Spektakuläre Entdeckung im Nordatlantik 20.02.11 12:51 Meeresgeologie Spektakuläre Entdeckung im Nordatlantik Die Karte des Nordatlantiks ist um einen Punkt reicher geworden: Forscherinnen und Forscher entdeckten das nördlichste hydrothermale Feld der Erde. Sie tauften es auf den Namen „Loki’s Castle“. Dem internationalen Forscherteam gehörten auch zwei Erdwissenschaftlerinnen der ETH Zürich an. Während dem derzeit laufenden International Polar Year sind eine Reihe von Schiffsexpeditionen in die Polarregionen der Erde geplant. Im Vergleich zum Vorjahr haben sich jedoch die Ölpreise mehr als verdoppelt. Expeditionen drohen deshalb gekürzt, verschoben oder gar annulliert zu werden, heisst es in der Ausgabe der Fachzeitschrift „Nature“, vom 24. Juli dieses Ein Tauchroboter, der einen der Jahres. So gesehen hatten die Black Smoker von Loki's Castle Teilnehmer der Schiffsexpedition erkundet. (Bild: Centre for Geobiology der Universität der G.O. Sars, unter Federführung Bergen) des Centre for Geobiology der Universität Bergen, Norwegen, gleich doppelt Glück. Sie konnten nicht nur ihre Expedition durchführen, sondern entdeckten 2400 Meter tief im Atlantik, 73° nördlicher Breite, ein neues hydrothermales Feld mit so genannten Black Smokern. Gretchen Bernasconi-Green, Privatdozentin am Departement für Erdwissenschaften der ETH Zürich, sagt, dass dies vermutlich das nördlichste Feld dieser Art ist. Ausserdem befände sich dort wahrscheinlich auch eine der grössten Sulfidablagerungen von hydrothermalen Feldern, die bis anhin gefunden wurden. Gretchen Bernasconi-Green und ihre Doktorandin Tamara Baumberger von der ETH Zürich, waren Teil des Forscherteams, das Mitte Juli die spektakuläre Entdeckung machte. Ultralangsamer Drift Black Smoker sind kaminartige Schlote, die entstehen, wenn Meerwasser hunderte von Metern in den Untergrund eindringt, dort auf mehrere hundert Grad erhitzt wird und wieder an die Oberfläche gelangt. Das Meerwasser löst auf seinem Weg durch die ozeanische Kruste Mineralien teilweise auf und wird dabei mit deren chemischen Elementen angereichert. Wenn bei Loki’s Castle das Meerwasser wieder aus der Kruste austritt, ist es 300° Celsius heiss. Es reagiert mit dem eisigen – bis zu -0,7 Grad Celsius kalten - Tiefseewasser, wodurch sich Rauch entwickelt und Minerale ausgefällt werden. Durch die gefällten Minerale entstehen die Kaminschlote der Black Smoker. Die Schlote von Loki’s Castle befinden sich in einem geodynamisch komplexen und nur wenig erforschten Bereich: Auf einem Tiefseevulkan des Mittelatlantischen Rückens. An diesem Rücken, der http://www.ethlife.ethz.ch/archive_articles/080804_Black_Smoker/index Seite 1 von 3 Spektakuläre Entdeckung im Nordatlantik 20.02.11 12:51 den Atlantik als untermeerische Bergkette der Länge nach durchzieht, wird kontinuierlich Kruste gebildet und die ozeanischen Platten driften dort auseinander. Mit weniger als sechs Millimetern pro Jahr geschieht das in dieser Region jedoch äusserst langsam, erklärt Gretchen Bernasconi-Green. Aussergewöhnlich sei auch, dass Teile des Gebiets bis zu 1000 Meter dick mit Sedimenten bedeckt sind. Sie wurden währende der letzten Eiszeit durch Gletscher-Erosion vom norwegischen Kontinent abgetragen und sind angereichert mit organischem Material. Dies trage wahrscheinlich dazu bei, dass die Gewässer im Bereich der Black Smoker reich an Wasserstoff und Methan sind, sagt Bernasconi-Green. Bis vor wenigen Jahren ging man davon aus, dass in Gebieten, die nur langsam auseinanderdriften, die vulkanische Aktivität sehr gering ist. Dadurch findet sich an diesen Stellen häufig nur sehr dünne bis gar keine Kruste. Der obere Erdmantel liegt dann praktisch bloss. Deshalb wurde an diesen Orten ursprünglich auch nicht mit hydrothermalen Feldern und Black Smokern gerechnet. Umso überraschter waren die Fachleute, als im Jahr 2005 gleich zwei derartige Felder in der Nähe der Jan Mayen Insel, nahe Norwegen, gefunden wurden. Mystischer Halunke Loki’s Castle ist nun das dritte hydrothermale Feld, das im Nordatlantik entdeckt worden ist. Die bis anhin im Umkreis von 100 Metern gefundenen fünf Schlote, mit bis zu elf Metern Höhe, erinnert an ein Fantasie-Schloss. Das Aussehen zusammen mit der Tatsache, dass das Gebiet nur schwer zugänglich ist, führten zur Namensgebung: Loki’s Castle. Loki ist eine Gestalt aus der nordischen Mythologie, die als eine Art mystischer Halunke beschrieben wird. Rund um die Schlote fanden die Forscher ein reichhaltiges Ökosystem, das nach ersten Beobachtungen einmalig zu sein scheint. Wie derartige Ökosysteme entstehen konnten, ist bis heute nicht eindeutig geklärt. Deshalb erhoffen sich die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, dass deren Erforschung nicht nur viele Fragen klärt, sondern auch Hinweis auf die Entstehung des ersten Lebens gibt. Zurück in den Heimat-Labors Mit reichlich Gesteins- und Wasserproben im Gepäck, die spezielle Tauchroboter in der Umgebung von Loki’s Castle gesammelt haben, ist ein Teil der Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen nun bereits wieder zurück in ihren Forschungslabors. Die Untersuchung der Proben könnte Antworten auf offenen Fragen, beispielsweise zur Entstehung der Ökosysteme, liefern. Gretchen Bernasconi-Green und Tamara Baumberger möchten in ihrer Studie verifizieren, welche wesentlichen chemischen Reaktionen zwischen Gestein, Sediment und Meerwasser stattfinden und was dabei genau passiert. Ausserdem untersuchen die Forscherinnen zusammen mit Kolleginnen und Kollegen des Centre for Geobiolgy in Bergen, die Funktionsweise der Mikroorganismen des Ökosystems. Dabei soll geklärt werden, von welchen Stoffen sich diese ernähren und auf welche Weise flüchtige http://www.ethlife.ethz.ch/archive_articles/080804_Black_Smoker/index Seite 2 von 3 Spektakuläre Entdeckung im Nordatlantik 20.02.11 12:51 Stoffe wie Methan, Wasserstoff, Kohlendioxid und Schwefelsäure in der Umgebung der Black Smoker, mit der Aktivität der Mikroorganismen in Verbindung zu bringen sind. Links und Referenzen: Weitere Informationen des Instituts für Mineralogie und Petrologie der ETH Zürich zum Forschungsprojekt. Weitere Informationen des Centre for Geobiology der Universität Bergen zum Forschungsprojekt. Expeditions-Tagebuch der G.O. Sars Partnerhochschulen der Expedition Leserkommentare: Autor: Simone Ulmer | Veröffentlicht: 04.08.08 http://www.ethlife.ethz.ch/archive_articles/080804_Black_Smoker/index Seite 3 von 3