Fachbereich VI – Geografie/Geowissenschaften Magisterarbeit „Qualtitätsoffensive Wandern“Die Vermarktung der Premiumwanderwege in Deutschlandein Vergleich der Wanderwege Rothaar-, Rhein- und Saar- Hunsrück- Steig Vorgelegt von: Sascha Pallasch Uhlandstr. 24 66121 Saarbrücken Tel.: 0177-7983527 E-mail: [email protected] Matrikelnummer: 614555 Gutachter: Prof. Dr. Christoph Becker Prof. Dr. Andreas Kagermeier Eingereicht am: 27. März 2008 1 Vorwort Ohne die Mithilfe und den Beistand verschiedener Personen wäre diese Magisterarbeit in der vorliegenden Form nicht zu realisieren gewesen. Von daher möchte ich mich bedanken bei: ►Herrn Wallach von der Tourismuszentrale Saarland. Er hat mir sehr oft mit Daten, Informationen und Hinweisen geholfen und damit eine wichtige Grundlage für die Erstellung meiner Magisterarbeit geschaffen. Großen Respekt habe ich vor der Tatsache, dass er trotz der hohen zeitlichen Anforderung seines Berufes, mir trotzdem in jedem erdenklichen Moment geholfen hat, ►Herrn Klein, Herrn Rosenkranz und Herrn Gallas, die für die ausführlichen Expertengespräche bereitstanden und mir zudem viele Informationen rund um die Wanderwege zukommen ließen, ►Herrn Prof. Dr. Becker für die Übernahme der Erstkorrektur, die gute Betreuung und all die Unterstützung und Freundlichkeit, die er mir im Verlauf meines Studiums entgegengebracht hat, ►Herrn Prof. Dr. Kagermeier für die Übernahme der Zweitkorrektur und das Interesse an meiner Magisterarbeit, ►Herrn Prof. Dr. Eberle, der mir trotz vieler Krankheiten, die Chance ermöglicht hat, meine Arbeit in dieser Art und Weise fertig zu stellen, ►Meiner mittlerweile verstorbenen Großmutter Veronika Niklos, die sich hingebungsvoll für mich aufgeopfert hat und meiner Mutter Marlene Pallasch, auf die ich mich immer verlassen konnte und die mir stets Beistand geleistet hat, ►Meinem Nachbarn Ernst Leh, ohne dessen freundschaftliche Dienste die Erstellung diese Arbeit sicherlich schwierig geworden wäre, ►Meiner Freundin Alisa Schefler und meinen Freunden Martin Biet, Siegmar Stauter, Fabian Deniot, Oliver Bieg, Andreas Dunkelmann, Silke Blum und Daniela Rupp, die mir diese schwierige Zeit durch ihre Unterstützung sehr erleichtert haben. 2 Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung Seite 1 1.1 Problemstellung und Zielsetzung 2 1.2 Aufbau 2 2 Wandern- Definition, Entwicklung und ökonomischer Stellenwert 4 2.1 Begriffliche Abgrenzung 4 2.2 Historische Entwicklung des Wanderns 6 2.3 Aktuelle Entwicklungen im Wandertourismus 7 2.4 Die ökonomische Bedeutung des Wanderns 8 3 Das Profil des modernen Wanderers 10 3.1 Charakterisierung des modernen Wanderers 10 3.2 Demografische und sozioökonomische Faktoren 10 3.3 Wandertypen 11 3.4 Gewohnheiten und Motive 12 3.4.1 Wandergewohnheiten 12 3.4.2 Bevorzugte Wege 13 3.4.3 Motive 15 3.5 Wanderziele 15 3.6 Wanderbegleitung 16 3.7 Beschilderung, Orientierung im Gelände 16 3.8 Wandergestaltung 17 3.9 Wandern als Urlaubs- und Freizeitaktivität 18 3.10 Zwischenfazit 20 4 Qualität im Wandersektor 21 4.1 Einleitung 22 4.2 Das Projekt „Wanderbares Deutschland“ 22 4.2.1 Der Deutsche Wanderverband 23 4.2.2 Vorstellung des Projektes 23 4.2.3 Kriterien eines Qualitätsweges 24 4.2.3.1 Kernkriterien 24 4.2.3.2 Wahlkriterien 25 4.2.4 Gütesiegel für wanderfreundliche Gastgeber 28 4.2.5 Qualitätswege (Beispiele) 28 3 Seite 4.3 Das Projekt „Das Deutsche Wandersiegel“ 4.3.1 Das Deutsche Wanderinstitut e.V. 29 30 4.3.1.1 Aufgaben 30 4.3.1.2 Ziele 31 4.3.2 Vorstellung des Projektes/Zertifizierungsmethode 31 4.3.3 Kriterien eines Premiumwanderweges 33 4.3.4 Premiumwanderwege in Deutschland 35 4.3.4.1 Traumrouten 36 4.3.4.2. Extratouren (Beispiele) 37 4.4 Konstruktive Kritik 5 Das touristische Aufkommen in den Bundesländern Saarland, 38 41 Rheinland- Pfalz, Nordrhein- Westfalen und Hessen 5.1 Das touristische Aufkommen in Rheinland- Pfalz 42 5.2 Das touristische Aufkommen in Nordrhein- Westfalen 44 5.3 Das touristische Aufkommen in Hessen 46 5.4 Das touristische Aufkommen im Saarland 49 6 Die Untersuchungsgebiete 51 6.1 Der Naturpark Rothaargebirge 52 6.1.1 Geografischer Überblick 52 6.1.2 Geologie 52 6.1.3 Böden 53 6.1.4 Klima 54 6.1.5 Kulturlandschaft 56 6.1.6 Tourismus 56 6.1.7 Stärken- Schwächen- Analyse 58 6.2 Das Mittelrheintalgebiet von Bonn bis Wiesbaden 60 6.2.1 Geografischer Überblick 60 6.2.2 Geologie 61 6.2.3 Böden 62 6.2.4 Klima 63 6.2.5 Kulturlandschaft 64 4 Seite 6.2.6 Tourismus 64 6.2.7 Stärken- Schwächen- Analyse 65 6.3 Der Naturpark Saar- Hunsrück 68 6.3.1 Geografischer Überblick 68 6.3.2 Geologie 69 6.3.3 Böden 69 6.3.4 Klima 70 6.3.5 Kulturlandschaft 71 6.3.6 Tourismus 71 6.3.7 Stärken- Schwächen- Analyse 73 7 Die Untersuchung der Wanderwege Rothaarsteig, Rheinsteig 76 und Saar- Hunsrück- Steig 7.1 Rothaarsteig 76 7.1.1 Beschreibung des Rothaarsteiges 77 7.1.2 Philosophie 78 7.1.3 Organisation 78 7.1.3.1 Projektplanung und Umsetzung 78 7.1.3.2 Organisationsstruktur 80 7.1.4 Infrastruktur 80 7.1.4.1 Verkehrsanbindung 80 7.1.4.2 Qualitätsbetriebe 81 7.1.4.3 Natur/Kulturdenkmäler 81 7.1.4.4 Wegeformat 81 7.1.5 Zertifizierung durch das Deutsche Wanderinstitut 82 7.1.6 Marketingbereich 82 7.1.6.1 Finanzierung 82 7.1.6.2 Budgetplan/Marketingplan 83 7.1.6.2 Wirtschaftliche Bedeutung 84 7.1.6.3 Internetauftritt 86 7.1.6.4 Veranstaltungen/Events 86 7.1.6.5 Auftritt auf Messen 87 7.1.7 Merchandising- Rothaarsteig- Shop (www.rothaarsteig.de) 87 Seite 5 7.1.7.1 Literatur und Karten 87 7.1.7.2 Zubehör 87 7.1.8 Erfolge 88 7.1.9 Neuerungen/Zukunft 88 7.1.10 Stärken und Schwächen des Rothaarsteiges 89 7.1.11 Zusammenfassung Rothaarsteig 91 7.2 Rheinsteig 92 7.2.1 Beschreibung des Rheinsteiges 93 7.2.2 Philosophie 94 7.2.3 Organisation 94 7.2.3.1 Projektplanung und Umsetzung 94 7.2.3.2 Organisationsstruktur 95 7.2.4 Infrastruktur 96 7.2.4.1 Verkehrsanbindung 96 7.2.4.2 Qualitätsbetriebe 96 7.2.4.3 Natur/Kulturdenkmäler 97 7.3.4.4 Wegeformat 97 7.2.5 Zertifizierung durch das Deutsche Wanderinstitut 98 7.2.6 Marketingbereich 99 7.2.6.1 Finanzierung 99 7.2.6.2 Budgetplan/Marketingplan 100 7.2.6.3 Wirtschaftliche Bedeutung 100 7.2.6.4 Internetauftritt 101 7.2.6.5 Veranstaltungen/Events 101 7.2.6.6 Auftritt auf Messen 101 7.2.7 Merchandising- Rheinsteig- Shop (www.rheinsteig.de) 101 7.2.7.1 Literatur und Karten 102 7.2.7.2 Zubehör 102 7.2.8 Erfolge 103 7.2.9 Neuerungen/Zukunft 104 7.2.10 Stärken und Schwächen des Rheinsteigs 104 7.2.11 Zusammenfassung Rheinsteig 105 6 Seite 7.3 Saar- Hunsrück- Steig 107 7.3.1 Beschreibung des Saar- Hunsrück- Steiges 108 7.3.2 Philosophie 109 7.3.3 Organisation 109 7.3.3.1 Projektplanung und Umsetzung 109 7.3.3.2 Organisationsstruktur 110 7.3.4 Infrastruktur 110 7.3.4.1 Verkehrsanbindung 110 7.3.4.2 Qualitätsbetriebe 111 7.3.4.3 Natur/Kulturdenkmäler 111 7.3.4.4 Wegeformat 111 7.3.5 Zertifizierung durch das Deutsche Wanderinstitut 111 7.3.6 Marketingbereich 113 7.3.6.1 Finanzierung 113 7.3.6.2 Budgetplan/Marketingplan 114 7.3.6.3 Wirtschaftliche Bedeutung 114 7.3.6.4 Internetauftritt 115 7.3.6.5 Veranstaltungen/Events 115 7.3.6.6 Auftritt auf Messen 115 7.3.7 Merchandising 116 7.3.7.1 Literatur und Karten 116 7.3.7.2 Zubehör 116 7.3.8 Erfolge 116 7.3.9 Neuerungen/Zukunft 117 7.3.10 Stärken und Schwächen des Saar- Hunsrück- Steigs 117 7.3.11 Zusammenfassung Saar- Hunsrück- Steig 119 8 Auswertung der Gästebefragungen 120 8.1 Herkunft der Gäste 120 8.2 Alter der Gäste 121 8.3 Geschlechterverhältnis 122 8.4 Anzahl der Wanderungen 122 8.5 Aufenthaltsdauer 123 7 8.6 Touristenart 124 Seite 8.7 Anreise 124 8.8 Anzahl der gewanderten Etappen 125 8.9 Wanderbegleitung 126 8.10 Informationsherkunft 126 8.11 Parkmöglichkeiten 127 8.12 Qualität 128 8.13 Medienpräsenz 129 8.14 Internetauftritt 130 8.15 Kooperation mit den umliegenden Betrieben und 130 deren Erreichbarkeit 8.16 Verbesserungsbedarf 131 9 Handlungsempfehlungen 138 10 Fazit 141 Literaturverzeichnis 141 Anhang 8 Abbildungsverzeichnis Seite Abb. 1: Durchschnittliche Wanderstrecke der deutschen Mittelgebirgswanderer 5 Abb. 2: Die bevorzugten Wanderwege der Deutschen 8 Abb. 3: Die Wandermotive der Deutschen 11 Abb. 4: Logo „Qualitätsweg Wanderbares Deutschland“ 11 Abb. 5: Logo „Deutsches Wandersiegel Premiumweg“ 17 Abb. 6: Die Tourismusintensität in den deutschen Bundesländern 18 Abb. 7: Die Entwicklung der Gästeankünfte und Übernachtungen in Rheinland- 19 Pfalz von 1990-2006 (Index, 1990= 100%) Abb. 8: Anteil der Gäste in rheinland- pfälzischen Beherbergungsbetrieben nach 24 Fremdenverkehrsgebieten im Jahr 2006 Abb. 9: Ankünfte und Übernachtungen in Nordrhein- Westfalen zwischen 25 1996 und 2004 (Index, 1996= 100%) Abb. 10: Anteil der Übernachtungen in Nordrhein- Westfalen nach Gebieten 2006 33 Abb. 11: Ankünfte und Übernachtungen von 1980 bis 2006 in Hessen 55 Abb. 12: Anteil der Übernachtungen in Hessen nach Reisegebieten 2006 65 Abb. 13: Die Entwicklung der Übernachtungen im Saarland von 1993-2004 73 Abb. 14: Anteil der Übernachtungen im Saarland im Sommerhalbjahr 2007 83 nach Kreisen Abb. 15: Der Naturpark Rothaargebirge Abb. 16: Das Mittelrheingebiet von Bonn bis Wiesbaden Abb. 17: Der Naturpark Saar- Hunsrück Abb. 18: Logo Rothaarsteig Abb. 19: Der Rothaarsteig Abb. 20: Logo Rheinsteig Abb. 21: Der Rheinsteig Abb. 22: Logo Saar- Hunsrück- Steig Abb. 23: Der Saar- Hunsrück- Steig Abb. 24: Herkunft der Wandergäste insgesamt nach Gebieten Abb. 25: Die Aufteilung aller befragten Gäste nach Altersgruppen Abb. 26: Geschlechterverhältnis der Wanderer auf allen Steigen zusammen Abb. 27: Die Anzahl der Wanderungen der Gäste auf den jeweiligen Steigen Abb. 28: Die Aufenthaltsdauer der Gäste im Bereich des jeweiligen Steiges 9 Abb. 29: Unterscheidung nach Individual- und Pauschaltouristen auf allen Steigen zusammen Abb. 30: Benutzte Verkehrsmittel für die Anreise zu dem jeweiligen Wanderweg Abb. 31: Die in der Regel von den Gästen gewanderte Etappenanzahl auf dem jeweiligen Steig Abb. 32: Die Wanderbegleitung der Gäste auf den drei Wanderwegen Abb. 33: Die Informationsherkunft der Gäste für den jeweiligen Steig Abb. 34: Die Bewertung der Parkmöglichkeiten rund um die Steige Abb. 35: Die Bewertung der Qualität der drei Steige Abb. 36: Die Bewertung der Medienpräsenz der drei Wanderwege Abb. 37: Die Bewertung der Internetauftritte der drei Steige Abb. 38: Die Bewertung der Kooperation der öffentlichen Stellen mit den umliegenden Betrieben und deren Erreichbarkeit Abb. 39: Der Verbesserungsbedarf bei den drei Wanderwegen Abb. 40: Die Gestaltungsparameter für die Planung eines Qualitätswanderweges 10 Tabellenverzeichnis Seite Tab. 1: Unterscheidungsmerkmale Wandern/Spazierengehen/Trekkingtour 5 Tab. 2: Anzahl der Wanderer in Deutschland 8 Tab. 3: Wanderer in Deutschland mit Hochschulabschluss 11 Tab. 4: Wandertypen 11 Tab. 5: Die Wandergestaltung der Deutschen 17 Tab. 6: Freizeitsportaktivitäten der Deutschen 18 Tab. 7: Abgrenzung des Wanderns nach Freizeit- und Urlaubsaktivität 19 Tab. 8: Die Kernkriterien eines „Qualitätswegs Wanderbares Deutschland“ 24 Tab. 9: Die Wahlkriterien eines „Qualitätswegs Wanderbares Deutschland“ 25 Tab. 10: Kriterien eines „Premiumwanderweges“ 33 Tab. 11: Stärken- Schwächen- Analyse des Rothaargebirges 55 Tab. 12: Stärken- Schwächen- Analyse des Mittelrheingebietes von Bonn 65 bis Wiesbaden Tab. 13: Stärken- Schwächen- Analyse des Saar- Hunsrück- Gebietes 73 Tab. 14: Budgetplan Rothaarsteig (Ausgaben) 83 Tab. 15: Budgetplan Rothaarsteig (Einnahmen) 83 Tab. 16: Der Marketingplan des Rothaarsteigs 2007 (Ausgaben) 84 Tab. 17: Der Marketingplan des Rothaarsteigs 2007 (Einnahmen) 84 Tab. 18: Zusammenfassung Rothaarsteig 91 Tab. 19: Daten zum Wegeformat des Rheinsteigs 97 Tab. 20: Die Punktzahlverteilung des Rheinsteigs nach Abschnitten 98 Tab. 21: Der Marketingplan des Rheinsteigs 2007 100 Tab. 22: Zusammenfassung Rheinsteig 105 Tab. 23: Die Punktzahlverteilung des Saar- Hunsrück- Steigs nach 112 Abschnitten (gerundet) Tab. 24: Der Marketingplan des Saar- Hunsrück- Steigs 2007 114 Tab. 25: Zusammenfassung Saar- Hunsrück- Steig 119 Tab. 26: Handlungsplan zur Errichtung eines Wanderweges 139 11 Abkürzungsverzeichnis Abb. Abbildung bzw. beziehungsweise ca. circa CMT Internationale Messe für Caravan, Motor, Touristik d.h. das heißt DGF Deutsche Gesellschaft für Freizeit DSFT Deutsches Seminar für Tourismus DTV Deutscher Tourismusverband DWI Deutsches Walking Institut dwif Deutsches Wirtschaftswissenschaftliches Institut für Fremdenverkehr e.V. an der Universität München etc. et cetera e.V. eingetragener Verein FFH- Gebiet Flora- Fauna- Habitat- Gebiet GPS Global Positioning System (Satellitengestütztes System zur weltweiten Positionsbestimmung) ITB Internationale Tourismusbörse Berlin km Kilometer m Meter Mio. Millionen NRW Nordrhein- Westfalen ÖPNV Öffentlicher Personennahverkehr PDA Personal Digital Assistance (Persönlicher Digitaler Assistent) Tab. Tabelle TKN Touristisches Kommunikationsnetz TMO TourNatur Wander- und Trekkingmesse in Düsseldorf u.a. unter anderem üNN über Normalnull v.a. vor allem VDGWV Verband Deutscher Gebirgs- und Wandervereine z.B. zum Beispiel 12 Anhangsverzeichnis Anhang 1: Fragebogen Rheinsteig Anhang 2: Fragebogen Rothaarsteig Anhang 3: Fragebogen Saar- Hunsrück- Steig 13 Anhang 1: Fragebogen Rheinsteig Fachbereich VI – Geografie/Geowissenschaften Guten Tag! Ich bin Student der Geografie an der Universität Trier und schreibe zurzeit meine Magisterarbeit über das Thema „die Vermarktung der Premiumwanderwege in Deutschland, ein Vergleich der Wanderwege Rothaar-, Rhein- und Saar- Hunsrück- Steig“. In diesem Zusammenhang ist Ihre persönliche Meinung besonders wichtig, da dadurch die Qualität der Wanderwege in Deutschland verbessert werden kann. Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie sich die Zeit nehmen würden, um mir einige Fragen zu beantworten. Ihre Angaben werden selbstverständlich vertraulich behandelt. Bitte einen Bogen immer nur von einer Person ausfüllen! 1. 2. 3. 4. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. Wo wohnen Sie? _______________□ keine Angabe Wie alt sind Sie? _______________□ keine Angabe Sind Sie □ männlich oder □ weiblich? Wie oft sind Sie auf dem Rheinsteig gewandert? □ 1. Mal □ einige Male □ öfter □ sehr oft □ keine Angabe Wie lange dauert Ihr Aufenthalt am Rheinsteig? □ 1 Tag □ 2-3 Tage □ 4 bis 7 Tage □ 8 Tage oder mehr □ keine Angabe Sind Sie □ Individualtourist oder □ Pauschaltourist? □ keine Angabe Wie erfolgt Ihre Anreise zum Steig (Mehrfachnennungen möglich)? □ Auto □ Bus □ Bahn □ zu Fuß/mit Rad □ Anderes____□ keine Angabe Wie viele Etappen des Rheinsteigs wandern Sie? ____□ keine Angabe Wie wandern Sie (Mehrfachnennungen möglich)? □ Alleine □ Familie/Freunde □ Gruppe □ keine Angabe Wie sind Sie auf den Steig aufmerksam geworden (Mehrfachnennungen möglich)? □ Freunde/Bekannte □ Internet □ Touristeninformation □ Prospekte □ Radio □ Presse □ Anderes: _____________________□ keine Angabe Wie beurteilen Sie die Parkmöglichkeiten um den Steig? □ sehr gut □ gut □ ausreichend □ mangelhaft □ keine Angabe Wie beurteilen Sie die Qualität des Steiges? □ sehr gut □ gut □ durchschnittlich □ mangelhaft □ keine Angabe Wie beurteilen Sie die Medienpräsenz des Steiges? □ sehr gut □ gut □ ausreichend □ mangelhaft □ keine Angabe Wie beurteilen Sie den Internetauftritt (www.rheinsteig.de)? □ sehr gut □ gut □ ausreichend □ mangelhaft □ keine Angabe Wie sehen Sie die Kooperation mit den umliegenden Betrieben und deren Erreichbarkeit? □ sehr gut □ gut □ ausreichend □ mangelhaft □ keine Angabe In welchen Bereichen sehen Sie Verbesserungsbedarf (Mehrfachnennungen möglich)? □ Attraktionen □ Beschaffung des Weges □ Wegeführung □ Informationen zum Steig □ umliegende Betriebe □ Internetauftritt □ Anderes: _____________________□ keine Angabe Können Sie Verbesserungsvorschläge für den Rheinsteig geben? ___________________________________________________________________ □ keine Angabe 14 Anhang 2: Fragebogen Rothaarsteig Fachbereich VI – Geografie/Geowissenschaften Guten Tag! Ich bin Student der Geografie an der Universität Trier und schreibe zurzeit meine Magisterarbeit über das Thema „die Vermarktung der Premiumwanderwege in Deutschland, ein Vergleich der Wanderwege Rothaar-, Rhein- und Saar- Hunsrück- Steig“. In diesem Zusammenhang ist Ihre persönliche Meinung besonders wichtig, da dadurch die Qualität der Wanderwege in Deutschland verbessert werden kann. Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie sich die Zeit nehmen würden, um mir einige Fragen zu beantworten. Ihre Angaben werden selbstverständlich vertraulich behandelt. Bitte einen Bogen immer nur von einer Person ausfüllen! 5. 6. 7. 8. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. Wo wohnen Sie? _______________□ keine Angabe Wie alt sind Sie? _______________□ keine Angabe Sind Sie □ männlich oder □ weiblich? Wie oft sind Sie auf dem Rothaarsteig gewandert? □ 1. Mal □ einige Male □ öfter □ sehr oft □ keine Angabe Wie lange dauert Ihr Aufenthalt am Rothaarsteig? □ 1 Tag □ 2-3 Tage □ 4 bis 7 Tage □ 8 Tage oder mehr □ keine Angabe Sind Sie □ Individualtourist oder □ Pauschaltourist? □ keine Angabe Wie erfolgt Ihre Anreise zum Steig (Mehrfachnennungen möglich)? □ Auto □ Bus □ Bahn □ zu Fuß/mit Rad □ Anderes____ □ keine Angabe Wie viele Etappen des Rothaarsteigs wandern Sie? __□ keine Angabe Wie wandern Sie (Mehrfachnennungen möglich)? □ Alleine □ Familie/Freunde □ Gruppe □ keine Angabe Wie sind Sie auf den Steig aufmerksam geworden (Mehrfachnennungen möglich)? □ Freunde/Bekannte □ Internet □ Touristeninformation □ Prospekte □ Radio □ Presse □ Anderes: _____________________□ keine Angabe Wie beurteilen Sie die Parkmöglichkeiten um den Steig? □ sehr gut □ gut □ ausreichend □ mangelhaft □ keine Angabe Wie beurteilen Sie die Qualität des Steiges? □ sehr gut □ gut □ durchschnittlich □ mangelhaft □ keine Angabe Wie beurteilen Sie die Medienpräsenz des Steiges? □ sehr gut □ gut □ ausreichend □ mangelhaft □ keine Angabe Wie beurteilen Sie den Internetauftritt (www.rothaarsteig.de)? □ sehr gut □ gut □ ausreichend □ mangelhaft □ keine Angabe Wie sehen Sie die Kooperation mit den umliegenden Betrieben und deren Erreichbarkeit? □ sehr gut □ gut □ ausreichend □ mangelhaft □ keine Angabe In welchen Bereichen sehen Sie Verbesserungsbedarf (Mehrfachnennungen möglich)? □ Attraktionen □ Beschaffung des Weges □ Wegeführung □ Informationen zum Steig □ umliegende Betriebe □ Internetauftritt □ Anderes: _____________________□ keine Angabe Können Sie Verbesserungsvorschläge für den Rothaarsteig geben? ___________________________________________________________________ □ keine Angabe 15 Anhang 3: Fragebogen Saar- Hunsrück- Steig Fachbereich VI – Geografie/Geowissenschaften Guten Tag! Ich bin Student der Geografie an der Universität Trier und schreibe zurzeit meine Magisterarbeit über das Thema „die Vermarktung der Premiumwanderwege in Deutschland, ein Vergleich der Wanderwege Rothaar-, Rhein- und Saar- Hunsrück- Steig“. In diesem Zusammenhang ist Ihre persönliche Meinung besonders wichtig, da dadurch die Qualität der Wanderwege in Deutschland verbessert werden kann. Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie sich die Zeit nehmen würden, um mir einige Fragen zu beantworten. Ihre Angaben werden selbstverständlich vertraulich behandelt. Bitte einen Bogen immer nur von einer Person ausfüllen! 1. 2. 3. 4. 5. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. Wo wohnen Sie? _______________□ keine Angabe Wie alt sind Sie? _______________□ keine Angabe Sind Sie □ männlich oder □ weiblich? Wie oft sind Sie auf dem Saar-Hunsrück-Steig gewandert? □ 1. Mal □ einige Male □ öfter □ sehr oft □ keine Angabe Wie lange dauert Ihr Aufenthalt am Saar-Hunsrück-Steig? □ 1 Tag □ 2-3 Tage □ 4 bis 7 Tage □ 8 Tage oder mehr □ keine Angabe Sind Sie □ Individualtourist oder □ Pauschaltourist? □ keine Angabe Wie erfolgt Ihre Anreise zum Steig (Mehrfachnennungen möglich)? □ Auto □ Bus □ Bahn □ zu Fuß/mit Rad □ Anderes____□ keine Angabe Wie viele Etappen des Saar-Hunsrück-Steigs wandern Sie? ________□ keine Angabe Wie wandern Sie (Mehrfachnennungen möglich)? □ Alleine □ Familie/Freunde □ Gruppe □ keine Angabe Wie sind Sie auf den Steig aufmerksam geworden (Mehrfachnennungen möglich)? □ Freunde/Bekannte □ Internet □ Touristeninformation □ Prospekte □ Radio □ Presse □ Anderes: _____________________□ keine Angabe Wie beurteilen Sie die Parkmöglichkeiten um den Steig? □ sehr gut □ gut □ ausreichend □ mangelhaft □ keine Angabe Wie beurteilen Sie die Qualität des Steiges? □ sehr gut □ gut □ durchschnittlich □ mangelhaft □ keine Angabe Wie beurteilen Sie die Medienpräsenz des Steiges? □ sehr gut □ gut □ ausreichend □ mangelhaft □ keine Angabe Wie beurteilen Sie den Internetauftritt (www.saar-hunsrück-steig.de)? □ sehr gut □ gut □ ausreichend □ mangelhaft □ keine Angabe Wie sehen Sie die Kooperation mit den umliegenden Betrieben und deren Erreichbarkeit? □ sehr gut □ gut □ ausreichend □ mangelhaft □ keine Angabe In welchen Bereichen sehen Sie Verbesserungsbedarf (Mehrfachnennungen möglich)? □ Attraktionen □ Beschaffung des Weges □ Wegeführung □ Informationen zum Steig □ umliegende Betriebe □ Internetauftritt □ Anderes: _____________________□ keine Angabe Können Sie Verbesserungsvorschläge für den Saar-Hunsrück-Steig geben? ___________________________________________________________________ □ keine Angabe 16 1 Einleitung In Deutschland ist Wandern seit jeher sehr populär. Die Länge aller in Deutschland markierten und von Wandervereinen betreuten Wanderwege betrug im Jahr 1999 ca. 190.000 Kilometer (vgl. BECKER 2000, S. 88). Diese Wanderwege ermöglichen laut Herrn Brämer vom Deutschen Wanderinstitut das größte Erholungskapital, das unser Land zu bieten hat. Diese Wanderlandschaft gehöre, unter Berücksichtigung der Kriterien der Landschaftspsychologie, zu den schönsten der Welt (vgl. BRÄMER 1998d, S. 3). Das Wandern hat in Deutschland auch eine lange Tradition. Die Ursprünge des „modernen“ Wanderns gehen bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts zurück. Durch die Entstehung der ersten Wandervereine wurde das Wandern organisiert und somit die Infrastruktur geschaffen, die es dem breiten Publikum ermöglichte, die heimische Natur zu erwandern (vgl. DTV 2003b, S. 4). Seit Mitte der 1990-er Jahre widerfährt dem Wandern, das bisher eher von älteren Bevölkerungsgruppen in Anspruch genommen wurde, eine regelrechte Renaissance: Rund 34 Millionen Bundesbürger schnüren in ihrer Freizeit die Wanderstiefel und begeben sich in die Natur, um dort Ruhe zu finden, den Stress des Alltags abzulegen, sich an der frischen Luft sportlich zu betätigen und die Natur sinnlich zu genießen. Dabei ist festzustellen, dass sich die Wanderer in Deutschland zu einer anspruchsvollen, reiseerfahrenen und zukunftsträchtigen Zielgruppe gewandelt haben. Es lässt sich auch ein deutlicher Trend hin zu jüngeren Jahrgängen und höheren Bildungsschichten erkennen. Dieser neue Wandertyp scheint folglich die ideale Zielgruppe des Deutschlandtourismus zu sein, jedoch gab es in der Vergangenheit in der touristischen Infrastruktur noch zu viele Mängel, um diesem Wanderpotential gerecht zu werden. Wanderer beschweren sich heute noch oft über undurchsichtige und fehlende Wegemarkierungen, Verkehrslärm und über zu lange asphaltierte und geschotterte Streckenabschnitte von Wanderwegen (vgl. SCHRÖDER und KUHNERT 2005, S.1 f.). Somit wurde eine Qualitätsoffensive zur Qualitätsbestimmung und verbesserung dringend erforderlich. Deshalb wurden in Deutschland zwei große Qualitätsbewertungsverfahren für Wanderwege eingeführt: Zum einen haben der Verband deutscher Gebirgs- und Wandervereine e.V. (kurz „Deutscher Wanderverband“) und der Deutsche Tourismusverband in Zusammenarbeit mit den „Projekt Partner Wandern“ von der Universität Marburg Qualitätskriterien herausgestellt, anhand derer Wanderwege und Unterkünfte zu einem „Qualitätsweg Wanderbares Deutschland“ bzw. zu einem „Qualitätsbetrieb Wanderbares Deutschland“ zertifiziert werden können. Zum anderen hat das Deutsche Wanderinstitut noch umfangreichere, detailliertere Gütekriterien erarbeitet, um einen Wanderweg als „Premiumweg“ klassifizieren zu können. Diese Kriterien sind im 17 „Deutschen Wandersiegel“ auf der Internetseite des Deutschen Wanderinstituts zusammengefasst und beschrieben. Durch diese Bewertungsverfahren sollen in den Bereichen Natur/Landschaft, Kultur/Zivilsation, Wegeinfrastruktur, wanderfreundliche Gastgeber und Vermarktung vorhandene Defizite beseitigt und Mindeststandards für potentiell touristisch vermarktbare Wanderstrecken festgelegt werden (vgl. DEUTSCHES WANDERINSTITUT 2008 und DEUTSCHER WANDERVERBAND 2008b). 1.1 Problemstellung und Zielsetzung Ziel der vorliegenden Magisterarbeit ist es, zuerst einen Überblick über das Wandern an sich zu schaffen, bevor der moderne Wanderer durchleuchtet und detailliert beschrieben wird. Danach folgt eine Einführung in das Thema „Qualität im Wandertourismus“. Dabei werden der Deutsche Wanderverband und das Deutsche Wanderinstitut vorgestellt, die mit ihren Gütekriterien neue Maßstäbe im deutschen Wandertourismus schaffen. Gleichzeitig sollen Stärken und Schwächen beider Projekte herausgestellt und miteinander verglichen werden und Beispiele für zertifizierte Wege nach beiden Verfahren gegeben werden. Der Schwerpunkt der Arbeit basiert auf einem Vergleich der Wanderwege Rhein-, Rothaar- und Saar- Hunsrück- Steig mit einer ausführlichen Stärken- Schwächen- Analyse der betreffenden Gebiete und einem Vergleich der unterschiedlichen Marketingaktivitäten. Dabei soll sowohl Kritik geübt als auch zukunftsfähige Handlungsempfehlungen herausgearbeitet werden. 1.2 Aufbau Nachdem im einleitenden Kapitel die Problemstellung umrissen sowie der Aufbau der Arbeit beschrieben wird, beschäftigt sich das 2. Kapitel mit dem Wandern selbst. Dabei wird zuerst das Wort Wandern definiert und vom Spazierengehen und Trekking abgegrenzt, bevor auf die geschichtliche und aktuelle Entwicklung des Wanderns eingegangen wird. Danach folgt eine Erläuterung der ökonomischen Bedeutung des Wanderns. Das 3. Kapitel bezieht sich auf das Profil des modernen Wanderers. Hier wird zuerst eine Charakterisierung des modernen Wanderers vorgenommen, darauf folgend werden demografische und sozioökonomische Faktoren, die verschiedenen Wandertypen, Gewohnheiten und Motive der Wanderer, Wanderziele, die Wanderbegleitung, die Orientierung im Gelände und die bevorzugten Wege der Wanderer dargestellt. Punkt 4 soll einen Einblick in die Qualitätsstrukturen des deutschen Wandertourismus geben. Dabei werden die Qualitätsbewertungsverfahren „Wanderbares Deutschland“ und „Deutsches Wandersiegel“ ausführlich beschrieben und erläutert. Zudem werden auch Beispiele für zertifizierte Wanderwege beider Verfahren aufgeführt. Das Kapitel 18 wird mit kritischen Anmerkungen des Verfassers zu beiden Verfahren abgeschlossen. Um die Wanderwege Rheinsteig, Rothaarsteig und Saar- Hunsrück- Steig vollständig untersuchen zu können, ist es wichtig die Tourismusstrukturen vor Ort zu kennen. Deshalb wird im 5. Kapitel das touristische Aufkommen in den betreffenden Bundesländern Rheinland- Pfalz, Nordrhein- Westfalen, Hessen und Saarland kurz beschrieben. Dabei wird auch auf die einzelnen Gebiete dieser Bundesländer eingegangen, die mit den drei Wanderwegen in Kontakt stehen. In Punkt 6 wird speziell auf die umliegenden Gebiete der einzelnen Wege eingegangen. Das sind beim Rothaarsteig der Naturpark Rothaargebirge, beim SaarHunsrück- Steig der Naturpark Saar- Hunsrück und beim Rheinsteig das Mittelrheintal zwischen Bonn und Wiesbaden. Dabei werden weitere Grundlagen wie geografische Gliederung, Geologie, Böden, Klima, Flora und Fauna, Kulturlandschaft und aktuelle Tendenzen der Gebiete im Tourismussektor dargelegt. Zum Schluss des Kapitels wird anhand einer Auflistung von positiven und negativen Eigenschaften der Gebiete in den Bereichen Tourismus, Landschaft/Umwelt, Mobilität/Siedlungs- und Sozialstruktur und Kultur eine Stärken- Schwächen- Analyse der jeweiligen Gebiete vorgenommen, um die Rahmenbedingungen für die jeweiligen Wanderwege kennen zu lernen. Bei den Stärken und Schwächen der Wanderwege im 7. Kapitel wird noch einmal Bezug genommen auf diese Analysen. Nach der Schilderung der Grundlagen der Gebiete folgt im 7. Kapitel der wesentliche Teil dieser Arbeit: Die Beschreibung der Wanderwege Rothaarsteig, Rheinsteig und Saar- Hunsrück- Steig. Hier werden auch die Philosophie, die Organisationsstrukturen, die Infrastruktur, das Merchandising, geplante Neuerungen und speziell der Marketingbereich der einzelnen Wege durchleuchtet. Letztendlich werden die Stärken und Schwächen der Wanderwege herausgefiltert und beschrieben. Der 8. Punkt soll anhand der Auswertung der Gästebefragungen im Rahmen dieser Magisterarbeit die gewonnenen Erkenntnisse unterstreichen bzw. sie widerlegen. Im Rahmen dieser Magisterarbeit wurden 50 Wanderer zu jedem Steig zu jeweils 16 Themen befragt. Im Punkt 9 werden alle gewonnen Erkenntnisse dann zu einer Handlungsempfehlung für die Planung von Wanderwegen zusammengeführt. Zum Abschluss der Magisterarbeit wird dann ein Fazit gezogen mit kritischen Anmerkungen zum Qualitätswandern und zu den einzelnen Steigen. 19 2 Wandern- Definition und Entwicklung 2.1 Begriffliche Abgrenzung Über Wandern wird in Deutschland momentan viel geredet, doch wie definiert man Wandern eigentlich? Nach Leser bezeichnet Wandern eine Fortbewegungsart, die vornehmlich in der Freizeit ausgeübt wird. Dies erfolgt „zum Zwecke der Erholung und Entspannung, des Naturgenusses, der körperlichen Ertüchtigung, aber auch der Landschaftsbeobachtung“ (LESER et al. 1998, S. 978 f.). Schemel und Erbguth bezeichnen das Wandern als „eine sportliche Disziplin ohne Wettkampfcharakter, bei der einzelne Personen oder Gruppen Wegstrecken zwischen 5 und 50 Kilometer pro Tag zurücklegen. Besonders beliebt sind Gebiete mit hohem Waldanteil und freien Tälern, mit Relief (Mittel- und Hochgebirge) und mit Gewässern (Bäche, Seen, Flussgebiete, Meeresküsten)“ (SCHEMEL/ERBGUTH 2000, S. 281). Dabei erstreckt sich das Wandern zu Fuß vom gemächlichen Spazierengehen über das zügige Walking bis hin zum Bergwandern, Schneeschuhwandern, Trekking oder Weitwandern (vgl. SCHEMEL/ ERBGUTH 2000, S. 281). Neben diesen speziellen Wanderbegriffen unterscheidet Heimann noch weitere Wanderbegriffe: Wasserwandern, Autowandern, Inlinewandern, Wandern zu Pferd und Radwandern. Zusammengefasst lässt sich sagen, dass das klassische Wandern lediglich per pedes und das Wandern im weiteren Sinn mit Hilfsmitteln durchgeführt wird (vgl. HEIMANN 2002, S. 5 f.). Diese Arbeit wird sich ausschließlich auf das Wandern zu Fuß beziehen. Da die Übergänge zwischen Spazierengehen und Wandern oft nicht ersichtlich sind, wird Im Folgenden eine Abgrenzung zwischen beiden Begriffen vorgenommen. Obwohl sich bis heute keine eindeutige definitorische Abgrenzung der beiden Begriffe herauskristallisiert hat, gibt es jedoch eindeutige Unterschiede. Der Spaziergänger braucht normalerweise für seine zeitlich und entfernungsmäßig kürzere Strecke, die nicht auf ein spezielles Ziel ausgerichtet ist, neben dem Regenschirm und dem Mantel keine besondere Ausrüstung. Er geht gemütlich am Liebsten über bequeme, befestigte Wege, die möglichst flach sind. Zwischendurch hält er des Öfteren inne, macht kurze Pausen und sieht sich in der Umgebung um. Demgegenüber benötigt der Wanderer in der Regel für seine vorzugsweise halbtägige, mehr als 5 Kilometer lange Tour eine der Witterung angepasste Bekleidung, Verpflegung sowie auch Orientierungshilfen. Er wandert mit einem zügigen, ausdauernden Tempo, mit nur wenigen Stehpausen, am Liebsten über schmale, naturbelassene Wege mit Höhenunterschieden. Im Gegensatz zum Spaziergänger bevorzugt der Wanderer seine Touren im Mittelgebirge zu absolvieren. Ein weiterer Unterschied liegt in den Aktionsradien, wobei der des Spaziergängers in Ortsnähe oder innerorts liegt. Dabei legt er großen Wert vor allem auf 20 Bänke, Blumenbeete, Cafes und Einkaufsmöglichkeiten. Der Wanderer bevorzugt ortsferne, naturnahe Wege durch Wälder und Felder, die gut ausgeschildert sein müssen. Außerdem legt er großen Wert auf Hütten und Einkehrmöglichkeiten (vgl. EBERLE 1976, S. 162 ff. und BRÄMER 1998e, S. 13 ff.). Tab. 1: Unterscheidungsmerkmale Wandern/Spazierengehen/Trekkingtour Dimension Spazieren Wandern Trekking Zeit 1-2 Stunden durchschnittlich halber mehrere Tage Tag Streckenlänge weniger als 5 km durchschnittlich etwa 13 hängt von Schwierigkeit km und Höhendifferenz ab, ca. 22 km im Schnitt Tempo gemütlich, ca. 2-3 km/h ausdauernd, moderat bis variiert nach zügig, ca. 5-7 km/h Schwierigkeitsgrad, sportlich ausdauernd Stehpausen viele wenige eingeplante Pausen Wege bequem, befestigt naturbelassen, pfadartig Naturbelassen Infrastruktur Bänke, Blumenbeete markierte Wege, nicht zwingend Fernziele, erforderlich Einkehrmöglichkeiten Vorbereitung keine Planung, Materialstudium intensive Vorbereitung und Planung, Materialstudium Ausrüstung Charakter Motive Alltagskleidung, Allwetter- bzw. Outdoor- Wanderausrüstung, meist evtl. Regenschirm und Kleidung, Zelt und Verpflegung, Mantel Gepäck, Verpflegung Notfallausrüstung Zeitvertreib an der „special interest“, Extremsportart frischen Luft, Zeitfüller Ausdauersport Beine vertreten, frische Naturerlebnis, Naturerlebnis, Luft schnappen körperliche körperliche Herausforderung Herausforderung, Entdeckerdrang, Abenteuerlust Aktionsraum/Landschaft überwiegend ortsnah, überwiegend ortsfern, überwiegend ortsfern, parkartig „Wald und Flur“ Wildnis Quelle: eigene Darstellung nach VDGWV/DTV 2002, S. 11 21 2.2 Historische Entwicklung des Wanderns Das Wandern stellt eine klassische Form des Reisens dar und kann als der antike Vorreiter des modernen Tourismus bezeichnet werden. Schon im Epos von Gilgamesch wird geschildert, wie die Menschen loszogen um Neues zu erfahren und zu entdecken. Das Wandern bleibt aber über viele Jahrhunderte eine rein „geschäftliche“ Angelegenheit. Die Menschen wandern aus beruflichen Gründen: Ritter, Mönche, Kaufleute, Handwerker und Studenten. Die Fußreise stellte für die unteren Schichten bis in das späte 18. Jahrhundert die einzige Fortbewegungsmöglichkeit auf größtenteils unbefestigten Strassen, ohne Wegweiser und Wanderkarten zu besitzen, dar (vgl. KASCHUBA 1991, S. 165ff.). Als ersten dokumentierten Wanderer in Freizeit kann man Francesco Petrarca nennen, der aus Italien stammt und 1336 mit seinem Bruder den Mont Ventoux (ca. 1900 m hoch) erklomm (vgl. POLLMANN 2003, S. 8). In den nächsten Jahrhunderten nach ihm wurden allerdings nur sehr wenige solcher Wanderungen aufgezeichnet. Erst im Zeitalter der Aufklärung, angestoßen durch Albrecht von Hallers Gedicht „Die Alpen“ (1729) und Jean- Jacques Rousseaus „Julie ou la Nouvelle Héloïse“ (1761), entstand eine neue Art der Naturbewunderung. Enorm viele aufklärerische Wanderer erkundeten im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts Europa zu Fuß und versuchten ihre dabei gewonnenen Erkenntnisse so objektiv wie möglich niederzuschreiben. Von großem Interesse war den Aufklärern dabei die soziale und politische Situation der von ihnen durchwanderten Orte. Im Anschluss an die Aufklärung wurde das Wandern durch die Romantik geprägt, in der auch das Bürgertum das Wandern entdeckte. Der Unterschied zu den Aufklärern bestand im Wegfall der Zuwendung nach der sozialen und politischen Situation hin zu der sinnlichen Landschaftsbetrachtung als Spiegel der eigenen Seele. Durch die Bewegung und die Einsamkeit in der Natur, versuchten die Romantiker auf ihr „inneres Ich“ zu stoßen (vgl. SCHNEIDER 1998, S. 33 und KASCHUBA 1991, S. 167f.). Im fortschrittlichen 19. Jahrhundert wurden weniger lange Strecken und Städte erwandert, da man sich bevorzugt mit Kutschen oder der neuen Eisenbahn zu den Ausgangspunkten in der Natur bringen ließ, wo man auf immer mehr vorgegebenen Strecken marschierte. Die Romantik ist auch beeinflusst vom wissenschaftlichen Erkenntnisinteresse der höheren Bildungsschichten. Die Erfahrungen der Reisen und Wanderungen wurden zunehmend in Tagebüchern festgehalten und später veröffentlicht (vgl. SCHNEIDER 1998, S. 33). Ab der Mitte des 19. Jahrhunderts folgte dann der Beginn der Institutionalisierung des Wanderns durch Wandervereine und Gebirgsvereine. Diese, in der Regel bürgerlichen und heimatverbundenen Vereine, bereiteten den Weg für die Erschließung der Natur durch Wanderwege, Karten, Schutzhütten, Aussichtstürme und Wegemarkierungen. Der 1864 22 gegründete Schwarzwaldverein war der erste Mittelgebirgsverein in Deutschland. 1883 wurde der Deutsche Wanderverband gegründet, der heute zusammen mit dem Deutschen Wanderinstitut die wichtigste Anlaufstelle in Deutschland sowohl für Hobbywanderer als auch für Wanderexperten ist. Etwa zur gleichen Zeit entstanden in Österreich und in der Schweiz die ersten Alpenvereine. Diese Wanderbewegungen sorgten letztendlich für eine weite Verbreitung der Freizeitaktivität Wandern in der gesamten Bevölkerung. Diese Entwicklung wurde in der Folgezeit durch den 1. Weltkrieg, die wirtschaftliche Krise gegen Ende der 1920er Jahre und den 2. Weltkrieg unterbrochen und die Arbeit der meisten Wandervereine wurde eingestellt (vgl. SCHNEIDER 1998, S. 34 und SITTIG 1998, S. 76). 1947 bzw. 1948 wurden dann die Wandervereine wieder zugelassen. Anfang der 1950er Jahre erschienen Neuauflagen von regionalen Wanderführern, die Wegemarkierung wurde intensiviert und die Jugendarbeit verstärkt. Seit Mitte der 1950er Jahre wurde der Naturschutzgedanke wichtigstes Anliegen der Wandervereine. Das Wandern wurde hauptsächlich von über 50jährigen Menschen ausgeübt. Der Altersschnitt bei den Wanderern lag noch bis in die 1980 Jahre bei 51 Jahren (vgl. SCHNEIDER 1998, S. 36). 2.3 Aktuelle Entwicklungen im Wandertourismus Nachdem das Interesse am Wandern in Deutschland über Jahre hinweg rückläufig war, ist seit Ende der 1990-er Jahre eine steigende Nachfrage zu verzeichnen. Durch den zunehmenden Stress im Alltag und die zunehmende Technisierung des Lebens sehnen sich die Menschen wieder mehr nach der Natur. Auffällig ist, dass sich das Wanderpublikum gewandelt hat. Es wandern verstärkt auch jüngere Menschen, mit hohen Bildungsabschlüssen und hohen Ansprüchen an die Qualität des Wanderns. Ein ganz wichtiges Merkmal der „neuen“ Wanderbewegung ist die starke Beteiligung gehobener Bildungsschichten, die gleichzeitig auch als Meinungsführer der Gesellschaft fungieren. Tatsächlich haben Prominente wie Hape Kerkeling und Manuel Andrack, die beide Bücher über das Wandern geschrieben haben, nachweislich einen großen Schub in Richtung Wandern gebracht. Wandern ist heute wieder „in“, wer was auf sich hält, ist schon auf einer großen Wandertour gewesen. Daraus lässt sich schließen, dass Wandern hier immer mehr zur Kernkompetenz wird, vor allem im Bereich der Mittelgebirge. Bezogen auf den Produktlebenszyklus kann in diesem Fall von einem „Relaunch“ gesprochen werden (vgl. NATIONALE STEUERUNGSGRUPPE RATHAUS MARBURG 2007, S. 24 und DEUTSCHES WANDERINSTITUT 2008). Durch den Wandel des Publikums erfolgte auch ein Wandel in der Wandernachfrage, die sich in den letzten Jahren sehr stark differenziert hat: Es erfolgte ein Wechsel von der homogenen, traditionellen 23 Nachfrage zu differenzierten Affinitätsgruppen mit spezifischen Anforderungen an das Angebot. Somit steigt das Anspruchsniveau bezüglich der Nachfrage zunehmend, sowohl hinsichtlich des natürlichen touristischen Angebots (z.B. Landschaft) wie auch hinsichtlich des abgeleiteten touristischen Angebots (z.B. Wege, Unterkunft) (vgl. NATIONALE STEUERUNGSGRUPPE RATHAUS MARBURG 2007, S. 24). All diese Veränderungen haben das Deutsche Wanderinstitut und den Deutschen Wanderverband dazu bewegt, Qualitätskriterien für Wanderwege und auch für Beherbergungsbetriebe zu entwickeln, um diesen Neuerungen und Anforderungen gerecht zu werden. Durch diese Qualitätsstandards soll dem Wanderer Qualität garantiert und das Wandern verschönert und vereinfacht werden. Näheres zu diesem Thema werde ich im Kapitel 4 dieser Magisterarbeit vorstellen. 2.4 Die ökonomische Bedeutung des Wanderns Nach Erhebungen des Deutschen Wanderinstituts ergibt sich, dass die Zahl der Wanderer seit den 1990er Jahren stetig und deutlich steigt. Mittlerweile wandern ca. 60% der deutschen Bevölkerung. Dabei sind etwa zwei Drittel der Wanderer Gelegenheitswanderer und etwa ein Drittel Aktivwanderer (vgl. BRÄMER 2005). Tab. 2: Anzahl der Wanderer in Deutschland 1995 2001 2004 Wanderer (in Mio.) 32 34 40 Wanderer (in Prozent) 50 53 60 Quelle: eigene Darstellung nach BRÄMER 2005 Wandern stellt statistisch gesehen eine der wichtigsten Freizeitbeschäftigungen der Deutschen dar, doch sind Wanderreisen in der Touristik immer noch unterrepräsentiert. Ein Problem der statistischen Erfassung der Wandertouristen ist, dass viele Wanderer ihre Reise auf eigene Faust organisieren und somit direkt im Hotel bzw. Gastbetrieb buchen oder eine „normale“ Pauschalreise buchen. Somit werden viele Wanderer nicht als Wandertouristen erfasst, sondern nur als Pauschaltouristen. Nur ein geringer Teil bucht eine organisierte Wanderreise und wird damit in der Statistik als Wandertourist berücksichtigt (vgl. JOSEFUS 1998, S. 55). Ein anderes Problem in der statistischen Erfassung besteht darin, dass Wanderwege nicht gebührenpflichtig sind und Tagesgäste meist zahlenmäßig nicht exakt erfassbar sind. Dies ist bei vielen anderen Freizeiteinrichtungen umgekehrt. Als Wanderer benötigt man zudem keine unbedingt erforderliche Ausrüstung, deren Verkaufszahlen Aufschluss über die 24 Marktsituation geben könnten (vgl. EUROPÄISCHE BEOBACHTUNGSSTELLE LEADER 2001, S. 10). Die Forschungsgruppe „Projektpartner Wandern“ aus Marburg hat in ihrer Kundenstudie aus dem Jahr 1998 ihre Schätzwerte um die finanziellen Größenordnungen bezüglich des Wanderers präzisiert. Demnach ist Wandern heutzutage keine „Billigsportart“ mehr: Die Studie zeigt, dass ein deutscher Wanderer pro gelaufenem Kilometer etwa 2,50 Euro ausgibt. Das ergibt einen jährlichen Gesamtumsatz von ca. 12 Milliarden Euro, wovon alleine 5 Milliarden Euro auf die Gastronomie und Hotellerie entfallen (vgl. VDGWV/ DTV2003b, S. 9). Darüber hinaus verzeichneten die Wanderspezialisten unter den Urlaubsgastgebern, Reiseveranstaltern und Outdoor- Ausstattern in den letzten Jahren permanente Zuwachsraten. Auf Touristikmessen und in den Medien ist Wandern wieder zu einem bedeutenden Thema geworden. Vom Wanderer, ob als Dauerurlauber oder Tagestourist, profitieren etliche Branchen: Gastronomie und Hotellerie, Einzelhandel, Dienstleister vor Ort, der ÖPNV und letztendlich auch die Finanzhaushalte der Kommunen (vgl. VDGWV / DTV2003b, S. 9f.). 25 3 Das Profil des modernen Wanderers 3.1 Charakterisierung des modernen Wanderers Laut Dr. Brämer vom Deutschen Wanderinstitut gibt es den „kilometerfressenden Wandertrupp“ praktisch nicht mehr (BRÄMER 2007a). Heutzutage wird zu zweit oder im informellen Freundeskreis gewandert und auch nur so viel und so lange, wie man Lust dazu hat. Es bestehen keinerlei Zwänge diesbezüglich. Das Tempo ist gemächlich, man macht gerne Pausen und kehrt in Gasthäuser ein. Eigentlich ist Wandern ein typischer WellnessSport geworden. Tatsächlich hat Wandern ähnliche Gesundheitseffekte wie Fitness- Sport, ohne dass man dazu jedes Mal einen „inneren Schweinehund“ überwinden muss. Der „Gesundheitskongress Wandern“, welcher im Oktober 2008 im Saarland stattfand, hat viele neue Erkenntnisse dazu ans Tageslicht gebracht (vgl. BRÄMER 2007a). 3.2 Demografische und sozioökonomische Faktoren Betrachtet man die Ergebnisse der einzelnen Umfragen und Studien des Deutschen Wanderinstituts und von Leder, so kann man die Aussage treffen, dass der Altersschwerpunkt des Wanderpublikums zwischen 40 und 70 Jahren liegt. Die Ergebnisse der einzelnen Umfragen differenzieren sich allerdings in dieser Altersspanne. So kommt Leder nach ihren Untersuchungen zu der Aussage, dass der typische Wanderreisende in der Regel 50 Jahre oder älter ist (vgl. LEDER 2002, S. 150). Jedoch lässt sich ebenso ein Trend zu immer jüngeren Wanderern erkennen. Der Anteil der 20-40jährigen unter den Wanderern erhöhte sich in kurzer Zeit von einem Viertel zu einem Drittel. Dementsprechend sank auch das Durchschnittsalter von 51 auf 46 Jahre, was in etwa dem Durchschnittsalter der Gesamtbevölkerung entspricht (vgl. VDGWV/DTV 2003b, S. 7.) Differenziert man weiter nach nicht vereinsgebundenen und vereinsgebundenen Wanderern, so zeigen sich bezüglich der Altersstruktur leichte Verschiebungen. So dominiert bei den vereinsgebundenen Wanderern die Altersgruppe der über 60jährigen (vgl. LEDER 2003, S. 328). Hinsichtlich der Geschlechter herrscht ein ausgewogenes Verhältnis. Beide Geschlechter haben in etwa einen 50%-igen Anteil am Wanderpublikum (vgl. EUROPÄISCHE BEOBACHTUNGSSTELLE LEADER 2001, S. 9). Laut Herrn Dr. Brämer haben Frauen eine stärkere Affinität zur Natur und gestalten Wandern weniger als sportlichen Wettkampf. Hinzu kommt, so Brämer, dass Wandern auch „besonders kommunikativ“ sei (BRÄMER 2007a). Tatsächlich haben Frauen bei den Wanderern mittlerweile gleichgezogen, in den jüngeren Jahrgängen haben sie statistisch sogar die Oberhand. Immer öfter sieht man auf den Wanderstrecken reine Frauengruppen, was früher fast nicht denkbar war (vgl. BRÄMER 2007a). Für Spaziergänger 26 weisen die Statistiken ein relatives Übergewicht an Volks- bzw. Hauptschulabsolventen aus, während Wanderer durch einen erhöhten und in der letzten Zeit stetig steigenden Anteil an Abiturienten und Hochschulabsolventen auffallen. Jener liegt mittlerweile bei 54%, was doppelt so viele sind wie im Bevölkerungsdurchschnitt. Prognosen zufolge wird dieser Trend leicht abgeschwächt weiter anhalten (vgl. THÜRINGER TOURISMUS GMBH 2008). Tab. 3: Wanderer in Deutschland mit Hochschulabschluss 2000 2003 2005 25 % 34 % 41 % Quelle: eigene Darstellung nach BRÄMER 2007b 3.3 Wandertypen Grenzt man den Wanderer nach Wandermotiven ab, lässt sich zwischen Pilger-, Genuss-, Extrem- und Bildungswanderer unterscheiden: Tab. 4: Wandertypen Pilgerwanderer Genusswanderer Extremwanderer Motiv Begleitung Alter Unterkunftsart Sinnsuche alleine, mittlere und vor schlichte kleine Gruppe allem ältere Unterkunft, Altersklassen Mindestkomfort Partner, mittlere und gehobene meist ohne Kinder ältere Unterkunft und Altersklassen Gastronomie Genuss Überwindung alleine, jüngere bis wenn überhaupt eigener Grenzen Gruppe mittlere sehr schlichte Altersklassen, Unterkünfte meist männlich Bildungswanderer Bildung Partner, mittlere und gehobenes Niveau, teilweise mit Kinder, ältere kulturelles Angebot ältere Alleinstehende Altersklassen in Gruppe Quelle: eigene Darstellung nach NATIONALE STEUERUNGSGRUPPE RATHAUS MARBURG 2007, S. 27 Pilgerwanderer wollen beim Wandern nach sinnlichen Eindrücken suchen und in sich kehren. Sie wandern alleine oder in kleinen Gruppen mit Gleichgesinnten. Die Pilgerwanderer setzen 27 sich aus mittleren und vor allem älteren Altersklassen zusammen. Sie bevorzugen schlichte Unterkünfte, erwarten aber trotzdem einen gewissen Mindestkomfort. Genusswanderer suchen den Genuss in jeder Hinsicht, sei es auf die Landschaft, die Ruhe oder das Essen und Trinken bezogen. Das Wandern wird am liebsten mit dem Partner zusammen ausgeübt, wobei Genusswanderer nur sehr selten Kinder dabeihaben. Sie bevorzugen gehobene Unterkünfte und eine gehobene Gastronomie. Oft buchen sie zusätzliche Angebote zum körperlichen Wohlbefinden (Wellnessangebote). Extremwanderer suchen die Grenzen ihres Körpers und Geistes, das Wandern soll im Nachhinein als besonderes Erlebnis in Erinnerung bleiben. Häufig werden solche Wanderungen innerhalb von Gruppen ausgeführt, wobei trotzdem der Wanderer eine gewisse Individualität beibehält. Extremwanderungen werden aber auch oft alleine durchgeführt. Hier dominieren aufgrund der hohen Belastung eindeutig die jüngeren und mittleren Altersklassen, wobei Extremwanderer meistens männlich sind. Wenn sie überhaupt einkehren, stellen sie kaum Ansprüche an die Unterkunft oder die Gastronomie. Der Sport steht absolut im Vordergrund, sonstige Aktivitäten sind sehr begrenzt. Für den Bildungswanderer spielt Bildung eine zentrale Rolle im Leben. Zum einen sind es Paare, die teilweise Kindern dabeihaben, die Bildungsreisen unternehmen und zum anderen sind es auch ältere, allein stehende Menschen, die in Gruppen organisiert, auf Bildungsreisen gehen (vgl. NATIONALE STEUERUNGSGRUPPE RATHAUS MARBURG 2007, S. 27). 3.4 Gewohnheiten und Motive 3.4.1 Wandergewohnheiten Im Rahmen der Profilstudien Wandern fand BRÄMER heraus, dass Deutschlands Mittelgebirgswanderer im Schnitt 3,8 Stunden unterwegs sind und dabei ca. 13,1 Kilometer zurücklegen (vgl. 1998b, S. 13). Die Abbildung 1 zeigt deutlich die Dominanz der 6 bis 10 Kilometer und 11 bis 15 Kilometer Distanzen: Abb. 1: Durchschnittliche Wanderstrecke der deutschen Mittelgebirgswanderer 35% 40% 30% 30% 20% 21% Reihe1 10% 5% 10% 0% 1-5 km 6-10 km 11-15 km 16-20 km mehr als 20 km Quelle: eigene Darstellung nach BRÄMER 1998b, S. 12 28 Nach den Angaben von BRÄMER werden die klassischen Mehrtagestouren von nicht mehr als 15% der Wanderer unternommen. Rund die Hälfte der Wanderer bevorzugt Halbtagestouren, etwa ein Drittel Ganztagestouren. Die Wanderer buchen ihre Reise in den meisten Fällen auf eigene Faust und gelten daher in der Regel als Individualtouristen (vgl. MUTTER 1999, S. 11). 3.4.2 Bevorzugte Wege Im Rahmen der Profilstudie Wandern aus dem Jahr 1998 wurde der Frage nachgegangen, welchen Wegetypus die Wanderer bevorzugen: Dabei haben die Projektpartner Marburg folgende Ergebnisse erzielt: Abb. 2: Die bevorzugten Wanderwege der Deutschen 90% markierte Wanderw ege aussichtsreiche Kammw ege 80% naturnahe Erd- und Grasw ege 70% schmale Wald- und Wiesenpfade einsame Wege abseits von Ortschaften 60% bequeme Wege ohne Steigungen Naturlehrpfade 50% Fernw anderw ege 40% kürzere Wanderw ege in Ortsnähe steile Wege, Bergpfade 30% kurze Rundw ege um die Unterkunft ohne Wegspur, querfeldein 20% Spazierw ege innerhalb des Ortes 10% Einkaufstrassen, Fußgängerzonen asphaltierte, w asserfeste Wege 0% 1 Quelle: eigene Darstellung nach BRÄMER 1998b, S. 25 Auffällig ist hierbei, dass vor allem markierte und gut beschilderte Wanderwege in der Gunst der Wanderer ganz vorne stehen, gefolgt von Wegen, die viele und schöne Aussichten bieten 29 und auf natürlichem Untergrund verlaufen. Sehr wichtig ist den Wanderern auch, dass die Wege möglichst schmal sind, also einen hohen Pfadanteil besitzen. Am meisten stören Wanderer asphaltierte Wege bzw. Strassen, aber auch innerorts oder einfach querfeldein wandert man nicht gerne. 3.4.3 Motive Abb. 3: Die Wandermotive der Deutschen Frische Luft 100% Schöne Landschaft Stille der Natur 90% Unbekannte Landschaften Unberührte Natur 80% Schöne Aussichten 70% Abstand Alltagsstress Gefühl von Freiheit 60% Neue Kräfte für Beruf Selbstfindung, Nachdenken 50% Bewegungsfreude/Körpergefühl Gesundheit/Fitness 40% Sportliche Leistung Kulinarische Köstlichkeiten 30% Land und Leute 20% Wissenswertes über Natur Kulturelle Sehenswürdigkeiten 10% Abenteuer in der Fremde Gemeinsam mit Freunden 0% In Ruhe reden 1 Große Gemeinschaft Quelle: eigene Darstellung nach BRÄMER 2002 Es dominieren eindeutig die natur- und landschaftsbezogenen Motive. Dabei stellt der Naturgenuss das Kernmotiv dar. Die Erholung in einer intakten Natur, in der man frische Luft atmen und die Stille der Natur genießen kann, steht als Gegenpol zum Alltags- und Berufsstress und der Reizüberflutung durch die moderne Informations- und Leistungsgesellschaft. Psychologen haben herausgefunden, dass man seine immer häufigeren Stressgefühle am Schnellsten in der Natur abbauen kann. Wichtig für die Wanderer sind ebenso der gesundheitliche Aspekt und das körperliche Wohlbefinden. Motive wie „kulturelle Sehenswürdigkeiten besuchen“ oder „kulinarische Köstlichkeiten zu sich nehmen“ sind eher zweitrangig (vgl. BRÄMER 2002). 30 3.5 Wanderziele Für rund zwei Drittel der Wanderer sind Gipfel und Aussichten mit Abstand das bevorzugte Ziel einer Wanderung. Das macht deutlich, dass Wanderungen durch Monokulturen oder dichte Wälder eher unattraktiv sind. An zweiter Stelle folgen Gewässer (z.B. Flüsse, Seen oder Bäche). Zudem wird gerne die unberührte, stille Natur, wie sie in Naturschutzgebieten vorzufinden ist, aufgesucht. An der Spitze der beliebtesten, weniger naturgebundenen Ziele, stehen mit fast der Hälfte der Nennungen Burgen und Schlösser. Deutlich abgeschlagen in der Gunst der Wanderer liegen Ortskerne und Museen, die nur 23% bzw. 10% der Nennungen aufweisen können. Hier zeigt sich eine eindeutige Korrelation zwischen Wandermotiven und Wanderzielen. Die Vorlieben der Wanderer frische Luft zu schnappen, zu entspannen und etwas für die Gesundheit zu tun führen letztendlich dazu, dass sich der moderne Wanderer vor allem dem Natur- und Landschaftserlebnis widmet. Dies tut er, indem er anspruchsvolle Strecken wandert, die an Gipfeln, Aussichten und Gewässern vorbeilaufen. Dabei werden kulturelle Sehenswürdigkeiten nur von peripherem Interesse (vgl. BRÄMER 1998b, S. 16 und MUTTER 1999, S. 157). 3.6 Wanderbegleitung Im Rahmen einer Umfrage von BRÄMER im Jahr 1998 wurde nach der bevorzugten Wanderbegleitung gefragt. Auf die Frage „mit wem wandern Sie am Liebsten?“ nannten nur 13% das Wandern in einer geführten Wandergruppe als ihre Vorliebe und 19% sprachen sich für Wandern im Verein aus. Der Partner ist mit 57% der bevorzugte Begleiter des Wanderers, gefolgt von den Freunden mit 47% und der Familie mit 35%. Ein Einzelgänger ist der Wanderer sicherlich nicht, denn nur 8% möchten ohne Begleitung Wandern (vgl. BRÄMER 1998, S. 18). 3.7 Beschilderung, Orientierung im Gelände Wie Mutter in seiner Umfrage herausfinden konnte, ist der Großteil der Wanderer lieber auf eigene Faust unterwegs. Aus diesem Grund kommt der Markierung eine wichtige Bedeutung zu, wenn man davon ausgeht, dass nur ca. 8% der Wanderer mit einer Wanderkarte unterwegs sind bzw. überhaupt richtig Kartenlesen können. Die Bereitschaft sich einer geführten Wanderung anzuschließen, ist jedoch mit 32% nicht unerheblich (vgl. MUTTER 1999, S. 157). Nach den Ergebnissen der Profilstudie 1998 nach BRÄMER kommt der direkten Richtungsweisung vor Ort durch Wegweiser und Markierung die größte Bedeutung zu, dicht 31 gefolgt von grafischen Darstellungen in Form von Wanderkarten und Orientierungstafeln (vgl. BRÄMER 1998b, S. 19). 3.8 Wandergestaltung Bei einer Umfrage des Deutschen Wanderinstituts nach der Wandergestaltung kam folgendes Ergebnis heraus: Tab. 5: Die Wandergestaltung der Deutschen Beginn % möglichst früh 30 Vormittags 59 Nachmittags 11 Tempo Gemächlich 10 Mittel 62 Zügig 28 Pausen Keine 4 eher wenige 75 lieber mehr 21 Einkehr während der Tour 66 am Ende der Tour 39 überhaupt nicht 5 Quelle: eigene Darstellung nach BRÄMER 1998b, S. 17 Wie Tabelle 5 zeigt, bricht die Mehrzahl der Wanderer im Laufe des Vormittags nach einem ausgiebigen Frühstück gestärkt auf. Dabei wird ein mittleres Tempo angeschlagen und Pausen werden nur wenige eingelegt. Auf ungefähr halber Strecke kehrt der Wanderer dann in ein Lokal bzw. Gasthaus ein. Im Hinblick auf die Minderheitenvoten kommt eindeutig der klassische Wandertyp zum Vorschein: Er zieht am liebsten schon am frühen Morgen los, legt seine Wanderstrecken ohne Pause in einem zügigen Tempo zurück und belohnt sich erst am Ende seiner Tour mit der Einkehr in ein Gasthaus. Bei der Gegenüberstellung wird deutlich, dass sich der moderne Wandergast im Gegensatz zum klassischen Wanderer in seinen Wandergewohnheiten eher an seinem körperlichen Wohlbefinden orientiert als an einer Herausforderung des Natur- und Bewegungserlebnisses. Nicht mehr die Leistung steht im 32 Vordergrund, sondern der Wellness- Gedanke. Der klassische Wanderer scheint heutzutage nur noch ein „Auslaufmodell“ zu sein (vgl. POLENZ 2000, S. 31 und BRÄMER 1998b, S. 17). 3.9 Wandern als Urlaubs- und Freizeitaktivität Das Freizeit- und Urlaubsverhalten der Deutschen wird nachhaltig geprägt von gesellschaftlichen Entwicklungen und Erscheinungen, die sozusagen die Rahmenbedingungen vorgeben. Wichtig für die Entwicklung von Freizeit und Urlaub in der Vergangenheit bis heute waren vor allem Veränderungen hinsichtlich der wöchentlichen Arbeitszeit. In den 1950er Jahren zum Beispiel betrug die wöchentliche Arbeitszeit noch 48 Stunden, heute hingegen liegt sie bei 37,5 Stunden. „Inzwischen steht der deutschen Bevölkerung, ohne den Urlaub zu zählen, im Durchschnitt bereits deutlich mehr Freizeit zur Verfügung, als Zeit auf die Erwerbstätigkeit verwendet werden muss“ (BECKER 2000, S. 12). Mit der Abnahme der Arbeitszeit stieg auch die Anzahl der bezahlten Urlaubstage, und zwar von 12 Urlaubstagen im Jahr 1950 auf 29,5 Tage im Jahr 1997 (vgl. BECKER 2000, S. 12). Die neu gewonnene Freizeit entwickelte sich in zunehmendem Maße von einer überwiegend reinen Erholungsund Konsumzeit zur kreativen Eigenzeit, zur Tätigkeits- und Bildungszeit (vgl. GRUNER UND JAHR 2003, S. 2). Im nächsten Schritt interessiert es vor allem, inwieweit die Deutschen der Aktivität Wandern in ihrer Freizeit und im Urlaub nachkommen. Es gibt viele unterschiedliche Studien über die Freizeit- und Urlaubsaktivitäten der Deutschen. Die verschiedenen Untersuchungen verfolgen dabei jeweils eigene Ansätze. Darum ist es in diesem Fall schwierig pauschale, vergleichende Aussagen herauszustellen. Nach einer Studie der Allensbacher Werbeträger Analyse im Jahr 2002 hinsichtlich der beliebtesten Freizeitsportaktivitäten der Deutschen, liegt Wandern, hinter dem Schwimmen, auf dem zweiten Platz (vgl. GRUNER UND JAHR 2003, S. 7). 33 Tab. 6: Freizeitsportaktivitäten der Deutschen (Ausübung in %) Schwimmen 76.6 Volleyball 13,4 Wandern 53,9 Ski-Abfahrtslauf 12,9 Turnen, Gymnastik 30,2 Bergsteigen 12,8 Minigolf 25,8 Ski-Langlauf 11,8 Jogging, Wald- bzw. Geländelauf 24,9 Tennis 10,2 Sportliches Radfahren 23,7 Leichtathletik 10,1 Tischtennis 22,0 Squash 8,6 Fitness 20,1 Angeln 8,2 Mountainbiken 18,3 Basketball 7,0 Fußball 16,9 Segeln 5,2 Inlineskaten 15,1 Motorboot fahren 5,1 Badminton 14,8 Reiten 5,0 Quelle: eigene Darstellung nach GRUNER UND JAHR 2003, S. 7 Umfragen hinsichtlich der Aktivitäten, die während der Urlaubsreise ausgeübt werden, ergaben, dass das Wandern bzw. Spazierengehen sowohl bei Reisen innerhalb Deutschlands als auch im Ausland als Urlaubsaktivität dominiert (vgl. BECKER 2000a, S. 14). Die Umfrage stammt aus dem Jahr 1998 und bezieht sich auf Urlaubsreisen ab fünf Tagen. Brämer fand heraus, dass zwei Drittel der Binnentouristen und sogar drei Viertel der Mittelgebirgsurlauber während ihres Ausflugs wandern (BRÄMER 2001, S. 6). Diese Untersuchungen belegen, dass Wandern zu den wichtigsten und am regelmäßigsten ausgeführten Freizeitaktivitäten der Deutschen gilt. Vor allem als Urlaubsaktivität hat Wandern eine besondere Stellung, denn diesbezüglich dominiert Wandern deutlich vor allen anderen Aktivitäten. Ein Problem vieler Studien zeigt sich allerdings durch die Zusammenlegung der beiden Aktivitäten Spazierengehen und Wandern. Um Aussagen bezüglich des Wandertourismus treffen und Ergebnisse ableiten zu können, ist es wichtig, dass zwischen diesen beiden Aktivitäten differenziert wird. Fasst man beide Begriffe in den Umfragen zu einer Kategorie zusammen, kommt es zur Vermischung der jeweiligen Anteile. Wie die prozentuale Verteilung aber in der Realität aussieht, bleibt unaufgeklärt. Es ist zu erwarten, dass der Anteil der Bevölkerung, der spazieren geht größer sein wird, als der Anteil der Bevölkerung, der wandert. Vor allem für künftige Handlungsempfehlungen für den Tourismus ist es wichtig zwischen diesen beiden Gruppen zu unterscheiden, damit es nicht zu Missinterpretationen der erforschten Daten kommt. 34 Unterscheidet man zwischen Wandern als Freizeitaktivität und Wandern als Urlaubsaktivität, zeigen sich deutliche Unterschiede, was auch Konsequenzen für die jeweiligen Vermarktungsstrategien hat: Tab. 7: Abgrenzung des Wanderns nach Freizeit- und Urlaubsaktivität zentrale Kennzeichen Freizeitaktivität Urlaubsaktivität ►wohnortnah (max. ca. 1 h Fahrzeit) ►wohnortfern ►häufigere Ausübung (mehrmals ►Ausübung eher selten (in der Regel jährlich- wöchentlich) ►geringe Tagesausgaben (keine Übernachtungsausgaben) ►durchschnittliche Länge der Wanderungen: ca. 8-12 km (Halbtageswanderung) ►Anteil Streckenwanderungen: 25%, 1-3 mal pro Jahr) ►relativ hohe Tagesausgaben (v.a. Übernachtung) ►Länge der Wanderungen abhängig von Dauer des Urlaubs ►Anteil Streckenwanderungen: 10%, Rundwanderungen: 90% Rundwanderungen: 75% zentrale Anforderung ►Parkplätze und Einstiegspunkte ►Wegeführung mit Einkehrmöglichkeiten am Mittag (Angebot erzeugt ►buchbare Pauschal- und Bausteinangebote ►ausreichende Vielfalt an Nachfrage, dadurch Erhöhung der touristischen Aktivangeboten und regionalwirtschaftlichen Effekte) und Attraktionen für einen ►orientierungssichere Beschilderung ►mittleres Erholungsniveau mehrtägigen Aufenthalt ►hohes Erholungsniveau und hohe Erlebnisqualität ↓ Konsequenzen im Marketingbereich ►Marketingaktivitäten hauptsächlich im, lokalen Umfeld (weniger als 1 h Fahrzeit zum entsprechenden Abschnitt) ►Schaffung bzw. Einbindung von Anlässen (z.B. Veranstaltungen, Feste) ↓ ►Marketingaktivitäten hauptsächlich in den nationalen Märkten ►Pflichtaufgabe: Sicherstellung der Wahrnehmbarkeit (Konkurrenz zu etlichen Destinationen) ►vollständige touristische Leistungskette anbieten Quelle: eigene Darstellung nach NATIONALE STEUERUNGSGRUPPE MARBURG 2007, S. 22 Demnach sollten die Aktivitäten im Marketingbereich sorgfältig nach Urlaubs- und Freizeitwanderer getrennt werden, denn sie bedürfen unterschiedlicher Marketingansätze. Beim Spazierengehen sind die Marketingaktivitäten hauptsächlich im lokalen Umfeld 35 anzusetzen. Dort sollten Anlässe wie Veranstaltungen und Feste generiert bzw. eingebunden werden. Beim Wandern sollten sich die Marketingaktivitäten vorwiegend auf die nationalen Märkte konzentrieren. Dabei ist es entscheidend von Anfang an eine möglichst große Wahrnehmung des Wanderweges zu erzeugen, da es eine große Konkurrenz mit anderen Destinationen auf dem Wandermarkt gibt. Hier hat zum Beispiel der später vorgestellte Rheinsteig große Vorteile, da er wegen der Bekanntheit des Rheines und des Weltkulturerbes leicht bekannt gemacht werden konnte. Des Weiteren ist es unabdingbar eine vollständige touristische Leistungskette zu erstellen und anzubieten (vgl. NATIONALE STEUERUNGSGRUPPE MARBURG 2007, S. 22). 36 4 Qualität im Wandersektor 4.1 Einleitung Um das Wandern noch attraktiver zu gestalten und auf den modernen Wanderer abzustimmen, wurden in Deutschland Gütekriterien für Wanderwege festgelegt. Nur ein möglichst kleiner Teil des Wegs darf neben befahrenen Strassen verlaufen, die überwiegende Strecke jedoch soll auf Naturwegen, die am Besten Pfadcharakter aufweisen, verlaufen. Optimalerweise eignen sich Teile der Strecke sogar zum Barfußwandern. Naturschönheiten, Wechsel der Landschaftsformationen, großzügige Ausblicke und Sehenswürdigkeiten tragen zur Attraktivität der Wanderwege bei. Darüber hinaus ist es wichtig, dass der Weg gut markiert und ausgeschildert ist und der Wanderer einen guten Service vor Ort vorfindet. Um die Eignung der Wanderwege bezüglich der gestiegenen Erwartungshaltung des Wanderpublikums zu testen, hat das Deutsche Wanderinstitut e.V. das „Deutsche Wandersiegel“ entwickelt. Ähnlich arbeitet das Gütesiegel „Qualitätsweg Wanderbares Deutschland“, das vom Deutschen Wanderverband erstellt wurde. Bei beiden Verfahren wird ein Wanderweg nach Kernkriterien und Wahlkriterien analysiert (vgl. DEUTSCHER WANDERVERBAND 2008b): 4.2 Das Projekt „Wanderbares Deutschland“ Abb. 4: Logo „Qualitätsweg Wanderbares Deutschland“ Quelle: DEUTSCHER WANDERVERBAND 2008 37 4.2.1 Der Deutsche Wanderverband Der Deutsche Wanderverband wurde 1883 in Fulda unter dem Namen „Verband Deutscher Gebirgs- und Wandervereine e. V.“ gegründet. Er ist der Dachverband aller Wandervereine in Deutschland. Mittlerweile findet man ihn unter dem Namen „Deutscher Wanderverband“. Etwa 600.000 Wanderer sind im Deutschen Wanderverband eingetragen. Bundesweit gliedern sich die Mitglieder auf 55 regionale Wandervereine auf, die sich ihrerseits in ca. 3.100 Ortsgruppen aufteilen. Die wichtigste Veranstaltung des Verbandes ist der jährlich stattfindende „Deutsche Wandertag“, der schon seit über einem Jahrhundert jährlich im Sommer in den verschiedenen deutschen Mittelgebirgsregionen ausgetragen wird. Den Vorsitz der Organisation hat seit 1993 Karl Schneider inne. Der Deutsche Wanderverband ist zudem Gründungsmitglied der „Europäischen Wandervereinigung“. Zu den Satzungsaufgaben gehören neben der Wegearbeit und der Pflege des Wanderns auch Naturschutz-, Jugend-, Familien- und Kulturarbeit (vgl. DEUTSCHER WANDERVERBAND 2008a). 4.2.2 Vorstellung des Projektes Auf der Internationalen Tourismusbörse (ITB) 2003 in Berlin haben der Deutsche Tourismusverband und der Deutsche Wanderverband ihr gemeinsames Projekt „Wanderbares Deutschland“ präsentiert. Das Prädikat „Qualitätsweg Wanderbares Deutschland“ legt deutschlandweite Standards für Qualitätswege, Qualitätsbetriebe und Qualitätsprospekte fest. Projektziele sind dabei vor allem: ►Abbau von Informationsdefiziten bei Entscheidungsträgern auf Politik- und Planungsebene ►Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen Tourismus- und Wanderverantwortlichen ►Steigerung der Qualität der angebotenen Wanderprodukte ►gebündelte Darstellung und Vermarktung des deutschen Wanderpotentials, auch im Internet (vgl. VDGWV und DTV 2002a, S. 4). Ein Qualitätsweg wird anhand von 9 Kernkriterien und 23 Wahlkriterien (siehe 4.2.3.1 und 4.2.3.2) zertifiziert, die in fünf Bereiche unterteilt sind: ►Wegeformat (Wegführung, Belag, Breite) ►Wanderleitsystem (Wegweisung, Markierung) ►Natur/Landschaft (Naturattraktionen, Landschaftsformationen) 38 ►Kultur (Regionale Sehenswürdigkeiten, Baudenkmäler) ►Zivilisation (Gasthäuser, ÖPNV, Parkplätze, Umfeld) (vgl. DEUTSCHER WANDERVERBAND 2008a). Diese fünf Themenbereiche untergliedern sich jeweils wieder in fünf bzw. in sechs Detailkriterien, die das Wanderlebnis positiv oder negativ beeinflussen. Insgesamt besteht das Bewertungssystem „Qualitätsweg Wanderbares Deutschland“ somit aus 22 Detailkriterien. Damit werden die negativen Einflüsse, wie z.B. Verbunddecken, eingegrenzt und die positiven Einflüsse, wie z.B. naturbelassene Wege verstärkt (vgl. VDGWV und DTV 2002c, S. 14). In Tabelle 8 werden die einzelnen Kriterien und deren Grenzwerte übersichtlich dargestellt. Nur für jedes erfüllte Kriterium gibt es einen Punkt, ansonsten wird kein Punkt verteilt. Durch die große Bandbreite der Kriterien ist es unwahrscheinlich, dass ein Wanderweg alle 22 Kriterien erfüllt. Vielmehr wird der eine z.B. seine Stärken im natürlichen Bereich haben, ein anderer Weg in den kulturellen Besonderheiten. Das Verfahren „Qualitätsweg Wanderbares Deutschland“ trägt dem Rechnung, indem er nur die Erfüllung von mindestens zehn dieser 22 Kriterien fordert (vgl. VDGWV und DTV 2002c, S. 14). Die somit mögliche Profilbildung wird dadurch verstärkt, dass bei den zentralen Kriterien landschaftlicher und kultureller Sehenswürdigkeiten die Übererfüllung eines geforderten Grenzwertes doppelt bewertet wird, da diese Faktoren das Erlebnispotential eines Wanderweges steigern. Die betroffenen Kriterien sind mit dem Vermerk „mehr zählt doppelt“ ausgezeichnet. Doppelt bewertete Kriterien ersetzen zwei einfach bewertete, sodass sich die Mindestzahl der einzuhaltenden Qualitätskriterien entsprechen verringert (vgl. VDGWV und DTV 2002c, S. 14). Um den am meisten beklagten Mängeln Rechnung zu tragen, wird einigen Kriterien ein besonderer Stellenwert als „Kernkriterium“ zugeschrieben. Dies betrifft vor allem Berührungen mit naturgenussfeindlichen Elementen wie Straßenverkehr, Bebauung etc. Aber auch eine mangelhafte Basismarkierung sowie eine monotone Landschaft sind in diesem Zusammenhang zu erwähnen. Daher muss jeder Wanderweg die Kernkriterien auf jeden Fall erfüllen, damit ein gewisses Maß an „Wandergenuss“ garantiert ist (vgl. VDGWV und DTV 2002c, S. 15). 39 4.2.3 Kriterien eines Qualitätsweges 4.2.3.1 Kernkriterien Tab. 8: Die Kernkriterien eines „Qualitätswegs Wanderbares Deutschland“ 1. naturbelassene Wege mindestens 35% der Gesamtstrecke 2. schlecht begehbare Wege höchstens 5% der Gesamtstrecke höchstens 1.500 m am Stück 3. Verbunddecken höchstens 20% der Gesamtstrecke höchstens 3.000 m am Stück 4. auf befahrenen Straßen höchstens 3% der Gesamtstrecke höchstens 300 m am Stück 5. neben befahrenen Straßen höchstens 10% der Gesamtstrecke höchstens 3.000 m am Stück 6. nutzerfreundliche Markierung 100% der Gesamtstrecke 7. Abwechslung mind. 2 Formationswechsel auf 8 km 8. Erlebnispotential mind. 4 Punkte auf 8 km aus den Wahlkriterien 13 – 19 9. intensiv genutztes Umfeld höchstens 10% der Gesamtstrecke höchstens 3.000 m am Stück Quelle: eigene Darstellung nach VDGWV und DTV 2002c, S. 17 Die Kriterien eines Qualitätswegs werden nach 4 km- Abschnitten bewertet. Ein „Qualitätsweg Wanderbares Deutschland“ muss die Kernkriterien komplett erfüllen. 4.2.3.2 Wahlkriterien Tab. 9: Die Wahlkriterien eines „Qualitätswegs Wanderbares Deutschland“ Wegeformat Grenzwert 1. naturbelassene Wege erdig, grasig bzw. landschaftstypisches Oberflächenmaterial 2. befestigte Wege mit Feinabdeckung Oberfläche aus Feinmaterial mit Korngröße unter 15 mm 3. schlecht begehbare Wege z.B. aufgeschüttete Bruchsteindecke (Korngröße über 15 mm) 4. Verbunddecken Schotter, Beton, Pflaster auf der Gehspur 5. Pfade Gehspur von weniger als 1 m Breite 6. auf befahrenen Straßen einschließlich ungesicherter Fahrbahnquerungen 7. neben befahrenen Straßen bis zu einem Abstand von einer Straßenbreite zum Fahrbahnrand mindestens 1.000 m neutrale Wertung höchstens 300 m höchstens 500 m mindestens 500 m, zählt doppelt ab 1.500 m höchstens 50 m höchstens 300 m 40 Wanderleitsystem / Besucherlenkung Grenzwert 8. nutzerfreundliche Markierung nach Markierungsrichtlinien für „Qualitätswege Wanderbares Deutschland“ 9. Wegweiserstandorte mit Entfernungsangaben 10. Vernetzung mit anderen markierten Wanderwegen lückenlos, fehlerfrei und eindeutig Natur / Landschaft Grenzwert 11. Abwechslung im Großen wechselnde Landschaftsformationen 12. natürliche Stille keine maschinen- und verkehrserzeugte Geräusche 13. attraktive Naturlandschaften z.B. Altwälder, Waldwiesen, Heiden, eindrucksvolle Biotope 14. natürliche Gewässer z.B. naturnahe Quellen, Bäche, Flüsse, Seen, Moore 15. punktuelle Naturattraktionen z.B. Gipfel, Schluchten, Felsen, Höhlen, Wasserfälle, Naturdenkmäler 16. eindrucksvolle Aussichten dauerhaft freies Blickfeld, mind. 45-Grad-Öffnung und 2.000 m Sichttiefe mindestens 3 Kultur Grenzwert 17. gefällige Ortsszenen z.B. Altstadtstraßen, repräsentative Gebäudezeilen, Marktplätze 18. regionale kulturelle Sehenswürdigkeiten z.B. Burgen, Klöster, Kirchen, historische Anlagen 19. nationale Baudenkmäler z.B. Schlösser, Dome, Wasserspiele, Weltkulturerbe mindestens 1 Zivilisation Grenzwert 20. intensiv genutztes Umfeld z.B. Gewerbegebiete, Kläranlagen, massive Stromtrassen, Windkraftanlagen 21. Gasthäuser wenn ab mittags und an 5 Tagen pro Woche geöffnet 22. Haltepunkte für ÖPNV, PKW z.B. Haltestellen für Bus und Bahn, Wanderparkplätze 23. Rastmöglichkeiten z.B. Bänke, Rastplätze, Hütten höchstens 300 m mindestens 2 mindestens 2 mindestens 1.000 m mindestens 1 (mehr zählt doppelt) mindestens 1 (mehr zählt doppelt) mindestens 1 (mehr zählt doppelt) mindestens 1 (mehr zählt doppelt) mindestens 1 (mehr zählt doppelt) mindestens 1 (mehr zählt doppelt) mindestens 1 (mehr zählt doppelt) mindestens 1 mindestens 2 Quelle: eigene Darstellung nach VDGWV und DTV 2002c, S. 16 f. Bei den Wahlkriterien müssen mindestens 10 der 23 Kriterien erfüllt sein. Dabei spielt es keine Rolle, wie die Kriterien verteilt sind (vgl. DEUTSCHER WANDERVERBAND 2008b). 41 4.2.4 Gütesiegel für wanderfreundliche Gastgeber Neben Wanderwegen werden vom Deutschen Wanderverband auch Gastbetriebe zertifiziert. Ein Gastbetrieb wird anhand von 21 Kernkriterien und 15 Wahlkriterien zertifiziert. Für ausschließliche Gastronomiebetriebe gibt es einen speziellen Kriterienkatalog (vgl. DEUTSCHER WANDERVERBAND 2008b. Die wichtigsten Kernkriterien für wanderfreundliche Betriebe sind: ► ganztätiges Angebot an warmen Gerichten ► Aufnahme von Wandergästen auch nur für eine Nacht ► Schwarzes Brett mit aktuellen Wetterinformationen ► Shuttleservice für Wandergäste zum Wanderweg ► Gepäcktransport ► Trocknen und Reinigen der Kleidung/Schuhe ► Wanderliteratur ausleihen und verkaufen ► Wanderberatung, Wanderführung anbieten ►Betrieb hat an Klassifizierung teilgenommen ►Betrieb ist über Reservierungssystem buchbar (vgl.: RHEINSTEIGBÜRO 2006). Eine ausführliche Beschreibung der Arbeit des Deutschen Wanderverbandes findet man unter der Internetseite www.wanderbares-deutschland.de. 4.2.5 Qualitätswege (Beispiele) Erhalten haben das Gütesiegel des Deutschen Wanderverbandes bis Ende 2007 27 Wanderwege, darunter befinden sich zum Beispiel: ►Westweg (Baden- Würtemberg) ►Frankenweg (Bayern) ►Vogtland Panorama Weg (Sachsen) ►Harzer Hexen- Steig (Sachsen- Anhalt) ►Winterberger Hochtour (Nordrhein- Westfalen) 42 4.3 Das Projekt „Das Deutsche Wandersiegel“ Abb. 5: Logo „Deutsches Wandersiegel Premiumweg“ Quelle: DEUTSCHES WANDERINSTITUT 2008 Bei der Zertifizierung nach dem Deutschen Wandersiegel wird der Weg kilometergenau nach 36 Kriterien mit weit über hundert Einzelmerkmalen bewertet. Schöne Aussichten, natürliche und kulturelle Sehenswürdigkeiten wie Wälder, Bachtäler, eindrucksvolle Burgen oder Altstädte erhalten viele Punkte. Für Abschnitte, die viel Asphaltpassagen oder Straßen aufweisen, gibt es dagegen einen Punktabzug. Am Ende wird für jeden Kilometer eine exakte Erlebnispunktzahl angegeben. Liegt diese im Schnitt überdurchschnittlich hoch, erhält der Wanderweg das „Deutsche Wandersiegel“. Die Bekanntheit des Siegels setzt sich nur langsam durch, die damit verbundene Erlebnisqualität allerdings wird spontan wahrgenommen. Alle bislang mit dem Siegel ausgezeichneten „Premiumwege“ sind direkt gut besucht worden und haben dafür gesorgt, dass die Ansprüche an deutsche Wanderwege in den letzten Jahren erheblich gestiegen sind (vgl. BRÄMER, Rainer 2007a). 4.3.1 Das Deutsche Wanderinstitut e.V. Seit mehr als zehn Jahren beschäftigt sich das Deutsche Wanderinstitut wissenschaftlich mit dem Thema Wandern, entwickelt neue Ideen hinsichtlich des Themas Wandern, begutachtet Wanderwegenetze und vermittelt die in enger Relation von Theorie und Praxis gewonnenen Erkenntnisse an die Fachwelt des Wanderns. Das Wanderinstitut stellt ein eng kooperierendes Netzwerk von unabhängigen Wanderexperten dar (vgl. DEUTSCHES WANDERINSITUT 2008). 43 4.3.1.1 Aufgaben Die wichtigsten Aufgaben des Deutschen Wanderinstituts sind: ►Forschung und Entwicklung Das Deutsche Wanderinstitut unternimmt Forschungen zu den physischen, psychischen, sozialen, wirtschaftlichen und naturräumlichen Bedingungen und Wirkungen des Wanderns. Des Weiteren entwickelt und realisiert es nachhaltige Konzepte eines naturgemäßen Wanderns in den Breichen Freizeit, Urlaub, Bildung und Rehabilitation (vgl. DEUTSCHES WANDERINSITUT 2008). ►Publikationen Das Deutsche Wanderinstitut veröffentlicht Schriften zu den Themen Wandern und Natur: ● Profilstudien Wandern ● Reihe Wanderwelt ● Fachveröffentlichungen und Studien ● regelmäßige Repräsentativ- Befragungen von aktiven Wanderern vor Ort im In- und Ausland ● Sonderstudien zu fast allen Themen bezüglich des Wanderns und Wandertourismus ►Wanderwege-Zertifizierung Das Deutsche Wanderinstitut zertifiziert regionale Spitzenwanderwege sowie lokale Extratouren nach den Qualitätskriterien des Deutschen Wandersiegels für Premiumwege. ►Vorträge und Schulungen Das Wanderinstitut kümmert sich auch um die Verbreitung und Vermittlung von Erkenntnissen und Fähigkeiten zu allen wesentlichen Gesichtspunkten des Wanderns und des Wandermarktes durch: ● Referententätigkeit ● Veranstaltungen der Aus- und Weiterbildung ● Organisation von Konferenzen und anderen Formen des Erfahrungsaustausches 44 ►Praxis Zu den praktischen Aufgaben des Wanderinstituts gehören Initiierung, Begleitung und Durchführung von örtlichen, regionalen, nationalen und internationalen Wanderprojekten (vgl. DEUTSCHES WANDERINSITUT 2008). 4.3.1.2 Ziele Eines der Hauptanliegen des Deutschen Wanderinstituts besteht darin, das Wandern als eine besonders intensive Form der Naturerfahrung zu erforschen und die Entwicklung des Wandertourismus in Deutschland zu unterstützen und zu fördern (vgl. DEUTSCHES WANDERINSITUT 2008). 4.3.2 Vorstellung des Projektes Die „Projekt- Partner Wandern“ in Marburg haben auf Anfrage von führenden Touristikern in Deutschland einen Kriterienkatalog entwickelt, der es ermöglicht, die Stärken und Schwächen eines Wanderweges so objektiv und genau wie möglich zu erfassen und zu beschreiben. Seit 1999 wurde dieser Katalog in etlichen Praxistests immer wieder verbessert. Er bietet unter dem Namen „Deutsches Wandersiegel“ die Möglichkeit, die Qualität von Wanderwegen umfassend zu bewerten. Kernbestandteil sind dabei 36 Kriterien, die für jeden Kilometer eines Wanderweges die Aufnahme von knapp 200 Merkmalen zum Wegeformat, zur Landschaft, ihren kulturellen Sehenswürdigkeiten und zivilisatorischen Barrieren, zum Wanderleitsystem und zu den Makrostrukturen des Umfeldes beanspruchen. Sie beschränken sich demnach nicht nur, wie es bei Radwegen oder Bergwanderwegen der Fall ist, auf rein technische Gegebenheiten, sondern versuchen möglichst viele Aspekte des Wanderererlebnisses in Zahlen zu konvertieren. Dadurch ist es erstmals gelungen, die mannigfaltigen Elemente des Wandererlebnisses messbar zu machen und so zueinander in Relation zu setzen, dass sich daraus auch für die unterschiedlichsten Vorlieben und Gebräuche eine Erlebnisgarantie ableiten lässt. Die damit einhergehende Inventur der Wanderwege ist allerdings dementsprechend aufwendig und anspruchsvoll, dass sie nur von geschulten Fachkräften durchgeführt werden kann. Dies ist jedoch nur für Wege von besonders hoher Qualität wirtschaftlich, die als örtliche, regionale oder nationale Leitwege für die jeweilige Destination werben und mit hohem Aufwand, d.h. kosten- und nutzenintensiv, vermarktet werden sollen (vgl. DEUTSCHES WANDERINSITUT 2008). 45 Die Zertifizierungs-Methode: Bei jedem Kriterium werden unterschiedliche Ausprägungen und Varianten miteinbezogen, so wird zum Beispiel beim Kriterium „Straßenbegleitung“ zwischen Neben-, Haupt- und Schnellstraßen unterschieden, bei der Bewertung von Aussichten werden rund 20 Bild- und Rahmenmerkmale bewertet. Daher können die Daten des Wandersiegels nur in einem sorgfältigen Fußmarsch aufgezeichnet werden. Nach jeder untersuchten Strecke werden sie in einen Computer eingegeben und darauf von diesem zu Punktzahlen verrechnet. Als funktionale Kurven ausgedruckt, geben sie kilometergenau Auskunft über den Qualitätsverlauf des erforschten Weges, und zwar sowohl im positiven wie auch im negativen Sinn. Während Abschnitte mit hohem Erlebniswert auf der nach oben und unten offenen Skala Gesamtpunktzahlen von über 50 Punkten und auch mehr erreichen, kann sich eine Ansammlung negativer Merkmale in genauso vielen Minuspunkten darstellen. Auch wenn diese Art und Weise der Qualitätsbestimmung die Vielfältigkeit des Wander- und Naturerlebnisses einfach auf Zahlen reduziert, wird sie durch die gesamte Breite der Bestandsaufnahme doch den unterschiedlichsten Wegecharakteren gerecht. Ob letztendlich die Attraktivität eines Weges in seiner Abgelegenheit, seinem Reichtum an Gewässern, seinem dramatischen Relief, seiner weiten Aussichten oder den kulturellen Besonderheiten am Wegerand liegt, er kann damit immer Punkte sammeln. Deshalb eröffnet das Wandersiegel die Möglichkeit zu einem echten Qualitätswettbewerb ohne die Gefahr bürokratischer Gleichstellerei. Über die umfassende Stärken- und Schwächen- Analyse hinaus, anhand derer die Qualität solcher Leitwege gezielt verbessert werden kann, bietet das Wandersiegel auch das Potential einer Qualitätszertifizierung als „Premiumweg“. Die dafür festgesetzten Qualitätsgrenzen können nur wenige ausgesuchte Wanderwege aufweisen. Maßgeblich für die letztendliche Auszeichnung als Premiumweg ist die durchschnittlich erreichte Punktzahl pro betrachtetem Kilometer. Für Tagestouren liegt die Grenze für die Vergaben des Siegels bei mindestens 30 Punkten, für längere Wege (ab 30 km) wegen der erhöhten Wahrscheinlichkeit von Durststrecken bei mindestens 25 Durchschnittspunkten. Um zu verhindern, dass bei der Berechnung der Durchschnittspunktzahl herausragende Passagen schlechtere Wegeabschnitte kompensieren, wird der Weg zusätzlich in Vierkilometerabschnitte eingeteilt, innerhalb derer sich Stärken und Schwächen mindestens ausgleichen müssen. Dies geschieht durch die Vorgabe, dass die Durchschnittspunktzahl für keinen dieser Abschnitte unter die Nullgrenze sinken darf. Zusätzlich müssen in jedem Abschnitt die Kriterien des Siegel- Basistest erfüllt werden. Seine Einbeziehung in das Wandersiegel garantiert, dass ein Premiumweg nicht nur insgesamt, sondern in jedem Abschnitt einen 46 gehobenen Landschaftsgenuss bietet. Bislang haben sich bereits zahlreiche Wege in ganz Deutschland dem anspruchsvollen Siegeltest unterworfen - von Fernwanderwegen wie dem Rothaarsteig, Rheinsteig und Saar- Hunsrück- Steig über größere Rundwege wie dem BadenBadener Panoramaweg bis zu einzelnen Top- Touren, die als Extra- Touren besonders flexibel in vielfältigen touristischen Programmen eingesetzt werden können. Unter den „premiumzertifizierten“ Wanderwegen wird von der Messe Düsseldorf während der jährlichen „Tour Natur" je ein „Wanderweg des Jahres“ in den Klassen mehrtägiger Routen und eintägiger Touren ausgelobt. Maßgeblich für die Titelverleihung ist die erreichte Punktzahl und die Bereitschaft, den Weg gesondert zu markieren, zu präsentieren und zu vermarkten. Für die professionelle Vermarktung von Premium- Wanderwegen hält das Wandermagazin, das das führende Publikationsmedium auf dem Wandersektor ist, maßgeschneiderte Medienpakete bereit. Zudem wird im Verlauf des Jahres ein eigenständiges Internet- Portal bereit stehen, das Auskunft über alle zertifizierten Premiumwege und auch Extra- Touren gibt (vgl. DEUTSCHES WANDERINSITUT 2008). 4.3.3 Kriterien eines „Premiumwanderweges“ Tab. 10: Kriterien eines „Premiumwanderweges“ Kriterium Merkmale u.a. gestufte Bewertung erdig, grasig geschottert, geteert Pfadig breit, gerade grün angelegt schwer begehbar Auto-, Radverkehr Straßenbegleitung Straßenpassagen Positiv Negativ Positiv Negativ Positiv Negativ Negativ Negativ Negativ offen, schön, Biotop Monoton, zerstört Wiesental, Gehölz Intensivanbau Hohlweg, Schlucht Waldrand, Ufer Öffnung, Weite Siedlung, Verkehr naturnah, schön Wegeformat Belag Breite Wegsaum Hindernisse Wegenutzung Durchgangsstrassen Verkehrssicherheit Natur/Landschaft Waldformation verbaut, gekippt Positiv Negativ Positiv Negativ Positiv Positiv Positiv Negativ Positiv Negativ Geologie Felsen, Höhlen Positiv Idyll Platz, Gruppe Baumveteranen Positiv Flurformation Nahrelief Ränder Aussicht Gewässer Flora Positiv 47 Kultur/Zivilisation Bebauung Siedlung, Gewerbe Negativ Ortsbild gefällig, Altstadt Positiv Hoch-, Tiefbauten Hochmasten, Deponie Stille Negativ Lärm, Gestank Dauerimmissionen Positiv historische Bauwerke Schlösser, Burgen Negativ Positiv Monumente Denkmal, Kunstwerk Positiv Kleinmonumente Bildstöcke, Kreuze Positiv Gasthäuser Gasthof, Hütte Positiv mit Entfernung und anderen Positiv Wanderleitsystem Wegweiser Angaben verwirrend, falsch Negativ auf Sicht, Beruhigung verwirrend, falsch Positiv Negativ Standortangaben Positiv Orientierung, Info Positiv fehlerhaft, Zeigefinger Negativ Nutzerfreundlich Positiv Fehler Negativ hilfreich, eindeutig Positiv Fehlerhaft Negativ Bänke, Rastplätze Positiv extensiv, unberührt Positiv ausgeräumt, besiedelt Negativ Abwechslung Formationswechsel Positiv Pflegezustand Landschaft, Schilder Positiv Wegeführung schlechte Alternativen Negativ Vernetzungspunkte Haltestellen, Knoten Positiv Markierung Notorientierung Tafeln Kartierung Wegebeschreibung Möblierung Übergreifend Naturnähe Quelle: eigene Darstellung nach DEUTSCHES WANDERINSTITUT 2008 Die Übersicht über die Qualitätskriterien eines Premiumweges ist zwecks Übersichtlichkeit vereinfacht ohne genaue Punkteverteilung dargestellt. Die ausführliche Version und ein Überblick über die Arbeit des Deutschen Wanderinstituts findet man im Internet unter http://www.deutscheswanderinstitut.de. Die 36 Kriterien werden nach 1 km- Abschnitten und 48 zusätzlich noch nach 4 km- Abschnitten bewertet und müssen alle einen Mindestwert erreichen; fällt nur ein Bereich aus der Rolle, muss der Weg nachgebessert werden (vgl. DEUTSCHES WANDERINSTITUT 2008). 4.3.4 Premiumwanderwege in Deutschland Premiumwege teilen sich in zwei Kategorien auf: Traumrouten und Extrarouten. Die Traumrouten teilen sich dabei noch einmal in Mehrtages- Streckenwanderungen und Mehrtages- Rundwanderungen auf. 4.3.4.1 Traumrouten Mehrtages- Streckenwanderungen Mittlerweile gibt es 4 zertifizierte Mehrtages- Streckenwanderungen (Rothaarsteig ist kurzfristig ausgesetzt): ►Rheinsteig (44 Erlebnispunkte) ►Rothaarsteig (ausgesetzt) ►Saar-Hunsrück-Steig (47 Erlebnispunkte) ►Hochrhöner (41 Erlebnispunkte) Auf 180 Kilometern Länge führt der Premiumwanderweg „Der Hochrhöner“ von Bad Kissingen nach Bad Salzungen durch das Biosphärenreservat Rhön. Der Hochrhöner läuft an den höchsten Erhebungen des Mittelgebirges, über Wasserkuppe, Kreuzberg, Heidelstein und Ellenbogen, vorbei. Er passiert wichtige kultureller Einrichtungen, wie zum Beispiel den bekannten Kurort Bad Kissingen, das Franziskanerkloster auf dem Kreuzberg, der Ursprung des Segelflugs auf der Wasserkuppe, den Felsrücken der Milseburg oder Bad Salzungen und seinen Fachwerk- Gradierbauten (vgl. DEUTSCHES WANDERINSTITUT 2008). Mehrtages-Rundwanderungen Als Mehrtages- Rundwanderungen sind bisher 3 Wege zertifiziert worden: ►Baden-Baden Panoramaweg ►Gernsbacher Runde ►Murgleiter (vgl. DEUTSCHES WANDERINSITUT 2008). 49 4.3.4.2. Extratouren (Beispiele) Momentan gibt es 44 zertifizierte Extratouren (Tagestouren). Als Beispiele mit hohen Erlebnispunktzahlen sind zu nennen: ►Felsenweg (Saarland, 83 Erlebnispunkte) ►Litermont- Gipfel- Tour (Saarland, 80 Erlebnispunkte) ►Feldbersteig (Schwarzwald, 77 Erlebnispunkte) ►Hochrhöntour (Bayern, 71 Erlebnispunkte) (vgl. DEUTSCHES WANDERINSITUT 2008). 4.4 Konstruktive Kritik Positiv ist zu bemerken, dass es sich beim Bewertungsverfahren „Qualitätsweg Wanderbares Deutschland“ um ein flexibles Bewertungssystem handelt, denn zum einen muss ein Qualitätsweg nur zehn der insgesamt 22 Kriterien erfüllen. Wenn maximal alle 40 Kilometer ein einzelner Abschnitt nicht die notwendige Punktzahl von Kriterien erfüllt, gilt die Qualitätsnorm „Wanderbares Deutschland“ trotzdem als nicht verletzt. Damit trägt es auch den Wanderwegen Rechnung, deren Stärke entweder eher in den natürlichen Gegebenheiten oder in den kulturellen Besonderheiten liegen. Müssten pro Vierkilometer- Abschnitt immer eine Mindestanzahl von Kriterien je Themenbereich erfüllt werden, würde von vornherein einer möglichen Profilbildung entgegengewirkt werden. Allerdings lässt dies auch Spielraum für Wege mit Mängeln. Das Bewertungsverfahren des Deutschen Wanderinstituts ist zwar auch flexibel, jedoch werden die Qualitätskriterien wesentlich schärfer angelegt. Hier muss ein Wanderweg 36 Kernkriterien erfüllen. Nur Wege, die alle Kernkriterien erfüllen, erhalten das „Deutsche Wandersiegel“. Zudem wird der Weg nach 1 km- und 4 km- Abschnitten bewertet, was die Qualität noch mehr absichern soll. Zu viele negative Eigenschaften werden hier hart bestraft. Man hat mit diesen Qualitätskriterien zum Beispiel zunächst einmal den „Rennsteig“ und auch den „Rheinhöhenweg“ untersucht. Beide konnten aufgrund von Mängeln das „Deutsche Wandersiegel“ nicht erhalten. Zum anderen ist man bei der Bewertung des Deutschen Wanderverbandes nicht genau an die Einhaltung der Kriterien gebunden, sondern ihre Zusammensetzung kann sich von Abschnitt zu Abschnitt ändern. Darüber hinaus handelt es sich bei diesem Bewertungssystem um ein praxisorientiertes Verfahren, denn es lässt sich bereits nach kurzer Einarbeitungszeit anwenden, was wieder im Gegensatz zu dem Verfahren des Wanderinstitutes steht. Dort werden die Prüfungen nur durch speziell geschultes Personal durchgeführt, was auf Dauer möglichst objektive und 50 präzise Ergebnisse liefert. Das wiederum garantiert auch dem Kunden eine hohe Qualität beim Wandern. Als problematisch erweist sich bei beiden Verfahren jedoch, dass bei der Bewertung ästhetischer Eindrücke und kultureller Bedeutungsinhalte subjektive Nuancen grundsätzlich nicht ganz verhindert werden können. Dies gilt besonders für die Bewertung von Wanderzielen, die in den Augen Einheimischer meist sehr viel bedeutsamer erscheinen als in denen Fremder (vgl. VDGWV und DTV 2002b, S. 34). Aber auch die Bewertung des Wegeformates und anderer Kriterien erweist sich als schwierig. Deshalb liefert das Bewertungssystem keine objektiven, sondern nur „verobjektivierte“ Anhaltspunkte für eine erlebnisorientierte Klassifizierung von Wanderwegen“ (VDGWV und DTV 2002b, S. 34). Dieser Grad der Verobjektivierung kann lediglich durch die Schulung der Datenaufnehmer auf bestimmte Sichtweisen erhöht werden. Darüber hinaus wird eine Bewertung durch neutrale, auswärtige Personen empfohlen, um den subjektiven heimatverbundenen Gefühlen Einheimischer entgegenzuwirken (vgl. VDGWV und DTV 2002b, S. 34). Bei dem Deutschen Wanderinstitut sind diese Probleme allerdings schon im vornherein minimiert, da nur intensiv geschultes und regelmäßig eingesetztes Fachpersonal die Untersuchungen durchführt. Anzumerken ist auch, dass es bei den Wandergästen für Verwirrung sorgen kann, dass kürzere Wanderstrecken beim Deutschen Wandersiegel in der Regel wesentlich höher bewertet sind als längere. Auf den Internetseiten des Deutschen Wanderverbandes und des Deutschen Wanderinstituts wird diese Tatsache jedenfalls nur peripher begründet. Der Grund liegt in der viel höheren Wahrscheinlichkeit einer sehr langen Wanderstrecke eine Durststrecke erleiden zu müssen. Zudem ist ein 10 Kilometer langer Wanderweg wesentlich einfacher und kostengünstiger umzusetzen und instand zu halten als ein über 100 Kilometer langer Wanderweg. Deshalb erreichen die besten Kurzwanderstrecken beim Deutschen Wanderinstitut über 80 Punkte, während die besten Weitwanderwege nicht ganz 50 Punkte erreichen. Kritisch zu sehen ist zudem die Konkurrenzsituation zwischen dem Deutschen Wanderverband und dem Deutschen Wanderinstitut. Durch die Anwendung der unterschiedlichen Verfahren und die vielen neuen Wanderstrecken und Angebote im Wandersektor ist es möglich, dass die Wanderer den Überblick über die Neuerungen verlieren und verunsichert reagieren. Auch die Tatsache, dass bei Qualitätsbetrieben eher die Norm des Wanderverbandes und bei Wegen eher die Norm des Wanderinstituts genutzt wird, sorgt für Verwirrung. Eigentlich würde ein einziges, gut ausgearbeitetes Verfahren genügen und für mehr Überblick und Kundenfreundlichkeit sorgen. Auf der anderen Seite belebt diese Konkurrenz aber auch die Bemühungen der beiden Verbände sich ständig zu verbessern und damit auch die Qualität für Wanderer immer weiter zu optimieren. In einigen Bereichen 51 besteht auch eine erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen beiden Verbänden (z.B. „Toptrails of Germany“). 5 Das touristische Aufkommen in den Bundesländern Saarland, Rheinland- Pfalz, Nordrhein- Westfalen und Hessen Der Rheinsteig verläuft durch drei Bundesländer: Nordrhein- Westfalen, Rheinland- Pfalz und Hessen, wobei der Löwenanteil auf der rheinland- pfälzischen Seite liegt. Der Rothaarsteig führt durch die Bundesländer Nordrhein- Westfalen und Hessen. Den größten Anteil hat dabei die nordrhein- westfälische Seite. Der Saar- Hunsrück- Steig verläuft größtenteils durch Rheinland- Pfalz, ein großes Stück führt aber auch durch das Saarland. Deshalb wird im Folgenden das Fremdenverkehrsaufkommen der vier Bundesländer offen gelegt, wobei auch auf einzelne Gebiete innerhalb der Bundsländer eingegangen wird. In Punkt 6 werden letztendlich die Stärken und Schwächen des Tourismus in den Gebieten um die drei Wanderwege erörtert. Abb. 6: Die Tourismusintensität in den deutschen Bundesländern Quelle: LANDKREIS LUDWIGSLUST 2008 52 Durch die Kennzahl „Fremdenverkehrsintensität“ (Anzahl der Übernachtungen/Anzahl der Einwohner) wird eine räumliche Verteilung des Fremdenverkehrs ersichtlich. Diese Zahl drückt die quantitative Bedeutung des Fremdenverkehrs in einem Gebiet im Verhältnis zu seiner Einwohnerzahl aus. Im landesweiten Durchschnitt liegt im Saarland die Fremdenverkehrsintensität bei etwa 2. Nordrhein- Westfalen ist in dieser Kategorie ähnlich schwach und liegt mit einer Tourismusintensität von ca. 2,2 nur leicht über der des Saarlandes. Im Vergleich zu Rheinland-Pfalz mit einer Intensität von etwa 5 ist das Verhältnis Übernachtungen zu Einwohner im Saarland und Nordrhein- Westfalen also als relativ schwach zu bewerten. Hessen liegt mit einer Tourismusintensität von etwa 4,2 im Mittelfeld aller Bundesländer (vgl. LANDKREIS LUDWIGSLUST 2008). 5.1 Die Tourismusstrukturen in Rheinland- Pfalz Abb. 7: Die Entwicklung der Gästeankünfte und Übernachtungen in Rheinland- Pfalz von 1990-2006 (Index, 1990= 100%) 140 120 100 80 Übernachtungen 60 Gäste 40 20 20 06 20 04 20 02 20 00 19 98 19 96 19 94 19 92 19 90 0 Quelle: eigene Darstellung nach STATISTISCHES LANDESAMT RHEINLAND- PFALZ 2007 Nach Rückgängen in den Jahren 1997, 2001 und 2002 konnte die rheinlandpfälzische Tourismusbranche in den vergangenen Jahren wieder steigende Gästezahlen aufweisen. Im Gegensatz zu den Gästeankünften haben sich die Übernachtungszahlen allerdings schlechter entwickelt. Dieser Umstand lässt auf einen Trend hin zu mehr Kurzurlauben schließen. Gegenüber 1996 ist das Bettenangebot bei den Hotels gestiegen. Den Privatquartieren kommt in der rheinland-pfälzischen Tourismusbranche nach wie vor eine bedeutende Rolle zu. Das Jahr 2007 bescherte dem rheinland- pfälzischen Tourismus grundsätzlich einen neuen Gästerekord. Begründen kann man dies vor allem durch die vielfältige und attraktive 53 Angebotspalette des Landes. Trotz des zeitweise schlechten und wechselnden Wetters kamen nach vorläufigen Berechnungen des Statistischen Landesamtes in Bad Ems knapp 7,7 Millionen Gäste, das bedeutet so viele wie noch nie zuvor. Die Zahl der Übernachtungen lag bei 21,3 Millionen, was den dritthöchsten bislang registrierten Wert darstellt. Im Vergleich zu 2006 stieg die Zahl der Gäste um 3,6 Prozent, die Übernachtungszahlen wuchsen um ein Prozent. Aus Deutschland kamen über sechs Millionen Gäste, das waren 3,7 Prozent mehr als im Jahr 2006; sie sorgten für 16,7 Millionen Übernachtungen (plus 1,2 Prozent). Die Zahl der Auslandsgäste stieg um 3,2 Prozent auf 1,6 Millionen; sie buchten aber nur geringfügig mehr Übernachtungen als dies 2006 der Fall war (4,6 Millionen; plus 0,6 Prozent) (vgl. STATISTISCHES LANDESAMT RHEINLAND- PFALZ 2007, S. 6). Abb. 8: Anteil der Gäste in rheinland- pfälzischen Beherbergungsbetrieben nach Fremdenverkehrsgebieten im Jahr 2006 24% 7% Westerwald/Lahn/Taunus 9% 10% Hunsrück/Nahe/Glan Rheinhessen Rheintal Eifel/Ahr 12% 21% 17% Pfalz Mosel/Saar Quelle: eigene Darstellung nach STATISTISCHES LANDESAMT RHEINLAND- PFALZ 2008 Für die Untersuchung des Rheinsteigs sind die Regionen Eifel/Ahr, Rheintal, Rheinhessen und Westerwald/Lahn/Taunus mit einzubeziehen, für den Saar- Hunsrück- Steig die Regionen Mosel/Saar und Hunsrück/Nahe/Glan. Nach Gebieten betrachtet hat in Rheinland-Pfalz der Mosel/Saar- Raum die Vorherrschaft bei den Gästeankünften. Ein Viertel der Gäste von Beherbergungsbetrieben besuchten im Jahr 2006 dieses Gebiet. Auf Platz zwei folgt die Pfalz vor den Regionen des Rheinsteigs: Eifel/Ahr, Rheintal, Rheinhessen. Die Schlusslichter stellen die Regionen Hunsrück/Nahe/ Glan und Westerwald/Lahn/Taunus dar, die mit 9% bzw. 7% den wenigsten Anteil am touristischen Aufkommen in Rheinland- Pfalz haben (vgl. STATISTISCHES LANDESAMT RHEINLAND- PFALZ 2008). 54 5.2 Die Tourismusstrukturen in Nordrhein- Westfalen Abb. 9: Ankünfte und Übernachtungen in Nordrhein- Westfalen zwischen 1996 und 2004 (Index, 1996= 100%) 140 120 100 80 Übernachtungen 60 Gäste 40 20 0 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 Quelle: eigene Darstellung nach STATISTISCHES LANDESAMT NORDRHEINWESTFALEN 2005 Die Ankünfte sind in Nordrhein- Westfalen seit 1996 konstant angestiegen und liegen 2004 etwa 20% über dem Ausgangswert von 1996. Die Übernachtungszahlen schwanken um die 100%, weisen aber seit 2004 einen positiven Saldo auf. Die Zahl der Betten stagniert bei 100%, ist aber momentan leicht rückläufig. Das Jahr 2007 startete mit zwei Naturereignissen, die deutliche Auswirkungen auf die Nachfrage in Nordrhein-Westfalen mit sich brachten. Der überdurchschnittlich milde Winter mit wenigen Schneetagen sorgte auf der einen Seite für starke Verluste in den nordrhein- westfälischen Wintersportregionen. Dazu kamen starke Waldschäden durch den Sturm „Kyrill“ im Januar, der vorübergehend einen beträchtlichen Teil der Wander- Infrastruktur zerstörte oder Wanderwege unbegehbar machte. Trotz dieser 55 Naturereignisse und den theoretisch zu erwartenden Rückgängen nach dem Hoch im Weltmeisterschaftsjahr, kann die Statistik für Nordrhein-Westfalen positive Zahlen nachweisen: Im Zeitraum von Januar bis Dezember 2007 kamen insgesamt 17,3 Millionen Übernachtungsgäste nach Nordrhein-Westfalen, die für 40,4 Millionen Übernachtungen in den gewerblichen Beherbergungsbetrieben sorgten. Das stellt einen Zuwachs 3,0 bzw. 2,9 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum dar. Insbesondere im zweiten Halbjahr konnten Steigerungen eingefahren werden. Insgesamt sind bei der Nachfrage von ausländischen Touristen in Nordrhein-Westfalen in einigen Gebieten leichte Rückgänge auszumachen. Dies lässt sich zurückzuführen auf die starken Zuwächse, die durch die Fußball Weltmeisterschaft im Vorjahr zustande kamen. Die Bilanz des Tourismus in Nordrhein- Westfalen bleibt aber auch 2007 leicht im positiven Bereich. Herauszustellen sind die Zuwächse der Gäste aus Österreich (plus 6,1 Prozent bei den Ankünften, plus 8,0 Prozent bei den Übernachtungen) und Belgien (plus 5,4 Prozent bzw. plus 6,4 Prozent). Die Zahlen der nordrhein- westfälischen Beherbergungsstatistik spiegeln gleichzeitig den bundesweit feststellbaren Trend zu Städtereisen wider. Vor allem in den Tourismusgebieten an Rhein und Ruhr sind Steigerungen bei den Gäste- und Übernachtungszahlen zu verzeichnen. So gibt es zum Beispiel in Köln bei den Besucherzahlen einen Zuwachs von 11,9 Prozent (Übernachtungen plus 10,5%). Düsseldorf (plus 11,2%, plus 9,9%), Bonn/Rhein-Sieg-Kreis (plus 8,4%, plus 5,3%) und das Ruhrgebiet (plus 5,8, plus 7,3%) befinden sich gleichfalls deutlich im Aufwärtstrend. Doch auch in den Ferienregionen Eifel und Aachen (plus 11,3% bei den Gästezahlen, plus 7,2% bei den Übernachtungen) und Bergisches Land (plus 8,3%, plus 5,7%) wurden hohe Zuwächse eingefahren (vgl. STATISTISCHES LANDESAMT NORDRHEIN- WESTFALEN 2007). Abb. 10: Anteil der Übernachtungen in Nordrhein- Westfalen nach Gebieten 2006 Eifel und Region Aachen Niederrhein 12% 6% 10% Münsterland 8% 7% Teutoburger Wald Sauerland Siegerland-Wittgenstein 13% 16% 6% Bergisches Land Bonn und Rhein-Sieg-Kreis 5% 2% 15% Köln und Region Düsseldorf und Kreis Mettmann Ruhrgebiet 56 Quelle. Eigene Darstellung nach STATISTISCHES LANDESAMT NORDRHEINWESTFALEN (2007) Die Vorherrschaft bei den Übernachtungen in Nordrhein- Westfalen haben wegen der relativ langen Aufenthaltsdauer der Teutoburger Wald und das Sauerland, durch das der Rothaarsteig führt, inne. Bezüglich der Gästeankünfte liegen Köln und das Ruhrgebiet vorne. Das Gebiet Siegerland- Wittgenstein, durch das der Rothaarsteig auch führt, hat kaum Anteil am touristischen Aufkommen im Land. Die Stadt Bonn und der Rhein- Sieg- Kreis, durch die der Rheinsteig führt, weisen mit 6% relativ wenige Übernachtungen auf. Allerdings wird das Gebiet aber in den letzten Jahren verstärkt besucht (vgl. STATISTISCHES LANDESAMT NORDRHEIN- WESTFALEN (2007) 5.3 Die Tourismusstrukturen in Hessen Abb. 11: Ankünfte und Übernachtungen von 1980 bis 2006 in Hessen HESSISCHES STATISTISCHES LANDESAMT 2007 Die Ankünfte in Hessen wachsen seit 1980 kontinuierlich an, im Gegensatz zu den Übernachtungszahlen, die anfangs der 1980er Jahre und am Ende der 1990er Jahre starke Einbrüche erleiden mussten. Auch zu Beginn des neuen Jahrtausends fielen die Übernachtungszahlen leicht ab. Aber seit 2003 gewinnt Hessen wieder an Beliebtheit. Im Jahr 2007 sind die Übernachtungszahlen noch einmal um 3,5 Prozent gestiegen und liegen jetzt bei ca. 26 Millionen Übernachtungen. Die Gästezahlen sind in der gleichen Zeitspanne sogar um 4,8 Prozent auf über 11 Millionen geklettert. Hessen übertrifft mit diesen touristischen Zahlen und Zuwächsen die bundesweite Entwicklung. In Deutschland wuchsen die Übernachtungszahlen im gleichen Zeitraum um 3,0 Prozent und die Zahl der Ankünfte um 3,7 Prozent. Gegenüber den anderen Bundesländern liegt Hessen bei den absoluten Übernachtungszahlen 57 auf einem konstanten fünften Platz nach Bayern, Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen. Durch diese positive Entwicklung sehen die Politiker und Tourismusverantwortlichen in Hessen die wirtschaftspolitische Einschätzung des Tourismus als wichtigen Wirtschaftsfaktor in Hessen bestätigt. Die Anziehungskraft Hessens im Ausland ist bei einer geringeren Aufenthaltsdauer nach wie vor stark. So konnte die Anzahl der Ankünfte um 2,4 Prozent verbessert werden. Einflussreiche Zukunftsmärkte, aus denen Gäste nach Hessen reisen, wie zum Beispiel China (plus 7,7 Prozent), Russland (plus 16,2 Prozent) oder Indien (plus 30,9 Prozent) verzeichneten 2007 zum wiederholten Male deutlich verbesserte Übernachtungszahlen. Die meisten ausländischen Besucher in Hessen stammen aus den USA. Als weitere bedeutende Herkunftsländer für den hessischen Tourismus folgen die Niederlande und Großbritannien. Aus beiden Ländern hat sich die Nachfrage nach den sehr hohen Besucherzahlen von Fußballfans während der Weltmeisterschaft im Jahr 2006 wieder normalisiert. Über 25 Prozent aller Übernachtungen in Hessen konnten in den 30 Heilbädern und Kurorten verzeichnet werden. Mit einem Plus von 3,4 Prozent bei den Übernachtungen konnten die Bäder zum ersten Mal seit etlichen Jahren wieder die Grenze von 7 Millionen Übernachtungen überspringen. Dies ist ein Beleg für die immer stärker werdende Konsolidierung in den Bädern, aber auch für die konstant stark steigende Nachfrage nach Angeboten im Wellnessbereich (vgl. HESSISCHES MINISTERIUM FÜR WIRTSCHAFT, VERKEHR UND LANDESENTWICKLUNG 2007). Abb. 12: Anteil der Übernachtungen in Hessen nach Reisegebieten 2006 2% 2% Waldecker Land 2% 2% 5% Main und Taunus 2% Odenwald-Bergstraße-Neckartal 4% 33% 5% Rheingau-Taunus Vogelsberg und Wetterau Kassel-Land Spessart-Kinzigtal-Vogelsberg Rhön 5% Waldhessen Kurhessisches Bergland 6% 8% 12% 12% Werra-Meißner-Land Lahn-Dill Marburg-Biedenkopf Westerwald-Lahn-Taunus Quelle: eigene Darstellung nach HESSISCHES MINISTERIUM FÜR WIRTSCHAFT, VERKEHR UND LANDESENTWICKLUNG 2007 58 Aus der positiven Entwicklung der Übernachtungszahlen im Jahr 2007 konnten alle Landesteile Profit schlagen. In Nordhessen (plus 4,3 Prozent) und Mittelhessen (plus 5,4 Prozent) sind die Steigerungen bei den Übernachtungszahlen stärker als in Südhessen (plus 2,9 Prozent). Jedoch hatte Südhessen und insbesondere die Stadt Frankfurt im Jahr 2006 auch den deutlichsten Effekt durch die Weltmeisterschaft, während Nordhessen in diesem Jahr aus der „documenta12“ Profit schlagen konnte. Die meisten Übernachtungen in Hessen kann demnach das Main/Taunus- Gebiet mit der Stadt Frankfurt verzeichnen, gefolgt vom Waldecker Land- Gebiet und dem Gebiet Odenwald- Bergstrasse- Neckartal. An vierter Stelle rangiert mit 8% aller Übernachtungen in Hessen das Rheingau- Taunus- Gebiet mit der Stadt Wiesbaden, durch das der Rheinsteig verläuft. In diesem Gebiet gibt es einen stetigen Anstieg der Gästeankünfte. Allerdings gibt es zwischendurch Jahre wie 2003 oder 2005, in denen ein kurzfristiger Rückgang der Ankünfte festzustellen ist. Der Anstieg der Ankünfte im Vergleich zu 1996 beträgt über 10%. Im Gegensatz dazu ist bei den Übernachtungszahlen ein stetiger Rückgang zu verzeichnen, der im Vergleich zum Ausgangsjahr 1996 etwa 5% ausmacht (vgl. INDUSTRIE UND HANDELSKAMMER WIESBADEN 2007). 5.4 Die Tourismusstrukturen im Saarland Abb. 13: Die Entwicklung der Übernachtungen im Saarland von 1993-2004 Übernachtungen 2,2 2,15 2,1 2,05 2 1,95 1,9 1,85 1,8 1,75 1,7 2004 2003 2002 2001 2000 1999 1998 1997 1996 1995 1994 1993 Übernachtungen Quelle: eigene Darstellung nach GEORGI 2005 Die Gastbetriebe im Saarland müssen immer wieder Rückschläge hinnehmen wie zum Beispiel 1993 oder 1997. Tendenziell ist aber ein leichter Aufwärtstrend feststellbar. So wachsen die Übernachtungszahlen seit 2000 kontinuierlich. Der saarländische Fremdenverkehr verzeichnete im Jahr 2007 747.540 Gäste und 2.194.152 Übernachtungen. Nach Angaben des Statistischen Amtes hat sich die Zahl der Gäste gegenüber dem Jahr 2006 damit um 5,0 Prozent erhöht, die Zahl der Übernachtungen stieg um 4,4 Prozent. 16 Prozent 59 der Besucher kamen aus dem Ausland. Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer betrug 2,9 Tage. Diese Statistik enthält alle Beherbergungsstätten mit mehr als acht Betten, vorwiegend also Hotels, Gasthöfe, Pensionen, Ferienheime usw., aber auch Vorsorge- und Reha- Kliniken sowie Campingplätze (ohne Dauercamping). Grundsätzlich entfallen im Saarland auf Vorsorge- und Reha- Kliniken und damit auf den Kur- und Gesundheitstourismus etwa ein Drittel aller gewerblichen Übernachtungen. In keinem anderen Bundesland hat dieser Teil des Tourismus eine so starke Bedeutung. Alle saarländischen Landkreise profitierten vom steigenden Reiseverkehr und konnten dementsprechend mehr Gästeankünfte verzeichnen: Saarpfalz-Kreis (plus 2,7 Prozent), Kreis St. Wendel (plus 2,8 Prozent), Regionalverband Saarbrücken (plus 3,7 Prozent), Kreis Merzig- Wadern (plus 4,5 Prozent) und Kreis Neunkirchen (plus 5,2 Prozent). Bei den Übernachtungszahlen wurden teilweise noch stärkere Zuwächse erreicht. Der Kreis St. Wendel kann hier mit einem Plus von 10,1 % den größten Zuwachs im Saarland verzeichnen gefolgt vom Kreis Saarlouis (plus 8,4 Prozent), dem Saarpfalzkreis (plus 7,4 %), dem Kreis Neunkirchen (plus 4,1 %) und dem Regionalverband Saarbrücken (plus 3,1 %). Nur der Kreis Merzig- Wadern (minus 0,5 %), in dem der SaarHunsrück- Steig beginnt, verzeichnete einen leichten Rückgang der Übernachtungen (vgl. STAATSKANZLEI SAARLAND 2008). Abb. 14: Anteil der Übernachtungen im Saarland im Sommerhalbjahr 2007 nach Kreisen 13% 26% Stadtverband Saarbrücken Merzig-Wadern 17% Neunkirchen Saarlouis Saarpfalz-Kreis 10% 9% 25% St. Wendel Quelle: eigene Darstellung nach STAATSKANZLEI SAARLAND 2008 Die Abbildung verdeutlicht, dass die meisten Ankünfte und Übernachtungen im Stadtverband Saarbrücken, vor dem Kreis Merzig- Wadern, Saarlouis und Neunkirchen zu verzeichnen sind. Der Kreis St. Wendel kann die wenigsten Übernachtungen aufweisen. Der SaarHunsrück- Steig verläuft durch die saarländischen Kreise Merzig- Wadern und St Wendel. Bei Hotels, Gasthöfen etc. im Kreis Merzig- Wadern stieg die Anzahl der Ankünfte stärker an als die der Übernachtungen. Die Konsequenz ist ein Rückgang der durchschnittlichen 60 Aufenthaltsdauer. Eine Ausnahme stellt das Jahr 2002 dar. Hier wurden in der Hotellerie drei Prozent mehr Übernachtungen verbucht als im Vorjahr, so dass sich eine Aufenthaltsdauer von 2,06 Tagen im Schnitt ergab. Rückläufige Übernachtungszahlen bei nahezu gleich bleibender Anzahl von Ankünften charakterisieren seit Jahren die Entwicklung der Vorsorgeund Rehabilitationskliniken in diesem Kreis. Obwohl der Kreis St. Wendel bei Hotels, Gasthöfen etc. seit dem Jahr 2002 wieder steigende Ankünfte und Übernachtungen verzeichnet, geht die durchschnittliche Aufenthaltsdauer weiterhin zurück. Das sonstige Beherbergungsgewerbe ist geprägt von jährlich ansteigenden Ankünften und kontinuierlich rückläufigen Übernachtungszahlen. Seit dem Jahr 1991 melden auch die Vorsorge- und Rehabilitationskliniken des Kreises St. Wendel niedrigere Übernachtungszahlen. (vgl. FEIST 2005). 6 Die Untersuchungsgebiete 6.1 Der Naturpark Rothaargebirge Abb. 15: Der Naturpark Rothaargebirge 61 Quelle: NATURPARK ROTHAARGEBIRGE 2008 Auf der Rothaarsteig- Wanderung befindet man sich die meiste Zeit im 1963 gegründeten Naturpark Rothaargebirge, der größte von fünf Naturparken im Sauerland. Die Bezeichnung Naturpark ist grundsätzlich nicht mit einem Naturschutzgebiet zu verwechseln, das wesentlich strengere Nutzungsrechte umfasst. Ein Naturpark ist vielmehr als eine großräumige Kulturlandschaft zu verstehen, die natürliche Vorraussetzungen für die Erholung aufweist. Deshalb werden die Naturparks durch das Anlegen von Wandererparkplätzen, markierten Wanderwegen, Schutzhütten, Abfalleimern, Sitzbänke und durch Grill- und Rastplätze für Erholungssuchende erschlossen. Gleichzeitig bringt der Naturschutzstatus auch Nutzungseinschränkungen mit sich, da von Seiten der Grundbesitzer keine Veränderungen vorgenommen werden dürfen, die das Naturerlebnis schmälern und das Landschaftsbild 62 nachhaltig verändern. Über den Ursprung des Namens „Rothaar“ besteht keine endgültige Klarheit. Der Bestandteil „Haar“ geht mit hoher Wahrscheinlichkeit auf das mittelhochdeutsche Wort „hart“ zurück, das sich auch in den Benennungen von Spessart, Harz, und Haardt findet und das übersetzt soviel bedeutet wie „bewaldetes Gebirge“. Der Zusatz „Rot“ kann sowohl als Anspielung auf den in der Gegend vorkommenden Eisenstein gedeutet werden als auch als Verweis auf den ursprünglich dominierenden Baum der Region, die Rotbuche, gelesen werden (vgl. SCHRÖDER und KUHNERT 2005, S. 15). 6.1.1 Geografischer Überblick Das waldreiche, niederschlagsreiche Rothaargebirge befindet sich überwiegend in Westfalen, nur die südöstlichen bis nordöstlichen Ausläufer befinden sich auf hessischem Gebiet. Sowohl die östlichen wie auch die südlichen Grenzen des Naturparks stimmen mit der Ost- bzw. Südgrenze Nordrhein- Westfalens zwischen Medebach, Deifeld, Netphen und Hainichen überein und umschließt somit vollständig das Wittgensteiner Land. Die nördliche Erstreckung reicht bis an die Linie Lennestadt, Schmallenberg, Bödefeld, Küstelberg. Das Rothaargebirge zieht vom Kahlen Asten als ein zusammenhängender Gebirgszug nach Südwesten, trennt das Sauerland und das Siegerland vom Wittgensteiner Land, findet seine Fortsetzung in der Kalteiche und endet im Hohen Westerwald. Wie die Wanderer immer wieder auf dem Weg an informativen Tafeln entlang des Weges erfahren können, ist das Rothaargebirge nicht nur die Wasserscheide zwischen Rhein und Weser, sondern auch eine Religions- und Dialektgrenze. Die räumliche Geltung des Namens hat eine deutliche Ausweitung erfahren. Er stand ursprünglich allein für den Gebirgskamm, der vom Kahlen Asten (841,9 m) südwestlich der Winterberger Hochfläche etwa 30 km nach Südwesten streicht. Inzwischen wird auch die nordöstliche Fortsetzung bis hin zum Diemelsee einbezogen. Hier erreicht das Gebirge die größten Höhen (Langenberg, 843,2 m) und auch die stärksten Höhenunterschiede (bei Bestwig-Ramsbeck und Olsberg). Generell fällt das Gebirge nach Westen steiler ab als nach Osten hin (vgl. SCHRÖDER und KUHNERT 2005, S. 15 f.). 6.1.2 Geologie Das Rothaargebirge ist geologisch betrachtet der nordöstliche Teil des rechtsrheinischen Schiefergebirges, unterscheidet sich allerdings von dessen Hauptteil durch die größere 63 mittlere Höhe und den nur örtlich gegebenen Plateaucharakter. Es beinhaltet zwei Gipfelfluren auf, von denen eine ca. 840 m und eine ca. 650 m hoch liegt. Die Fläche des Rothaargebirges ist, abgesehen vom hohen Nordostteil, nahezu deckungsgleich mit dem Naturpark Rothaargebirge. Im Nordosten hat es Anteil am Naturpark Diemelsee. Die gegenwärtige Oberflächengestalt des Rothaargebirges lässt Rückschlüsse auf die unterschiedliche Härte der Gesteinszüge zu. Bereits im ausgehenden Erdmittelalter kam es infolge von einsetzenden Hebungen zu einem Emporsteigen der Faltenrümpfe. Durch jeden Schub verstärkte sich das Gefälle der Wasserläufe und damit auch ihre Erosionskraft. Es waren also insbesondere die Wasserläufe, die sich linienhaft in den Untergrund einschnitten und das Landschaftsbild modellierten. Dabei erodierten besonders weiche Gesteine stärker als härtere. Aus harten Gesteinen wie zum Beispiel Sandstein, Quarzit und Vulkanit entstanden die Steilhänge, in weicheren Gesteinen bildeten sich Täler, Mulden und Dellen. Durch die von südöstlicher Richtung kommende Pressung während der Auffaltung entstand eine südwestlich- nordöstliche Streichrichtung, die auch heute noch bei der Ausrichtung der Höhenrücken, Bergreihen und Bergtälern erkennbar ist. Zudem lässt sich erkennen, dass die Gipfel der höchsten Berge über große Entfernungen hinweg auf dem gleichen Höhenniveau liegen. Daher spricht man beim Rheinischen Schiefergebirge auch von einem Rumpfgebirge, was ein weitgehend abgetragenes Variskisches Faltengebirge umschreibt. Die markanten Kuppen und Gebirge bestehen zumeist aus hartem, festem Gestein, das der Abtragung gegenüber resistenten ist. Quarzit, ein besonders festes Gestein, befindet sich demnach auch in den Gebieten mit den höchsten Erhebungen, wie zum Beispiel im Bereich um Willingen und zwischen Altastenberg und Schmallenberg. Auch Grauwacken und raue Schiefer zählen zu den harten Gesteinen und lassen sich unter anderem im Gebiet zwischen Schmallenberg und Altenhundem vorfinden. Auch vulkanisches Gestein ist am Aufbau des Untergrunds beteiligt. Bereits im Unterdevon, vor ca. 400 Mio. Jahren sind Lavaströme und Tuffe aus Keratophyr an die Oberfläche getreten und haben zum Beispiel die Albaumer Klippen gebildet. Die Bruchhauser Steine, die sich vor ca. 385 Mio. Jahren herausgebildet haben, sind hingegen auf einen kräftigen, untermeerischen Quarzophyr- Erguss zurückzuführen. Während des Mitteldevons, vor etwa 380 Mio. Jahren, sind dann im nordöstlichen Sauerland Diabase und Diabastuffe entstanden (vgl. SCHRÖDER und KUHNERT 2005, S. 16 f. und WESTERMANN 2007, S.26 f.). 6.1.3 Böden Geologisch gesehen ist die Bodenlandschaft des Rothaargebirges meist durch wenig abwechslungsreiche mittel- bis unterdevonische Ton- und Schluffsteinserien charakterisiert. 64 Örtlich sind in unterschiedlichen Anteilen auch Sandsteine, Quarzite oder vulkanische Gesteine eingemengt. Durch die hohe Reliefenergie der starken quartären Zerschneidung und der damit einhergehenden Bodenerosion sind ältere, tonige, Verwitterungsrelikte kaum noch erhalten geblieben. Stattdessen sind die Festgesteine oft mit skelettreichem Schutt bedeckt. Diesem liegt in der Regel eine Decke von schluffig- lehmiger Fließerde auf. Der Anteil an beigemengtem Löß ist in dieser Höhe relativ gering, die Humusgehalte nehmen demgegenüber stark zu. Unter den Böden nehmen Braunerden den mit Abstand größten Flächenanteil ein. Sie sind unter gemäßigt warm- humiden Klimaverhältnissen entstanden und zeichnen sich durch eine infolge fein verteilter Eisenoxide gleichmäßig bräunliche Farbe aus. Pseudogleye (Staunässeböden) finden sich aufgrund der hohen Niederschläge in flachen Hangmulden sowie im Quellbereich der Bäche. Auf einer Passage des Rothaarsteigs nördlich von Küstelberg findet sich auf einem relativ engräumigen Gebiet eine vielfältige Bodengesellschaft, die es ermöglicht, auf kurzer Strecke mehrere verschiedene Waldbodenprofile zu zeigen. Im Rahmen dieses Bodenlehrpfades sollen die für die Region typischen Böden vorgestellt werden (vgl. SCHRÖDER und KUHNERT 2005, S. 17 f.). 6.1.4 Klima Einschließlich seines Vorlandes zählt das Rothaargebirge zu den gewässerreichsten Gebieten Deutschlands. Durch die Niederschlagshöhe, die von 800 bis 1.435 mm pro Jahr reicht, werden die Quellen und Bäche reichlich gespeist, die wiederum das Rothaargebirge zu einem Wasserspeicher für den westlichen Teil des Landes machen. Insbesondere das Gebiet um den Kahlen Asten, um den sich auch die touristischen Schwerpunkte gruppieren, zählt mit im Schnitt etwa 110 Tagen Schnee im Jahr zu den schneereichsten Teilen Westdeutschlands (vgl. SCHRÖDER und KUHNERT 2005, S. 15 f.). Die Temperaturen auf dem Kahlen Asten liegen im Schnitt bei 5 Grad Celsius, das Rothaargebirge weist etwa 2 Grad Celsius wärmere Temperaturen auf. Im Winter wird es im Rothaargebirge durchschnittlich zwischen -4 und 0 Grad Celsius kalt, im Sommer werden Durchschnittstemperaturen zwischen 10 und 14 Grad Celsius erreicht (vgl. WESTERMANN 1987, S. 24 f.). 6.1.5 Tourismus Der Tourismus im Untersuchungsgebiet hat eine hohe wirtschaftliche Bedeutung. Eine Vielzahl von Arbeitsplätzen hängt direkt oder indirekt von der touristischen Entwicklung der 65 Region als Urlaubs- und Reiseziel ab. Gemessen an den Übernachtungszahlen sind die Städte Schmallenberg, Winterberg und Bad Berleburg die touristischen Schwerpunkte der Region. Die überregionale Bekanntheit des Gebietes als Ferienregion ist im bundesweiten Vergleich noch gering. Auch gegenüber anderen Mittelgebirgsregionen bestehen teilweise Defizite in der Wahrnehmung. Die abwechslungsreiche mittelgebirgstypische Landschaft ist dennoch von großer Bedeutung für den Tourismus im Untersuchungsgebiet. Mit den Naturparken Homert, Rothaargebirge und Arnsberger Wald ist die Region sehr attraktiv für Wander- und Naturerlebnisurlaube. Durch die vielen Freizeitangebote, wie Museen oder andere Kultureinrichtungen und –Veranstaltungen, ist das Gebiet auch interessant für Tagestouristen. Neben den überregional bekanten Attraktionen wie dem Rothaarsteig, der Bike- Arena Sauerland, der Hochsauerland- Höhenstrasse oder dem FORT FUN- Abenteuerland kann die Region auch viele kleinere Museen und Kultureinrichtungen aufweisen, die sich für Tagesausflüge eignen. Die Region des Rothaargebirges erlebte in den Jahren 2006 und 2007 schwere Zeiten im Tourismus. Bedingt durch die milden Temperaturen in diesem Winter und das Orkantief „Kyrill“, hat der Tourismus im Gebiet des Rothaargebirges große Einbußen hinnehmen müssen. Fehlende Wintersportmöglichkeiten und das Waldbetretungsverbot, durch das Wanderurlaub fast nicht möglich war in dieser Zeit, belasteten die ansässigen Beherbergungsbetriebe stark. Damit ist die Abhängigkeit des Tourismus in der Region von einer intakten Natur schonungslos offen gelegt worden. Die relativ einseitige Ausrichtung des Tourismus auf Wandern und Wintersport ist hier zur Falle geworden. Deshalb sind für die Zukunft viele Neuerungen vorgesehen, um diese einseitige Ausrichtung zu relativieren. Das wichtigste Ziel der zuständigen Behörden im Tourismusbereich ist die Steigerung der Attraktivität der Region durch neue touristische Produkte wie z.B. der „Milchstrasse“ (Themenroute, die eine Verbindung zwischen Direktvermarktung und touristischen Angeboten herstellt) und durch Qualitätsverbesserung- und Sicherung. Ein besonderes Augenmerk gilt hier den Wanderern, da der Rothaarsteig wirtschaftlich sehr rentabel ist und somit der Wandertourismus große Erfolgschancen bietet. Die Wanderwege sollen auch regional gesehen stärker für Wanderer, Radfahrer, Reiter, Inliner und Wintersportler vernetzt werden. Gleichzeitig will man das Gastronomieangebot weiterentwickeln und vernetzen. Durch den Versuch die unterschiedlichen Interessen zwischen der Land- und Forstwirtschaft und dem Tourismus abzustimmen, will man in Zukunft Probleme vermeiden und den Gästen einen reibungslosen Urlaub garantieren. Zudem besteht noch großes Verbesserungspotenzial bezüglich der Verkehrsanbindung. Das ÖPNV- Angebot muss hier dringend verbessert 66 werden (vgl. EUROPÄISCHES TOURISMUS INSTITUT GMBH 2008 und ZWECKVERBAND REGION WITTGENSTEIN 2007). 6.1.6 Stärken- Schwächen- Analyse des Rothaargebirges Die verschiedenen Stärken- Schwächen- Analysen sollen die Vorraussetzungen der Gebiete für die jeweiligen Wanderwege durchleuchten. Auf die Analyse des Rothaargebirges wird in Punkt 7.1.10 näher eingegangen. Tab. 11: Stärken- Schwächen- Analyse des Rothaargebirges Tourismus Schwächen Stärken - überregionaler Bekanntheitsgrad des + professionelle Vermarktung durch Gebietes im bundesweiten Vergleich Sauerland Tourismus e.V. verbesserungswürdig + gute Wanderinfrastruktur - teilweise Nutzungskonflikte zwischen + innovative Tourismusprojekte mit Land/Forstwirtschaft und Tourismus, bundesweitem Vorbildcharakter (z.B. insbesondere bezüglich Benutzung land- Rothaarsteig, Bike Arena Sauerland, und forstwirtschaftlicher Wege für Ruhrtal Radweg, Panorama- Park) Freizeitaktivitäten + Tagestourismus mit hoher Bedeutung - schlechte Verkehrsanbindung für die Region - Überlastung der Verkehrswege zu + Naturparke (Homert, Rothaargebirge, Hauptzeiten des Urlaubs- und Arnsberger Wald) Freizeitverkehrs + viele Museen und Kultureinrichtungen - begrenzte Einkaufsmöglichkeiten (Schloss Berleburg, Radiomuseum, - unangepasste Öffnungszeiten pilzkundliches Museum) -geringe Produktpalette + gut ausgebautes Gastronomieangebot, - touristische Wegweisung teilweise in vielen Teilen schon dem verbesserungsfähig Wandertourismus angepasst - kaum Wellness- Angebote + Wintersportmöglichkeiten, viel Schnee - große Entfernung zu den nächsten + Teile der Region mit sehr moderner Zentren Hotellerie - keine vollständige Integration der + zahlreiche Hotels und Gesamtregion in eine Destination, Gastronomiebetriebe sondern Bindung von Ressourcen in + Angebote im Gesundheitstourismus Landkreisorganisationen und Wellnessbereich - fehlende Dorfgastronomie Landschaft/ - teilweise Beeinträchtigung des + gepflegte Landschaft Natur/Umwelt vielfältigen Landschaftsbildes durch + hoher Waldanteil (weit über monotone Waldgebiete (Fichten und Bundesdurchschnitt) 67 Weihnachtsbaumkulturen) + vielfältige Mittelgebirgslandschaft mit - unterdurchschnittlicher Anteil von unzerschnittenen Landschaftsräumen, Naturschutzgebieten an der Gesamtfläche einzigartige Topografie - raues Klima + vielfältige Naturraumausstattung (z.B. wertvolle Biotope, FFH- Gebiete, Naturschutzgebiete) + gesunde Lebensbedingungen (z.B. gute Luft- und Umweltqualität) + Land- und Forstwirtschaft als wichtiger Faktor für den Erhalt der Kulturlandschaft + viele naturnahe, saubere Flüsse und Bäche + richtiger Winter Mobilität/ - ÖPNV- Versorgung außerhalb der + attraktive Dörfer und Städte mit Siedlungs- und Hauptverkehrszeiten unzureichend überschaubarer Struktur und - in Teilen des Gebietes ungünstige regionaltypischer Baukultur Verkehrsanbindung per Strasse und + Fachkliniken Schiene + Region größtenteils durch Schiene und - mangelndes ÖPNV- Angebot auch für Strasse an überregionale Touristen Entwicklungsachse angeschlossen - teilweise schlechtes Radwegenetz + starke lokale Traditionen bei der - relativ lange Fahrzeit zur nächsten Siedlungsstruktur Autobahn + geringer Verkehrslärm - noch zu gering ausgeprägtes regionales + aktives Vereinsleben, engagierte Selbstbewusstsein Menschen - Abwanderung von Menschen im + viele, oft traditionsreiche Kultur- und produktiven Lebensalter Bildungseinrichtungen - fehlende kulturelle Angebote + mehrere Schlösser (Adelsgeschlecht) Sozialstruktur Kultur/Identität + viele Feste und Märkte + Kur- und Erholungsgebiet + Menschen sind traditions- und naturverbunden + Gemütlichkeit Quelle: EUROPÄISCHES TOURISMUS INSTITUT GMBH 2008 und ZWECKVERBAND REGION WITTGENSTEIN 2007 6.2 Das Mittelrheintalgebiet von Bonn bis Wiesbaden Abb. 16: Das Mittelrheingebiet von Bonn bis Wiesbaden 68 Quelle: MAGICMAPS 2008 6.2.1 Geografischer Überblick Der Rheinsteig verläuft fast komplett entlang des Mittelrheintales in Rheinland- Pfalz, nur der erste Abschnitt verläuft durch Bonn und damit durch Nordrhein- Westfalen und der letzte Abschnitt vor Wiesbaden verläuft durch den Taunus in Hessen. Der Rhein trennt das Rheinische Schiefergebirge als mitteleuropäische Naturlandschaft in zwei Teile. Das im Landkartenbild schmetterlingsförmig aussehende Gebirge ist stark ausdifferenziert und wird untergliedert in das linksrheinische und das rechtsrheinische Schiefergebirge. Seine durchschnittliche Höhe liegt etwa 500 m. Das Rheinische Schiefergebirge wird im Westen und Südwesten vom Pariser Becken, im Süden von der Saar-Nahe-Senke, dem Mainzer Becken und der Wetterau, begrenzt. Den Ostrand bildet die zum Hessischen Bergland gehörende Hessische Senke. Am Nordrand sind das Niederrheinische Tiefland, die Niederrheinische Bucht und die Westfälische Bucht Teile des Nordeutschen Tieflands. Der östliche Teil des Rheinischen Schiefergebirges wird von der Lahn durchschnitten. Südlich der Lahn befinden sich Hintertaunus und Taunus, nördlich davon liegt das Lahn- Dill- Bergland sowie der Westerwald. Der östlichste Teil wird vom Kellerwald gebildet. Der westliche Teil des Rheinischen Schiefergebirges wird von der Mosel durchschnitten, südlich von ihr liegt der 69 Hunsrück, nördlich davon die Eifel und die Ardennen mit dem Hohen Venn. Neben den drei Großtal- Furchen des Rheines, der Lahn und der Mosel charakterisieren zwei größere intramontane Becken das Landschaftsbild, das Mittelrheinische Becken zwischen Koblenz und Andernach sowie das beiderseits der Lahn um Limburg gelegene Limburger Becken. Von Norden dringt die Niederrheinische Bucht entlang des Rheins weit in das Schiefergebirge ein, von Südwesten die Trierer Bucht. Im Bereich des Mittelrheintals bilden die Mittelgebirgslandschaften von Taunus, Hunsrück, Eifel und Westerwald mit dem Siebengebirge das Rheinische Schiefergebirge und grenzen mit den teilweise schroff abfallenden Hängen das Flusstal des Rheins (vgl. RHEINTAL.DE WESTERMANN 1987, S. 24 f.). 6.2.2 Geologie Rheingebiet Das Rheinische Schiefergebirge ist wie schon erwähnt im Zuge der Variszischen Orogenese entstanden und befindet sich im so genannten Rhenoherzynikum (= die aus Grundgebirge bestehende Nordzone des Variskischen Gebirges, die sich von Irland über den Süden Britanniens bis zur Böhmischen Masse zieht). Es kann deutliche Zusammenhänge in Struktur und geologischer Entwicklung mit dem Harz im Osten und den englischen Kohlebecken in Devon, Cornwall und Pembrokeshire im Westen aufweisen. Seine Gesteine sind, abgesehen von eng begrenzten Bereichen mit älteren Schichten, hauptsächlich in der Zeit des Devons und des Karbons entstanden. Am Rande gehen Gesteine aus der Zeit des Perms, der Trias, des Jura und der Kreide auf das Schiefergebirge über. In den Becken im inneren Teil des Schiefergebirges und der Niederrheinischen Bucht findet man in größerem Ausmaß Sedimente des jüngeren Erdzeitalters (Tertiär und Quartär). Hauptsächlich in der Eifel und im Westerwald sind vulkanische Gesteine aus dem Tertiär als auch aus dem Quartär vorzufinden. Das devonische Grundgebirge des Westerwalds wird von vulkanischen Massen aus dem Tertiär überlagert, insbesondere Basalte und Tuffe sind hier zu nennen. Das komplette Gebiet des Westerwalds lag im Erdaltertum, vor 600 bis 270 Mio. Jahren, unter einem tropisch warmen Meer. Dieser Meeresarm lagerte viele Kilometer dicke Sedimente in die variskische Geosynklinale ab, die bei der darauf folgenden Gebirgsbildung stark gefaltet wurden. Die am Nord- und Südwestrand des Westerwalds befindlichen Städte Siegen und Koblenz gaben auch zwei Schichten des Unter- Devon mit ihren bunten Schiefern ihre Namen. Den oberen Gebirgsstock bilden ausgedehnte vulkanische Decken aus Basalt mit eingelagerten Tuffen. Die ersten Nachweise des Rheins kann man bis in das Zeitalter des Miozän vor ca. 12 Mio. Jahren zurückverfolgen. Dabei wird ersichtlich, dass das Quellgebiet des Urrheins 70 wahrscheinlich im Bereich des Kaiserstuhlmassivs liegt. Der Urrhein hatte ein teilweise anderes Flussbett als es heute der Fall ist. Er strömte ab dem Gebiet um Worms quer durch Rheinhessen und floss in Richtung der Binger Pforte. Die Gegend von Oppenheim und Mainz berührte er allerdings nicht. Die Täler des Rheins sind charakterisiert durch geologische und geomorphologische Vorgänge. So hatte der Rhein in frühen Erdzeitaltern seinen Lauf in Mäandern in einem breiten und flachen Talgrund, der heute noch auf den Rheinhöhen zu erahnen und durch Rheinschotter auch nachzuweisen ist. Senkungen (Kölner Bucht) wie auch Hebungen bewirkten, dass der Rhein ins Mittelgebirgsvorland Sand und Schotter ablagerte und sich ins Rheinische Schiefergebirge bei dessen Hebung in „Zwangsmäandern“ einschnitt. Da die Hebung in verschiedenen Phasen erfolgte, wurde bei Stillstand wieder ein breiter Talboden ausgebaut, in den bei der darauf folgenden Hebung wieder eingeschnitten wurde. Die verschiedenen Hebungsphasen sind in den gleich hohen Flussterrassen beiderseits des Flusses ersichtlich. Die jüngste und auch niedrigste Terrasse stellt die „Inselterrasse“ im Flusslauf selbst dar. Im Schotterfächer des Rheins ab der Kölner Bucht unterscheidet man Niederterrasse, Mittelterrasse und Rheinische Hauptterrasse. Hier zeigten neben der Tektonik vor allem auch der unterschiedliche Wasserabfluss in den Kalt- und Warmzeiten während der Eiszeit ihre Wirkung (vgl. HENNINGSEN und KATZUNG 2006, S. 47ff. und WESTERMANN 2007, S.26 f.). 6.2.3 Böden In exponierten Positionen des Schiefergebirges findet man heutzutage Ranker- Böden, in geschützteren Lagen Braunerden aus solifluidal umgelagerten Verwitterungsprodukten von Grauwacken und Tonschiefern. Dort, wo die mesozoisch- tertiäre Verwitterungsdecke noch erhalten geblieben ist, treten stellenweise Fersiallite auf. Auch das Mittelgebirge ist teilweise von Löß bedeckt; in diesen Gebieten finden sich Parabraunerden und Braunerden. In den Senken und Tälern sind neben Gleyen meist Kolluvisole verbreitet. In ebenen Positionen der Niederrheinischen Bucht sowie der Bördelandschaft herrschen Braunerden und Parabraunerden aus Löß bzw. aus Hochflutlehm des Rheins vor, in Erosionslagen Pararendzinen aus Löß. In den Bereichen, wo die pleistozänen Rheinterrassen näher an die Oberfläche treten, finden sich Pseudogleye, z.B. auf den Horsten von Kottenforst und Ville (vgl. STEPHAN 1998). 6.2.4 Klima 71 Wegen des Zustroms milder Luft aus dem Süden kann das Gebiet überdurchschnittlich hohe Temperaturen aufweisen. Da die Wasseroberfläche des Rheins als Wärmespeicher für Temperaturausgleich sorgt, gibt es im Engtal des Mittelrheins auch bei extrem niedrigen Temperaturen nur in seltenen Fällen starken Frost. Die mittlere Jahrestemperatur liegt bei 9,4 Grad Celsius, im Winter liegen die Temperaturen im Schnitt etwa bei 2 Grad Celsius im Schnitt, im Sommer bei etwa 20 Grad. Das Mittelrheintal ist geprägt durch gemäßigte Winter, ein früh einsetzendes Frühjahr und eine langwährende Vegetation bis in den Spätherbst hinein. Im Durchschnitt der Jahre sind die Monate Juni, Juli und August die niederschlagsreichsten, insgesamt ist das Mittelrheintal aber mit einer Niederschlagshöhe zwischen 500 und 600 mm im langjährigen Mittel niederschlagsarm (WELTERBE MITTELRHEINTAL 2008 und WESTERMANN 1987, S. 24 f.). 6.2.5 Tourismus Der Tourismus ist ein entscheidender Faktor der Wirtschaftskraft innerhalb des Untersuchungsgebietes. Es hat seine nationale und internationale Bekanntheit durch den Rhein- Tourismus gewonnen, dessen Grundformen sich schon vor mehr als einem Jahrhundert herauskristallisiert haben. Ab den 50er Jahren bis zum Ende der 80er Jahre widerfuhr dem Mittelrhein ein anhaltender Tourismusboom. Das in den 60er und 70er Jahren vorhandene positive Image des Mittelrheintals als Ferien- und Tourismusregion ist sowohl im Inland als auch im Ausland mittlerweile abgeschwächt und teilweise sogar verblasst. Für diese Entwicklung ist zum einen das veränderte Urlaubsverhalten inländischer und ausländischer Touristen zur Verantwortung zu ziehen, zum anderen auch der mit Hochwassersituation, Lärmbelastung und Modernisierungsversäumnissen einhergehende Attraktivitätsverlust. Seit Beginn der 90er Jahre nahm der Tourismus eine verstärkte rückläufige Entwicklung. Während mehrtägige Urlaubsaufenthalte zurückgegangen sind, dominieren heutzutage die eintägigen Ausflugsfahrten vor allem per Schiff, Bus und Pkw. Neue Formen des Tourismus wie Clubreisen, Wochenend-, Durchreise- bzw. Tagestourismus haben zu einem Qualitätsverlust und Niveauverlust bei den touristischen Angeboten geführt, was eine negative Imagebildung der Tourismusregion Mittelrhein zur Folge hat. Das hohe Potenzial des Mittelrheintals als Freizeit- und Ferienregion soll durch Ausbau des kulturellen und touristischen Angebots weiter ausgebaut werden. Mit dem Rheinsteig und dem Rheinburgenweg hat man hervorragende Potentiale geschaffen, um in Zukunft wieder verstärkt Touristen anzulocken. Die Fremdenverkehrsstrukturen sind allerdings teilweise veraltet und unmodern. Hier gilt es den Anforderungen des modernen Touristen gerecht zu 72 werden, speziell der Wandertouristen. Die Kulturlandschaft bietet viele Ansatzpunkte für aktuelle Formen der Freizeitnutzung: Aktives Erleben und Erfahren der Landschaft wie auch stille Erholung, Wahrnehmung mit allen Sinnen, Ausstellungen usw. Besondere Aufmerksamkeit gilt momentan dem Agro- Tourismus. Positive Beispiele, die in der Region schon erzielt wurden, belegen hier das Potenzial dieses Entwicklungsansatzes. Ferien auf Winzer- oder Bauernhöfen, Heuhotels oder Hofcafés sind mögliche Projektansätze (vgl. LOKALE AKTIONSGRUPPE WELTERBE OBERES MITTELRHEINTAL 2007, S. 27). 6.2.6 Stärken- Schwächen- Analyse Auf die Analyse des Mittelrheingebietes von Bonn bis Wiesbaden wird in Punkt 7.2.10 näher eingegangen. Tab. 12: Stärken- Schwächen- Analyse des Mittelrheingebietes von Bonn bis Wiesbaden Schwächen Stärken - In einzelnen Bereichen fehlende + Eine Vielzahl an Touristikbetrieben öffentliche und private Infrastruktur für mit großem Potenzial zur Qualitäts- eine allgemeine Qualitätssteigerung und und Angebotsverbesserung Diversifizierung des touristischen + Weltweit bekannte, berühmte und Angebotes bedeutende Natur- und Kulturgüter - unzureichende Verknüpfung + Regionale Ansätze zur Verknüpfung touristischer Potenziale des endogenen wirtschaftlichen - Strukturwandel im Gastronomie- und Potenzials (Landwirtschaft, Weinbau, Beherbergungsbereich, ungeklärte Gastronomie,Beherbergung) vorhanden Betriebsnachfolgen, + Rheinsteig und Rhein-Burgen- z.T. großer Renovierungs- und Wanderweg sehr beliebt, Erneuerungsbedarf prosperierender Wandertourismus - unzureichende kommunenübergreifende + als Tourismusregion bekannt und v.a. rheinübergreifende + große touristische Angebotspalette Kommunikation und Marketing- + Rheinschifffahrt aktivitäten im Tourismus + wieder steigende Tourismuszahlen - teilweise negatives Image bei + Entwicklung von Tourismusprojekten qualitätsbewussten Touristen (z.B. Ferien auf dem Bauernhof) Landschaft/Natur/ - übernutztes Rheinufer + seltene Lebensräume/Biotope, Umwelt - keine optimalen Zugänge zum hohe Artenvielfalt (auch gefährdete Rheinufer Arten) - keine durchgehenden Fahrrad- und + Der Rhein Wanderwege am Rheinufer (außer + Rheinuferlandschaft, Rheinsteig) Waldrandlandschaft/Aussichtspunkte in Tourismus 73 - Zersiedlungen/Flächenversiegelung Höhenlagen - Monokultur (Weinanbauflächen) + ausgeprägte Weinkulturlandschaft - Flächendruck durch + hohe Erholungsfunktion der Nutzungsansprüche für Siedlung, Freizeit, Landschaft Verkehr und Tourismus auf begrenztem + hohe Lebensqualität Raum + UNESCO Weltkulturerbe „Oberes - hohe Immissionsbelastung Mittelrheintal“ durch Freizeitverkehr und Schifffahrt + mildes Klima - Starke Lärmbelastung entlang der + Sonderstandorte Rheinschiene + Trockenmauern Mobilität/ - Verlärmung + sehr gute Anbindung an den Siedlungs- und - Bahngleiche Übergänge Ballungsraum Frankfurt/ Rhein- Main, - Höhengleicher Bahnübergang B 42 in 3 Flughäfen in näherer Umgebung Rüdesheim am Rhein (Frankfurt, Hahn, Köln- Bonn) - unzureichende Rheinquerungen + A66, A643, B42 - schlechte ÖPNV- Anbindung + Zugverbindung Wiesbaden- Koblenz der Höhengemeinden und des ländlichen + hinreichende ÖPNV- Anbindung Raumes, insbesondere am Wochenende über Rheinschiene, auch an und an Feiertagen Wochenenden und Feiertagen - unzureichende Anbindung der + Anbindung an den Rhein als Stadtteile international bedeutsame Wasserstraße Sozialstruktur - fehlender flußbegleitender Rad- und Fußweg zwischen Rüdesheim am Rhein und Landesgrenze Kultur/Identität - Veranstaltungen auf Sommermonate + hohe Dichte an bedeutenden und Herbst konzentriert Kulturgütern - fehlende Finanzkraft zur Unterhaltung + alte Ortskerne von Kulturdenkmälern, Beispiel: + hochwertiges kulturelles Angebot in Hilchenhaus, Lorch und Brömserburg Verbindung mit dem nahe gelegenen - geringes „Wir- Gefühl“ Ballungsraum Frankfurt/Rhein-Main - geringe Vernetzung der regionalen + UNESCO Weltkulturerbe „Oberes Akteure Mittelrheintal“ - fehlende umfassende gemeinsame + Rheingau Musik Festival Leitbilder + Besondere Wein- und - zu geringer Bekanntheitsgrad Landschaftskultur („Weinklima“) außerhalb des Rhein- Main- Gebiets + Schutzgebiete von internationaler - hochpreisige Angebote Bedeutung Quelle: LOKALE AKTIONSGRUPPE WELTERBE OBERES MITTELRHEINTAL 2007 und FUTOUR 2004 74 6.3 Naturpark- Saar- Hunsrück Abb. 17: Der Naturpark Saar- Hunsrück Quelle: LANDKREIS SAARLOUIS 2008 Der Saar- Hunsrück- Steig verläuft fast komplett durch den Naturpark Saar- Hunsrück. Der Naturpark erstreckt sich über die Landkreise Birkenfeld, Bernkastel- Wittlich, MerzigWadern, St. Wendel und Trier- Saarburg. Dieses Gebiet ist vornehmlich ländlich strukturiert (vgl. LANDKREIS SAARLOUIS 2008). 6.3.1 Geografischer Überblick Das Charakteristische des Naturparks basiert auf der Vielfalt seiner Einzellandschaften. Der westliche Teil des Naturparks ist noch zum lothringischen Schichtstufenland zu zählen. Typisch für diese Region sind tief eingeschnittene Täler, Sandstein- und Kalkhänge mit abwechslungsreicher Vegetation sowie Flächen, die intensiv agrarisch genutzt werden (z. B. der Saargau). Auf das lothringische Schichtstufenland folgen nach Nordosten die Quarzitrücken der Hochwälder, die auffällig dicht mit Bäumen bewachsen sind. Dazwischen 75 liegen die relativ breiten Mulden, die parallel zu den Hochwäldern in SW- NE- Richtung angeordnet sind. Sie sind größtenteils waldfrei. Südlich reiht sich das vielfältige Hügelland der oberen Nahe und des Nohfeldener Porphyrmassivs an, das weitgehend aus vulkanischen Gesteinen besteht. Als Hochgebiet und Teil des südwestlichen Rheinischen Schiefergebirges ragt der Hunsrück zwischen Wittlicher Senke im Nordwesten und dem Saar- Nahe- Trog im Südosten auf. Im Nordosten geht er östlich des Rheins in den Taunus über und im Südwesten taucht er im Bereich des Saartales zur Pariser Schüssel hin ab (vgl. NATURPARK SAARHUNSRÜCK 2008a und DIERCKE WELTATLAS 1988, S. 26 f.). 6.3.2 Geologie Im Gebiet des Naturpark Saar- Hunsrück findet man Gesteine aus den Erdzeitaltern Paläozoikum, Mesozoikum und Känozoikum (Tertiär und Quartär). Die ältesten Gesteine sind Bestandteil eines kristallinen Grundgebirges, das unter mehreren tausend Meter dicken devonischen Sedimenten eingebettet ist. Diese grauen bzw. schwarzen Quarzite und Gneise als auch graue Phyllite sind nur an wenigen Stellen an der Oberfläche zu sehen, wie zum Beispiel bei Abentheuer, Schwollen und Mörschied. Einen beträchtlichen Anteil nehmen die devonischen Gesteinsserien mit Hunsrückschiefer und Taunusquarzit aus Sanden und Tonen des devonischen Meeres ein. Gesteine aus dem Erdzeitalter Trias sind nur im Westteil des Naturparks Saar- Hunsrück vorzufinden. Paläogeografisch gesehen gehören diese Gesteine wie Mittlerer und Oberer Buntsandstein in die Trier- Bitburger Mulde. Gesteine aus dem Muschelkalk- Zeitalter treten im Saarland rund um Freudenburg auf: Erdgeschichtliche Dokumente aus der jüngsten Vergangenheit gibt es im Hunsrück nur selten. Für die Entstehung des Landschaftsbildes, wie es sich heute darstellt, sind aber insbesondere die tektonischen Bewegungen im Tertiär und Quartär verantwortlich, die in Verbindung mit der Faltung und Heraushebung der Alpen stehen (vgl. HENNINGSEN und KATZUNG 2006, S.89 ff. und WESTERMANN 2007, S.26 f.). 6.3.3 Böden Im Natur Saar- Hunsrück sind folgende Bodentypen vorzufinden: Im Bereich der aus Taunusquarzit bestehenden Härtlingsrücken sind hauptsächlich nährstoffarme Rohböden wie Ranker, Podsole und podsolige Braunerden vorhanden. Die Hauptnutzungsart ist hier Forstwirtschaft. In den Tälern zwischen den Höhenrücken haben sich aus Lehmen Pseudobzw. Stagnogleye sowie podsolige und lehmige Braunerden herausgebildet, teilweise auch Moor- und Amooorböden. Die Terrassenflächen des Saartales enthalten Braunerden und 76 Parabraunerden sowie Rostbraunerden. Auf dem Talboden selbst finden sich Gleye und Auenböden (vgl. NATURPARK SAAR- HUNSRÜCK 2008a). 6.3.4 Klima Die klimatischen Bedingungen im Naturpark Saar- Hunsrück sind gekennzeichnet von der Lage innerhalb der außertropischen Westwindzone. Zudem kann das Gebiet aus dem Golfstrom Profit schlagen, der entlang der Westküste Europas verläuft. Er ist verantwortlich für ein wesentlich milderes Klima als es sonst innerhalb dieses Breitengrades üblich ist. Im größten Teil des Naturparks herrscht ein subozeanisch geprägtes Klima, das durch relative milde Winter und kühle Sommer (Jahresdurchschnittstemperatur liegt bei 7- 8°C) sowie relativ hohe Niederschläge zwischen 1.000 und 1.100 mm charakterisiert ist. Im Winter ermöglichen die großen Niederschlagsmengen in den höheren Gebieten des Hunsrücks Wintersport. Das Klima kann als mildes Reizklima beschrieben werden, dessen qualitativer Erholungswert überdies durch die niedrige Schadstoffbelastung der Luft gesteigert wird. In den Flusstälern wird das subozeanische Klima durch kontinentale Einflüsse überlagert. Die Niederschläge sind niedriger als in den Höhenlagen (700- 800 mm), die Temperatur dagegen höher. Der Jahresdurchschnitt liegt bei 9- 10°C, wobei die Temperaturen im Winter im Schnitt zwischen -2 und 2 Grad Celsius aufweisen, im Sommer zwischen 14 und 18 Grad Celsius (vgl. NATURPARK SAAR- HUNSRÜCK 2008a und DIERCKE WELTATLAS 1988, S. 24 f.). 6.3.5 Tourismus Die touristischen Erfolge in der Region Saar- Hunsrück basieren hauptsächlich auf der Attraktivität der Landschaft. Ein Großteil des Untersuchungsgebietes ist Teil des Naturparks Saar- Hunsrück, was die Region in besonderem Maße als wertvolle Kulturlandschaft für landschaftsbezogene Erholung auszeichnet. Des Weiteren assoziieren Gäste Gastfreundlichkeit und gutes Essen mit dem Saar Hunsrück- Gebiet. Im Untersuchungsgebiet wurden in der letzten Zeit touristische Infrastrukturen als eine wichtige Grundlage für die weitere Inwertsetzung der Landschaft eingerichtet. Insbesondere sind hierbei der SaarHunsrück-Steig als Premium-Wanderweg oder der Ruwer- Hochwald- Radweg als Beitrag zum „Radwanderland Rheinland- Pfalz“ und „Saar- Wanderland“ zu nennen. Zudem ist die Errichtung einer „Viezstrasse“ geplant. Weiterhin ist im Rahmen des Regionalmanagements Hochwald derzeit eine touristische Reaktivierung der Hunsrückbahn von Hermeskeil über Thalfang am Erbeskopf nach Morbach geplant. Diese Infrastrukturen dienen als 77 Anziehungspunkte für Gäste und bieten damit eine hervorragende Basis zur Erhöhung der touristischen Wertschöpfung in der Region. Im Beherbergungs- und Gaststättengewerbe bestehen noch deutliche Entwicklungspotenziale, sowohl bei der Schärfung des Profils als auch bei der Sicherung von einheitlichen Qualitätsstandards. Die Profilschärfung bedeutet im Untersuchungsgebiet auch die Stärkung der Identität der Region. Zur Identität gehören sowohl die einzigartige Landschaft wie auch die lebendigen und lebenswerten Dörfer. Ziel der Tourismusverantwortlichen im Gebiet ist es, die regionale Wertschöpfung zu erhöhen, indem das touristische Profil als Natur-Aktiv-Urlaubsregion weiter entwickelt und das Gastronomieund Beherbergungsangebot ausgebaut und qualitativ verbessert wird (vgl. LOKALE AKTIONSGRUPPE ERBESKOPF 2007). Allerdings wird das Saar- Hunsrück- Gebiet auch immer mit seiner Abgeschiedenheit und Unbekanntheit zu kämpfen haben. Gerade deshalb muss man, obwohl die Umsatzentwicklung des saarländischen Gastgewerbes ein wenig erfreuliches Ergebnis aufweist und ein kurzfristiges Aufbrechen der Konsumzurückhaltung der Bundesbürger nicht zu erwarten ist, durch Investitionen und Modernisierungsmaßnahmen, aber auch durch ein gezieltes Marketing, zukünftig noch stärkere Anreize schaffen, die Menschen dazu bewegt, den Naturpark Saar- Hunsrück zu bereisen. Im Blickpunkt sollte hierbei nicht nur das Inland, sondern auch das noch nicht ausgeschöpfte Potenzial im Ausland stehen, das mit den vielen Flughäfen der Region in Verbindung gebracht werden könnte. Die vielen Anstrengungen der letzten Zeit, vor allem der Tourismuszentrale Saarland, zeigen, dass das Saarland auf dem richtigen Weg ist. Man wird aller Voraussicht nach auch in Zukunft leichte, aber stetig steigende Zahlen im Gastgewerbe verzeichnen können. Besonders ist hier der Einfluss des Wandertourismus hervorzuheben, durch den das Saarland und RheinlandPfalz, gerade durch die überdurchschnittlich gut bewerteten Premiumwege und die entsprechende Vermarktung, hohe Zuwachsraten erzielen können. Deshalb liegen neben den Großveranstaltungen die Schwerpunkte der geplanten bzw. bereits eingeleiteten Investitionen in der Region insbesondere im Ausbau der Wanderwege und des Radwegenetzes. Neben dem Wandertourismus wird in Zukunft auch der Gesundheits- und Wellnesstourismus eine große Rolle im Saar- Hunsrück- Gebiet spielen, worauf bereits die Durchführung des „Gesundheitskongress Wandern“ oder des „Detschen Wandertags“ im Jahr 2007 im Saarland hindeutet. Themenschwerpunkte bei der Vermarktung des Saarlandes sind: Kulinarisches und Wellness, Funsport und inszenierte Kulturgeschichte (vgl. SPARKASSENTOURISMUSBAROMETER SAARLAND, S. 88f.). 78 6.3.6 Stärken- Schwächen- Analyse Auf die Analyse des Naturpark Saar- Hunsrück wird in Punkt 7.2.10 näher eingegangen. Tab. 13: Stärken- Schwächen- Analyse des Saar- Hunsrück- Gebietes Tourismus Schwächen Stärken - Rückgang der Aufenthaltsdauer + hervorragende Voraussetzungen für - Rückgang der Anzahl der Erholungssuchende Beherbergungsbetriebe + Anstieg der Gästezahlen - wenig ausgeprägtes touristisches Profil + zahlreiche reizvolle Freizeitangebote - Saar hat immer noch schwaches Image für Einheimische und Gäste - Konkurrenz mit anderen Destinationen + zahlreiche historische und - geringes Interesse des Beherbergungs- geologische Sehenswürdigkeiten und Gaststättengewerbes an + attraktive Wegekonzepte: Saar- Zertifizierungsangeboten Hunsrück-Steig, Ruwer- Hochwald- - geringer Bekanntheitsgrad als Radweg, Reaktivierung der Ferienregion Hunsrückbahn - unzureichende Dienstleistungsqualität + Lage der Region im Dreiländereck -stellenweise ein qualitativ und D – F – Lux ist touristisches quantitativ unzureichendes Alleinstellungsmerkmal gastronomisches Angebot. + vielfältiges Kulturelles und -Vernetzung zwischen Tourismus und historisches Erbe (Industrie, römisches örtlicher Gastronomie ist ebenfalls und keltisches Erbe) unzureichend +Lage in und zwischen 2 Naturparken - unzureichendes Angebot für größere + sehr gute touristische Wegeinfra- Reisegruppen struktur - moderne Angebote im Wellness- und + Erholungs- und Weintourismus Gesundheitstourismus nicht in + Ausflugschifffahrt ausreichendem Maße vorhanden + im Landesvergleich überdurch- - vergleichsweise hohes Preisniveau schnittlich hohe Aufenthaltsdauer - Angebote im Wein- und Erholungstourismus nicht ausgeschöpft Landschaft/Natur/ - ungünstige Standortbedingungen + reizvolle, teilweise waldreiche Umwelt für die Landwirtschaft Landschaft - Beeinträchtigungen des Naturhaushaltes + hochwertige Naturraum-potenziale durch: + bedeutende Flora- Fauna- Habitat ► Flächenverbrauch durch Ausweisung (FFH)-Gebiete im Aktionsgebiet von Neubaugebieten + Naturpark Saar-Hunsrück als ► Verbrachung der wichtiger Bestandteil Weinkulturlandschaft (in diesem + geologische und geomorphologische Zusammenhang: negative Wasserbilanz, Vielfalt 79 Erhöhung des + naturkundliche Besonderheiten, Oberflächenabflusses) Biodiversität ► Verbuschung von Streuobstwiesen + Bindeglied zwischen zwei - drohender Artenverlust durch Naturparken Nutzungsaufgabe + weinbaulich, land- und forstwirtschaftlich geprägte Landschaft. + historische Kulturlandschaft in Teilen des Gebietes + hoher Waldanteil im Landesvergleich Mobilität/Siedlungs- - kleinteilige Siedlungsstruktur mit und Sozialstruktur + gute Anbindung an europäische zahlreichen sehr kleinen Orten Flugziele durch Flughäfen - zunehmender Rückgang der Frankfurt/Hahn, Luxemburg, Grundversorgungsinfrastruktur Saarbrücken und Zweibrücken - gute überregionale Straßenverkehrs- + weitere Reaktivierung von anbindung nur für Teile des Gebietes Bahnstrecken in Planung - lückenhaftes ÖPNV- Angebot in weiten + Nähe zum Wirtschaftsraum Teilen des Gebietes Luxemburg - überregionale Verkehrsanbindung + stabile Bevölkerungsstruktur: an das europäische Netz sowie die + Wohnumfeld mit hoher Wohnqualität Anbindung vieler Gemeinden an den + überdurchschnittliche ÖPNV (insb. an Rheinland-Pfalz-Takt) Siedlungsflächennachfrage bedingt ist unzureichend durch Zuzüge in die Region (Arbeiten - Geringe Finanzkraft der Gemeinden in Luxemburg, Leben in Moselfranken) - Hohe Standortdisparität zu Luxemburg Kultur/Identität Quelle: - Menschen teilweise unflexibel + in weiten Teiles des Gebietes noch - fehlende Offenheit und Toleranz der funktionierende sozial- Bevölkerung gemeinschaftliche Netzwerke - zu geringer Bekanntheitsgrad der + Gastfreundlichkeit Region + „Schlemmer- Kultur“, „Grill- Kuktur - relativ wenig kulturelle Angebote + Nähe zu Frankreich und - geringe Affinität zum Erlernen einer Luxemburg Fremdsprache + Saarländische Lebensart, - touristisches und kulturelles französisch geprägt Bewusstsein der Bevölkerung ist derzeit + Kontrast „Industrie – noch schwach ausgeprägt Natur“ auf kleinem Raum EUROPÄISCHES TOURISMUS INSTITUT GMBH 2000 und DWIF- CONSULTING 2006 80 7 Die Untersuchung der Wanderwege Rothaar-, Rhein- und Saar- Hunsrück- Steig 7.1 Rothaarsteig Abb. 18: Logo Rothaarsteig Quelle: ROTHAARSTEIGVEREIN E.V. 2008 Abb. 19: Der Rothaarsteig Quelle: ROTHAARSTEIGVEREIN E.V. 2008 81 7.1.1 Beschreibung des Rothaarsteiges Der Rothaarsteig ist 154,8 km lang und verläuft von Brilon nach Dillenburg mit zwei zusätzlichen Varianten im Hochsauerland (14,0 km) und Westerwald (53,0 km). Zum Rothaarsteig führen 87 offizielle Zugangswege, zahlreiche Erlebnisstationen zu den Themen Wald, Wasser, Natur und Historie. Zudem befinden sich mehr als 100 zertifizierte „Qualitätsbetriebe Rothaarsteig“ am Weg. Der Weg ist in 8 Einzeletappen eingeteilt. Wenn die ganze Strecke erwandert wird, hat man 3139 Höhenmeter zu überwinden. Der Rothaarsteig ist ein moderner Weitwanderweg für Naturgenießer. Weit weg vom lärmenden Alltag in städtischen Kunstwelten erleben die Wanderer natürliche Stille und ursprüngliche Landschaft in einem der größten zusammenhängenden Waldgebiete Europas. Der Weg verläuft über den Kamm des Rothaargebirges und verbindet die alte Hansestadt Brilon im Sauerland über das Wittgensteiner Bergland und das Siegerland mit der Oranierstadt Dillenburg am Fuß des Westerwaldes. Er ist mit dem roten Rothaarsteig-Logo auf weißem Grund markiert und bietet zusammen mit der informativen Beschilderung eine hohe Orientierungssicherheit. Mit der Variante durch das schluchtartige Grubental in Schmallenberg und der aussichtsreichen Bergvariante über die Fuchskaute im Hohen Westerwald können die Wanderer insgesamt 220 Kilometer Rothaarsteig erleben. Die 52,5 Kilometer lange Bergvariante („Westerwaldvariante“) ist ein vom Rothaarsteig abzweigende Wegvariante, die teilweise durch den Westerwald verläuft. Sie zweigt im Gebiet der Kalteiche in Richtung Süd- Südwesten ab, führt hinüber zum „Hohen Westerwald“ und von dort in Richtung Nordosten nach Dillenburg. Dabei führt sie ebenfalls über Berge, vorbei an Fließgewässer- Quellen und Natur- und Kulturdenkmälern. Zudem führt der Weg auch durch Naturschutzgebiete (vgl. GALLAS 2008a). Der „Talweg“ (13,7 Kilometer lang), der auch „Hochsauerlandvariante“ genannt wird, ist der zweite Abzweig des Rothaarsteigs. Der Steig führt über eine Vielzahl naturnaher Wege, über Pfade und Waldwirtschaftswege. Um den Weg herum gibt es einiges für Naturliebhaber zu entdecken – Wälder, Bergheiden und etliche Quellen. Wald und Wasser sind die Themen, die den Wanderer die gesamte Strecke über begleiten. In der Nähe des kleinen Dorfes Kühhude kann der Wald sogar auf Augenhöhe durchleuchtet werden. Eine 40 m lange Hängebrücke führt hier über eine kleine Waldschlucht und gewährt einen neuen und sehr informativen Einblick in das Thema „Ökosystem Wald“. An der Ruhrquelle bei Winterberg führt ein Holzsteg direkt durch den natürlichen Quellbereich und im naturnahen Edertal gibt es verschiedene Informationstafeln zum Thema Wasser. Einen besonderen Einblick in die Natur ermöglichen die speziell für den Rothaarsteig entworfenen Waldmöbel. Während der Pause auf Vesperinsel, Waldsofa oder Waldschaukel 82 können die Wanderer außergewöhnliche Ausblicke in die Landschaft genießen. Mit den modernen gestalteten Schutzhütten im Rothaarsteig- Design werden sogar Wildwetterwanderungen zu einem Erlebnis. Noch offen gebliebene Fragen rund um den Rothaarsteig beantworten die Original Rothaarsteig- Ranger. Sie wissen über den Steig und die Region perfekt Bescheid. Neben der Pflege der Wege und der Waldmöbel gehören auch geführte Erlebniswanderungen zu ihren Aufgaben. Man erkennt sie am typischen Rangerhut. Die wanderfreundlichen Ferienwohnungen, Pensionen, Gasthöfe und Hotels sind mit dem Label „Qualitätsbetrieb Rothaarsteig“ ausgezeichnet. Sie bieten den professionellen Rahmen für einen angenehmen Aufenthalt am Rothaarsteig. Wanderberatung über den Rothaarsteig und regionale Wanderangebote, Hol- und Bringservice vom/zum Steig (vgl. MASEPO GMBH 2008). 7.1.2 Philosophie Nach der Meinung des Rothaarsteigbüros zählt das Rothaargebirge „mit seiner besonderen Naturnähe, den sanft geschwungenen Linien, den klaren Gewässern sowie dem Reichtum an Aussichten“ (ROTHAARSTEIGVEREIN E.V.) zu den attraktivsten Wanderregionen in Deutschland. So wurde der Rothaarsteig konsequent nach landschaftspsychologischen Gesichtspunkten angelegt und die Angebote an den Ansprüchen und Wünschen des zeitgenössischen Wanderpublikums orientiert. Beispiele dafür sind: Die Errichtung von Erlebnisstationen, eines eigenen Rothaarmobiliars und die Qualitätsbetriebe am Rothaarsteig. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass aufgrund der wenigen kulturellen Attraktionen das Naturerlebnis um den Rothaarsteig einen ganz besonderen Einfluss hat. Dabei stehen die Themen Wald und Wasser im Vordergrund, gleichzeitig spielt auch der Qualitätsgedanke eine nicht minder große Rolle (vgl. ROSENKRANZ 2007 und ROTHAARSTEIGVEREIN E.V.). 7.1.3 Organisation 7.1.3.1 Projektplanung und Umsetzung Gegen Ende des Jahres 1997 wurde der Hauptarbeitskreis Rothaarsteig zur Klärung von Grundsatzfragen wie z.B. der Wegeführung und des Namens (Mitglieder: Touristiker, Kommunalvertreter, Wandervereine, Forstämter, Waldbesitzer, u. a.) eingerichtet. 1998 wurde der Rothaarsteig als großes Gemeinschaftsprojekt (3 Länder, 6 Kreise, 23 Kommunen) weiter entwickelt. Dabei wurden folgende Konzepte und Maßnahmen erarbeitet: 83 ►Konzept der Forstämter zur Darstellung von Themen rund um den Wald ►Abstimmung mit verschiedenen Ämtern, Behörden und Organisationen ► Überarbeitung des zuführenden Wegenetzes durch die Wandervereine ►Erarbeitung von Förderanträgen an das Land Nordrhein- Westfalen über die Bezirksregierung Arnsberg (war verantwortlich für Infrastruktur und Marketing) ►Eigener Förderantrag der hessischen Kommunen an das Land Hessen für Infrastrukturmaßnahmen Im Dezember 1998 erfolgte dann die Einrichtung des Projektbüros Rothaarsteig mit einer Kraft, bevor im August 1999 ein weiterer Mitarbeiter im Projektbüro eingestellt wurde. Gleichzeitig wurde auch der Trägerverein „Rothaarsteigverein e. V.“ zunächst mit Privatpersonen gegründet. Im Jahr 2000 folgten etliche Arbeitsgruppensitzungen zu den Themen (Marken-)Philosophie, Corporate Design, Infrastruktur, Marketing und Verkauf, Angebotserstellung und Qualifizierung. Aus diesen Sitzungen ging auch die endgültige Abstimmung des Wegeverlaufs mit den Grundeigentümern und Forstämtern hervor. Mit dem Waldbauernverband NRW und dem „Sauerländischen Gebirgsverein“ erarbeitete man Rahmenvereinbarungen zur Regelung von Grundsatzfragen (Verkehrssicherung, Markierung, etc.). Im Juni 2000 wurde die offizielle Gründung des Rothaarsteigverein e. V. bekannt gegeben und die Anliegerkommunen, Tourismusstellen, Forstämter, Wandervereine, der Naturpark Rothaargebirge, Waldbesitzerverbände und fördernde Mitglieder traten dem Verein bei. Auf der ITB in Berlin im März 2001 wurde der Rothhaarsteig zum ersten Mal auf dem Markt vorgestellt. Im März 2001 erfolgte die Einstellung einer zusätzlichen Mitarbeiterin für das Marketing und den Vertrieb. Am 6. Mai 2001 fand die offizielle Eröffnung des Rothaarsteigs an der Ginsburg in Hilchenbach- Lützel statt. Im weiteren Verlauf des Jahres begann man mit der Installation der Infrastruktur (Mobiliar, Beschilderung, Erlebnisstationen, Infotafeln) und den Marketingaktivitäten (Wanderkarte, Bildband, Pauschalangebote, Gastgeberverzeichnis, Internet, Anzeigenserie). Zudem wurden die ersten „Qualitätsbetriebe Rothaarsteig“ zertifiziert. Das Jahr 2002 war geprägt durch die weitere Umsetzung der Infrastruktur- und Marketingmaßnahmen. 2003 begann der Einsatz von sechs „Rangern“ der Landesforstverwaltung Nordrhein- Westfalen als Ansprechpartner vor Ort. Im gleichen Jahr erschien der „ErlebnisWanderführer Rothaarsteig“ und der Rothaarsteigverein nahm zum ersten Mal an der Wander- und Trekkingmesse „TourNatur“ in Düsseldorf teil. Des Weiteren bereitete man die Ausbaustufe II des Rothaarsteigs vor, die dann in den Jahren von 2004 bis 2007 umgesetzt wurde. Diese Ausbaustufe umfasste folgende Punkte: 84 ►Infrastruktur (Beschilderung, Schutzhütten, Renaturierungsmaßnahmen, Wanderportale, Rundtouren, etc.) ►Marketing (Imagebroschüre, online- buchbarkeit, zusätzliche Angebote) Ab 2007 erfolgte dann die Vorbereitung der Projektphase III und die Bewältigung der KyrillSchäden. Seit 2008 läuft die Umsetzung der Projektphase III, die sich im Wesentlichen auf die Beseitigung der Kyrill- Schäden, die Nachzertifizierung durch das Deutsche Wanderinstitut und die Qualitätssicherung- und Steigerung bezieht (vgl. ROSENKRANZ 2007). 7.1.3.2 Organisationsstruktur Der Rothaarsteig wird von dem Projektträger Rothaarsteigverein e.V. betreut. Der Haushalt des Vereins weist ein eigenes Marketingbüro aus, das in Schmallenberg liegt und mit 2,5 Stellen besetzt ist. Dabei entfällt eine ganze Stelle auf Herrn Knoche, der sich um die Infrastruktur des Steiges kümmert, eine weitere ganze Stelle auf Herrn Rosenkranz, der sich für Marketing und Vertrieb einsetzt und letztendlich eine halbe Stelle auf Frau Fischer von der Agentur „Ferienservice Schmallenberger Sauerland“, die für die Qualitätsbetriebe am Rothaarsteig zuständig ist. Die Agentur sitzt praktischerweise im gleichen Haus wie das Marketingbüro. Sie arbeitet das Büro bezüglich der Vermarktung von Reisen zu und bietet selbst viele Pauschalangebote zum Wandern auf dem Rothaarsteig. Weitere Mitglieder des Rothaarsteigvereins sind: die 6 Anliegerlandkreise, die 24 Anliegerkommunen, die zuständigen Tourismusstellen und Forstämter, Wandervereine, der Naturpark Rothaargebirge, Waldbesitzerverbände, eine AG Marketing und fördernde, private Mitglieder (vgl. ROSENKRANZ 2007). 7.1.4 Infrastruktur 7.1.4.1 Verkehrsanbindung Am Rothaarsteig gibt es vier Verkehrsverbünde: ► Zweckverband Ruhr-Lippe (ZRL) ► Zweckverband Personennahverkehr Westfalen Süd (ZWS) ► Verkehrsverbund Lahn Dill (VLD) ► Rhein-Main-Verkehrsverbund GmbH (RMV) und DB Regio Westfalen. Die nächsten größeren Bahnhöfe befinden sich in Siegen bzw. Marburg und liegen damit mindestens zwei Stunden Fahrt vom Rothaarsteig entfernt. Die Anreise aus größeren Städten 85 braucht dementsprechend noch länger. Der Rothaarsteig ist am Anfangs- und Endbereich jeweils gut mit kleineren Bahnhöfen vernetzt, allerdings findet man auf dem größten Teil des Weges kaum einen Bahnhof. Da der Weg meistens abseits von Ortschaften liegt, ist er auch sehr schwer mit dem Bus zu erreichen. Als Anreisemittel dominiert hier natürlich mit großem Abstand das Auto (vgl. ROSENKRANZ 2007). 7.1.4.2 Qualitätsbetriebe Um den Rothaarsteig herum gibt es momentan 172 Gastbetriebe, die auch im Gästeverzeichnis des Rothaarsteigvereins e.V. aufgelistet sind. Darunter befinden sich 26 Betriebe, die als „Qualitätsbetriebe Rothaarsteig“ ausgezeichnet sind (Hotels, Gasthöfe und Pensionen) (ROSENKRANZ 2007). 7.1.4.3 Natur/Kulturdenkmäler Im Rothaargebirge gibt es vergleichsweise wenig Natur- und Kulturdenkmäler. Zu nennen sind: die Bruchhauser Steine, den Langenberg, den Kahlen Asten, den Rhein-Weser-Turm, die Ginsburg, Schloss Berleburg, das Radiomuseum, das pilzkundliche Museum und mehrere Quellen von Fließgewässern wie jene der Ruhr, Eder, Sieg und Lahn. Das Gebiet um den Rothaarsteig ist zudem äußerst dünn besiedelt (vgl. ROSENKRANZ 2007). 7.1.4.4 Wegeformat Da der Rothaarsteig wegen dem Sturm „Kyrill“ momentan nachzertifiziert wird, werden auch keine genauen Angaben zum Wegeformat und zu den Punktzahlen vom Deutschen Wanderinstitut veröffentlicht. Allerdings stellte das Rothaarsteigbüro dem Verfasser Kartenmaterial mit Daten zum Wegeformat zur Verfügung, die Aufschluss geben über die Erstkartierung des Rothaarsteiges. Der Weg ist dabei in drei Kategorien (Asphalt, Schotter, Wald) aufgeteilt, die sich wiederum in Unterkategorien gliedern (gut, mäßig, schlecht). Dabei wird ersichtlich, dass guter Schotter der am häufigsten vorkommende Belag ist vor gutem Waldboden. Danach folgt schon guter Asphalt, der beim Rothaarsteig größere Teile einnimmt als bei Rhein- oder Saar- Hunsrück- Steig. 86 7.1.5 Zertifizierung durch das Deutsche Wanderinstitut Die Daten werden wie die Daten des Wegeformates laut Herrn Erbes vom Deutschen Wanderinstitut voraussichtlich erst im Herbst 2008 veröffentlicht (vgl. ERBES 2007). Herr Rosenkranz erhoffte sich noch im Dezember, dass der Weg bis Mai 2005 nachzertifiziert ist, aber Sturm „Emma“ hat die Bemühungen am Rothaarsteig wieder weit nach hinten geworfen. 7.1.6 Marketingbereich Besonders hervorzuheben ist im Marketingbereich, dass der Rothaarsteig Mitglied der Marketingkooperation „Top Trails of Germany“ ist, was ihm etliche Vorteile bietet, besonders bei der überregionalen und internationalen Vermarktung (siehe www.top-trails-ofgermany.de) (vgl. ROSENKRANZ 2007). 7.1.6.1 Finanzierung Beim Rothaarsteig wird eine Fehlbedarfsfinanzierung angewandt. Dabei wird ein mittelfristiger Finanzierungsplan über 5 Jahre erstellt, bei dem das benötigte Budget genau definiert wird. Von diesem Budget wird dann das abgezogen, was aus eigener Kraft erwirtschaftet werden kann und was an Fördermitteln eingenommen wird. Der Restbetrag wird schließlich anteilsmäßig auf die Kreise und Kommunen verteilt. Bei der weiteren Aufschlüsselung kommt es unter anderem auf das touristische Potential und den Streckenanteil der Kommunen und Kreise an. Der Weg wird zu 60% aus öffentlichen und zu 40% aus privaten Mitteln finanziert. Mit der Zeit soll der öffentliche Anteil, wie bei allen anderen professionell vermarkteten Wanderwegen auch, so weit wie möglich verringert werden. Das jährliche kommunale Steueraufkommen beträgt rund 0,7 Mio. Euro, davon stammen: ►68,0 % aus Nordrhein-Westfalen ►23,8 % aus Hessen ►6,5 % aus Rheinland-Pfalz ►1,7 % aus anderen Bundesländern (vgl. ROSENKRANZ 2007). 87 7.1.6.2 Budgetplan/Marketingplan Tab. 14: Budgetplan Rothaarsteig 2007 (Ausgaben) Nummer Maßnahme Ausgaben 1 Verwaltungskosten 168.000 2 Marketing 187.500 3 Lfd. Kosten Infrastruktur 99.500 4 Abschreibungen 168.500 5 Sonstige Ausgaben 1.500 625.000 Summe Quelle: eigene Darstellung nach ROSENKRANZ 2007 Tab. 15: Budgetplan Rothaarsteig (Einnahmen) Nummer Maßnahme Einnahmen 1 Projektzuschüsse 96.000 2 Betriebliche Erlöse 191.000 3 Fördergelder 99.500 4 Sonstige neutrale Erlöse 238.500 Summe 625.000 Quelle: ROSENKRANZ 2007 Die Budget zahlen sind beim Rothaarsteig 2007 sehr hoch, da die Schäden, die durch den Sturm „Kyrill“ verursacht worden sind, enorme Kosten mit sich brachten. Das Budget des Rothaarsteigs liegt in Normaljahren bei etwa 450.000 Euro. Das Budget für den Steig seit dem Start beträgt ca. 4,5 Mio. Euro. Der maximale Betrag, den ein am Rheinsteig beteiligter Ort bezahlen muss, betrug 7.500 Euro im Jahr 2007. Der maximale Betrag, den ein Kreis bezahlen muss, betrug 22.000 Euro im Jahr 2007 (vgl. ROSENKRANZ 2007). 88 Marketingplan 2007 (Sondersituation Kyrill) Tab. 16: Der Marketingplan des Rothaarsteigs 2007 (Ausgaben) Nummer Maßnahme Ausgaben 1 Herstellung/Wareneingang 60.000 2 Vertrieb 30.000 3 Prospekte 17.500 4 Bilder 5.000 5 Messen, PR, Werbung 40.000 6 Internet 7.500 7 Fachberatung 20.000 8 Sonstige Werbekosten 7.500 187.500 Summe Quelle: eigene Darstellung nach ROSENKRANZ 2007 Tab. 17: Der Marketingplan des Rothaarsteigs 2007 (Einnahmen) Nummer Maßnahme Einnahmen 1 Druckerzeugnisse 57.000 2 Wander Shop 17.500 3 Lizenzen, Gebühren, Provisionen 74.000 4 Anzeigenerlöse 5.000 5 Messen, PR, Werbung 40.000 6 Sponsoring 25.000 7 Sonstige Werbekosten 5.000 183.500 Summe Quelle: eigene Darstellung nach ROSENKRANZ 2007 7.1.6.3 Wirtschaftliche Bedeutung Im Vergleich zu Rheinsteig und Saar- Hunsrück- Steig, die noch nicht so lange eröffnet sind, wurde beim Rothaarsteig schon eine Wirtschaftsstudie durch das Deutsche Wirtschaftswissenschaftliche Institut für Fremdenverkehr e.V. an der Universität München erstellt. Im Rahmen dieser Studie wurden 600 Tages- und Übernachtungsgäste an 6 Standorten am Rothaarsteig und 50 Beherbergungsbetriebe befragt. Die Studie belegt, dass der Rothaarsteig nicht nur das touristische Aushängeschild für das Sauerland, Wittgenstein, das Siegerland und das Lahn- Dill- Bergland ist, sondern auch ein bedeutender 89 Wirtschaftsfaktor. Demnach gaben 1,2 Mio. Tagesausflügler und 300.000 Übernachtungsgäste im letzten Jahr im Gebiet um den Rothaarsteig 32,91 Mio. Euro aus. Davon floss der größte Teil, 24,30 Mio. Euro, in die Gastronomie. Aber auch der Einzelhandel (5,7 Mio.) und Dienstleistungsgewerbe (2,91 Mio.) können Vorteile aus dem Wandertourismus zwischen Brilon und Dillenburg ziehen. Dabei zeigt sich ein positiver Nebeneffekt: der Rothaarsteig sichert ca. 800 Arbeitsplätze in der Region, die Einkommenseffekte liegen insgesamt bei 16,76 Mio. Euro. Bemerkenswert ist, dass sich über 90% der Tages- und Übernachtungsgäste darüber bewusst waren, auf dem Rothaarsteig unterwegs zu sein. Nach anderen Studien des dwif ist dieser „Bewusstseinsgrad“ ungewöhnlich hoch. Fast die Hälfte der Tagesgäste war schon zwischen 2- und 5-mal auf dem Rothaarsteig unterwegs und über 20% zum ersten Mal. Bei den Übernachtungsgästen liegt der Anteil der Erstbesucher bei knapp 60%, knapp ein Drittel war schon zwischen 2- und 5-mal unterwegs. Knapp 90% der Tagesgäste sind sicher, den Rothaarsteig wieder zu besuchen und über die Hälfte der Übernachtungsgäste planen ebenfalls wieder zu kommen Zudem wurde das jährliche kommunale Steueraufkommen errechnet. Dieses beträgt rund 0,7 Mio. Euro. Bezüglich der Herkunft der Tagesgäste lässt sich sagen, dass 68,0% aus Nordrhein- Westfalen , 23,8% aus Hessen , 6,5% aus Rheinland-Pfalz und 1,7% aus anderen Bundesländern stammen. Bei den Übernachtungsgästen stammen 71,4% aus NordrheinWestfalen , 6,3% aus Hessen , 3,9% aus den Niederlanden , 3,3% aus Niedersachsen , 2,6 % aus Rheinland-Pfalz und 12,5% aus anderen Regionen . Betrachtet man das Anreisemittel, zeigt sich, dass 85,0% der Tagesgäste und 79,8 % der Übernachtungsgäste mit dem PKW zum Rothaarsteig reisen, 4,8% der Tagesgäste und 21,1 % der Übernachtungsgäste nutzen die Bahn, 9,2% Übernachtungsgäste nutzen das Fahrrad und der Tagesgäste jeweils 2,0% und nutzen (Mehrfachnennungen waren möglich). Für 73,2% der Tagesgäste und 1,0% den der ÖPNV 82,5% der Übernachtungsgäste spielt der Rothaarsteig an sich eine große oder ein sehr große Rolle, die Region zu besuchen. Für 52,2 % der Tagesgäste und 58,6% der Übernachtungsgäste spielt die die Infrastruktur eine große oder ein sehr große Rolle, in die Region zu reisen. Für 28,9% der Tagesgäste und 43,8% der Übernachtungsgäste spielt die Entfernung zum Rothaarsteig eine große oder ein sehr große Rolle, in die Region zu kommen. Für 69,8% der Tagesgäste und 84,6 % der Übernachtungsgäste zum ist Wandern am Rothaarsteig der Hauptanlass Besuch des Steiges. Erholen, Entspannen oder ein kurzer Spaziergang folgen danach als Motive. Für fast die Hälfte (48,0%) der befragten Beherbergungsbetriebe ist der Rothaarsteig die wichtigste Wanderdestination für ihr Haus. Für 80% der Betriebe spielt der 90 Rothaarsteig in den eigenen Marketingaktivitäten eine wichtige (30%) oder sehr wichtige (50%) Rolle, für nur 6 % spielt der Rothaarsteig eine untergeordnete Rolle. 76% aller Beherbergungsbetriebe im Rothaarsteig- Raum bieten Ihren Gästen einen Hol- bzw. Bringservice vom bzw. zum Steig an, 56% bieten geführte Wanderungen an und immerhin 34% verkaufen ihren Gästen Wanderkarten oder Wanderliteratur (vgl. ROSENKRANZ 2007). 7.1.6.4 Internetauftritt Auf der Seite des Rothaarsteigs findet man Informationen rund um den Steig wie z.B. über das Wetter und über Wegesperrungen im Rothaarsteiggebiet. Er bietet ein Wanderforum, eine Gastgeber- Liste, eine Liste der wanderfreundlichen Betriebe, buchbare Wanderangebote, Wander- Literatur, einen Zubehör- Shop und einen Routenplaner (mit Routen und Karten). Für die Internetseite werden, wie im Marketingplan ersichtlich wird, jährlich zwischen 7.000 und 8.000 Euro ausgegeben. Für die Erstellung der Seite wurden im Jahr 2001 ca. 23.000 Euro investiert, im Jahr 2006 folgte dann ein „Relaunch“ mit einem Volumen von ca. 19.000 Euro. Laut Herrn Rosenkranz soll die schon jetzt sehr gut und geschmackvoll gestaltete Seite im Jahr 2008 noch verbessert werden. Dabei soll eine Neustrukturierung des Internetauftritts stattfinden. Der bisherige Auftritt ist soweit ausgebaut worden, dass er mittlerweile sehr umfangreich und detailreich ist. Damit geht aber auch eine klare Struktur verloren und der Internetauftritt droht unübersichtlich zu werden (siehe Rheinsteig). Daher wird im Laufe des Jahres 2008 die Internetseite einfacher strukturiert und kürzer gehalten. Der Verkaufsbereich wird ausgegliedert und unter www.rothaarsteiger.de angeboten. Es wird aber über verlinkte Seiten möglich sein, die ausführlichen Informationen weiterhin abzurufen. Zum anderen wird die Online- Buchungsmaske umgestellt und soll so Betrieben einfacheren Zugang gewähren und die Servicequalität für die Kunden steigern. Das Rothaarsteigbüro verdient über Provisionen an den Buchungen mit (vgl. ROSENKRANZ 2007 und ROTHAARSTEIGVEREIN E.V 2008). 7.1.6.5 Veranstaltungen/Events Laut Herrn Rosenkranz hält man um den Rothaarsteig nichts von einzelnen Events, da der Gast der am Tag nach dem Event käme, nichts mehr von diesem habe. Deshalb setze man lieber auf ganzjährige Qualitätsverbesserung. Das einzige zum Rothaarsteig gehörende regelmäßige Event ist der Rothaarsteig- Marathon, der mittlerweile um die 1000 Teilnehmer hat. Bei der Aktion „5 Wochen 5 trails“ wurde der Rothaarsteig 2007 genau wie der Rhein91 und Saar- Hunsrück- Steig von 5 erfahrenen Wanderern erwandert. Zu dieser Aktion gehört auch eine ausführliche Berichterstattung, die nach der Wanderung veröffentlicht wird. Außerdem wurde der Steig auf dem NRW- Tag vorgestellt, der 2007 über 600.000 Besucher zählte (vgl. ROSENKRANZ 2007). 7.1.6.6 Auftritt auf Messen Die wichtigste Messe für alle Wanderorganisationen ist die „Tour Natur“, die jährlich in Düsseldorf stattfindet. Auch der Rothhaarsteig hat dort einen Präsentationsstand (vgl. ROSENKRANZ 2007). 7.1.7 Merchandising- Rothaarsteig-Shop (www.rothaarsteig.de) 7.1.7.1 Literatur und Karten Prospekte ►Rothaarsteig Info- Flyer mit Übersichtskarte ► Rothaarsteig Gastgeberverzeichnis (81 Seiten, über 171 Unterkünfte nah am Weg) ►Rothaarsteig Pauschalangebote (34 Seiten, 39 Pauschalangebote) ►Rothaarsteig- Der Weg der Sinne (Wegbeschreibung mit Bildern, 14 Seiten) (vgl. ROTHAARSTEIGBÜRO 2008). Bildband Kappest, Klaus-Peter: Rothaarsteig. Der Weg der Sinne. Deutschlands Landschaften - Von Dillenburg bis Brilon, 126 Seiten, Tecklenborg 2003, 20 Euro Wanderführer Rothaarsteigverein e.V. (Herausgeber): Original ErlebnisWanderführer Rothaarsteig 1:25 000. Texte, Info- und Serviceteil, Schmallenberg 2005, 143 Seiten, 15 Euro Wanderkarten Rothaarsteigverein e.V. (Herausgeber): Wanderkarte Rothaarsteig Süd/Nord. 1:50 000, Schmallenberg 2006, 10 Euro (vgl. ROTHAARSTEIGVEREIN 2008). 7.1.7.2 Fanartikel und Wanderzubehör Im Internetshop des Rothaarsteigs kann der Wanderer viele Sachen bestellen, die er zum Wandern oder als Andenken an den Rothaarsteig benötigt. Folgende Artikel sind im Angebot: 92 Rucksäcke, Wash- Bags, Hüfttaschen, Sitzkissen, Mützen, Socken, Westen, Gamaschen, TShirts, Cd’s, DVD’s, Flachmänner, Geschenke- Sets, Pins und Poster. Herr Rosenkranz zeigte sich sehr zufrieden mit den Verkaufszahlen des Internetshops (vgl. ROTHAARSTEIGVEREIN E.V. 2008). 7.1.8 Erfolge Neben den oben erwähnten wirtschaftlichen Erfolgen ist zu erwähnen, dass der Rothaarsteig nach fünf Jahren Existenz über 30 Millionen Euro eingespielt hat, was deutlich mehr ist, als dafür ausgegeben worden war. Die Investitionskosten lagen bei etwa 2,5 Mio. Euro. Diese wurden bereits im ersten Jahr wieder eingespielt. Rainer Brämer vom Deutschen Wanderinstitut ist der Meinung, dass es bei den Nachfolgewanderwegen Rheinsteig, Hochrhöner und Saar- Hunsrück- Steig ähnlich aussieht (vgl. BRÄMER 2007). Interview Das Rothaarsteigbüro geht von 100.000 Wanderern aus, die jährlichen den Rothaarsteig besuchen. Die Internetseite wird von genauso vielen Menschen besucht. Seit 2001 konnte das Büro schon über 40.000 Wanderkarten verkaufen. Dazu kommen über 15.000 verkaufte „ErlebnisWanderführer“ seit 2003. Über den Rothaarsteig wurde auch schon oft in der Presse berichtet. Redaktionelle Beiträge gab es in der FAZ, der Zeit, der Bild- Zeitung, der Welt am Sonntag, im Spiegel, im Focus in der Geo- Saison, in der ADAC- Motorwelt und in weiteren weniger bekannten Medien. Zudem gab es Fernseh- und Rundfunkberichte über den Rothaarsteig in der ARD, im ZDF, in RTL, im HR, im WDR, im SWR und bei n- tv (vgl. ROSENKRANZ 2007 und ROTHAARSTEIGVEREIN E.V. 2008). 7.1.9 Neuerungen/Zukunft Die wesentlichen Bemühungen des Rothaarsteigbüros liegen in der nahen Zukunft im Bereich der nachhaltigen Qualitätsverbesserung hinsichtlich der Produkte und der bestehenden Infrastruktur, besonders nach dem Sturm „Kyrill“. Es wurden durch den Sturm gleichzeitig aber auch neue Aussichtsflächen geschaffen, die es jetzt zu erschließen und zu sichern gilt. Zudem erfolgt 2008 die durch „Kyrill“ verschobene Stärken- Schwächen- Analyse durch das Deutsche Wanderinstitut. Die Ergebnisse werden voraussichtlich im Mai 2008 veröffentlicht. Des Weiteren legt man Wert auf die Qualitätsverbesserung der umliegenden Rundwanderwege und die Errichtung neuer Wege wie z.B. Rothaarsteig- Extratouren oder die „Rothaarsteig Circuli Rundwanderwege“. Für das Jahr 2008 ist auch die Errichtung einer Aussichtsplattform im Siegerland geplant. Dabei ragt von einem Aussichtspunkt aus eine Bugspitze in die Landschaft, von der aus man auch nach unten ins Tal sehen kann. Im Bereich 93 Marketing wird es die angesprochene Neustrukturierung des Internetauftritts geben. Zum anderen wird die Online-Buchungsmaske umgestellt und soll so Betrieben einfacheren Zugang gewähren und die Servicequalität für die Kunden steigern. Das Rothaarsteigbüro verdient über Provisionen an den Buchungen mit (vgl. ROSENKRANZ 2007). 7.1.10 Stärken und Schwächen des Rothaarsteiges Der Rothaarsteig, der als erster „Premiumwanderweg“ in der Kategorie Streckenwanderungen ausgezeichnet wurde und daher gewissermaßen „Kultstatus“ besitzt, präsentiert sich mit den Qualitäten Naturnähe, Waldreichtum, Stille, Abwechslungsreichtum und vielen Aussichten als moderner Wanderweg. Nicht zuletzt die konsequent einheitliche Gestaltung der Ausstattung, dem Logo, die Wegezeichnung und das Rothaarsteig- Mobiliar machen ihn zu einem Unikat. Die Marketingbemühungen des Rothaarsteigbüros sind professionell organisiert und dementsprechend erfolgreich. Das mit 2,5 Stellen besetzte Büro garantiert zudem einen reibungslosen Ablauf. Eine der größten Stärken des Rothaarsteigvereins ist der Internetauftritt. Er ist übersichtlich und geschmackvoll inszeniert und bietet umfangreiche Informationen und einen sehr guten Service. Alle Gastbetriebe sind einfach zu finden und viele davon sind auch online buchbar. Der Verein bietet auch relativ viele Merchandisingprodukte an, die einfach im Internet bestellt werden können. Die Prospekte und sind detailliert und sehr ansprechend Das Gastgewerbe ist modern, ausreichend vorhanden und gut ausgebaut. Durch das Internet und das Gastgeberverzeichnis sind alle Betriebe leicht zu finden und zu erreichen. Durch die hohen Qualitätsanforderungen an die Qualitätsbetriebe, die auch in großer Zahl vorhanden sind, wird dem Wanderer ein Komplettservice angeboten. Große Teile der Region besitzen eine sehr moderne Hotellerie und auch ein großes Gastronomieangebot. Darüber hinaus ist die gute Wanderinfrastruktur im Rothaargebirge zu erwähnen, die allerdings nicht mit so vielen Spitzen- Wanderwegen versehen ist wie die des Saarlandes. Neben dem Rothaarsteig gibt es weitere innovative Tourismusprojekte in der Region wie zum Beispiel die Bike Arena Sauerland, der Ruhrtal Radweg oder der Panorama- Park. Auch der Genuss der Natur wird den Wandergästen durch die drei Naturparke Homert, Rothaargebirge und Arnsberger Wald garantiert. Im Winter besteht die Möglichkeit zum Wintersport. Es besteht die Möglichkeit zum Gesundheits- und Wellness- Tourismus. Schwächen weist der Weg teilweise bei der Wegeführung und der Wegequalität auf. Geht es nach der Meinung von Manuel Andrack, hält der Rothaarsteig nur auf Abschnitten, was er mit seinem Internetauftritt verspricht. Die Gastbetriebe, die Markierung und die Kunst rund um den Steig seien in Ordnung, doch das Entscheidende, die 94 Wegführung, sei verbesserungswürdig. Man laufe auch zu oft auf Wirtschaftswegen (vgl. W&A MARKETING UND VERLAG GMBH 2005a). Der Asphaltanteil bzw. Schotteranteil dürfte auch nach der neuen Zertifizierung höher als bei Rheinsteig und Saar- Hunsrück- Steig liegen und die Bereiche mit Pfadcharakter sind wahrscheinlich geringer. Jedenfalls ist der Weg in seinem anfänglichen Zustand anhand der dem Verfasser vom Rothaarsteig gelieferten Karten dementsprechend zu beurteilen. Die Preise im Gastgewerbe sind teilweise zu hoch für das einfache Wanderpublikum. Noch zu bemängeln sind die unflexiblen Öffnungszeiten der Geschäfte. Vergleicht man die Errichtungskosten und Budgetzahlen, so muss man dem Rothaarsteigverein e.V. Schwächen bei der Planung der Wegeführung einräumen. Viele der im Rahmen dieser Magisterarbeit befragten Wanderer, die auf dem Rheinsteig und dem Rothaarsteig gelaufen sind, fällt diese Tatsache ins Auge. Dies führt dazu, dass die Übernachtungszahlen im Gebiet momentan eher stagnieren als wachsen. Hinzu kommt, dass durch die vielen Stürme in der Region die Qualität des Weges immer wieder geschwächt wird und oft Teilbereiche gesperrt werden müssen, die unbegehbar sind. Der Rothaarsteig konnte und kann nicht immer die Erwartungen erfüllen, die man aufgrund des großen finanziellen Budgets erwarten könnte. Der überregionale Bekanntheitsgrad der Region ist im bundesweiten Vergleich verbesserungswürdig. Zwischen der Land bzw. Forstwirtschaft und dem Tourismus bestehen teilweise Nutzungskonflikte, insbesondere bezüglich der Benutzung land- und forst-wirtschaftlicher Wege für Freizeitaktivitäten. Zu erwähnen sind auch die schlechte Verkehrsanbindung, die unangepassten Öffnungszeiten vieler Betriebe, das Fehlen von Wellness- Angeboten, die geringe touristische Produktpalette und die große Entfernung zu den nächsten Zentren. Die Gesamtregion ist nicht vollständig in eine Destination integriert, sondern es erfolgt eine Bindung von Ressourcen in den Landkreisorganisationen. In Teilen des Rothaargebirges ist die Qualität der angebotenen Betten verbesserungsfähig (vgl. ROSENKRANZ 2007). 95 7.1.11 Zusammenfassung Rothaarsteig Tab. 18: Zusammenfassung Rothaarsteig Rothaarsteig Eröffnung Mai 2001 (erste Projektidee 1997, Beginn der Umsetzung ab 1999) Lage und Brilon – Dillenburg, 154 km (Rothaargebirge – hessisches Lahn- Dill- Bergland – Ausdehnung Westerwald); Bundesländer Nordrhein-Westfalen, Hessen Wegetyp Streckenweg Organisation Rothaarsteigverein e.V. (2 hauptamtliche Mitarbeiter, weitere halbe Kraft) Infrastrukturentwicklung, zielgruppenorientierte Produktentwicklung & Qualitätssicherung, Beratung v. Kommunen, Gewinnung von Sponsoren , Vertrieb und Vermarktung (u.a. Erstellung v. Printprodukten, Messepräsentation, Pressearbeit) Finanzbedarf ► Seit 1999: insgesamt ca. 4,5 Mio. EUR: Infrastruktur, Beschilderung, Personal, Marketing etc. ► jährliches Budget: ca. 450.000 Euro Vertrieb/ Kommunikation ► wegeeigene Internetseite ► optisch hochwertig, eigens entwickelte Karte und Wanderführer ► wegeeigenes Gastgeberverzeichnis Wegequalität zertifiziert: „Deutsches Wandersiegel“ (Deutsches Wanderinstitut), wird derzeit nachzertifiziert Beherbergung 172 Betriebe mit Übernachtungsmöglichkeiten um den Rothaarsteig aufgelistet, davon 26 Rothaarsteig- Partnerbetriebe „Qualitätsgastgeber Rothaarsteig“ Marketing- „Top Trails“ of Germany – Deutschlands beste Wanderwege (Marketing- u. kooperationen Messekooperationen, Synergien im Bereich Pressearbeit, gegenseitige Anzeigenschaltung in allen Printmedien, Know- How- Transfer) Pauschalen 33 Pauschalangebote (davon 7 im Bereich „Wandern ohne Gepäck“), Vertrieb und Buchung durch Rothaarsteigbüro oder verschiedene Tourist- Infos, Leistungsanbieter und Spezial-Reiseveranstalter (Wikinger) Besucherzahlen 1,2 Mio. Tagesausflügler, 0,3 Mio. Übernachtungsgäste (DWIF 2005) stark steigende Gästezahlen in den Jahren 2001-2005, seither aufgrund zunehmenden Wettbewerbs stagnierend Besonderheiten ► erster Premium- Fernwanderweg Deutschlands ► eigens entwickeltes Mobiliar (Wege, Rothaarsteigliegen) am Weg, wird auch verkauft (Merchandising) ► Aufbau einer Marke: u.a. Logo und Claim „Der Weg der Sinne“, Qualitätsversprechen und -kontrolle, Markenwerte Quelle: eigene Darstellung 96 7.2 Der Rheinsteig Abb. 20: Logo Rheinsteig Quelle: http://www.rheinsteig.de Abb. 21: Der Rheinsteig Quelle: RHEINSTEIGBÜRO 2008 97 7.2.1 Beschreibung des Rheinsteiges Der Rheinsteig ist ein Fernwanderweg, der auf etwa 320 km dem Mittelrhein auf der rechten Seite des Rheins folgt. Die reine Rheinstrecke beträgt ca.150 km, die Zuwege belaufen sich auf ca. 270 km. Der Weg schließt 3 Bundesländer, 5 Landkreise und 25 Kommunen sowie 2 große Weinanbaugebiete und UNESCO- Welterbestätten mit ein. Bei den 23 Einzeletappen sind über 10.000 Höhenmeter zu überwinden (vgl. GALLAS 2008). Der Rheinsteig ist ein gemeinschaftliches Projekt der drei Bundesländer Hessen, Rheinland- Pfalz und NordrheinWestfalen, das dem Tourismus in der Region einen zusätzlichen Schub bringen soll (vgl. RHEINSTEIGBÜRO 2006). Der Hintergrund besteht aus dem Fakt, dass der Rheinhöhenweg viele Schwachstellen aufwies, deren Bereinigung einen Aufwand dargestellt hätte, der der Errichtung eines neuen Weges gleichgekommen wäre. Der Rheinsteig beginnt am Marktplatz in Bonn und führt über das Siebengebirge, um das Neuwieder Becken herum, durch Koblenz und Rüdesheim und somit durch das Weltkulturerbe oberer Mittelrhein sowie über Schlangenbad nach Wiesbaden zum Schloss Biebrich. Dabei begleitet er den Rhein vorzugsweise auf den Höhen, meistens nahe der Talkante und unter Durchquerung vieler Seitentäler, und führt an vielen Schlössern und Burgen vorbei. Er bietet nicht nur viele Aussichtspunkte auf das Rheintal, sondern weist auch einen hohen Anteil an felsigen oder erdigen Pfaden und sportlich anspruchsvollen Passagen auf. Zudem schließt er an die schon bestehenden Wanderwegenetze der beteiligten Regionen und soll diesen zusätzliche Besucher bringen. Als Wegemarkierung dient, wie auf dem Logo zu sehen, ein stilisiertes „R“ auf einem blauen Quadrat. Darunter ist man, ebenfalls in blau, der Schriftzug „Rheinsteig“ angebracht. Über den Weg verteilt wurden insgesamt rund 8.000 solcher Zeichen und ca. 900 Wegweiser mit Entfernungsangaben angebracht, deren Bestand unter Souvenirjägern und Vandalismus leidet. Um zum Rheinsteig zu gelangen, wurden an den Bahnhöfen, an den Anlegestellen der Rheinschiffe und in der Ortsmitte der Gemeinden, durch die der Steig verläuft, ockergelbe Hinweisschilder angebracht. Die Markierungen sind auch häufig vereinfacht auf Steine oder ähnlich feste Punkte aufgemalt. Oberhalb der Burg Lahneck kreuzt der Rheinsteig den Lahnhöhenweg auf der linken Seite der Lahn, in Bad Hönningen besteht Anschluss an den im September 2007 erst eröffneten Westerwaldsteig. Von BendorfSayn bis Rüdesheim am Rhein ist der Rheinburgen- Wanderweg auf weite Strecken mit dem Rheinsteig identisch, doch er bietet auch Alternativen zum Rheinsteig, indem er weitere Sehenswürdigkeiten erschließt. Auf dem Rheinsteig sind Rheinsteig- Lotsen im Auftrag von Städten und Verbandsgemeinden unterwegs. Als Erkennungszeichen tragen sie blaue T98 Shirts und beige Baseball- Caps. Das Projekt Rheinsteig- Lotsen begann 2006 in der Verbandsgemeinde Loreley. Die Gemeinde Lorch am Rhein startete im Jahr 2007 damit. 2008 soll das Unternehmen bis Walluf ausgebreitet werden. Die Arbeit der Lotsen besteht darin, Wanderer zu informieren und zu helfen, wo Not am Mann ist. Des Weiteren haben sie die Aufgabe, kleinere Schäden zu reparieren, größere Schäden sofort an die zuständigen Stellen zu melden und die Wege zu warten und zu pflegen (vgl. GALLAS 2007a und RHEINSTEIGBÜRO 2008). 7.2.2 Philosophie Der Rheinsteig ist ein Steig mit sportlich anspruchsvollen Höhendifferenzen, einer guten Infrastruktur und einer verkehrsgünstigen Lage. Der Weg hat eine vielseitige Streckenführung durch die Natur, vorbei an Weinbergen, Felsen, Burgen, Schlössern, Welterbestätten, historischen Orten und dem bedeutendsten Flusstal Europas. Die Internetseite weist eine eigene Wegephilosophie aus, die sich hauptsächlich auf die Beschreibung und Einhaltung der Qualitätskriterien bezieht. Ziel soll es sein, den Rheinsteig nach den vorgegebenen Qualitätskriterien in den Bereichen Wegeformat, Wegeführung, Landschaftspotenzial, Infrastruktur, Wanderleitsystem und Qualitätsgastgeber zu führen und zu gestalten, um die Umsetzung eines reizvollen und hochwertigen Wanderweges zu ermöglichen, der letztendlich dem Wandergast genau das bietet, was er sucht (vgl. RHEINSTEIGBÜRO 2008). 7.2.3 Organisation 7.2.3.1 Projektplanung und Umsetzung Im Jahr 2002 entstand die Idee zur Errichtung des Rheinsteigs und begann die Zeit der Vorplanung, der Bewertung der Situation durch die Projektgruppe Wandern (Herrn Dr. Brämer und Herrn Gruber) Landesmarketingorganisationen. und Im der Jahr gemeinsamen 2003 Planung beauftragten die durch die drei Landesmarketing- organisationen die Projektpartner Wandern mit der Untersuchung des bestehenden Rheinhöhenwegs und der Ausarbeitung einer Stärken- Schwächen- Analyse. Aus den gewonnenen Erkenntnissen wurde dann die „Idealroute“ abgeleitet. Der Weg wurde dabei direkt nach den Qualitätskriterien des Deutschen Wanderinstituts geplant. Im März 2003 verkünden die drei Wirtschaftsminister der Länder Nordrhein- Westfalen, Hessen und Rheinland- Pfalz auf der ITB in Berlin die Umsetzung des Rheinsteigs. Im August 2003 wurde dann das Projektbüro unter Leitung von Frau Hühnerfort- Brixius bei der RheinlandPfalz- Touristik eingerichtet. Im November 2004 erfolgte die erstmalige Umsetzung der 99 Basismarkierung, bevor am 8. September 2005 schließlich der Rheinsteig offiziell eröffnet wurde (vgl. GALLAS 2008a). Probleme bei der Realisierung gab es kaum. Frau HühnerfortBrixius bezeichnete den Start als schwierig, da es kein vorgefertigtes Konzept gab, nach dem sie vorgehen konnte. Eine Herausforderung war die Abstimmungsphase der Wegetrasse und die Genehmigung der Markierung und Beschilderung mit allen Beteiligten, da auch rechtliche, persönliche und politische Interessen im Raum standen, die zu berücksichtigen waren. Schließlich die Tatsache, dass nach der Vormarkierung des Weges im Herbst 2004 bereits nach kurzer Zeit Markierungszeichen entwendet oder mutwillig zerstört wurden (vgl. W&A MARKETING UND VERLAG GMBH 2005b). 7.2.3.2 Organisationsstruktur Das 2003 eröffnete Rheinsteigbüro, unter der Leitung von Frau Hühnerfort- Brixius im Hause der Rheinland- Pfalz- Touristik in Koblenz, ist mittlerweile mit 1,5 Stellen besetzt. Dabei hat Frau Hühnerfort- Brixius nur eine halbe Stelle zur Verfügung, da sie noch anderweitige touristische Aufgaben innerhalb der Rheinland- Pfalz- Touristik zu betreuen hat. Die Vollzeitstelle wird von Herrn Gallas besetzt. Zwischen 2003 und 2005 war Frau HühnerfortBrixius alleine mit dem Rheinsteig betraut. In dieser Zeit entwickelte sie ein Konzept samt Zeitplanung für die Umsetzung des Rheinsteigs. Sie musste damals alle anfallenden Arbeiten erledigen, von der Wegebegehung bis zu Präsentationen, von konzeptioneller „Stillarbeit“ bis hin zu Messegesprächen auf der ITB in Berlin und der „TourNatur“ in Düsseldorf (vgl. vgl. W&A MARKETING UND VERLAG GMBH 2008). Das Rheinsteigbüro ist die zentrale Koordinationsstelle des Rheinsteigs. Bei den beteiligten Stellen und Personen ist zuerst Dr. Achim Schloemer, der seit 2003 Geschäftsführer der Rheinland-Pfalz Tourismus GmbH ist, zu nennen. Er hat in der ersten Zeit als Projektleiter die Rheinsteigentwicklung in die Gänge gebracht und die notwendigen ersten Schritte gemeinsam mit den Kollegen aus NRW und Hessen eingeleitet. Seiner Initiative ist es zu verdanken, dass das Projektbüro aus Fördermitteln der drei Bundesländer gegründet werden konnte. Auch derzeit ist er mit einer Auswahl von ca. 15 Personen in der Lenkungsgruppe des Rheinsteigs maßgeblich an allen Entscheidungen zum Rheinsteigprojekt beteiligt. Regionale Partner sind hauptsächlich die Tourimus Siebengebirge GmbH und die Tourismus- und Kongress GmbH in Bonn sowie die Touristinformationen in den beteiligten Orten und Städten. Die „Macher“, die das Projekt mit auf die Beine gestellt haben, sind neben den Touristikern auch die Wandervereine, die die Wege markiert haben, und die Ingenieurgesellschaft GfL., die die Katasterbearbeitung übernommen hatte. Insgesamt waren sind etwa 300 Institutionen bzw. Personen an dem 100 Projekt beteiligt: Forstämter, Naturschutzbehörden, Naturschutzverbände, Kommunen, Landkreise, Tourist Informationen und Touristikverbände, Ministerien, Waldbesitzer, Eigentümer, Verkehrs- und Verschönerungsvereine, Deutsches Wanderinstitut, Deutscher Wanderverband, Landesvermessungsämter und Industrie- und Handelskammern. (vgl. W&A MARKETING UND VERLAG GMBH 2008 und GALLAS 2008a). 7.2.4 Infrastruktur 7.2.4.1 Verkehrsanbindung Die Verkehrsanbindung des Rheinsteigs ist auf alle Verkehrsmittel bezogen exzellent: drei größere Flughäfen (Frankfurt, Hahn, Köln- Bonn) sowie drei große Bahnhöfe (Bonn, Koblenz, und Wiesbaden) befinden sich im näheren Umkreis des Rheinsteigs. Zudem sind auch die meisten kleineren Orte am Rheinsteig leicht mit der Bahn zu erreichen. Die Ortschaften, die nicht mit der Bahn zu erreichen sind, sind dafür relativ einfach mit Bussen zu erreichen. Überdies verknüpft die Rheinschifffahrt die Orte am Rheinsteig mit ihrem gut ausgebauten Wasserwegenetz. Es gibt 4 Verkehrsverbünde um den Rheinsteig: der Verkehrsverbund Rhein- Sieg, der Verkehrsverbund Rhein- Mosel, der Rhein- MainVerkehrsverbund und die Köln Düsseldorfer Deutsche Rheinschifffahrt AG (KD) (vgl. GALLAS 2008a). 7.2.4.2 Qualitätsbetriebe Das Rheinsteigbüro ermöglicht als Pilotprojekt in Rheinland- Pfalz den interessierten Betrieben die Zertifizierung zum Qualitätsgastgeber. Seit Januar 2006 werden Betriebe zertifiziert, die darauf das Label „Wanderbares Deutschland“ erhalten. Betriebe, die zusätzlich die Marke „Rheinsteig“ nutzen möchten, können dies gegen Lizenzgebühren tun und erfahren dadurch einen besseren Marktauftritt im Internet und in Broschüren. Die Kosten der Zertifizierung belaufen sich auf 200 Euro netto (für drei Jahre einmalig, inklusive 50 Euro Gebühr für den Deutschen Wanderverband und inklusive der Internetdarstellung durch den Wanderverband. 2007 brachte das Rheinsteigbüro ein neues Gastgeberverzeichnis für den Rheinsteig heraus. Über 120 Übernachtungs- und Einkehrbetriebe am Rheinsteig präsentieren sich in dieser Broschüre. Neu in dieser Ausgabe ist, dass die als „Qualitätsgastgeber Wanderbares Deutschland“ zertifizierten Betriebe besonders hervorgehoben sind. Damit fällt es den Wanderern leicht, sich die Gastbetriebe herauszusuchen, die sich auf das Thema Wandern spezialisiert haben. Mittlerweile sind unter www.rheinsteig.de 27 Qualitätsbetriebe am Rheinsteig zu finden und die Zahl steigt stetig. So wurden allein neun weitere 101 Beherbergungsbetriebe in der zweiten Hälfte des Jahres 2006 als „Qualitätsgastgeber Wanderbares Deutschland“ zertifiziert (vgl. GALLAS 2008a). 7.2.4.3 Natur/Kulturdenkmäler Der Rheinsteig bietet von den drei untersuchten Wanderwegen mit Abstand die meisten Natur- und Kulturdenkmäler. Im Oberen Mittelrheintal befinden sich alleine 40 Burgen und Schlösser. Besondere Sehenswürdigkeiten sind z. B.: die Beethovenstadt Bonn, der Drachenfels, die Ruine Löwenburg, das Erpeler Ley, das Historische Rathaus Linz, das Schloss Arenfels, das Weltkulturerbe Obergermanisch- Raetischer Limes, das Schloss Monrepos, der Römergraben Rengsdorf, die Loreley, das Filsener Ley und das Schloss Biebrich (vgl. GALLAS 2008a). 7.2.4.4 Wegeformat Der Rheinsteig wurde nach den Qualitätskriterien des Deutschen Wandersiegels geplant. Demnach muss ein „Premiumweg“ mindestens 35% naturbelassenen Belag aufweisen; der Rheinsteig weist 45% auf. In einem Zeitungsbericht der Zeit vom 27.03.2003 wurde der Rheinsteig angepriesen bei der Eröffnung knapp ein Drittel Pfadcharakter aufweisen zu können, was aber nicht korrekt prognostiziert wurde. In Wirklichkeit besitzt der Rheinsteig einen Pfadanteil von 15,5%. Der Asphaltanteil darf maximal 15% betragen; beim Rheinsteig sind es 14,8%. Des Weiteren darf der Weg maximal zu 5% durch geschlossene Ortschaften führen und maximal 10% entlang von Durchgangsstrassen verlaufen. Ein Premiumweg ist auch gekennzeichnet durch einen besonders hohen Erlebniswert (Kletterpassagen, Aussichten, Abwechslungsreichtum, Formationswechsel), den der Rheinsteig in allen Punkten bieten kann (vgl. GALLAS 2008b).. Tab. 19: Daten zum Wegeformat des Rheinsteigs Qualität Anteil am Gesamtweg in Anteil am Gesamtweg Kilometer in % Naturbelassen 142,5 44,5 Schotter 24 7,5 Verbunddecke 47,4 14,8 0-Weg 106 31 Pfadanteil 49,6 15,5 Quelle: eigene Darstellung nach GALLAS 2008b 102 Bei einem 0-Weg gibt es laut Herrn Gallas keine Wertung (also weder positiv noch negativ) hinsichtlich des Wegeformates, zum Beispiel für einen leicht geschotterten Weg, der das Begehen aber nicht erschwert. Der Weg weist relativ gute Werte hinsichtlich des Wegeformates auf. Allerdings reicht er auch teilweise durch seine Länge bis an die Grenzen des Bewertungssystems wie zum Beispiel beim Asphaltanteil, der nicht höher liegen dürfte (vgl. GALLAS 2008b). 7.2.5 Zertifizierung durch das Deutsche Wanderinstitut Am 15. September 2005 startete die Begehung durch das Deutsche Wanderinstitut. Nach dem Erhalt der Zwischenergebnisse wurden weitere Verbesserungen vorgenommen. Schließlich hat der Rheinsteig am 7. August 2006 das Deutsche Wandersiegel erhalten und darf sich seitdem Premiumweg nennen. Bei der Zertifizierung erhielt der Weg 44 Erlebnispunkte und liegt damit hinter dem Saar- Hunsrück- Steig momentan an zweiter Stelle. Dies kann sich noch ändern, wenn der Rothaarsteig nachzertifiziert wird, was allerdings nicht zu erwarten ist, da der Rheinsteig schon vor dem Sturm Kyrill besser bewertet wurde als der Rothaarsteig. Dennoch soll auch der Rothaarsteig laut Herrn Rosenkranz über 40 Punkte erhalten und sich somit wahrscheinlich an der dritten Stelle einordnen. Momentan an dritter Stelle liegt der Hochrhöner mit 41 Erlebnispunkten (vgl. GALLAS 2008b). Die Aufteilung der Punktzahlen nach 20- Kilometerabschnitten sieht beim Rheinsteig folgendermaßen aus: Tab. 20: Die Punktzahlverteilung des Rheinsteigs nach Abschnitten Kilometerzahl Punkte 0-20 Bonn- vor Königswinter 36,11 21-40 Königswinter- Bad Honnef 40,33 41-60 Bad Honnef- Linz 38,96 61-80 Linz- Hammerstein 38,61 81-100 Hammerstein- Neuwied 38,06 101-120 Neuwied- Bendorf 43,15 121-140 Bendorf- Koblenz 30,53 141-160 Koblenz- Braubach 36,78 161-180 Braubach- Boppard 53,92 181-200 Boppard- St. Goarshausen 64,04 201-220 St. Goarshausen- Kaub 60,67 103 221-240 Kaub- Trechtingshausen 59,27 241-260 Trechtingshausen- Geisenheim 40,38 261-280 Geisenheim- Kiedrich 42,83 281-300 Kiedrich- Schlangenbad 42,94 301-320 Schlangenbad- Wiesbaden 35,45 Gesamt 43,88 = 44 Erlebnispunkte Quelle: eigene Darstellung nach RHEIBSTEIGBÜRO 2008 Das Zertifizierungsverfahren ergab für den Rheinsteig einen Gesamtpunktwert von 43,88 bei einem Mindestwert von 25 Punkten. Dies ist eine sehr hohe Punktzahl, wenn man die enorme Streckenlänge von 320 Kilometer betrachtet. Er erreicht dies durch den großen Abwechslungsreichtum und einer hohen Dichte an Aussichten in einer für Wanderer reizvollen Landschaft. Positive Bewertungen resultieren auch aus den ständigen, aber immer wieder überraschenden Blicken auf den Rhein sowie dem vielseitigen Relief. Aber auch die guten Zuwege und damit die sehr guten Verkehrsanbindungen und die weitgehend durchgängige, gut sichtbare und dichte Leitung der Wanderer mit Markierungen und Wegweisern und die regelmäßig vorhandene Gastronomie tragen ihren Teil zu der insgesamt guten Bewertung bei. Auch im schwächsten Abschnitt vor Koblenz (km 121-140) wird der Wert von 25 Punkten nicht unterschritten. Der Weg ist von der Qualität her also flächendeckend und lückenlos gut, erreicht aber hinsichtlich der Wegequalität nicht die Werte des Saar- Hunsrück- Steigs. Allerdings erreicht er im Bereich des Weltkulturerbes und südlich davon in 4 Sektoren überdurchschnittlich hohe Punktzahlen jenseits der 50 Punkte Grenze. Das Spitzenstück befindet sich in der Umgebung der Loreley zwischen Boppard und St. Goarshausen (vgl. GALLAS 2008b). 7.2.6 Marketingbereich Auch der Rheinsteig ist wie der Rothaarsteig Mitglied der „Top Trails of Germany“ (vgl. GALLAS 2008a). 7.2.6.1 Finanzierung Die Investitionssumme für den Rheinsteig betrug ca. 600.000 Euro. Der Weg ist zu 50% finanziert durch die anliegenden Gemeinden und Kreise. Ihre finanziellen Mittel fließen in die Infrastruktursicherung, die Wegemanager, die 20 Rheinsteigpaten und das 104 Markierungsmaterial. Die übrigen 50% werden durch Marketingerlöse vom Rheinsteigbüro selbst aufgebracht. Seit 2005 gibt es beim Rheinsteig keine öffentliche Förderung von den Ländern mehr. Die Gemeinden und Kreise steuerten 2006 noch 100.000 Euro zum Rheinsteig bei, 2007 waren es nur noch 85.000 Euro. Dieser Beitrag richtet sich nach dem Weganteil und einem touristischen Faktor, der sich hauptsächlich auf die Bettenanzahl der anliegenden Betriebe bezieht. Die Beiträge sollen auch weiterhin jährlich reduziert werden. Außerdem kann man weitere finanzielle Mittel über Lizenzen und Provisionen beziehen. (vgl. GALLAS 2008a). 7.2.6.2 Budgetplan/Marketingplan Das Rheinsteigbüro hat trotz Anfrage lediglich den Marketingplan des Rheinsteigs offen gelegt, weswegen der genaue Budgetplan mit Einnahmen und Ausgaben nicht dargestellt werden kann. Das Gesamtbudget beläuft sich auf etwa 170.000 Euro jährlich, mit dem alle Kosten abgedeckt werden (vgl. GALLAS 2008a). Durch die Marketingaktivitäten konnte man 2007 85.000 Euro einnehmen. Bei dem reinen Marketingbudget (ca. 34.000 Euro) gibt es folgende Aufteilung: Tab. 21: Der Marketingplan des Rheinsteigs 2007 Maßnahme Euro Marketingkooperationen 5.100 Messen 8.160 Öffentlichkeitsarbeit 6.800 Nachdruck Prospekte, Geschäftsausstattung 6.800 Fotos, Anzeigen 2.040 Internet 5.100 Quelle: eigene Darstellung nach GALLAS 2008b 7.2.6.3 Wirtschaftliche Bedeutung Die Betriebe um den Rheinsteig konnten zwischen September 2005 und August 2006 etwa 250.000 Wandergäste verzeichnen bei mindestens 5 Millionen Euro Umsatz. Nach den Angaben des Rheinsteigbüros sind 75% der Gäste Tagesgäste, womit es ungefähr 60.000 Übernachtungsgäste gibt. Geht man von einer durchschnittlichen Übernachtungsdauer von 3 Tagen aus, kam es schon im ersten Jahr nach der Eröffnung des Rheinsteiges zu etwa 180.000 Übernachtungen von Wanderern im Rheinsteiggebiet (vgl. GALLAS 2008a). 105 7.2.6.4 Internetauftritt Auf der Seite des Rheinsteigs findet man Informationen rund um den Rheinsteig wie z.B. über das Wetter und über Wegesperrungen im Rheinsteiggebiet. Er bietet einen eigenen Pressebereich, ein Wanderforum, eine Gastgeber- Liste, eine Liste der wanderfreundlichen Betriebe, buchbare Wanderangebote, Wander- Literatur, einen Zubehör- Shop und einen Routenplaner (mit Routen und Karten). Die Internetseite ist sehr umfangreich und detailliert, wirkt aber aufgrund der vielen Informationen etwas unübersichtlich. 2006 besuchten 229.068 Internetnutzer die Rheinsteigseite, 2007 waren es schon 300.239 Besucher. Diese Zahlen belegen, dass der Rheinsteig stark an Popularität gewinnt und auch die Internetseite gut ausgebaut sein muss. Sonst könnte man solche Erfolge nicht erzielen (vgl. GALLAS 2008a). 7.2.6.5 Veranstaltungen/Events Vom Rheinsteigbüro gibt es keine selbst organisierten Events. 2008 findet zum 3. Mal der Rheinsteigerlebnislauf statt. Dies ist ein privat organisierter Lauf von Extremsportlern, die den kompletten Steig in 8 Tagen laufen. Dabei spendet jeder Läufer pro gewandertem Kilometer 50 Cent für einen guten Zweck (für muskelkranke Kinder). Dabei gibt es aber auch Tagesläufer, die einfach dazu stoßen und eine oder mehrere Etappen mitwandern. Es sind auch keine selbst organisierten Events für die Zukunft geplant. Auch der Rheinsteig wurde im Rahmen von „5 Wochen 5 trails“ erwandert (vgl. GALLAS 2008a). 7.2.6.6 Auftritt auf Messen Der Rheinsteig hat einen regelmäßigen Stand auf der Tour- Natur in Düsseldorf, der CMT in Stuttgart und der Messe im Rahmen des Deutschen Wandertags. Bei der ITB wird der Rheinsteig durch den Rheinland- Pfalz- Stand vertreten (vgl. GALLAS 2008a). 7.2.7 Merchandising- Rheinsteig- Shop (www.rheinsteig.de) Gemeinsam mit dem neuen Internetauftritt startete der Onlineshop zum Wanderweg. Neben Wanderkarte, Wanderführer und Bildband werden eine Vielzahl von Accessoires und Bekleidung angeboten. In Zusammenarbeit mit der Rheinland-Pfalz Tourismus GmbH erarbeitete das HC- Team ein Sortiment, dass mittlerweile exklusiv von der Firma Hoppeconsulting vertrieben wird. Bedingt durch die große Nachfrage wird dieses Sortiment permanent erweitert, wobei es stets an der Zielgruppe orientiert und passend zur Marke und Einsatzgebiet unter Einbeziehung der regionalen Partner der Rheinland-Pfalz-Tourismus GmbH ist. Bereits nach wenigen Monaten stellte sich der Erfolg der Vermarktungsidee 106 heraus. Der finanzielle Nutzen kommt dabei nicht nur der Region und dem Rheinsteig, sondern auch seinen vielen Wanderern durch den Erhalt der Wege und Beschilderung zu Gute und leistet somit indirekt auch einen Beitrag zur Qualitätssicherung. Überdies wird durch die Vermarktung die emotionale Bindung der Zielgruppe gefestigt und die Bekanntheit der Marke gesteigert (vgl. RHEINLAND- PFALZ TOURISMUS GMBH 2006). 7.2.7.1 Literatur und Karten Prospekte ►Rheinsteig Info- Flyer mit Übersichtskarte ►Gastgeber am Rheinsteig, 76 Seiten, über 100 Betriebe nah am Weg ►Tourenbuch (Kosten: 2,50 Euro) ►Buchungskatalog „Erlebniswandern am Rheinsteig“ Bildband ►Rheinsteig- Wandern auf hohem Niveau; Herausgeber: Tecklenborg- Verlag (24,50 Euro, 128 Seiten, ca. 150 Abbildungen, gebunden) Wanderkarten ►Rheinsteig komplett mit Zugangswegen und anderen bedeutenden Wanderwegen (1:50.000, 9,50 Euro) ►Topografische Karten (1:25.000, mit eingezeichnetem Rheinsteig) Wanderführer Vom Rheinsteigbüro werden insgesamt 8 Wanderführer angeboten wie z.B. der KompassWanderführer Rheinsteig (12,95 Euro, detaillierte Beschreibung von 17 Wanderetappen von Bonn bis Wiesbaden mit Sehenswürdigkeiten, Einkehrmöglichkeiten und GPS- Daten (vgl. RHEINSTEIGBÜRO 2008). 7.2.7.2 Fanartikel und Wanderzubehör Im Verkaufsshop findet man Caps, T- Shirts, Pins, Schlüsselanhänger, Tassen, Schirme, Keyholder, Postkarten, Aufkleber, Kugelschreiber, Plakate und den Rheinsteigtrailer auf DVD. Die Produkte werden durch die Firma Hoppeconsulting vertrieben, über die man auch das Bestellformular für die Merchandising- Produkte beziehen kann. Die Rheinland- PfalzTouristik vertreibt auch dieses Bestellformular. Zudem bietet sie der Laufkundschaft einen Direktverkauf an. Am einfachsten sind die Produkte jedoch über die Internetseite www.rheinsteig.de zu erwerben. Teilweise gibt es auch im Buchhandel die Möglichkeit Merchandising- Produkte des Rheinsteigbüros zu bestellen (vgl. RHEINSTEIGBÜRO 2008). 107 7.2.8 Erfolge Neben den schon angesprochenen wirtschaftlichen Erfolgen, konnte der Rheinsteig etliche weitere Erfolge feiern. Zum Beispiel wurde der erste, in Kooperation mit dem IdeemediaVerlag, herausgegebene Wanderführer bereits mehr als 25.000 Mal verkauft. 100.000 Wanderer, so hat die Reinland- Pfalz- Touristik ermittelt, sind bereits auf dem Rheinsteig gelaufen und viele Hotels und Gaststätten berichten von enormen Zuwächsen. In der Folgezeit konnte man deutlich mehr Wanderer an als erwartet empfangen. „Wir waren damals von 100.000 neuen Wanderern im Jahr ausgegangen. Diese Zahl ist mit Sicherheit viel zu klein“, sagte der Geschäftsführer der Reinland- Pfalz- Touristik Achim Schloemer in Koblenz. Konkrete Zahlen gäbe es nicht. Gastronomen und Unterkünfte berichteten aber, dass sie teils 30 Prozent mehr Gäste und Übernachtungen hätten seit der Eröffnung des Rheinsteigs im Herbst 2005. Der Erfolg sei im Wesentlichen darauf zurückzuführen, dass alle beteiligten Stellen an einem Strang gezogen und neben der Realisierung des Weges sehr schnell ein vernünftiges und funktionierendes Marketingkonzept umgesetzt hätten. Damit ist der Rheinsteig auch ein gutes Beispiel für die viel zitierte „Public Private Partnership“. Im Rahmen der Initiative Servicequalität, konnten am rheinland-pfälzischen Rhein fast 180 Service-Coaches ausgebildet und 22 Betriebe zertifiziert werden. Wichtig sind auch die Rheinsteig-Gastgeber. Bereits 27 Betriebe haben das Zertifikat „Qualitätsgastgeber Wanderbares Deutschland“ des Deutschen Wanderverbandes erhalten (vgl. WORMSER ZEITUNG 2008). Im Laufe des Jahres 2006 wurden vom Rheinsteig-Büro knapp 12.000 Prospekte verschickt, woraus sich ein Durchschnittswert von 1.000 Aussendungen pro Monat ergibt. Auch die Internetseite www.rheinsteig.de hatte viele Besucher. Etwas mehr als 300.000 Seitenaufrufe wurden auf der Rheinsteig- Website im Jahr 2007 verzeichnet. HotlineAnrufe auf 0180- Niveau konnte man 2007 2.616 Stück verzeichnen. Bei den Prospektanfragen kam man 2006 auf 11.218. Auch in der Gastronomie wurden die Erwartungen weit übertroffen. Seit der Eröffnung des Rheinsteigs ist zwischen Rüdesheim und Braubach die Bettenauslastung am Wochenende enorm gestiegen. Bei der Investitionssumme von 600.000 Euro hatte es im Vorfeld kritische Stimmen gegeben. Doch die investierten Mittel sind schon kurze Zeit nach der Eröffnung des Weges wieder eingenommen worden (vgl. GALLAS 2008a und WORMSER ZEITUNG 2008). 108 7.2.9 Neuerungen/Zukunft Neben der ständigen Qualitätsverbesserung ist für die Zukunft zum Beispiel die Errichtung einer „Rheinsteighütte“ geplant, die dann öfter entlang des Weges nachgebaut werden soll. An markanten Orten, die gut frequentiert sind wie der Hauptbahnhof in Koblenz oder in Bonn, sollen Infostelen aufgestellt werden, um noch besser auf den Weg aufmerksam machen zu können (vgl. GALLAS 2008a). In diesem Jahr fand schon der „Rheinsteig Erlebnislauf“ statt, der nun jährlich ausgeführt werden soll (vgl. GALLAS 2008b). 7.2.10 Stärken und Schwächen des Rheinsteigs Das charakteristischste Merkmal des Rheinsteigs ist natürlich der Rhein an sich, der einen weltweiten Bekanntheitsgrad besitzt. Die Wein- und Kulturlandschaft von Bonn bis Wiesbaden und das „UNESCO Welterbe Oberes Mittelrheintal“ haben daran einen wesentlichen Anteil. (vgl. GALLAS 2008a). Die im Rheingebiet schon lange existierende touristische Infrastruktur, die zudem sehr gut ausgebaut und professionell vermarktet ist, kam dem Rheinsteig von Beginn an zu Gute. Zahlreiche Orte liegen am Wegesrand, so kann man auf ein gutes Netz an Gastronomie und Beherbergungsbetrieben zurückgreifen. Allerdings sind die Betriebe oft zu altmodisch und die Öffnungszeiten der Geschäfte sind zu unflexibel. Im Gegensatz zu seinem hundert Jahre alten Vorgänger, dem Rheinhöhenweg, verzichtet der Rheinsteig so weit wie möglich auf land- und forstwirtschaftliche Verkehrs- Trassen und auf weitschweifige Umgehungen der Seitentäler, die ihn allzu weit vom Rhein entfernt hätten. Die Wegequalität ist als gut zu bewerten, wobei der Saar- Hunsrück- Steig in den Bereichen naturbelassener Belag und Pfade noch wesentlich bessere Werte aufweisen kann. Die Wegeführung ist grundsätzlich gut gewählt, da sie immer wieder Blicke auf das Rheintal gewährt und an kulturellen Einrichtungen und Baudenkmälern vorbeiführt. Trotzdem gab es bei den Gästebefragungen im Rahmen dieser Magisterarbeit relativ viele Beschwerden über die Wegeführung, vor allem weil sie zu Beginn des Weges in Bonn und Umgebung sehr weit durch das Hinterland weg vom Rhein führt und damit sehr zeitintensiv ist. Bezüglich der Landschaft kostet der Rheinsteig die Szenerie des Rheindurchbruchs mit seinen steilen Hängen und vielen Burgen voll aus. Auf diese Weise kann er auf einmalig kompakte Art und Weise Natur und Kultur verbinden, während, Rennsteig und Rothaarsteig nahezu reine Waldgebirgswege sind. Auch der Saar- Hunsrück- Steig hat im Vergleich zum Rheinsteig relativ wenig Kultur zu bieten (vgl. BRÄMER 2007a). Die Höhepunkte des Weges muss man oft mühsam erklimmen, d.h. man hat teilweise alpine Anstiege zu überwinden, die für ältere Menschen teilweise nicht geeignet sind. Dafür sind sie aber sehr gut geeignet für das jüngere, 109 anspruchsvolle Wanderpublikum. Der Rheinsteig wurde vom „Deutschen Wandermagazin“ zu Deutschlands schönstem Weitwanderweg 2006 ausgezeichnet. Kulturelle Attraktionen und Baudenkmäler sind rund um den Rheinsteig in großer Zahl vorhanden und bieten dem Wanderer sehr abwechslungsreiche Informationen. Durch die gute Anbindung an den Ballungsraum Frankfurt/ Rhein- Main, die Flughäfen Frankfurt, Köln- Bonn und Hahn, die Autobahnen A66, A643 und die Bundesstrasse B42, die Zugverbindung Wiesbaden- Koblenz und eine hinreichende ÖPNV- Anbindung über die Rheinschiene, auch an Wochenenden und Feiertagen sowie durch die Anbindung an den Rhein als international bedeutsame Wasserstraße ist der Rheinsteig mit allen Verkehrsmitteln sehr gut zu erreichen. Negativ zu beurteilen sind die hohe Immissionsbelastung durch den Freizeitverkehr und die Schifffahrt, die starke Lärmbelastung entlang der Rheinschiene, die teilweise hochpreisigen Angebote, die Tatsache, dass etliche Veranstaltungen auf die Sommermonate und den Herbst konzentriert sind und die fehlende Finanzkraft zur Unterhaltung von Kulturdenkmälern. Auch die Tatsache, dass der Rheinsteig sehr belebt ist und durch mehrere Ortschaften führt, schreckt die meisten Naturliebhaber unter den Wanderern ab (vgl. GALLAS 2008a und FUTOUR 2004). 110 7.2.11 Zusammenfassung Rheinsteig Tab. 22: Zusammenfassung Rheinsteig Rheinsteig Eröffnung September 2005 (offizieller Planungsbeginn Januar 2003) Lage und Bonn – Koblenz – Wiesbaden, 320 km, auf der rechten Seite des Rheines; Ausdehnung Bundesländer Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Hessen Wegetyp Streckenweg Organisation Projektbüro Rheinsteig (2 hauptamtliche Mitarbeiter) (getragen von den Landestourismusorganisationen Rheinland-Pfalz, NordrheinWestfalen und Hessen) Wegemanagement (Sicherheitshinweise, Markierungen, Wegweisungen) Gästeinformation, Marketing, Pressearbeit, Sales Finanzbedarf ►angeblich insgesamt ca. 600.000 EUR in den Jahren 2002-2005, davon Machbarkeitsstudie und Projektbüro: ca. 154.000 EUR Wegeausbau ca. 235.000 EUR, Markierung, Beschilderung, Ausstattung: ca. 181.000 EUR ►jährliches Budget: ca. 170.000 Euro Vertrieb/ Kommunikation ► wegeigene Internetseite ► Karte (auf Basis der graphischen Darstellung der Landesvermessungsämter) ► eigenes Gastgeberverzeichnis Wegequalität zertifiziert: „Deutsches Wandersiegel“ (Deutsches Wanderinstitut), 44 Erlebnispunkte Beherbergung 123 Betriebe mit Übernachtungsmöglichkeiten im Gastgeberverzeichnis aufgeführt, davon 27 Rheinsteig-Partnerbetriebe „Qualitätsgastgeber Wanderbares Deutschland“ Marketing- „Top Trails of Germany – Deutschlands beste Wanderwege“ (Marketing- u. Kooperationen Messekooperationen, Synergien im Bereich Pressearbeit, gegenseitige Anzeigenschaltung in allen Printmedien, Know- How- Transfer) Pauschalen 21 Pauschalangebote (davon 6 im Bereich „Wandern ohne Gepäck“), Vertrieb und Buchung durch Rheinsteigbüro oder verschiedene Tourist- Infos, Leistungsanbieter und Spezial- Reiseveranstalter (Kleins Wanderreisen) Besucherzahlen mehr als 100.000 im ersten Jahr nach Eröffnung (Tages-/Übernachtungsgäste laut DWIF ca. 50:50) Besonderheiten ► UNESCO-Naturerbe ► Hessischer Tourismuspreis 2007 ► „Wanderweg des Jahres“ 2006 im Bereich Streckenwanderungen Quelle: eigene Darstellung 111 7.3 Saar- Hunsrück- Steig Abb. 22: Logo Saar- Hunsrück- Steig Quelle: NATURPARK SAAR- HUNSRÜCK E.V. Abb. 23: Der Saar- Hunsrück- Steig Quelle: NATURPARK SAAR- HUNSRÜCK 2008 112 7.3.1 Beschreibung des Saar- Hunsrück- Steiges Der „Saar-Hunsrück-Steig“ ist ein 180 km langer Fernwanderweg im Naturpark SaarHunsrück von der Saarschleife bei Mettlach im Saarland über Hermeskeil bis Idar-Oberstein an der Nahe in Rheinland-Pfalz. 118 km des Steiges verlaufen durch Rheinland- Pfalz, die übrigen 62 km durch das Saarland. Eine Abzweigung, die als „Ruwer-Route“ benannt ist, verläuft von Hermeskeil aus bis nach Trier. Der Wanderweg führt vom Aussichtspunkt „Cloef“ an der Saarschleife bei Mettlach- Orscholz bis in die Edelsteinmetropole IdarOberstein und die Römerstadt Trier. Das Logo des Steiges ist ein grün- blaues Rechteck mit dem H wie Hunsrück und dem S der Saarschleife. Der Weg ist charakterisiert durch einen besonders hohen Anteil an Pfaden und Naturwegen. Er ist der einzige Wanderwerg, der zu 63 % Naturwege und unter 5 % (weniger als 9 Kilometer) Asphaltweganteil auf 180 km aufweist. Damit belegt er in diesen Kategorien den Spitzenplatz in ganz Europa (vgl. NATURPARK SAAR- HUNSRÜCK 2008). Der Saar- Hunsrück- Steig ist charakterisiert durch seine Vielfalt, so beinhaltet er etliche steile Felsen und lichte Streuobstwiesen. Im Verlauf der der Strecke liefert er immer wieder aufschlussreiche Aussichten von den Hunsrück- Höhen. Der Steig schließt vier Gebiete mit ein: das der Saar, der Mosel, der Nahe und letztendlich den Hunsrück. Er hat die hohen Ansprüche des „Deutschen Wandersiegels“ bereits zur Eröffnung erfüllt und den Siegeltest des Wanderinstituts erfolgreich bestanden (vgl. NATURPARK SAAR- HUNSRÜCK 2008). Der Weg ist aufgeteilt in 9 Etappen, zuzüglich den 3 Etappen von Hermeskeil nach Trier. Beginnend an der Cloef, dem Aussichtspunkt über der Saarschleife, führt der Steig hinunter nach Mettlach, dann wieder hinauf über Losheim nach Weiskirchen. Von Weiskirchen geht es in den Hunsrück hinauf über den Hochwald nach Wadern dann über die Grimburg nach Hermeskeil. Hier besteht die Möglichkeit in Richtung Mosel zu laufen: Entweder von Hermeskeil über Kell am See durchs Ruwertal zur Römerstadt Trier, oder von Hermeskeil vorbei an der Primstalsperre bei Nonnweiler und an dem keltischen Ringwall von Otzenhausen nach Thalfang am Erbeskopf, dem mit 816 m höchsten Berg des Hunsrücks, dann über die Dollberge bis zum Etappenende in Morbach. Der Letzte Abschnitt führt von Morbach über Herrstein an der Deutschen Edelsteinstrasse ins Nahetal und Idar-Oberstein. Die Einkehrmöglichkeiten direkt am Steig sind rar. Am Weg wird aber auf Sehenswertes und notwendige Ressourcen in den 13 am Wege beteiligten Anliegerkommunen hingewiesen. Zahlreiche Gasthäuser wurden als Qualitätsgastgeber Wanderbares Deutschland qualifiziert und werden so touristisch vermarktet. Drei Restaurants am Wege zählen zu den hundert besten Häusern in Deutschland (vgl. RHEINLAND- PFALZ TOURISMUS GMBH 2008). 113 7.3.2 Philosophie Im Unterschied zu Rothaarsteig und Rheinsteig weist der Saar- Hunsrück- Steig noch keine eigene Wegephilosophie im Internet aus. Man wirbt lediglich mit dem Slogan „Erlebe die Vielfalt“ und verweist auf den Raum, den es zu entdecken gilt, die Zeit zum Entspannen und die Landschaften zum Genießen. Des Weiteren preist man die abwechslungsreiche Wegeführung und die aufschlussreichen Panoramen, mit Wäldern, Höhen, Wiesen an. Der Qualitätsgedanke kommt hier noch nicht so zum Vorschein, wie er es bei Rheinsteig und Rothaarsteig tut (vgl. NATURPARK SAAR- HUNSRÜCK E.V. 2008a). 7.3.3 Organisation 7.3.3.1 Projektplanung und Umsetzung Die Hochwald- Gemeinden im Saarland hatten 2004 beschlossen die Wanderwege in ihrem Gebiet zu einem Fernwanderweg mit „Premium- Auszeichnung“ auszubauen. Da die Infrastruktur der vorhandenen Wege aber noch schlecht war und die finanziellen Mittel zum Ausbau der Wege fehlten, rief man eine Kooperation mit dem Naturpark Saar- Hunsrück ins Leben, der in der Anfangszeit dann als Projektträger fungierte. 2004 begann man mit der Planung des Saar- Hunsrück- Steiges, bei der sich noch weitere touristische Stellen im SaarHunsrück- Raum beteiligten. Somit wurde der Steig unter der Projektleitung und Trägerschaft des Naturparks Saar-Hunsrück von 13 Kommunen sowie den Tourismusorganisationen, Hunsrück- Touristik GmbH, Naheland-Touristik GmbH, Tourismus Zentrale Saarland (TZS), Tourismusverband Merzig- Wadern und Tourist- Information Trier entwickelt. Die Wirtschaftsministerien von Rheinland-Pfalz und Saarland haben das Projekt finanziell unterstützt. Im Jahr 2005 haben dann die Arbeiten an und um den Weg begonnen. Bis zum ersten halben Jahr nach der Eröffnung des Saar- Hunsrück- Steiges gab es noch kein eigenes Projektbüro, weswegen die Aufgaben auf die verschiedenen Institutionen verstreut werden mussten. Die Projektleitung und Koordinierung stand und steht noch dem Naturpark SaarHunsrück vor, der Marketingbereich wurde in der Anfangsphase hauptsächlich durch Herrn Wallach von der Tourismuszentrale Saarland abgedeckt. Weitere Aufgaben übernahmen die Stadt Trier, die hauptsächlich mit dem Erhalt und dem Ausbau der Informationstafeln betraut war, die Touristeninformation Merzig, die sich vor allem um die Herausgabe und Érweiterung des Gastgeberverzeichnisses kümmerte und die Hunsrücktouristik, die die allgemeinen Prospekte zum Saar- Hunsrück- Steig erstellte und verteilte und letztendlich die NahelandTouristik. Laut Herrn Klein von der Touristeninformation Merzig war die Tatsache kein eigenes Marketingbüro für den Saar- Hunsrück- Steig zu haben, ein großes Handicap, durch 114 das es bei vielen Entscheidungen zu Verzögerungen und letztendlich zu Einbußen kam. Am 17.04.2007 erfolgte dann an der Grimburg die offizielle Eröffnung des Saar-HunsrückSteiges (vgl. WALLACH 2008 und KLEIN 2007). 7.3.3.2 Organisationsstruktur Seit 2008 gibt es eine Neuorganisation des Saar- Hunsrück- Steiges. Der Naturpark SaarHunsrück bleibt weiterhin Projektträger, wobei er sich schon teilweise den Einfluss am SaarHunsrück- Steig zurückgenommen hat. Der Naturpark beauftragt zwei Organisationen per Geschäftsbesorgungsvertrag zur Erledigung bestimmter Themenfelder. Das ist zum einen die Tourismuszentrale Saarland für den Bereich Marketing und Projektmanagement und zum anderen das Wander- Informationszentrum Losheim am See für den Bereich der Qualitätssicherung des Weges. Die Tourismuszentrale Saarland hat dabei ein eigenes Projektbüro ins Leben gerufen, das mit einer Vollzeitkraft besetzt ist (Frau Heimann). Zur Optimierung der Marketingbemühungen wurde auch ein Arbeitskreis Marketing eingeführt, der von Frau Rau vom Naturpark Saar- Hunsrück und Herrn Wallach von der Tourismuszentrale Saarland geleitet wird. Außerdem haben auch alle oben genannten Stellen ein Mitbestimmungsrecht in diesem Ausschuss. Noch haben die Rheinland- Pfälzer mehr Stimmen in diesem Ausschuss, was Herr Wallach aber in der nächsten Zeit egalisieren möchte (vgl. WALLACH 2008 und KLEIN 2008b). 7.3.4 Infrastruktur 7.3.4.1 Verkehrsanbindung Die Verkehrsanbindung ist in Teilen des Saar- Hunsrück- Gebietes sehr gut, vor allem im Bereich der Städte Trier, Idar- Oberstein und Merzig/Mettlach, in anderen Teilen, besonders in den ländlichen Gebieten ist sie eher schlecht. Die Städte sind sehr gut mit dem Zug zu erreichen. Auch der ÖPNV ist dort gut ausgebaut. Die ländlichen Gebiete, die den größten Teil des Steiges ausmachen, sind meist nicht mit dem Zug zu erreichen und die Taktzeiten des ÖPNV sind auch relativ schwach. Für Gäste, vor allem ausländische, die mit dem Flugzeug anreisen, ist der Saar- Hunsrück- Steig sehr gut zu erreichen. Durch die Flughäfen Hahn, Frankfurt, Saarbrücken und Zweibrücken gibt es etliche möglichen via Luftverkehr an den Steig zu gelangen. Durch die Unbekanntheit der Region im Ausland wie auch in vielen Teilen Deutschlands wird diese Möglichkeit wahrscheinlich eher selten genutzt, bietet aber eine Möglichkeit, die in Zukunft stärker vermarktet werden könnte. 115 7.3.4.2 Qualitätsbetriebe Der Saar- Hunsrück- Steig bietet noch kein wegeigenes Gastgeberverzeichnis an. Deshalb muss man die Gastgeberverzeichnisse des Saarlandes und von Rheinland- Pfalz bei den zuständigen touristischen Stellen ordern. Nach etwas mehr als einem halben Jahr nach der Eröffnung des Steiges konnte man fünf „Qualitätsbetriebe Wanderbares Deutschland“ aufweisen. Im Saar- Hunsrück- Raum besteht das Problem, dass viele Betriebe relativ unflexibel und somit noch nicht bereit sind sich qualifizieren zu lassen (vgl. WALLACH 2008). 7.3.4.3 Natur/Kulturdenkmäler Natur- und Kulurdenkmäler gibt es im Saar- Hunsrück- Gebiet im Vergleich zum MittelRheintal auch eher wenige. Zu nennen sind: Die Römerstadt Trier, die Edelsteinstrasse in Idar- Oberstein, der Keltische Ringwall, die Grimburg, Villeroy & Boch- Keramik, die Saarschleife und einige wichtige FFH- Schutzgebiete wie zum Beispiel der Hochwald. Um den Saar- Hunsrück- Steig sind im Vergleich zu beiden anderen Steigen kaum Burgen oder Schlösser zu finden (NATURPARK SAAR- HUNSRÜCK E.V. 2008a). 7.3.4.4 Wegeformat Beim Saar- Hunsrück- Steig sind 63% des Weges naturbelassen und weniger als 5% (d.h. weniger als 9 km) des Weges sind asphaltiert. Damit erreicht er in diesen Bereichen Spitzenwerte bei den Fernwanderwegen in Europa Die übrigen Daten bezüglich des Wegeformates konnten weder vom Deutschen Wanderinstitut noch von den zuständigen Stellen zur Verfügung gestellt werden, da der Steig in einigen Bereichen noch verbessert wird und deshalb die Daten im Geheimen gehalten werden, um die betroffenen Gemeinden zu schützen (vgl. ERBER 2008). 7.3.5 Zertifizierung durch das Deutsche Wanderinstitut Der Saar- Hunsrück- Steig ist der am besten bewertete Premium- Fernwanderweg Deutschlands. Dies zeigen die anfangs 2008 veröffentlichten Zertifizierungsergebnisse der vier Premium- Fernwanderwege in Deutschland durch das Deutsche Wanderinstitut in Marburg. Mit 47 (genau 46,55) Erlebnispunkten wurde der Saar-Hunsrück-Steig besser bewertet als die Mitbewerber Rheinsteig, Hochrhöner und Rothaarsteig und ist somit der am höchsten zertifizierte Fernwanderweg. Besonders hohe Bewertungen erhielten die Abschnitte an der „Cloef“ in Mettlach-Orscholz, rund um Scheiden und Waldhölzbach in Losheim am 116 See, an der Grimburg in der Verbandsgemeinde Hermeskeil, am keltischen Ringwall in Nonnweiler- Otzenhausen, im Ortelsbruch in Morbach, an der Willdenburg und der Mörschieder Burr in der Verbandsgemeinde Herrstein. Hier wurden teilweise über 100 Erlebnispunkte pro Kilometer vergeben. Grob gegliedert weisen die Abschnitte folgende Punktzahlen auf: ►Kilometer 1-64: Orscholz bis zur Verzweigung: 56,34 Punkte ►Kilometer 65-142, Verzweigung bis Idar- Oberstein: 40,52 Punkte ►Kilometer 143-177, Verzweigung bis Trier: 42,07 Punkte (vgl. WALLACH 2008). Da der saarländische Abschnitt mit Abstand die höchsten Bewertungen erhalten hat, wird damit wieder die hohe Qualität der Wanderwege im Saarland herausgestellt, die sich schon bei den Tagestouren als Messlatte erwiesen hat. So gab es bei der ersten Zertifizierung des Deutschen Wanderinstituts auch im saarländischen Bereich keine Beanstandungen, während auf rheinland- pfälzischer Seite einige Nachbesserungen vorgenommen werden mussten (vgl. KLEIN 2008). Die Bewertungen für die einzelnen Abschnitte fallen folgendermaßen aus: Tab. 23: Die Punktzahlverteilung des Saar- Hunsrück- Steigs nach Abschnitten (gerundet) Kilometerzahl Punkte 0-20 Orscholz- Girtenemühle 51 21-40 Girtenemühle- Weiskirchen 62 41-60 Weiskirchen- Grimburg 57 61-64 Grimburg bis zur Verzweigung bei Wadrilltal 59 65-84 Lauschbachtal- Ringwall 43 85-104 Ringwall- Viadukt bei Simmbachtal 36 105-124 Viadukt- Rosselhalde 37 125-142 Rosselhalde- Weiherschleife 49 143-164 Weiherschleife- Morscheid 46 165-177 Morscheid- Reiterhof hinter Filsch 37 gesamt 46,55 = 47 Erlebnispunkte Quelle: eigene Darstellung nach TOURISMUSZENTRALE SAARLAND 2008 117 Das Spitzenstück des Saar- Hunsrück- Steigs befindet sich zwischen der Girtenmühle und Weiskirchen, das am schlechtesten bewertete Stück liegt zwischen dem Keltischen Ringwall und dem Viadukt bei Simmbachtal. 7.3.6 Marketingbereich 7.3.6.1 Finanzierung Die Strecke des Wanderweges wurde mit Hilfe von kommunalen Routenteams, speziell ausgebildeten Wanderscouts und Vertretern aus Naturschutz, Forst, Wandervereinen u. a. vor Ort ausgelotet. Das Projekt wurde in Trägerschaft des Naturparks Saar-Hunsrück in Zusammenarbeit mit der Firma Alpstein GmbH, Immenstadt, und dem Projektpartner Wandern, Marburg, durchgeführt. Die Projektkosten von insgesamt rund 267.700 Euro wurden zu je 70 Prozent von den Wirtschaftsministerien der Länder Rheinland-Pfalz (117.900 Euro) und Saarland (69.500 Euro) kofinanziert. 30 Prozent der Kosten übernahmen die 13 Gebietskörperschaften entlang des Premium-Wanderweges. Der Weg selbst wurde von den Kommunen in Eigenleistung hergestellt. Bei der Umsetzung des Projektes arbeitete das Projektteam vom Naturpark erfolgreich mit den beteiligten Anliegerkommunen, Saar- und Landesforsten, den örtlichen und regionalen Touristikorganisationen und Behörden zusammen. Das Logo für den Saar-Hunsrück-Steig wurde von der Agentur alea design GmbH, Leisel, erstellt und ist als Marke beim Deutschen Patent- und Markenamt eingetragen. Das Logo bürgt für Qualität und ermöglicht Produkte und Dienstleistungen, die von Wanderern nachgefragt werden, exklusiv mit dem Label zu vertreiben (vgl. KLEIN 2008a und NATURPARK SAAR- HUNSRÜCK E.V. 2008). 118 7.3.6.2 Budgetplan/Marketingplan Tab. 24: Der Marketingplan des Saar- Hunsrück- Steigs 2007 Nr. Maßnahme EURO 1 Internetauftritt 7.000 2 Imagebroschüre ca. 15.000 3 Fotomaterial 5.000 4 Merchandising 0 5 Cl- Leitfaden 350 6 Geschäftspapier 1.500 7 Übernachtungs- Verzeichnis 0 8 Flyer für buchbare Angebote 5.000 9 Journalistenbetreuung, ca. 35.000 Reiseveranstalterbetreuung, laufende Pressearbeit 10 Werbung 50.000 11 Messeauftritt/Promotion 20.000 12 Sonstige Maßnahmen ca. 11.150 Summe ca. 150.000 Quelle: WALLACH 2008 7.3.6.3 Wirtschaftliche Bedeutung Da der Saar- Hunsrück- Steig noch nicht lange eröffnet ist, konnten von den zuständigen Stellen nur wenige aussagekräftige Zahlen hinsichtlich der wirtschaftlichen Bedeutung herausgegeben werden. Herr Wallach von der Tourismuszentrale Saarland konnte jedoch bestätigen, dass das Gastgewerbe um den Saar- Hunsrücksteig schon Zuwächse verzeichnen konnte. Außerdem haben in der Zeit von April bis Oktober 2007, also innerhalb des ersten halben Jahres, 86 Personen 444 Übernachtungen am Saar- Hunsrück- Steig über die Tourismuszentrale Saarland gebucht, was einen Umsatz von knapp 24.000 Euro eingebracht hat. Laut Herrn Klein erfolgten insgesamt von April 2007 bis Januar 2008 150 Pauschalbuchungen und insgesamt 5000 Anfragen zu allen „Premiumwanderwegen“ im Saarland (vgl. WALLACH 2008 und KLEIN 2008). Wenn man bedenkt, dass die Buchungsmöglichkeiten und die Angebote zum Saar- Hunsrück- Steig noch stark ausbaufähig sind, lässt sich erahnen, dass der Weg auch wirtschaftliche Erfolgszahlen schreiben wird, wenngleich diese nicht ganz so hoch ausfallen werden bei Rothaar- bzw. Rheinsteig. 119 7.3.6.4 Internetauftritt Der Internetauftritt war zur Eröffnung des Steiges noch nicht fertig gestellt und verhinderte damit eine Zeit lang den Informationsbezug der potentiellen Gäste über dieses Medium. Es sind auch bis März 2008 nur drei Pauschalen buchbar, die zudem nicht direkt über TKN gebucht werden können, sondern bei den zuständigen Stellen (hauptsächlich der Tourismuszentrale Saarland) nachgefragt werden müssen. Angesichts der Tatsache, dass mittlerweile die meisten Menschen in Deutschland das Internet nutzen und auch immer ältere Leute dazu stoßen, hat man hier Potential verschenkt bzw. verschenkt es immer noch. Vergleicht man in den Marketingplänen der drei untersuchten Wanderwege die jährlichen Kosten für den Internetauftritt, so fällt auf, dass beim Saar- Hunsrück- Steig kaum weniger Geld investiert wird als beim Rothaarsteig. Der Rheinsteig investiert sogar weniger Geld in die Gestaltung seiner Internetseite. Deswegen liegt der Saar- Hunsrück- Steig im Bereich Internet und Kommunikation an letzter Stelle. Ab 2008 erhalte laut Herrn Klein der Internetauftritt des Steiges eine wesentlich höhere Priorität. 7.3.6.5 Veranstaltungen/Events Beim Saar- Hunsrück- Steig kümmert man sich im Gegensatz zu den beiden anderen Steigen sehr um die Ausrichtung von Events rund um den Steig bzw. rund um das Wandern im SaarHunsrück- Gebiet, vor allem zu Werbezwecken in der Zeit der Eröffnung des Steiges. So wurden allein 2007 der „Deutsche Wandertag“, der „Gesundheitskongress Wandern und das „WanderFestival“ auf dem oder in der Nähe des Saar- Hunsrück- Steigs abgehalten. Zudem fand 2007 ein Wandermarathon auf dem Steig statt, der ab sofort jährlich ausgeführt wird. Auch der Saar- Hunsrück- Steig wurde im Rahmen der Aktion „5 Wochen- 5 trails“ erwandert. Auch in Zukunft will man über Events die Region und den Saar- Hunsrück.- Steig stärker vermarkten (vgl. KLEIN 2007). 7.3.6.6 Auftritt auf Messen Der Saar- Hunsrück- Steig wirbt auf der „Tour- Natur“ in Düsseldorf, auf der CMT in Stuttgart, auf dem „Reisemarkt“ in Mannheim, auf der Messe Freiburg und der Messe Limburg, auf der ITB in Berlin und auf regionalen Messen. Außerdem ist man auf Messen in Utrecht (Niederlande) und Antwerpen (Belgien) (vgl. KLEIN 2007). 120 7.3.7 Merchandising 7.3.7.1 Literatur und Karten Bis Ende April soll laut Herrn Wallach der Wanderführer von Günter Schmitt zum SaarHunsrück- Steig fertig gestellt sein. Herr Sendelbach von fernwege.de bestätigte in einer Email die Aufnahme des Saar- Hunsrück- Steigs in die Internetseite fernwege.de für den Zeitpunkt der Herausgabe des Wanderführers. Auf dieser Internetseite ist grundsätzlich auch ein Wanderforum zu finden, über das sich Wanderer gegenseitig austauschen können. Rothaar- und Rheinsteig haben dieses Forum bereits in die wegeigene Internetseite integriert. Seit März 2008 ist der Saar- Hunsrück- Steig wenigstens teilweise in die Seite von fernwege.de integriert. Er ist dort allerdings noch unter der Rubrik „Saar- Hunsrück“ zu finden und nicht unter „Saar - Hunsrück- Steig“ (vgl. FERNWEGE.DE 2008). Wanderkarten: Über die zuständigen Tourismusstellen ist eine Wanderkarte erhältlich. Prospekte: Broschüre „Erlebe die Vielfalt“ Wanderführer: Der Wanderführer wird von Günter Schmitt geschrieben und wird voraussichtlich Ende April 2008 veröffentlicht. Mitte 2008 will man auch das Übernachtungsverzeichnis fertig gestellt haben (vgl. WALLACH 2008). 7.3.7.2 Fanartikel und Wanderzubehör Zur Eröffnung des Saar- Hunsrück- Steiges wurden einige Mützen und noch ein paar wenige weitere Artikel mit dem Saar- Hunsrück- Logo hergestellt, die aber noch nicht dauerhaft vermarktet werden. Auf der Internetseite ist auch noch kein Verkaufsbereich eingerichtet. Momentan ist in diesem Bereich auch nichts für die nähere Zukunft geplant, da man zuerst essentiellere Angelegenheiten bewältigen müsse (vgl. KLEIN 2007). 7.3.8 Erfolge Neben den wirtschaftlichen Erfolgen konnten im Zeitraum von April bis Oktober 2007 232 Wanderkarten abgesetzt werden. Hier lag der Umsatz bei etwa 3000 Euro. Bei der Tourismuszentrale Saarland gingen in diesem Zeitraum ca. 3.500 Anfragen bezüglich des Saar- Hunsrück- Steigs ein (770 schriftliche, 492 persönliche, 1552 via E-mail und 700 via Telefon). Herr Wallach von der Tourismuszentrale Saarland und Herr Klein von der Touristinformation Merzig- Wadern waren aufgrund des kleinen Budgets sehr stolz auf das erzielte Ergebnis, wobei die größten Bemühungen sicherlich im Bereich der Wegequalität lagen (vgl. WALLACH 2008). Laut Herrn Klein ist der Saar- Hunsrück- Steig sehr schnell 121 und sehr umfangreich in den Medien aufgenommen worden, allerdings wurden keine genauen Angaben über die Medien gemacht. Bezüglich der Nachfrage der Wanderer lassen sich noch keine signifikanten Steigerungen feststellen. Allerdings können die Betriebe, die direkt am Steig liegen, schon leichte Zuwächse verzeichnen. Für Herrn Klein ist es auch ein großer Erfolg, dass man einen schnell steigenden Anteil von Betrieben und Touristikern feststellen kann, die ihre Angebote immer mehr auch auf den Saar- Hunsrück- Steig ausweiten (vgl. KLEIN 2007). 7.3.9 Neuerungen/Zukunft Der Saar- Hunsrück- Steig möchte aufgrund der guten Vermarktungsstrategie Mitglied der „Toptrails of Germany“ werden. Der Marketingbereich wird weiter verbessert und ausgebaut werden und vor allem soll der Marketingplan (Erstellung eines Übernachtungsverzeichnisses, Ausbau der Internetseite usw.) rechtzeitig umgesetzt werden. Teile der Infrastruktur sollen noch im Laufe des Jahres so ausgebessert werden, dass der Saar- Hunsrück- Steig am Ende des Jahres über 50 Erlebnispunkte erhält. Des Weiteren sind die Zuwegungsmarkierungen noch nicht vollständig fertig gestellt. Auf der rheinland- pfälzischen Seite will man neue „Premiumwanderwege“ errichten, die mit dem Saar- Hunsrück- steig in Verbindung stehen sollen. Geplant sind auch die Errichtung von Aussichtsplattformen und die Installation von weiterem Inventar (vgl. KLEIN 2008b). 7.3.10 Stärken und Schwächen des Saar- Hunsrück- Steigs Die größte Stärke des Weges liegt sicherlich in der Wegequalität, d.h. in dem sehr geringen Asphaltanteil und sehr hohen Pfadanteil und in der geschickten Wegeführung, die immer wieder viele kleine Details anbindet, so dass der Wanderer immer wieder mit neuen Eindrücken überrascht wird. Überdies bietet der Naturpark Saar- Hunsrück eine sehr große landschaftliche Vielfalt mit einer überdurchschnittlichen Attraktivität. Der Naturpark SaarHunsrück stellt einen wichtigen Bestandteil für den Saar- Hunsrück- Steig dar. Es befinden sich auch einige bedeutende FFH- Gebiete in der Umgebung des Steiges und etliche historische, kulturelle und geologische Sehenswürdigkeiten. Allerdings sind diese im Vergleich zum Rheinsteig doch in sehr geringer Anzahl vorhanden, was den Weg kulturell gesehen als weniger abwechslungsreich erscheinen lässt. Sehr positiv zu sehen ist die gute Zuwegung des Steiges. Das Wanderwegenetz im Saarland verbindet den Saar- HunsrückSteig mit einer Vielzahl von hochqualitativen Wanderwegen (z.B. Felsenweg). Das SaarHunsrück- Gebiet besitzt allgemein eine sehr gute touristische Wegeinfrastruktur (sehr gut 122 ausgebautes Radwegenetz, sehr gut ausgebautes Wanderwegenetz mit vereinzelt noch zu schließenden Lücken im Bereich der Anbindung an die Premiumwanderwege Eifelsteig, SaarHunsrück-Steig und Moselsteig, gute Besucherlenkung durch flächendeckende Beschilderung, sehr gutes Angebot an Lehrpfaden). Der Weg ist teilweise gut zu erreichen, aber größtenteils ist man auf das Auto als Anreisemittel angewiesen, wenn man nicht in der Nähe des Steiges wohnt, oder muss relativ lange Fahrten mit dem ÖPNV in Kauf nehmen. Die Lage der Region im Dreiländereck Deutschland, Frankreich, Luxemburg ist ein touristisches Alleinstellungsmerkmal. Die Lage in und zwischen zwei Naturparken, das vielfältige Kulturelle und historische Erbe (Industrie, römisches und keltisches Erbe) und die guten Bedingungen für Erholungs- und Weintourismus sind Anziehungspunkte für potentielle Gäste. Zudem kann man im Untersuchungsgebiet einen Anstieg der Gästezahlen und eine im Landesvergleich überdurchschnittliche Aufenthaltsdauer verzeichnen, die aber in den letzten Jahren auch leicht zurückgegangen ist. Auch die Anzahl der Beherbergungsbetriebe hat sich verringert. Die Beherbergungsbetriebe und Gaststätten haben oft Mängel und ein geringes Interesse an Zertifizierungsangeboten. Überdies ist die Vernetzung zwischen Tourismus und örtlicher Gastronomie ebenfalls unzureichend: Es fehlen um den Saar- Hunsrück- Steig herum an vielen Stellen Einkehrmöglichkeiten. Moderne Angebote im Wellness- und Gesundheitstourismus sind noch nicht in ausreichendem Maße vorhanden. Das Saarland und Teile von Rheinland- Pfalz haben immer noch ein schwaches Image und ein wenig ausgeprägtes touristisches Profil, besonders im Blick auf die Konkurrenz mit anderen Destinationen. Die Unbekanntheit und Abgeschiedenheit der Region zählt sicherlich zu den größten Schwächen unter denen das touristische Aufkommen am Saar- Hunsrück- Steiges zu leiden hat. Auch die Tatsache, dass zur Eröffnung des Steiges noch kein eigenes Projektbüro und keine wegeigene Internetseite vorhanden waren, haben den Saar- Hunsrück- Steig in seiner Entwicklung genauso gehemmt wie die Tatsache, dass es verpasst wurde, sich frühzeitig bei den „Toptrails of Germany“ anzumelden. Deshalb kann der Marketingbereich auch nicht ganz an die Erfolgszahlen, die Rothaar- und Rheinsteig zu Beginn hatten, heranreichen. Der Saar- Hunsrück- Steig ist zwar der beste „Premium- Fernwanderweg“ Deutschlands, jedoch wird er es durch die angesprochenen Probleme und auch das fehlende Interesse der Betriebe an den Zertifizierungsangeboten und der teilweise fehlenden Flexibilität der Menschen vor Ort, schwierig haben die Konkurrenz hinsichtlich der wirtschaftlichen Erfolge einzuholen. 123 7.3.11 Zusammenfassung Saar- Hunsrück- Steig Tab. 25: Zusammenfassung Saar- Hunsrück- Steig Saar- Hunsrück- Steig Eröffnung 30.04.2007 Lage und 180 km Gesamtlänge (143 km Orscholz – Hermeskeil – Idar-Oberstein, Ausdehnung 37 km Hermeskeil – Ruwertal – Trier) durch den Naturpark Saar- Hunsrück, 9 Etappen zwischen 13 km und 26 km Wegetyp Streckenwanderung Organisation seit Anfang 2008 eigenes Projektbüro, Projektträger bleibt aber der Naturpark Saar- Hunsrück, über Marketingausschuss haben die beteiligten Tourismusstellen Mitspracherecht Finanzbedarf 188.000 EUR Errichtungskosten, jährliches Budget ca. 150.000 EUR Vertrieb/ wegeigene Internetseite (seit September 2007) Kommunikation Wegequalität zertifiziert nach dem „Deutschen Wandersiegel“ (Deutsches Wanderinstitut), 47 Erlebnispunkte Beherbergung Noch kein wegeigenes Gastgeberverzeichnis, Buchung über zuständige Tourismusstellen, 5 Qualitätsbetriebe „Wanderbares Deutschland“ Marketingkooperationen Pauschalen „Deutscher Wandertag“ 2007, „Gesundheitskongress Wandern“ 2007, „WanderFestival“ 2007 3 Pauschalangebote, auf der Internetseite zu finden und bei der Tourismuszentrale Saarland zu buchen Besucherzahlen keine genauen Angaben Besonderheiten ►bester Premiumweg in der Kategorie Streckenwanderungen 2008 ►geringster Asphaltanteil eines Fernwanderweges in Europa Quelle: eigene Darstellung 124 8 Auswertung der Gästebefragungen Im Rahmen dieser Magisterstudie hat der Verfasser eine Gästebefragung an den jeweiligen Steigen und im Internet per E- mail- Kontakt vorgenommen. Dazu wurden 50 Gäste pro Steig, also insgesamt 150 Gäste aufgefordert jeweils 16 Fragen zu den Wanderwegen zu beantworten: 8.1 Herkunft der Gäste Abb. 24: Herkunft der Wandergäste insgesamt nach Gebieten 1% 5% 3% 5% 2% 4% NW MW SW NO MO SO 80% Ausland NW= Schleswig- Holstein, Niedersachsen, Bremen, Hamburg MW= Nordrhein- Westfalen, Rheinland- Pfalz, Saarland, Hessen SW= Baden- Württemberg NO= Mecklenburg- Vorpommern, Berlin, Brandenburg MO= Sachsen- Anhalt, Sachsen, Thüringen, SO= Bayern ______________________________________________________________ Quelle: eigene Erhebung Die Vorherrschaft bei der Herkunft der Gäste liegt bei allen drei Wanderwegen eindeutig in den Bundesländern Rheinland- Pfalz, Saarland, Nordrhein- Westfalen und Hessen. Die Marketingaktivitäten der jeweiligen Projektbüros sollten speziell auf diese Bundesländer ausgerichtet sein. Allerdings sollten auch andere Wanderregionen wie Bayern oder BadenWürttemberg nicht vernachlässigt werden, da dort auch ein großes Gästepotential vorhanden ist. Auch im Ausland, speziell in den Niederlanden, sind mögliche Gäste für die drei 125 Qualitätssteige zu finden. Diesbezüglich hat natürlich der Rheinsteig Vorteile, da er über einen sehr großen, sogar internationalen Bekanntheitsgrad verfügt. 8.2 Alter der Gäste Abb. 25: Die Aufteilung aller befragten Gäste nach Altersgruppen 35 30 25 0-20 20 21-40 15 41-60 älter als 60 10 5 0 Rothaarsteig Rheinsteig Saar-HunsrückSteig Quelle: eigene Erhebung Der Altersschnitt liegt aufgerundet in der Kategorie 3, also bei den 41- 60jährigen. Dies untermauert die Erhebungen des Deutschen Wanderinstituts, die auf ein Durchschnittsalter von 47 Jahren gekommen sind. Den Rheinsteig wandern vergleichsweise mehr Menschen aus der Altersklasse der 41- 60jährigen, aber eher weniger aus der Altersklasse der über 60jährigen, was wahrscheinlich daran liegt, dass der Weg zu großen Teilen sehr anspruchsvoll ist und deshalb ältere Menschen Probleme mit den Steigungen haben. Für die Altersklasse von 41-60 Jahren stellt der Weg hingegen eine sportliche und kulturelle Herausforderung dar. Der Rothaarsteig und der Saar- Hunsrück- Steig werden deutlich mehr von älteren Jahrgängen besucht. Auffällig ist, dass auch viele Menschen aus der Altersklasse der 21- 40jährigen auf den Wanderwegen unterwegs ist, besonders auf dem Saar- Hunsrück- Steig. Es gibt auf allen Wanderwegen mehr Wanderer aus dieser Altersklasse als aus der der über 60jährigen. 126 8.3 Geschlechterverhältnis Abb. 26: Geschlechterverhältnis der Wanderer auf allen Steigen zusammen 72; 48% Männlich 78; 52% Weiblich Quelle: eigene Erhebung Nach den Ergebnissen der Befragungen durch das Deutsche Wanderinstitut ist das Geschlechterverhältnis ausgeglichen. Ähnlich sind die Ergebnisse der Befragungen im Rahmen dieser Magisterarbeit. Hier waren jedoch mit 52% etwas mehr Männer vertreten als Frauen. 8.4 Anzahl der Wanderungen Abb. 27: Die Anzahl der Wanderungen der Gäste auf den jeweiligen Steigen 30 25 20 ein Mal einige Male 15 öfter sehr oft 10 5 0 Rothaar Rheinsteig Saar-Hunsrück Quelle: eigene Erhebung 127 Die meisten Wanderer sind nur ein Mal die jeweiligen Wege gewandert, was sich unter anderem dadurch erklärt, dass etliche Wanderer per E- mail- Kontakt befragt worden sind, die erst ein Mal auf dem entsprechenden Steig gewandert sind. Dafür wurden auch etliche Wanderer direkt an den Steigen befragt, weswegen die Kategorie „sehr oft“ auch des Öfteren gewählt wurde. Der Saar- Hunsrück- Steig weist hier die meisten Nennungen auf, dabei gehen vergleichsweise wenige Wanderer „öfter“ auf dem Weg spazieren. Der Rheinsteig wurde von relativ vielen Wanderern „einige Male“ bewandert. 8.5 Aufenthaltsdauer Abb. 28: Die Aufenthaltsdauer der Gäste im Bereich des jeweiligen Steiges 40 35 30 1 Tag 25 2-3 Tage 20 4-7 Tage 15 8 Tage oder mehr 10 5 0 Rothaarsteig Rheinsteig Saar-HunsrückSteig Quelle: eigene Erhebung Die meisten Wanderer bleiben nur einen Tag am jeweiligen Steig. Beim Saar- Hunsrück- gibt es allerdings im Vergleich wesentlich mehr Gäste, die nur einen Tag bleiben. Dies ist auch wieder auf die fehlenden Angebote und die kurze Eröffnungszeit des Steiges zurückzuführen. Es wurden aber auch beim Saar- Hunsrück- Steig viele Wanderer befragt, die in unmittelbarer Nähe zum Steig wohnen. Beim Rheinsteig zeigt sich die gut ausgebaute Fremdenverkehrsstruktur der Region, die verbunden ist mit vielfältigen Angeboten rund um das Wandern. Hier bleiben relativ viele Gäste acht Tage oder länger. Aber auch beim Rothaarsteig kristallisieren sich die ausreichend vorhandenen und modernen Gastbetriebe heraus, die gute Bedingungen bieten, auch Aufenthalte von acht Tagen oder mehr zu absolvieren. 128 8.6 Touristenart Abb. 29: Unterscheidung nach Individual- und Pauschaltouristen auf allen Steigen zusammen 10% 1% k.A. Individualtourist Pauschaltourist 89% Quelle: eigene Erhebung Wanderer sind in der Regel Individualtouristen. Nur 10% der befragten Wanderer gaben an, pauschale Angebote gebucht zu haben. Dies zeigt auch, dass es für die einzelnen Projektbüros wichtig ist speziell auf dieses Publikum einzugehen. Dabei ist die Möglichkeit einer individuellen Reisezusammenstellung über das Internet und über Prospekte sehr wichtig, was bei Rothaarsteig und Rheinsteig schon sehr gut funktioniert und bei Saar- Hunsrück- Steig, speziell im Internetbereich, noch ausbaufähig ist. 8.7 Anreise Abb. 30: Benutzte Verkehrsmittel für die Anreise zu dem jeweiligen Wanderweg 35 30 k.A. 25 Auto 20 Bus 15 Bahn zu Fuß/mit Rad 10 Wohnmobil 5 0 Rothaar Rheinsteig Saar-Hunsrück Quelle: eigene Erhebung 129 Bei den Verkehrsmitteln, die benutzt werden, um zu den Steigen zu gelangen, dominiert mit großem Abstand das Auto. Nur zum Rheinsteig, der auch die Beste ÖPNV- Anbindung besitzt, gelangen auch fast genauso viele Gäste mit der Bahn. Den Rheinsteig erreichen zudem viele Wanderer, die in der Nähe wohnen bzw. mit dem Bus oder der Bahn anreisen, entweder mit dem Fahrrad oder durch einen Fußmarsch. Den Bus benutzen grundsätzlich nur wenige als Anreisemittel. 8.8 Anzahl der gewanderten Etappen Abb. 31: Die in der Regel von den Gästen gewanderte Etappenanzahl auf dem jeweiligen Steig 30 25 20 1 Etappe 2-4 Etappen 15 mehr als 4 Etappen alle Etappen 10 5 0 Rothaar Rheinsteig Saar-Hunsrück Quelle: eigene Erhebung Bezüglich der Anzahl der gewanderten Etappen zeigt sich, dass es relativ viele Wanderer gibt, die alle Etappen der entsprechenden Wanderwege laufen und dies geschieht besonders häufig beim Rothaarsteig und beim Rheinsteig. Ansonsten fällt auf, dass die meisten Wanderer auf dem Saar- Hunsrück- Steig nur eine Etappe wandern, was wahrscheinlich in dem noch dürftigen Wanderangebot und der Tatsache, dass der Steig noch nicht lange eröffnet ist, begründet liegt. 130 8.9 Wandergleitung Abb. 32: Die Wanderbegleitung der Gäste auf den drei Wanderwegen 35 30 25 Alleine 20 Familie/Freunde 15 Gruppe 10 5 0 Rothaarsteig Rheinsteig Saar-HunsrückSteig Quelle: eigene Erhebung In dieser Kategorie zeigt sich, dass alle Werte ähnlich verteilt sind, wobei die meisten Wanderer mit der Familie oder Freunden unterwegs sind. Auf dem Rheinsteig gibt es relativ viele Wanderer die alleine unterwegs sind, auf dem Saar- Hunsrück- Steig gibt es überdurchschnittlich viele Wanderer, die mit der Familie oder Freunden unterwegs sind. 8.10 Informationsherkunft Abb. 33: Die Informationsherkunft der Gäste für den jeweiligen Steig 35 30 25 20 Rothaarsteig Rheinsteig 15 Saar-Hunsrück-Steig 10 5 0 Kennzeichnung Zuwanderweg Wohnortnähe Literatur Presse Radio Internet Freunde/Bekannte k.A. Quelle: eigene Erhebung 131 Bei der Frage durch welchen Umstand die Wanderer auf die jeweiligen Steige gestoßen sind, wird deutlich, dass der Informationsbezug über das Internet klar vor dem über Freunde und Bekannte und vor dem über die Presse steht. Dabei sind die Werte relativ gleichmäßig verteilt. Nur beim Informationsbezug über das Internet zeigt sich beim Saar- Hunsrück- Steig, dass dort noch nicht so viele Menschen die Internetseite aufsuchen. 8.11 Parkmöglichkeiten Abb. 34: Die Bewertung der Parkmöglichkeiten rund um die Steige 25 20 k.A. 15 sehr gut gut ausreichend 10 mangelhaft 5 0 Rothaar Rheinsteig Saar-Hunsrück Quelle: eigene Erhebung Die Parkmöglichkeiten wurden oft gar nicht bewertet, da auch viele Wanderer nicht mit dem Auto angereist sind und deshalb diese Kategorie nicht zu beantworten wussten. Die meisten Wanderer schätzen die Parkmöglichkeiten rund um die Steige als gut und als sehr gut ein, wobei der Saar- Hunsrück- Steig hier am Besten bewertet wird. Allerdings gibt es auch viele, die die Parkmöglichkeiten um den Saar- Hunsrück- Steig kritisieren. Rheinsteig und Rothaarsteig sind in etwa gleich stark bewertet. 132 8.12 Qualität Abb. 35: Die Bewertung der Qualität der drei Steige 35 30 25 k.A. 20 sehr gut gut 15 durchschnittlich mangelhaft 10 5 0 Rothaarsteig Rheinsteig Saar-HunsrückSteig Quelle: eigene Erhebung Bei der Qualität der Steige zeigt sich das Ergebnis der Bewertung des Deutschen Wanderinstituts wieder: Der Saar-Hunsrück- Steig wird am Besten bewertet, dicht gefolgt vom Rheinsteig, der nur nicht so oft mit „sehr gut“ bewertet wird. Da die Zertifizierungsergebnisse zum Rothaarsteig noch nicht vorliegen, kann man auch keine eindeutigen Zusammenhänge aus der Gästebefragung ableiten. Geht es allerdings nach den Wanderern, so wird der Rothaarsteig eindeutig qualitativ schlechter eingeschätzt als Rheinsteig und Saar- Hunsrück- Steig. Beim Rothaarsteig gibt es nur vergleichsweise wenige Wanderer, die den Weg mit „sehr gut“ bewerten, dafür mehr Wanderer, die ihn mit „gut“ oder „durchschnittlich“ bewerten. 133 8.13 Medienpräsenz Abb. 36: Die Bewertung der Medienpräsenz der drei Wanderwege 30 25 k.A. 20 sehr gut 15 gut ausreichend 10 mangelhaft 5 0 Rothaarsteig Rheinsteig Saar-HunsrückSteig Quelle: eigene Erhebung Bei der Medienpräsenz lassen sich keine signifikanten Unterschiede feststellen. Der Rheinsteig wird hier leicht besser bewertet als Rheinsteig und Saar- Hunsrück- Steig. Der Saar- Hunsrück- Steig wird allerdings vergleichsweise oft in dieser Kategorie nur mit „ausreichend“ bewertet. Da er aber noch nicht so lange die Möglichkeit hatte in den Medien zu erscheinen, ist diese Tatsache hier einfach erläutert. 8.14 Internetauftritt Abb. 37: Die Bewertung der Internetauftritte der drei Steige 30 25 k.A. 20 sehr gut 15 gut ausreichend 10 mangelhaft 5 0 Rothaarsteig Rheinsteig Saar-HunsrückSteig Quelle: eigene Erhebung Beim Internetauftritt wird die Seite des Rothaarsteigs minimal besser bewertet als die des Rheinsteigs. Hier macht sich der umfassende Kundenservice und die strukturierte Anordnung 134 der Internetseite des Rothaarsteig- Büros bemerkbar. Beim Saar- Hunsrück- Steig zeigen sich die noch bestehenden Schwächen der Internetseite. Es fehlen viele Details wie onlinebuchbare Gastgeber, Merchandising- Artikel, Routenplaner, Gästeforum und so weiter, weswegen auch die Wanderer auf dem Saar- Hunsrück- Steig die Internetseite überdurchschnittlich oft mit „ausreichend“ und „mangelhaft“ bewerten und eher selten mit „sehr gut“. 8.15 Kooperation mit den umliegenden Betrieben und deren Erreichbarkeit Abb. 38: Die Bewertung der Kooperation der öffentlichen Stellen mit den umliegenden Betrieben und deren Erreichbarkeit 30 25 k.A 20 sehr gut 15 gut ausreichend 10 mangelhaft 5 0 Rothaarsteig Rheinsteig Saar-HunsrückSteig Quelle: eigene Erhebung Hinsichtlich der Kooperation mit den umliegenden Betrieben und deren Erreichbarkeit kann der Rothaarsteig eindeutig die besten Ergebnisse vorweisen. Der Rheinsteig liegt minimal vor dem Saar- Hunsrück- Steig, der in dieser Kategorie am Schlechtesten bewertet wurde. Beim Rheinsteig und beim Saar- Hunsrück- Steig waren die Nennungen ab und zu auch „mangelhaft“. 135 8.16 Verbesserungsbedarf Abb. 39: Der Verbesserungsbedarf bei den drei Wanderwegen k.A. 20 18 Attraktionen 16 Beschaffenheit des Weges Wegeführung 14 12 Informationen zum Steig 10 8 umliegende Betriebe 6 Internetauftritt 4 Inventar 2 0 Wanderangebote Rothaarsteig Rheinsteig Saar-HunsrückSteig Merchandising Quelle: eigene Erhebung Hinsichtlich der Schwächen, zeigt der Rothaarsteig Verbesserungsbedarf in den Bereichen Beschaffenheit des Weges und Wegeführung. Auch die umliegenden Betriebe wurden des Öfteren bemängelt, jedoch weitaus weniger als bei Rheinsteig und Saar- Hunsrück- Steig. Dies war auch nach der Erstellung der Stärken- Schwächen- Analyse der betreffenden Gebiete zu erwarten. Der Rheinsteig hat hauptsächlich Probleme bei den umliegenden Betrieben. Seltener wurden die Beschaffenheit des Weges, das Inventar und die Wanderangebote bemängelt. Der Saar- Hunsrück- Steig hat noch vielfältigere Probleme als die beiden anderen Steige, da er erst vor kurzem eröffnet wurde. Grundsätzlich wurden alle Punkte leicht bemängelt, bis auf die umliegenden Betriebe, die sehr stark bemängelt wurden und den Internetauftritt, der relativ oft schlecht bewertet wurde. Die Schwächen bei den Informationen zum Steig, den Wanderangeboten und den Merchandising- Produkten sind nicht verwunderlich, da diese Punkte beim Saar- Hunsrück- Steig noch in der Entwicklungsphase stehen. 136 9 Handlungsempfehlungen Bei der Planung von Wandwegeprojekten ist es empfehlenswert einen Handlungsplan zu erstellen, in den alle Gestaltungsparameter einer Wanderwegeplanung eingehen. Das zentrale Element spielt dabei die Vermarktung, denn zur Realisierung eines am Markt erfolgreichen Wanderweges ist ein systematisches und zielgruppengerichtetes Marketing mittlerweile dringend erforderlich. Die Gestaltungsparameter lassen sich aber vielen Bereichen zuordnen und müssen entsprechend sorgfältig geplant, organisiert und koordiniert werden. Abb. 40: Die Gestaltungsparameter für die Planung eines Qualitätswanderweges Gestaltungsparameter Kommunikation und Vertrieb Organisation Wegeinfra- und Suprastruktur Produkte, Services und Ergänzende Infrastruktur Quelle: eigene Darstellung nach NATIONALE STEUERUNGSGRUPPE RATHAUS MARBURG (2007): Im Folgenden möchte ich einen Handlungsplan präsentieren, der die wichtigsten Gestaltungsparameter einer Wanderwegeplanung erfasst und beschreibt. Dabei habe ich bei den Parametern Wegeinfra- und Suprastruktur und Produkte, Services und ergänzende Infrastruktur Muss- Kriterien, deren Einhaltung zur Qualitätsgarantie zwingend beachtet werden müssen, sowie Soll- Kriterien angelegt, die man beachten sollte, wenn es die Umstände ermöglichen und wenn man den Anspruch hat sich von anderen Konkurrenten abzusetzen. Die Parameter Kommunikation und Vertrieb und Organisation beinhalten die zentralen Erfolgsfaktoren einer Wanderwegeplanung. Die wichtigsten Faktoren werden aufgeführt und erläutert. Bei der Wegeinfra- und Suprastruktur orientiert man sich am besten nach den Vorgaben des Deutschen Wanderinstituts, da diese die anspruchsvollsten Qualitätskriterien aufweisen. Folgende Muss- und Soll- Kriterien sind dabei in Betracht zu ziehen: 137 Tab. 26: Handlungsplan zur Errichtung eines Wanderweges Wegeinfra- und Suprastruktur ►Durchgängige und orientierungssichere Markierung und Beschilderung MussKriterien ►Einhaltung einer wegebezogenen Mindestqualität (siehe z.B. Kriterien des Deutschen Wanderinstituts und Deutschen Wanderverbands: z.B. keine befahrenen Strassen, geringer Asphaltanteil, größtenteils naturnahe Oberfläche der Wege, hoher Pfadanteil interessante Aussichten, Mindestmass an Abwechslungsreichtum, kulturelle Sehenswürdigkeiten) ►Zertifizierung als Qualitätsweg (Deutscher Wanderverband, Deutsches SollKriterien Wanderinstitut) ►herausragende landschaftliche Attraktivität (z.B. interessante Ausblicke) ►keine störenden Elemente (z.B. Strassen, Lärm, Geruch) ►herausragende Inszenierung der Wegeführung (sehr hoher Abwechslungsreichtum, überraschende Perspektivwechsel) ►unterschiedliche Streckenformate anbieten (Rundwege und Streckenwege) Ein vielfältiges und ausreichendes Angebot touristischer Basisinfrastruktur muss dringend vorhanden sein. Folgende Abbildung zeigt, welche Kriterien dabei auf jeden Fall erfüllt werden müssen und welche erfüllt werden sollten: Produkte, Services und ergänzende Infrastruktur ► ausreichende Versorgung mit touristischer Basisinfrastruktur: MussKriterien - Beherbergung: mindestens ein zur Aufnahme von Wanderern bereiter Betrieb (d.h. Aufnahme auch für eine Nacht) im Abstand von ca. 10 km in der Nähe des Weges - Gastronomie: mindestens ein Betrieb je 4km-Abschnitt möglichst direkt am Weg mit wanderfreundlichen Öffnungszeiten und entsprechendem Service ► Ermunterung der Hotels und Gasstätten sich als „Qualitätsbetrieb Wanderbares SollKriterien Deutschland“ zertifizieren zu lassen ►durchgehend hervorragende Ausstattung mit wanderfreundlichen Beherbergungsbetrieben und hochwertiges regionales Gastronomieangebot ►durchgehendes Angebot an Serviceleistungen: z.B. „Wandern ohne Gepäck“ bzw. Gepäcktransport, Pauschalen mit verschiedenen Beherbergungsbetrieben, Verleih von Ausrüstungsgegenständen, kompetente Auskünfte über mögliche Wanderungen durch die Beherbergungsbetriebe 138 Um auf dem immer stärker umkämpften Wandermarkt Erfolg zu haben ist eine klare Positionierung und eine perfekte Vermarktung erforderlich. Dabei sind die Bereiche Kommunikation und Vertrieb sehr wichtig. Die zentralen Erfolgsfaktoren in diesem Bereich sind: Kommunikation und Vertrieb ►Positionierung: Zentrale Erfolgsfaktoren - Aufbau und Führung als „Markenprodukt“ über zentrale themenbezogene Kommunikationsbotschaften - Themenbezogene emotionale Aufladung der Angebote, Produkte und Services ►Vertrieb: - Sicherstellung der Buchbarkeit von Produkten per Internet und Telefon - zentrale Ansprechstelle für Endkunden mit genauer Kenntnis und Auskunftsfähigkeit und guter Erreichbarkeit (auch telefonisch) - Vertrieb über Spezialveranstalter (z.B. Kleins Wanderreisen oder WikingerReisen) ►Kommunikation - Visuell und haptisch ansprechende Kommunikationsutensilien (u.a. visuell ansprechende Karte, vgl. z.B. Schummerungskarte des Rothaarsteigs) - gute Pressearbeit (regionale und überregionale Tagespresse, Wandermagazine) - Nutzung informeller Kommunikation der Affinitätsgruppen Die Entwicklungs- und Betriebserfordernisse machen eine schlanke und effektive Organisationsstruktur notwendig. Dabei ist es wichtig, dass die Strukturen schon vor der Eröffnung des Weges fest geregelt sein sollten, vor allem im Marketingbereich. Beim SaarHunsrück- Steig zeigt sich, dass es durch eine zu lockere und verspätete Festlegung der Strukturen, es zu Einbußen und Wettbewerbsnachteilen kommen kann. Auf der anderen zeigt sich, dass die eingesetzten Mittel nicht immer entscheidend sind. So kann der Rheinsteig mit minimalem Budget maximalen Erfolg aufweisen, während beim Rothaarsteig die eingesetzten Mittel nicht immer zu rechtfertigen sind. Die zentralen Erfolgsfaktoren hinsichtlich der Organisation sind: 139 Organisation ►Zuständigkeit für Koordinierung und Steuerung des Zentrale Erfolgsfaktoren Marketingprozesses (v.a. Produktentwicklung, Kommunikation, Vertrieb) in einer professionellen Hand (z.B. Projektbüro) ►finanziell ausreichendes Budget zur Durchführung am Markt wahrnehmbarer Marketingaktivitäten ►hinreichende personelle Ausstattung und fachliche Kompetenzen ►enge Kooperation mit anderen touristischen Marketingorganisationen im Tätigkeitsbereich, auch im Hinblick auf Vermarktung und Vertrieb Quelle: NATIONALE STEUERUNGSGRUPPE RATHAUS MARBURG 2007 140 11 Fazit Es hat sich gezeigt, dass sich das Wandern innerhalb des letzten Jahrzehnts fast komplett gewandelt hat. Durch die immer steigenden Ansprüche der Wanderer ist eine perfekte Vermarktung der Wanderwege unerlässlich. Der Deutsche Wanderverband und vor allem das Deutsche Wanderinstitut haben hier die passenden Marketingkonzepte parat. Durch die jahrelangen, intensiven Befragungen, angestoßen durch Herrn Brämer, konnten wertvolle Erkenntnisse über den modernen Wanderer gewonnen werden. Aus diesen Bemühungen resultieren die hochqualitativen „Premiumwanderwege“ wie Rhein-, Rothaar- und SaarHunsrück- Steig. Dabei haben diese Wege teilweise völlig verschiedene Konzepte und Voraussetzungen, weswegen ein Vergleich grundsätzlich schwierig ist. Auch die Tatsache, dass viele Daten nicht veröffentlicht werden konnten, stärkt diesen Umstand. Es ist verwunderlich, dass zu den Steigen Ergebnisse und Punktzahlen veröffentlicht werden, damit der Wandergast sich besser zu Recht findet, wenn gleichzeitig andere zurückgehalten werden und dadurch ein detaillierter Vergleich unmöglich gemacht wird. Nichtsdestotrotz wurden im Rahmen dieser Arbeit wichtige Erkenntnisse über die Wanderwege und ihre Vermarktung gewonnen. So war der Rothaarsteig als erster „Premiumfernwanderweg“ schon nach kurzer Zeit so erfolgreich, dass er die eingesetzten Mittel nach zwei Jahren wieder eingespielt hat. Allerdings hatte man damals auch keine Konkurrenz, die jetzt aber, vor allem mit dem Rheinsteig, aber auch mit dem Saar- Hunsrück- Steig, immer stärker wird. Einige Mitarbeiter in den touristischen Stellen behaupten zwar, dass Rhein-, Rothaar- und Saar- Hunsrück- Steig untereinander keine Konkurrenz wären, sondern sich ergänzen würden. Dies mag auch eingeschränkt der Fall sein, aber wenn immer mehr Gäste sozusagen abwandern, obwohl man hohe finanzielle Mittel einsetzt, hört schnell die Freundschaft auf. Beim Rothaarsteig stagnieren in letzter Zeit die Besucherzahlen, während die des Rheinsteigs enorm ansteigen, wobei man nur ein Drittel des Budgets des Rothaarsteigs aufbringen muss. Man kann auch den Eindruck gewinnen, dass man am Rheinsteig weder viel investieren muss, noch sich allzu viel Mühen machen muss. Der Weg scheint schon aufgrund der Bekanntheit des Rheines, der grandiosen Aussichten und der vielen, interessanten Natur- und Kulturdenkmäler, ein Selbstläufer zu sein. Der Rothaarsteig hat neben der starken Konkurrenz auch enorm mit Sturmschäden zu kämpfen, die die ohnehin schon relativ schlechte Qualität des Steiges noch weiter mindert. Deshalb wird er voraussichtlich in Zukunft immer mehr mit der wachsenden Konkurrenz zu kämpfen haben, wobei die Einnahmen des Rothaarsteigs sich durchaus sehen lassen können. Dem Rheinsteig ist die beste Prognose hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit zuzuschreiben, obwohl er nicht der beste Weg ist. Rothaarsteig und Rheinsteig müssen 141 aufgrund ihrer abgeschiedenen Lage mehr Geld investieren, um die Wege publik zu machen. Der Saar- Hunsrück- Steig hat hier Vorteile, da die Tourimuszentrale Saarland viele Events um den Steig plant und organisiert. Auch hinsichtlich der Qualitätsverbesserung ist der SaarHunsrück- Steig vorbildlich, da trotz bester Bewertungen innerhalb von kurzer Zeit die Erlebnispunktzahl auf über 50 Punkte hochgeschraubt werden soll. Deshalb ist zu erwarten, dass der Saar- Hunsrück- Steig noch eine ganze Zeit lang der beste Fernwanderweg in Deutschland bleiben wird und somit, neben den zahlreichen Events, auf diese Art und Weise Werbung in eigener Sache betreibt. 142 Literaturverzeichnis Literatur BECKER, Christoph (2000): Freizeit und Tourismus in Deutschland - Eine Einführung.- In: Nationalatlas Bundesrepublik Deutschland Freizeit und Tourismus, Hrsg. Institut für Länderkunde, Leipzig, Heidelberg, Berlin. S. 12-21 BRÄMER, Rainer (2002a): Wanderfreundliche Gastgeber – Was Wanderer von der Hotellerie erwarten.- Wandern Spezial- Studien aus Wissenschaft und Praxis, Nummer 37, Marburg BRÄMER, Rainer (2001): Wandern aus ökonomischer Sicht. 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