Hausarbeit-BWL-Guehrung in Organisationen

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Bahram Maghsoudi
MatNr. 422 987
Studiengang Verwaltungswissenschaft
Hausarbeit im Kurs „Führung“
SS 2000 bei Horst Minkmar
BITTE SCHNELL BEARBEITEN !
ERGEBNIS MUSS AUS VERWALTUNGSTECHNISCHEN GRÜNDEN
(ABSCHLUSSPRÜFUNG)
RECHTZEITIG ZUM 1.9.2000 VORLIEGEN !
B. Maghsoudi: Hausarbeit im Kurs „Führung“ SS 2000
-2c
Führung in Organisationen
Attributionstheorie - Grundlagen und Modellevaluation
Inhaltsverzeichnis
1 Einführung
2 Theoretische und definitorische Grundlagen
3 Bottom-Up-Attribution
4 Top-down-Attribution
4.1 Ausprägungen und Ursachen schlechter Mitarbeiterperformanz
4.2 Kausale Attributionsprozesse - Ein Modell
4.2.1 Intervenierende Faktoren
4.3 Reaktionsmuster und ihre Ausprägungen
4.3.1 Intervenierende Faktoren.................................................................................12
4.3.2 Weitere Effekte des Attributionsprozesses
5 Fazit
6 Literatur
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1 Ein Bezugsschema für Führungstheorien
Abb. 2 Typologie schlechter Mitarbeiterperformanz
Abb. 3 Mitchells Attributionsmodell für schwache Leistungen
Tab. 1 Ausprägungen der informationalen Merkmale
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1Einführung
Seit dem Aufkommen durchdachter Führungstheorien in der zweiten Hälfte des 20.
Jahrhunderts wurde die Führungslehre, deren wichtigste Elemente in den USA entwickelt
wurden, hauptsächlich durch Konzepte, Theorien und Begriffe aus der Psychologie
befruchtet, obschon sie eigentlich der BWL bzw. der Managementlehre zuzurechnen ist
(Wunderer 2000: 56).
Ein ähnlicher Trend war seit Anfang der Achtziger Jahre auf dem Gebiet der
Kognitionspsychologie zu beobachten. Hier entstand die eigentliche Attributionstheorie
(Kelley 1967), die sich vornehmlich mit zwischenmenschlichen Wahrnehmungs- und
Kategorisierungsprozessen beschäftigt. Calder (1977), Lord (1985) und Mitchell (et al.
1981) übertrugen diesen Ansatz nach und nach auf die Führungsforschung, wobei
Attributions- und Reaktionsmuster auf die Führungsdyade übertragen wurden.
Zu Beginn wird ein Überblick über den Standort der Attributionstheorie im weiten Feld
der
Führungstheorien
gegeben,
gefolgt
von
einer
Darstellung
der
zentralen
Grundhypothesen. Detailliert eingegangen wird im Anschluß auf führer- und
geführtenzentrierte Modelle der neueren Forschung, wobei besonders auf Mitchells
Ansatz (1981) fokussiert wird. Von ihm liegt ein attributionsbasiertes Erklärungsmodell
für die Reaktion von Führungskräften auf schlechte Leistungen von Mitarbeitern vor. Es
ist empirisch ausreichend beleuchtet und eignet sich daher gut für eine exemplarische
Darstellung im Rahmen dieser Arbeit.
Zum Schluß sollen als Fazit Chancen, Möglichkeiten und Grenzen weiterer
Forschungstätigkeit besprochen werden, speziell vor dem Hintergrund der aktuellen
Entwicklungen in der Führungsforschung.
1Theoretische und definitorische Grundlagen
Abb. 1 gliedert das große Gebiet der Führungstheorien in vier große Teilgebiete
auseinander, die jeweils ein Erklärungsmuster repräsentieren (vgl. Wunderer 2000: 57).
Während situationale Ansätze wie die Kontingenz- oder die Evolutionstheorie auf
Umweltfaktoren und institutionelle Arrangements abheben, konzentrieren sich die
sozio-ökonomisch fundierten positionalen Ansätze mehr auf soziale Transaktionen und
gruppendynamische Prozesse. Die Attributionstheorie hingegen ist den personalen
Ansätzen zuzurechnen, in denen beobachtbare Merkmale und Verhaltensweisen bei
Führer und Geführtem als zentrale Erklärungsvariable von Führungsprozessen fungieren.
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Abb. 1 Ein Bezugsschema für Führungstheorien
Die Attributionstheorie beschreibt und erklärt speziell, wie Menschen Urteile über die
Ursachen eigenen oder fremden Verhaltens bilden (Mitchell 1995: 847). Attributionen
sind nach Six (1987: 123) Interpretationsprozesse, in deren Verlauf sozialen Ereignissen
und Aktionen entsprechende Motive, Gründe und Ursachen
Dieser
oft
unbewußte
Klassifizierungen,
Ablauf
verringert
dient
Ambiguität
der
und
zugeschrieben werden.
Komplexitätsreduktion,
erleichtert
das
erleichtert
soziale
Lernen
(Martinko/Gardner 1987: 237).
Hierbei haben sich zwei Forschungsrichtungen herauskristallisiert. Die eine hat
Attributionen der Untergebenen in Bezug auf das Verhalten der Vorgesetzten zum
Gegenstand („Bottom-up-Attribution“), während die andere Attributionen in umgekehrter
Richtung analysiert („Top-down-Attribution“). Die beiden Zweige unterscheiden sich in
ihrer abhängigen Variable: während die erste das Verhalten der Mitarbeiter erklären will,
ist bei der zweiten das Führungsverhalten des Vorgesetzten Forschungsgegenstand.
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Aus diesem Grund wird die Attributionstheorie in Abb. 1 in eine Mittelposition zwischen
führer- und geführtenzentrierten Ansätzen der Personentheorie eingeordnet. Wichtige
Grundannahmen bzw. Präpositionen sind jedoch beiden Teilansätzen gemeinsam:
 Führung ist kein independentes Phänomen, sondern vielmehr ein geistiges Konstrukt,
das von der Zuschreibung der Gruppe lebt. Dieser kognionspsychologische
Perzeptionscharakter der Führungsbeziehung wurde besonders von Calder (1977)
herausgestellt.
 Aus der ersten Annahme folgt, daß kognitive Prozesse als Erklärungsvariable primär
relevant sind, bspw. Erwartung, Beurteilung oder Begründung. Faktoren der Situation
und des Umweltkontextes spielen nur eine nachrangige Rolle.
Im Folgenden soll nun genauer auf die einzelnen Forschungsrichtungen eingegangen
werden.
1Bottom-Up-Attribution
Diese Spielart der Attributionstheorie geht im wesentlichen auf die Arbeiten von Calder
(1977) und Lord (1982) zurück, die untersuchten, wie Mitarbeiter sich das Verhalten ihrer
Vorgesetzten erklären . Calder kam zu dem Ergebnis, daß in der Wahrnehmung der
Mitarbeiter ein ständiger Abgleich zwischen der Soll-Führungskraft („Stereotyp“) und
dem Ist-Zustand der real existierenden Führungskraft vor sich geht. Dem Stereotyp
werden traditionell heroische Charaktermerkmale zugeordnet, die sozialisationsbedingt
bei den meisten Mitarbeitern übereinstimmen. Hierzu gehören etwa Durchsetzungskraft,
körperliche Fitness, Erfahrenheit, Dynamik und Weisheit. Je mehr das reale,
wahrgenommene Bild der jeweiligen Führungskraft mit dem beschriebenen Charaktertyp
korreliert, desto mehr fühlt der Mitarbeiter sich „geführt“. Spätere Untersuchungen (Lord
et al. 1982) verfeinerten die Methodik und konnten den Attributions- und Abgleichprozeß
noch näher belichten. Hierbei zeigte sich, daß die Stereotypen („leader prototypes“) leicht
abweichen, mit Nuancen vom autoritären Patriarch hin zum wohlwollenden Moderator.
Dabei spielte das Arbeitsumfeld eine wichtige Rolle (blue oder white collar work,
Firmengröße etc..). Zusätzlich konnten Dimensionen spezifiziert werden, anhand derer
die Führungskraft kategorisiert wird. Darunter befinden sich Merkmale wie Verhalten
(introvertiert oder offen), Auftreten (scheu - forsch) oder Kleidung (stilgerecht - billig). Es
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zeigte sich außerdem, daß derartige Attributionen häufig nicht korrekt waren. Dabei gab
einen Bias durch Gruppennormen, Vorurteile und Zuneigungswerte.
Die Nähe dieser Konzepte zur Eigenschaftstheorie ist offenkundig. Der Unterschied
besteht jedoch im analytischen Charakter der Theorie, die sich vom normativen Anspruch
des Eigenschaftskonzeptes abhebt. Damit dieser Forschungszweig keine Sackgasse bleibt,
wurde vorgeschlagen, den Sprung zur Organisationsforschung zu schlagen (Meindl
1990). Hierbei steht die Frage im Vordergrund, wie persönlich entwickelte Attributionen
zu sozial akzeptierten Begründungsmustern und Normen werden, die das Grundgerüst
organisationaler Beziehungsgeflechte bilden.
1Top-down-Attribution
Da Vorgesetzte mehr Entscheidungsmacht besitzen als Mitarbeiter, ist dieser Aspekt
vielfältiger untersucht worden als Bottom-up-Attributionen, was auch auf das
praxisrelevante Erkenntnisinteresse zurückzuführen sein mag. Aus diesem Grund bildet
er auch den Kernpunkt dieser Untersuchung. Bei Top-down-Attributionen geht es darum,
wie
1. mangelhafte Leistung und deviates Verhalten von Mitarbeitern entsteht,
2. wie Vorgesetzte es sich begründen (Attributionsprozeß),
3. wie sie darauf reagieren,
4. und ob diese Reaktionen effektiv sind (Mitchell/Green/Wood 1981: 198).
1Ausprägungen und Ursachen schlechter Mitarbeiterperformanz
Bis heute existiert keine systematische Typologie deviater Mitarbeiterperformanz. Die
vorliegenden Arbeiten beschränken sich auf narrative und deskriptive Elemente (Mitchell
1995: 849).
Prinzipiell läßt sich die schlechte Performanz des Mitarbeiters auf zwei Dimensionen
abbilden:
1) Leistungszurückhaltung: Der Mitarbeiter erfüllt nicht den betrieblichen Output, der
sowohl von der Führung als auch von evtl. Stellenbeschreibungen vorgegeben wird.
2) Abweichung von der Verhaltensnorm: Der Mitarbeiter zeigt deviate Verhaltensmuster,
bspw. übermäßige Aggressivität, Scheu, Pedanz usw.
Je nach Ausprägung der beiden Dimensionen läßt sich eine Typologie erstellen (Abb. 2).
Wie ersichtlich ist, hat die einzelne Führungskraft nur bei wenigen Konstellationen
wirklichen Handlungsbedarf. Der „Idealmitarbeiter“ mit schwachen Ausprägungen gehört
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ebensowenig ins gewählte Untersuchungsfeld wie der „Unbrauchbare“, dessen schlechtes
Auftreten
sich
in
Betrug,
Diebstählen,
Abwesenheit,
oder
gar
tätlichen
Auseinandersetzungen äußert. Solche Fälle regeln sich über Abmahnung bis hin zur
Kündigung ohne besonderen Spielraum der Führungskraft. Der „Exzentriker“ schließlich
zeigt zwar stark deviates Verhalten, ist aber ansonsten ein Leistungsträger. Der Spielraum
des Vorgesetzten ist hier auf Überwachung der Teamharmonie beschränkt.
Abb. 2 Typologie schlechter Mitarbeiterperformanz
Eigentliches Subjekt der Attributionstheorie ist der „Schwache Mitarbeiter“, der zwar
auffallend schlecht arbeitet, es aber noch nicht bis zu offiziellen Maßnahmen „gebracht“
hat. Hier kann und muß die Führungskraft Maßnahmen ergreifen, die durch vorherige
attributive Diagnosen begleitet werden. Auffällig sind bei dieser Gruppe folgende
mögliche Merkmale (Mitchell 1995: 849):
 Versäumnis von wichtigen Terminen und dead-lines.
 Wiederholte Unpünktlichkeit bis hin zur unangekündigten Abwesenheit.
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 Mangelnde Bereitschaft zu Überstunden.
 Mangelnde Vorsicht und Konzentration, abfallende Qualität der Ergebnisse.
 Häufigere Insubordination, Initiierung offensichtlich undienlicher Diskussionen.
Die Ursachen von schwachen Leistungen sind vielfältig. Green (1979) unternahm den
Versuch einer empirischen Systematisierung anhand der Befragung von Führungskräften.
Dabei kristallisierten sich zwei große Ursachengruppen heraus:
1. Interne Ursachen, d.h. die Gründe liegen im Bereich des Mitarbeiters:
 Seelisch-körperliche
Defizite:
Depressionen,
Traumata,
Alkoholismus,
Drogenmißbrauch, körperliche Behinderungen (bspw. schlechte Motorik)
 Intellektuelle Defizite: Mangelhafte geistige Fähigkeiten, zu niedriger IQ o.ä.
 Mangelhafte Motivation:
Desinteresse an
der Arbeit,
mangelnder Ehrgeiz,
Anstrengungsvermeidung
2. Externe Ursachen, d.h. die Gründe liegen bei Kontext und Umwelt:
 Familienprobleme: Überbeanspruchung durch Haushalt und Kinder, evtl. noch
partnerschaftliche Probleme
 negative
Gruppeneinflüsse:
Informelle
gruppendynamische
Prozesse
setzen
suboptimale Arbeitsnormen und absorbieren Leistungspotentiale („groupthink“ nach
Janis/Mann).
 Mangelhaftes Fachwissen: Der Mitarbeiter soll eine Tätigkeit verrichten, für die er
nicht qualifiziert ist.
 Schlechte
Arbeitsbedingungen:
Hitze,
Kälte
oder
Lärm
im
Übermaß,
Ergonomieprobleme.
 Pech: Die Wirkung des Zufalls darf niemals unterschätzt werden. Als Erklärung ist er
zwar nur für Singulärereignisse plausibel, aber auch Häufungen sind beobachtbar, und
werden unter dem klassischen Begriff der Pechsträhne subsumiert.
 Kommunikationsprobleme: Dem Mitarbeiter werden keine Leistungserwartungen
mitgeteilt, bzw. Regelverstöße werden ihm nicht bewußt gemacht. Möglich sind auch
ungenaue Instruktionen, oder unzureichende Einarbeitung.
 Wertekonflikte: Kulturelle Traditionen oder Überzeugungen hindern den Mitarbeiter,
optimale Leistung zu erbringen, bspw. religiöse Regeln, politische Ansichten etc. Ein
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Beispiel wäre ein tiefreligiöser Arbeiter, der sich innerlich weigert, sonntags eine
Fabrikschicht zu verrichten.
1Kausale Attributionsprozesse - Ein Modell
Die Führungskraft, die sich den eben beschriebenen Symptomen gegenüber sieht, muß a)
die Ursache der schwachen Leistungen bestimmen und b) eine Lösung finden. Mitchell
(et al. 1981) stellten zu diesem Prozeß ein Modell auf, daß in Abb. 3 wiedergegeben ist.
Es handelt sich um ein zweistufiges Modell mit Diagnose- und Reaktionsphase. Folgende
Prämissen liegen dem Modell zugrunde:
Abb. 3 Mitchells Attributionsmodell für schwache Leistungen
 Die Führungskraft betreibt aktive Informationsverarbeitung.
 Die Führungskraft hat Reaktionsalternativen zur Auswahl.
Nachdem der Vorgesetzte die schlechte Leistung des Mitarbeiters wahrgenommen hat,
muß er herausfinden, ob sie dem Geführten intern, also persönlich, zuzurechnen ist, oder
ob andere, externe Faktoren dafür verantwortlich sind. Von dieser Entscheidung hängt die
sich anschließende Reaktion entscheidend ab (s. 4.3). Die Mechanismen für die
Verursacherentscheidung wurden hauptsächlich von Kelley aufgedeckt (1973). Er
unterscheidet drei informationale Dimensionen, anhand derer der Führer seine
Entscheidung trifft.
1. Unterschiedlichkeit (distinctiveness): Die gleiche Aufgabe wurde auch schon früher
schlecht gelöst (geringer Wert), oder früher problemlos bewältigt (hoher Wert) .
2. Konsistenz (consistency): Der Mitarbeiter hat auch Schwierigkeiten bei anderen
Aufgaben (hoher Wert) oder schafft diese problemlos (niedriger Wert).
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3. interpersonale Übereinstimmung (consensus): Kollegen des Mitarbeiters hatten auch
Probleme bei der Aufgabenlösung (hoher Wert), bzw. hatten diese nicht (niedriger
Wert).
Faktor
i n t e r n a l e externale Attribution
Attribution
Unterschiedlichkei
gering
hoch
t
Konsistenz
hoch
gering
Übereinstimmung
gering
hoch
Tab. 1 Ausprägungen der informationalen Merkmale
Tabelle 1 gibt die Merkmalsausprägungen an, die den Ausschlag für internale oder
externale Ursachenzuschreibung geben. Eine Führungskraft wird also einen schlecht
arbeitenden Mitarbeiter, der die gleiche Aufgabe früher besser gelöst hat, mit anderen
Aufgaben auch hadert, und dessen Kollegen problemlos arbeiten, höchstwahrscheinlich
selbst für seine Performanz verantwortlich machen (internale Attribution). Eine externale
Attribution erfordert die gegenteilige Merkmalsausprägung.
1Intervenierende Faktoren
Der beschriebene Prozeß läuft in der Realität natürlich nie in Reinform ab. Zahlreiche
Faktoren verzerren die Führerentscheidung und bewirken Modellabweichungen (bias). In
diesem Abschnitt sollen sie kurz zusammengefaßt werden.
Übereinstimmungsverzerrung: Der Vorgesetzte benutzt nicht die Kollegen als
Vergleichsgruppe bei der Messung des Übereinstimmungskriteriums, sondern sich selbst,
was zu einer Überschätzung der Mitarbeiteranforderungen führen kann (Hansen/Lowe
1976). Dies begünstigt eine internale Attribution.
„Actor-observer“-Phänomen:
Nach
Untersuchungen
von
Jones
(1979)
neigen
Führungskräfte generell dazu, Mißerfolge den Mitarbeitern selbst zuzuschreiben, während
die Mitarbeiter dafür eher externe Ursachen vermuten. Dies mag daran liegen, daß der
Handelnde (der Mitarbeiter) die Umwelt im Blick hat, während der Beobachter (der
Führer) auf den Handelnden fokussiert (Monson/Snyder 1977). Der Mechanismus hängt
eng mit dem sog. „self-serving-bias“ zusammen, der besagt, daß sich Menschen Erfolge
immer selbst zuschreiben, während Mißerfolge auf die Umwelt abgewälzt werden. Eine
genaue Untersuchung dieses Effektes wurde von Soulier durchgeführt (Soulier 1978).
Nach Arbeitsexperimenten wurden Versuchpersonen nach den Gründen ihrer
Leistungsentwicklung befragt. Dabei zeigte sich, daß Personen, die eine abfallende
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Leistungskurve aufwiesen, dies signifikant häufiger mit situationalen Faktoren erklärten
als Subjekte mit steigenden Kurven. Diese Personen neigten dementsprechend dazu, Ihre
Erfolge den eigenen Fähigkeiten zuzuschreiben.
Führer-Mitarbeiter-Beziehung: In mannigfaltigen Studien wurden Merkmale der
Führungsdyadenbeziehung aufgedeckt, die externale Attributionen durch den Führer
begünstigen (Martinko/Gardner 1987). Dazu zählten Empathie, soziale Ähnlichkeit und
positive Grundeinstellungen. Gleiches gilt für die Dichte sozialer Kontakte: Je mehr Zeit
der Führer mit seinem Team verbringt, desto eher ähneln seine Attributionen den
Selbstattribuierungen der Mitarbeiter. Dies auch verstärkt der Fall, je mehr eigene
Erfahrungen der Führer mit dem Job der Untergebenen hat. Umgekehrt wurde entdeckt,
daß Führungskräfte, die über ein großes Potential an Bestrafungen und Belohnungen
verfügen, eher internal attribuierten.
Persönliche Vorurteile: Zahlreiche ältere Studien bestätigten, daß Rassismus und
Anti-Feminismus entscheidend auf Vorgesetztenattributionen einwirken. Frauen erhalten
ihre Mißerfolge eher selbst zugeschrieben, ethnische Minderheitenmitglieder desgleichen
(Garland/Price 1977). Neuere Studien konstatieren zwar abnehmende Vorurteile im
Längsschnitt
(Stichwort
„Wertewandel“),
belegen
aber
ebenso
einen
fortschrittsresistenten „prejudice core“ bei Leitungskräften.
Erwartungen der Führungskraft: Erfüllt ein Mitarbeiter die Erwartungshaltung des
Vorgesetzten, sowohl in negativer als auch in positiver Hinsicht, so begünstigt dies
internale Attributionen (Feather 1969). Unterschreitet ein Untergebener hingegen ein, aus
Erfahrung gewonnenes, gesetztes Limit der Führungsperson, so wird dies eine externale
Attribution begünstigen.
1Reaktionsmuster und ihre Ausprägungen
Auf das Reaktionsmuster, das der Attribution folgt, bezieht sich die zentrale Hypothese
des Modells (Mitchell 1995: 855): Auf internale Attributionen folgen personale und
disziplierend-bestrafende Maßnahmen des Vorgesetzten, während externale Attributionen
zu situationalen Maßnahmen führen, die auf die Verbesserung von Umwelt und Umfeld
gerichtet sind.
Im Einzelnen können dies folgende Maßnahmen sein (für Details siehe Klimecki/Gmür
1998):
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Personale Maßnahmen: Diese richten sich gegen den Mitarbeiter und sollen ihn durch
Bestrafung und Disziplinierung zu besserer und härterer Arbeit motivieren. Je nach
Intensität kann dies vom einfachen Tadel über die Verwarnung bis hin zur Abmahnung
reichen. Neben diesen rein akklamatorischen Maßnahmen können auch härtere Mittel
angewendet werden, so etwa die Versetzung oder die Entlassung.
Situationale Maßnahmen: Solche Maßnahmen sollen nicht den Mitarbeiter treffen,
sondern sein Umfeld verbessern, um ihm bessere Entfaltungsmöglichkeiten und
Potentiale zu bieten. Mögliche Einzelmaßnahmen sind hier die Fort- und Weiterbildung,
die Zuteilung von Helfern oder auch ein Neuarrangement des Arbeitsplatzes
(ergonomisch, geografisch, architektonisch). Zusätzliche Programme aus dem Bereich der
Organisationsentwicklung sind das job enrichment sowie job rotation.
1Intervenierende Faktoren
Wie bei den Attributionsmechanismen zeigen auch die Reaktionsmechanismen
verschiedenste bias-Effekte, die in verschiedenen Studien nach und nach ermittelt
wurden.
Ergebnisstärke: Mitchell und Wood (1980) konnten zeigen, daß der Output der
schwachen Mitarbeiterleistung entscheidenden Einfluß auf die Reaktionsintensität des
Vorgesetzten hat. Sie zeigten am Beispiel einer Schwesternstation, daß die gleiche
Fehlleistung (dort eine fehlerhafte Medikamentengabe) zu unterschiedlichen Resultaten
führen kann (bspw. Der Patient erholt sich, oder erkrankt noch schwerer). Das
entstehende Resultat hatte einen signifikanten Einfluß auf das Bestrafungsausmaß, jedoch
kaum auf den kausalen Attributionsprozeß.
Rechtfertigungsstrategien: Mitarbeiter reagieren sehr unterschiedlich auf Vorhaltungen
des Vorgesetzten über ungenügende Leistungen. Sie können einerseits ihr Verhalten
rechtfertigen, oder auch Entschuldigungen vorbringen, und Besserung geloben. Zwei
Studien (Goffman 1971, Blumstein et al. 1974) konnten aufzeigen, daß plausible
Rechtfertigungen (bspw. ein familiärer Krankheitsfall) dazu führen, daß die
Reaktionsmuster der Führungskräfte milder ausfielen als bei eher unpassenden
Rechtfertigungen (etwa „Frühjahrsmüdigkeit“). Zusätzlich wurde deutlich, daß der
Einfluß von Mitarbeiterrechtfertigungen um so größer ist, je weniger Informationen der
Führer über den zu beurteilenden Vorfall besitzt. Bestätigt wurden diese Ergebnisse von
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Mitchell
und
Wood
(1979),
welche
die
bereits
erwähnte
Großstudie
mit
Krankenschwestern durchführten.
Soziale Nähe: Der gleiche Bias, der auch schon bei der Attribution auftritt, konnte
zugleich für den Reaktionsmechanismus isoliert werden (Liden/Mitchell 1982). Dort
wurde ermittelt, daß die Reaktionsintensität des Vorgesetzten sinkt, je beliebter und dem
Führer sozial ähnlicher der Untergebene ist. Dies gilt auch für den Fall, daß dem
Mitarbeiter ein hohes Entwicklungspotential zugeschrieben wird. Ist dies gegeben, fällt
die Reaktion ebenfalls milder aus.
Opportunitätskosten: Es sind viele Situationen denkbar, in dem es für die Führungskraft
einfacher ist, den Mitarbeiter disziplinarisch an seine Umwelt anzupassen, anstatt den
Arbeitsplatz am Mitarbeiter auszurichten. Ein Beispiel hierfür wäre ein Arbeiter, der
seine Fehlleistung damit erklärt, daß seine Maschine zu hoch für ihn angebracht sei. Der
Vorgesetzte, der hohe Umbaukosten scheut, bezeichnet dies als Ausrede und hält den
Untergebenen an, den Fehler durch schnellere Geschwindigkeit auszugleichen. Eine
ausführliche Darstellung solcher cost-benefit-Analysen findet sich bei Heerwagen et al.
(1985).
Organisatorische Regelkreise: Wie in Abschnitt 4.1 bereits erläutert, entziehen sich Fälle
schwacher Leistung ab einem gewissen Maß dem Einfluß des Vorgesetzten. So wird
bspw. Trunkenheit oder Gewalt am Arbeitsplatz automatische Maßnahmen nach sich
ziehen. Abgesehen von diesen formellen Prozeduren existieren jedoch auch informelle
Regelnetzwerke, allgemein als Organisationskultur bekannt. Diese Kultur kann
entscheidenden Einfluß auf das Vorgesetztenreaktionsmuster besitzen. Als Beispiel seien
ein häufig unentschuldigt fehlender Chemielehrer, und ein Chemiker in einem
Pharmabetrieb mit der gleichen Gewohnheit genannt. Höchstwahrscheinlich wird das
Verhalten des Pharmamitarbeiters eher und härtere Konsequenzen nach sich ziehen, da
sein Konzern vermutlich eine striktere, gewinnorientiertere Organisationskultur besitzt als
die Schule des Lehrers.
1Weitere Effekte des Attributionsprozesses
Attributionen besitzen nicht nur Einfluß auf Reaktionsmuster, zudem besteht auch ein
starker Zusammenhang mit zukünftigen Verhaltensweisen und Erwartungen des
Vorgesetzten. Kruglanski (1970) und Strickland (1958) machten etwa deutlich, daß
Attributionsprozesse
auch
Auswirkungen
auf
das
Überwachungsverhalten
des
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Vorgesetzten zeitigen. Internale Attributionen führen demnach zu einer Intensivierung der
Kontrolltätigkeit im Arbeitsprozess, was auf Vertrauensverluste bei der Führungskraft
zurückzuführen ist.
Ein Einfluß des Attributionsresultats auf die Erwartungen des Vorgesetzten über die
zukünftigen Leistungen des Mitarbeiters konnte von Weiner festgestellt werden (Weiner
et al. 1972). Führt der Vorgesetzte die Fehlleistung des Mitarbeiters auf eher intrinsische
Faktoren zurück (bspw. Fähigkeit), korreliert die Erwartung über die zukünftige Leistung
eher mit den gegenwärtigen Resultaten. Attribuiert der Führer hingegen situationale
Faktoren, so ist er eher geneigt, bessere Leistungen für die Zukunft anzunehmen.
1Fazit
Wie an vielen Beispielen deutlich gemacht wurde, hat sich gezeigt, daß die in die
Attributionstheorie gesetzten Hoffnungen nicht erfüllt werden konnten. Dies wurde auch
von den Protagonisten dieses Forschungsprogramms so erkannt: We visualize the leader
as combining the attribution with a number of other factors (Mitchell/Green/Wood
1981).
Empirisch zeigte sich, daß mit jeder Stufe im Modell erklärte Varianz verlorengeht.
Während zwischen Verhaltensbeobachtung und Attribution durch den Vorgesetzten noch
leidlich Korrelation besteht, wird das Modell auf der Reaktionsebene weitgehend
verwässert, was angesichts der Fülle intervenierender Variablen nur zu offensichtlich ist.
Diese
Variablen
entstammen
größtenteils
dem
Repertoire
konkurrierender
Führungstheorien, was anhand der Schlagwörter Kontext, Situation und Gruppe
erkennbar wird (s. Abb 1). Die Wichtigkeit kognitiver Prozesse gegenüber situationalen
Abläufen erscheint vor diesem Hintergrund eher zweitrangig. Führung als Phänomen ist
zwangsläufig nur im Zusammenspiel beider Faktorencluster verständlich, und daher so
komplex, daß einfache Modelle „nicht genug Realität“ abbilden können (Landy/Farr
1980).
Andererseits ist eine Renaissance der personenorientierten Modelle nicht auszuschließen,
zumal die situationalen Ansätze durch eine exponentiell wachsende Variablenanzahl
zunehmend den „Reiz des Durchschaubaren“ verloren. Dies zeigt sich am Beispiel der
normativen Ansätze, die unter den Stichwörtern „symbolische“, „transaktionale“ und
„transformationale“ Führung firmieren. In solchen Konzepten entsteigt der weltordnende
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Charismatiker unverhofft wieder aus der Asche. Angesichts der Tatsache, daß
wissenschaftlicher Erfolg zum Großteil eine Funktion aus Zeitgeistgespür ist, würde eine
Wiedergeburt
attributiver
Erklärungsansätze,
gar
im
Gewand
eines
Managementbestsellers, kaum noch verwundern.
1Literatur
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Zugehörige Unterlagen
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