Sonntagsgottesdienst 20.12.2915 Bekim Ajvazi “Wer unter euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein auf sie!” Jesus aber ging an den Ölberg. Und früh am Morgen kam er wieder in den Tempel, und alles Volk kam zu ihm; und er setzte sich und lehrte sie. Da brachten die Schriftgelehrten und Pharisäer eine Frau zu ihm, die beim Ehebruch ergriffen worden war, stellten sie in die Mitte und sprachen zu ihm: Meister, diese Frau ist während der Tat beim Ehebruch ergriffen worden. Im Gesetz aber hat uns Mose geboten, dass solche gesteinigt werden sollen. Was sagst nun du? Das sagten sie aber, um ihn zu versuchen, damit sie ihn anklagen könnten. Jesus aber bückte sich nieder und schrieb mit dem Finger auf die Erde. Als sie nun fortfuhren, ihn zu fragen, richtete er sich auf und sprach zu ihnen: Wer unter euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein auf sie! Und er bückte sich wiederum nieder und schrieb auf die Erde. Als sie aber das hörten, gingen sie — von ihrem Gewissen überführt — einer nach dem anderen hinaus, angefangen von den Ältesten bis zu den Geringsten; und Jesus wurde allein gelassen, und die Frau, die in der Mitte stand. Da richtete sich Jesus auf, und da er niemand sah als die Frau, sprach er zu ihr: Frau, wo sind jene, deine Ankläger? Hat dich niemand verurteilt? Sie sprach: Niemand, Herr! Jesus sprach zu ihr: So verurteile ich dich auch nicht. Geh hin und sündige nicht mehr! (Joh 8,7 SLT) Es geht in dieser Schriftstelle um die Sünde. Was bedeutet eigentlich “Sünde”? Sind es die “kleinen” Sünden, wenn man mal Schokolade nascht? Wenn es in der Bibel um dieses Thema geht, werden Wörter benutzt, die die Bedeutung haben wie “Sünde”, “Ungerechtigkeit" oder „Bosheit". Die trefflichste Definition von Sünde ist “Gesetzlosigkeit” (vgl. 1Joh 3,4: “Jeder, der die Sünde tut, der tut auch die Gesetzlosigkeit; und die Sünde ist die Gesetzlosigkeit.”) Die Sünde ist mehr als eine reine “Übertretung”. Adam und Eva haben das Gebot übertreten und die Folge war der Tod. Aber in der Zeit zwischen Adam und Mose kam kein neues Gebot bzw. Gesetz hinzu. Dennoch taten die Menschen - so ganz gesetzlos - in Gottes Augen “Böses”, und als Konsequenz gingen sie in der Sintflut verloren. Bei der “Gesetzlosigkeit” geht es jedoch auch um uns, jeden einzelnen Christen, der vorher ohne das Gesetz (von Mose) lebte bzw. es gar nicht kannte (vgl. Titus 2,13b: “… unseres Retters Jesus Christus, der sich selbst für uns hingegeben hat, um uns von aller Gesetzlosigkeit zu erlösen und für sich selbst ein Volk zum besonderen Eigentum zu reinigen, das eifrig ist, gute Werke zu tun.” Vgl. auch Eph 2; Rö 4,15 und 2,12). Immer wenn es keine Regeln gibt oder ich mir die Freiheit nehme, die bestehende Regel für mich aufzuheben, lebe ich in der Sünde. Und keine Sünde bleibt ohne Folge. Mit ihr kommen immer weitere Sünden und Leid. Mit jeder Sünde entfernen wir uns von der Beziehung mit Gott. Natürlich gibt es Gesetzte, die Menschen gemacht haben, um z.B. das Miteinander zu regeln, dass Recht und Gerechtigkeit herrscht. Bei den vom Menschen gemachten Gesetzen steht es dem Menschen frei, diese zu verändern, an die Gegebenheiten anzupassen oder gar ganz aufzuheben. Aber es gibt immer noch die Gebote, die von Gott kommen. Nur er hat die Hoheit über diese Gesetze und könnte sie verändern. Die Gebote Gottes sind perfekt, genau abgestimmt auf seine Schöpfung und uns Menschen. Und wenn er die Gesetze aufheben sollte, wären wir da nicht wieder in der Gesetzlosigkeit? Somit würde Gott selbst Platz für die Sünde schaffen. Und das geht doch gar nicht, denn Gott selber ist heilig und bei ihm ist kein Platz für die Sünde. Die Schriftgelehrten und Pharisäer brachten also die Ehebrecherin zu Jesus, weil sie wussten, wie gefährlich die Sünde ist und was deren Folgen sind. Deshalb musste das Recht gesprochen werden, und dies sollte Jesus tun. Dabei berufen sie sich auf Gottes Gebot in 5Mo 22,22: Wenn jemand ertappt wird, das er bei einer verheirateten Frau liegt, so sollen beide zusammen sterben, der Mann, der bei der Frau gelegen hat, und die Frau. So sollst du das Böse aus Israel ausrotten.” Das ist harter Tobak! Die Strafe bei Ehebruch ist der Tod! Das kommt uns als zivilzierte Menschen völlig übertrieben vor. Richtig inhuman. Was ist denn da so schlimm! Da stellt sich die Frage, gibt es überhaupt kleine, große Sünden bzw. leichte und schwere Sünden und was sind die Folgen? Doch bleiben wir beim Prinzip der Sünde. Jedes Mal, wenn wir gesetzlos sind, ignorieren wir Gott und seinen Willen. Wir geben ihm keine Priorität, keinen Raum in unserem Leben. Er wird auf das Abstellgleis gestellt, und somit entfernen wir uns immer mehr von Gott. Sünde ist die Trennung zwischen den Mensch und Gott. Wie können wir da noch eine Sehnsucht danach haben, mit Gott in der Ewigkeit zu leben? Die Lage ist ernst, wenn es um deine und meine Gesetzlosigkeit geht: “Denn der Lohn der Sünde ist der Tod (Rö 6,23)“. Die gerechte Strafe der Ehebrecherin ist der Tod, und dies ist für alle Sünder gleich. Ob nun sofort auf Erden oder später vor dem Richter. Wie gehen wir nun mit der Sünde in unserem Leben um? So gibt es unter uns die Ängstlichen, die jegliche Sünde meiden, nur damit sie keinen Fehler machen. Oder es gibt auch die Hochmütigen bzw. Stolzen unter uns, die sich bei allen ihren “Fehlern” auf das Kreuz berufen. Ganz klar: Wir können wir auf beiden Seiten vom Pferd fallen! Diese anfänglichen, ernsten Worte, der ganze harte Tobak, ist für die Hochmütigen unter uns, die sagen: „Ach die Gnade allein reicht für mein Leben. Alle Freiheit ... ja, es gilt für mich kein Gesetz!“ (Vgl. Rö 3,31: Heben wir nun das Gesetz auf durch den Glauben? Das sei ferne! Vielmehr bestätigen wir das Gesetz.) Den Ängstlichen möchte ich ermutigen, denn heißt es nicht „Die vollkommene Liebe treibt die Furcht aus“, und an einer anderen Stelle: „Ihr habt nicht den Geist der Knechtschaft empfangen, um euch wiederum zu fürchten, sondern den Geist der Kindschaft, in welchem wir rufen: Abba (Vater)!“ Darum sagt auch Paulus: „Wo der Geist des Herrn ist, da ist Freiheit.“ Wenn also die Angst vor Strafe uns abhält, das Gesetz zu brechen, zu sündigen, so haben wir diese Geistesfreiheit noch nicht erreicht, denn wenn wir die Angst nicht hätten, würden wir doch wieder sündigen. Es gibt aber noch eine weitere Gefahr bei dem Umgang mit der Sünde. Und diese betrifft nicht uns selber, sondern unseren Bruder und unsere Schwester, mit denen wir gemeinsam auf dem Weg der Heiligung sind. Diese Gefahr sehen wir genau in dieser Situation mit den Pharisäern und der Ehebrecherin. Die Schriftgelehrten, die das Gesetzt in und auswendig kennen, haben die Gefahr der Sünde erkannt und haben die Ehebrecherin zu Jesus gebracht. Es war also gerechtfertigt die Versammlung zu stören, denn es geht um Leben oder Tod. Bloß, ging es ihnen darum, dass die Ehebrecherin nicht verloren geht? Vers 6:” Das sagten sie aber, um ihn [Jesus] zu versuchen, damit sie ihn anklagen könnten.” Sie haben etwas gefunden, um jemanden anzuklagen. Und sie wollten nicht nur Jesus anklagen, nein, sie klagten die Ehebrecherin an. Sie missbrauchen das Gesetz, um ihre eigenen Interessen durchzusetzen. Sie schieben Gott vor, um Macht auszuüben. Lehrt uns nicht Jesus die richtige Haltung zueinander und zeigt sie uns in seinem Gleichnis aus Luk 18, 10-14: “Es gingen zwei Menschen hinauf in den Tempel, um zu beten, der eine ein Pharisäer, der andere ein Zöllner. Der Pharisäer stellte sich hin und betete bei sich selbst so: O Gott, ich danke dir, dass ich nicht bin wie die übrigen Menschen, Räuber, Ungerechte, Ehebrecher, oder auch wie dieser Zöllner da. Ich faste zweimal in der Woche und gebe den Zehnten von allem, was ich einnehme! Und der Zöllner stand von ferne, wagte nicht einmal seine Augen zum Himmel zu erheben, sondern schlug an seine Brust und sprach: O Gott, sei mir Sünder gnädig! Ich sage euch: Dieser ging gerechtfertigt in sein Haus hinab, im Gegensatz zu jenem. Denn jeder, der sich selbst erhöht, wird erniedrigt werden; wer aber sich selbst erniedrigt, der wird erhöht werden.” Lasst uns nicht in diese Falle gehen und uns mit unseren Brüdern und Schwestern vergleichen. Und wenn wir die schwachen Momente in unserem Gegenüber erkennen, lasst uns mutig sein und die Last gemeinsam tragen und es gemeinsam vor das Kreuz bringen. Hört er auf dich, so hast du deinen Bruder / deine Schwester gewonnen. Auch heute noch ist das Pharisäertum aktuell. Denn können wir tatsächlich objektiv beurteilen, wie schlimm es um die andere Person steht, ohne unsere eigene Position außer Acht zu lassen: “Wer unter euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein!” Vollbringen wir nicht auch, aus unterschiedlichen Gründen, noch sündige Dinge? Warum beging diese Frau Ehebruch? Die heutige Statistik sagt uns zumindest, dass die reine Lust nicht auf den ersten Plätzen steht. Denn diese ist belegt mit der Suche nach Liebe, der Liebe, die sie von ihrem Ehepartner nicht erhält. Mag es doch nur der kurze Augenblick der Anerkennung, ein wertschätzendes Danke oder eine Umarmung sein. Wo finden wir noch diese aufopfernde Liebe, die keine Gegenleistung erwartet, die wir uns nicht erst verdienen müssen? Wo ist die Person, die alles für uns hergibt, alles aufgibt, mit uns Beziehung haben will und die uns aus der Sünde heraus begleitet? Es ist dieser Jesus, der für uns schwache Menschen gekommen ist. Der uns so liebt und annimmt, wie wir sind. Gott liebt uns so, wie wir sind. Auch wenn wir immer wieder an der Sünde zerbrechen. Es ändert sich nichts an der Beziehung zu uns. Er nimmt uns so an, wie wir sind. Wir dürfen die Vergebung immer wieder für unser Leben annehmen. Die geschenkte Gnade im Glauben. Glauben an den Sohn, der uns durch den heiligen Geist immer wieder aufrichtet und auf den guten und gerechten Weg führt. Lasst uns an die Kraft Gottes glauben, an die Wunder, die Jesus und seine Jünger vollbracht haben. Dass auch diese Wunder in uns wirken.