Das Skalare Feld Seminar über Kern- und Teilchentheorie Alexander Ferling 17.Mai 2000 I. Das Pfadintegral für skalare Quantenfelder Im Folgenden werden grundlegende Eigenschaften klassischer Felder untersucht. Es werden zuerst wechselwirkungsfreie Felder Φ( x ) betrachtet. Die Koordinaten xµ stellen die Raumzeit dar. Die Dynamik dieses Systems wird durch die Wirkungsfunktion S, die durch (1) S = ∫ d 4 x L ( x ) definiert ist, beschrieben. Das Hamiltonsche Prinzip besagt, dass die Wirkung für die tatsächliche Bahn eines Teilchens extremal wird, also (2) δS = 0 . q(t)+q(t) 2 q(t) t2 q(t)+q(t) 1 t1 Variation der Lösung im Zeitintervall t 1 und t 2 Die einfachste lorentzinvariante Lagrangefunktion lautet: (3) L(t ) = − 12 ∑ ( ∂ µ φ ) 2 − 12 m 2φ 2 . µ Durch partielles Integrieren dieser Gleichung kommt man zu dem Ausdruck (4) δS = −∫ d 4 xδφ (− ∂ 2 + m 2 )φ . Wegen (2) folgt daraus, dass (5) ( −∂ 2 + m 2 )φ ( x) = 0 . Dies ist die Klein-Gordon-Gleichung. In Analogie zur Teilchenmechanik führt man nun das zum Feld φ(x) kanonisch konjugierte Impulsfeld ein. 1 (6) Π = ∂L = ∂ 0φ ∂ (∂ 0φ ) . Die Hamiltondichte H ist definiert durch r (7) H ( x ) = Π ∂ 0φ − L . Damit lautet die Hamiltonfunktion: r r (8) H ~ ( x ) = ∫ d 3 x H ( x ) = ∫ d 3 x (Π ∂ 0φ − L ) Die Hamiltondichte H(x) ist bei Homogenität des Raumes ein Integral der Bewegung, also invariant gegenüber Zeittranslation. Setzt man in die Gleichung für die Hamiltondichte (7) die Lagrangefunktion (3) ein und identifiziert ∂ 0φ mitΠ , so erhält man für die Hamiltondichte (9) H ( xr) = 12 Π 2 + 12 (∇φ )2 + 12 m2φ 2 r r Im Formalismus der kanonischen Quantisierung werden den Feldgrößen φ (x ) und Π ( x) r ˆ ( rx) zugeordnet und die kanonischen Kommutatorrelationen bei Operatorenφˆ( x ) und Π gleicher Zeit postuliert [ ] [φˆ( xr, t), φˆ(xr, t )] = [Πˆ (xr, t ), Πˆ ( xr, t)]= 0 . r ˆ ( xr , t ) = i hδ 3 (xr − xr ′) , (10) φˆ( x , t ), Π (11) In völliger Analogie zur Behandlung eines eindimensionalen Quantensystems betrachten wir r den Feldoperator im Heisenbergbild φˆ( x ) . Er genügt der Bewegungsgleichung [ r & r (12) − i hφˆ ( x , t ) = Hˆ ,φˆ( x, t ) ] was durch r r ˆ ˆ (13) φˆ( x, t ) = e iHt / hφˆ ( x ,0)e − iHt / h r r gelöst wird. Die Eigenzustände des Operators φˆ( x , t ) ergeben sich mit den Eigenwerten φ ( x) zu r r (14) φˆ( x , t ) φ , t = φ ( x ) φ , t . Die Zeitabhängigkeit des Basisvektors φ , t ist gegeben durch ˆ ˆ (15) φ , t = e iHt / h φ ,0 = eiHt / h φ 2 Nun interessieren wir uns für die Übergangsamplitude zwischen zwei dieser Zustandsvektoren zu unterschiedlichen Zeiten. Die Größe, die wir als Feynman-Kern bezeichnet hatten, lautet (16) φ ', t ' φ , t = φ ' e − i ( t ' − t ) H / h φ ˆ Dieser Wert ist ein Maß für die Wahrscheinlichkeitsamplitude, beim Übergang von der r v Feldkonfiguration φ (x ) zum Zeitpunkt t zur Feldkonfiguration φ ′(x ) zum Zeitpunkt t’. Hiermit lässt sich jede Frage zur Dynamik des Quantenfeldes beantworten. Im Folgenden wird nun diese Gleichung mittels Pfadintegralmethode gelöst. Bei der Einführung der Pfadintegralmethode hatten wir folgenden Ausdruck gefunden t′ (17) N −1 N −1 n =1 n =0 n q′, t ′ q, t = ∫ Π dq n ∫Π dp 2πh e i h ∫t dτ ( pq& −H ( p, q)) . Für die Quantenfeldtheorie erhalten wir damit N −1 N −1 t′ n =1 n =0 t (18) φ ′, t ′ φ , t = ∫ Π dφ n ∫Π d2ππhn exp {hi ∫ dτ ∫ d 3 x(π∂ 0φ − H (π , φ ) )} Die dazugehörigen Randbedingungen lauten r r v φ ( x, t´) = φ ′( x ) und φ ( x, t ) = φ ( x ) Um dieses Integral für einen konkreten Fall, also z.B. für (3) lösen zu können müssen zuerst einige Überlegungen angeführt werden. II. Das Vakuum-Vakuum-Übergangsfunktional Um die Übergangsamplitude berechnen zu können, führt man eine externe Quelle J(t) ein. Diese Quelle ist eine aufgeprägte Störung, die außerhalb eines bestimmten Zeitintervalls [t1 ,t2 ] vernachlässigbar wird. Am System wird sozusagen gerüttelt. Damit lautet der Feynman-Kern nun (19) q′, t ′ q , t N −1 mit J = ∫ Dq ∫ Dp exp( hi ( pq& − H ( p, q) + J (t ) q) ∫ Π dqn → ∫ Dq und n =1 N −1 ∫Π n= 0 dp n 2 πh → ∫ Dp Wir untersuchen nun die Eigenschaften im Limes großer Zeiten 3 J(t) t t1 t2 t' Nach Einschieben zweier vollständiger Sätze von Eigenzuständen des Operators q̂ folgt (20) q′, t ′ q , t = ∫ dq 2 ∫ dq1 q′, t ′ q 2 , t 2 q 2 , t 2 q1 , t1 J q1 ,t 1 q , t ähnlich wie oben lässt sich für die einzelnen Matrixelemente schreiben q' , t ' q 2 , t 2 = q' exp( − hi Hˆ (t '−t 2 ) q 2 = ∑ q' e − hi Hˆ t ' n ne − hi Hˆ t 2 q2 n = ∑ψ n (q ' )ψ *n ( q 2 ) e (21) − hi E n ( t ' − t 2 ) n und entsprechend (22) q1 , t1 q , t = ∑ψ n ( q1 )ψ n* ( q) e − hi E n (t1 − t ) n Uns interessiert der Feynman-Kern für große Zeiten. Problematisch sind die oszillierenden Phasenfaktoren, durch die der Grenzwert nicht wohldefiniert zu sein scheint. Geht man jedoch zu komplexen Zeiten über, führt also eine analytische Fortsetzung ins Euklidische durch, werden diese Phasenfaktoren hinreichend schnell gedämpft. (23) lim q' , t ' q , t t ' →∞ t →−∞ J = lim q ',−i τ ' q,−iτ τ ' →∞ τ →−∞ J Wegen des exponentiellen Abfalls überlebt von der Summe nur der Betrag des Grundzustandes n=n’=0. Damit bekommt man (24) q' ,−iτ ' q,−iτ J = ψ 0 ( q' ,−i τ ' )ψ *0 (q ,−iτ ) ∫ dq 2 ∫ dq1 0 q2 , t 2 q2 , t 2 q1 , t1 J q1, t1 0 Der Integralausdruck auf der rechten Seite hat offenbar die Bedeutung der Wahrscheinlichkeitsamplitude dafür, dass der Grundzustand 0 unter Einwirkung der Störung J(t) im Zeitintervall t1 ...t2 unverändert bleibt. Die Störung induziert also keine Anregungen. In der feldtheoretischen Nomenklatur sprechen wir von der Vakuum-Vakuum-Amplitude und bezeichnen diese mit W[J]. 4 (25) W [ J ] = 0 0 = ∫ dq 2 ∫ dq1 0 q2 , t 2 q2 , t 2 q1 , t1 J q1, t1 0 . Mit (22) ergibt sich (26) W [ J ] = lim t ' → −i ∞ t →i ∞ q' , t ' q , t J ψ 0 (q ', t ' )ψ ( q, t ) * 0 = lim t ' → −i ∞ t →i ∞ q ' , t ' q, t J q' , t ' q, t Die Amplitude in (26) ist bis auf einen Normierungsfaktor gerade der Feynman-Kern für die Propagation von (q,t) nach (q’,t’) unter Berücksichtigung der Störung J(t)q. Deshalb lässt sich W[J] durch das entsprechende Pfadintegral darstellen (27) W [ J ] = N ∫ Dq ∫ Dp exp[ +∞ ∫ dt ( pq& − H ( p, q) + Jq)] , i h −∞ wobei wir wieder zur reellen Zeitkoordinate übergewechselt sind. Im Rückblick auf unser Quantenfeld lässt sich der Vakuum-Erwartungswert ganz analog übertragen. t′ ( ) (28) φ ′, t ′ φ , t = N ∫ Dφ exp{ ∫ dτ ∫ d 3 x L (φ ,φ& + Jφ } i h t Das Vakuum-Vakuum-Übergangsfunktional lautet nun (29) W [ J ] = 0 0 III. J = N ∫ Dφ exp( hi ∫ d 4 x ( L(φ , φ& ) + Jφ ) . Der Feynman-Propagator Wir berechnen nun explizit das Vakuum-Funktional W0 [J] für den Fall eines freien, skalaren ungeladenen Feldes φ(x) mit der Lagrange-Dichte (30) L(t ) = − 12 ∑ (∂ µ φ ) − 12 m2φ 2 2 µ Mit (29) ergibt sich also (31) W [ J ] = 0 0 = N Dφ exp{ J ∫ i h ∫d 4 x( − 12 ∑ (∂ µ φ ) − 12 m 2φ 2 + Jφ )} 2 µ Dies lässt sich mit einer Umformung wie wir sie auch schon in (4) durchführten allgemein so ausdrücken (32) W [ J ] = N ∫ Dφ exp{∫ d 4 x( − 12 φAφ + Jφ )} 5 Das ist die allgemeine Form eines Gaußschen Integrals, für das man die Lösung (33) ∫ Dφ exp( − 1 2 φ Aφ + Jφ ) = (det A) − 1/ 2 exp( 12 JA− 1J ) verwenden kann. Offensichtlich muss man nun das Inverse der Matrix und ihre Determinante berechnen. Unter Ausnutzung der Normierungsforderung für die Vakuumamplitude bei Abwesenheit der äußeren Störung kann man sich das Berechnen der Determinante ersparen (34) 1=W [0] = N ∫ Dφ exp{ hi ∫ d 4 x ( − 12 ∑ (∂ µ φ )2 − 12 m 2φ 2 )} = N (det A) −1/ 2 ! µ ⇒ N = (det A) 1/2 Damit bleibt zu berechnen (35) W [ J ] = exp{ 12 ∫ d 4 xJA−1 J } Im Impulsraum ist A(p) einfach ein Multiplikationsoperator mit der inversen Matrix (36) A−1 ( p ) = 1 p + m2 2 Die Fouriertransformierte ergibt die Darstellung im Ortsraum (37) A−1 ( x) = ∫ (2dπhp) 4 e − ipx / h 4 1 2 2 p +m Wir definieren nun den Feynman-Propagator (38) ∆ F (x) = A−1 ( x) = ∫ (2dπhp) 4 e − ipx / h 4 1 2 2 p +m Der Feynman-Propagator löst die Klein-Gordon-Gleichung mit einer Deltafunktion als Inhomogenität (39) ( ∂ 2 + m 2 ) ∆ F ( x'− x ) = δ 4 ( x'− x ) Durch euklidisches Fortsetzen von (38) gelangt man ohne weiteres Zutun zu demjenigen Propagator, der die richtige Randbedingung erfüllt. Ohne diesen Umweg müssten die richtigen Randbedingungen gewählt werden, was nicht ohne weiteres möglich ist. Die Integrationskontur verläuft von -i∞ bis i∞. (40) ∆ F (x) = A−1 ( x) = ∫ ( 2dπhp)4 e −ipx / h 4 1 2 2 p + m +i ε Nach dem Residuensatz lässt sich die Integrationskontur auch auf die reelle Achse deformieren, wenn man die Pole bei ± Abbildung dargestellt ist, umgeht. p 2 + m 2 durch eine Kontur CF, wie sie in der 6 Im p 0 CF -w p wp Re p0 Übergang von der euklidischen Kontur zur Feynman-Kontur Der Feynman-Propagator, wie er in (40) dargestellt ist, lässt sich auch ohne Wick-Rotation ableiten, wenn man ins Pfadintegral einen Konvergenzfaktor einbaut. (41) W [ J ] = N ∫ Dφ exp{ hi ∫ d 4 x ( − 12 ∑ (∂ µ φ ) − 12 m2φ 2 + Jφ + 12 i εφ 2 )} 2 µ Dies entspricht ja gerade der Situation, dass die Masse m einen kleinen negativen Imaginärteil hat. Mit (35) folgt als expliziter Ausdruck für das Vakuumfunktional des wechselwirkungsfreien Klein-Gordon-Feldes (42) W [ J ] = exp{ 12 ∫ d 4 x ' d 4 xJ ( x' ) ∆ F ( x'− x) J ( x)} Literatur [1] L.S.Brown, Quantum Field Theory, Oxford University Press 1992 (Kap.3.1) [2] Walter Greiner, Theoretische Physik Band 7A – Feldquantisierung 1993, Verlag Harri Deutsch (Kap. 11.5,12.1,12.3) [3] Schwabl, Quantenmechanik für Fortgeschrittene , Springer 1997 (Kap.13.1) 7 8