www.evimed.ch Die Influenza-Impfung von Kindern, die eine Tagesstätte besuchen, kann die Erkrankungsrate bei Eltern und Geschwistern senken. Frage: Reduziert die Influenza-Impfung von Kindern, die eine Kindertagesstätte besuchen, während einer Influenza-Saison die Rate an respiratorischen Erkrankungen bei Eltern und Geschwistern? Epidemiologischer Hintergrund: Bis zu 50% aller Kinder, die eine Kindertagesstätte besuchen, infizieren sich mit Influenza und werden zur möglichen Ansteckungsquelle für ihre Eltern und Geschwister. Einschlusskriterien: • • Kinder im Alter von 24 bis 60 Monaten Mindestens 10 Wochenstunden werden in der Kindertagesst ätte verbracht Ausschlusskriterien: • Frühere Influenza-Impfung Studiendesign: Einfach-blinde, randomisierte kontrollierte Studie Studienort: 10 Kindertagesstätten der US-Marine in San Diego, Kalifornien Intervention: • • Influenza Vakzine (FluShield, Wyeth), 2 Dosen im Abstand von 1 Monat (n = 60 Kinder) Kontrolle: Hepatitis A Vakzine (SmithKline Beecham), 2 Dosen (n = 67 Kinder) Outcome: • • • • • • Respiratorische Erkrankung bei nicht Influenza-geimpften Kontaktpersonen definiert als: o Mindestens eines der folgenden Symptome: Husten, Halsschmerzen, Schnupfen o Dauer der Erkrankung mindestens drei Tage Respiratorische Erkrankung nicht geimpfter Kontaktpersonen mit Fieber / Temperatur ≥ 38°C Rate an Arbeits- / Schulabwesenheit wegen Erkrankung der nicht geimpften Geschwister Erhebung der Rate an respiratorischen Erkrankungen bei den Familienangehörigen mittels Telephoninterview in zweiwöchigem Abstand Monitoring der Influenzaverbreitung durch wöchentliche Nasen-Rachen -Abstriche bei Kindern, die wegen respiratorischem Infekt in der Ambulanz der für die Tagesstätten zuständigen Kinderklinik vorgestellt wurden Serologische Überwachung des Impfstatus Resultat: • Von 748 Kindern der 10 Kindertagesstätten wurden insgesamt 127 Kinder (17%) mit 328 Kontaktpersonen im Haushalt in die Studie aufgenommen. Das mittlere Alter der Kinder betrug 3.7 Jahre, 42% der Kinder waren Kaukasier, 27% gehörten zur schwarzen Bevölkerung, 31% waren hispanischer Abstammung; 30% aller Kontaktpersonen waren gegen Influenza geimpft. www.evimed.ch Effektivität der Vakzine bei nicht geimpften Kontaktpersonen InfluenzaImpfung Placebo RRR ARR NNT Alle respiratorischen Erkrankungen 47% 56% 16% 9% 11.4 (ns.) (-9 bis 35%) (-4 bis 22%) 43% 9% (-8 bis 69%) (-1 bis 18%) 47% 8.5% (-5 bis 73%) (-0.4 bis 18%) 70% 25% 4 (2.7 bis 91%) (4.4 bis 45%) (2.2 bis 23) 92% 20.8% 4.8 (33 bis 99%) (5.3 bis 36.3%) (3 bis 19) 91% 35% 2.8 (34 bis 99%) (17 bis 54%) (2 bis 6) Erkrankung mit Fieber Erkrankung mit Temperatur ≥ 38°C Eltern fehlen wg. Erkrankung eines 12% 10% 0% 20% 18% 23% Kindes bei der Arbeit Nicht-geimpftes Geschwisterkind 11% 39% fehlt wegen Erkrankung in Schule Arztbesuche wegen Erkrankung 3.6% nicht-geimpfter Geschwister 39% 11.8 (ns.) 11.7 (ns.) ns. = nicht signifikant bei zweiseitiger Testung. Kommentar: • • Die Studie ergibt Hinweise, dass die Influenza-Impfung bei Kindern, die eine Kindertagesstätte besuchen, die Erkrankungsrate der Kontaktpersonen in folgender Weise reduzieren kann: o Je 12 Impfungen wird bei einer nicht-geimpften Kontaktpersonen eine respiratorische Erkrankung verhindert (Kosten-Effektivität?). o Je 4 bis 5 geimpfte Kinder wird bei einem nicht-geimpften Geschwisterkind eine Schulabwesenheit wegen respiratorischer Erkrankung verhindert. Aus folgenden Gründen können die Daten nicht ohne weiteres auf die Situation in Mitteleuropa generalisiert werden: o Die Studie wurde in San Diego (andere klimatische Bedingungen) bei einer hoch selektionierten Bevölkerung (Marinepersonal) durchgeführt. o Die Studie wurde nur während einer Influenza-Saison durchgeführt und berücksichtigt daher nicht die von Jahr zu Jahr variable Effektivität der Impfung. o Die Fallzahl der Studie war klein, die Unterschiede sind beim üblichen zweiseitigen Test (Impfung könnte besser oder schlechter als Placebo sein) nicht statistisch signifikant. Literatur: Effectiveness of influenza vaccination of day care children in reducing influenza-related morbidity among household contacts. Hurwitz ES, et. al. JAMA. 2000; 284:1677-82 Verfasser: Joachim Fischer, 9.10.2000