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AG Feldherpetologie und
Artenschutz
Einheimische Reptilien und Amphibien
Geburtshelferkröte
Roland Hemmpel · Donnerstag den 12. September 2013
Artensteckbrief Geburtshelferkröte (Alytes obstetricans)
Art:
Alytes obstetricans, Geburtshelferkröte
Unterart(en):
Alytes obstetricans obstetricans
Fauna-Flora Habitatrichtlinie:
FFH-Richtlinie (Anhang IV)
Rote Liste Status:
RL Deutschland (2009): gefährdet
GeburtshelferkröteGeburtshelferkröte
(Alytes
o .( A l y t e s
o.
obstetricans), adulteso b s t e t r i c a n s ) ,
Weibchen. Dörna,Männchen mit relativ
Thüringen,
frisch aufgenommener
Deutschland,
Eischnur. Dörna,
05.05.1993, Foto:T h ü r i n g e n ,
Andreas Nöllert
Deutschland,
05.05.1993, Foto:
Andreas Nöllert
RL BW (1999): stark gefährdet
RL BY (2003): vom Aussterben bedroht
RL HE (2010): stark gefährdet
RL HH (2004): ausgestorben
RL NI (1994): gefährdet
RL NW (2011): stark gefährdet
RL RP (1996): gefährdet
RL SH (2003): stark gefährdet
RL SL (2008): gefährdet
RL ST (2004): extrem selten
RL TH (2011): stark gefährdet
Beschreibung:
Geburtshelferkröte
(Alytes
o.
Die Geburtshelferkröte ist der einzige deutsche Vertreter der
obstetricans),
Gattung Alytes, die in ihrer Verbreitung auf West- und
Metamorphling mit
Mitteleuropa (mit einem kleinen Teilareal in Marokko)
noch nicht vollständig
beschränkt ist. Ihr graubrauner Körper mit kleinen runden
resorbiertem
Warzen und undeutlichen schwarzen Flecken wirkt mit einer
Larvenschwanz.
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Gesamtlänge zwischen drei und maximal fünfeinhalbDörna, Thüringen,
Zentimetern gedrungen. Der flache breite Kopf ist an derD e u t s c h l a n d ,
Schnauze zugespitzt und zeigt ein deutlich sichtbares05.06.1992, Foto:
Trommelfell, welches jedoch kleiner ist, als das Auge mit seinerAndreas Nöllert
goldfarbenden Iris und der senkrecht verlaufenden Pupille. Die
gekörnte Bauchseite ist weißlich bis grau gefärbt, wobei die
Extremitäten fleischfarben bis rötlich erscheinen. Die
Kehlregion ist häufig dunkel gefleckt. Die Geschlechter sind nur
sehr schwer zu unterscheiden (z.B. fehlen den Männchen
Schallblasen). Kurz vor Abgabe der Eier sind jedoch die
orangegelben Eier unter der Bauchdecke der Weibchen zu
erkennen.
Gesamtverbreitung:
Die Geburtshelferkröte ist eine überwiegend west- und südwesteuropäische Art, die in
Deutschland ihre nördliche und östliche Verbreitungsgrenze erreicht. Als atlantomediterrane Art kommt sie von Zentral-Portugal über Spanien, fast das komplette
Frankreich, die nordwestliche Schweiz, das südliche Belgien, die Südniederlande und
Luxemburg über Westdeutschland bis nach Thüringen vor. Auf den Britischen Inseln
fehlt die Art ebenso wie in Italien und Österreich. Während die Einwanderung über
das Saarland und Rheinland-Pfalz bis hin nach Thüringen über die Plateaus von
Frankreich erfolgte, wurde der Südschwarzwald vermutlich über die Nordschweiz
erreicht. Als typische Mittelgebirgsart ist sie in mittleren Höhen zwischen 200 und
1000 m ü. NN zu finden. Maximal dringt sie in den Pyrenäen bis auf 2400 m ü. NN
vor.
V e r b r e i t u n g s k a r t eVerbreitung national:
Geburtshelferkröte –
Die Art erreicht in Deutschland sowohl ihre nördliche als auch
Alytes obstetricans
östliche Verbreitungsgrenze. Hier ist sie eine Charakterart der
(Laurenti, 1768)
kollinen und montanen Höhenstufen sowie der
Mittelgebirgsränder (mit nur wenigen Ausnahmen von
Populationen im nordrhein-westfälischen Tiefland).
Entsprechend dieser scharf abgrenzbaren Verbreitungsgrenze,
die in dieser Ausprägung am ehesten noch beim Fadenmolch zu
finden ist, ist die Art auf die Kontinentale Biogeografische
Region beschränkt. Ihren Verbreitungsschwerpunkt besitzt die
Art im Saarland und in Rheinland-Pfalz. Zudem hat die Art in
dieser Region sowie auch im südlichen Baden-Württemberg
Anschluss an ihr Gesamtareal. Ihre nördliche
Verbreitungsgrenze erreicht die Art an den
Mittelgebirgsrändern in Nordrhein-Westfalen, dem südlichen
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Niedersachsen (Weser- und Leinebergland, Harz), SachsenAnhalts und des westlichen Thüringens. Darüber hinaus ist sie
im Südschwarzwald in Baden-Württemberg, in Nordhessen
sowie im äußersten Nordwesten Bayerns verbreitet.
Hier finden Sie den Verbreitungsatlas für alle einheimischen
Reptilien und Amphibien.
Lebensraum
d e rLebensräume:
Lebensraum
der
Geburtshelferkröte
Geburtshelferkröte
Primärlebensräume der Art wie
(Alytes
o.
(Alytes
o.
unverbaute und stark besonnte Flussobstetricans).
In
obstetricans).
In
und Bachufer der Berg- und Hügelländer
Kolken
des
Kolken
des
sind weitestgehend verschwunden.
Karstbaches im NSG
Karstbaches im NSG
Heutzutage entstehen nur noch äußerst
„Flachstal“ werden
„Flachstal“ werden
selten Primärlebensräume durch
die Larven abgesetzt
die Larven abgesetzt
Hangrutschungen und Erdfälle. In ihrer
und können dort
und können dort
Habitatausstattung ähneln Abgrabungen
durchaus zweimal
durchaus zweimal
(Steinbrüche, Kies- und Sandgruben) und
überwintern. Ammern
überwintern. Ammern
Industriebrachen, die durch Boden- und
bei
Mühlhausen,
bei
Mühlhausen,
Rohstoffabbau entstehen noch am
Thüringen,
Thüringen,
ehesten den natürlichen Lebensräumen
Deutschland,
Deutschland,
der Art. Dementsprechend eng ist die
27.04.2012, Foto:
27.04.2012, Foto:
Bindung der Geburtshelferkröte an diese
Andreas Nöllert
Andreas Nöllert
anthropogen
entstandenen
Sekundärlebensräume
der
Kulturlandschaften. Von entscheidender
Bedeutung ist eine räumliche Nähe von
Reproduktionsgewässer und Landhabitat
(meist weniger als 100 m), da die Art
keine saisonalen Wanderungen ausführt
und einen sehr kleinen Jahreslebensraum
besitzt. Als Reproduktionsgewässer
werden kleine und größere
Wasseransammlungen genutzt, z.B.
Feuerlöschteiche, Tümpel, Bäche oder
Gebirgsseen. Fließgewässer und deren
Nebengewässer dienen in montanen und
kollinen Bereichen der Fortpflanzung.
Landhabitate müssen vor allem
strukturreich, offen und sonnenexponiert
sein, schnell abtrocknende grabbare,
Feuchtigkeit speichernde Böden mit
hohem Steinanteil aufweisen und viele
Versteckmöglichkeiten bieten. Als Tagesund Winterquartiere können Erdhöhlen,
Steinhaufen,
Bruchsteinmauern,
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Gesteinsplatten und Holzstapel dienen.
Wie Beispiele aus der Eifel zeigen,
profitiert die Art eindeutig von der
Wiederansiedlung des Europäischen
Bibers (Castor fiber Linnaeus, 1758). So
werden die Biberteiche als
Reproduktionsgewässer
genutzt,
während durch das Fällen von Bäumen
an Hängen sonnige Primärhabitate für
die adulten Geburtshelferkröten
entstehen.
Lebensraum
d e rWissenswertes:
Geburtshelferkröte
Bekannt ist die Geburtshelferkröte (Alytes obstetricans) vor
(Alytes
o.
allem durch ihr Brutpflegeverhalten, wobei ein Männchen die
obstetricans).
Laichschnüre von einem oder mehreren Weibchen um die
Tongrube
bei
Fersengelenke gewickelt mit sich trägt. Früher dachte man,
Bollstedt, Thüringen,
dass die Männchen aktive „Geburtshilfe“ betreiben und die
Deutschland,
Laichschnüre aus dem Weibchen ziehen, woher auch ihr
01.08.2012, Foto:
deutscher Name stammt. Tatsächlich wird das Gelege jedoch
Andreas Nöllert
übergeben. Das brutfürsorgende Männchen benötigt sonnige
Hänge mit einem ausreichenden Lückensystem zur Entwicklung
der Eier. Wenn die Larven mit dem Schlupf beginnen und sich
in den Eiern ruckartig zu bewegen beginnen, begibt sich das
Männchen in ein Reproduktionsgewässer in dem die Larven
schlüpfen. Recht spät abgesetzte Larven überwintern
regelmäßig im Gewässer mit einer Gesamtlänge von neun bis
maximal elf Zentimetern.
Aufgrund ihrer versteckten Lebensweise und der Paarung an Land ist die Art
schwieriger zu Gesicht zu bekommen als die meisten anderen einheimischen
Amphibien. Dem Rechnung tragend erfolgt die Abschätzung der Populationsgröße
nach dem offiziellen Bewertungsschema des Bundesamtes für Naturschutz durch
abendliches Verhören rufender Tiere an fünf Begehungen von Ende April bis Ende
Juli. Der Ruf erinnert an ein technisches Piepsen oder auch helles Glockengeläut
(„Glockenfrosch“).
Gefährdung & Schutz:
Bundesweit gilt die Art als „gefährdet“, deren Bestände seit einiger Zeit sehr stark
rückläufig sind. So wird auch der Erhaltungszustand hinsichtlich des
Verbreitungsgebietes, des Bestands und der Habitatausstattung im letzten Nationalen
FFH-Bericht als „ungünstig – unzureichend“ bewertet. Auch werden die
Zukunftsaussichten als „unzureichend“ bewertet. Allein in Rheinland-Pfalz, einem
Bundesland in dem die Art, bezogen auf die Rasterfrequenz zwar relativ flächig
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vorkommt (TK25-Präsenz von 70,62%) sind bereits 38% der Vorkommen seit 1979
erloschen. An den Arealrändern, wie z.B. in Bayern sieht es ebenfalls dramatisch aus,
hier ist die Art unmittelbar „vom Aussterben bedroht“. Ihre Aufnahme in den Anhang
IV der FFH-Richtlinie weist die Geburtshelferkröte als streng geschützte, planerisch
relevante Art aus, etwa bei der Folgenutzung von Abbaugebieten. Die HauptRückgangsursachen sind:
●
●
●
●
●
●
●
●
●
Fischeinsatz in Gewässer aller Art
Verlust von Feuerlöschteichen, Flößteichen, Stauanlagen, Stauteichen & Mühlenweihern
aufgrund von Nutzungswandel in Industrie, Gewerbe und Versorgung
Sukzession der Landlebensräume
Mechanisierung der Ackerwirtschaft und Rückgang extensiver Weiden
Wegfall Wald öffnender Nutzungsweisen
Industrieller und zentralisierter Boden- und Tiefenabbau
Verfüllung von Gruben nach Beendigung des Abbaus
Versiegelung von Flächen und Gewässern in Siedlungen
Biozidbelastung von Gewässern
Zum effektiven Schutz der Geburtshelferkröte bedarf es spezieller aktiver
bundesweiter Artenschutzmaßnahmen. Artenschutzprogramme bestehen seit einigen
Jahren in Baden-Württemberg und Bayern. Da der bedeutendste Teil aller aktuellen
Vorkommen in Abbaustellen zu finden ist, zählen zu den vorangingen
Schutzmaßnahmen:
●
Kooperationen zwischen Rohstoff gewinnender Industrie und Naturschutzverbänden und
Naturschutzbehörden (Koexistenz von Abbau und Amphibien). Beispielhaft und
ermutigend ist in diesem Kontext das Projekt der Gesellschaft für Naturschutz und
Ornithologie in Rheinland-Pfalz (GNOR e.V.) und der Basalt-Actien-Gesellschat-Südwestdeutsche Hartsteinwerke (BAG)
Link
zu
dem
Projekt: http://www.basalt-lebensraeume.de/projekte/kooperationsprojekt-baggnor-ev/
Weitere Schutzmaßnahmen sind die Neuanlage und Wiederherstellung geeigneter
Laichgewässer und von Rohböden an Hängen, die Anlage von Steinriegeln, das
Freistellen von beschatteten Hängen in unmittelbarer Umgebung der Laichgewässer,
die Renaturierung von Bachabschnitten sowie ein Entfernen von Fischbesatz.
Literatur:
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20/2006: 5 – 10.
Text: Ulrich Schulte unter Mitarbeit von Norman Wagner
Dieser Beitrag wurde publiziert am Donnerstag den 12. September 2013 um 18:08
in der Kategorie: Artensteckbriefe Amphibien.
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