Jahresbericht 2013 Familienberatungszentrum Wolfsburg Familie & Erziehung Familienberatungszentrum Wolfsburg Bebelstr. 9 • 38440 Wolfsburg Tel.: 0 5361 / 275 931 3 • www.awo-bs.de Vorwort Das AWO – Familienberatungszentrum Wolfsburg ein Ort wo Menschen, rund um Familienplanung, Schwangerschaft, Geburt und Familienleben mit Kindern bis zum 3. Lebensjahr, Beratung, Begleitung, Unterstützung und Information erhalten. Eingeladen von diesem Angebot bringen die Interessierten und Ratsuchenden immer auch ein Stück ihrer Lebensgeschichte mit; lassen uns Beraterinnen teilhaben an ihren Zweifeln, Sorgen, Nöten ebenso wie an ihrem Mut, der Lebenskraft und Freude. Im Vorwort für uns deshalb erwähnenswert, da ein Jahresbericht durch die Fülle an statistischen Erhebungen, diese individuellen Einzel- und Familienbiografien und die damit verbundene Beratungsintensität und Prozessgestaltung, leicht in den Hintergrund rücken lässt. Wissend um dieses Phänomen, gaben wir dem Fachartikel „Wenn Babys ständig schreien“ im diesjährigen Jahresbericht einen größeren Raum. Dieser spiegelt beispielhaft die Vielfalt und Komplexität von Zusammenhängen und Herangehensweisen an Beratungsthemen in unserem Berufsalltag wieder. Wir möchten Ihnen mit dem Jahresbericht 2013 einen Ein- und Ausblick in Bestehendes und auch tendenziell Zukünftiges unserer Familienberatungsarbeit geben. Und auch wenn der Wind der Zeit uns manchmal rastlos vorwärts treibt, wünschen wir Ihnen Zeit zum Lesen und freuen uns gleichsam über Ihre Rückmeldungen oder Hinweise. Das Team des AWO-Familienberatungszentrums Mareen Fritzsche Kathrin Dziuba Inhalt Bilder eines Jahres ………………………………………………………………… 2 Erreichbarkeit ………………………………………………………………………. 4 Träger ……………………………………………………………………………….. 4 Leiter der Einrichtung ……………………………………………………………… 5 Mitarbeiterinnen ……………………………………………………………………. 5 Angebote im Familienberatungszentrum ……………………………………….. 6 Die Beratungsangebote in Zahlen ……………………………………………….. 7 Beratung im Klinikum Wolfsburg …………………………………………………. 9 Beratung im Familienberatungszentrum .……………………………………….. 12 Qualitätssicherung und –management ………………………………………….. 14 Fokus Klientenbibliothek ………………………………………………………….. 15 Fachartikel (siehe externes Dokument)………………………………………….. 16 Presseartikel (siehe externes Dokument) ………………………………………. 21 Bilder eines Jahres Die Seiten 2 und 3 enthalten einige Impressionen unseres Beratungszentrums. In der vorliegenden Onlineversion des Berichtes können die Bilder und Grafiken aufgrund zu großer Datenmenge leider nicht wiedergegeben werden. Kommen Sie stattdessen gern vorbei und machen Sie sich ein persönliches Bild. Wir freuen uns auf Ihren Besuch! 2 3 Erreichbarkeit Das AWO-Familienberatungszentrum ist montags bis donnerstags ab 08.00 und freitags ab 09.00 Uhr geöffnet. Beratungstermine sind bis in die Abendstunden hinein möglich, sie bedürfen einer vorherigen telefonischen Absprache. AWO Familienberatungszentrum Bebelstr. 9 38440 Wolfsburg Tel. 05361 / 27 59 31 3 Fax 05361 / 27 59 31 5 www.awo-bs.de [email protected] Seit Anfang 2013 besteht des Weiteren die Möglichkeit, die Mailberatungsfunktion der Familienberatungsstellen des AWO-Bezirksverbandes Braunschweig zu nutzen. Unter https://awo-braunschweig.beranet.info können Ratsuchende anonym und schnell einen ersten Kontakt zum Beratungszentrum aufnehmen. Die E-Mails werden auf einem separaten Server des Online-Portals „Beranet“ gespeichert, so dass eine höchstmögliche Datensicherheit gewährleistet ist. Träger AWO Bezirksverband Braunschweig Peterskamp 21 38108 Braunschweig Tel. 0531 / 39 08 -0 Fax 0531 / 39 08 - 108 www.awo-bs.de [email protected] 2 4 Leiter der Einrichtung Carsten Bromann Dipl. Psychologe Psychologischer Psychotherapeut (app.) Systemischer Paar- und Familientherapeut Familienmediator Mitarbeiterinnen . 5 Mareen Fritzsche Kathrin Dziuba Dipl. Sozialpädagogin Dipl. Pädagogin (Interkulturelle Pädagogik) Systemische Therapeutin i. A. Systemische Beraterin i. A. Angebote im Familienberatungszentrum Begleitung auf dem Weg zu einer persönlichen Entscheidung Begleitung nach einem Schwangerschaftsabbruch Auskunft zu familienfördernden Leistungen, Stiftungsanträge Unterstützung bei gesundheitlich, sozial oder psychisch herausfordernden Schwangerschaften Information über familienunterstützende Angebote in der Schwangerschaft und nach der Geburt Begleitung bei der Verarbeitung einer erlebten Fehl- oder Totgeburt Unterstützung bei der Frage, welche Bedeutung dem Kinderwunsch innewohnt ergänzende Beratung vor, während und nach Kinderwunschbehandlung ergänzende Beratung über Möglichkeiten und Grenzen einzelner Untersuchungen Schwangerschaftskonfliktberatung Sozialberatung Guter Hoffnung?! Schwangerschaft als Belastungsprobe Still geboren Sehnsucht nach einem Kind: Unerfüllter Kinderwunsch Pränataldiagnostik Begleitung nach auffälligen Untersuchungsergebnissen Unterstützung bei emotionalem Ungleichgewicht nach der Geburt Hilfestellung bei persönlichen und partnerschaftlichen Veränderungen in der ersten Zeit mit Kind Unterstützung von Eltern bei ständiger Erschöpfung, Unsicherheit und Ängsten im Kontakt mit dem Kind Beratung zu Signalen des Säuglings und zur Eltern-KindBindung Mutterglück in der Warteschleife: Seelische Schatten nach der Geburt Säuglings- und Kleinkindberatung (0 - 3 Jahre) AWOFamilienberatungszentrum 6 Die Beratungsangebote in Zahlen In aller Kürze: Gesamtdaten Anzahl der ratsuchenden Personen: 270 Anzahl der Beratungsfälle: 240 Im Jahr 2013 nahmen insgesamt 270 Frauen und Männer die Angebote des AWOFamilienberatungszentrums wahr. Diese Zahl und auch die folgenden Daten des Kapitels beziehen sich zum einen auf die Gespräche im Beratungszentrum und zum anderen auf die Beratungsarbeit im Klinikum Wolfsburg. Den Fragen und Anliegen der Ratsuchenden widmeten wir uns im Rahmen von Einzelgesprächen, Paar- oder Familienberatungen. 7 Alter der Ratsuchenden gesamt 1% 10% 27% 15% 14-17 Jahre (2) 18-26 Jahre (65) 27-34 Jahre (114) 35-39 Jahre (35) 40 Jahre und älter (24) 47% Diagramm 1: Alter der Ratsuchenden gesamt (Beratungszentrum und Beratung im Klinikum) 2013 (Fallanzahl gesamt: 240) Lebenssituation der Ratsuchenden gesamt 3% 2% während Schwangerschaft (69) 4% nach Schwangerschaft und Geburt (99) Säuglings- und Kleinkindberatung bis zum dritten Lebensjahr (50) Verlust des Kindes durch Fehloder Totgeburt (7) bislang kinderlos, mit Kinderwunsch (5) Schwangerschaftskonflikt (10) 29% 21% 41% Diagramm 2: Lebenssituation der Ratsuchenden gesamt (Beratungszentrum und Beratung im Klinikum) 2013 (Fallanzahl gesamt: 240) Die Mehrzahl an Beratungsanfragen erfolgte durch Frauen sowie Paare, die bereits Eltern geworden waren und sich im frühen Übergang in die Elternschaft befanden (s. Diagramm 2). Annähernd gleich sind Anfragen der Frauen und Familien, welche sich in der Zeit der Schwangerschaft befanden und derer während der ersten drei Lebensjahre ihres Kindes. Anhand der Zahlen ist ersichtlich, dass der Weg in die Beratungsstelle für Paare mit unerfülltem Kinderwunsch noch immer nicht leicht ist. Ebenso ist erkennbar, dass einige Familien, die den schmerzlichen Verlust ihres Kindes erleben mussten, sich in ihren ersten Schritten der Trauer beratend von uns begleiten ließen. Hervorstechend ist festzustellen, dass insbesondere Ratsuchende zwischen 27 und 34 Jahren unsere Beratungsangebote in Anspruch nahmen (siehe Diagramm 1). Das entspricht in etwa der Hälfte aller beratenden Frauen und Männer insgesamt. 8 Beratung im Klinikum Wolfsburg In aller Kürze: Beratung im Klinikum Anzahl der ratsuchenden Personen: 156 Anzahl der Beratungsfälle: 138 Die fest installierte, aufsuchende Arbeit im Klinikum Wolfsburg, welche seit Mai 2009 besteht, wurde auch in diesem Jahr regelmäßig fortgeführt. Innerhalb des AWO Familienberatungszentrums gab es diesbezüglich einen Mitarbeiterwechsel. Seit August 2013 sucht nun Mareen Fritzsche zwei Mal wöchentlich Patientinnen der Frauenklinik, sowie Eltern von Neugeborenen und Kleinkindern, die in der Kinderklinik behandelt werden, auf. Alle folgenden Prozentzahlen und Werte beziehen sich stets nur auf die von uns beratenen Personen und sind damit nicht repräsentativ für die Gesamtzahl. 9 Die häufigsten Beratungsanlässe im Klinikum Schwierigkeiten beim Schwangerschaftsverlauf (46) 7% Frühgeburt (41) 5% 19% Ängste während der Schwangerschaft (21) sozialrechtliche Fragen (51) 21% 17% med. Behandlung des Kindes (50) Ängste nach der Geburt (17) 22% 9% Probleme im familiären Umfeld (11) Diagramm 3: Die häufigsten Kontaktanlässe im Klinikum 2013 (Mehrfachnennungen möglich) Insbesondere Schwangerschaftsverläufe, die sich zu einer gesundheitlichen u. psychischen Belastungsprobe entwickelten, veranlassten die Frauen entlastende Gespräche durch uns anzunehmen. Thematisch waren diese häufig von Ängsten der werdenden Mütter geprägt. 10 Anlässe ergaben sich auch aufgrund der medizinischen Behandlung des Kindes, u. a. nach einer Frühgeburt. Die beratenden Eltern hatten überwiegend Kinder, die direkt nach der Geburt stationär versorgt worden waren. Im Jahr 2013 wurden insgesamt 156 Personen im Klinikum Wolfsburg beraten. 78% der Ratsuchenden waren Frauen. In der Mehrzahl der Fälle fand ein einmaliger längerer Gesprächskontakt statt, in 38% der Fälle folgten dem Kontakt weitere Gespräche (siehe Diagramm 4) Häufigkeit der Kontakte im Klinikum 1 Gespräch (105) 21% 2 Gespräche (21) 5% 3 Gespräche (9) 12% 62% 4 Gespräche u. mehr (35) Diagramm 4: Häufigkeit der Kontakte im Klinikum 2013 (Personenzahl gesamt: 156) Der Schwerpunkt unserer Arbeit liegt in der psychosozialen Beratung und Begleitung der Patientinnen sowie der Eltern von Säuglingen und Kleinkindern. Ergänzend kommt hier noch die Unterstützung bei alltagspraktischen Fragen zum tragen, welche sich durch den längeren Klinikaufenthalt stellen. Die Information über mögliche Haushaltshilfen oder eine Verweisung an weitere Fachkräfte, welche Eltern in der ersten Zeit nach der Geburt unterstützend zur Seite stehen (Hebammen, Wolfsburger „Familienbegleitung“, „wellcome“-Projekt, ElternKind-Kurse…) nehmen die Betroffenen gern an. Die Arbeit im Klinikum trägt aufsuchenden Charakter. Die Beraterin stellte sich sowie das Beratungsangebot vor, gratuliert ggf. zum Nachwuchs und spricht mit den Frauen und ihren Angehörigen über deren Wohlbefinden und dem des Kindes. Manchmal suchen schwangere Patientinnen oder junge Eltern das Gespräch von sich aus mit der Beraterin, oder sie 10 signalisieren eben zur Zeit keinen Bedarf zu haben. So fand im Jahr 2013 mit insgesamt 325 Familien ein „Kurzkontakt“ statt. Diesen Kurzkontakten folgten keine Fragen oder Anliegen von Seiten der Patientinnen, so dass diese in der o. g. Statistik nicht aufgeführt wurden. Kooperation kann nur gelingen, wenn beide Partner von der Sinnhaftigkeit der gemeinsamen Sache überzeugt sind. Ein herzliches Dankeschön… … allen Beschäftigten der Schwangeren- und Wochenstation (G4A) der Frauenklinik, der Frühgeborenen- und Kinderintensivstation (E7) der Kinderklinik, der Station für Kinder und Jugendliche/ Neu- und Frühgeborenenstation (E5) 11 der Kinderklinik, der Elternschule des Klinikums, und der Klinikseelsorge, da Sie diese Überzeugung mit uns teilen. Danke für das entgegengebrachte Vertrauen, die Offenheit und die freundliche Aufnahme der neuen Beraterin. Auf eine weiterhin gute Zusammenarbeit! Beratung im Familienberatungszentrum In aller Kürze: Beratung im Beratungszentrum Anzahl der ratsuchenden Personen: 114 Anzahl der Beratungsfälle: 102 Im Jahr 2013 suchten insgesamt 114 Frauen und Männer das Familienberatungszentrum auf. Sie wünschten entweder reine Sozialberatung, psychosoziale Beratung oder Schwangerschaftskonfliktberatung nach §§ 5 und 6 des Schwangerschaftskonfliktgesetzes. Alle weiteren Anfragen wurden an entsprechende andere Fachkräfte und Einrichtungen vermittelt. Thematisch ergibt sich eine bunte Vielfalt von verschiedenen angefragten Themen. Gemäß unseres Einrichtungsprofils konzentrieren wir uns an dieser Stelle auf die psychosoziale Beratung und den hierzu angefragten Themen (siehe Diagramm 5). Psychosoziale Beratung im Beratungszentrum nach Themen 12 unerfüllter Kinderwunsch 9% 10% Ängste in der Schwangerschaft 8% seelische Probleme nach der Geburt 7% 28% Fehl- und Totgeburt 10% 12% 16% Probleme im familiären Umfeld Partnerschaftskonflikte Säuglings- und Kleinkindberatung fehlendes soziales Netz/ Isolation Diagramm 5: Psychosoziale Beratungsthemen im Beratungszentrum 2013 nach Personen (Mehrfachnennungen möglich) Dabei können durchaus mehrere Beratungsanlässe in Kombination miteinander Bestandteil eines Gespräches sein. Häufig wurden Partnerschaftskonflikte oder Probleme im familiären Umfeld im Zusammenhang mit einem anderen Thema angesprochen, wie beispielsweise dem noch unerfüllten Kinderwunsch oder seelischen Problemen nach der Geburt. Häufigkeit der Kontakte im Beratungszentrum 2% 4% 1 Gespräch (57) 18% 2 Gespräche (30) 3-5 Gespräche (20) 50% 6-10 Gespräche (5) 26% mehr als 10 Gespräche (2) 13 Diagramm 6: Häufigkeit der Beratungskontakte im Beratungszentrum (Personenzahl gesamt: 114) Insgesamt die Hälfte aller Ratsuchenden nahm 2013 ein Gespräch in Anspruch (siehe Diagramm 6). 44% kamen zwei bis fünf Mal in die Beratung, um ihr Anliegen zu bearbeiten. In 2014 werden 17% aller Beratungsprozesse weitergeführt. Der Weg hin zum Familienberatungszentrum war für die ratsuchenden Frauen und Männer durchaus unterschiedlich: Zwei von zehn Anmeldungen erfolgten durch die Weitervermittlung niedergelassener Ärzte u. Ärztinnen, wobei das Engagement der Wolfsburger KinderärztInnen hierbei besonders hervorzuheben ist. Bereits stattgefundene Kontakte im Rahmen der Klinikarbeit sowie die Weitervermittlung durch andere Fachkräfte und Institutionen ebneten weiteren 20% den Weg ins Beratungszentrum. 16% unserer KlientInnen hatten bereits 2012 oder zuvor Beratung in Anspruch genommen und suchten 2013 erneut das Beratungszentrum auf. Als weitere Zugangswege sind insbesondere die gezielte Internetrecherche und die persönliche Weiterempfehlung durch Bekannte oder Freunde zu nennen. Qualitätssicherung und -management Um eine qualitative Sicherung und Weiterentwicklung unserer Beratung zu gewährleisten, bedienen wir uns verschiedener Elemente: • Qualitätsmanagement (QM): Strukturelle, inhaltliche und methodische Abläufe werden ständig reflektiert, weiterentwickelt und standardisiert. Angestrebt wird eine Tandemzertifizierung nach DIN ISO 9001:2008 und AWO-Qualitätskriterien der AWOFamilienberatungszentren in 2014. • Regelmäßige Supervision mit einem externen Supervisor • Intervisionen mit dem Leiter der Einrichtung sowie Kolleginnen aus den Beratungszentren Gifhorn und Wolfenbüttel, in welchen die eigene Arbeitsweise reflektiert wird. • Einrichtungsinterne Fachtage, die jeweils von einem Mitarbeiter/ einer Mitarbeiterin der AWO-Beratungs-zentren vorbereitet und durchgeführt wird. • Externe Fortbildungen der Beraterinnen zur Systemischen Beraterin und Systemischen Therapeutin sowie zu den Themen „Beratung bei unerfülltem Kinderwunsch“ und „Embryologie, Schwangerschaft und Eltern-Kind-Bindung“. • Teilnahme an Arbeitskreisen mit regionalen sozialen Diensten zu Themen der Frühen Hilfen, Kinderschutz, des Sozialrechtes, der Stadtteilarbeit und der Trauerbegleitung von Eltern, die eine Fehl- oder Totgeburt erleiden mussten. 14 Im Fokus: Klientenbibliothek 2013 fiel ebenfalls der Startschuss für unsere kleine Klientenbibliothek. Die Realisierung dieser Idee war uns schon seit längerer Zeit ein Anliegen: Einige unserer Fachbücher hatten wir bereits an interessierte Ratsuchende verliehen. Gern wollten wir diesen Etat an empfehlenswerten Medien erweitern und zentral aufbereiten, in einer extra eingerichteten kleinen Bibliothek in unserem Wartebereich. Durch AWOinterne finanzielle Mittel und auch eine Spende der VW AG konnten wir 2013 Mobiliar erstehen und unseren Grundstock an Büchern, Hörbüchern und Bilderbüchern erweitern. Thematisch orientieren sich die Medien an unseren Beratungsschwerpunkten und bieten interessierten Ratsuchenden unseres Beratungszentrums die Möglichkeit, sich zu Hause ergänzend und vertiefend mit einem speziellen Thema zu befassen. Neben Werken für Erwachsene stehen in der Bibliothek auch Bilderbücher für Kinder bereit. Unseren ersten Schritten in 2013 werden weitere folgen und wir freuen uns, unsere (noch) 15 kleine Bibliothek in den folgenden Jahren weiter aufstocken zu können. Fachartikel Wenn Babys ständig schreien Hintergründe, mögliche Erklärungsansätze und elterliche Unterstützungsmöglichkeiten am Beispiel des „Gestuften Tröstens“ „Warum schreist du denn schon wieder?“ Die letzte Schreiphase ist doch scheinbar gerade erst vorbei und hat eine gefühlte Ewigkeit gedauert. Die Eltern sind völlig erschöpft – und jetzt schreit ihr Kind schon wieder. Und es hört nicht auf. „Die Windel ist frisch, das Kind gerade ausreichend gestillt worden. Ist es vielleicht krank? Aber nein, der Kinderarzt hat doch gesagt, es ist alles in Ordnung. Die Schreierei geht ja auch schon wochenlang. Ist es vielleicht müde? Schließlich kommt es ja auch nachts nicht richtig in den Schlaf, schreckt immer wieder hoch, schläft lange nicht wieder ein. Was um Himmels willen machen wir denn falsch? Warum ist unser Kind so unglücklich?“ Auf ähnliche Weise äußern sich Eltern von viel schreienden Kindern. Was „viel schreien“ bedeutet, empfinden Eltern durchaus unterschiedlich: Was die einen sehr belastet und erschöpft, ist für die anderen noch gut zu bewältigen. Ein Blick auf statistische Daten lohnt an dieser Stelle, um sich Häufigkeiten im Schreiverhalten kleiner Kinder zu vergegenwärtigen. Am häufigsten schreien Kinder innerhalb ihrer ersten drei Lebensmonate, wobei in der sechsten Lebenswoche bei vielen Kindern ein „Schreihöhepunkt“ festgestellt werden kann (vgl. Largo 2012, S. 254 f.). Dabei sind es insbesondere die späten Nachmittags- und Abendstunden, die sich zu Schreistunden entwickeln und auch in der Nacht kommen viele kleine „Schreihälse“ nicht zur Ruhe: Häufig geht vermehrtes Schreien mit Einschlafproblemen und nur kurzen Schlafepisoden einher. Das Schreien setzt scheinbar ohne Vorwarnung ein und trifft die Eltern immer wieder völlig unvorbereitet. Sie nehmen im Vorfeld keinerlei Anhaltspunkte wahr, die auf ein Unwohlsein des Kindes hindeuten. Besonders herausfordernd wird es dann, wenn Eltern im Folgenden keinerlei Ursache für das plötzliche Schreien ausmachen können. Neben tiefer Erschöpfung und Hilflosigkeit machen sich Gefühle der Ohnmacht, Verzweiflung und des eigenen Versagens breit. „Denn wenn ich mein Kind nicht beruhigen kann, wenn es immer wieder weint, dann mache ich doch was falsch – oder?“ 16 Fakt ist jedoch: Kinder schreien unterschiedlich viel – auch bei den besten Eltern. Einige Kinder schreien drei Mal so viel wie andere, ohne dass die Gründe hierfür im elterlichen Verhalten festgemacht werden können (vgl. Largo 2012, S. 254 f.). Des Weiteren verweisen FachautorInnen darauf, dass Weinen und Schreien durchaus unspezifischer Natur sein können – wir Erwachsenen finden auf den ersten Blick keine konkrete Ursache, egal wie routiniert wir im Umgang mit kleinen Kindern auch sein mögen. Bei solch einem unspezifischen Schreien geht es folglich weniger um unmittelbare Bedürfnisse, die schnell und präzise von den Eltern erkannt und gestillt werden sollen. Vielmehr können unterschiedliche Erklärungsansätze für das unspezifische Schreien herangezogen werden. So kann häufiges Schreien auf Schwierigkeiten in der Verhaltensregulation zurückzuführen sein (vgl. Fries 2002, S. 34 f.). Hierbei hat so manches Baby in den ersten Lebensmonaten erhebliche Mühe. Es fällt ihnen schwer, ihren eigenen Rhythmus zu finden zwischen einer aktiven Zuwendung zur Umwelt (z. B. Kind fixiert Blick der Mutter; es greift nach einem angebotenen Spielzeug) 17 und einer Erholungsphase (z. B. Kind schläft; Kind liegt wach, aber zufrieden Entspannt und in sich ruhend: So wünschen sich Eltern ihr auf der Decke und lässt den Blick Baby. Doch was tun, wenn es ständig schreit? scheinbar ziellos schweifen). Kinder, die Schwierigkeiten mit dieser Anpassungsleistung haben, sind in der Regel schnell unruhig, überfordert und kommen auch nachts kaum zur Ruhe. Sie senden nur sehr wenige und sehr feine Signale, die dem Schreien vorausgehen und verdeutlichen, dass das Baby sich unwohl fühlt. Das Schreien „erwischt“ seine Eltern scheinbar ohne Vorwarnung. Eltern verhalten sich in solch einer Situation oft – unbewusst – kontraproduktiv. Das Schreien ihres Kindes beunruhigt die Eltern, sie versuchen im Folgenden auf verschiedenen Wegen, ihr Kind endlich zu beruhigen. Diese Beruhigungsversuche sind meist von einem schnellen Wechsel gekennzeichnet – je länger und schriller das Baby schreit, desto unruhiger und hektischer werden die Eltern und desto schneller wechseln sie die Beruhigungsstrategien. Von Mamas Arm geht es zu Papa in den Fliegergriff, vom Kinderwagen ins Bettchen, die Spieluhr wird eingeschaltet… Die Reaktionen der Eltern sind ganz menschlich und nachvollziehbar und doch wird die kindliche Unruhe hierdurch noch verstärkt. Das Schreien kann als Versuch des Kindes gewertet werden, sich gerade eben von einer Reizüberflutung zu entlasten. Wenn diese durch die elterlichen Reaktionen noch verstärkt wird, reagiert das Baby gereizter und unruhiger, was wiederum die Eltern zu mehr verzweifeltem Aktionismus bewegt – es entsteht ein wahrer Teufelskreis der Unruhe und der Übererregung. Was also tun? Ein möglicher Ansatz soll an dieser Stelle für Kinder, die sich leicht irritieren lassen und nur schwer einen entspannten Status erreichen, exemplarisch vorgestellt werden. Die folgenden Ausführungen sind entsprechend nicht für alle „schreierprobten“ Familien das Mittel der Wahl. So bieten sich gerade für Kinder, die vermehrt aus anderen Gründen als aufgrund von Anpassungsschwierigkeiten schreien, andere Interventionsmöglichkeiten an. Eine der zentralen Aufgaben in der Beratung besteht darin, mit den Eltern eine für sie und ihr Kind entsprechende passgenaue Unterstützungsmöglichkeit zu finden, zu erproben und zu reflektieren. Wie soeben dargestellt, verleitet das nicht enden wollende Schreien Eltern oft dazu, immer mehr auszuprobieren. Ein Gegenkonzept hierzu besteht im Modell des Gestuften Tröstens nach Fries (vgl. 2010, S. 55 ff.). Wir arbeiten mit dem Modell ab dem dritten oder vierten vollendeten Lebensmonat des Babys. Eltern entwickeln verschiedene Beruhigungsangebote für ihr Kind. Diese Angebote werden langsam und dosiert eingesetzt und erst nach einer bestimmten Zeit (z. B. ein bis zwei Minuten) durch ein anderes Angebot abgelöst. Die Herausforderung die Eltern für besteht hierin, Schritt für Schritt verschiedene Angebote konsequent Modell des „Gestuften Tröstens“ nach Fries, hier Auszug aus erstellten Fortbildungsmaterialien für DELFI-Kursleiterinnen einzuhalten und abzuwarten, auch wenn das Baby weiterschreit. Dem 18 Kind wird hierdurch die Zeit gegeben, die es braucht, um sich auf eine bestimmte Beruhigungsmöglichkeit einzustellen. Gemäß dem Motto: Weniger ist mehr! Wenn das Modell des Gestuften Tröstens als sinnvoll und ausprobierenswert empfunden wird, erarbeiten wir mit den Eltern verschiedene Beruhigungsangebote. Dies kann, wie das Schaubild exemplarisch zeigt, ein aufmerksamer Blickkontakt sein, verbunden mit einem liebevollen Halten und einem Lächeln. Sind ein bis zwei Minuten vergangen, ohne dass das Kind aufhört zu schreien, tritt Schritt 2 in Kraft: Die Körperhaltung der Mutter/ des Vaters wird beibehalten, das Kind wird geduldig und ruhig angesprochen. Schreit das Kind weiterhin, so folgt Schritt 3: Statt es anzusprechen, wird dem Kind nun die elterliche Hand auf die Brust gelegt usw. Die einzelnen Schritte werden wiederholt. Ziel des Gestuften Tröstens ist es, dass das Kind durch die gemachten wiederholten Erfahrungen immer schneller bzw. bei einem immer früheren Schritt zur Ruhe kommt. Kinder machen Tag für Tag neue Erfahrungen. Diese neuen Eindrücke versuchen sie mit bereits bekannten, vertrauten Erfahrungen zu verknüpfen, so dass für sie ein sinnvoller Zusammenhang entsteht. Erfahrungen werden dann vertraut, wenn sie stetig gemacht werden. Aus diesem Grund lieben Kinder Wiederholungen und feste Rituale: Sie bieten eine gewisse Vorerfahrung, was gleich passieren wird und Sicherheit (vgl. Fries 2002, S. 25). 19 Diesen Umstand macht sich das Gestufte Trösten zunutze. Welche Beruhigungsversuche unternommen werden, ist keineswegs willkürlich. Kinder mit Schwierigkeiten in der Verhaltensregulation fehlen meist noch Erfahrungen, was sie selbst tun können, um sich zu beruhigen. Solche Selbstberuhigungskompetenzen sind beispielsweise das „Ausklinken“ aus einer Interaktionseinheit mit der Mutter durch das selbständige Wegdrehen des Köpfchens, das Saugen an der eigenen Faust oder aber das Zusammennehmen der Füße und Hände in der Körpermitte. Die einzelnen Beruhigungsschritte der Eltern sind daraufhin ausgelegt, das Baby beim Entwickeln der Selbstregulationskompetenzen zu unterstützen. Dem Kind wird z. B. die eigene Faust zum Saugen angeboten, die Füße und Hände werden vorsichtig und liebevoll in der Körpermitte zusammengelegt. Jedoch bedeutet dies nicht, dass die Eltern sich schrittweise aus dem Beruhigungs- und Trostprozess zurückziehen und ihr Kind sich selbst und seinen eigenen Regulationsfähigkeiten überlassen. Die liebevolle Zuwendung ist beim Gestuften Trösten unabdingbar. Das Kind wird behutsam auf seinem Weg begleitet, hin zu der Erfahrung, dass es selbstständig immer besser sein Gleichgewicht zwischen Erkundung und Erholung finden kann. Wenn dies gelungen ist, gelangen Kinder meist zu sehr viel mehr Zufriedenheit und innerer Ausgeglichenheit. Entscheidend ist, den Eltern einen neuen Blick auf das emotionale Ungleichgewicht ihres Kindes zu eröffnen: Das Schreien bedeutet keineswegs „Ich will euch ärgern!“ oder aber „Ich lehne euch ab, ich fühle mich bei euch nicht wohl!“, sondern im Gegenteil „ Es ist etwas nicht in Ordnung, was ich allein nicht ändern kann. Ich brauche euch jetzt, um damit fertig zu werden!“.Vor diesem Hintergrund ist Schreien vielmehr als Stärke des Kindes zu sehen. Es deutet ganz vehement und unter großem Kraftaufwand darauf hin, dass es sich nicht wohl fühlt und fordert die Unterstützung seiner Bezugspersonen. Kinder, die viel schreien, haben auch viel Stärke und Kraft – und fordern diese auch von ihren Eltern. Selbst Kraft zu schöpfen und die eigenen Bedürfnisse ernst zu nehmen sind jedoch Dinge, die Eltern in solch einer akuten Stresssituation immer mehr aus den Augen verlieren. Unabdingbar ist es deswegen, in der Beratung nicht nur „am Kind“ zu arbeiten, sondern auch die Selbstfürsorge der Eltern wieder verstärkt in den Blick zu nehmen. Das Thema „Elterliche Selbstfürsorge“ verdient seine eigene ausführliche Auseinandersetzung. Die Erfahrung zeigt, dass solch eine Auseinandersetzung für manche Eltern schwieriger ist, als sich auf das Modell des Gestuften Tröstens einzulassen. Ständiges Schreien und die daraus resultierende Erschöpfung bei Eltern und Kind führt letztendlich auch dazu, dass freudige Momente zwischen Eltern und Kind häufig nicht mehr intensiv erlebt und genossen werden können. Dies ist umso bedauerlicher, als dass es gerade die innigen Kontakte voller Zuneigung sind, durch die Eltern und Kind wieder aufatmen. Ein lächelndes Baby, das mit sich und seiner Umgebung vollkommen zufrieden zu sein scheint, setzt in seinen Eltern viel Energie, Liebe und Zuversicht frei. Auch diese innigen, glückseligen Momente gibt es bei „Vielschreiern“ – nur werden sie leider durch die unruhigen Schreiphasen schnell überschattet. Diese kleinen Oasen der Entspannung wieder sichtbar zu machen, gehört ebenso zu unserer Aufgabe als Beraterin. Dann kann kontinuierlich mit den Eltern daran gearbeitet werden, dass aus einzelnen Oasen eine weite und fruchtbare Landschaft Verwendete Literatur: entstehen mag. Ein großes DANKESCHÖN allen Familien, die uns bislang an diesem Prozess haben teilnehmen lassen. Kathrin Dziuba Fries, Mauri (2002): Unser Baby schreit Tag und Nacht. Hilfen für erschöpfte Eltern. München/ Basel: Ernst Reinhardt. Fries, Mauri (2010): Wie ein Baby seine Welt entdeckt. Die Entwicklung Ihres Kindes verstehen und begleiten. Weinheim: Beltz. Largo, Remo H. (2010): Babyjahre. Entwicklung und Erziehung in den ersten vier Jahren.10. Auflage. München/ Zürich: Piper. 20 21