Gut operiert – was dann?

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Gut operiert – was dann ?
Langzeitverlauf nach Korrekturoperation einer einfachen
Transposition der großen Arterien (TGA)
Hedwig Hövels-Gürich
Sprechstunde:
Eltern fragen – Ärzte antworten
Gut operiert – was dann?
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PD Dr. med. Hedwig Hövels-Gürich, Klinik für Kinderkardiologie,
Universitätsklinikum der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen
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Mein Lebensmotto
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Auf hoher See
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Hörst Du mein Herz ?
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Grease Party
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Aus den Gruppen
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Informationen auf Abruf
Wir helfen herzkranken Kindern und ihren Eltern
Ansprechpartner
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Herzblatt
Zeitschrift der Deutschen Herzstiftung
10. Jahrgang · Dezember 2003 · Heft 4
Erscheint vierteljährlich
Bezugspreis ist im Mitgliedsbeitrag enthalten
ISSN 1437-5184
Herausgeber:
Deutsche Herzstiftung
Vogtstraße 50 · 60322 Frankfurt am Main
Telefon (0 69) 95 51 28-0 ·Telefax (0 69) 95 51 28-313
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Die Redaktion übernimmt keine Haftung für unverlangt eingesandte Texte,
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Verbreitung von Artikeln aus Herzblatt ist nur mit Genehmigung der Redaktion
möglich. Diese wird aber in der Regel gern erteilt.
Langzeitverlauf nach Korrekturoperation einer
einfachen Transposition der großen Arterien (TGA)
Redaktion:
Dr. Irene Oswalt (verantwortlich)
Prof. Dr. med. Konrad Bühlmeyer
Renate Horst
Prof. Dr. med. Hellmut Oelert
Layout: www.neufferdesign.de
Produktionsleitung: Renate Horst
Druck: PrintArt, Dannstadt
Bildnachweis:
Celestino Piatti (Logo);
Elisabeth Dönig (S. 5);
Julia Flesch (S. 17);
Jan Neuffer (S. 21, 23);
Christine Raap (S. 18 r.)
Heike Rhein (S. 19)
Rolf Rudolph (S. 20 o.);
Kai Rüenbrink (S. 11-14, 18 l.);
Siegfried Schmidt (S. 20 u.);
Hans J. Schuffenhauer (S. 15/16);
Stiftung Blindenanstalt (S. 10);
Maya Woelm (S. 20 l.).
Etwa jedes hundertste Kind, das auf
die Welt kommt, hat einen Herzfehler. Trotzdem wissen die meisten Menschen darüber nur wenig. Vor allem
wissen sie nicht, welche großen Fortschritte die Medizin in der Behandlung dieser Herzfehler erreicht hat.
Ein Beispiel dafür ist die Transposition der großen Arterien (TGA).
Bei der TGA handelt es sich um eine
Vertauschung der beiden großen Körpergefäße, der Körperschlagader (Aorta) und der Lungenschlagader (Pulmonalarterie). Die Körperschlagader
entspringt bei diesem Herzfehler aus der vorne liegenden rechten Herzkammer und die Lungenschlagader aus der hinten liegenden linken Herzkammer (Abb. 1).
In den letzten Jahrzehnten haben sich die Lebenschancen der Kinder, die mit diesem Herzfehler geboren wurden, enorm verbessert.
Der normale Kreislauf nach der Geburt
Während der Schwangerschaft fließt ein Teil des
schon im Mutterkuchen mit Sauerstoff angereicherten Blutes an der Lunge des Kindes vorbei über
zwei Kurzschlussverbindungen direkt in den
großen Körperkreislauf des Ungeborenen. Es
handelt sich um ein Loch in der Vorkammerscheidewand, das Foramen ovale, sowie um eine
Gefäßverbindung zwischen der Körper- und der
Lungenschlagader, den Ductus Botalli. Auf diese
Weise wird der kindliche Kreislauf entlastet, und
viele Herzfehler bleiben vor der Geburt für die Herzfunktion ohne Auswirkung.
Nach der Geburt schließen sich diese Gefäßver-
bindungen in der Regel spontan. Das sauerstoffarme Blut
aus den großen Körpervenen fließt nun vollständig
über die rechte Herzkammer
und die Lungenschlagader
Abb. 1: Kreislaufsituation bei
Transposition der großen Gefäße
(AO = Körperschlagader (Aorta); FO =
Foramen ovale; LA = linke Herzvorkammer; LV = linke Herzkammer; PA =
Lungenschlagader (Pulmonalarterie);
PDA = offener Ductus Botalli; RA =
rechte Herzvorkammer; RV = rechte
Herzkammer; VCI = untere Körpervene;
VCS = obere Körpervene).
in den kleinen Lungenkreislauf und wird in der
Lunge mit dem Sauerstoff aus der Atemluft angereichert. Es fließt sauerstoffreich über die linke Herzkammer in den großen Körperkreislauf und kommt
schließlich, nachdem der Sauerstoff in den verschiedenen Körperorganen verbraucht worden
ist, sauerstoffarm wieder zum rechten Herzen
zurück. Somit sind der große Körperkreislauf und
der kleine Lungenkreislauf hintereinander oder in
Serie geschaltet.
Die Kreislauf-Situation bei Transposition
der großen Gefäße (TGA)
Wenn ein Kind mit TGA geboren wird, dann hat
die Vertauschung der beiden großen Körpergefäße
zur Folge, dass Körper- und Lungenkreislauf nicht
in Serie, sondern parallel geschaltet sind und
ohne Verbindung zueinander arbeiten (Abb. 1).
Dadurch gelangt das sauerstoffreiche Blut aus
der Lunge direkt wieder in die Lunge zurück,
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Rashkind-Manöver:
Um die Sauerstoffversorgung des Neugeborenen zu verbessern, wird die Öffnung zwischen rechtem und linkem Vorhof vergrößert. Von der Leiste wird über die
große Körpervene der zusammengefaltete, dem Katheter
anliegende Ballon bis in den linken Vorhof
geschoben (Abb. ganz links). Dort wird der Ballon entfaltet, in dem er mit Flüssigkeit gefüllt
wird (Abb. Mitte). Dann wird er vom linken Vorhof durch die Scheidewand zurückgezogen.
Dadurch wird die Öffnung gedehnt und erweitert (Abb. rechts), so dass mehr sauerstoffreiches
Blut in den Körperkreislauf gelangen kann.
während das sauerstoffarme Blut aus dem rechten Herzen in die Körperschlagader gepumpt
wird. Damit das Neugeborene überleben kann, muss
daher ein Blutaustausch über die beiden Kurzschlussverbindungen Foramen ovale und Ductus
Botalli aufrechterhalten werden; d. h. diese Verbindungen müssen offen bleiben.
75 % der Kinder haben eine sogenannte einfache TGA, d. h. die Scheidewand zwischen rechter
und linker Herzkammer ist intakt, oder es liegt nur
ein kleiner, für den Kreislauf unbedeutsamer Kammerscheidewanddefekt vor. Von dieser Form der
TGA wird im Folgenden die Rede sein. Bei der sogenannten komplexen TGA, die etwa 25 % der Kinder betrifft, besteht ein großer Kammerscheidewanddefekt, und in etwa 5 % der Fälle liegt zusätzlich eine Enge des Körperschlagaderbogens (Aortenbogen) vor. In etwa 30 % der Fälle findet sich
ein anormaler Ursprung und Verlauf der Herzkranzgefäße, teilweise verbunden mit einem
erhöhten Operationsrisiko.
Die TGA kommt bei etwa drei von 10 000 Lebendgeborenen vor und ist mit 5 % aller angeborenen
Herzfehler die zweithäufigste Fehlbildung des
Herzens, die mit einer blauen Hautfarbe (Blausucht)
einhergehen. Mit 35 % ist sie – aufgrund der Blausucht – der häufigste bereits im Neugeborenenalter festgestellte Herzfehler. Das Geschlechtsverhältnis ist mit 2:1 zwischen Jungen und Mädchen
sehr ungleich.
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Diagnostik und Soforttherapie
Die Neugeborenen mit einer TGA sind in aller
Regel ausgereift und normgewichtig. Aber sie
fallen meist schon in den ersten Lebensstunden durch
ihre blaue Hautfarbe auf, die dadurch entsteht,
dass das Blut nicht ausreichend mit Sauerstoff
gesättigt ist. Eine unverzügliche Ultraschalluntersuchung des Herzens kann die Diagnose eindeutig klären. Mit dem kontinuierlich über eine Vene
verabreichten Medikament Prostaglandin E hat
man seit 1979 ein Mittel zur Verfügung, den Ductus Botalli offen zu halten und so die lebenswichtige Durchmischung der Kreisläufe zu gewährleisten. Vor dieser Ära, seit 1966, und heute – falls
notwendig – konnte bzw. kann man bei einer
Herzkatheteruntersuchung mit Hilfe eines Ballonkatheters, der über die Leiste in die große Körpervene zum Herzen vorgeschoben wird, das
Foramen ovale zwischen rechter und linker Herzvorkammer über den aufgeblasenen Ballon dehnen und erweitern. Dieses sogenannte RashkindManöver verbessert die Beimischung von sauerstoffreichem Blut aus dem Lungenkreislauf in den
Körperkreislauf (Abb. 2a-c). Auf diese Weise kann
das Neugeborene im Regelfall unter intensiver
Kreislaufüberwachung Tage, Wochen oder gar
Monate bis zu der immer notwendigen Korrekturoperation stabil gehalten werden.
Operative Therapie
Es gibt grundsätzlich zwei Möglichkeiten, eine
TGA herzchirurgisch zu behandeln:
die Vorhofumkehr-Operation, die den Herzfehler physiologisch korrigiert, oder
die arterielle Switch-Operation, die ihn anatomisch korrigiert.
Die Vorhofumkehr-Operation nach Senning (1959)
oder nach Mustard (1964) stellt ein Verfahren dar,
das seit Mitte der 70er Jahre und bis Mitte/Ende
der 80er Jahre als Operationsmethode der Wahl
bei Säuglingen mit TGA unter Einsatz der HerzLungen-Maschine durchgeführt wurde. Dabei
werden auf der Ebene der Herzvorkammern die
Blutströme umgelenkt, sodass das sauerstoffreiche Blut aus der Lunge der rechten Herzkammer
und über die daran anschließende große Körperschlagader dem Körperkreislauf zugeleitet
wird, während das sauerstoffarme Blut aus den Kör-
pervenen der linken Herzkammer und über die
daran anschließende Lungenschlagader dem Lungenkreislauf zugeführt wird (Abb. 3, S. 4). Durch
diese physiologische Korrektur fließt zwar das
Blut richtig. Es bleibt aber die rechte Herzkammer
für die Pumpleistung des Körperkreislaufes zuständig, und die großen Gefäße bleiben vertauscht.
Seit Anfang der 90er Jahre gilt hingegen die arterielle Switch-Operation (ASO), erfunden von Jatene (1975), als Operationsmethode der Wahl. Innerhalb der ersten beiden Lebenswochen wird unter
Einsatz der Herz-Lungen-Maschine und Abkühlung
des Kindes eine Vertauschung (Switch) der großen
Körpergefäße vorgenommen. Diese werden oberhalb der Klappenebene abgetrennt und mit der
jeweils anderen Herzklappe neu verbunden, sodass eine anatomisch richtige Kreislaufsituation entsteht. Dabei müssen ebenfalls die das Herz mit Blut
versorgenden Herzkranzgefäße abgetrennt und
in die Körperschlagader neu eingenäht werden
(Abb. 4a-c, S. 6/7). Das ist ein entscheidender
und für den Chirurgen oft schwieriger Operationsschritt, insbesondere dann, wenn eine Lageanomalie der Herzkranzgefäße vorliegt.
Langzeitverlauf nach Operation der
einfachen TGA
Während ohne jede Behandlung 90 % der Kinder mit einem Jahr und 95 % mit fünf Jahren verstorben sind, konnten – allerdings mit deutlich
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Abb. 3: Vorhofumkehroperation (AO =
Körperschlagaderklappe (Aortenklappe); IVC = untere Körpervene; LV =
linke Herzkammer; PA = Lungenschlagaderklappe (Pulmonalklappe);
PV = Lungenvenen; RV = rechte Herzkammer; SVC = obere Körpervene).
Kardiologische Langzeitprobleme nach Vorhofumkehr-Operation
eingeschränkter Lebensqualität – nach Durchführung des Rashkind-Manövers 50 % der Kinder
fünf Jahre überleben.
Mit den Methoden der Vorhofumkehr-Operation
gibt es etwa 30 Jahre Erfahrung, und rund 75 % der
Operierten leben noch. Mit der arteriellen SwitchOperation im Neugeborenenalter reichen die
Erfahrungen weltweit 15 bis 20 Jahre. Es ist gelungen, etwa 92 % der nach dieser Methode Operierten in dieses Alter zu bringen – einen der
erfreulichsten Fortschritte in der Geschichte der Kinderkardiologie und Kinderherzchirurgie.
Angesichts der guten Überlebensraten und allgemein günstigen Verläufe in den ersten Jahren nach
operativer Korrektur rücken langfristig folgende
Fragen in den Vordergrund des Interesses:
Welche kardiologischen Folgeprobleme treten
auf?
Wie ist die körperliche Belastbarkeit?
Wie verläuft die Gesamtentwicklung der Kinder?
Welche psychosozialen Probleme treten auf?
Wie ist die Lebensqualität?
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Im Langzeitverlauf nach Vorhofumkehr-Operation stellen
Herzrhythmusstörungen das
häufigste Problem dar. Sie entstehen durch Nähte und Vernarbungen in Folge der ausgedehnten chirurgischen Maßnahmen im Bereich der Herzvorkammern. So haben, im
Abstand zur Operation mit steigender Tendenz, nach 20 bis
25 Jahren 60 % der Patienten ihren normalen Herzrhythmus, den Sinusrhythmus, verloren. Ein in
der Regel langsamerer Ersatzrhythmus wirkt sich
vor allem negativ auf die körperliche Belastbarkeit aus. Wegen einer langsamen (bradykarden)
Herzrhythmusstörung benötigen 20 % nach 20 bis
25 Jahren einen Herzschrittmacher. Eine schnelle (tachykarde) Herzrhythmusstörung, oft in Form
von sogenanntem Vorhofflattern, tritt nach dieser
Zeit bei etwa 35 % auf. Sie kann zu bedrohlichen
Kreislaufverhältnissen führen und muss daher in
der Regel mit Medikamenten behandelt werden.
Ein weiteres ernstes Problem stellt eine Funktionsstörung der für den großen Körperkreislauf
dauerhaft zuständigen rechten Herzkammer dar.
Eine solche Funktionsminderung wird bei zunehmender Tendenz mit differenzierten Untersuchungsmethoden unter Ruhebedingungen nach 20
bis 25 Jahren bei bis zu 50 % der Patienten festgestellt, wobei 75 % von diesen im normalen Alltagsleben keine Einschränkung spüren. Wird die
körperliche Belastbarkeit dagegen durch HerzLungen-Funktionsuntersuchungen überprüft, ist sie
langfristig bei den meisten Patienten verringert. Ver-
engungen im Bereich der Herzvorkammern und der zentralen Körperund Lungenvenen – bedingt durch Vernarbungen und Verziehungen – kommen
häufiger vor, nach 20 bis 25 Jahren vermutlich bei bis zu 20 % der Patienten.
Wegen dieser Probleme sollten die
Betroffenen, auch wenn sie subjektiv
gut belastbar sind, lebenslang engmaschig den Herzrhythmus und die Funktion der Herzkammern kontrollieren
lassen.
Allgemeine Entwicklung nach
Vorhofumkehr-Operation
Im Zuge der langfristig insgesamt guten
Lebenserwartung sind der Entwicklungsstand und die Lebensqualität von
großer Bedeutung. Schon häufig vor der Operation im Säuglingsalter tragen Komplikationen, die
durch längerfristigen Sauerstoffmangel entstanden sind, wesentlich dazu bei, dass insgesamt
die neurologische, motorische und geistige Entwicklung nach dieser Operation gegenüber gesunden Kindern und Jugendlichen deutlich zurückbleibt. Trotzdem geben die meisten Jugendlichen
und jungen Erwachsenen eine gute subjektive
Lebensqualität an, und 70 bis 80 % von ihnen
sind mit ihrer Ausbildungs- und Berufssituation zufrieden. Bei guter Herzfunktion sind – unter engmaschiger kardiologischer Überwachung – auch
ohne stark vermehrtes Risiko Schwangerschaft
und Geburt eines gesunden Kindes möglich.
Langzeitverlauf nach ASO
Im Folgenden soll über eigene Nachuntersuchungen berichtet werden, die im Rahmen einer
Längsschnittstudie an 77 bzw. 60 Kindern fünf
bzw. zehn Jahre nach arterieller Switch-Operation (ASO) im Neugeborenenalter in der Klinik
für Kinderkardiologie in Aachen durchgeführt
wurden. Hierzu wurden der Autorin Fördermittel
der Deutschen Herzstiftung und des Bundesverbandes Herzkranke Kinder e.V. zur Verfügung
gestellt, ohne die diese Untersuchungen nicht
möglich gewesen wären.
Wachstum und
allgemeiner Gesundheitszustand
Wie schon im Neugeborenenalter, so unterscheiden
sich Kinder nach ASO in Bezug auf ihre Entwicklung von Körperlänge, Gewicht und Kopfumfang auch nach fünf und zehn Jahren nicht
von denjenigen der Durchschnittsbevölkerung.
Bei der Beurteilung des allgemeinen Gesundheitszustandes zeigt sich, dass die Form des Brustkorbs wegen der Brustbeindurchtrennung bei
der Operation zehn Jahre später bei rund einem
Drittel auffällig ist (Asymmetrie oder Trichterbrust). Dieser Veränderung ist meist keine wesentliche Bedeutung beizumessen. Zur Kräftigung
der Muskulatur ist Schwimmen zu empfehlen. In
ausgeprägteren Fällen ist Krankengymnastik erforderlich.
Kardiologische Langzeitergebnisse
zehn Jahre nach ASO
Einer erneuten Operation infolge der SwitchOperation mussten sich 2 (3,4 %) der 77 Kinder
unterziehen (Erweiterung der LungenschlagaderAusflussbahn: 1; Bypassoperation der Herzkranzgefäße: 1). Ein Kind (1,7%) erhielt mittels Herzkatheter eine Dehnung der verengten Lungen5
Abb. 4: Arterielle Switch-Operation, die die Transposition der
großen Gefäße anatomisch korrigiert.
Hauptschlagader
Lungenschlagader
Lungenschlagader
Obere Hohlvene
Hauptschlagader
Lungenschlagader
(1)
Untere Hohlvene
schlagader. Die subjektive körperliche Belastbarkeit gaben 93 % als normal an. Die restlichen
7% konnten wegen Bewegungsstörungen nicht klassifiziert werden. Herzwirksame Medikamente
erhielt kein Patient.
Im Standard-EKG und 24-Stunden-Langzeit-EKG
zeigte sich – auch im Vergleich zur Voruntersuchung
nach fünf Jahren – ein sehr erfreuliches Ergebnis. Im Gegensatz zum Verlauf nach VorhofumkehrOperation behalten fast alle Kinder einen normalen
Herzrhythmus. Etwas häufiger vorkommende
Extraschläge aus den Vorhöfen oder Kammern
sind meist harmlos und nicht behandlungsbedürftig.
Eine Zunahme von Belastungszeichen der rechten Herzkammer findet sich bei Patienten, die
eine Verengung der Lungenschlagader entwickeln.
Die körperliche Belastbarkeit wurde durch eine
Untersuchung auf dem Laufband objektiviert:
Belastungsdauer und EKG waren bei 96,4 % der
Kinder altersentsprechend normal, ebenso das
Spektrum für Blutdruck und Herzfrequenz. Auch
die Bestimmung von Herzenzymen aus dem Blut
(kardiales Troponin, Kreatinkinase, Myoglobin),
die auf einen Sauerstoffmangel des Herzmuskels
hinweisen, waren vor und vier Stunden nach
Belastung normal. Somit zeigen sich – anders als
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nach Vorhofumkehr-Operation – ausgezeichnete
Langzeitergebnisse für die
körperliche Belastbarkeit.
Derartige Untersuchungen
dienen dazu, klinisch bedeutsame Störungen der
Herzmuskeldurchblutung unter Belastung, wie
sie nach der chirurgischen Umpflanzung der Herzkranzgefäße bei der ASO vorkommen können,
aufzudecken. Sie sollten regelmäßig bei allen
Patienten nach ASO durchgeführt werden. Wenn
ein Verdacht besteht, dass die Durchblutung der
Herzkranzgefäße gestört ist (Erregungsrückbildungsstörungen oder gehäufte Extraschläge aus
der rechten oder linken Herzkammer im EKG), müssen weitergehende Untersuchungen wie Kontrastmitteldarstellung der Herzkranzgefäße oder nuklearmedizinische Verfahren durchgeführt werden.
Prinzipiell sind auch im Kindesalter Bypass-Operationen der Herzkranzgefäße möglich.
Bei der Ultraschalluntersuchung zeigte sich, dass
die Pumpfunktion der linken Herzkammer nach
zehn Jahren gleichbleibend gut ist – umso erfreulicher, als man die Frage nach der Durchblutung
des Herzmuskels durch die bei der ASO umgepflanzten Herzkranzgefäße stets im Auge behalten muss.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Funktion
der neuen Körperschlagaderklappe (sogenannte
Neo-Aortenklappe: Sie entspricht eigentlich der
Lungenschlagaderklappe, da sie nicht mit umge-
(2)
Heraustrennen der Herzkranzgefäße (1) aus der
Lungenschlagader und
wieder annähen (2) in
die Hauptschlagader
pflanzt wird und vertauscht bleibt). Während diese Klappe bei Säuglingen und Kleinkindern nach
ASO oft aufgeweitet und manchmal undicht ist,
konnten wir zeigen, dass im Vergleich zur Untersuchung nach fünf Jahren die Aufweitung nach zehn
Jahren deutlich zurückgeht und die Undichtigkeit – nachweisbar bei 13,3 % der Patienten –
nicht häufiger wird und leichtgradig, d.h. für den
Kreislauf des Kindes ohne Bedeutung, bleibt.
Das häufigste Problem nach ASO betrifft eine
Verengung zwischen der rechten Herzkammer
und dem Hauptstamm bzw. der Aufzweigungsstelle
der Lungenschlagader, die bei der Operation von
hinten nach vorne verlagert wird und im Verlauf
des Wachstums verzogen werden kann. Obwohl
die genaue Darstellung der Engstellen mit Ultraschall in der Regel nicht gelingt, kann häufig mit
Hilfe der Doppler-Ultraschalluntersuchung zusammen mit der Beurteilung des EKGs und eines
typischen Herzgeräusches das Vorhandensein
bzw. der Schweregrad einer solchen Engstelle
abgeschätzt werden. Auf dieser Basis zeigten sich
zehn Jahre nach ASO bei 41,6 % der Kinder ein im
Vergleich zur Untersuchung nach fünf Jahren
erhöhtes Vorkommen und ein zunehmender
Schweregrad von Verengungen oberhalb der Lungenschlagaderklappe (Neo-Pulmonalklappe: Sie entspricht eigentlich der Körperschlagaderklappe). Diese sind zur Zeit nur in seltenen Fällen für den
Kreislauf so bedeutsam, dass sie durch eine Operation oder den Versuch einer Dehnung mit einem
Ballon im Rahmen der Herzkatheteruntersuchung
behandelt werden müssen. Sie sollten jedoch im
weiteren Verlauf besonders beachtet werden.
Meist leichtgradige Undichtigkeiten der Lungenschlagaderklappe sind hingegen in der Regel
unbedeutend.
Insgesamt bedarf der weitere Langzeitverlauf des
kardiologischen Gesundheitszustandes nach ASO
im Neugeborenenalter einer sorgfältigen Beobachtung und regelmäßiger jährlicher kardiologischer Kontrolluntersuchungen mit EKG, Ultraschall und gegebenenfalls Belastungs- und Langzeit-EKG.
Der zweite Teil dieses Artikels, der über die Langzeitergebnisse der Entwicklung und des psychosozialen Zustandes zehn Jahre nach ASO berichtet, wird in der nächsten Ausgabe von Herzblatt
erscheinen.
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