Aus dem LWL Universitätsklinikum Bochum Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Präventivmedizin der Ruhr-Universität Bochum Direktor: Prof. Dr. med. G. Juckel Vergleich der Emotionserkennungsleistung zwischen forensischen und nicht-forensischen Patienten mit Schizophrenien Publikationsbasierte Inaugural-Dissertation Zur Erlangung des Doktorgrades der Medizin einer Hohen Medizinischen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum vorgelegt von Wiebke Wolfkühler aus Warstein 2013 Dekan: Prof. Dr. med. K. Überla Referent: Prof. Dr. med. M. Brüne Korreferent: Prof. Dr. med. Eckhard Klieser Tag der mündlichen Prüfung: 24.06.2014 Abstract Wolfkühler, Wiebke Vergleich der Emotionserkennungsleistung zwischen forensischen und nicht-forensischen Patienten mit Schizophrenien Problem: An Schizophrenie erkrankte Patienten sind statistisch häufiger sowohl Täter als auch Opfer von Gewalttaten. Inwieweit dies mit der Fehlinterpretation sozialer Signale verknüpft sein könnte, ist noch wenig beforscht. Frühere Forschungsarbeiten haben gezeigt, dass an Schizophrenie erkrankte Patienten generell Schwierigkeiten bei der Erkennung von Emotionen in Gesichtsausdrücken haben. Kaum untersucht ist dagegen bislang, inwieweit sich diesbezüglich delinquente Patienten mit Schizophrenien von nicht-straffällig gewordenen schizophrenen Patienten unterscheiden. Methoden: Die Fähigkeit der Emotionserkennung wurde an forensischen Patienten mit dem JACBART (Japanese And Caucasian Brief Affect Recognition Test) untersucht und mit der Kompetenz diesbezüglich von nicht-straffällig gewordenen schizophrenen Patienten und einer gesunden Kontrollgruppe verglichen. Des Weiteren wurde die Exekutivfunktion (mit dem Wisconsin Card Sorting Test sowie mit dem ersten Teil des Zoo Map Tests), die Psychopathologie mit Hilfe des PANSS (Positive and Negative Syndrome Scale) sowie demographische und krankheitsbezogene Daten analysiert. Ergebnis: Beide Patientengruppen erzielten bei fast allen Aufgaben ein schlechteres Ergebnis als die Kontrollgruppe. In der forensischen Patientengruppe war jedoch die Fähigkeit der Erkennung der Emotion Ekel erhalten. Unter statistischer Berücksichtigung psychopathologischer Variablen wie „Erregung“ und „Kognition“ schnitten die forensischen Patienten auch hinsichtlich der Erkennung der Gesamtsumme der Emotionen sowie der Emotionen Freude, Angst und Ekel und bei der Erkennung von Emotionen in kaukasischen Gesichtern besser ab als die nicht-forensischen Patienten mit Schizophrenien. Diskussion: Die bessere Fähigkeit der Erkennung der Emotion Ekel bei den forensischen Patienten könnte mit delinquentem Verhalten assoziiert sein. Denkbar wäre etwa, dass die forensischen Probanden den Ausdruck „Ekel“ durch wiederholte Exposition mit diesem Gesichtsausdruck vermehrt gelernt haben, des Weiteren ist auch eine Sensibilisierung auf diesen emotionalen Gesichtsausdruck im Rahmen eines negativen Selbstbildes möglich. Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung ................................................................................................................................. 4 2 Zielsetzung ............................................................................................................................... 7 3 Material und Methoden ............................................................................................................ 8 3.1 Material ............................................................................................................................. 8 3.2 Methoden .......................................................................................................................... 8 3.2.1 Emotionserkennung .................................................................................................... 8 3.2.2 Exekutivfunktion ........................................................................................................ 9 3.2.3 Psychopathologie ........................................................................................................ 9 3.2.4 Statistik ....................................................................................................................... 9 4 Ergebnisse .............................................................................................................................. 11 4.1 Demographische und krankheitsbezogene Daten ........................................................... 11 4.2 Exekutivfunktion ............................................................................................................. 12 4.3 Psychopathologie ............................................................................................................ 12 4.4 Emotionserkennung......................................................................................................... 13 4.4.1 Kovarianzanalyse ..................................................................................................... 15 4.4.2 Korrelationsanalyse .................................................................................................. 16 4.4.3 Hierarchische Regressionsanalyse............................................................................ 16 5 Diskussion.............................................................................................................................. 20 6 Literaturverzeichnis ............................................................................................................... 25 1 Abkürzungsverzeichnis BADS Behavioural Assessment of the Dysexecutive Syndrome JACBART “Japanese And Caucasian Brief Affect Recognition Test” PANSS Positive and Negative Syndrome Scale PCL-R Hare Psychopathy Checklist-Revised SCIT Social Cognition and Interaction Program WCST Wisconsin Card Sorting Test ZMT Zoo Map Test 2 Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Vergleich von demographischen Variablen zwischen der forensischen und nichtforensischen Patientengruppe und der gesunden Kontrollgruppe (mit Standardabweichung) ............................................................................................... 11 Tabelle 2: Vergleich von demographischen Variablen und der Psychopathologie (mit Standardabweichung) zwischen der forensischen und nicht-forensischen Patientengruppe ........................................................................................................ 12 Tabelle 3: Vergleich der Emotionserkennung sowie der Geschlechtserkennung zwischen forensischen und nichtforensischen Patientengruppen und der Kontrollgruppe (korrigiert nach Bonferroni) ..................................................................................... 13 Tabelle 4: Tabelle der hierarchischen Regressionsanalyse zur Vorhersage der Emotionserkennung .................................................................................................. 17 Tabelle 5: Modell der hierarchischen Regressionsanalyse zur Vorhersage der Erkennung der Emotion Ekel ............................................................................................................ 18 3 1 Einleitung Die Erkennung von Emotionen anhand von Gesichtsausdrücken ist ein Grundpfeiler der sozialen Interaktion (Bediou et al., 2005; Streit et al., 1997). Die Fähigkeit, emotionale Gesichtsausdrücke zu entschlüsseln, ist über die verschiedenen Kulturen hinweg gültig, vor allem, wenn man die Aufmerksamkeit auf die sogenannten Basisemotionen wie Freude, Ärger, Ekel, Trauer, Angst, Überraschung und Verachtung richtet (Ekman, 1999). Geminderte Fähigkeiten im Bereich der Emotionserkennung sind assoziiert mit mangelnder sozialer Kompetenz (Hall et al., 2004; Mueser et al., 1996; Schneider et al., 2006). Eine Beeinträchtigung in der Emotionserkennung anhand von Gesichtsausdrücken ist bei Schizophrenien häufig anzutreffen (Bediou et al., 2007; Lewis & Garver, 1995; Mandal et al., 1998; Sachs et al., 2004). Schizophrenien sind schwere psychische Erkrankungen, deren Lebenszeitprävalenz, also das Risiko, im Laufe des Lebens an dieser Erkrankung zu erkranken, bei 0,5-1,6% liegt. Die Schizophrenien werden in unterschiedliche Subtypen eingeteilt, welche alle Wahrnehmungsstörungen, Denkstörungen und Störungen der Affektivität, also der Grundstimmung, aufweisen. Schizophrenien können einen schubförmigen Verlauf mit akuten psychotischen Episoden oder auch eine chronische Entwicklung mit persistierenden Symptomen zeigen. Die Symptome sind vielfältig, sie werden in sogenannte Positiv- und Negativsymptome eingeteilt. Als Positivsymptome bezeichnet man beispielsweise die Wahnbildung, hierbei kann ein Verfolgungswahn oder Beziehungswahn vorkommen. Außerdem leiden viele Patienten unter Halluzinationen, was auch zu den Positivsymptomen zählt. Die Negativsymptome der Schizophrenien zeichnen sich zum Beispiel durch Affektverflachung, Antriebslosigkeit, aber auch durch kognitive Einschränkungen bis hin zu Störungen der Motorik wie herabgesetzte Mimik oder Gestik aus. In der medikamentösen Therapie der Schizophrenie werden unter anderem Neuroleptika eingesetzt, weitere Therapieansätze sind nicht-medikamentöser Natur, zum Beispiel die Psycho- und Ergotherapie, welche mit der medikamentösen Therapie kombiniert werden. Im Verlauf kann sich die Symptomatik vollständig zurückbilden, oder die Erkrankung verläuft chronisch mit weiteren Schüben (Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie, 2005). Es herrscht noch Uneinigkeit darüber, ob die inadäquate Emotionserkennung bei einem an einer Schizophrenie erkrankten Patienten sich spezifisch auf die negativen Emotionen 4 erstreckt, wie Angst, Traurigkeit, Ekel oder Ärger (Bediou et al., 2005; Edwards et al., 2001; Kohler et al., 2003; Mandal et al., 1998), oder ob vielmehr ein globales Defizit im Bereich der Emotionserkennung besteht (Johnston et al., 2006; Wölwer et al., 1996). Weiterhin ist nicht klar, ob das Defizit bei der Erkennung von Emotionen auf Emotionen in Gesichtsausdrücken beschränkt (Poole et al., 2000) oder die Konsequenz aus einem generalisierten Leistungsdefizit ist (Kerr & Neale, 1993; Kohler et al., 2000). Eine falsche Interpretation von emotionalen Gesichtsausdrücken kann zu unangemessenem Sozialverhalten führen, einschließlich aggressiver Reaktionen in eigentlich harmlosen Situationen (Hoaken et al., 2007). Es ist belegt, dass Patienten mit Schizophrenien sowohl häufiger Opfer als auch Täter von Gewalttaten sind (Fazel et al., 2009; Hiday et al., 1999). Unklar ist bisher, inwieweit eine Fehlinterpretation zu gewalttätigem Verhalten im Rahmen schizophrenier Erkrankungen beiträgt und ob sich delinquent gewordene Patienten mit Schizophrenien in ihrer Emotionserkennungsleistung von nicht-straffälligen Patienten unterscheiden. An einem nicht-psychotisch erkrankten Kollektiv konnten Hoaken et al. (Hoaken et al., 2007) zeigen, dass Gewalttäter signifikant unterlegen sind im Bereich der Emotionserkennung in Gesichtsausdrücken im Vergleich zu nicht gewalttätigen Straftätern sowie einer Kontrollgruppe. Weiterhin konnte gezeigt werden, dass die Emotionserkennung mit Exekutivfunktionen in Beziehung steht (Hoaken et al., 2007). Exekutive Funktionen bezeichnen die Fähigkeiten, die eigenen Handlungsweisen gezielt und unter Beachtung von äußeren Bedingungen zu modifizieren, wie zum Beispiel im Bereich des assoziativen Lernens, der Strategieformulierung und der Planung. Laroi et al. (Laroi et al., 2010) konnten einen Zusammenhang zwischen der Emotionserkennung und psychopathologischen Variablen wie der Ausprägung der Positivsymptome und kognitiver Störungen erfasst mit der Positive and Negative Syndrome Scale (Kay et al., 1989) bei schizophrenen Patienten nachweisen (Laroi et al., 2010). Diese Unterkategorien der PANSS (Positive and Negative Syndrome Scale) beinhalten beispielsweise Wahnbildung, konzeptuelle Desorganisation, Schwierigkeiten im abstrakten Denken und Aufmerksamkeitsdefizite. In an Schizophrenien erkrankten forensischen Stichproben haben sich bisher nur wenige Studien mit der Fähigkeit der Emotionserkennung befasst. Weiss et al. (Weiss et al., 2006) stellten bei Patienten, die entweder an Schizophrenien oder an schizoaffektiven Störungen erkrankt sowie vorbestraft waren, fest, dass mangelnde Fähigkeiten im Bereich der 5 Emotionserkennung mit einer höheren Rate an Inhaftierungen einhergingen (Weiss et al., 2006). Ferner konnten Fullam und Dolan (Fullam & Dolan, 2006) aufzeigen, dass männliche Schizophrene mit geminderter Fähigkeit der Emotionserkennung ebenfalls die Diagnosekriterien der Psychopathie, einer Form der Persönlichkeitsstörung, welche unter anderem mit antisozialem Benehmen einhergeht, erfüllten (Fullam & Dolan, 2006). Weiterhin konnte dargestellt werden, dass das Ausmaß des Defizits in der Emotionserkennung assoziiert war mit der Schwere der Psychopathie, insbesondere hinsichtlich der Angst- und Traurigkeitserkennung. Diese Studien haben jedoch limitierte Aussagekraft wegen des Fehlens einer klinischen Kontrollgruppe. Eine vergleichende Untersuchung zur Fähigkeit der Emotionserkennung an Gesichtsausdrücken bei forensischen sowie nicht-forensischen schizophrenen Patienten und einer gesunden Kontrollgruppe wurde bisher nicht durchgeführt. 6 2 Zielsetzung Vor dem oben dargestellten Hintegrund war es daher Ziel der vorliegenden Arbeit zu untersuchen, ob sich forensische schizophrene Patienten von nicht-forensischen schizophrenen Patienten sowie einer gesunden Kontrollgruppe im Bereich der Emotionserkennung anhand von Gesichtsausdrücken der sieben Basisemotionen unterschieden, und ob Unterschiede zwischen den drei Studiengruppen in Bezug auf die Erkennung von spezifischen Emotionen bestehen. Über die Emotionserkennung an Gesichtsausdrücken hinausgehend untersuchten wir außerdem, ob ein Zusammenhang zwischen dem Ausmaß der Emotionserkennung und der Exekutivfunktion, der Psychopathologie sowie demographischen und krankheitsbezogenen Daten besteht. 7 3 Material und Methoden 3.1 Material Es wurden 30 forensische schizophrene Patienten aus dem Westfälischen Zentrum für Forensische Psychiatrie Lippstadt im Hinblick auf Emotionserkennung, Exekutivfunktion, Psychopathologie untersucht und diese Ergebnisse anschließend mit bereits erhobenen Daten einer nicht-forensischen schizophrenen Gruppe sowie einer gesunden und vorstrafenfreien Kontrollgruppe verglichen. Zusätzlich wurden anamnestisch demographische und krankheitsbezogene Daten erhoben. 3.2 Methoden 3.2.1 Emotionserkennung Zur Untersuchung der Emotionserkennung an Gesichtsausdrücken wurde der “Japanese And Caucasian Brief Affect Recognition Test” (JACBART) (Matsumoto et al., 2000) verwandt, welcher 56 Fotographien der 7 Basisemotionen (Freude, Ärger, Ekel, Traurigkeit, Angst, Überraschung und Verachtung) mit einer jeweils gleichmäßigen Verteilung von Ethnizität und Geschlecht bei den Versuchspersonen auf der Fotographie beinhaltet. Jedes Versuchselement bestand aus der Fotographie eines emotionalen Gesichtsausdrucks eingebettet in die Fotographie des neutralen Gesichtsausdrucks des jeweiligen Probanden und wurde für 200 ms gezeigt. Diese Elemente wurden randomisiert präsentiert. Die Versuchsteilnehmer sollten die gezeigte Emotion benennen, indem sie mit Hilfe einer PC-Mouse auf den entsprechenden Button auf dem Computerbildschirm klickten. Um Aufmerksamkeitsdefizite zu kontrollieren, wurde der neutrale Gesichtsausdruck derselben 56 Fotographien für ebenfalls 200 ms gezeigt. Weiterhin waren die Versuchspersonen dazu angehalten, das Geschlecht der Person auf der Fotographie auf die gleiche Weise zu benennen wie die jeweilige Emotion. 8 3.2.2 Exekutivfunktion Die Untersuchung der Exekutivfunktion erfolgte mit Hilfe einer computerisierten und vereinfachten Form des Wisconsin Card Sorting Tests (Nelson, 1976), welcher die kognitive Flexibilität prüft, sowie mit Hilfe des ersten Teils des Zoo Map Tests, einem Bestandteil des Behavioural Assessment of the Dysexecutive Syndrome (BADS) (Wilson et al., 1996), welcher Aussagen zur Planungsfähigkeit der Probanden macht. 3.2.3 Psychopathologie Die Untersuchung der Psychopathologie der beiden schizophrenen Gruppen erfolgte an Hand der Positive and Negative Syndrome Scale (PANSS) (Kay et al., 1989). Anhand der PANSS kann eine Schweregradeinschätzung der psychotischen Symptomatik vorgenommen werden. In der vorliegenden Studie wurde ein fünf-Faktoren Modell gewählt, dass die Dimensionen „Positivsymptome“, „Negativsymptome“ „kognitive Symptome“, „Erregung“ und „Angst/Depressivität“ umfasst (van der Gaag et al., 2006). Die Psychopathologie wurde verblindet in Bezug auf die Ergebnisse der Tests zur Emotionserkennung sowie der Exekutivfunktion untersucht. 3.2.4 Statistik Die statistischen Berechnungen wurden mithilfe von SPSS 16.0 durchgeführt, wobei für normal verteilte Ergebnisse parametrische Tests wie der T-Test für Vergleiche zwischen zwei Gruppen und Bonferroni-korrigierte ANOVAs für Dreigruppenvergleiche verwendet wurden. Nicht normal verteilte Daten wurden mit dem Mann-Whitney-U-Test (Zweigruppenvergleich) sowie dem Kruskal-Wallis-Test (Dreigruppenvergleich) berechnet. Korrelationsanalysen wurden bei normal verteilten Daten mit dem Korrelationskoeffizienten nach Pearson erstellt, bei nicht normal verteilten Ergebnissen wurde der Korrelationskoeffizient nach Spearman berechnet. 9 Im weiteren Verlauf der Arbeit kamen aufgrund der zuvor mit o.g. Methoden berechneten Ergebnisse eine Kovarianzanalyse sowie eine hierarchische Regressionsanalyse zur Anwendung. 10 4 Ergebnisse 4.1 Demographische und krankheitsbezogene Daten In beiden Patientengruppen konnte kein Unterschied in Bezug auf das Alter nachgewiesen werden, es bestand jedoch eine statistisch signifikante Differenz hinsichtlich der Geschlechterverteilung bei den drei Studiengruppen, wobei die männlichen Probanden in der forensischen Subgruppe überrepräsentiert waren, während sich keine statistisch signifikante Diskrepanz bezüglich der Verteilung der Geschlechter in den beiden anderen Gruppen zeigte. Weiterhin waren beide Patientengruppen ungebildeter als die gesunde Kontrollgruppe, sie unterschieden sich diesbezüglich nicht untereinander. Tabelle 1: Vergleich von demographischen Variablen zwischen der forensischen und nichtforensischen Patientengruppe und der gesunden Kontrollgruppe (mit Standardabweichung) Alter forensische Nicht-forensische Patienten Patienten Kontrollgruppe Signifikanzniveau 32,2 7,3 32,4 +/- 9,3 31,4 +/- 12,1 p = 0,935 18 : 12 9 : 11 p = <0,001 11,1 +/- 2,2 12,6 +/- 1,3 p = 0,009 +/- Verhältnis 29 : 1 männlich : weiblich Bildung* 11,5 1,9 +/- Mit einem Stern* markierte Werte wurden mit nicht-parametrischen Verfahren verglichen. Die Höhe der antipsychotischen Medikation, gemessen in Chlorpromazinäquivalenten, unterschied sich in beiden Patientengruppen nicht, ebenso wenig wie deren Alter bei Beginn der Erkrankung. Die forensische Patientengruppe wies jedoch häufiger als die nichtforensische Gruppe eine Vorgeschichte in Bezug auf Alkohol- oder Drogenmissbrauch auf. 11 4.2 Exekutivfunktion Bei beiden Patientengruppen konnte kein Unterschied hinsichtlich der durchgeführten Tests zur Exekutivfunktion gezeigt werden, beide Gruppen wiesen aber, wie erwartet, diesbezüglich eine signifikante Differenz zur Kontrollgruppe auf. 4.3 Psychopathologie Hinsichtlich der Psychopathologie konnte bei beiden Patientengruppen kein Unterschied in Bezug auf die Variablen „Negativität“ sowie „Positivität“ der PANSS festgestellt werden. Die forensischen Patienten zeigten jedoch signifikant häufiger kognitive und Erregungs-assoziierte Symptome als die nicht-forensische Patientengruppe, während die nicht-forensische Gruppe mehr Depressions- und Ängstlichkeitssymptome aufwies als die Gruppe der forensischen Patienten. Tabelle 2: Vergleich von demographischen Variablen und der Psychopathologie (mit Standardabweichung) zwischen der forensischen und nicht-forensischen Patientengruppe Forensische Nicht-forensische Patienten Patienten 32,2 +/- 7,3 32,4 +/- 9,3 p = 0,926 22,2 +/- 5,1 23,8 +/- 6,6 p = 0,314 Krankheitsdauer 9,9 +/- 7,7 8,9 +/- 8,6 p = 0,639 Chlorpromazinäquivalente 893 +/- 830,7 655,1 +/- 431,8 p = 0,180 Vorgeschichte bezüglich 25 (83,3 %) 18 (60 %) p = 0,047 Alter (in Jahren) bei der Signifikanz Untersuchung Alter bei Krankheitsbeginn (in Jahren) Alkohol- & Drogenmissbrauch* 12 „Positivsymptome“ (PANSS) 11,5 +/- 4,1 10,4 +/- 4,6 p = 0,333 „Negativsymptome“ (PANSS) 18,4 +/- 4,8 16,8 +/- 7,2 p = 0,315 „Erregung“ (PANSS) 10,2 +/- 2,3 7,8 +/- 2,3 p = < 0,001 „Kognitive Symptome“ (PANSS) 13,3 +/- 3,6 11,1 +/- 4,0 p= 0,025 „Depression und Ängstlichkeit“ (PANSS) 10.5 +/- 2,6 12,4 +/- 3,6 p= 0,028 Mit einem Stern* markierte Werte wurden mit nicht-parametrischen Verfahren verglichen. 4.4 Emotionserkennung In Bezug auf die Emotionserkennung konnte gezeigt werden, dass beide Patientengruppen bei den meisten Emotionserkennungstests schlechter abschnitten als die gesunde Kontrollgruppe. Die nicht-forensischen Patienten zeigten eine Beeinträchtigung in der Emotionserkennung im Vergleich zur Kontrollgruppe bei allen o.g. Basisemotionen außer bei Trauer, wo sie ebenso gut abschnitten wie die Kontrollgruppe. Die forensische Patientengruppe wies auch ein Defizit in der Emotionserkennung auf im Vergleich zur Kontrollgruppe, bei der Erkennung der emotionalen Gesichtsausdrücke von Angst und Ekel konnte jedoch kein signifikanter Unterschied zu der gesunden Kontrollgruppe festgestellt werden. Im Vergleich der beiden Patientengruppen untereinander konnte kein Unterschied in der Fähigkeit der Emotionserkennung nachgewiesen werden, außer bei Ekel, wo die forensischen Patienten besser abschnitten als die nicht-forensische Gruppe. In Bezug auf die Geschlechtserkennung zeigte sich kein Unterschied zwischen allen 3 Gruppen. Tabelle 3: Vergleich der Emotionserkennung sowie der Geschlechtserkennung zwischen forensischen und nichtforensischen Patientengruppen und der Kontrollgruppe (korrigiert nach Bonferroni) Freude* forensisch: 6.3 +/- 1.9 MD chi2 =10.60 SF Signifikanz df = 2 p = .005 13 nicht-forensisch: 5.7 +/- 2.3 forensisch: 4.7 +/- 2.7 Überraschung* Kontrolle: 7.4 +/- 1.3 2 Kontrolle: 7.2 chi =14.45 +/- 1.3 df = 2 p = .001 -1.33 .522 p = .038 Kontrolle: 4.0 -1.23 +/- 2.0 .522 p = .062 -1.05 .529 p = .152 Kontrolle: 3.4 -1.78 +/- 1.7 .529 p = .003 -3.12 .625 p = <.001 Kontrolle: 6.1 -2.35 +/- 1.6 .625 p = .001 -.700 .511 p = .523 Kontrolle: 3.5 -2.10 +/- 2.0 .511 -2.55 .668 p = .001 nicht-forensisch: 2.3 +/- 2.2 Kontrolle: 5.0 -2.62 +/- 2.5 .668 p = .001 forensisch: 24.1 +/- 8.5 12.28 2.22 p = <.001 14.38 2.22 p = <.001 -6.31 1.16 p = <.001 -8.00 1.18 p = <.001 5.991 1.21 p = <.001 6.908 1.22 p = <.001 chi2 = df = 2 p = .132 nicht-forensisch: 4.5 +/- 2.6 forensisch: 2.7 +/- 1.9 Trauer nicht-forensisch: 2.8 +/- 1.6 forensisch: 2.3 +/- 2.2 Angst nicht-forensisch: 1.6 +/- 1.5 forensisch: 2.9 +/- 2.2 Ärger nicht-forensisch: 3.7 +/- 2.4 forensisch: 2.8 +/- 1.9 Ekel nicht-forensisch: 1.4 +/- 1.5 forensisch: 2.4 +/- 2.3 Verachtung Gesamtsumme Emotionen Emotionserkennung kaukasischen Gesichtern Emotionserkennung japanischen Gesichtern der nicht-forensisch: 22.0 +/- 7.8 Kontrolle: 36.4 +/- 6.0 forensisch: 11.9 in +/- 4.4 Kontrolle: nicht-forensisch: 18.2 +/- 3.4 10.2 +/- 3.8 forensisch: 12.2 +/- 4.7 Kontrolle: in nicht-forensisch: 18.2 +/-3.3 11.3 +/- 3.9 forensisch: 54.8 +/- 1.4 Kontrolle: p = <.001 14 nicht-forensisch: 56.0 +/- 0 4.05 53.9 +/- 2.9 MD= mittlere Differenz, SF= Standardfehler; mit einem Stern* markierte Werte wurden mit JACBART Geschlecht* nicht-parametrischen Verfahren verglichen. 4.4.1 Kovarianzanalyse Auf Grund der statistisch signifikanten Differenz in Bezug auf die Geschlechterverteilung in den einzelnen Gruppen wurde eine Kovarianzanalyse durchgeführt. Bei dieser Berechnung mit ausschließlich männlichen Probanden zeigten sich keine Veränderungen im Vergleich zu der vorherigen, mit Ausnahme der nun nicht mehr signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen in der Erkennung von Angst und Trauer. Somit wurden die gemischten Gruppen in der Analyse beibehalten. Da sich bei der Untersuchung der Psychopathologie, namentlich bei den Variablen der PANSS „Kognition“, „Erregung“ sowie „Depression und Ängstlichkeit“, bei beiden Patientengruppen statistisch signifikante Differenzen zeigten, wurde ebenfalls eine Kovarianzanalyse angeschlossen, um festzustellen, ob die Psychopathologie einen Einfluss auf die Fähigkeit der Emotionserkennung hat. Bei Verwendung der „Kognition“ als Kovariate konnte gezeigt werden, dass die forensische Patientengruppe die präsentierten Emotionen in kaukasischen Gesichtern besser erkennt als die nicht-forensische Gruppe, der Unterschied zwischen beiden Patientengruppen in Bezug auf die Ekelerkennung blieb weiter statistisch signifikant. Die Variable „Kognition“ der PANSS beinhaltet konzeptuelle Desorganisation, Desorientierung, Schwierigkeiten im abstrakten Denken, Getue und Aufmerksamkeitsdefizit, während die Variable „Erregung“ die Erregung selbst sowie mangelnde Impulskontrolle, Feindseligkeit und Anspannung einschließt. Bei Einsetzen der Variable „Erregung“ der PANSS als Kovariate zeigte sich, dass die forensische Patientengruppe in Bezug auf die Erkennung der Gesamtsumme der Emotionen sowie der Emotionen Freude, Angst und Ekel und hinsichtlich der Erkennung von Emotionen in kaukasischen Gesichtern besser abschnitt als die nichtforensische Patientengruppe. Bei Verwendung der Variable „Depression und Ängstlichkeit“ blieb die Fähigkeit der Ekelerkennung zugunsten der forensischen Patientengruppe signifikant, sonst ergaben sich keine weiteren Unterschiede. 15 4.4.2 Korrelationsanalyse In der forensischen Patientengruppe konnte eine negative Korrelation zwischen der Gesamtsumme des Emotionserkennungstests und der Summe der antipsychotischen Medikation nachgewiesen werden. Weiterhin zeigte sich ebenfalls eine inverse Beziehung zwischen der Gesamtsumme des Emotionserkennungstests und den Variablen „Kognition“ und „Positivität“ der PANSS, jedoch mit keiner der anderen Variablen. Es konnte weiterhin keine Korrelationen zwischen der Gesamtsumme der Emotionserkennung und der Exekutivfunktion sowie den demographischen Daten bei den forensischen Patienten festgestellt werden. Auch in der nicht-forensischen Patientengruppe konnte eine negative Korrelation zwischen der Gesamtsumme des Emotionserkennungstests und der Variable „Kognition“ der PANSS nachgewiesen werden, aber nicht mit einer der anderen Variablen der PANSS. Ebenso wie bei der forensischen Patientengruppe konnte keine Beziehung zwischen der Emotionserkennung und der Exekutivfunktion sowie den erhobenen demographischen Daten nachgewiesen werden. Im Gegensatz zur Gruppe der forensischen Patienten zeigte sich in der nichtforensischen Gruppe kein Zusammenhang zwischen der Emotionserkennung und der Summe der antipsychotischen Medikation. 4.4.3 Hierarchische Regressionsanalyse Aufgrund mehrerer potentiell konfundierender Faktoren bzw. Unterschiede zwischen den untersuchten Gruppen berechneten wir mittels einer hierarchischen Regression, welche Variablen statistische Prädiktoren für die Emotionserkennung (Gesamtscore) waren. Als mögliche Einflussfaktoren auf die Emotionserkennung beziehungsweise auf die Fähigkeit der Ekelerkennung wurden diejenigen Ergebnisse der jeweiligen Aufgaben gewertet bzw. die demographischen Daten, die die Gruppen voneinander unterschieden. Bei der Untersuchung der Einflussfaktoren auf die Gesamtsumme des Emotionserkennungstests trugen „kognitive Symptome“ sowie “Gruppe“ am meisten zur Aufklärung der Varianz in Bezug auf die Emotionserkennung bei. In der Analyse der Einflussfaktoren auf die Fähigkeit zur Erkennung der Emotion Ekel zeigte ebenfalls die Variable „Gruppe“ statistische Signifikanz. Dies legt 16 nahe, dass die Unterschiede zwischen den Probandengruppen in Bezug auf die Emotionserkennung sowie auf die Fähigkeit zur Ekelerkennung weitgehend unabhängig von den Einflussfaktoren sind. Tabelle 4: Tabelle Emotionserkennung der hierarchischen Regressionsanalyse zur Modell B Stufe 1a Geschlecht -0,290 -2,684 Bildung Stufe 2b Geschlecht t Vorhersage Signifikanz 0,009 0,311 2,873 0,005 -0,243 -2,206 0,031 Bildung 0,264 2,397 0,019 Anzahl der Perseverationsfehler im WCST -,191 -1,692 0,095 -0,228 -2,179 0,033 Bildung 0,292 2,776 0,007 Anzahl der Perseverationsfehler im WCST -0,110 -1,000 0,321 Stufe 3c Geschlecht Handlungsplanung (Exekutivfunktion) (ZMT) 0,311 2,961 Stufe 4d Geschlecht 0,004 -0,129 -1,180 0,242 Bildung 0,237 2,274 0,026 Anzahl der Perseverationsfehler im WCST -0,038 -0,346 0,730 Handlungsplanung (Exekutivfunktion) (ZMT) 0,268 2,603 0,011 „Erregung“ (PANSS) -0,286 -2,416 0,018 -0,108 -1,059 0,293 Bildung 0,204 2,098 0,040 Anzahl der Perseverationsfehler im WCST -0,014 -,137 0,892 Handlungsplanung (Exekutivfunktion) (ZMT) 0,157 1,548 0,126 „Erregung“ (PANSS) -0,017 -0,126 0,900 „Kognitive Symptome“ (PANSS) -0,462 -3,412 0,001 -0,087 -0,869 0,388 Bildung 0,136 1,369 0,176 Anzahl der Perseverationsfehler im WCST -0,035 -0,349 0,728 Stufe 5e Geschlecht Stufe 6f Geschlecht Handlungsplanung (Exekutivfunktion) (ZMT) 0,110 1,092 der 0,279 17 „Erregung“ (PANSS) 0,035 0,263 0,793 „Kognitive Symptome“ (PANSS) -0,355 -2,533 0,014 Gruppe (gesund, forensisch, nicht-forensisch) 0,274 2,203 0,031 a R2 = 0,165, df=2, 72, p=0,002 b 2 R = 0,197, df=1, 71, p=0,001 c 2 R = 0,286, df=1, 70, p<0,001 d 2 R = 0,342, df=1, 69, p<0,001 e 2 R = 0,438, df=1, 68, p<0,001 f 2 R = 0,476, df=1, 67, p<0,001 Tabelle 5: Modell der hierarchischen Regressionsanalyse zur Vorhersage der Erkennung der Emotion Ekel Modell B t Sign. Stufe 1a Geschlecht -0,001 -0,008 0,993 0,154 1,335 0,186 0,005 0,046 0,963 Bildung 0,156 1,350 0,181 Handlungsplanung (Exekutivfunktion) (ZMT) 0,061 0,522 0,603 0,004 0,032 0,975 Bildung 0,157 1,308 0,195 Handlungsplanung (Exekutivfunktion) (ZMT) 0,061 0,510 0,611 „Erregung“ (PANSS) 0,003 0,026 0,980 0,006 0,050 0,960 Bildung 0,153 1,263 0,211 Handlungsplanung (Exekutivfunktion) (ZMT) 0,044 0,338 0,736 „Erregung“ (PANSS) 0,045 0,266 0,791 „Kognitive Symptome“ (PANSS) -0,069 -0,395 0,694 0,031 0,256 0,799 Bildung 0,053 0,445 0,658 Handlungsplanung (Exekutivfunktion) (ZMT) -0,047 -0,377 0,707 „Erregung“ (PANSS) 0,125 0,770 0,444 „Kognitive Symptome“ (PANSS) 0,125 0,715 0,477 Bildung Stufe 2b Geschlecht Stufe 3c Geschlecht Stufe 4d Geschlecht Stufe 5e Geschlecht 18 Gruppe (gesund, forensisch, nicht-forensisch) 0,487 3,189 0,002 a R2 = 0,024, df=2, 74, p=0,414 R = 0,027, df=1, 73, p=0,567 c 2 R = 0,027, df=1, 72, p=0,733 b 2 19 5 Diskussion An Schizophrenie erkrankte Menschen sind sowohl als Täter als auch als Opfer statistisch häufiger als der Durchschnitt der Allgemeinbevölkerung an Gewalttaten beteiligt. Die vorliegende Studie wurde durchgeführt, um herauszufinden, ob Unterschiede in der Emotionserkennung an Gesichtsausdrücken zwischen forensischen schizophrenen Patienten und nicht-forensischen schizophrenen Patienten vorliegen, die möglicherweise eine Teilerklärung für die häufigere Verwicklung in Straftaten beitragen könnte. Dazu wurde eine forensische Stichprobe von Patienten mit Schizophrenien untersucht und mit Daten einer nicht-forensischen Patientengruppe und einer gesunden Kontrollgruppe verglichen. Wie auch in vorhergehenden Studien gezeigt (für eine Übersicht siehe (Mandal et al., 1998), waren beide Patientengruppen der gesunden Kontrollgruppe in der Untersuchung bezüglich der Emotionserkennung sowohl im Bereich der Einzelemotionen als auch in der Gesamtsumme der Emotionen unterlegen. Unerwarteter Weise schnitt die forensische Patientengruppe jedoch bei der Ekelerkennung ebenso gut ab wie die gesunde Kontrollgruppe. Das heißt, in unserer Studie erkannten die forensischen Patienten die Emotion Ekel besser als die nicht-forensische Patientengruppe, auch wenn die die Patientengruppen unterscheidenden klinischen und demographischen Merkmale statistisch berücksichtigt wurden. Zusätzlich konnte gezeigt werden, dass die Unterschiede zwischen den einzelnen Gruppen in Bezug auf die Emotionserkennung und auch speziell betreffend der Ekelerkennung, unabhängig von Geschlecht, Bildung, Exekutivfunktionen sowie der Psychopathologie sind. Vorhergehende Untersuchungen konnten spezifische Defizite in der Emotionserkennung insbesondere der Emotionen Angst und Ekel bei schizophrenen Patienten nachweisen (Kohler et al., 2003). Demgegenüber zeigten Harmer et al. (Harmer et al., 2002) bei Patienten mit einer bipolaren Störung eine bessere Fähigkeit der Ekelerkennung. Die bipolare Störung zeichnet sich dadurch aus, dass die Stimmung und Aktivität der Betroffenen wechselnd zwischen einer Depression und einer Manie schwankt. Die verbesserte Ekelerkennung wurde von den Autoren auf ein krankheitsbedingt herabgesetztes Selbstbewusstsein zurückgeführt. Auch Hayward et al. (Hayward et al., 2005) konnten eine gesteigerte Fähigkeit in Bezug auf die Ekelerkennung bei Patienten mit einer Depression zeigen. Ebenfalls konnten Martin et al. (Martin et al., 2006) bei opiatabhängigen Probanden eine erhöhte Kompetenz hinsichtlich der 20 Ekelerkennung darstellen, als ursächlich wurde angenommen, dass die Drogenabhängigen dem Gesichtsausdruck Ekel wiederholt ausgesetzt waren, was wiederum zur verbesserten Fähigkeit der Erkennung der Emotion Ekel führte, alternativ kann auch ein negatives Selbstkonzept die erhöhte Empfindlichkeit zugunsten des Ausdrucks Ekel erklären (Martin et al., 2006). Interessanterweise konnte eine durch Hansen et al. (Hansen et al., 2008) durchgeführte Studie einen Zusammenhang zwischen der Befähigung zur Ekelerkennung und einigen Unterpunkten der Hare Psychopathy Checklist-Revised (Hare, 1991) aufzeigen. Insbesondere konnte eine positive Korrelation zwischen Impulsivität sowie antisozialem Verhalten und der Fähigkeit der Ekelerkennung bei psychopathischen Probanden gezeigt werden, des Weiteren konnte ein negativer Zusammenhang zwischen arrogantem zwischenmenschlichen Verhalten und der Ekelerkennung in Frauengesichtern nachgewiesen werden. Dies könnte auch auf die in der vorliegenden Studie untersuchte forensische Patientengruppe zutreffen. Bezüglich der Psychopathologie konnte gezeigt werden, dass die forensische Patientengruppe signifikant höhere Werte auf den Skalen Erregung und kognitive Symptome der PANSS aufwies. Interessanterweise schnitt die forensische Gruppe im Vergleich zur der nichtforensischen Subgruppe besser ab hinsichtlich der Gesamtsumme der Emotionen und der Emotionen in kaukasischen Gesichtern in der Untersuchung zur Emotionserkennung, wenn die Variable „Kognition“ der PANSS statistisch kontrolliert wurde. Wird hingegen die Variable „Erregung“ der PANSS, welche außer psychomotorischer Erregung, mangelnde Impulskontrolle sowie Feindseligkeit beinhaltet, im Rahmen der Kovarianzanalyse berücksichtigt, erreichen die Emotionen Freude und Angst sowie die Gesamtsumme der Emotionen und die Emotionserkennung in japanischen und kaukasischen Gesichtern statistische Signifikanz. Es könnte daher sein, dass bei erfolgreicher Therapie und dadurch u.a. Besserung der Psychopathologie, die forensischen Patienten besser im Bereich der Emotionserkennung sind als nicht-straffällig gewordene Patienten. Interessanterweise konnte ein negativer Zusammenhang zwischen der Fähigkeit der Emotionserkennung und der antipsychotischen Medikation, gemessen in Chlorpromazinäquivalenten, nachgewiesen werden, obwohl sich beide Patientengruppen nicht in der Summe der Chlorpromazinäquivalente unterschieden. Beachtenswerter Weise erhielten die forensischen Patienten häufiger Antipsychotika der ersten Generation, während die 21 Mehrheit der nicht-forensischen Gruppe mit Antipsychotika der zweiten Generation behandelt wurde. Es konnte allerdings wiederholt gezeigt werden, dass Patienten, welche Antipsychotika der ersten Generation erhielten, im Vergleich zu Patienten, die mit Antipsychotika der zweiten Generation behandelt wurden, beeinträchtigt sind in Bezug auf die Fähigkeit der Emotionserkennung (Kee et al., 1998; Williams et al., 2003). Die Tatsache, dass die forensischen Patienten besser als die nicht-forensischen Patienten bezüglich der Emotionserkennung abschnitten, stützt jedoch eher die Vermutung, dass die Medikation entweder keine ausschlaggebende Rolle spielte, oder dass der Unterschied in der Fähigkeit der Emotionserkennung zugunsten der forensischen Patienten sogar größer wäre, wenn diese ebenfalls Antipsychotika der zweiten Generation bekommen hätten. Ähnlich wie in vorhergehenden Studien (Pinkham et al., 2008), erkannten die meist kaukasischen Probanden in der vorliegenden Untersuchung die emotionalen Gesichtsausdrücke ebenso gut unabhängig von der Ethnizität der auf der jeweiligen Fotographie posierenden Person. Weiterhin konnte kein Unterschied zwischen den drei untersuchten Gruppen in Bezug zur Erkennung des Geschlechts der Person auf der Fotographie gefunden werden, übereinstimmend mit den Ergebnissen von Bediou et al. (Bediou et al., 2007; Bediou et al., 2005). Dies stützt die Annahme, dass an Schizophrenie erkrankte Patienten eher ein spezifisches Defizit im Bereich der Emotionserkennung an Gesichtern haben, als dass eine Störung bei der Verarbeitung von Informationen in Gesichtern als solche vorliegt. Da allerdings bei der Erkennung des Geschlechts der posierenden Person zwei Möglichkeiten zur Auswahl standen, während es bei der Emotionserkennung sieben Optionen gab, ist es durchaus diskutabel, dass die Geschlechtserkennung einfacher war als die Emotionserkennung. Die vorliegende Studie weist einige Einschränkungen auf. Zunächst war es nicht möglich, die Hare Psychopathy Checklist-Revised bei den forensischen Probanden anzuwenden, so dass denkbare Zusammenhänge zwischen einer unter Umständen ebenfalls vorliegenden Psychopathie und der erhöhten Fähigkeit der Erkennung der Emotion Ekel eher spekulativ sind, auch wenn vorhergehende Untersuchungen ein hohes Maß an Komorbidität zwischen der Psychopathie und der Schizophrenie in forensischen Populationen nachgewiesen haben (Fullam & Dolan, 2006). Eine weitere Einschränkung der vorliegenden Studie liegt darin, dass die geringe Anzahl der teilnehmenden Probanden eine Subtypisierung der Schizophrenie 22 ausschloss. Dies könnte jedoch sinnvoll sein, da andere Untersuchungen gezeigt haben, dass Patienten, welche an einer paranoiden Schizophrenie erkrankt sind, also einer Unterform, bei der vor allem die Positivsymptomatik auftritt, besser abschneiden in Bezug auf die Emotionserkennung als solche Patienten, die an einer nicht-paranoiden Form der Schizophrenie leiden (Huang et al., 2013; Lewis & Garver, 1995). Es ist vorstellbar, dass in der vorliegenden Studie der paranoide Subtyp der Schizophrenie in der forensischen Patientengruppe überrepräsentiert war, was zu deren erhaltener Fähigkeit im Bereich der Ekelerkennung beigetragen haben könnte. Weiterhin ist auch eine nicht ideale Zuordnung der beiden Patientengruppen in Bezug auf Geschlecht und antipsychotischer Medikation als Einschränkung der Untersuchung zu nennen. Diese Faktoren wurden jedoch in die statistische Berechnung mit einbezogen, wobei sich herausstellte, dass sie keinen Einfluss auf die Unterschiede zwischen den Probandengruppen im Bereich der allgemeinen Emotionserkennung und speziell der Ekelerkennung haben. Dennoch sollten diese Parameter in zukünftigen Studien berücksichtigt werden. Kürzlich konnte in einer Untersuchung an schottischen Strafgefangenen in Bezug auf die Emotionserkennung gezeigt werden, dass die Insassen signifikant schlechter waren als die Kontrollen vor allem in hinsichtlich der Erkennung der negativen Emotionen (Robinson et al., 2012), somit sollte idealerweise sowohl eine forensische als auch eine nicht-forensische Kontrollgruppe ohne psychische Störung in die Untersuchung eingeschlossen werden, um nachzuweisen, ob gegebenenfalls delinquente Handlungen einen Einfluss auf die Unterschiede in Bezug auf die Emotionserkennung an sich und speziell der Erkennung der Emotion Ekel haben. Schlussendlich ist zu erwähnen, dass der JACBART nicht an einer deutschen Stichprobe bestätigt wurde, so dass die in dieser Untersuchung gewonnenen Ergebnisse als explorativ betrachtet werden müssen. Neuartige Ansätze zur Verbesserung der sozialen Wahrnehmung vor allem bei forensischen Patienten haben sich bewährt, hier sei das Social Cognition and Interaction-Programm (SCIT) genannt, welches nach einem 16-wöchigen Training von Fähigkeiten im Bereich der sozialen Wahrnehmung zur Reduktion von Feindseligkeit und Erhöhung der kognitiven Flexibilität führte (Combs et al., 2007). Zusammenfassend können die Ergebnisse der vorliegenden Untersuchung vorsichtig dahingehend interpretiert werden, dass Unterschiede in der Emotionserkennung zwischen forensischen und nicht-forensischen schizophrenen Patienten vorliegen, was auch relevant 23 sein kann in Bezug auf die diagnostische Bewertung von Delikten, welche mit einer psychischen Erkrankung assoziiert sind. 24 6 Literaturverzeichnis Bediou, B., Asri, F., Brunelin, J., Krolak-Salmon, P., D'Amato, T., Saoud, M., & Tazi, I. (2007). Emotion recognition and genetic vulnerability to schizophrenia. Br. J. Psychiatry 191, 126-130 Bediou, B., Krolak-Salmon, P., Saoud, M., Henaff, M. A., Burt, M., Dalery, J., & D'Amato, T. (2005). Facial expression and sex recognition in schizophrenia and depression. Can. J. Psychiatry 50 (9), 525-533 Combs, D. R., Adams, S. D., Penn, D. L., Roberts, D., Tiegreen, J., & Stem, P. (2007). 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Martin Brüne für die langjährige, geduldige und engagierte Betreuung und Unterstützung meiner Promotionsarbeit. Bei Dr. med. Christian Küper und Dr. med. Nahlah Saimeh bedanke ich mich für die Untersützung und Hilfestellung bei der Durchführung der Studie im Westfälischen Zentrum für Forensische Psychiatrie Lippstadt. Ebenso danke ich den Mitarbeitern des Westfälischen Zentrums für Forensische Psychiatrie Lippstadt für die angenehme und freundliche Arbeitsatmosphäre. Meiner Freundin und Kollegin Frau Karina Majorek danke ich für die konstruktive Zusammenarbeit sowohl bei der Durchführung der Studie als auch danach. Meiner Schwester Dörte und meinem Freund Thomas möchte ich für die Korrekturarbeiten und Verbesserungsvorschläge besonders danken. Meiner Familie und meinen Freunden danke ich für die liebe Unterstützung in allen Bereichen, die mir während der gesamten Zeit entgegengebracht wurde. Lebenslauf Name: Wiebke Wolfkühler Geboren: 08.02.1981 in Warstein Familienstand: ledig Staatsangehörigkeit: deutsch Schulbildung: 1987 - 1991 Grundschule Kallenhardt, Kallenhardt 1991 - 2001 Friedrich- Spee- Gymnasium, Rüthen; Abschluss: allgemeine Hochschulreife; Note: 1,9 Studium: 10/2001 Studium der Humanmedizin an der Ruhr-Universität Bochum 09/2003 ärztliche Vorprüfung; Note: 2,0 2006-2007 Praktisches Jahr: erstes Tertial: Gynäkologie und Geburtshilfe; Hospital San Juan de Dios, La Serena, Chile zweites Tertial: Chirurgie; Ev. Krankenhaus Herne, Herne drittes Tertial: Innere Medizin; Ev. Krankenhaus Herne, Herne 06/2008 ärztliche Prüfung; Note: 2,0 Berufliche Tätigkeit: Seit April 2009 Assistenzärztin, Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe, AugustaKranken-Anstalt Bochum Publikation: Wolfkühler, W., Majorek, K., Tas, C., Küper, C., Saimeh, N., Juckel, G. & Brüne, M. (2012) Emotion recognition in pictures of facial affect: Is there a difference between forensic and non-forensic patients with schizophrenia? Eur. J. Psychiat. 26 (2), 73-85