IP/03/1466 Brüssel, den 28. Oktober 2003 Ökologische Demokratie: Die Kommission fördert die Beteiligung der Bürger an Umweltangelegenheiten Den EU-Bürgern wird bald der Zugang zu Umweltinformationen der Behörden, die Beteiligung an der umweltpolitischen Entscheidungsfindung und die Möglichkeit, Verletzungen der Umweltschutzvorschriften vor Gericht zu bringen, rechtlich garantiert. Dies ist ein Meilenstein der Stärkung der Demokratie im umweltpolitischen Entscheidungsprozess und des Umweltschutzes und wird die Wirksamkeit der Umweltpolitik erhöhen. Auslöser ist die Angleichung der Rechtsvorschriften auf EU-Ebene und in den Mitgliedstaaten an die Bestimmungen des Übereinkommens von Århus von 1998. Die Kommission hat gerade drei Legislativvorschläge im Hinblick auf die vollständige Anwendung des Übereinkommens angenommen, die den letzten Schritt zur Umsetzung von dessen Vorschriften in EU-Recht darstellen. Diese Vorschläge werden in der Praxis als Katalysator für wichtige Änderungen im Verhalten der Behörden auf allen Ebenen dienen, und es Bürgern und Verbänden ermöglichen, Verantwortung für die Umwelt zu übernehmen. Das für Umweltschutz zuständige Kommissionsmitglied Margot Wallström sagte: “Ein Eckpfeiler wirksamer Politik ist es, den Menschen die Macht zu geben, ihre Umwelt zu schützen. Die Bürger haben das Recht, zu wissen, wie gut oder schlecht der Zustand der Umwelt ist und sich an Entscheidungen zu beteiligen, die Auswirkungen auf ihre Gesundheit und Lebensqualität haben. Eine gut informierte und aktive Öffentlichkeit bedeutet wirksamere Umweltvorschriften und eine bessere Durchsetzung der Umweltpolitik. Die Bürger sind nun in der Lage, als Umweltgewissen tätig zu werden!" Die Kommission hat folgende drei Vorschläge unterbreitet: 1. Vorschlag für eine Verordnung zur Anwendung der Grundsätze des Übereinkommens von Århus auf die EU-Organe und -gremien Wenn die EU diese Verordnung verabschiedet hat, wird sie die erste internationale Organisation sein, die ein umfassendes Regelwerk anwendet, das den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen, die Beteiligung der Bürger am umweltpolitischen Entscheidungsprozess und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten gewährleistet. Durch die vorgeschlagene Verordnung werden die Umweltrechte der Bürger auf EUEbene gestärkt, indem sie Zugang zu Umweltinformationen, beispielsweise zum Stand der Umwelt und der Umweltbereiche, einschließlich Wasser, Luft, Boden, Land und zu Umweltmaßnahmen, -plänen und -programmen erhalten. Die EU-Organe und -gremien werden verpflichtet sein, diese Informationen über das Internet oder vergleichbare Systeme verfügbar zu machen und auf Ersuchen von Bürgern und Umweltorganisationen binnen eines Monats (in Ausnahmefällen zwei Monate) zu antworten. Der Vorschlag basiert auf der EG-Verordnung 1049/2001 über den Zugang zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission, die auf alle EU-Organe und -gremien ausgeweitet werden sollte. Im Hinblick auf die Beteiligung der Öffentlichkeit müssen alle EU-Organe und gremien feststellen, wer von Umweltplänen und -programmen betroffen sein wird und diesen Teil der Öffentlichkeit frühzeitig auffordern, sich an der Entscheidungsfindung zu beteiligen und Bemerkungen und Stellungnahmen abzugeben. Die EU-Organe und -gremien müssen ferner die Öffentlichkeit über die endgültige Entscheidung und die zugrundeliegenden Gründe unterrichten, vor allem das Ergebnis des Beteiligungsprozesses und darüber, inwieweit die zum Ausdruck gebrachten Meinungen berücksichtigt wurden. Was schließlich den Zugang zu Gerichten betrifft, so ermöglicht es die vorgeschlagene Verordnung europäischen Nichtregierungsorganisationen, die Prüfung der Entscheidungen von EU-Organen und -gremien zu fordern, die ihrer Ansicht nach nicht in Einklang mit dem Umweltschutzrecht stehen. Die Prüfung erfolgt erst durch das EU-Organ selbst und wenn die Angelegenheit nicht geklärt werden kann, kann der Europäische Gerichtshof angerufen werden. 2. Vorschlag für eine Richtlinie über den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten Einer der Grundsätze des Übereinkommens von Århus ist es, der Öffentlichkeit die Möglichkeit zu geben, Verantwortung für die Umwelt zu übernehmen, indem sie das Recht erhält, Verstöße gegen Umweltschutzvorschriften vor Gericht zu bringen. Dieser Vorschlag gibt Bürgern und Organisationen das Recht, an der Durchsetzung des Umweltrechts mitzuwirken. Die Richtlinie enthält grundlegende gemeinsame Vorschriften für den Zugang zu Gerichten in allen EU-Mitgliedstaaten, so dass die Bürger die Möglichkeiten haben, gegen Maßnahmen oder Versäumnisse der Behörden, die gegen das Umweltrecht verstoßen, vorzugehen. In Einklang mit dem Subsidaritätsprinzip überlässt es der Vorschlag der Europäischen Kommission den Mitgliedstaaten, die Einzelheiten für die Umsetzung der Bestimmungen der Richtlinie in einzelstaatliches Recht festzulegen. 3. Vorschlag für einen Beschluss über den Abschluss des Übereinkommens von Århus im Namen der EU Die Europäische Kommission hat ferner einen Vorschlag für einen Beschluss vorgelegt, der es der Europäischen Union ermöglicht, das Übereinkommen von Århus zu ratifizieren und Mitglied zu werden. Dadurch kann die Europäische Union ihre mit der Unterzeichnung des Übereinkommens im Jahr 1998 eingegangene Verpflichtung erfüllen. 2 Hintergrund Das “Übereinkommen von Århus” ist eine internationale Vereinbarung, in der eine Reihe grundlegender Regeln zur Förderung der Beteiligung der Bürger an Umweltangelegenheiten und Verbesserung der Durchsetzung des Umweltrechts festgelegt wurden. Sie gewährt Zugang zu Umweltinformationen, ermöglicht die Beteiligung der Öffentlichkeit am umweltpolitischen Entscheidungsprozess und erlaubt es der Öffentlichkeit, wegen Verstößen gegen Umweltschutzvorschriften sowie gegen die beiden vorstehenden Grundsätze vor Gericht zu ziehen. Das Übereinkommen wurde von den Ländern der Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen für Europa (UN/ECE) ausgehandelt und am 25. Juni 1998 auf einer paneuropäischen Konferenz der Umweltminister um dänsichen Århus angenommen - daher sein Name. Alle EU-Regierungen haben es unterzeichnet, ebenso die Europäische Union. Das Übereinkommen trat am 30. Oktober 2001 in Kraft. An den zwei Jahre dauernden Verhandlungen waren sowohl Regierungen als auch Nichtregierungsorganisationen beteiligt. UN-Generalsekretär Kofi Annan begrüsste das Übereinkommen als “das ehrgeizigste unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen gestartete Projekt für ökologische Demokratie.” Durch die Unterzeichnung des Übereinkommens von Århus Convention im Jahr 1998 verpflichtete sich die EU zu dessen Umsetzung in EU-Recht. Zwei Richtlinien über den Zugang zu Umweltinformationen (Richtlinie 2003/4/EG) und die Öffentlichkeitsbeteiligung am umweltpolitischen Entscheidungsverfahren (Richtlinie 2003/35/EG) in den EU-Mitgliedstaaten wurden im Jahr 2003 verabschiedet. In diesen Richtlinien ist ein EU-weiter harmonisierter Rahmen für den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen und die Beteiligung der Öffentlichkeit am umweltpolitischen Entscheidungsfindungsprozess vorgesehen, was vollkommen in Einklang mit den ehrgeizigen Zielen des Übereinkommens von Århus steht. Die Mitgliedstaaten sind aufgefordert, die Bestimmungen dieser beiden Richtlinien bis spätestens 2005 in einzelstaatliches Recht umzusetzen. Das von der Kommission heute verabschiedete "Gesetzespaket" behandelt die Aspekte des Übereinkommens von Århus, die nicht von den beiden vorstehend genannten Richtlinien oder früheren einschlägigen Rechtsakten abgedeckt werden. Weitere Information unter Memo/03/210 und http://europa.eu.int/comm/environment/aarhus/index.htm 3