U und V die Radien rU und rV
haben mögen:
σ UV ≈ π (rU + rV ) 2
(1.4.9)
Wirkungsquerschnitte für Neutrale sind typischerweise im Bereich von
2 - 7· 10-15 cm-2. Für die Diffusion von Teilchen U in Teilchen U (Selbstdiffusion)
gilt MR=0.5 mU. In Tab. 1.4 sind einige gaskinetische Wirkungsquerschnitte in
10-15 cm2 angegeben.
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
89
Member of Center for
Plasma Science and Technology
He
Ar
H2
RUB
Ruhr-Universität Bochum
He
Ar
H2
N2
O2
CO
CO2
1.6
2.9
2.2
3.1
2.9
3.0
3.6
5.0
3.7
5.4
5.2
5.3
5.7
2.7
3.8
3.7
3.9
4.5
5.2
4.1
5.1
6.8
4.9
4.8
5.9
5.0
6.3
N2
O2
CO
7.8
CO2
Tab. 1.4 Gaskinetische Wirkungsquerschnitte in 10-15 cm2
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
90
Member of Center for
Plasma Science and Technology
Ruhr-Universität Bochum
RUB
Ist die mittlere freie Weglänge kleiner als die charakteristische Dimension des
Plasmareaktors, dann diffundieren die Teilchen bekanntermaßen aus dem
Plasmabulk zur Wand. D.h. mit
λUV < lchar ≈
Reaktorvolumen
Reaktoroberfläche
kann ein Teilchenfluss jU,surf der Teilchensorte U auf die Oberfläche abgeschätzt
werden, wenn nU,bulk die Dichte im Bulk und nU,surf (kürzer: nUS) die Dichte an der
Oberfläche bezeichnet (Diffusionsgesetz):
jU,surf ≈ DUV
nU,bulk − nU,surf
0.5lchar
(1.4.10)
Multipliziert man (1.4.10) mit dem Verhältnis aus Reaktoroberfläche zu
Reaktorvolumen (=1/lchar), erhält man eine mittlere Verlustrate der Teilchen U
durch Diffusion aus dem Volumen zur Wandoberfläche:
dnU
≈ − K diff (nU,bulk − nU,surf )
dt
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
(1.4.11)
AEPT
91
Member of Center for
Plasma Science and Technology
RUB
Ruhr-Universität Bochum
Für die Ratenkonstante (1. Ordnung) des Diffusionsverlustes ergibt sich damit:
K diff ≈
2 DUV
2
lchar
[s -1 ]
(1.4.12)
Um die Ratenkonstante für Diffusionsverluste präziser zu bestimmen, muss die
Geometrie der Entladung bekannt sein. Weiterhin muss die Produktionsrate
berechnet werden, die die Diffusion bilanziert. Hat man z.B. eine
Scheibengeometrie, d.h. Boden und Deckel im Abstand l, Durchmesser der
Scheibe sehr groß (Übung PT 1), dann ergibt sich:
K diff,Scheibe =
8 DUV πλUV vUV
=
[s -1 ]
2
2
l
l
(1.4.13)
die Ratenkonstante 1. Ordnung für diffusiven Verlust der Teilchen zu der
Reaktorwand einer Kammer mit „Scheibengeometrie“ (entspricht in Abb. 1.17
KU).
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
92
Member of Center for
Plasma Science and Technology
Ruhr-Universität Bochum
RUB
Ratenkonstante für Adsorption und Desorption
Nachdem die Moleküle gemäß (1.4.11) an die Wand diffundiert sind, werden sie
dort adsorbiert bzw. desorbiert. Im Falle nicht-dissoziativer Adsorption gilt:
KV
⎯
⎯→
U + S ←⎯⎯
U :S
K
L
mit der Ratenkonstanten für Diffusion KV (gemäß Abb. 1.17) und der für
Desorption KL.
Ist nun die Flächendichte der möglichen Adsorptionsbindungen (damit also
Chemiesorption) n0´, dann ist die der besetzten, d.h. mit Adsorbat (A) bedeckten
Oberfläche nA:S´= θ n0´. Gemäß der Langmuirkinetik ist der Teilchenfluss von U
proportional 1- θ, d.h. zur nicht bedeckten Oberfläche. Damit gilt:
jads = K V nUS n0′ (1 − θ )
(1.4.14)
wobei nUS (≡ nU,surf in (1.4.10)) die Gasphasendichte an der Oberfläche ist.
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
93
Member of Center for
Plasma Science and Technology
Ruhr-Universität Bochum
RUB
Der Fluss der desorbierenden Moleküle ist proportional zur Oberflächenbedeckung:
jdes = K L n0′θ
(1.4.15)
Setzt man im stationären Zustand Adsorption (Chemisorption) und Desorption ins
Gleichgewicht, erhält man:
K V nUS n0′ (1 − θ ) = K L n0′θ
(1.4.16)
K V nUS n0′
K V K L ⋅ nUS
⇒θ =
=
K L n0′ + K V nUS n0′ 1 + K V K L ⋅ nUS
(1.4.17)
Damit ist der Bedeckungsgrad für ein kleines Verhältnis von KV/KL bei Null (d.h.
kleine Adsorptionsrate, große Desorptionsrate) und für ein großes Verhältnis von
KV/KL bei eins.
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
94
Member of Center for
Plasma Science and Technology
Ruhr-Universität Bochum
RUB
Ist die Adsorption dissoziativ, werden zwei Oberflächenbindungen (d.h.
Chemiesorption) benötigt (z.B. Molekül U2, vgl (1.3.19)):
KV
⎯⎯⎯
⎯→
U 2 (g) + 2S ←
2U : S
K
L
und damit ergibt sich für den molekularen Fluss, der adsorbiert (chemisorbiert)
wird (vgl. (1.4.14)):
jads = K V nU S n0′ (1 − θ ) ⋅ n0′ (1 − θ )
(1.4.18)
2
mit der Gasphasendichte der Moleküle nU2S an der Oberfläche. Für den
Desorptionsfluss gilt:
jdes = K L n0′2θ 2
(1.4.19)
da ja wiederum 2 Atome pro desorbiertes Molekül von den Oberflächenbindungen entfernt werden.
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
95
Member of Center for
Plasma Science and Technology
RUB
Ruhr-Universität Bochum
Setzt man hier wieder Adsoption und Desorption ins Gleichgewicht:
(
K
θ=
1 + (K
V
K L ⋅ nU S )
12
K L ⋅ nU S )
2
12
V
(1.4.20)
2
Man sieht, dass im Falle der dissoziativen Adsorption (Chemisorption) für eine
geringe Oberflächenbedeckung (d.h. θ klein) gilt:
θ ∝ nU S
2
Reaktion mit der Oberfläche
Nachdem nun die Flüsse für Chemisorption und Adsorption beschrieben wurden,
soll jetzt noch die Reaktion der chemisorbierten Teilchen mit der Oberfläche
(Ratenkonstante KW in Abb. 1.17) berücksichtigt werden. D.h. man muss folgende
konsekutiven Reaktionen berücksichtigen:
V
W
⎯⎯⎯
⎯→
U : S ⎯⎯→
US(g)
U(g) + S ←
K
K
KL
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
96
Member of Center for
Plasma Science and Technology
Ruhr-Universität Bochum
RUB
Die Oberflächenbedeckung ergit sich aus der zugehörigen Ratengleichung, die
die Bilanz im Punkt P in Abb. 1.17 beschreibt (siehe (1.4.14) u. (1.4.15)):
dn′U:S
= K V nUS n0′ (1 − θ ) − K L n0′θ − K W n0′θ = 0
dt
(1.4.21)
mit der Oberflächendichte nUS der Teilchen U. Daraus erhält man für die
Oberflächenbedeckung:
θ=
K V nUS
1
=
K V nUS + K L + K W 1 + ( K L + K W ) K V nUS
(1.4.22)
In unserem Beispiel beschreibt (1.4.22) die Reaktion der Kohlenstoffoberfläche
mit einem chemisorbierten Sauerstoffatom, das durch Diffusion an die Oberfläche
gelangt ist.
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
97
Member of Center for
Plasma Science and Technology
Ruhr-Universität Bochum
RUB
Die Reaktionsrate für die Produktion des Moleküls CO ist damit:
RUS = RCO = K W n0′θ
[cm -2s -1 ]
(1.4.23)
da n0´θ die Zahl der chemisorbierten Atome U (z.B. Sauerstoff O) pro Fläche
bezeichnet und KW die Rate für die Reaktion O+C -> CO (in s-1).
Analog zu (1.4.10) und (1.4.11) ergibt sich für den Nettofluss von Teilchen U aus
der Gasphase auf die Oberfläche S:
jU = lchar K diff (nU,bulk − nUS ) [cm -2s -1 ]
(1.4.24)
Im Prinzip kann man nun den Nettofluss jU aus (1.4.24) und die Reaktionsrate RUS
aus (1.4.23) gleichsetzen:
RUS = jU ⇒ K W n0′θ = lchar K diff ( nU,bulk − nUS )
(1.4.25)
wobei zwei Extremfälle besonders wichtig sind: Niederdruck und Hochdruck
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
98
Member of Center for
Plasma Science and Technology
Ruhr-Universität Bochum
RUB
K V nUS << K L + K W
Näherung für geringen Druck:
d.h. die Adsorptionsrate ist sehr viel kleiner als Desorptionsrate und die chemische Reaktionsrate (der auftreffenden Atome mit der Oberfläche). In diesem Fall
ergibt sich für die Oberflächenbedeckung mit (1.4.22):
θ≈
K V nUS
<< 1
KL + KW
(1.4.26)
für diesen Fall wird aus der Bilanz von Diffusion und Reaktionsrate (1.4.25):
KV KW
n0′ nUS = lchar K diff ( nU,bulk − nUS )
KL + KW
(1.4.27)
Berechnet man daraus die Teilchendichte in Oberflächennähe:
nUS =
lchar K diff nU,bulk
K K
lchar K diff + V W n0′
KL + KW
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
(1.4.28)
AEPT
99
Member of Center for
Plasma Science and Technology
Ruhr-Universität Bochum
RUB
Setzt man schließlich (1.4.28) in (1.4.26) ein, erhält man die Reaktionsrate mit der
Moleküle aus dem Plasmavolumen an die Oberfläche diffundieren (Kdiff), dort
chemisorbieren (KV), teilweise desorbieren (z.B. thermisch, KL) und teilweise mit
dem Oberflächenmaterial reagieren (KW).
Zunächst wird (1.4.28) vereinfacht:
nUS =
1
nU,bulk
′
K K n
1
1+ V W 0 ⋅
K L + K W lchar K diff
(1.4.28a)
und in (1.4.26) eingesetzt ergibt:
θ=
KV
1
nU,bulk
⋅
′
K
K
n
1
KL + KW 1+ V W 0 ⋅
K L + K W lchar K diff
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
(1.4.29)
AEPT
100
Member of Center for
Plasma Science and Technology
somit erhält man:
θ=
RUB
Ruhr-Universität Bochum
KV
n
K V K W n0′ U,bulk
KL + KW +
lchar K diff
(1.4.30)
die Oberflächenbedeckung in Abhängigkeit von Diffusion, Chemisorption,
Desorption und einer Reaktion mit dem Oberflächenmaterial.
Fasst man nun alle Prozesse in einer einzigen Ratenkonstanten zusammen und
berechnet die Produktionsrate RCO für das Molekül CO (allgemein: Molekül US)
mit (1.4.23), so erhält man:
RCO = RUS = K W n0′θ = K CO nO,bulk
(1.4.31)
mit (1.4.30) ergibt sich damit:
K CO =
1
KL + KW
1
+
n0′ K W K V lchar K diff
(1.4.32)
die Produktionsrate für das CO-Molekül durch Ätzen eines Kohlenstoffsubstrates.
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
101
Member of Center for
Plasma Science and Technology
RUB
Ruhr-Universität Bochum
Die Gl. (1.4.32) ist eine zusammengesetzte Ratenkonstante 1. Ordnung. Diese ist
typisch für Oberflächenreaktionen im Niederdruckplasma und hat im Prinzip
unabhängig vom eigentlich Reaktionstyp mit der Oberfläche (Schichtabscheidung,
Ätzen, Modifizieren, ...) immer eine ähnliche Struktur.
Betrachtet man nun noch die Näherung für hohen Druck:
K V nUS >> K L + K W
dann wird mit (1.4.22)
θ=
1
1 + ( K L + K W ) K V nUS
die Oberflächenbedeckung für den Hochdruckfall:
und die Produktionsrate z.B. für CO wird mit (1.4.31):
(1.4.22)*
θ ≈1
RCO = n0′ K W
d.h. unabhängig von der Bulkdichte nO,bulk der Sauerstoffatome.
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
102
Member of Center for
Plasma Science and Technology
Ruhr-Universität Bochum
RUB
Dies entspricht einer Kinetik 0-ter Ordnung, die in Hochdruckplasmen häufig
auftritt. Für Oberflächenprozesse im Niederdruck spielen diese Reaktionskinetiken keine Rolle.
Damit ist das Kapitel „Oberflächenkinetik“ beendet. Es sei an dieser Stelle
darauf hingewiesen, dass nur ein Teil aller möglichen Oberflächenprozesse
behandelt wurde (und werden kann). Für weiterführende Betrachtungen sei z.B.
auf P.W. Atkins, Physikal Chemistry, 3rd ed., Freeman New York (1986) verwiesen.
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
103
Member of Center for
Plasma Science and Technology
RUB
Ruhr-Universität Bochum
2. SCHICHTABSCHEIDUNG UND SPUTTERVERFAHREN
2.1 Magnetron Entladungen
Weicheisenjoch
S
Kathode
rCE
VDC
+
Magnet
N
S
N
w
R
r
B
s
DC-Glimmentladung
Anode
IDC
Abb. 2.1
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
104
Member of Center for
Plasma Science and Technology
Ruhr-Universität Bochum
RUB
Aufbau
Eine typische Magnetron-Konfiguration ist in Bild 2.1 gezeigt. Es handelt sich
dabei um eine Vakuumkammer, die mit zwei Elektroden versehen ist. Diese
sind mit einer Gleichspannung VDC verbunden. Oben befinde sich die Kathode,
unten die Anode. Oberhalb der Kathode ist ein System von
Permanentmagneten angebracht, so dass die zylindersymmetrische Kammer
ein ringförmiges Eindringen des Magnetfeldes ermöglicht. Der Mittenradius
des Ringes betrage R, die Breite des Ringes w und die Höhe rce.
Legt man eine Spannung VDC an, zündet eine Glimmentladung, die im Bereich
des Magnetfeldes ein hochdichtes, hell leuchtendes Plasma besitzt. Weit
außerhalb des ringförmigen Feldes besitzt das Plasma eine deutlich
geringere Dichte.
Das Plasma schirmt das elektrische Feld gegenüber der restlichen Kammer
weitestgehend ab. In der Nähe der Kathode bildet sich eine Randschicht mit
der Dicke s, die etwa 1 mm beträgt. Innerhalb dieser Randschicht fällt ein
großer Teil der von außen angelegten Gleichspannung ab.
Derartige
Plasmen
werden
oftmals
mit
Argon
betrieben.
Die
Magnetfeldstärken sind so eingestellt, dass die Agonionen nicht magnetisiert
sind, die Elektronen hingegen sind magnetisiert (vgl. auch PT1).
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
105
Member of Center for
Plasma Science and Technology
Ruhr-Universität Bochum
RUB
Funktion des Magnetrons
Die positiven Argonionen nehmen kinetische Energie in der kathodischen
Randschicht auf und bombardieren die (kalte) Kathode, die als Target
ausgelegt ist. Beim Beschuss des Targets mit den Ionen wird Targetmaterial
gesputtert (abgetragen) und fliegt in die Entladung hinein. Die mittleren freie
Weglängen dieser gesputterten Teilchen sind im Bereich des Abstandes
zwischen Anode und Kathode. Befindet sich auf der Anode ein Substrat, wird
dieses mit dem Targetmaterial beschichtet.
Zusätzlich bewirkt der Ionenbeschuss der Kathode die Emission von
Sekundärelektronen aus dem Target. Diese werden von der Kathode
abgestoßen und dringen in das Bulkplasma ein, wo sie von den
Magnetfeldlinien festgehalten werden. Die Elektronen stoßen mit dort
verfügbaren Neutralteilchen und ionisieren das Neutralgas.
Typische Magnetron-Entladungsparameter:
B0 ≈ 200 G = 0.02 T (Flussdichte beim Radius R, an dem die Feldlinien
tangential verlaufen)
p ≈ 0.3 - 0.7 Pa
jion ≈ 20 mA/cm2 (über die Ringfläche gemittelte Ionenstromdichte)
VDC ≈ 800 V
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
106
Member of Center for
Plasma Science and Technology
Ruhr-Universität Bochum
RUB
Energieverlust der Elektronen pro gebildetes Elektronen-Ionenpaar EC:
Elektronen in der Entladung verlieren Energie durch (PT 1):
• Ionisation
• Anregung
• elastische Stöße (elast. Streuung)
Für hohe Elektronentemperaturen entspricht der Energieverlust EC pro
gebildetes Elektron-Ion-Paar etwa der doppelten Ionisierungsenergie Eion,
d.h. EC ≈2 Eion f. Te ≥ 100 eV.
Für Elektronentemperaturen unterhalb von Eion steigt EC steil an, da die
Anregung gegenüber der Ionisation stark zunimmt. In Argon (Eion =15.8 eV)
bei Te ≈ 4 eV wird eine Gesamtenergie von etwa EC ≈ 40 eV benötigt (Abb. 2.2),
um ein Elektron-Ionenpaar zu erzeugen.
Bei Molekülgasen wird zusätzliche Energie benötigt (O2 in Abb. 2.2), um die
Moleküle vibratorisch und rotatorisch anzuregen. Weiterhin wird Energie
durch Dissoziationsprozesse verbraucht. In diesen Fällen ist EC bei gleichen
Temperaturen ca. 2 - 10 fach höher als für Edelgase.
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
107
Member of Center for
Plasma Science and Technology
Ruhr-Universität Bochum
RUB
3
10
EC in [eV]
Ar
O2
2
10
1
10
1
10
100
Te [eV]
Abb. 2.2 Benötigte Elektronenenergie EC pro Elektron-Ionpaar
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
108
Member of Center for
Plasma Science and Technology
RUB
Ruhr-Universität Bochum
Abschätzung der Magnetronspannung VDC
Da fast die gesamte angelegte Spannung VDC in der kathodischen Randschicht
abfällt, entspricht die Ionenenergie in etwa VDC. Trifft nun ein Ion mit dieser
Energie, die im Bereich von etwa 200 - 1000 eV liegt auf das Target, so wird im
Falle von Argonionen, die auf ein Aluminiumtarget auftreffen, etwa ein Elektron
pro 10 Ionen emittiert, d.h. γse ≈ 0.1 (s. a. Tab. 1.1).
Dieses Sekundärelektron fliegt zurück ins Plasma und wird durch die mehr oder
weniger horizontalen Feldlinien gefangen. Dabei erzeugt es N ElektronIonenpaare, wobei pro Paar die Energie EC verbraucht wird:
N≈
eVDC
EC
(2.1.1)
Haben die Sekundärelektronen Energien von 200 - 1000 eV (nicht zu
verwechseln mit Temperaturen!), dann ist EC etwa 30 eV pro e-i-Paar. Da durch
den fast horizontalen Verlauf der Feldlinien nicht alle Elektronen gefangen
werden, sondern manche einige Male gyrieren, um wieder zur Kathode
zurückzufliegen, ist die effektive Sekundärelektronenemission γeff kleiner als γse.
Abschätzungen liefern:
(2.1.2)
γ ≅ 0.5γ ≅ 0.05
eff
Electrical Engineering & Plasma Technology
se
Peter Awakowicz
AEPT
109
Member of Center for
Plasma Science and Technology
RUB
Ruhr-Universität Bochum
Die Entladung ist genau dann selbsterhaltend, wenn das ins Plasma fliegende
Sekundärelektron genügend Energie hat, dass so viele Ionen erzeugt werden,
die dann ihrerseits wieder genügend Sekundärelektronen erzeugen, damit:
Nγ eff = 1
(2.1.3)
Für das oben genannte Beispiel werden also 20 Elektron-Ion-Paare benötigt.
Gl. (2.1.1) und (2.1.2) in (2.1.3) eingesetzt ergibt:
1 eVDC
γ se
=1
2
EC
(2.1.4)
Damit ergibt sich für die Versorgungsspannung des Magnetrons:
VDC ≈
2 EC
eγ se
(2.1.5)
Für EC = 30 eV und γse = 0.1 ergibt VDC = 600 V einen realistischen Wert.
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
110
Member of Center for
Plasma Science and Technology
Ruhr-Universität Bochum
RUB
Die vom Target emittierten Sekundärelektronen gyrieren um die Magnetfeldlinien von B0 mit dem Gyroradius rCE. Im horizontalen Bereich der
Feldlinien steht der Vektor der Geschwindigkeit der Elektronen senkrecht auf
den Feldlinien. Damit ergibt sich für den Gyroradius (vgl. Abb. 2.1):
v = ω ⋅ r ⇒ rCE =
v⊥
ωCE
=
ve
ωCE
(2.1.6)
Die Elektronen erhalten ihre kinetische Energie durch Beschleunigung in der
Randschicht, daher gilt:
2eVDC
1
eVDC = me ve2 ⇒ ve =
2
me
(2.1.7)
Zur Bestimmung der (Gyro)Kreisfrequenz wird ein Kräftegleichgewicht zwischen
der Zentrifugalkraft und der Lorentzkraft angesetzt (PT 1):
eB
v2
r r
qv × B = m
⇒ qvB ≡ eωrB = mω 2 r ⇒ ω =
m
r
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
(2.1.8)
AEPT
111
Member of Center for
Plasma Science and Technology
RUB
Ruhr-Universität Bochum
Gl. (2.1.7) und (2.1.8) in (2.1.6) eingesetzt, ergibt:
rCE =
1 2meVDC
B0
e
(2.1.9)
Für B0=200 G und VDC = 600 V erhält man rCE ≈ 5 mm. Für die schweren
Argonionen ergibt sich unter den genannten Bedingungen ein Gyroradius
von rAr ≈ 1.3 m. Daraus wird deutlich, dass die Elektronen in einem
Magnetron magnetisiert sind, die Argonionen dagegen nicht.
Abschätzung der Ringbreite w
Zur Abschätzung der Ringbreite w soll Abb. 2.3 (vgl. Abb. 2.1) herangezogen
werden.
r2
r1
θ
RC
R
Kathode
B
w/2
rCE
Abb. 2.3
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
112
Member of Center for
Plasma Science and Technology
Ruhr-Universität Bochum
RUB
In Abb. 2.3 ist ein Teilausschnitt der Kathode von Abb. 2.1 gezeigt. Die
mittlere Höhe des Plasmarings unter der Kathode entspricht in etwa dem
Gyrationsradius rCE der Elektronen um die horizontalen Magnetfeldlinien (in
der Mitte mehr, am Rand weniger).
Zur weiteren Berechnung wird angenommen, dass die Dicke der Randschicht
sehr viel kleiner ist als der Gyroradius, d.h. s<<rCE (muss noch gezeigt
werden).
Werden nun Sekundärelektronen emittiert, so werden diese an den
Magnetfeldlinien festgehalten und laufen an diesen entlang (v= ≠ 0). Dadurch gelangen sie wieder an die Kante zur Randschicht bei r1 bzw. r2, wo sie
aufgrund der großen Potentialbarriere zurückreflektiert werden. Damit
laufen diese immer zwischen den beiden Radien hin- und her.
Nimmt man den Krümmungsradius der B-Feldlinien zu RC an, die Höhe des
Rings zu rCE und die Weite zu w ≈ r2-r1, dann gilt:
sin θ =
und weiterhin gilt:
w2
⇒ RC sin θ = w 2
RC
rCE + RC cosθ = RC ⇒ RC cosθ = RC − rCE
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
(2.1.10)
(2.1.11)
AEPT
113
Member of Center for
Plasma Science and Technology
Ruhr-Universität Bochum
RUB
Nach Quadrieren von (2.1.10) und (2.1.11) und anschließendem Addieren der
beiden Gleichungen erhält man:
w2
R (sin θ + cos θ ) = ( RC − rCE ) +
4
2
C
2
2
2
(2.1.12)
und mit sin2Θ+cos2 Θ =1 eine Bestimmungsgleichung für w:
2
w2 = 4(2 RC rCE − rCE
)
(2.1.13)
Setzt man in (2.1.13) den bereits berechneten Wert für rCE=0.5 cm und mit
RC = 4 cm einen typischen Wert ein, ergibt sich für die Ringbreite:
w ≈ 3.8 cm
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
114
Member of Center for
Plasma Science and Technology
Ruhr-Universität Bochum
RUB
Wie bereits festgestellt, sind die Ionen in typischen Magnetronentladungen
unmagnetisiert. Weiterhin ist der Entladungsdruck sehr gering, damit ist die
Randschicht stoßfrei. Über der geringen Randschichtdicke s fällt die relativ hohe
Spannung VDC ab. Daher kann die Ionenstromdichte vom Ring auf die Kathode
mit dem „U3/2“ - Gesetz nach Child (für stoßfreie Randschichten mit hohem
Spannungsabfall) berechnet werden (PT1):
32
4
2e VDC
ji = ε 0
9
mion s 2
(2.1.14)
mit der Dielektrizitätskonstante ε0 und der Ionemasse mion. Gleichzeitig entspricht die Ionenstromdichte dem gesamten Entladungsstrom dividiert durch
die Ringfläche (da im Ring die Ladungsträgerdichte sehr viel höher ist, liefert
in erster Näherung nur dieser einen Beitrag zur Stromdichte):
ji =
I DC
I DC
=
π (r22 − r12 ) π (r2 − r1 )(r2 + r1 )
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
(2.1.15)
AEPT
115
Member of Center for
Plasma Science and Technology
RUB
Ruhr-Universität Bochum
Für r2-r1 = w und für r2+r1 ≈ R+w/2 gesetzt, gilt:
ji =
I DC
π ( Rw + w2 2)
(2.1.16)
Setzt man in (2.1.16) die bereits berechneten Werte w = 3.8 cm, R=4 cm und
einen typischen Entladungsstrom von IDC = 5 A, dann erhält man:
ji =
5A
mA
71
≈
70.4 cm 2
cm 2
Setzt man diesen Wert in (2.1.14) ein, ergibt sich für die Randschichtdicke:
s ≈ 0.6 mm
Damit ist die obige Annahme, dass s << rCE (=5 mm) gerechtfertigt.
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
116
Member of Center for
Plasma Science and Technology
RUB
Ruhr-Universität Bochum
Abschätzung der Plasmadichte im Bulk
Zur Bestimmung der Plasmadichte im Magnetron wird kurz die Randschichtphysik aus PT1 nochmals aufgegriffen.
n(x)
n e = n i = n0
nb: Bulk
ns: Schichtkante
ne = ni
ni
ne
Plasma
Vorschicht
x
x=0
Schicht
Fp
x
F(0) = 0
F′(0) ≈0
Abb. 2.4
Electrical Engineering & Plasma Technology
Schichtkante
Peter Awakowicz
AEPT
117
Member of Center for
Plasma Science and Technology
Ruhr-Universität Bochum
RUB
Das Plasma wird in Bulk, Vorschicht und Randschicht unterteilt. Die Plasmadichte an der „Schnittstelle“ zwischen Bulk und Vorschicht wird mit Bulkdichte
nb bezeichnet. Die Dichte an der Schichtkante, d.h. der „Schnittstelle“ zwischen
Vorschicht und Schicht mit ns. Das Potential bei nb ist Fp, das bei ns ist zu Null
gesetzt, d.h. Fs=0.
Die Ionen werden in der Vorschicht auf die Bohmgeschwindigkeit beschleunigt,
d.h.
kTe
vB =
mion
(2.1.17)
ist die Geschwindigkeit der Ionen an der Schichtkante. Beim Durchlaufen des
Vorschichtpotentials nimmt das Ion die Energie auf:
1
mion vB2 = eΦ p
2
(2.1.18)
kTe = 2eΦp
(2.1.19)
Mit (2.1.17) erhält man daraus:
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
118
Member of Center for
Plasma Science and Technology
Ruhr-Universität Bochum
RUB
Um die Plasmadichte an der Schichtkante ns zu bestimmen, wird nun die
Boltzmann-Relation (PT1) bezogen auf die Bulkdichte nb benötigt:
nS = nb exp(− eΦ p kTe )
(2.1.20)
Damit ergibt sich mit (2.1.19):
ni,S = nS = nb exp(0.5) ≈ 0.61nb
(2.1.21)
Somit kann nun die Ionenstromdichte ausgedrückt werden:
ji = eni,SvS = 0.61 ⋅ enb vB
(2.1.22)
bzw. bei (schwacher) Te-Abhängigkeit kann die Ionendichte bestimmt werden:
ni =
Electrical Engineering & Plasma Technology
ji
mi
0.61e kTe
Peter Awakowicz
(2.1.23)
AEPT
119
Member of Center for
Plasma Science and Technology
RUB
Ruhr-Universität Bochum
Für Te ≈ 3 eV und einer berechneten Stromdichte von ji ≈ 70· 10-3 A/cm2
=700 A/m2 erhält man eine Ionendichte im Bulk von:
700
40 ⋅1.67 ⋅10 −27
1
1
18
12
2
.
67
10
2
.
67
10
ni = ne =
=
⋅
=
⋅
0.61 ⋅1.6 ⋅10 −19 1.38 ⋅10 −23 ⋅ 3 ⋅11604
m3
cm 3
Bestimmung der Sputterrate
Die Berechnung der Sputterrate erfordert jetzt nur noch die Sputterausbeute,
die in Tab. 1.3 (S. 80) mit γsput = 0.83 gegeben ist. Bei einer
Aluminiumatomdichte im Festkörper von nAl ≈ 6 · 1022 cm-3 erhält man:
Rsput = γ sput
70 ⋅10-3
1
ji 1
-6
=
6
⋅
10
[cm/sec]
= 0.83
-19
22
e nAl
1.6 ⋅10 6 ⋅10
Wird einen Tag (24h) lang gesputtert, ergibt sich ein Abtrag von ca. 0.5 cm.
Daher gräbt sich die Entladung einen Graben in das Target, der die Form eines
Rings und den Querschnitt gemäß der Verteilung der Ionenstromdichte über
der Ringbreite w hat.
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
120
Member of Center for
Plasma Science and Technology
Ruhr-Universität Bochum
RUB
Da es sich bei dem Target um hochreines und damit teueres Material handelt,
stellt diese schlechte Targetausnutzung einen erheblichen Kostenfaktor dar.
Mit beweglichen Magneten oder mit neuen Hochfrequenzkonzepten kann
dieser Nachteil (möglicherweise) überwunden werden (AEPT: VHF-Plasma).
Entladungsleistung
Die in die Entladung gespeiste elektrische Leistung beträgt:
Pmag = I DCU DC = 5 ⋅ 600 W = 3 kW
Da die Leistung im wesentlichen von der Kathode aufgenommen wird, muß
diese gekühlt werden (z.B. deionisiertes Wasser). Evtl. ist auch HeliumBackside-Cooling möglich (wie beim Plasmaätzen).
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
121
Member of Center for
Plasma Science and Technology
Ruhr-Universität Bochum
RUB
2.2 Schichtabscheidung durch Sputtering
Die Deposition von dünnen Schichten spielt in der modernen Mikroelektronik,
in der Displaytechnologie aber auch in der Architekturglasbeschichtung eine
wesentliche Rolle. In der Mikroelektronik beispielsweise werden Aluminium
und/oder Kupferschichten als Metallisierungsschichten (horizontale
Leiterbahnen) und als Interconnect-Beschichtungen (vertikale Leiterbahnen bei
mehreren Metallisierungsebenen) benötigt. Diese werden typischerweise mit
Aluminium- bzw. Kupfertargets erzeugt, wobei die Substrattemperatur nahe
bei Raumtemperatur bleibt. Zu diesem Zweck könnten auch thermische
Verdampfungsquellen verwendet werden, allerdings ist die Kontrolle der
Filmuniformität und der Schichtzusammensetzung deutlich schwieriger.
Beim reaktiven Sputtering, das z.B. benötigt wird, um Oxide abzuscheiden,
wird eine Hintergrundgas verwendet, dessen Dissoziationsprodukte mit dem
Targetmaterial chemisch reagieren, wobei gleichzeitig auch die hochenergetischen Ionen eine wichtige Rolle spielen.
In Tab. 2.1 sind einige Beispiele von gesputterten Schichten und deren
Anwendungen aufgeführt.
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
122
Member of Center for
Plasma Science and Technology
Anwendung
Ruhr-Universität Bochum
RUB
Material
Elektronik:
Elektroden/Interconnects
Widerstände
Dielektrika
Isolatoren
Supraleiter
Halbleiter
Passivierung
Au, Al, Cu, Cr, Ti, Pt, Mo, W, Al/Si, ...
Cr, Ta, Re, TaN, TiN, NiCr, SnO2, ...
HfO2, PbO, AlN, Si3N4, Al2O3, SiO2, ...
Si3N4, Al2O3, SiO2, TiO2, Ta2O5, ...
Nb, NbN, La-Sr-Cu-O, Y-Ba-Cu-O, ...
Ge, Si, Se, Te, SiC, ZnO, ZnSe, CdSe, ...
Si3N4, SiO, SiO2
Optik:
Beschichtung
SiO2, TiO2, SnO2, In2O3
Sonstiges
Härtung
Dekoration
Cr, TiN, SiC, WC
Al, Zn, Cd, Cr, Ti, Ta, W, TiN, TiC, SiC,
Ag, Au, ...
Tab. 2.1
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
123
Member of Center for
Plasma Science and Technology
Ruhr-Universität Bochum
RUB
2.2.1 Physikalisches Sputtern
Beim physikalischen Sputtern schlagen Ionen aus einem Target Atome heraus,
die ballistisch, d.h. ohne weitere Stöße, auf ein Substrat fliegen und dort eine
Schicht bilden. Typischerweise werden dazu Argonionen von etwa 500 bis ca.
1000 eV verwendet. Da viele Targematerialien Zersteubungsausbeuten nahe
bei 1 bzw. in der Größenordnung von 1 besitzen, wird eine große Vielfalt von
reinen Metallen, Legierungen und Dielektrika verwendet.
Physikalisches Sputtern von reinen Metallen ist ein gut verstandener Prozess,
der für viele Anwendungen relativ einfache Sputtersysteme zulässt. Brauchbare
Abscheideraten vereint mit sehr guter Filmqualität, d.h. mit sehr guter
Uniformität, geringer Rauhigkeit und guter Adhäsion werden heute über große
Flächen erzielt.
Bei Multikomponententargets würde man zunächst annehmen, dass aufgrund
der unterschiedlichen Zersteubungsausbeuten die Zusammensetzung des
abgeschiedenen Films vom Target verschieden ist. Tatsächlich jedoch bildet sich
auf der Oberfläche eines Multikomponententargets während des Sputtervorganges eine Schicht aus, die gegenüber der ursprünglichen Targetzusammensetzung verändert ist. Und zwar werden die Komponenten angereichert, deren Zersteubungausbeute geringer ist als die der anderen.
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
124
Member of Center for
Plasma Science and Technology
Ruhr-Universität Bochum
RUB
Dies führt dann dazu, dass im stationären Zustand der gesputterte atomare
Fluss, der von dieser geänderten Schicht herrührt, wieder dem ursprünglichen
Gemisch der einzelnen Komponenten entspricht. D.h. die Stöchiometrie des
ursprünglichen Multikomponententargets bleibt im atomaren Fluss erhalten
(vorausgesetzt die Diffusion zwischen Oberflächenschicht und Bulkmaterial des
Targets ist vernachlässigbar).
Sind nun auch noch die Sticking-Koefizienten der verschiedenen Komponenten
gleich, dann hat der abgeschiedene Film die gleiche Zusamensetzung wie das
Target selbst. Aus diesem Grund können auch Legierungen gesputtert werden.
Allerdings können Materialien wie z.B. Keramiken oder Oxide nicht
physikalisch gesputtert werden, da diese oftmals Komponenten mit hohem
Dampfdruck besitzen.
Unter der Voraussetzung, dass alle zersteubten Atome auch das Substrat
treffen, wird die Depositionsrate für physikalisches Sputtering zu:
Rdeposition =
γ sput Γion Atarget
nfilm
Asubstrat
[cm/sec]
(2.2.1)
mit dem Ionenfluss Γion in [1/cm2sec], der Zersteubungsausbeute γsput, der Dichte
des deponierten Films nf in [1/cm3], der Target- und der Substratfläche At und Af.
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
125
Member of Center for
Plasma Science and Technology
Ruhr-Universität Bochum
RUB
Verwendet man z.B. 1 kV Argonionen mit γsput = 0.83 (Al, Tab. 1.3, S 80) bei
einer Filmdichte von nf = 5 x 1022 cm-3 und einer Ionenstromdichte von
1mA/cm2 (d.h. Γion = 6.25 x 1015 cm-2 s-1), dann ergibt sich mit At/Af =1:
Rdep
nm
0.83 ⋅ 6.25 ⋅1015
100
≈
=
min
5 ⋅10 22
liegt der Prozessdruck bei 0.1 Pa (typisch), dann ist die Argonkonzentration für
eine Gastemperatur von 300 K:
p = nkT ⇒ n =
0.1
1
1
1
p
19
13
2
.
42
10
2
.
42
10
=
=
⋅
=
⋅
kT 1.38 ⋅10 −23 ⋅ 300 m 3
m3
cm 3
mit dem gaskinetischen Querschnitt (Tab. 1.4, S 90) f. Aluminium in Argon σ ≈ 5 x
10-15 cm2 erhält man die mittlere freie Weglänge der Al-Atome:
1
1
cm 3
λ=
≈
≈ 8.3 cm
13
−15
2
nσ 2.42 ⋅10 ⋅ 5 ⋅10 cm
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
126
Member of Center for
Plasma Science and Technology
RUB
Ruhr-Universität Bochum
Daher ist es in diesem Beispiel notwendig, dass der Abstand von Target und
Substrat nicht größer als ca. 8 cm wird.
Die Energieverteilung der gesputterten Atome folgt in etwa der Proportionalität:
f (E) ∝
Et E
( Et + E ) 3
(2.2.2)
die in den beiden Abbildungen Abb. 2.1a und b zu sehen sind. Dabei ist Et die
Oberflächenbindungsenergie des Targetmaterials. In Abb. 2.1a ist Et = 1 eV
gewählt, in Abb. 2.1b Et = 4 eV. Man erkennt, dass die meisten gesputterten
Atome Energien bei 0.5Et haben, wobei typische Et-Werte zwischen 1 - 4 eV liegen.
Der Energiebereich der größten Zahl der gesputterten Atome liegt zwischen 0.1 10 eV.
Treffen die Atome mit diesen Energien auf das Substrat, führt das zu einem
Vermischen (“Mixing“) und einer Diffusion von Substratmaterial und auftreffenden Atomen. Dies resultiert in einer verbesserten Bindung und damit in einer
besseren Adhäsion der Schicht auf dem Substrat.
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
127
Member of Center for
Plasma Science and Technology
Energieverteilung der
gesputterten Atome
Ruhr-Universität Bochum
RUB
Emax = 2 eV
f(E)
0.035
0.03
Abb. 2.1b
0.025
0.02
f(E)
Emax = 0.5 eV
0.015
0.14
0.01
0.12
0.005
Et = 4 eV
0.1
2
4
6
8
0.08
10
E/eV
0.06
0.04
Et=1 eV
0.02
Abb. 2.1a
2
4
6
Electrical Engineering & Plasma Technology
8
10
E/eV
Peter Awakowicz
AEPT
128
Member of Center for
Plasma Science and Technology
Ruhr-Universität Bochum
RUB
Die Morphologie (Beschaffenheit) der gesputterten Schichten ist eine Funktion der
Substrattemperatur. Diese wird üblicherweise getrennt geregelt. Sind die
atomaren Flüsse sehr hoch, muss das Substrat gekühlt werden. Eine nicht ganz so
wichtige Rolle spielt der Prozessdruck.
In Abb. 2.2 sind die verschiedenen Prozessbereiche in Abhängigkeit vom Argondruck und von der Substrattemperatur, bezogen auf die Schmelztemperatur Tm
des abgeschiedenen Metallfilms, dargestellt. Dabei unterscheidet man 4
Bereiche:
• Bereich 1 (T/Tm ≤ 0.3)
Bei geringen Drücken und geringer Temperatur besteht der Film aus „Säulen“
mit runden „Köpfen“ und vielen Einschlüssen (Voids, bis zu 30%) zwischen den
Säulen. Diese Struktur wird durch die Abschattung der auf das Substrat
treffenden Atome gebildet. Die Substrattemperatur ist zu gering, um per
Oberflächendiffusion die Voids aufzufüllen. Diese Filme sind weniger
brauchbar.
• Bereich T (0.3≤ T/Tm ≤ 0.5)
Der Film hat eine Fiberstruktur, in der Kristalle senkrecht zur Substratoberfläche aufwachsen. Der Volumenanteil der Einschlüsse ist auf <5%
gesunken. Die Filmoberfläche ist relativ glatt, die Dichte des Films entspricht
etwa der des Bulkmaterials. Diese Eigenschaften resultieren aus der durch
Ionenbeschuss induzierten und die Substrattemperatur unterstützten
Oberflächendiffusion. Diese Morphologie ist brauchbar für viele Anwendungen.
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
129
Member of Center for
Plasma Science and Technology
Ruhr-Universität Bochum
Metall
Schmelzpunkt in °C
Al
Ag
Au
Cu
Ni
Fe
Ti
Cr
Mo
W
660.4
961.9
1064.4
1083.4
1453.0
1535.0
1660.0
1857.0
2617.0
3410.0
RUB
Tab. 2.2 Schmelzpunkt Tm einiger Metalle in °C
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
130
Member of Center for
Plasma Science and Technology
RUB
Ruhr-Universität Bochum
Bereich 3
0.8 ≤ T/Tm≤1
Bereich 1
T/Tm ≤ 0.3
Bereich 2
0.5 ≤ T/Tm ≤ 0.8
Bereich T
0.3 ≤ T/Tm ≤ 0.5
pAr/Pa
1.0
T/Tm
3
2
0.5
1
Abb. 2.2
0.1
0.1
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
131
Member of Center for
Plasma Science and Technology
Ruhr-Universität Bochum
RUB
• Bereich 2 (0.5≤ T/Tm ≤ 0.8)
Die thermisch angetriebene Oberflächendiffusion der deponierten Atome führt
zu kolumnaren Kristallgrenzen. Deren Größe nimmt mit steigendem T/Tm zu.
• Bereich 3 (0.8≤ T/Tm ≤ 1)
Die Volumendiffusion innerhalb des Films führt zu glatten, zufällig orientierten
polykristallinen Schichten.
Filme aus allen Bereiche werden für unterschiedliche Anwendungen hergestellt.
Ionen und schnelle Neutralteilchen, die das Substrat bombardieren, beeinflussen
stark die Filmeigenschaften. In kommerziellen Maschinen wird die Energie der
Ionen zusätzlich durch das Anlegen eines Substratbias eingestellt. Allerdings
führen Ionenbeschuss und Entladungsdruck zu inneren Spannungen der
Schichten. Zusätzlich führen hohe Ionenenergien durch Ionenimplantation zu
Druckspannungen in den Schichten.
Grundsätzlich gilt, dass ein Übergang von hohen Spannungen zu geringeren
vollzogen wird, wenn der Argondruck erhöht wird. Dies führt man auf eine
Absenkung der Ionenenergien (bei Druckerhöhung) zurück.
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
132
Member of Center for
Plasma Science and Technology
Ruhr-Universität Bochum
RUB
2.2.2 Reaktives Sputtern
Im Gegensatz zum rein physikalischen Sputtern, benötigt das reaktive Sputtern
ein Hintergrundgas, das im Plasma dissoziert wird und dessen Dissoziationsprodukte mit dem Target chemisch reagieren während dieses gleichzeitig von
hochenergetischen Ionen beschossen wird.
Der auf dem Substrat deponierte Film ist eine Kombination, gebildet aus dem
gesputterten Target und Komponenten des Reaktivgases.
Typische Anwendungen sind durch Sputtering abgeschiedene Filme, deren
Komponenten deutlich unterschiedliche Dampfdrücke und daher auch deutlich
unterschiedliche Sticking-Koeffizienten auf dem Substrat besitzen.
Will man z.B. SiO2 Schichten mit einem SiO2 Target erzeugen, dann führt dies
zu einer Anreicherung von Si im abgeschiedenen SiOx-Film (d.h. x<2). Setzt
man dem Hintergrundgas (Ar) Sauerstoff (O2) zu, kann man die Stöchiometrie
von Si:O=1:2 erreichen. Ebenso kann auch ein reines Si-Target verwendet
werden, um mit zugemischtem Sauerstoff SiO2 Schichten abzuscheiden.
Siliziumdioxidschichten werden z.B. in der Mikroelektronik als Isolatorschichten
und auch als Maskenmaterial verwendet. In der Lebensmitteltechnik beschichtet man PET-Flaschen, um die Diffusionsbarriere zu verbessern (AEPT).
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
133
Member of Center for
Plasma Science and Technology
Ruhr-Universität Bochum
RUB
Reaktivgassputtering wird an vielen Stellen verwendet, um Oxide und Nitride
herzustellen. Weiterhin werden auch Karbide (z.B. WoC: Wolframkarbid) und
Silizide (z.B. WoSi: Wolframsilizid) abgeschieden.
Hochtemperatur-supraleitende Filme wie z.B. YBaCuO werden abgeschieden,
indem ein z.B. YBaCuO-Target verwendet und mit O2-Zusatz gesputtert wird.
Die Beimischung folgender Zusätze (oftmals zum Hintergrundgas Ar) erzeugt
durch Dissoziation im Plasma die entsprechenden Reaktivgaskomponenten:
•
•
•
•
O2 und H2O
N2 und NH3
CH4 und C2H2
SiH4
⇒
⇒
⇒
⇒
O-Atome
N-Atome
C-Atome
Si-Atome
Prinzipiell könnten auch Keramiken als Targets verwendet werden. Doch diese
sind gegen hohe Leistungsflüsse empfindlich (brechen bei inhomogenem
Wärmeeintrag). Daher werden i.d.R. Metalltargets in Kombination mit einem
reaktiven Hintergrundgas verwendet.
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
134
Member of Center for
Plasma Science and Technology
Ruhr-Universität Bochum
RUB
Beim reaktiven Sputtern reagieren sowohl das Target als auch das Substrat
chemisch mit der Reaktivgaskomponente, während das Target zersteubt und
das Substrat beschichtet wird.
Grundsätzlich gibt es zwei Betriebsarten, um mit einem metallischen Target
einen Mehrkomponentenfilm („Compound“) abzuscheiden:
1. Geringer Ionenfluss + großer Gasfluss
bedeckt
⇒ „bedeckter Modus“
⇒ Target ist mit Compound Film
2. Großer Ionenfluss + geringer Gasfluss
⇒ „metallischer Modus“
⇒ Target bleibt metallisch
Im metallischen Modus werden größere Depositionsraten erzielt als im
bedeckten Modus. Hält man den Ionenfluss fest und variiert den Gasfluss,
erhält man einen Übergang vom einen zum anderen Modus.
Dieser Übergang zeigt eine Hysterese (Abb. 2.3), d.h. befindet man sich z.B. im
metallischen Modus und erhöht den Gasfluss, dann „springt“ das Plasma bei
einem bestimmten Gasfluss Γm→b in den bedeckten Modus, wobei die
Depositionsrate deutlich geringer wird. Verringert man nun wieder den
Gasfluss, findet der Übergang in den metallischen Modus bei einem
geringeren Gasfluss Γb→m statt:
Γm→b > Γb→m
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
135
Member of Center for
Plasma Science and Technology
Ruhr-Universität Bochum
RUB
Zur Beschreibung wird ein Modell verwendet (s.a. Übung), das die Zusammenhänge verdeutlicht.
Mit AT und AS werden die Flächen des Targets und des Substrats, mit ΘT und ΘS
die Flächenbedeckungsgrade von Target und Substrat mit Compoundmaterial
und mit γM und γC die Zersteubungsausbeuten des (Target)Metalls und des
Compoundmaterials am Target beschrieben. Weiterhin sind Γion der Ionenfluss
und Γrea der Fluss der reaktiven Gasmoleküle. Der Stickingkoeffizient dieser
Gasmoleküle auf dem metallischen Target wird mit sr bezeichnet.
Im stationären Zustand ist die Depositionsrate von Compoundmaterial auf dem
Target gleich der Abtragsrate durch Zersteubung des Compoundmaterials vom
Target (d.h. die Bedeckung des Metalls mit Compound ist konst.):
Target:
dΘT !
= 0 = iΓ rea srea (1 − ΘT ) − Γ ion γ CΘT
nT′
dt
(2.2.3)
wobei i die Zahl der im Plasma durch Dissoziation gebildeten Radikale je
Reaktivgasmolekül ist (z.B. O-Radikal aus O2: i=2, C-Radikal aus CH4: i=4). Der
erste Term (rechte Seite) beschreibt also den Fluss der Reaktivgasmoleküle
(Γrea), die im Plasma dissoziiert werden (i), auf dem Target „kleben“ bleiben (s)
und dies natürlich nur auf einer noch freien Fläche (1- ΘT) gemäß der
Langmuirkinetik.
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
136
Member of Center for
Plasma Science and Technology
Ruhr-Universität Bochum
RUB
Der zweite Term in (2.2.3) bezeichnet das Sputtern des Compoundfilms durch
auftreffende Ionen (Γion) mit der Ausbeute γC, wobei dies natürlich nur von einer
bereits bedeckten Fläche des Targets erfolgen kann (ΘT).
Betrachtet man nun die Bedeckung des Substrates (mit Compound)ΘS im stationären Zustand, die durch auftreffende Reaktivgasmoleküle auf den metallischen
Teil (1- ΘS) erhöht wird. Weiterhin wird diese erhöht durch den Fluss von
Compoundmaterial, das am Target abgesputtert wird (ΘT) und auf die freien, d.h.
metallischen Flächen des Susbtrats (1- ΘS) trifft.
Die Bedeckung des Substrats (mit Compound) wird vermindert durch den Anteil
ΘS des Flusses von gesputterten Metallatomen γMΓion, die vom Target kommen
(1- ΘT), der auf der mit Compoundmaterial bedeckten Substratfläche auftrifft (ΘS).
Berücksichtigt man nun noch das Verhältnis von Target- zu Substratfläche (AT/AS),
dann gilt:
Substrat:
dΘ S !
A
= 0 = iΓ rea sr (1 − ΘS ) + Γ ion γ CΘT T (1 − ΘS )
nS′
dt
AS
AT
- Γ ion γ M (1 − ΘT ) ΘS
AS
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
(2.2.4)
AEPT
137
Member of Center for
Plasma Science and Technology
Ruhr-Universität Bochum
RUB
Beschreibt man nun die Gesamtzahl an Reaktivgasmolekülen, die pro Sekunde
verbraucht werden, um einen Compoundfilm auf dem Substrat (auf den
metallischen, d.h. freien Flächen) zu erzeugen, so erhält man:
Reaktivgasfluss:
dN rea
= Γ rea sr [(1 − Θ T ) AT + (1 − ΘS ) AS ]
dt
(2.2.5)
da der Reaktivgasfluss gleichermaßen zum Susbtrat S als auch zum Target T
fließt. Der Fluss, mit dem das Target zersteubt wird, d.h. der nach der
Zersteubung von metallischem Teil (γM) und Compoundanteil (γC) des Targets
abfließt, lautet:
Target:
Γ sput = Γ ion [γ M (1 − Θ T ) + γ C Θ T ]
(2.2.6)
Nun kann (2.2.3) nach der Oberflächenbedeckung des Targets aufgelöst werden:
ΘT =
iΓ rea sr
Γ ion γ C + iΓ rea sr
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
(2.2.7)
AEPT
138
Member of Center for
Plasma Science and Technology
RUB
Ruhr-Universität Bochum
Ebenso kann (2.2.4) nach der Oberflächenbedeckung des Substrats aufgelöst
werden und ΘT nach (2.2.7) eingesetzt werden:
Γ iγ C
AT
AS Γ iγ C + iΓ r sr
ΘS =
⎛ 1
⎞⎤
1
1
A ⎡
⎟⎟⎥
+ γ M ⎜⎜
−
1 + Γ i T ⎢γ C
AS ⎣ Γ iγ C + iΓ r sr
⎝ iΓ r sr Γ iγ C + iΓ r sr ⎠⎦
1+
(2.2.8)
Setzt man (2.2.7) und (2.2.8) in (2.2.5) und (2.2.6) ein, zeigt sich das Hystereseproblem, das bereits zuvor angesprochen wurde (s. Übung).
Beim realistischen Reaktivgasputtering von TiN-Filmen wird eine Ti-Target mit
einem Ar/N2-Gasgemisch zersteubt. Dabei zeigt sich, dass die Strahldichte (PT1)
einer Ti-Linie proportional zum metallischen Anteil des Flusses Γsput (2.2.6) ist.
Trägt man die maximale Strahldichte der Ti-Linie gegen den Reaktivgasfluss auf,
ergibt sich im ungeregelten Fall eine Hysterese, die für kleinere Gasflüsse einen
höheren Peak (d.h. einen höheren Sputterfluss) ergibt als für größere
Reaktivgasflüsse. Regelt man den Fluss aus, kann man, wie in Abb. 2.3 gezeigt,
die Hysterese vermeiden.
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
139
Member of Center for
Plasma Science and Technology
1,1
Ruhr-Universität Bochum
RUB
metallischer Modus: hoher metallischer Anteil in Γsput
1,0
0,9
Ti-Linie
0,8
0,7
0,6
bedeckter Modus:
geringer metall. Anteil in Γsput
0,5
0,4
0,3
Γ b→m < Γ m →b
0,2
0,0
0,2
0,4
0,6
0,8
1,0
1,2
Massenfluss [sccm]
Abb. 2.3
Mittels einer Ti-Linie ausgeregelte Hysterese bei der reaktiven Sputterdeposition von TiN-Filmen (Messwerte).
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
140
Member of Center for
Plasma Science and Technology
RUB
Ruhr-Universität Bochum
3. PLASMAUNTERSTÜTZTE CHEMISCHE ABSCHEIDUNG
AUS DER GASPHASE (PECVD)
Die klassische Abscheidung von dünnen Filmen aus einer thermisch aktivierten
Gasphase (CVD: chemical vapor deposition) basiert auf einem Satz von
Gasphasen- und Oberflächenreaktionen. Damit muss die thermische Energie
der Gasteilchen aber auch der Oberfläche hoch genug sein, um die
entsprechenden chemischen Reaktionen an der Oberfläche und in der
Gasphase zu ermöglichen.
Im Falle der plasmaunterstützten chemischen Abscheidung aus der Gasphase
(PECVD: plasma enhanced chemical vapor deposition) tritt an die Stelle der
thermischen Aktivierung die nicht-thermische, d.h. kinetische Elektronenstoßdissoziation des Hintergrundgases oder Gasgemisches. Dies ist möglich, da
die Elektronenenergie typischerweise zwischen Te ≈ 1 - 5 eV liegt.
Da die Elektronentemperatur sehr viel größer ist als die Substratemperatur
und die Schwerteilchentemperatur (aufgrund der thermischen Entkopplung der
Atome und Ionen von den Elektronen), findet die Deposition bei deutlich
geringerer thermischen Belastung des Substrates statt verglichen mit der CVD.
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
141
Member of Center for
Plasma Science and Technology
Ruhr-Universität Bochum
RUB
Da allerdings chemische Reaktionen zwischen Schwerteilchen aus der Gasphase
bei der PECVD notwendig sind, liegt der Entladungsdruckbereich mit ca. 5 - 1000
Pa deutlich über dem Druckbereich des Plasmaätzens (ionenunterstütztes Ätzen
und reaktives Ionenätzen: 1 - 10 Pa). Aus diesem Grunde sind die mittleren
freien Weglängen bei der PECVD deutlich geringer als beim Sputtern oder beim
Ätzen und liegen im Bereich von ca. 3 µm - 300 µm.
Die Plasmadichte liegt typischerweise zwischen ne = ni = 109 und 5 x 1011 cm-3
und der Ionisationsgrad ε ist mit 10-6 bis 10-3 gering. Wie im Falle des Ätzens ist
auch die Deposition entweder durch den Fluss und Druck des Hintergrundgases
definiert oder durch die ins Plasma eingespeiste Leistung.
Die Oberflächenaktivierungsenergien für PECVD sind meist gering. Daher ist die
Depositionsrate nur eine schwache Funktion der Substrattemperatur. Allerdings
werden viele Filmeigenschaften wie die Morphologie, die Zusammensetzung, die
inneren Spannungen, ... oftmals sehr stark von der Substrattemperatur Tsub
beeinflusst. Aus diesem Grund muss Tsub im Hinblick auf die geforderten
Filmeigenschaften optimiert und geregelt werden.
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
142
Member of Center for
Plasma Science and Technology
RUB
Ruhr-Universität Bochum
Wegen der relativ hohen Drücke und der daraus resultierenden geringen freien
Weglängen und gleichzeitig hohen Reaktionsraten ist die Filmuniformität bei
der PECVD ein kritischer Punkt. Dies wird dadurch verschärft, dass insbesondere
für Radikale hohe Sticking-Wahrscheinlichkeiten mit großen Radikaldichten
gepaart sind. Aufgrund dieser Kombination von für die Filmuniformität
ungünstigen Faktoren muss die Gasphasendynamik, d.h. der Transport der
Gasteilchen vom Einlass über die Gasdusche bis hin zum Pumpkabinett mit
großer Sorgfalt ausgelegt werden (siehe Abb. 3.1).
Weiterhin muss die Leistungsdichte (auf die Filmfläche) kontrolliert und
möglichst gleichmäßig verteilt werden. Aus diesem Grund ist nach wie vor die
CCP-Anordnung wichtig. Allerdings werden auch HD-Plasmen in etlichen Fällen
eingesetzt:
CCP
ICP oder TCP
•
HF
HF
13.56 MHz
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
143
Member of Center for
Plasma Science and Technology
Ruhr-Universität Bochum
RUB
Induktiv gekoppelter Reaktor (ICP)
Gasdusche
Deckel (mit Quarzscheibe)
Boden (mit Quarzscheibe)
Antenne +
Matchbox
Abb. 3.1 Biodecon-Reaktor
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
144
Member of Center for
Plasma Science and Technology
RUB
Ruhr-Universität Bochum
3.1 Abscheidung von amorphem Silizium (a-Si:H) mit PECVD
Die Abscheidung von amorphem Silizium (a-Si:H) wird für viele technische
Anwendungen benötigt. So werden, ähnlich wie in PT1 gezeigt, zur Herstellung
von Dünnschichttransistoren mehrere Prozessschritte benötigt, in denen a-Si:H
abgeschieden werden muss. Weiterhin wird bei der Herstellung von amorphen
Solarzellen a-Si:H deponiert. Auch Flachbildschirme und Displays basieren auf
der Abscheidung dieser Filme.
Im Gegensatz zum epitaktisch gewachsenen, d.h. kristallinen, Silizium mit einer
Dichte von 2.33 g/cm3, besitzt amorphes Si eine geringere Dichte von etwa 2.2
g/cm3. Dieses wird üblicherweise aus SiH4 (Silan) abgeschieden. Beim
Abscheideprozess werden etwa 5 - 20% H-Atome in das Gitter miteingebaut.
Dadurch erhält man amorphes, wasserstoffdotiertes Silizium: a-Si:H.
Das Material kann günstig hergestellt und auf großen Flächen abgeschieden
werden. Als Substratmaterialien werden u.a. Glas, Metalle, Polymere und
Keramiken verwendet.
Typische Gasgemische zur Herstellung von a-Si:H im PECVD sind Mischungen aus
Ar:H2:SiH4 im Druckbereich von 25 - 120 Pa. Zur Dotierung werden
typischerweise B2H6 (Diboran, p-Dotierung, extrem toxisch) und PH3 (Phosphin, nDotierung, extrem toxisch) verwendet. Da beide Dotiergase extrem toxisch sind,
müssen entsprechende Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden.
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
145
Member of Center for
Plasma Science and Technology
Ruhr-Universität Bochum
RUB
In kapazitiv gekoppelten Entladungen (CCP, PT1) erhält man bei Leistungsdichten
von 10 - 100 mW/cm2 Abscheiderqaten von 5 - 50 nm/min. Die Substrattemperaturen befinden sich typischerweise bei 25 - 400 °C.
Silan ist ebenfalls nicht ungefährlich, da es unter Normalbedingungen in
Reinform brennt, d.h. es reagiert mit Wasserdampf und/oder Luft heftig. Das
Molekül bildet einen Tetraeder mit dem Si-Atom in der Mitte. Die Bildungsenergie beträgt 24.3 kJ/mol und der Abstand einer Si - H -Bindung beträgt 0.15
nm.
Die SiH3-H Bindung hat eine Bindungsenergie von 3.9 eV. Das SiH4+-Ion ist
instabil und wurde bisher nicht in einer Entladung unter typischen Abscheidebedingungen gefunden, wohingegen SiH3+ immer zu sehen ist.
Die beiden Radikale SiH2 und SiH3 habe eine positive Elektronenaffinität, d.h. sie
ziehen freie Elektronen an und werden dadurch zu negativ geladenen Ionen. Aus
diesem Grunde sind Silan-Entladungen oftmals elektronegativ. Die Bindungsenergien der Radikale SiH2-H, SiH-H und Si-H betragen 3.0, 3.4 und 3.0 eV.
In Tab. 3.1 sind einige wichtige Ratenkonstanten aufgelistet. Dies sind in der
Regel Zwei-Körper-Stöße. Ein weitestgehen vollständiger Reaktionsmechanismus
ist bei M. Kushner aufgeführt (K.J. Kushner, J. Appl. Phys. 63 (1988) 2532). Dieses
Modell enthält mehr als 35 Elektronenstoßreaktionen, 90 NeutralteilchenNeutralteilchenreaktionen und 80 Ionen (positive) - Neutralteilchenreaktionen
sowie alle Rekombinationreaktionen.
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
146
Member of Center for
Plasma Science and Technology
Lfd No.
Reaktion
Ruhr-Universität Bochum
RUB
Ratenkonstante (cm3/s)
1.5· 10-8 exp(-10/Te)
1
e+SiH4 →SiH3+H+e
2
e+SiH4 →SiH2+2H+e
1.8· 10-9 exp(-10/Te)
3
e+SiH4 →SiH3-+H
1.5· 10-11 exp(-9/Te)
4
e+SiH4 →SiH2-+H2
9· 10-12 exp(-9/Te)
5
e+SiH4 →SiH3++H+2e
3.3· 10-9 exp(-12/Te)
6
e+SiH4 →SiH2++H2+2e
4.7· 10-9 exp(-12/Te)
7
e+SiHn+ →SiHn-1+H
2.5· 10-7 Te-1/2
-----------------------------------------------------------------------------2.7 · 10-12
8
SiH4+H→SiH3+H2
9
SiH4+SiH2→Si2H6*
1.0 · 10-11
10
Si2H6* →Si2H4+H2
5.0 · 10+6 (1/sec)
11
Si2H6*+SiH4→Si2H6+ SiH4
1.0 · 10-10
12
SiH4+ SiH3 →Si2H5+H2
1.8 · 10-15
13
SiH3+H→SiH2+ H2
1.0 · 10-10
14
SiH3+SiH3 →SiH2+SiH4
7.0 · 10-12
15
SiHm- +SiHn+ → SiHm +SiHn
5.0 · 10-7
Tab. 3.1 Vereinfachter Silan Reaktionsmechanismus nach Kushner (1988)
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
147
Member of Center for
Plasma Science and Technology
RUB
Ruhr-Universität Bochum
Atomarer Beschichtungsmechanismus in vier Schritten:
1. Aktivierung und Passivierung der (Si-)Oberfläche
θp
θa
Si
H
Si Si Si
Si Si Si
Si Si Si
Si
Si
Si
Abb. 3.2
Eine passive oder passivierte Oberfläche (Bedeckung θp) besteht aus Si (Bulkmaterial) oder z.B. H-Atomen, die das Bulkmaterial nach außen bedecken. Eine
aktive Oberfläche (Bedeckung θa) besteht aus freien Bindungsarmen, sog.
Dangling Bonds (s. Abb. 3.2).
Dangling Bonds (DBs) werden durch Ionenbeschuss, vornehmlich SiH3+, erzeugt,
der auch H-Atome von der Oberfläche entfernen kann.
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
148
Member of Center for
Plasma Science and Technology
Ruhr-Universität Bochum
RUB
2. Das SiH2-Radikal kann durch Stoß mit der Oberfläche in das Festkörpergitter
eingebaut werden. Dies kann an aktiven und passiven Oberflächen geschehen.
In beiden Fällen handelt es sich um Physisorption. Wird das Schichtwachstum
überwiegend durch diesen Elementarprozess bestimmt, erhält man eine schlechte
Filmqualität, die Voids und große Rauhigkeit zur Folge hat.
3. Das adsorbierte SiH3-Radikal diffundiert entlang der Oberfläche und trägt nur
an aktiven Flächen zum Wachstum bei (Chemisorption). Dies führt zum Ausgleich
von Oberflächenrauhigkeiten und trägt somit zum Aufwachsen von glatten
Filmen hoher Qualität bei.
4. Das adsorbierte SiH4-Molekül kann an aktiven Oberflächen ein H-Atom
verlieren und passiviert dadurch den DB:
SiH3
SiH4
H
Si Si Si
Si Si Si
Si
Si
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
Abb. 3.3
AEPT
149
Member of Center for
Plasma Science and Technology
RUB
Ruhr-Universität Bochum
Unter der Voraussetzung, dass die gesamte Fläche aus aktiven und passiven bzw.
passivierten Flächen besteht, d.h. θp + θa =1, gilt:
mit 1. gilt:
SiH 3+ + Θp ⎯K⎯→
⎯ Θa + Yion H(g)
(3.1)
ion
wobei Yion den „Yield“ an H-Atomen pro einfallendes Ion beschreibt.
SiH 2 + Θa ⎯K⎯→ Θa
2a
mit 2. gilt:
K 2p
(3.2)
SiH 2 + Θp ⎯⎯→ Θp
(3.3)
mit 3. gilt:
K
SiH 3 + Θa ⎯⎯→
Θp
(3.4)
mit 4. gilt:
K
SiH 4 + Θa ⎯⎯→
Θp + SiH 3 (g)
(3.5)
3
4
Mit dem Gleichungssystem (3.1) bis (3.4) sind die oben erläuterten atomaren
Prozesse beschrieben. Allerdings stellt dies eine Vereinfachung der tatsächlichen
Gegebenheiten dar.
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
150
Member of Center for
Plasma Science and Technology
RUB
Ruhr-Universität Bochum
Im nächsten Schritt müssen die (von der beteiligten Teilchendichten unabhängigen) Ratenkonstanten bestimmt bzw. abgeschätzt werden:
v
K i ≈ Bohm
n0′
SiH3+
SiH2
K 2a
1s v
≈ 2a 2
4 n0′
m3
[ ]
s
(3.6)
1 s 2 p v2
≈
4 n0′
(3.7)
K 2p
SiH3
K3 ≈
1 Ms3v3
4 n0′
(3.8)
SiH4
K4 ≈
1 s 4 v4
4 n0′
(3.9)
wobei die Stickingkoeffizienten mit s2, s3 und s4 gekennzeichnet sind und M die
Zahl der DBs kennzeichnet, die das SiH3-Radikal im Mittel durch Diffusion
passiert, bevor es desorbiert (chemisorbiert).
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
151
Member of Center for
Plasma Science and Technology
Ruhr-Universität Bochum
RUB
Im stationären Zustand ist die Bildung und Vernichtung von DBs, d.h. aktiver
Oberfläche, im Gleichgewicht:
dΘa !
= 0 = Yion K ion nion (1 − Θa ) − K 3 n3SΘa − K 4 n4SΘa
dt
(3.10)
wobei der Einbau des SiH2-Radikals die Oberflächenbedeckung θa unbeinflusst
lässt. Die Depositionsrate hingegen basiert auf den Gln. (3.2), (3.3) und (3.4):
DSi = (K 2a n2S + K 2 p n2S + K 3 n3SΘ a )
n0′
nSi
(3.11)
mit der Festkörperdichte nSi. Fasst man K2a+K2p=K2 zusammen und berücksichtigt,
dass die SiH4-Moleküldichte deutlich größer ist als die Ionen- und SiH2-Radikaldichten, d.h.
K 4 n4S >> Yion K ion nion + K 3 n3S
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
(3.12)
AEPT
152
Member of Center for
Plasma Science and Technology
Ruhr-Universität Bochum
RUB
dann erhält man mit (3.10):
Θa =
Yion K ion nion
Y K n
≈ ion ion ion
Yion K ion nion + K 3 n3S + K 4 n4S
K 4 n4S
(3.13)
In typischen Entladungen ist nion/n4S ≈ 10-4, Yion ≈ 10 und für Kion/K4 gilt:
kTe / mion
K ion
vBohm
Te
10 4
=
=
≈
≈
= 10
2
K 4 1 4 ⋅ s4 v4 1 / 4 kTg / mion
Tg
10
damit wird:
Θa ≈
Electrical Engineering & Plasma Technology
(3.14)
10 ⋅10
= 10 −2
4
10
Peter Awakowicz
(3.15)
AEPT
153
Member of Center for
Plasma Science and Technology
RUB
Ruhr-Universität Bochum
Mit M ≈10 wird der effektive Stickingkoeffizient für das SiH3-Radikal:
s3,eff ≈ s3 MΘa ≈ 0.1
(3.16)
Unter typischen Abscheidebedingungen ist die Dichte des SiH2-Radikals deutlich
kleiner als die des SiH3-Radikals, d.h.
n2S ≈ 10 −2 n3S
(3.17)
und damit ist der dritte Term in (3.11), der für gute Fimqualität verantwortlich ist,
ca. 10-fach größer als die ersten beiden Terme, die für schlechte Filmqualität
stehen.
Damit wird mit (3.11) und (3.13) weiterhin deutlich, dass ein hoher Ionenfluss für
eine gute Filmqualität entscheidend ist ebenso wie ein großes n3S/n2S-Verhältnis
sowie eine hohe Oberflächendiffusion von SiH3.
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
154
Member of Center for
Plasma Science and Technology
Ruhr-Universität Bochum
RUB
Wie bereits angedeutet, ist der Mechanismus in den Gl. (3.1) bis (3.5) stark
vereinfacht, da z.B. Gl. (3.1) für eine ganze Klasse von Ionen (und damit von
Gleichungen) steht, die durch Ionenbeschuss der Oberfläche DBs erzeugen
können, wie z.B. Ar+ oder SiHn+ Ionen. Gleiches gilt auch für das Besetzen oder
das Freiätzen von DBs durch Wasserstoffatome:
H + θa → θp
H + θp → θa + H 2 ( g )
Durch diesen Wasserstoffmechanismus kann die gesamte Oberflächendynamik
stark beeinflusst werden.
3.2 Abscheidung von Siliziumdioxid (SiO2)
Das native Oxid des Siliziums, das als Isolatorschicht in Halbleiterbauelementen
oder als Maskenmaterial entscheidende Funktionen erfüllt, kann durch Oxidation
von reinem Silizium bei 850 - 1100° C in O2 oder H2O Atmosphäre erzeugt
werden.
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
155
Member of Center for
Plasma Science and Technology
Ruhr-Universität Bochum
RUB
Mittels CVD kann SiO2 bei etwa 600 - 800 °C ebenfalls deponiert werden, wobei
dazu eine Silan-Sauerstoffatmosphäre verwendet wird oder ein Gemisch aus
TEOS (Tetraethyloxysilan) und Sauerstoff.
Weiterhin wird SiO2 abgeschieden mittels PECVD bei 100 - 300 °C, wobei ebenfalls
ein Gemisch aus Silan und Sauerstoff oder TEOS und Sauerstoff verwendet wird.
Da TEOS im Gegensatz zu Silan inert und nicht-toxisch ist, ist die Handhabung
einfacher. Allerdings handelt es sich bei TEOS um eine Flüssigkeit, die mit
speziellen Verdampfer- und Flow Controller Systemen dem Hintergrundgas
Stickstoff und/oder Argon zugeführt werden muß.
Die Strukturformel von TEOS (Si(OC2H5)4) ist in Abb. 3.4 gezeigt. Die Bindungsenergie der C-O-Bindung in TEOS beträgt 3.7 eV, die der Si-O-Bindung 4.7 eV.
TEOS wird „highly diluted“ d.h. hochverdünnt in Sauerstoff verwendet: TEOS:O2 =
1:99%. Unter diesen Bedingungen wird die Gasphasenkinetik vom Sauerstoffreaktionsmechanismus dominiert, der in Tab. 3.2 (2-Körper) und 3.3 (3-Körper)
verkürzt dargestellt ist. Sauerstoffreiche Mischungen sind notwendig, um eine
gute Filmqualität zu erzielen, da TEOS viel Kohlenstoff und Wasserstoff enthält,
das von O2 in CO2(g) und H2O(g) umgeformt wird. Gelingt diese Oxidation nicht
vollständig, dann haben die SiO2-Filme einen nennenswerten Gehalt an
Kohlenstoff und/oder Wasserstoff.
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
156
Member of Center for
Plasma Science and Technology
RUB
Ruhr-Universität Bochum
H
H⎯C⎯H
H⎯C⎯H
H
H
O
H
H
H ⎯ C ⎯ C ⎯ O ⎯ Si ⎯O ⎯ C ⎯C ⎯ H
H
H
H
O
H
H⎯C⎯H
H⎯C⎯H
H
Abb. 3.4
Strukturformel TEOS (Tetraethyloxysilan) Si(OC2H5)4
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
157
Member of Center for
Plasma Science and Technology
Ruhr-Universität Bochum
RUB
Lfd. No.
Reaktion
Ratenkonstante [cm3/sec]
1
e+O2→Impulsaustausch
4.7⋅10-8(Te)0.5
2
e+O2→O-+ O
8.8⋅10-11(-4.4/Te)
3
e+O2→2O+e
4.2⋅10-9(-5.6/Te)
4
e+O2 →O2++2e
9⋅10-10Te0.5 exp(-12.6/Te)
5
e+ O-→O+2e
2⋅10-7 exp(-5.5/Te)
6
e+O2+→2O
5.2⋅10-9/Te
-------------------------------------------------------------------------------7
O-+O2+→O+O2
2⋅10-7(300/Te)0.5
8
O-+O→O2+e
5 ⋅10-10
9
O-+O+2→3O
1. 0⋅10-7
-------------------------------------------------------------------------------10
e+O2→O-+O++e
7.1 ⋅10-11 Te0.5 exp(-17/Te)
11
e+O2→O+O++2e
5.3⋅10-10 Te0.9 exp(-20/Te)
12
e+O→O++2e
9.0⋅10-9 Te0.7 exp(-13.6/Te)
und viele weitere:
B. Eliasson, U. Kogelschatz, Basic data for modelling of
electrical discharges in gases: oxygen, Report KLR86-11C, BBC
Konzernforschung, CH-5405 Baden/Schweiz (1986)
Tab. 3.2 Ausgewählte 2-K-Reaktionen in Sauerstoffentladungen (Te in eV, T in K)
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
158
Member of Center for
Plasma Science and Technology
RUB
Ruhr-Universität Bochum
Lfd. No.
Reaktion
Ratenkonstante [cm6/sec]
1
e+e+O2+→e+O2
1⋅10-19(0.026/Te)4.5
2
e+O2++O2→O2+ O2
6⋅10-27(0.026/Te)1.5, 1⋅10-26
3
e+O+O2→O-+O2
1⋅10-31
---------------------------------------------------------------------------4
e+e+O+ →e+O
1⋅10-19 (0.026/Te)4.5
5
e+ O++O2 →O+O2
6⋅10-27(0.026/Te)1.5 ,1⋅10-26
6
O-+O++O2→O2+O2
2⋅10-25(300/Te)2.5 ,1⋅10-25
7
O-+O++M→O+O+M
2⋅10-25(300/Te)2.5
---------------------------------------------------------------------------9.9 ⋅10-33
(O*= O(1D) Meta)
8
O+O*+O2→O2+O2
---------------------------------------------------------------------------9
e+O2+O2→O2-+O2
1.4⋅10-29(0.026/Te) x
exp[100/T-0.061/Te]
10
e+O2+O→O2-+O
1.0 ⋅10-31
11
O-+O2++O2 →O3+O2
2⋅10-25(300/Te)2.5
und weitere:
B. Eliasson, U. Kogelschatz, Basic data for modelling of
electrical discharges in gases: oxygen, Report KLR86-11C, BBC
Konzernforschung, CH-5405 Baden/Schweiz (1986)
Tab. 3.3 Ausgewählte 3-K-Reaktionen des Sauerstoff (Te in eV, T in K)
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
159
Member of Center for
Plasma Science and Technology
RUB
Ruhr-Universität Bochum
Typische Gasmischungen (Ausgangsgase) sind:
SiH4+Ar+N2O oder SiH4+Ar+NO oder SiH4+Ar+O2
Diese führen zu Depositionsraten von bis zu 200 nm/min, d.h. ca. 3.3 nm/sek.
Oftmals wird N2O als Sauerstoffquelle verwendet, da dieses Gas genügend
viele O-Atome durch Dissoziation liefert.
Man geht davon aus, dass die wichtigsten Si-Radikale für die Deposition
(„Precursor“) die Radikale SiH3, SiH2 und O sind. Diese werden durch
Elektronenstoßdissoziation (vgl. Tab. 3.2) der Ausgangsgase (s.o.) erzeugt.
Eine wichtige, initiale Reaktion an der Oberfläche, um DBs zu erzeugen, lautet:
2SiH 3 + O(s) → (SiH 3 ) 2 O → SiH 3OH + H 2
(3.18)
wobei die Endprodukte gasförmig sind. Überzählige Wasserstoffatome an der
Oberfläche werden durch Sauerstoff oxidiert unter Bildung von Wasser
(„Knallgasreaktion“). Typische H-Konzentrationen in der Schicht liegen bei
etwa 2 - 9%.
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
160
Member of Center for
Plasma Science and Technology
Ruhr-Universität Bochum
RUB
Beispiel: Abscheidung im Trench-Kondensator
In PT1 wurde gezeigt, dass zur Herstellung eines „Bits“ ein „Graben“ (=Trench)
geätzt wird, der anschliessend mit einem Isolatormaterial (SiO2) gefüllt werden
muss. Eine weitere leitfähige Schicht bildet dann mit dem Bulkmaterial einen
Kondensator, dessen gespeicherte Ladung das Bit repräsentiert (Abb. 3.5).
Elektrode
Isolator
Elektrode
Breite: 0.12 mm
1 Bit
Tiefe: 5.5 mm
Aspektverhältnis 1 : 45
1Gbit-Trench
(Stand 6.99)
Abb. 3.5
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
161
Member of Center for
Plasma Science and Technology
Ruhr-Universität Bochum
RUB
Da die Stickingkoeffizienten von SiH3 und SiH2 in Silan-Entladungen hoch sind
(s ≈ 0.35), besteht die Gefahr der ungleichmäßigen Abscheidung innerhalb des
Trenches.
Ein einfaches Modell für die Beschichtung eines Trenches der Weite w und der
Tiefe d (Abb. 3.6) zeigt unter Annahme großen Stickings und eines ballistischen
Transports der Precursor im Trench (d.h. kein Stoß ≡ mittlere freie Weglänge>>
als w, d) folgende Abhängigkeit des Depositionsflusses:
Γ SiO ∝ 1 − cosθ s
θs
(3.19)
2
d
Fluss auf die
Seitenwände
w
Damit gilt für Abscheidung in der Nähe der
Oberfläche θs ≈ 90° und damit 1-cosθs ≈ 1. Je
tiefer man in den Trench hineingeht, um so
kleiner wird θs und um so kleiner wird ΓSiO2
Abb. 3.6
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
162
Member of Center for
Plasma Science and Technology
Ruhr-Universität Bochum
RUB
Da die Depositionsrate in einer PECVD Silanentladung in der Nähe der
Trenchöffnung am Größten ist, kann das gemäß Abb. 3.7 zu einem Einschluss
(Void) in Form eines „Schlüssellochs“ führen.
SiO2-Isolationschicht
Trenchkondensator
Abb. 3.7 „Schlüsselloch“-Einschluss (Void)
Diese Einschlussbildung während der Deposition ist für alle Anwendungen i.d.R.
unerwünscht. Um eine uniforme Abscheidung zu erzielen, sollte einerseits die
Stickingwahrscheinlichkeit nicht zu hoch sein und andererseits die Oberflächendiffusion nicht zu gering.
Im Falle eines PECVD-Silan-Prozesses ist jedoch das Sticking der Precursor hoch
und die Oberflächendiffusion gering. Daher ist die Gleichmäßigkeit der Abscheidung schlecht, allerdings sind die Abscheideraten gut (200 nm/min).
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
163
Member of Center for
Plasma Science and Technology
Ruhr-Universität Bochum
RUB
Demgegenüber führt die SiO2-Deposition mit einem TEOS/Ar/O2-Gemisch zu
einer deutlich homogeneren Schichtabscheidung, wenn der Prozess unter
„highly diluted“ Bedingungen abläuft, die Substrattemperaturen sich bei 200 300°C befinden und der Prozessdruck bei etwa 25 - 60 Pa eingestellt wird. Unter
diesen Bedingungen ist die Abscheiderate relativ gering, nämlich bei etwa 50
nm/min, verglichen mit der Silanabscheidung.
Der signifikante Unterschied scheint daher zu rühren, dass die TEOS-Precurser
etwa eine Größenordnung geringere Stickingkoeffizienten (s ≈ 0.045) besitzen,
die eben dadurch zu homogener Deposition führen.
Man glaubt, dass TEOS-Precursor folgende Spezies sind:
Si(OC 2 H 5 ) n (OH) 4−n
Si(OC 2 H 5 ) n O 4-n
mit n=0, 1, 2, 3
Diese werden durch Elektronenstoßdissoziation auf folgende Weise erzeugt:
e + Si(OC 2 H 5 ) n (OH) 4−n → Si(OC 2 H 5 ) n -1 (OH) 4−n +1 + C 2 H 4 + e
n=1-4
(3.20)
Zur Veranschaulichung dieses Stoßprozesses dient Abb. 3.8.
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
164
Member of Center for
Plasma Science and Technology
RUB
Ruhr-Universität Bochum
Gl. (3.20) für z.B. n=2:
e
O-H
O-H
e
C2H5-O-Si-O-C2H5
C2H5-O-Si-O-H
O-H
O-H
Abb. 3.8
C2H4
Anstelle des Elektronstoßes kann auch eine O-Atomreaktion treten:
O + Si(OC 2 H 5 ) n (OH) 4−n → Si(OC 2 H 5 ) n −1 (OH) 4−n +1 + C 2 H 4 O
n=1-4
(3.21)
wobei in „highly diluted“ TEOS/O2 Gemischen die Reaktion aus Gl. (3.21)
dominiert.
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
165
Member of Center for
Plasma Science and Technology
Ruhr-Universität Bochum
RUB
Bisher ist nicht bekannt, welche Precursor in den größten Konzentrationen
während des TEOS/O2 - Prozesses vorhanden sind.
Die Precursor adsorbieren auf der wachsenden Oberfläche, wobei Reaktionen mit
Sauerstoff diese gemäß Gl. (3.21) fragmentieren. Weiterhin oxidieren die
Sauerstoffradikale (O) die Wasserstoff- und Kohlenstoffatome. Dieser
Oxidationsprozess ist der mutmaßliche ratenbegrenzende Prozeßschritt der
Deposition.
Zusätzlich ist auch eine starke Richtungsabhängigkeit bekannt, die auf einen
Ionenbeschuss hinweist, der die vertikale Deposition unterstützt (und nicht die
auf den horizontalen Oberflächen).
Im Bereich mittlerer bis hoher Temperaturen weisen die Abscheideraten eine
negative Aktivierungsenergie auf, d.h. dass die Depositionrate zunimmt, wenn
die Substrattemperatur abnimmt. Dies kann wie folgt begründet werden:
• Die thermische Desorption nimmt mit steigender Substrattemperatur zu,
wodurch die Bedeckung der Oberfläche mit Precursor-Spezies vermindert wird.
• Aufgrund einer zunehmenden O-Rekombination auf der Oberfläche, wird die
O-Atomkonzentration im Volumen vermindert, wodurch zur Precursorproduktion im Volumen nicht genügend O-Atome verfügbar sind.
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
166
Member of Center for
Plasma Science and Technology
Ruhr-Universität Bochum
RUB
Ähnlich wie im Falle der a-Si:H-Abscheidung kann der chemische Reaktionsmechanismus mit Ratengleichungen beschrieben werden:
1. Sauerstoffatome oxidieren die TEOS Precursoren auf der wachsenden
Oberfläche, die dann zur Deposition beitragen. Es wird angenommen, dass TEOSFragmente die gesamte Oberfläche bedecken (absättigen). Daher ist die
Depostionsrate unabhängig von der Oberflächenbedeckung:
(1)
DSiO
≈
2
0.9n OS
n SiO
[cm/sek]
(3.22)
2
wobei die Konstante 0.9 cm/sek einem Fit an experimentelle Daten entnommen
wurde und nOS die O-Atomdichte in Oberflächennähe beschreibt sowie nSiO2 die
Festkörperdichte.
2. Sauerstoffionen oxidieren ebenfalls die TEOS-Precursoren, was zu der
Depositionsrate führt:
D
( 2)
SiO 2
≈
nO+ vBohm
Electrical Engineering & Plasma Technology
2
nSiO 2
[cm/sek]
Peter Awakowicz
(3.23)
AEPT
167
Member of Center for
Plasma Science and Technology
Ruhr-Universität Bochum
RUB
Da es sich in (3.23) um Ionen handelt, muss auch die Bohmgeschwindigkeit
benutzt werden.
3. Die Rekombination von Sauerstoffatomen an allen Oberflächen (d.h. an
vertikalen und horizontalen) führt zu nicht-reaktiven O2-Molekülen, die dadurch
die verfügbaren O-Atomkonzentration der Gasphase (in Oberflächennähe) nOS
(Gl. 3.22) vermindern.
Gleichzeitig aktiviert die Rekombinationswahrscheinlichkeit srec(T) die SiO2Oberflächen. Allerdings hat diese keine Arrhenius-Form. Typische Werte f.d.
Rekombinationswahrscheinlichkeit von O auf SiO2-Oberflächen sind:
srec (20°C)=1.8· 10-4
srec (127°C)=2.7· 10-4
srec (200°C)=6.5· 10-4
srec (394°C)=50· 10-4
Damit kann der Fluss an O-Atomen, die durch diesen Prozess dem Volumen
verloren gehen, beschrieben werden durch:
1
Γ rec = 2 srec (T ) nOSvO
4
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
(3.24)
AEPT
168
Member of Center for
Plasma Science and Technology
Ruhr-Universität Bochum
RUB
Wenn in Gl. (3.24) T zunimmt, wird damit auch der Fluss größer. Dies führt bei
festgehaltener O-Generation zu einer Verminderung der Abscheiderate gemäß
Gl. (3.22).
Ein schönes Beispiel: Sterilisation und Beschichtung von PET mit SiO2 (ca. 30 nm)
am AEPT
Electrical Engineering & Plasma Technology
Peter Awakowicz
AEPT
169
Herunterladen