Leitfaden zu aktuellen Entwicklungen der IFRS mit Erläuterungen IFRS für die Praxis Juni 2012 Leitfaden für die neuen IFRS-Vorschriften ab 2012 Inhalt Auf einen Blick ........................................................................................................................ 2 A 1 Geänderte Standards ........................................................................................................ 5 Darstellung einzelner Posten des sonstigen Ergebnisses (OCI) – Änderung an IAS 1 ............................................................................................................................. 5 2 Bilanzierung latenter Steuern von als Finanzinvestition gehaltenen und zum beizulegenden Zeitwert bewerteten Immobilien – Änderung an IAS 12 ...................... 6 3 Leistungen an Arbeitnehmer – IAS 19 (überarbeitet 2011) ........................................... 8 4 Erstmalige Anwendung - Änderungen an IFRS 1 .......................................................... 11 4.1 Befreiungsregelung bei schwerwiegender Hochinflation und Beseitigung fester Anwendungszeitpunkte ........................................................................................ 11 4.1.1 Schwerwiegende Hochinflation ............................................................................... 11 4.1.2 Beseitigung fester Anwendungszeitpunkte .............................................................13 4.2 Darlehen der öffentlichen Hand .....................................................................................13 5 Saldierungsvorschriften und harmonisierte Angaben - Änderungen an IAS 32 und IFRS 7 .................................................................................................................. 15 6 Angaben zu Übertragungen finanzieller Vermögenswerte – Änderung an IFRS 7 ...............................................................................................................................16 B 1 2 3 4 5 Neue Standards .............................................................................................................. 18 Finanzinstrumente – IFRS 9 ......................................................................................... 18 Konzernabschlüsse – IFRS 10 ....................................................................................... 25 Gemeinsame Vereinbarungen – IFRS 11 ...................................................................... 27 Angaben zu Anteilen an anderen Unternehmen - IFRS 12 .......................................... 29 Bewertung zum beizulegenden Zeitwert – IFRS 13 ......................................................31 C 1 Neue Interpretation ....................................................................................................... 33 Kosten der Abraumbeseitigung während des Abbaubetriebes im Tagebau ............... 33 2 IFRS für die Praxis Juni 2012 Auf einen Blick Die vorliegende Publikation dient als Leitfaden für die Praxis bei der Anwendung neuer und geänderter International Financial Reporting Standards (IFRS) und deren Interpretationen, die erstmals im Geschäftsjahr 2012 anzuwenden sind. Derzeit arbeitet der International Accounting Standards Board (IASB) an zahlreichen wichtigen Projekten, die sich jedoch voraussichtlich erst auf Geschäftsjahre ab 2015 auswirken werden. Für das Geschäftsjahr 2012 gibt es hingegen nur relativ wenige verpflichtende Änderungen an Standards zu beachten. Allerdings können acht neue beziehungsweise geänderte Standards, die erst später verpflichtend werden, bereits freiwillig angewendet werden. Die vier in 2012 erstmals verpflichtend anzuwendenden Standardänderungen beinhalten: • Eine Änderung an IFRS 1 „Erstmalige Anwendung der International Financial Reporting Standards“, die sich mit einer Befreiungsregelung bei schwerwiegender Hochinflation befasst und einige im Standard enthaltene feste Anwendungszeitpunkte beseitigt. • Eine Änderung an IFRS 7 „Finanzinstrumente: Angaben“, die einige zusätzliche Angaben einführt, die für die Übertragung von finanziellen Vermögenswerten gelten. • Eine Änderung an IAS 1 „Darstellung des Abschlusses“, die den Ausweis der im sonstigen Ergebnis (other comprehensive income – OCI) in der Gesamtergebnisrechnung dargestellten Posten ändert. • Eine Änderung an IAS 12 „Ertragsteuern“, die eine Ausnahmeregelung zum bestehenden Grundsatz der Bemessung latenter Steueransprüche oder -schulden aus als Finanzinvestition gehaltenen Immobilien, welche zum beizulegenden Zeitwert bewertet werden, umfasst. Im Mai 2011 wurden fünf neue und überarbeitete Standards herausgegeben, die sich im Wesentlichen mit der Abgrenzung des Konsolidierungskreises beschäftigen. IFRS 10 „Konzernabschlüsse“ ändert die Definition von Beherrschung, IFRS 11 „Gemeinschaftliche Vereinbarungen“ reduziert die Anzahl gemeinsamer Vereinbarungen auf „gemeinschaftliche Tätigkeiten“ und „Gemeinschaftsunternehmen“ und untersagt die Anwendung der Quotenkonsolidierung. IFRS 12 „Angaben zu Beteiligungen an anderen Unternehmen“ vereint in einem Standard die für Beteiligungen an Tochtergesellschaften, assoziierten Unternehmen, gemeinschaftlichen Vereinbarungen, „Structured Entities“ und nicht konsolidierten „Structured Entities“ geltenden Angabepflichten. Als Teil dieser Überarbeitung des Konsolidierungsstandards ist IAS 27 (überarbeitet) jetzt nur mit Einzelabschlüssen befasst und IAS 28 (überarbeitet) beschäftigt sich mit der Bilanzierung von Gemeinschaftsunternehmen und assoziierten Unternehmen. Diese neuen Standards gelten verpflichtend ab dem 1. Jänner 2013. Sie können mit sofortiger Wirkung (vorbehaltlich der EU-Billigung für europäische Unternehmen), müssen jedoch alle zeitgleich angewandt werden. 3 IFRS für die Praxis Juni 2012 Zahlreiche IFRS schreiben vor, den beizulegenden Zeitwert von Vermögenswerten, Verbindlichkeiten oder eigenen Eigenkapitalinstrumenten zu bemessen beziehungsweise anzugeben. Die in diesen Standards enthaltenen Bewertungsvorschriften und Angaben zum beizulegenden Zeitwert sind in ihrer Zielsetzung nicht immer eindeutig. IFRS 13 „Bewertung zum beizulegenden Zeitwert“, veröffentlicht im Mai 2011, beschäftigt sich mit dieser Problematik. Der Standard definiert den Begriff "beizulegender Zeitwert" und legt einen einheitlichen Rahmen für die Bewertung zum beizulegenden Zeitwert fest. Zudem umfasst er neue Angabepflichten. Die neuen Vorschriften gelten in allen Fällen, in denen andere Standards die Fair-Value-Bewertung erfordern, mit Ausnahme von Standards, die ausdrücklich vom Anwendungsbereich des IFRS 13 ausgeschlossen sind. Die neuen Regelungen treten ab 1. Jänner 2013 in Kraft, dürfen jedoch (vorbehaltlich eines noch zu erfolgenden EU-Endorsement) mit sofortiger Wirkung angewendet werden. Der 2010 neu herausgegebene IFRS 9 „Finanzinstrumente“ umfasst Vorschriften zur Einstufung und Bewertung von finanziellen Vermögenswerten und finanziellen Verbindlichkeiten sowie zur Ausbuchung von Finanzinstrumenten. Der Standard wird laufend ergänzt, da der IASB verschiedene Phasen des Projekts zur Substitution von IAS 39 abwickelt. Der neu herausgegebene IFRS 9 gilt erstmals verpflichtend für Geschäftsjahre, die am oder nach dem 1. Jänner 2015 beginnen, darf jedoch (vorbehaltlich eines noch zu erfolgenden EU-Endorsement) freiwillig früher angewandt werden. 2011 wurde nur eine Interpretation veröffentlicht – IFRIC 20 „Kosten der Abraumbeseitigung während des Abbaubetriebes im Tagebau“. Die Interpretation legt Regelungen zur Bilanzierung von Abraumbeseitigungskosten in der Produktionsphase beim Tagebau fest und gilt für Geschäftsjahre, die am oder nach dem 1. Jänner 2013 beginnen. Sie darf jedoch freiwillig früher angewendet werden (vorbehaltlich eines noch zu erfolgenden EU-Endorsement). 4 IFRS für die Praxis Juni 2012 Standard von der EU übernommen frühere Anwendung Seite Änderungen an IFRS 1 „Erstmalige Anwendung der ausstehend International Financial Reporting Standards“ – Befreiungsregelung bei schwerwiegender Hochinflation und Beseitigung fester Anwendungszeitpunkte zulässig 11 Änderung an IFRS 7 „Finanzinstrumente: Angaben“ – Übertragung finanzieller Vermögenswerte zulässig 16 zulässig 6 ausstehend zulässig 5 IAS 19 (überarbeitet 2011) „Leistungen an Arbeitnehmer“ ausstehend zulässig 8 IAS 27 (überarbeitet 2011) „Einzelabschlüsse“ ausstehend zulässig IAS 28 (überarbeitet 2011) „Assoziierte Unternehmen und Gemeinschaftsunternehmen“ ausstehend zulässig Änderung an IFRS 1 „Erstmalige Anwendung der International Financial Reporting Standards“ – Darlehen der öffentlichen Hand ausstehend zulässig 13 Änderung an IFRS 7 „Finanzinstrumente: Angaben“ – Saldierung finanzieller Vermögenswerte und finanzieller Verbindlichkeiten ausstehend zulässig 15 IFRS 10 „Konzernabschlüsse“ ausstehend zulässig 25 IFRS 11 „Gemeinschaftliche Vereinbarungen“ ausstehend zulässig 27 IFRS 12 „Angaben zu Beteiligungen an anderen Unternehmen“ ausstehend zulässig 29 IFRS 13 „Bewertung zum beizulegenden Zeitwert“ ausstehend zulässig 31 IFRIC 20 „Kosten der Abraumbeseitigung während des Abbaubetriebes im Tagebau“ ausstehend zulässig 33 ausstehend zulässig 15 ausstehend zulässig 18 Ab 1. Juli 2011 geltende Änderungen ja Ab 1. Jänner 2012 geltende Änderungen Änderung an IAS 12 „Ertragsteuern“ – Bilanzierung latenter ausstehend Steuern auf als Finanzinvestition gehaltene Immobilien Ab 1. Juli 2012 geltende Änderungen Änderung an IAS 1 „Darstellung des Abschlusses“– Darstellung von Posten des sonstigen Ergebnisses (OCI) Ab 1. Jänner 2013 geltende Änderungen Ab 1. Jänner 2014 geltende Änderungen Änderung an IAS 32 „Finanzinstrumente: Darstellung“ – Saldierung finanzieller Vermögenswerte und finanzieller Verbindlichkeiten Ab 1. Jänner 2015 geltende Änderungen IFRS 9 „Finanzinstrumente“" – Einstufung finanzieller Vermögenswerte und finanzieller Verbindlichkeiten 5 IFRS für die Praxis Juni 2012 A Geänderte Standards 1 Darstellung einzelner Posten des sonstigen Ergebnisses (OCI) – Änderung an IAS 1 Der IASB hat eine Änderung an IAS 1 „Darstellung des Abschlusses“ herausgegeben, wonach der Ausweis der Posten im sonstigen Ergebnis innerhalb der Gesamtergebnisrechnung geändert wird. Ursprünglich hatte der IASB vorgeschlagen, dass alle Unternehmen sämtliche Ergebnisbestandteile (Gewinn/Verlust sowie sonstiges Ergebnis) in einer einzigen Gesamtergebnisrechnung darstellen müssen. Dieser Vorschlag wurde jedoch zurück gezogen. Somit ist es weiterhin zulässig, die beiden Ergebnisbestandteile in einer einzelnen oder in zwei aufeinander folgenden Aufstellungen darzustellen. Die aktuelle Änderung befasst sich nicht damit, welche Posten im sonstigen Ergebnis dargestellt werden müssen. Außerdem wurde das Wahlrecht, die einzelnen Posten des sonstigen Ergebnisses vor oder nach Steuern darzustellen, beibehalten. Zeitpunkt des Inkrafttretens Die Regelung ist erstmals in der ersten Berichtsperiode eines am 1. Juli 2012 oder danach beginnenden Geschäftsjahres anzuwenden. Eine frühere Anwendung ist zulässig. Status EU-Übernahme Die Regelung war zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieser Publikation noch nicht von der Europäischen Kommission übernommen. Mit einer Veröffentlichung wird derzeit noch für das zweite Quartal 2012 gerechnet. Wesentliche Vorschriften Gemäß der Änderung müssen Unternehmen die im sonstigen Ergebnis dargestellten Posten in zwei Kategorien unterteilen - in Abhängigkeit davon, ob sie in der Zukunft über die Gewinn- und Verlustrechnung gebucht werden (sog. Recycling) oder nicht. Posten, die nicht „recycled“ werden – wie beispielsweise Neubewertungsgewinne aus Sachanlagen – sind getrennt von Posten darzustellen, die zukünftig recycelt werden, wie zum Beispiel abgegrenzte Gewinne und Verluste aus der Absicherung von Zahlungsströmen. Werden die Posten des sonstigen Ergebnisses vor Steuern dargestellt, so müssen Unternehmen den zugehörigen Steuerbetrag getrennt nach den beiden Kategorien ausweisen. Der in IAS 1 für die Gesamtergebnisrechnung verwendete Begriff wurde in „Gewinn- und Verlustrechnung und sonstiges Ergebnis“ geändert. Nach IAS 1 ist es jedoch weiterhin zulässig, andere Bezeichnungen zu verwenden. 6 IFRS für die Praxis Juni 2012 Auswirkungen Alle Unternehmen, die Erfolgskomponenten im sonstigen Ergebnis darstellen, sind von der Änderung betroffen. Handlungsbedarf Die Geschäftsführung muss sicherstellen, dass die Berichtssysteme in der Lage sind, die Angaben zu erfassen, die zur Umsetzung der überarbeiteten Darstellung der Posten des sonstigen Ergebnisses erforderlich sind und diese Systeme, soweit erforderlich aktualisieren. 2 Bilanzierung latenter Steuern von als Finanzinvestition gehaltenen und zum beizulegenden Zeitwert bewerteten Immobilien – Änderung an IAS 12 Der IASB hat den Standard IAS 12 „Ertragsteuern“ um eine Ausnahme zur Bewertung latenter Steuerschulden oder latenter Steueransprüche aus zum beizulegenden Zeitwert bilanzierten, als Finanzinvestition gehaltenen Immobilien ergänzt. Zeitpunkt des Inkrafttretens Die Änderung ist erstmals in der ersten Berichtsperiode eines am 1. Jänner 2012 oder danach beginnenden Geschäftsjahres anzuwenden. Eine frühere Anwendung ist zulässig. Status EU-Übernahme Die Änderung war zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieser Publikation noch nicht von der Europäischen Kommission übernommen. Mit einer Übernahme wird derzeit für das dritte Quartal 2012 gerechnet. Sachverhalt Die aktuell gültige Fassung des IAS 12 verlangt die Berücksichtigung steuerlicher Konsequenzen bei der Bewertung latenter Steuerschulden oder latenter Steueransprüche, die sich nach Einschätzung der Unternehmensleitung aus der Realisierung des Buchwerts eines Vermögenswerts oder der Erfüllung einer Schuld ergeben. Die Unternehmensleitung hat dabei unter anderem einzuschätzen, ob ein Vermögenswert durch Nutzung, durch Verkauf oder durch Kombination beider Alternativen realisiert wird. Die jeweils unterschiedliche Einschätzung der Unternehmensleitung kann die Bewertung latenter Steuern zum Beispiel in solchen Fällen beeinflussen, in denen unterschiedliche Steuersätze oder unterschiedliche Bemessungsgrundlagen für Erträge aus der Nutzung beziehungsweise dem Verkauf gelten. Der IASB vertritt die Ansicht, dass es für Unternehmen, die als Finanzinvestition gehaltene Immobilien zum beizulegenden Zeitwert bewerten, manchmal schwierig oder nur subjektiv einzuschätzen ist, welcher Teil des Buchwerts aus den Mieteinnahmen (bei Nutzung) beziehungsweise aus Veräußerungserlösen erzielt werden kann – insbesondere dann, wenn zu einem bestimmten Stichtag kein konkreter Plan zur Veräußerung der Vermögenswerte vorliegt. 7 IFRS für die Praxis Juni 2012 Wesentliche Vorschriften Der IASB hat den Prinzipien des IAS 12 eine weitere Ausnahme hinzugefügt. Hierbei handelt es sich um die widerlegbare Vermutung, dass eine zum beizulegenden Zeitwert bewertete, als Finanzinvestition gehaltene Immobilie vollständig durch Veräußerung realisiert wird. Diese widerlegbare Vermutung gilt auch in den Fällen, in denen latente Steueransprüche oder latente Steuerschulden aus als Finanzinvestition gehaltenen Immobilien resultieren, die im Rahmen eines Unternehmenszusammenschlusses erworben wurden, wenn der Erwerber anschließend die Fair-Value-Methode zur Bewertung dieser als Finanzinvestition gehaltenen Immobilie verwendet. Die Vermutung der vollständigen Realisierung durch Verkauf ist widerlegt, wenn die als Finanzinvestition gehaltene Immobilie abgeschrieben werden kann (z. B. bei Gebäuden und im Rahmen von Leasingverhältnissen gehaltenen Grundstücken) und wenn sie innerhalb eines Geschäftsmodells gehalten wird, dessen Zweck es ist, alle wesentlichen wirtschaftlichen Vorteile aus der als Finanzinvestition gehaltenen Immobilie eher im Zeitablauf zu vereinnahmen und nicht durch Veräußerung. Die zuvor genannte Vermutung kann nicht widerlegt werden bei Grundbesitz, der als Finanzinvestition gehalten wird, da der Buchwert von Grundstücken nur durch Verkauf realisiert werden kann. Die Ergänzung integriert auch SIC 21 „Ertragsteuern – Realisierung von neubewerteten, nicht planmäßig abzuschreibenden Vermögenswerten“ in IAS 12. Gleichwohl schließt SIC 21 zum beizulegenden Zeitwert bilanzierte, als Finanzinvestition gehaltene Immobilien vom Anwendungsbereich aus. Die SIC 21-Erläuterungen wurden mit einbezogen, da der IASB davon ausgeht, dass diese Erläuterungen in einer Vielzahl von Fällen sinngemäß angewendet werden. Übergangsvorschriften Die Ergänzung tritt für Berichtsjahre, die am oder nach dem 1. Jänner 2012 beginnen, in Kraft. Die Unternehmensleitung kann sich optional auch zu einer frühzeitigen Anwendung der Ergänzung für Berichtsjahre entscheiden, die am 31. Dezember 2010 enden. Unternehmen haben die Änderungen in Übereinstimmung mit IAS 8 „Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden, Änderungen von Schätzungen und Fehler“ grundsätzlich rückwirkend anzuwenden. Auswirkungen Alle Unternehmen, die zum beizulegenden Zeitwert bilanzierte, als Finanzinvestition gehaltene Immobilien in Ländern halten, in denen keine Steuern auf Veräußerungsgewinne erhoben werden beziehungsweise die Steuersätze für Veräußerungsgewinne von den Steuersätzen für laufende Gewinne abweichen (z. B. Singapur, Neuseeland, Hong Kong und Südafrika), werden von der Änderung erheblich betroffen sein. Es ist davon auszugehen, dass die Ergänzung die latenten Steueransprüche und latenten Steuerschulden bei den betroffenen Unternehmen dieser Länder erheblich verringert. In Ländern, in denen keine Steuern auf Veräußerungsgewinne erhoben werden, bedeutet die Änderung auch, dass sich künftig aus Veränderungen des beizulegenden Zeitwerts von als Finanzinvestition gehaltenen Immobilien keine Auswirkung auf die Bilanzierung latenter Steuern ergeben wird. Bei einzelnen Unternehmen kann unter Umständen die Notwendigkeit entstehen, die Höhe des Ansatzes latenter Steueransprüche aufgrund von Änderungen bei der Passivierung von latenten Steuerschulden aus als Finanzinvestition gehaltenen Immobilien zu überprüfen. Handlungsbedarf Die Geschäftsleitung sollte sich bereits jetzt mit den Konsequenzen aus der Ergänzung des IAS 12 auf seine bestehenden latenten Steuerschulden und latenten Steueransprüche auseinandersetzen. 8 IFRS für die Praxis Juni 2012 3 Leistungen an Arbeitnehmer – IAS 19 (überarbeitet 2011) Sachverhalt Die überarbeitete Fassung des IAS 19 „Leistungen an Arbeitnehmer“ beinhaltet wesentliche Änderungen im Hinblick auf die Erfassung und Bewertung des Aufwands für leistungsorientierte Pensionspläne und von Leistungen aus Anlass der Beendigung des Arbeitsverhältnisses sowie auf die Angabepflichten zu Leistungen an Arbeitnehmer. Die Änderungen dürften die meisten Unternehmen betreffen, die IAS 19 anwenden. Sie können Änderungen an zahlreichen Ergebnisindikatoren bewirken und möglicherweise den Umfang der Anhangangaben wesentlich erhöhen. Zeitpunkt des Inkrafttretens IAS 19 (überarbeitet 2011) ist erstmals in der ersten Berichtsperiode eines am 1. Jänner 2013 oder danach beginnenden Geschäftsjahres anzuwenden. Eine frühere Anwendung ist zulässig. Der überarbeitete Standard ist rückwirkend in Übereinstimmung mit IAS 8 “Rechnungslegungsmethoden, Änderungen von rechnungslegungsbezogenen Schätzungen und Fehler“ anzuwenden, mit Ausnahme von • Änderungen des Buchwerts von Vermögenswerten, in dem Aufwand für Leistungen an Arbeitnehmer aktiviert worden ist sowie • Vergleichsangaben zur Sensitivitätsanalyse der leistungsorientierten Verpflichtung. Status EU-Übernahme Der überarbeitete Standard war zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieser Publikation noch nicht von der Europäischen Kommission übernommen. Mit einer Übernahme wird derzeit noch im zweiten Quartal 2012 gerechnet. Wesentliche Änderungen Erfassung versicherungsmathematischer Gewinne und Verluste (Umbewertungen; Remeasurements): „Versicherungsmathematische Gewinne und Verluste“ werden in „Umbewertungen“ umbenannt und sind sofort bei Entstehen im „sonstigen Ergebnis“ (OCI) zu erfassen. Die bisher zulässige Abgrenzung nach dem Korridoransatz und auch eine sofortige Erfassung im Gewinn beziehungsweise Verlust sind nicht mehr zulässig. Hierdurch erhöhen sich voraussichtlich die Volatilität in der Bilanz sowie diejenige des sonstigen Ergebnisses. Im sonstigen Ergebnis erfasste Umbewertungen werden auch in Folgeperioden nicht mehr „recycled“, das heißt nicht mehr erfolgswirksam erfasst. Bewertung des Pensionsaufwands: Der jährliche Aufwand für einen Leistungsplan, in dem Planvermögen vorliegt, wird künftig den Nettozinsaufwand oder -ertrag umfassen. Dieser wird in anderer Weise als in der Vergangenheit zu bestimmen sein. So wird nach den neuen Regelungen eine Verzinsung des leistungsorientierten Netto-Vermögens beziehungsweise der leistungsorientierten Netto-Verbindlichkeit vorgenommen. Da zwecks Ermittlung der Verzinsung dieser Nettogröße ein einziger Zinssatz verwendet wird, werden die bisher separat zu bestimmenden Größen „Zinsaufwand“ und „erwarteter Ertrag aus dem 9 IFRS für die Praxis Juni 2012 Planvermögen“ ersetzt. Die Definition des Zinssatzes, der für die Ermittlung des Nettozinsaufwands/–ertrags zu verwenden ist, bleibt gegenüber dem Zinssatz unverändert, der nach den bisherigen Regelungen für die Abzinsung des Verpflichtungsumfangs zu verwenden ist. Bei ihm handelt es sich um die Rendite auf hochwertige Unternehmensanleihen, sofern ein tiefer Markt für derartige Schuldverschreibungen besteht, andernfalls ist die Rendite auf Staatsanleihen heranzuziehen. Durch die Vorgabe dieses Zinssatzes für die Bestimmung des Nettozinsaufwands/-ertrags und den Wegfall des erwarteten Ertrags auf das Planvermögen wird sich künftig der Aufwand für leistungsorientierte Pläne, der in der Gewinn- und Verlustrechnung zu erfassen ist, für die meisten Unternehmen erhöhen. Erfassung von nachzuverrechnendem Dienstzeitaufwand/Plankürzungen: Im Falle einer Planänderung, die zu einer Veränderung der Leistungsverpflichtung führt, die auf Arbeitsleistung zurückliegender Perioden entfällt, entsteht sogenannter nachzuverrechnender Dienstzeitaufwand. Nach den gegenwärtigen Regelungen des IAS 19 ist dieser über den Zeitraum bis zur Unverfallbarkeit der Ansprüche verteilt zu erfassen. Nach den neuen Regelungen hingegen erfolgt die Erfassung in der Periode, in der die zugrundeliegende Planänderung stattfindet, es erfolgt also keine Verteilung mehr. Dies gilt künftig auch für Gewinne und Verluste aus Plankürzungen (Curtailments), die entgegen bisheriger Regelung nicht mehr gesondert behandelt werden, sondern mit zum nachzuverrechnenden Dienstzeitaufwand zählen. Unter den Begriff der Plankürzung fallen dabei künftig nur noch solche Planänderungen, durch die die Anzahl der Mitarbeiter eines Unternehmens wesentlich reduziert wird. Darstellung in der Gewinn- und Verlustrechnung: Durch die Vorgabe, dass Umbewertungen (siehe oben) stets im OCI zu erfassen sind, wird für Unternehmen, die bisher die Korridormethode angewendet oder eine Soforterfassung in der Gewinn- und Verlustrechnung vorgenommen haben, die Erfassung versicherungsmathematischer Gewinne und Verluste in der Gewinn- und Verlustrechnung künftig entfallen. Der leistungsorientierte Aufwand in der Gewinn- und Verlustrechnung gliedert sich nach den neuen Regelungen in (i) den Aufwand für die in der laufenden Periode erdienten Leistungen (laufender Dienstzeitaufwand) und Leistungsänderungen (nachzuverrechnender Dienstzeitaufwand, Abgeltungen und Plankürzungen) sowie (ii) den Netto-Finanzierungsaufwand oder -ertrag. Diese Aufgliederung kann in der Gewinn- und Verlustrechnung oder im Anhang erfolgen. Angabepflichten: Die Angabepflichten gemäß IAS 19 ergeben sich bisher im Wesentlichen aus einer Auflistung bestimmter Angaben, die im Einzelnen aufgezählt werden. Der geänderte IAS 19 hingegen gibt insbesondere die Zielsetzung der Angaben vor, die zu machen sind. So sollen die Charakteristika der Leistungspläne, die im Abschluss erfassten Beträge sowie die Risiken aus leistungsorientierten Plänen dargestellt und die Auswirkungen, die die leistungsorientierten Pläne auf die Zahlungsströme (Cashflows) des Unternehmens haben können, geschildert werden. Neben einzelnen spezifischen Angaben, die im geänderten IAS 19 vorgegeben werden, sind die Angabepflichten des einzelnen Unternehmens künftig primär aus der eingangs genannten grundlegenden Zielsetzung abzuleiten. Auch legt der geänderte IAS 19 zusätzliche Angabepflichten für Pläne mehrerer Arbeitgeber fest. 10 IFRS für die Praxis Juni 2012 Unterscheidung zwischen „kurzfristig fälligen“ und „sonstigen langfristigen“ Leistungen: Die Änderungen des IAS 19 enthalten eine Klarstellung des Inhaltes, dass sich die Kriterien für die Abgrenzung zwischen kurzfristig fälligen und langfristig fälligen Leistungen gemäß IAS 19 von den Kriterien für die Ausweisvorschriften gemäß IAS 1 unterscheiden. Die Klassifizierung einer Zusage gemäß IAS 19 beruht darauf, wann die Zahlung erwartet wird, nicht aber darauf, wann sie frühestmöglich eingefordert werden kann. Demzufolge ist es möglich, dass eine gemäß IAS 19 als langfristige Leistung klassifizierte und bewertete Verpflichtung in der Bilanz gemäß IAS 1 als kurzfristige Verbindlichkeit ausgewiesen werden muss. Behandlung von Kosten und Steuern aus Leistungsplänen für Arbeitnehmer: Steuern aus Leistungsplänen sind - abhängig von ihrer Art - entweder im Ertrag auf das Planvermögen oder in der Ermittlung der Verpflichtungen aus leistungsorientierten Plänen zu erfassen. Verwaltungskosten aus der Anlage von Planvermögen sind als Teil des Ertrags auf das Planvermögen zu erfassen. Sonstige Kosten der Verwaltung eines Leistungsplans sind in der Periode zu erfassen, in der sie entstehen. Dies sollte die Unterschiede reduzieren, die in der gegenwärtigen Praxis bestehen, könnte jedoch dazu führen, dass die Komplexität versicherungsmathematischer Berechnungen zunimmt. Leistungen aus Anlass der Beendigung des Arbeitsverhältnisses: Bei allen Leistungen an Arbeitnehmer, die noch an eine Verpflichtung zur Erbringung von Arbeitsleistungen in der Zukunft geknüpft sind, handelt es sich nicht um Leistungen aus Anlass der Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Dadurch verringert sich die Anzahl der Vereinbarungen, welche die Definition von „Leistungen aus Anlass der Beendigung des Arbeitsverhältnisses“ erfüllen. Eine Verbindlichkeit für eine Leistung aus Anlass der Beendigung des Arbeitsverhältnisses wird erfasst, wenn das Unternehmen sein Angebot zur Zahlung einer solchen Leistung nicht mehr zurückziehen kann oder wenn Kosten für eine Restrukturierung erfasst werden, mit der die Beendigung in einem Zusammenhang steht. Hierdurch mag die Erfassung freiwilliger Leistungen aus Anlass der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber den gegenwärtigen Regelungen zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen. Auswirkungen Die Änderungen werden sich auf die meisten Unternehmen auswirken, die IAS 19 anwenden. Sie können sich auf zahlreiche Ergebniskennziffern, unter anderem EBITDA, Ergebnis je Anteil (EPS) sowie auf Bilanzkennzahlen wesentlich auswirken. Außerdem erhöhen sie möglicherweise den Umfang der Anhangangaben erheblich. Handlungsbedarf Die Unternehmensleitung sollte die Auswirkungen des überarbeiteten Standards für ihr Unternehmen abschätzen, insbesondere etwaige Änderungen im Ausweis und bei der Klassifizierung von Zusagen. Die Geschäftsführung sollte die Auswirkung der Änderungen auf etwaige bestehende Zusagen an Arbeitnehmer analysieren und abwägen, ob zusätzliche Prozesse für die Zusammenstellung der Angaben nach den neuen Angabepflichten aufgesetzt werden müssen. Außerdem sollte die Möglichkeit der vorzeitigen Anwendung der Änderungen in Betracht gezogen werden. Hierbei sollte die Unternehmensleitung potentielle Auswirkungen der Änderungen auf wichtige Ergebniskennziffern bedenken und abwägen, wie Analysten und andere Abschlussadressaten über diese Auswirkungen informiert werden sollten. 11 IFRS für die Praxis Juni 2012 4 Erstmalige Anwendung - Änderungen an IFRS 1 4.1 Befreiungsregelung bei schwerwiegender Hochinflation und Beseitigung fester Anwendungszeitpunkte Im Dezember 2010 wurden vom IASB zwei Änderungen an IFRS 1 „Erstmalige Anwendung der International Financial Reporting Standards“ veröffentlicht: • eine Befreiungsregelung bei schwerwiegender Hochinflation und • die Beseitigung fester Anwendungszeitpunkte. Zeitpunkt des Inkrafttretens Die Neuregelungen sind erstmals in der ersten Berichtsperiode eines am 1. Juli 2011 oder danach beginnenden Geschäftsjahres anzuwenden. Eine frühere Anwendung ist zulässig. Status EU-Übernahme Die Neuregelung war zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieser Publikation noch nicht von der Europäischen Kommission übernommen. Mit einer Übernahme wird derzeit für das dritte Quartal 2012 gerechnet. 4.1.1 Schwerwiegende Hochinflation Sachverhalt Die Änderung begründet eine zusätzliche Befreiungsregelung für Unternehmen, die einer schwerwiegenden Hochinflation ausgesetzt waren und danach die Darstellung IFRS-konformer Abschlüsse wieder aufnehmen beziehungsweise erstmalig IFRSkonforme Abschlüsse aufstellen. Die Befreiungsregelung gestattet die Bewertung verschiedener Vermögenswerte und Verbindlichkeiten zum beizulegenden Zeitwert und die Verwendung dieses beizulegenden Zeitwerts als Ersatz für die Anschaffungs- oder Herstellungskosten (deemed cost) in der IFRS-Eröffnungsbilanz. Ein Unternehmen ist möglicherweise über einen bestimmten Zeitraum nicht in der Lage, IFRS-konforme Abschlüsse aufzustellen, da es aufgrund schwerwiegender Hochinflation die Regelungen des IAS 29 „Rechnungslegung in Hochinflationsländern“ nicht anwenden kann. Die Befreiungsregelung kommt zur Anwendung, sobald das Unternehmen (wieder) in der Lage ist, IFRS-konforme Abschlüsse aufzustellen. Wesentliche Vorschriften Gemäß der Änderung an IFRS 1 ist die Währung eines Landes mit hochinflationärer Entwicklung einer schwerwiegenden Hochinflation ausgesetzt, wenn • kein verlässlicher und allgemeiner Preisindex für Unternehmen mit Transaktionen oder Beständen in dieser Währung verfügbar ist und • ein Austausch zwischen dieser Währung und einer anderen relativ stabilen Fremdwährung nicht möglich ist. Die Phase schwerwiegender Hochinflation endet zum Zeitpunkt der Normalisierung der funktionalen Währung, das heißt, sobald • eine der beiden oben angeführten Voraussetzungen nicht mehr besteht oder • sich die funktionale Währung des Erstanwenders in eine Währung ändert, die nicht von einer schwerwiegenden Hochinflation geprägt ist. 12 IFRS für die Praxis Juni 2012 Die Befreiungsregelung gilt sowohl für Unternehmen, die einer schwerwiegenden Hochinflation ausgesetzt waren und die IFRS erstmalig anwenden, als auch für Unternehmen, die bereits vor der Phase der schwerwiegenden Hochinflation IFRS angewandt hatten. Findet der Übergang auf IFRS am beziehungsweise nach dem Zeitpunkt der Normalisierung der funktionalen Währung eines Unternehmens statt, dürfen die vor diesem Zeitpunkt erworbenen Vermögenswerte und Verbindlichkeiten zum beizulegenden Zeitwert bewertet und dieser beizulegende Zeitwert in der IFRSEröffnungsbilanz als Ersatz für die Anschaffungs- oder Herstellungskosten verwendet werden. IFRS 1 definiert den Zeitpunkt des Übergangs auf IFRS als Beginn der frühesten Periode, für die vollständige Vergleichsinformationen nach IFRS im erstmaligen IFRS-Abschluss veröffentlicht werden. Liegt der Zeitpunkt der Normalisierung der funktionalen Währung innerhalb der Vergleichsperiode, so kann diese weniger als 12 Monate betragen, unter der Voraussetzung, dass für diesen kürzeren Zeitraum ein vollständiger Abschluss (wie gemäß IAS 1 verlangt) vorgelegt wird. In Perioden schwerwiegender Hochinflation vor dem Zeitpunkt des Übergangs auf IFRS kann ein Unternehmen die IFRS nicht anwenden, so dass Vergleichsinformationen für diese Perioden nicht in Übereinstimmung mit IFRS aufgestellt werden können. Es sollte daher überprüft werden, ob die Offenlegung von Vergleichsinformationen, die nicht in Übereinstimmung mit IFRS aufgestellt wurden, sowie von zusammenfassenden historischen Informationen gemäß IFRS 1 nützliche Informationen für die Abschlussadressaten sein können. Ein Unternehmen, das die neue Befreiungsregelung anwendet, hat den Übergang auf IFRS zu erläutern sowie Angaben darüber zu machen, wie und warum die funktionale Währung des Unternehmens nicht länger einer schwerwiegenden Hochinflation unterliegt. Auswirkungen Die Änderung wird voraussichtlich nur geringe Auswirkungen haben, da sie nur solche Unternehmen betrifft, deren funktionale Währung einer schwerwiegenden hochinflationären Entwicklung ausgesetzt war. Bis Anfang 2009 galt die Wirtschaft in Simbabwe als starker Hochinflation ausgesetzt; zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieser Publikation ist es unwahrscheinlich, dass andere Länder betroffen sind. Die Änderung ändert oder ergänzt nicht die nach IFRS 1 bestehenden zusätzlichen Befreiungsregelungen für ein berichterstattendes Unternehmen, welches ein Unternehmen, das schwerwiegender Hochinflation unterliegt, beherrscht, gemeinschaftlich führt oder hierauf einen wesentlichen Einfluss ausübt, außer es handelt sich bei dem berichterstattenden Unternehmen ebenfalls um einen Erstanwender. Handlungsbedarf Unternehmen in Simbabwe und Erstanwender mit Beteiligungen in Simbabwe sollten • den Zeitpunkt der Normalisierung ihrer funktionalen Währung, • den vorgesehenen Zeitpunkt des Übergangs auf IFRS sowie • die Vermögenswerte und Verbindlichkeiten überprüfen, die sie bei Übergang auf IFRS zum beizulegenden Zeitwert bewerten möchten. Darüber hinaus ist zu ermitteln, ob die Vergleichsperiode für einen kürzeren Zeitraum als 12 Monate dargestellt werden wird. 13 IFRS für die Praxis Juni 2012 4.1.2 Beseitigung fester Anwendungszeitpunkte Sachverhalt IFRS 1 wurde geändert, um Verweise auf feststehende Stichtage für eine Ausnahme- und eine Befreiungsregelung, die beide finanzielle Vermögenswerte und finanzielle Verbindlichkeiten betreffen, zu eliminieren. Die erste Änderung verlangt von Erstanwendern, die Ausbuchungsvorschriften nach IFRS prospektiv ab dem Zeitpunkt des Übergangs auf IFRS statt ab dem 1. Jänner 2004 anzuwenden. Die zweite Änderung bezieht sich auf finanzielle Vermögenswerte oder finanzielle Verbindlichkeiten, die bei Ersterfassung zum beizulegenden Zeitwert bewertet werden, sofern der beizulegende Zeitwert infolge eines fehlenden aktiven Markts mittels Bewertungstechniken ermittelt wird. Durch die Änderung dürfen die in IAS 39 AG76 und IAS 39 AG76A enthaltenen Regelungen statt ab 25. Oktober 2002 oder 1. Jänner 2004 prospektiv ab dem Zeitpunkt des Übergangs auf IFRS angewandt werden. Das bedeutet, dass Erstanwender den beizulegenden Zeitwert von finanziellen Vermögenswerten und finanziellen Verbindlichkeiten für Perioden vor dem Zeitpunkt des Übergangs auf IFRS nicht ermitteln müssen. IFRS 9 wurde ebenfalls geändert, um diese Änderungen zu berücksichtigen. Auswirkungen Unternehmen, die finanzielle Vermögenswerte oder Verbindlichkeiten vor dem Zeitpunkt des Übergangs auf IFRS ausgebucht hatten, müssen die Ausbuchungsvorschriften - als verpflichtende Ausnahmeregelung - ab dem Zeitpunkt des Übergangs auf IFRS anwenden. Die zweite Änderung ist nur für diejenigen Unternehmen maßgeblich, die die Befreiungsregelung im Hinblick auf durch Bewertungstechniken ermittelte beizulegende Zeitwerte freiwillig anwenden. 4.2 Darlehen der öffentlichen Hand IFRS 1 „Erstmalige Anwendung der International Reporting Standards“ wurde geändert, um IFRS-Erstanwendern die gleichen Erleichterungen in Bezug auf die Bilanzierung von Darlehen der öffentlichen Hand wie bestehenden Anwendern zu geben. Gemäß einer neu in IFRS 1 eingefügten Ausnahmeregelung zur grundsätzlich bestehenden Vorschrift der retrospektiven Anwendung der IFRS durch Erstanwender, haben Erstanwender die Vorschriften von IFRS 9 „Finanzinstrumente“ und IAS 20 „Bilanzierung und Darstellung von Zuwendungen der öffentlichen Hand“ grundsätzlich prospektiv auf Darlehen der öffentlichen Hand, die zum Zeitpunkt des Übergangs auf IFRS bestanden, anzuwenden. Zeitpunkt des Inkrafttretens Für Berichtsperioden eines Geschäftsjahres, die am beziehungsweise nach dem 1. Jänner 2013 beginnen. Eine frühere Anwendung ist zulässig. Status EU-Übernahme Die Änderung war zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieser Publikation noch nicht von der Europäischen Kommission übernommen. Mit einer Übernahme wird derzeit für das 4. Quartal 2012 gerechnet. 14 IFRS für die Praxis Juni 2012 Sachverhalt Die Änderung passt die Vorschriften des IFRS 1 an die Vorschriften des IAS 20 (nach Überarbeitung 2008) an. Dieser besagt, dass öffentliche Darlehen, die zu einem unter dem Marktzins liegenden Zinssatz gewährt werden, zwingend mit ihrem beizulegenden Zeitwert zu bewerten sind. Eine Übergangsregelung gestattete IFRS-Anwendern eine prospektive Anwendung dieser Bewertungsvorschrift. Da eine entsprechende Übergangsvorschrift für IFRS-Erstanwender bislang fehlte, waren diese, aufgrund der allgemeinen IFRS 1-Vorschrift zur vollumfänglichen retrospektiven Anwendung aller IFRS zum Zeitpunkt des Übergangs, verpflichtet, für im Übergangszeitpunkt bestehende öffentliche Darlehen gegebenenfalls beizulegende Zeitwerte rückwirkend zu bestimmen. Durch die Änderung des IFRS 1 wurde nunmehr eine neue Ausnahmeregelung in den Standard aufgenommen, wonach IFRSErstanwender bei Übergang auf IFRS den auf Basis der bisherigen Rechnungslegungsvorschriften ermittelten Buchwert derartiger Darlehen für die IFRSEröffnungsbilanz zugrunde legen dürfen. Die Ausnahmeregelung gilt jedoch ausschließlich für Ansatz und Bewertung. Die Vorschriften von IAS 32 "Finanzinstrumente: Darstellung" sind weiterhin heranzuziehen, um zu bestimmen, ob Darlehen der öffentlichen Hand als Eigenkapital oder als finanzielle Verbindlichkeit einzustufen sind. Auswirkungen Die Änderung betrifft IFRS-Erstanwender mit unterverzinslichen Darlehen der öffentlichen Hand. Handlungsbedarf • Erstanwender haben alle Darlehen der öffentlichen Hand in Übereinstimmung mit IAS 32 als finanzielle Verbindlichkeit oder Eigenkapitalinstrument einstufen. Die Vorschriften von IFRS 9 und IAS 20 sind prospektiv auf Darlehen der öffentlichen Hand anzuwenden, die zum Zeitpunkt des Übergangs auf IFRS bestehen. Bestehende Vorteile aus unterverzinslichen Darlehen der öffentlichen Hand (Zinssatz liegt unter dem Marktzinssatz) werden somit nicht als Darlehen der öffentlichen Hand erfasst. • Die Vorschriften von IFRS 9 und IAS 20 dürfen wahlweise rückwirkend auf einzelne Darlehen der öffentlichen Hand angewandt werden, die vor dem Zeitpunkt des Übergangs auf IFRS gewährt wurden, sofern Informationen über deren beizulegende Zeitwerte bereits zum Zeitpunkt ihrer erstmaligen Bilanzierung erhoben wurden. • Die Befreiungsregelungen gemäß IFRS 1.D19 - D19D im Hinblick auf die Einstufung früher erfolgswirksam zum beizulegenden Zeitwert erfasster Finanzinstrumente darf in Verbindung mit der Ausnahmeregelung für Darlehen der öffentlichen Hand angewandt werden. 15 IFRS für die Praxis Juni 2012 5 Saldierungsvorschriften und harmonisierte Angaben - Änderungen an IAS 32 und IFRS 7 Die Änderung der Anwendungsrichtlinie (Application Guidance) des IAS 32 „Finanzinstrumente: Darstellung“ bewirkt eine Klarstellung einiger Vorschriften zur Saldierung von finanziellen Vermögenswerten und finanziellen Verbindlichkeiten in der Bilanz. Die leicht angepassten Saldierungsregeln unterscheiden sich jedoch weiterhin von den in den USA allgemein anerkannten Rechnungslegungsvorschriften (US-GAAP). Aus diesem Grund hat der IASB auch eine Änderung an IFRS 7 „Finanzinstrumente: Angaben“ vorgenommen, um die gemeinsam mit dem FASB ausgearbeiteten erweiterten Anhangangaben zu Saldierungsvorgängen zu integrieren. Durch diese neuen Angaben soll der Vergleich zwischen Unternehmen, die IFRS-konforme Abschlüsse aufstellen mit denjenigen erleichtert werden, die in Übereinstimmung mit US-GAAP bilanzieren. Zeitpunkt des Inkrafttretens • IFRS 7: Die Neuregelungen sind erstmals in der ersten Berichtsperiode eines am oder nach dem 1. Jänner 2013 beginnenden Geschäftsjahres, rückwirkend anzuwenden. Eine frühere Anwendung ist zulässig. • IAS 32: Die Neuregelungen sind erstmals in der ersten Berichtsperiode eines am oder nach dem 1. Jänner 2014 beginnenden Geschäftsjahres rückwirkend anzuwenden. Eine frühere Anwendung ist zulässig Status EU-Übernahme Die Änderung war zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieser Publikation Drucklegung noch nicht von der Europäischen Kommission übernommen. Mit einer Übernahme wird derzeit für das 4. Quartal 2012 gerechnet. Sachverhalt Die Änderungen behalten das derzeit gemäß IAS 32 geltende Saldierungsmodell bei, wonach ein Unternehmen einen finanziellen Vermögenswert in der Bilanz nur gegen eine finanzielle Verbindlichkeit aufrechnen darf, wenn gegenwärtig ein durchsetzbarer Rechtsanspruch auf Saldierung vorliegt und zudem die Absicht besteht, den Vermögenswert und die Verbindlichkeit saldiert zu erfüllen oder beide Bilanzposten simultan abzuwickeln. Die Änderungen stellen klar, dass der Anspruch auf Saldierung gegenwärtig bestehen muss – das heißt, dass dieser Anspruch nicht von einem Ereignis in der Zukunft abhängig sein darf. Außerdem muss der Anspruch für alle Kontrahenten im gewöhnlichen Geschäftsverlauf, bei Ausfall, Insolvenz oder Zahlungsunfähigkeit rechtlich durchsetzbar sein. Die Änderungen klären darüber hinaus, dass Bruttoaufrechnungsmechanismen (wie beispielsweise über Clearing-Stellen), die sowohl i) Kredit- und Liquiditätsrisiken eliminieren als auch ii) Forderungen und Verbindlichkeiten in einem einzigen Abrechnungsprozess verarbeiten, der Nettoaufrechnung gleichzusetzen sind; sie würden demzufolge das IAS 32-Kriterium erfüllen. Aufrechnungsvereinbarungen, bei denen der rechtlich durchsetzbare Anspruch vom Eintritt eines Ereignisses in der Zukunft abhängt, wie beispielsweise dem Ausfall der Gegenpartei, erfüllen die Saldierungsvorschriften weiterhin nicht. 16 IFRS für die Praxis Juni 2012 Angaben Die Änderungen verlangen umfangreichere Angaben als sie gegenwärtig nach IFRS und US-GAAP erforderlich sind. Die Angaben beinhalten insbesondere quantitative Informationen zu erfassten Finanzinstrumenten, die in der Bilanz gegeneinander aufgerechnet wurden sowie zu Finanzinstrumenten, die Aufrechnungsvereinbarungen unterliegen, ungeachtet dessen, ob sie verrechnet wurden oder nicht. Auswirkungen Die Änderungen betreffen grundsätzlich alle Unternehmen, die Finanzinstrumente halten, die den Saldierungsvorschriften unterliegen. Insbesondere für Finanzinstitute dürfte jedoch die Bereitstellung der zusätzlichen Anhangangaben einen erheblichen Mehraufwand bedeuten. Handlungsbedarf Die Unternehmen sollten bereits jetzt damit beginnen, die erforderlichen Informationen zur Erfüllung der neuen Angabepflichten zu eruieren. Darüber hinaus gilt es, bestehende Verträge und Bilanzierungsmethoden dahingehend zu untersuchen, ob sich durch die in IAS 32 eingefügten Klarstellungen Änderungen im Hinblick auf die in der Bilanz zu verrechnenden Beträge ergeben. Möglicherweise kann sich auch eine Zusammenarbeit mit Clearing-Stellen als erforderlich erweisen, um festzustellen, ob die praktizierten Aufrechnungsverfahren im Einklang mit den neuen Vorschriften stehen. 6 Angaben zu Übertragungen finanzieller Vermögenswerte – Änderung an IFRS 7 Der IASB hat am 8. Oktober 2010 eine Änderung an IFRS 7 herausgegeben, die zu zusätzlichen Angaben im Falle der Übertragung finanzieller Vermögenswerte führt. Zeitpunkt des Inkrafttretens IFRS 7: Die Neuregelung ist erstmals in der ersten Berichtsperiode eines am oder nach dem 1. Juli 2011 beginnenden Geschäftsjahres, anzuwenden. Im Jahr der Erstanwendung sind keine Vergleichsangaben erforderlich. Status EU-Übernahme Am 23. November 2011 von der Europäischen Kommission übernommen. Vorschriften Die neuen Angabepflichten gelten für übertragene finanzielle Vermögenswerte. Ein finanzieller Vermögenswert gilt als übertragen, wenn die vertraglichen Ansprüche zur Vereinnahmung von Zahlungsflüssen aus dem Vermögenswert an eine andere Partei übertragen werden, beispielsweise bei rechtsmäßigem Verkauf einer Anleihe. Alternativ findet eine Übertragung statt, wenn die vertraglichen Rechte am finanziellen Vermögenswert zurückbehalten, jedoch die vertragliche Verpflichtung übernommen wird, die Zahlungsflüsse aus dem Vermögenswert an einen Dritten weiterzuleiten (sog. Durchleitungsvereinbarung). IFRS für die Praxis Juni 2012 17 Die Änderung enthält unterschiedliche Vorschriften für • übertragene Vermögenswerte, die nicht vollumfänglich ausgebucht werden (z. B. bei einem typischen Wertpapierpensionsgeschäft zum Festpreis oder bei der Übertragung von Vermögenswerten auf Verbriefungsgesellschaften, die vom übertragenden Unternehmen konsolidiert werden) und • übertragene Vermögenswerte, die vollumfänglich ausgebucht werden (z. B. Factoring von Forderungen aus Lieferungen und Leistungen mit Übertragung aller wesentlichen Chancen und Risiken). Die Änderung des IFRS 7 führt für die erste Kategorie nur zu wenigen zusätzlichen Angaben, für die zweite Kategorie können sich die erweiterten Angabepflichten dagegen als sehr umfangreich herausstellen. Angabepflichten für übertragene Vermögenswerte, die nicht ausgebucht werden Die für diese finanziellen Vermögenswerte erforderlichen Angaben ergänzen die in IFRS 7 bereits enthaltenen Angabepflichten. Es wurden lediglich zwei neue Vorschriften eingefügt: • Die Art der Beziehung zwischen den übertragenen Vermögenswerten und den damit verbundenen Verbindlichkeiten ist zu beschreiben, einschließlich der Einschränkungen, die sich aus der Übertragung für die Nutzung der übertragenen Vermögenswerte durch das berichtende Unternehmen ergeben (z. B. Verbot einer Verpfändung an Dritte). • Kann der Inhaber einer Verbindlichkeit lediglich auf die mit der Schuld in Zusammenhang stehenden übertragenen Vermögenswerte zurückgreifen, ist eine Übersicht zu erstellen, in der der beizulegende Zeitwert der übertragenen Vermögenswerte, der beizulegende Zeitwert der zugehörigen Verbindlichkeiten und der saldierte Betrag abgebildet werden. Angabepflichten für übertragene Vermögenswerte, die vollumfänglich ausgebucht werden Die neuen Angabepflichten für vollumfänglich ausgebuchte finanzielle Vermögenswerte gelten nur dann, wenn das Unternehmen ein "anhaltendes Engagement" bezüglich des ausgebuchten Vermögenswertes aufweist, was in der Praxis möglicherweise nicht häufig vorkommt. Ein anhaltendes Engagement im Sinne des geänderten IFRS 7 liegt vor, wenn das Unternehmen - als Teil der Übertragung - etwaige vertragliche Rechte oder Pflichten aus dem ausgebuchten finanziellen Vermögenswert zurückbehält oder etwaige neue vertragliche Rechte oder Pflichten im Hinblick auf den übertragenen finanziellen Vermögenswert erlangt. Diese Rechte oder Pflichten müssen nicht notwendigerweise bilanziell zu erfassen sein und es muss sich auch nicht zwingend um Finanzinstrumente handeln. Die neuen Angaben betreffen hauptsächlich diese verbleibenden oder neu erlangten Rechte und Pflichten (anhaltendes Engagement) und beinhalten unter anderem: • Buchwert und beizulegender Zeitwert des anhaltenden Engagements, • Maximales Verlustrisiko aus dem anhaltenden Engagement, • Etwaige zukünftige Mittelabflüsse, um die ausgebuchten Vermögenswerte zurückzukaufen (z. B. der Ausübungspreis bei einem Optionsvertrag) und eine Fälligkeitsanalyse dieser Mittelabflüsse, • Beschreibung von Art und Zweck des anhaltenden Engagements und des Risikos, dem das Unternehmen weiterhin ausgesetzt ist, • Gewinn/Verlust zum Zeitpunkt der Ausbuchung, • Aufwand/Ertrag aus dem anhaltenden Engagement (laufend und kumuliert) und • Ob der Übertragungsvorgang nicht gleichmäßig über den Berichtszeitraum verteilt wurde. 18 IFRS für die Praxis Juni 2012 B Neue Standards 1 Finanzinstrumente – IFRS 9 Zeitpunkt des Inkrafttretens IFRS 9 ist erstmals in der ersten Berichtsperiode eines am 1. Jänner 2015 oder danach beginnenden Geschäftsjahres anzuwenden. Eine frühere Anwendung ab 12. November 2009 (siehe weiter unten) ist zulässig. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieser Publikation beriet der IASB über die Zeitpunkte des Inkrafttretens zahlreicher Standards. Demzufolge kann sich der Zeitpunkt des Inkrafttretens von IFRS 9 noch ändern. Status EU-Übernahme IFRS 9 war zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieser Publikation noch nicht von der Europäischen Kommission übernommen. IFRS 9 „Finanzinstrumente“ ersetzt IAS 39 „Finanzinstrumente: Ansatz und Bewertung“. Der Standard ist - mit einigen Ausnahmen - im Allgemeinen rückwirkend anzuwenden. Bei Anwendung vor 2012 müssen Vergleichsangaben nicht rückwirkend angepasst werden. Entscheidet sich ein Unternehmen für die frühere Anwendung von IFRS 9, ist es nicht verpflichtet, die im Folgestufen des Projekts zur Ersetzung des IAS 39 - diese betreffen die Bilanzierung von Wertminderungen und Sicherungsbeziehungen ebenfalls vorläufig anzuwenden. Dies soll die vorzeitige Anwendung von IFRS 9 erleichtern. Entscheidet sich ein Unternehmen jedoch für die frühere Anwendung einer der Folgestufen, muss es zugleich alle vorhergehenden Stufen ab dem gleichen Zeitpunkt anwenden. Klassifizierung und Bewertung von finanziellen Vermögenswerten Wie sind finanzielle Vermögenswerte zu bewerten? Gemäß IFRS 9 sind alle finanziellen Vermögenswerte entweder zu fortgeführten Anschaffungskosten oder zum beizulegenden Zeitwert zu bewerten. Die fortgeführten Anschaffungskosten liefern entscheidungsrelevante Informationen zu finanziellen Vermögenswerten, die hauptsächlich zur Vereinnahmung von Zahlungsflüssen (Cashflows) gehalten werden, welche Zins- und Tilgungszahlungen auf den ausstehenden Kapitalbetrag darstellen. Bei allen anderen finanziellen Vermögenswerten, einschließlich der zu Handelszwecken gehaltenen Vermögenswerte, gilt der beizulegende Zeitwert als maßgebliche Bewertungsgrundlage. IFRS für die Praxis Juni 2012 19 Wie wird die Klassifizierung vorgenommen? IFRS 9 führt einen zweistufigen Klassifizierungsansatz ein. Zunächst muss das Geschäftsmodell analysiert werden - dass heißt, ob die finanziellen Vermögenswerte zur Vereinnahmung vertraglicher Cashflows gehalten oder ob sie vor Fälligkeit veräußert werden, Änderungen des beizulegenden Zeitwerts zu realisieren. Im zweiten Fall wird das Instrument zum beizulegenden Zeitwert bewertet, wobei sich ergebende Gewinne in der Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) erfasst werden. Im ersten Fall (Vereinnahmung vertraglicher Cashflows) befasst sich ein Unternehmen auf der zweiten Stufe des Klassifizierungsansatzes mit den Eigenschaften der vertraglichen Cashflows des Instruments. Was ist der Cashflow-Test? Ein finanzieller Vermögenswert im Rahmen eines qualifizierenden Geschäftsmodells darf zu fortgeführten Anschaffungskosten bilanziert werden, wenn die vertraglichen Bestimmungen des finanziellen Vermögenswerts zu bestimmten Zeitpunkten Zahlungsflüsse hervorrufen, bei denen es sich ausschließlich um Zins- und Tilgungszahlungen auf einen ausstehenden Kapitalbetrag handelt. Dabei bilden die Zinsen den Zeitwert des Geldes und das mit dem Kapitalbetrag verbundene Kreditrisiko über einen festgelegten Zeitraum ab. Jegliche Eigenschaften der vertraglichen Cashflows, die eine Hebelwirkung (Leverage Effect) aufweisen, erhöhen deren Schwankungsbreite, mit dem Ergebnis, dass in wirtschaftlichem Sinn keine Zinsen vorliegen. Sofern eine vertragliche Eigenschaft der Cashflows nicht wirklich besteht, beeinflusst sind nicht die Klassifizierung eines finanziellen Vermögenswerts. Eine vertragliche Eigenschaft von Cashflows besteht nicht wirklich, wenn sie die vertraglichen Cashflows eines Instruments nur bei Eintritt eines sehr seltenen, höchst außergewöhnlichen und unwahrscheinlichen Ereignisses beeinflusst. Was sind typische Vertragsbestandteile, die den Cashflow-Test im Allgemeinen bestehen? • Koppelung an einen Inflationsindex in der Währung, auf die der finanzielle Vermögenswert lautet, ohne dass eine Hebelwirkung vorliegt • Multiple Laufzeitverlängerungsoptionen (z. B. Instrumente mit unbegrenzter Laufzeit) • Kauf- und Verkaufsoptionen, sofern sie nicht von Ereignissen in der Zukunft abhängig sind und der vorab gezahlte Betrag im Wesentlichen noch nicht bezahlte Zins- und Tilgungsbeträge auf den ausstehenden Kapitalbetrag abbildet (u. a. angemessene zusätzliche Entschädigung für die vorzeitige Vertragsbeendigung) • Zinskontrakte mit Obergrenze (Cap) beziehungsweise Untergrenze (Floor) und ZinsCollars, die effektiv variable Zinssätze in Festzinssätze tauschen und umgekehrt • Bei einem variabel verzinslichen finanziellen Vermögenswert: eine Option des Kreditnehmers, zu jedem Zinsfestsetzungszeitpunkt einen Zinssatz zu wählen, der den Kreditgeber für den Zeitwert des Geldes entschädigt (z. B. eine Option zur Zahlung eines Drei-Monats-LIBORS für einen Laufzeit von drei Monaten oder eines EinMonats-LIBORS für eine Laufzeit von einem Monat) 20 IFRS für die Praxis Juni 2012 Was sind typische Vertragsbestandteile, die den Cashflow-Test im Allgemeinen nicht bestehen? • Koppelung an einen Aktienindex, den Jahresüberschuss des Kreditnehmers oder sonstige Variablen • Invers variabler Zinssatz • Kaufoption über einen Betrag, der nicht den ausstehenden Zins- und Tilgungszahlungen entspricht • Emittenten müssen beziehungsweise können darüber entscheiden, Zinszahlungen zeitlich zu verschieben, wobei auf diese aufgeschobenen Beträge keine zusätzlichen Zinsen auflaufen • Bei einem variabel verzinslichen finanziellen Vermögenswert: eine Option des Kreditnehmers, zu jedem Zinsfestsetzungszeitpunkt einen Zinssatz zu wählen, der den Kreditgeber nicht für den Zeitwert des Geldes entschädigt (z. B. eine Option zur Zahlung eines Ein-Monats-LIBORS für eine Laufzeit von drei Monaten, wobei der Ein-Monats-LIBOR nicht monatlich neu festgelegt wird) • Bei einem Constant Maturity Bond mit fünfjähriger Laufzeit: ein variabler Zinssatz, der regelmäßig neu festgelegt wird, sich jedoch immer an einer fünfjährigen Laufzeit orientiert (d. h. der Zins weist - außer zu Beginn - keinen Bezug zur Laufzeit des Instruments auf) • Wandelanleihen (aus Sicht des Inhabers) Sind Reklassifizierungen zulässig? Die Klassifizierung von finanziellen Vermögenswerten wird beim erstmaligen Ansatz festgelegt. Nachfolgende Reklassifizierungen sind nur bei einer Änderung des Geschäftsmodells zulässig, im Rahmen dessen der finanzielle Vermögenswert gehalten wird. In derartigen Fällen ist eine Reklassifizierung aller betroffenen finanziellen Vermögenswerte vorgeschrieben. IFRS 9 geht davon aus, dass Änderungen von Geschäftsmodellen erwartungsgemäß nur sehr selten eintreten. Änderungen eines Geschäftsmodells müssen von der Geschäftsführung eines Unternehmens infolge externer oder interner Veränderungen beschlossen werden, wesentlich für die Geschäftstätigkeit des Unternehmens und für Dritte nachvollziehbar sein. Beispiel: Ein Unternehmen hat ein Warenkreditportfolio, das zur kurzfristigen Veräußerung gehalten wird. Das Unternehmen erwirbt eine Gesellschaft, die Warenkredite verwaltet und ein Geschäftsmodell aufweist, wonach die Kredite zur Vereinnahmung der vertraglichen Cashflows gehalten werden. Das bisherige Warenkreditportfolio wird nun zusammen mit den erworbenen Warenkrediten verwaltet; es gilt somit nicht mehr als zur kurzfristigen Veräußerung gehalten, sondern sämtliche Warenkredite werden nunmehr zur Vereinnahmung der vertraglichen Cashflows gehalten. Ein weiteres Beispiel für die Änderung eines Geschäftsmodells liegt vor, wenn sich ein Unternehmen für die Aufgabe eines Geschäftssegments entscheidet (beispielsweise Hypothekengeschäft mit Privatkunden). Der Geschäftsbereich nimmt kein Neugeschäft mehr an und das betroffene Portfolio wird aktiv für die Veräußerung vermarktet. IFRS 9 weist darauf hin, dass Änderungen im Hinblick auf einzelne Instrumente, der vorübergehende Wegfall eines bestimmten Markts oder Übertragungen von Instrumenten zwischen verschiedenen Geschäftsmodellen keine Änderung eines Geschäftsmodells darstellen. 21 IFRS für die Praxis Juni 2012 Was bedeutet das für Eigenkapitalinstrumente? Eigenkapitalinstrumente weisen keine vertraglichen Cashflow-Eigenschaften in Form von Tilgungszahlungen und Zinsen auf. Sie werden daher zum beizulegenden Zeitwert bilanziert. IFRS 9 enthält jedoch ein Wahlrecht, Änderungen des beizulegenden Zeitwerts eines nicht zu Handelszwecken gehaltenen Eigenkapitalinstruments entweder in der Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) oder im sonstigen Ergebnis (OCI) zu erfassen. Diese Entscheidung wird einzeln je Instrument und nur bei erstmaligem Ansatz vorgenommen. Danach kann sie nicht mehr widerrufen werden. Alle realisierten und unrealisierten Zeitwertgewinne und -verluste erfolgen in Übereinstimmung mit dem erstmaligen Ansatz. Im sonstigen Ergebnis ausgewiesene Zeitwertgewinne und -verluste können in der Folge nicht mehr über die GuV „recycelt“ werden. Dividenden werden ungeachtet der Wahlrechtsausübung weiterhin GuVwirksam erfasst, sofern es sich um einen Ertrag aus dem Eigenkapitalinvestment und nicht um eine Kapitalrückzahlung handelt. Darf ein Eigenkapitalinstrument zu fortgeführten Anschaffungskosten bewertet werden, wenn kein verlässlicher beizulegender Zeitwert verfügbar ist? IFRS 9 beseitigt die Regelung, nicht börsennotierte Eigenkapitalinstrumente und Derivate auf nicht börsennotierte Eigenkapitalinstrumente in Ausnahmefällen zu Anschaffungskosten zu bilanzieren. Der Standard legt jedoch fest, dass unter bestimmten Umständen die Anschaffungskosten eine angemessene Schätzung des beizulegenden Zeitwerts darstellen können. Dies ist möglicherweise der Fall, wenn nur unzureichende neueste Informationen verfügbar sind oder der beizulegende Zeitwert nur in einer großen Bandbreite möglicher Werte ermittelt werden kann. Die Anschaffungskosten gelten nicht als angemessene Schätzung des beizulegenden Zeitwerts, sobald Änderungen im Umfeld des Beteiligungsunternehmens, den Märkten oder der Wirtschaft im Allgemeinen eintreten, beziehungsweise wenn Nachweise durch externe Transaktionen vorliegen oder im Falle von börsennotierten Eigenkapitalinstrumenten. Weisen Faktoren darauf hin, dass die Anschaffungskosten möglicherweise den beizulegenden Zeitwert nicht abbilden, muss das Unternehmen den beizulegenden Zeitwert schätzen. Was bedeutet dies für hybride Instrumente? IFRS 9 verlangt, finanzielle Vermögenswerte in ihrer Gesamtheit zu klassifizieren. Hybride Instrumente sind Instrumente, die aus einem finanziellen oder nicht finanziellen Basisvertrag und einem eingebetteten Derivat bestehen. Hybride Instrumente, die in den Anwendungsbereich von IFRS 9 fallen - das heißt hybride Instrumente, bei denen der Basisvertrag einen finanziellen Vermögenswert darstellt werden in ihrer Gesamtheit nach den zweistufigen Klassifizierungskriterien beurteilt. Hybride Instrumente, die nicht in den Anwendungsbereich von IFRS 9 fallen, werden gemäß IAS 39 im Hinblick auf die Abspaltungspflicht eingebetteter Derivate analysiert. In vielen Fällen werden hybride Instrumente den Cashflow-Test nicht bestehen und demzufolge GuV-wirksam zum beizulegenden Zeitwert zu bilanzieren sein. Ist eine Fair-Value-Option verfügbar? Zwei der drei derzeit nach IAS 39 bestehenden Kriterien zur Ausübung der Fair-ValueOption entfallen gemäß IFRS 9, da ein zeitwertorientiertes Geschäftsmodell zwingend eine Bilanzierung zum beizulegenden Zeitwert nach sich zieht und hybride Instrumente in ihrer Gesamtheit zu klassifizieren sind. Das nach IAS 39 verbleibende Kriterium zur Ausübung der Fair-Value-Option wird in den neuen Standard übertragen, das heißt, die Geschäftsführung kann bei Erstansatz einen finanziellen Vermögenswert immer noch als „erfolgswirksam zum beizulegenden Zeitwert bewertet“ designieren, wenn dadurch Ansatz- oder Bewertungsinkonsistenzen (zusammen als „Rechnungslegungsanomalien“ bezeichnet) wesentlich reduziert werden. Die Designation als „erfolgswirksam zum beizulegenden Zeitwert bewertet“ ist weiterhin unwiderruflich. 22 IFRS für die Praxis Juni 2012 Klassifizierung und Bewertung von finanziellen Verbindlichkeiten Wie sind finanzielle Verbindlichkeiten zu bewerten? Finanzielle Verbindlichkeiten werden zu fortgeführten Anschaffungskosten bewertet, sofern sie nicht erfolgswirksam zum beizulegenden Zeitwert zu bewerten sind oder ein Unternehmen wahlweise eine Verbindlichkeit erfolgswirksam zum beizulegenden Zeitwert bewertet. Was ist für die Klassifizierung entscheidend? Die Klassifizierung und Bewertung von finanziellen Verbindlichkeiten im Rahmen von IFRS 9 bleibt unverändert zu den in IAS 39 enthaltenen Vorschriften, außer ein Unternehmen übt das Wahlrecht aus, eine Verbindlichkeit erfolgswirksam zum beizulegenden Zeitwert zu erfassen. Für finanzielle Verbindlichkeiten bestehen weiterhin zwei Bewertungskategorien: beizulegender Zeitwert und fortgeführte Anschaffungskosten. Bestimmte Verbindlichkeiten sind zwingend erfolgswirksam zum beizulegenden Zeitwert zu bewerten, wie beispielsweise zu Handelszwecken gehaltene Verbindlichkeiten und Derivate. Die sonstigen Verbindlichkeiten werden zu fortgeführten Anschaffungskosten bewertet, sofern sich das Unternehmen nicht für die Bewertung zum beizulegenden Zeitwert entscheidet (Fair-Value-Option). Umfasst die Verbindlichkeit jedoch eingebettete Derivate, müssen diese möglicherweise herausgelöst und getrennt erfolgswirksam zum beizulegenden Zeitwert bewertet werden. Wie werden finanzielle Verbindlichkeiten, die zwingend erfolgswirksam zum beizulegenden Zeitwert zu erfassen sind, bilanzielle behandelt? Bei finanziellen Verbindlichkeiten, die zwingend erfolgswirksam zum beizulegenden Zeitwert bewertet werden müssen, werden (im Gegensatz zu solchen, bei denen sich das Unternehmen für die erfolgswirksame Bewertung zum beizulegenden Zeitwert entschieden hat) weiterhin alle Änderungen des beizulegenden Zeitwerts GuV-wirksam und nicht im sonstigen Ergebnis (OCI) erfasst. Dies betrifft alle Derivate (wie beispielsweise Devisentermingeschäfte oder Zinsswaps) sowie die eigenen zu Handelszwecken gehaltenen Verbindlichkeiten des Unternehmens. Auch bei Finanzgarantien und Kreditzusagen, die ein Unternehmen wahlweise erfolgswirksam zum beizulegenden Zeitwert bewertet, werden alle Änderungen des beizulegenden Zeitwerts erfolgswirksam in der Gewinn- und Verlustrechnung erfasst. Wie werden finanzielle Verbindlichkeiten, die ein Unternehmen wahlweise zum beizulegenden Zeitwert erfasst, bilanziell behandelt? IFRS 9 ändert die Bilanzierung finanzieller Verbindlichkeiten, die ein Unternehmen wahlweise unter Anwendung der Fair-Value-Option erfolgswirksam zum beizulegenden Zeitwert bewertet. Änderungen des beizulegenden Zeitwerts derartiger Verbindlichkeiten, die auf Änderungen des eigenen Kreditrisikos zurückzuführen sind, werden gesondert im sonstigen Ergebnis ausgewiesen. Sofern eine derartige Darstellung jedoch eine Rechnungslegungsanomalie in der GuV begründen würde, sind alle Änderungen des beizulegenden Zeitwerts der finanziellen Verbindlichkeit in der GuV zu erfassen. Rechnungslegungsanomalien in diesem Sinne müssen sich aus einem bestehenden wirtschaftlichen Verhältnis zwischen der finanziellen Verbindlichkeit und einem finanziellen Vermögenswert ergeben, das dazu führt, dass das Kreditrisiko der Verbindlichkeit durch eine Änderung des beizulegenden Zeitwerts des Vermögenswerts kompensiert wird. 23 IFRS für die Praxis Juni 2012 Die Rechnungslegungsanomalie • muss bei erstmaligem Ansatz der Verbindlichkeit bestimmt werden, • wird in der Folge nicht neu beurteilt und • darf nicht ausschließlich durch die Bewertungsmethode verursacht werden, die ein Unternehmen zur Ermittlung der Änderungen des Kreditrisikos einer Verbindlichkeit verwendet. Es wird erwartet, dass diese Befreiung von der Regelung, Änderungen des eigenen Kreditrisikos einer Verbindlichkeit im sonstigen Ergebnis zu erfassen, selten in Anspruch genommen wird. Was sind die Kriterien zur Ausübung der Fair-Value-Option? Die Kriterien zur Ausübung der Fair-Value-Option bleiben unverändert. Sie sind abhängig davon, ob • die Verbindlichkeit auf der Grundlage „zum beizulegenden Zeitwert“ gesteuert wird, • die Wahl der Fair-Value-Option Rechnungslegungsanomalien eliminiert beziehungsweise reduziert oder • das Instrument zu den hybriden Instrumenten zählt (d. h. es umfasst einen Basisvertrag und ein eingebettetes Derivat), für die eine Abspaltung des eingebetteten Derivats vorgeschrieben ist. Was könnte ein typischer Grund für die Ausübung der Fair-Value-Option sein? Einen typischen Anwendungsfall der Fair-Value-Option stellen eingebettete Derivate in einem Basisvertrag in Form einer finanziellen Verbindlichkeit dar, die ein Unternehmen nicht abspalten und separat bilanzieren möchte. Außerdem üben Unternehmen möglicherweise die Fair-Value-Option bei Verbindlichkeiten aus, sofern andernfalls Rechnungslegungsanomalien mit Vermögenswerten entstehen, welche erfolgswirksam zum beizulegenden Zeitwert zu bilanzieren sind. Gibt es Änderungen bei der Bilanzierung eingebetteter Derivate? Die nach IAS 39 bestehenden Vorschriften für eingebettete Derivate wurden in diesem neuen Teil von IFRS 9 beibehalten. Unternehmen müssen weiterhin Derivate, die in finanzielle Verbindlichkeiten eingebettet sind, herauslösen, wenn sie nicht eng mit dem Basisvertrag verbunden sind - beispielsweise eine strukturierte Schuldverschreibung, bei der der Zinssatz an einen Aktienindex gekoppelt ist. Das abgetrennte eingebettete Derivat wird weiterhin erfolgswirksam zum beizulegenden Zeitwert, der verbleibende Basisvertrag in Form der finanziellen Verbindlichkeit zu fortgeführten Anschaffungskosten bewertet. Die Bilanzierung von in nicht finanziellen Basisverträgen eingebetteten Derivaten bleibt ebenfalls unverändert. Stellt sich die Behandlung von in finanziellen Verbindlichkeiten eingebetteten Derivaten spiegelbildlich zur Bilanzierung der in finanziellen Vermögenswerten eingebetteten Derivate dar? Nein. Die bestehenden Vorschriften für eingebettete Derivate gemäß IAS 39 werden in IFRS 9 für Basisverträge in Form finanzieller Verbindlichkeiten und nicht finanzieller Instrumente beibehalten, was dazu führt, dass eingebettete Derivate in diesen Basisverträgen weiterhin getrennt erfolgswirksam zum beizulegenden Zeitwert zu bilanzieren sind. Eingebettete Derivate werden jedoch nicht mehr von finanziellen Vermögenswerten abgespalten. Sie sind vielmehr Teil der Vertragsbestimmungen, die bei der Beurteilung danach berücksichtigt werden, ob der finanzielle Vermögenswert in seiner Gesamtheit den vertraglichen Cashflow-Test besteht (d. h. das Zahlungen des Instruments stellen ausschließlich Zins- und Tilgungszahlungen dar), und damit zu fortgeführten Anschaffungskosten zu bewerten ist oder ob er erfolgswirksam zum beizulegenden Zeitwert bilanziert werden muss. 24 IFRS für die Praxis Juni 2012 Wie werden finanzielle Verbindlichkeiten zum beizulegenden Zeitwert bewertet? Unternehmen müssen die Höhe der Änderung des beizulegenden Zeitwerts ermitteln, der auf das Kreditrisiko der Verbindlichkeit zurückzuführen ist. IFRS 7 sieht bislang Anhangangaben zur Höhe der Änderungen des beizulegenden Zeitwerts vor, die auf das eigene Kreditrisiko einer Verbindlichkeit entfallen, welche als erfolgswirksam zum beizulegenden Zeitwert designiert wurde. Die bestehenden Leitlinien des IFRS 7 zur Art und Weise der Ermittlung des eigenen Kreditrisikos werden beibehalten, jedoch in IFRS 9 überführt und hinsichtlich einiger klärungsbedürftiger Punkte erläutert. Wie kann das eigene Kreditrisiko ermittelt werden? Das eigene Kreditrisiko kann ermittelt werden: • als der Betrag der Änderung des beizulegenden Zeitwerts, der nicht auf Änderungen des Marktrisikos zurückzuführen ist (beispielsweise mittels Referenzzinssätzen) oftmals als Standardmethode (default method) bezeichnet oder • mittels einer Alternativmethode, die - nach Ansicht des Unternehmens - die Änderungen des beizulegenden Zeitwerts infolge des „eigenen Kreditrisikos“ verlässlicher darstellt (z. B. eine Methode, der zufolge das Kreditrisiko auf der Basis von Credit Default Swap Rates ermittelt wird). IFRS 9 stellt klar, dass bei wesentlichen Änderungen des beizulegenden Zeitwerts, die sich aus anderen Faktoren als Änderungen des Kreditrisikos der Verbindlichkeit oder Änderungen beobachtbarer Zinssätze (d. h. Referenzsätze wie z.B. LIBOR) ergeben, eine Alternativmethode und nicht die Standardmethode anzuwenden ist. So ergeben sich möglicherweise Änderungen des beizulegenden Zeitwerts einer Verbindlichkeit eher aus Änderungen des Werts eines in diese Verbindlichkeit eingebetteten Derivats, als aus Änderungen der Referenzzinssätze. In diesem Fall sind die Wertänderungen des eingebetteten Derivats bei der Ermittlung des Betrags des eigenen Kreditrisikos, welcher im sonstigen Ergebnis darzustellen ist, zu eliminieren. Die erweiterten Regelungen des IFRS 9 bekräftigen nochmals, dass sich das Kreditrisiko einer mit Sicherheiten unterlegten Verbindlichkeit voraussichtlich vom Kreditrisiko einer ähnlichen, vom gleichen Unternehmen ausgegebenen Verbindlichkeit ohne Sicherheiten, unterscheidet. IFRS 9 stellt außerdem klar, dass mit dem Wert von Vermögenswerten vertraglich verbundene Verbindlichkeiten üblicherweise eher ein Risiko aus der Wertentwicklung des zugrunde liegenden Vermögenswerts aufweisen als aus dem eigenen Kreditrisiko - d. h., der Wert der Verbindlichkeit ändert sich infolge einer Wertänderung des/der an sie geknüpften Vermögenswerts/e und nicht aufgrund von Änderungen des eigenen Kreditrisikos der Verbindlichkeit. Das bedeutet, dass Änderungen des beizulegenden Zeitwerts einer solchen Verbindlichkeit, die auf Wertänderungen des mit ihr verknüpften Vermögenswerts zurückzuführen sind, weiterhin in der GuV erfasst werden: Sie gelten nicht als Bestandteil des eigenen Kreditrisikos der Verbindlichkeit, das im sonstigen Ergebnis (OCI) auszuweisen ist. Wie wirken sich die Änderungen auf die Darstellung von finanziellen Verbindlichkeiten aus? Die Bestandteile der Änderungen des beizulegenden Zeitwerts der Verbindlichkeit werden in unterschiedlichen Teilen der Gesamtergebnisrechnung dargestellt: Änderungen aufgrund des eigenen Kreditrisikos im sonstigen Ergebnis, alle übrigen Änderungen des beizulegenden Zeitwerts in der GuV. Dies bedeutet, dass der Gesamtbetrag der Änderungen des beizulegenden Zeitwerts unverändert bleibt, jedoch in unterschiedlichen Abschnitten der Gesamtergebnisrechnung abgebildet wird. Im sonstigen Ergebnis enthaltene Beträge, die das eigene Kreditrisiko betreffen, werden in der Folge nicht mehr GuV-wirksam „recycelt“, selbst im Falle einer Ausbuchung der Verbindlichkeit und Realisierung der Beträge. Der Standard gestattet jedoch Umbuchungen innerhalb des Eigenkapitals. 25 IFRS für die Praxis Juni 2012 2 Konzernabschlüsse – IFRS 10 IFRS 10 „Konzernabschlüsse“ ersetzt die in IAS 27 „Konzern- und Einzelabschlüsse“ und SIC-12 „Konsolidierung-Zweckgesellschaften“ enthaltenen Leitlinien über Beherrschung und Konsolidierung. IAS 27 wird in „Einzelabschlüsse“ umbenannt; der Standard behandelt zukünftig nur noch Regelungen zu Einzelabschlüssen. Die bestehenden Leitlinien für Einzelabschlüsse bleiben unverändert. Die anderen Teile des Pakets umfassen IFRS 11 „Gemeinschaftliche Vereinbarungen“, IFRS 12 „Angaben zu Anteilen an anderen Unternehmen“ und die entsprechenden Änderungen an IAS 28, der in „Anteile an assoziierten Unternehmen und Gemeinschaftsunternehmen“ umbenannt wird. Zeitpunkt des Inkrafttretens Für Berichtsperioden eines Geschäftsjahres, die am oder nach dem 1. Jänner 2013 beginnen. Eine frühere Anwendung ist zulässig. Status EU-Übernahme IFRS 10 war zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieser Publikation noch nicht von der Europäischen Kommission übernommen. Mit einer Übernahme wird derzeit für das vierte Quartal 2012 gerechnet. Wesentliche Vorschriften IFRS 10 ändert die Definition von „Beherrschung“ dahin gehend, dass zur Ermittlung eines Beherrschungsverhältnisses auf alle Unternehmen die gleichen Kriterien angewandt werden. Diese Definition wird durch umfassende Anwendungsleitlinien gestützt, die verschiedene Arten aufzeigen, wie ein berichtendes Unternehmen (Investor) ein anderes Unternehmen (Beteiligungsunternehmen) beherrschen kann. Es wird nicht erwartet, dass sich die Änderungen der Definition und der Anwendungsleitlinien umfassend auf die Bilanzierung von Unternehmen auswirken; einige Unternehmen könnten jedoch stärker betroffen sein. Das Kernprinzip, dass ein Konzernabschluss das Mutterunternehmen und seine Tochterunternehmen als ein einziges Unternehmen darstellt, bleibt unberührt, ebenso wie die Konsolidierungsverfahren. IFRS 10 enthält derzeit keine Ausnahmeregelung oder separate Leitlinien für Investment-Gesellschaften. Der IASB arbeitet jedoch gegenwärtig an einem Projekt zur Bilanzierung von Investment-Gesellschaften. Die geänderte Definition von Beherrschung setzt Verfügungsgewalt und variable Rückflüsse für das Vorliegen eines Beherrschungsverhältnisses voraus. Unter Verfügungsgewalt versteht man die Möglichkeit, gegenwärtig die Aktivitäten des Beteiligungsunternehmens zu lenken, die wesentlichen Einfluss auf die variablen Rückflüsse haben. Rückflüsse können positiv, negativ oder Beides sein. Die Verfügungsgewalt ist auf der Grundlage der gegenwärtigen Tatsachen und Umstände festzustellen und kontinuierlich zu beurteilen. Die Tatsache, dass ein Beherrschungsverhältnis von vorherein nur vorübergehend bestehen soll, befreit nicht von der Konsolidierungspflicht dieses vom Investor beherrschten Beteiligungsunternehmens. 26 IFRS für die Praxis Juni 2012 Auch muss die Verfügungsgewalt nicht notwendigerweise tatsächlich ausgeübt werden. Verfügungsgewalt kann mittels Stimmrechten oder sonstigen vertraglichen Rechten nachgewiesen werden, auch eine Kombination aus Beiden kann dem Investor Verfügungsgewalt geben. Verfügungsgewalt liegt vor, wenn ein Investor mehr als 50% der Stimmrechte an einem Beteiligungsunternehmen hält und keine sonstigen dagegen sprechenden Vereinbarungen oder Umstände vorliegen. Die Anwendungsleitlinien enthalten Beispiele, die verdeutlichen, wann eine Beherrschung bei weniger als 50% der Stimmrechte vorliegen kann. Bei der Beurteilung, ob in diesen Fällen ein Beherrschungsverhältnis vorliegt, muss der Investor sogenannte potenzielle Stimmrechte, wirtschaftliche Abhängigkeiten und seine Beteiligungsquote im Vergleich zu den übrigen Anteilseignern, zusammen mit dem auf Hauptversammlungen praktizierten Abstimmungsverhalten, berücksichtigen. Der zuletzt genannte Aspekt etabliert das Konzept der „De-Facto-Control“ fest im Konsolidierungsstandard. IFRS 10 enthält außerdem Leitlinien zu Schutzrechten. Schutzrechte allein können einem Investor keine Verfügungsgewalt geben. Ebenso können Schutzrechte nicht die Verfügungsgewalt einer anderen Partei einschränken. Der neue Standard enthält auch Leitlinien zu Prinzipal-Agenten-Beziehungen. Ein Investor (der Agent) kann beispielsweise im Auftrag einer Partei oder einer Gruppe von Parteien (der Prinzipal) tätig werden. Bestimmte Rechte werden an den Agenten delegiert, wie beispielsweise das Management von Investments. Dies kann dazu führen, dass der Investor das gesamte Investment-Vermögen beherrscht oder nicht. IFRS 10 beinhaltet zahlreiche Faktoren, die bei der Beurteilung, ob eine Beherrschung durch den Investor vorliegt oder, ob der Investor als Agent tätig ist, zu berücksichtigen sind. Auswirkungen IFRS 10 betrifft potenziell alle IFRS-bilanzierenden Unternehmen, die gemäß der geänderten Definition ein oder mehrere Beteiligungsunternehmen beherrschen. Die Beurteilung der Beherrschungsmöglichkeit und die Konsolidierungsentscheidungen werden sich für viele Unternehmen möglicherweise nicht ändern. Allerdings müssen die Vorschriften von jedem Investor im Kontext seines Unternehmens verstanden und beurteilt werden. Handlungsbedarf IFRS-Anwender müssen beurteilen, ob IFRS 10 Auswirkungen auf die Einbeziehung von Tochterunternehmen in den Konzernabschluss hat. 27 IFRS für die Praxis Juni 2012 3 Gemeinsame Vereinbarungen – IFRS 11 Durch die durch IFRS 11 „Gemeinschaftliche Vereinbarungen“ geänderten Definitionen gibt es nunmehr zwei „Arten“ gemeinschaftlicher Vereinbarungen: gemeinschaftliche Tätigkeiten und Gemeinschaftsunternehmen. Das bisherige Wahlrecht der Quotenkonsolidierung bei gemeinschaftlich geführten Unternehmen wurde abgeschafft. Partnerunternehmen eines Gemeinschaftsunternehmens haben verpflichtend die Equity-Bilanzierung anzuwenden. Unternehmen, die an gemeinschaftlichen Tätigkeiten beteiligt sind, werden zukünftig Regelungen anwenden müssen, die mit den derzeit geltenden Bilanzierungsvorschriften für gemeinschaftliche Vermögenswerte oder gemeinschaftliche Tätigkeiten vergleichbar sind. Zeitpunkt des Inkrafttretens Für Berichtsperioden eines Geschäftsjahres, die am oder nach dem 1. Jänner 2013 beginnen. Eine frühere Anwendung ist zulässig. Status EU-Übernahme IFRS 11 war zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieser Publikation noch nicht von der Europäischen Kommission übernommen. Mit einer Übernahme wird derzeit für das 4. Quartal 2012 gerechnet. Wesentliche Vorschriften Grundsätze Eine gemeinschaftliche Vereinbarung ist definiert als eine Vereinbarung, bei der zwei oder mehr Partnerunternehmen vertraglich die gemeinschaftliche Kontrolle über diese Vereinbarung ausüben. Eine gemeinschaftliche Kontrolle existiert nur, wenn Entscheidungen über Aktivitäten, die sich auf die Rückflüsse aus einer Vereinbarung wesentlich auswirken, der einstimmigen Zustimmung der gemeinschaftlich führenden Partnerunternehmen bedürfen. Alle Partner einer gemeinschaftlichen Vereinbarung müssen ihre Rechte und Pflichten aus der Vereinbarung ausweisen. Der Fokus liegt nicht mehr auf der rechtlichen Ausgestaltung der gemeinschaftlichen Vereinbarung, sondern eher auf der Art und Weise, wie die Rechte und Pflichten auf die Partner der gemeinschaftlichen Vereinbarung verteilt werden. Ausgestaltung und Form der Vereinbarung ist nur einer der Faktoren, die bei der Bewertung der Rechte und Pflichten der Partner zu berücksichtigen sind. Die von den Partnerunternehmen vereinbarten Geschäftsbedingungen (beispielsweise Absprachen, denen zufolge die rechtliche Ausgestaltung oder Form der Vereinbarung modifiziert werden kann) und sonstige maßgebliche Fakten und Umstände sind ebenfalls zu beachten. Bei Änderungen der Fakten und Umstände muss ein Partnerunternehmen überprüfen, ob • die gemeinschaftliche Kontrolle weiter besteht und/oder • die Art der gemeinschaftlichen Vereinbarung, an der es beteiligt ist, sich geändert hat. Formen von gemeinschaftlichen Vereinbarungen und ihre Bewertung IFRS 11 stuft gemeinschaftliche Vereinbarungen entweder als gemeinschaftliche Tätigkeiten oder als Gemeinschaftsunternehmen ein. Die Klassifizierung „gemeinschaftlich geführte Vermögenswerte“ gemäß IAS 31 „Anteile an Gemeinschaftsunternehmen“ ging in gemeinschaftliche Tätigkeiten über, da beide Arten von Vereinbarungen im Allgemeinen zur gleichen bilanziellen Abbildung führen. Bei einer gemeinschaftlichen Tätigkeit handelt es sich um eine gemeinschaftliche Vereinbarung, die den Partnerunternehmen dieser gemeinschaftlichen Vereinbarung direkte Rechte an den Vermögenswerten und Verbindlichkeiten überträgt. Ein Partnerunternehmen einer gemeinschaftlichen Tätigkeit erfasst seinen Anteil auf der Grundlage seines Anteils an der gemeinschaftlichen Tätigkeit (d.h. auf der Grundlage seiner direkten Rechte und Verpflichtungen) anstatt aufgrund der Beteiligung an der 28 IFRS für die Praxis Juni 2012 gemeinschaftlichen Vereinbarung. Ein Partnerunternehmen einer gemeinschaftlichen Tätigkeit weist daher in seinem Konzernabschluss folgende Posten aus: • seine Vermögenswerte, einschließlich seinem Anteil an gemeinschaftlich gehaltenen Vermögenswerten • seine Verbindlichkeiten, einschließlich seinem Anteil an den gemeinschaftlich entstandenen Verbindlichkeiten • seine Erlöse aus der Veräußerung seines Anteils an den Erzeugnissen der gemeinschaftlichen Tätigkeit • seinen Anteil der Umsatzerlöse aus der Veräußerung der Erzeugnisse der gemeinschaftlichen Tätigkeit • seine Aufwendungen, einschließlich seinem Anteil an den gemeinschaftlich entstandenen Aufwendungen Ein Gemeinschaftsunternehmen dagegen räumt den Partnerunternehmen Rechte am Netto-Reinvermögen oder Ergebnis der Vereinbarung ein. Ein Partnerunternehmen eines Gemeinschaftsunternehmens hat keine Rechte an einzelnen Vermögenswerten oder Verbindlichkeiten des Gemeinschaftsunternehmens. Partnerunternehmen von Gemeinschaftsunternehmen verfügen stattdessen über einen Anteil am NettoReinvermögen und damit am Ergebnis (Gewinn oder Verlust) der vom Gemeinschaftsunternehmen durchgeführten Tätigkeiten. Gemeinschaftsunternehmen werden nach der Equity-Methode in Übereinstimmung mit dem geänderten IAS 28 „Anteile an assoziierten Unternehmen und Gemeinschaftsunternehmen“ bilanziert. Unternehmen können einen Anteil an einem Gemeinschaftsunternehmen nicht mehr nach dem Grundsatz der Quotenkonsolidierung bilanzieren. Der Standard sieht außerdem Leitlinien für Unternehmen vor, die an einer gemeinschaftlichen Vereinbarung, jedoch nicht an der gemeinschaftlichen Kontrolle beteiligt sind. Auswirkungen Der neue Standard wirkt sich auf Unternehmen mit bestehenden gemeinschaftlichen Vereinbarungen oder Plänen für neue gemeinschaftliche Vereinbarungen aus. Diese Unternehmen müssen ihre bestehenden und neu geschlossenen Vereinbarungen überprüfen, um zu entscheiden, ob sie unter dem neuen Standard in eine gemeinschaftliche Tätigkeit oder in ein Gemeinschaftsunternehmen investiert haben. Unternehmen, die ihren Anteil an einem Gemeinschaftsunternehmen bisher nach der Quotenkonsolidierung bilanziert haben, müssen das Gemeinschaftsunternehmen in Zukunft unter Anwendung der Equity-Methode bilanzieren. Außerdem müssen einige Unternehmen, die Beteiligungen zuvor nach der Equity-Methode bilanziert hatten, in Zukunft möglicherweise ihren Anteil an den Vermögenswerten und Verbindlichkeiten erfassen, da die formale Ausgestaltung der Vereinbarung von geringerer Bedeutung ist. Die Übergangsvorschriften von IFRS 11 verlangen von Unternehmen, bei erstmaliger Anwendung des Standards die neuen Vorschriften ab Beginn des frühesten dargestellten Vergleichszeitraums umzusetzen. Bei Übergang von der Quotenkonsolidierung auf die Equity-Methode müssen Unternehmen den Erstansatz des Gemeinschaftsunternehmens als Gesamtsumme der zuvor anteilig konsolidierten Buchwerte erfassen. Bei Übergang von der Equity-Methode zur Bilanzierung der Vermögenswerte und Verbindlichkeiten müssen Unternehmen ihren Anteil an jedem Vermögenswert und jeder Verbindlichkeit der gemeinschaftlichen Tätigkeit ausweisen, unter Beachtung besonderer Vorschriften zur Bilanzierung etwaiger Unterschiedsbeträge gegenüber dem vorherigen Buchwert der Beteiligung. 29 IFRS für die Praxis Juni 2012 Handlungsbedarf Die Bilanzierenden, die an gemeinschaftlichen Vereinbarungen beteiligt sind, sollten beurteilen, wie sich die Vorschriften des neuen Standards auf die Bilanzierungsmethode im Hinblick auf bestehende oder neue gemeinschaftliche Vereinbarungen auswirken. Die Bilanzierung hat möglicherweise wesentliche Auswirkungen auf die Darstellung der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage von Unternehmen, die Anteilsinhabern zeitnah und deutlich kommuniziert werden sollten. Die Geschäftsführung sollte außerdem die Zeitplanung im Hinblick auf die Anwendung des neuen Standards sorgfältig prüfen. Soll eine bestimmte Art der Bilanzierung für bestehende Vereinbarungen beibehalten werden, gilt es jetzt zu überprüfen, wie die Bedingungen der Vereinbarungen zu diesem Zweck überarbeitet beziehungsweise neu geordnet werden müssen. 4 Angaben zu Anteilen an anderen Unternehmen IFRS 12 IFRS 12 „Angaben zu Anteilen an anderen Unternehmen“ legt die erforderlichen Angaben für Unternehmen fest, die in Übereinstimmung mit den beiden neuen Standards IFRS 10 „Konzernabschlüsse“ und IFRS 11 „Gemeinschaftliche Vereinbarungen“ bilanzieren. Der Standard ersetzt die derzeit in IAS 28 „Anteile an assoziierten Unternehmen“ enthaltenen Angabepflichten. Zeitpunkt des Inkrafttretens Für Berichtsperioden eines Geschäftsjahres, die am oder nach dem 1. Jänner 2013 beginnen. Eine frühere Anwendung ist zulässig. Status EU-Übernahme IFRS 12 war zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieser Publikation noch nicht von der Europäischen Kommission übernommen. Mit einer Übernahme wird derzeit für das 4. Quartal 2012 gerechnet. Wesentliche Vorschriften Gemäß dem neuen Standard IFRS 12 müssen Unternehmen Angaben machen, die es dem Abschlussadressaten ermöglichen, die Art, Risiken und finanziellen Auswirkungen zu beurteilen, die mit dem Engagement des Unternehmens bei Tochterunternehmen, assoziierten Unternehmen, gemeinschaftlichen Vereinbarungen und nicht konsolidierten strukturierten Unternehmen (Zweckgesellschaften) verbunden sind. Um dieses Ziel zu erreichen, sind Angaben in den folgenden Bereichen erforderlich: Wesentliche Ermessensentscheidungen und Annahmen Wesentliche Ermessensentscheidungen und Annahmen, um festzustellen, ob ein Unternehmen andere Unternehmen beherrscht, gemeinschaftlich beherrscht, einen wesentlichen Einfluss ausübt oder ein sonstiges Engagement bei anderen Unternehmen ausübt sind unter anderem: • Einschätzung der Prinzipal-Agenten Beziehungen bei der Konsolidierung • Ermittlung der Art der gemeinschaftlichen Vereinbarung und Außer-Kraft-Setzen der Annahme eines wesentlichen Einflusses bei Stimmrechtsanteilen von 20% bis 50% beziehungsweise einer Beherrschung bei Überschreitung von 50%. 30 IFRS für die Praxis Juni 2012 Anteile an Tochtergesellschaften Erforderliche Angaben: • Zusammensetzung des Konzerns • Anteil nicht beherrschender Anteile (NCI) an Konzerntätigkeiten und Zahlungsströmen sowie Angaben zu jeder Tochtergesellschaft, an der materielle nicht beherrschende Anteile bestehen, z.B. Name, Hauptgeschäftssitz und zusammengefasste Finanzangaben • wesentliche Zugriffsbeschränkungen auf Vermögenswerte • Verpflichtungen zur Erfüllung von Verbindlichkeiten • Risiken in Verbindung mit konsolidierten Zweckgesellschaften, z.B. Vereinbarungen, die möglicherweise die finanzielle Unterstützung des Konzerns erfordern • Bilanzierung von Änderungen der Beteiligung an einer Tochtergesellschaft ohne einen Verlust der Beherrschung – es ist eine Übersicht der Auswirkungen auf das Eigenkapital der Muttergesellschaft erforderlich • Bilanzierung eines Verlusts der Beherrschung – Angaben zum ausgewiesenen Gewinn/Verlust und zum Posten der Gesamtergebnisrechnung, in dem der Gewinn/Verlust erfasst wird • konsolidierte Tochterunternehmen mit abweichendem Geschäftsjahresende Anteile an gemeinschaftlichen Vereinbarungen und assoziierten Unternehmen Erforderliche Angaben betreffen: • Name, Land der Eintragung und Hauptgeschäftssitz • Höhe der Beteiligung und Bewertungsmethode • zusammengefasste Finanzangaben • beizulegender Zeitwert (soweit amtliche Notierungen verfügbar sind) • wesentliche Einschränkungen der Möglichkeit der Mittelübertragung beziehungsweise Rückzahlung von Darlehen • Geschäftsjahresende für gemeinschaftliche Vereinbarungen oder assoziierte Unternehmen, soweit sie von dem der Muttergesellschaft abweichen • nicht erfasster Anteil an Verlusten, Verpflichtungen und Eventualverbindlichkeiten Anteile an nicht konsolidierten Zweckgesellschaften Erforderliche Angaben: • Art, Zweck, Größe, Tätigkeiten und Finanzierung der Zweckgesellschaft • Grundsätze zur Ermittlung der Zweckgesellschaften, die gesponsert werden • Zusammenfassung der Erträge aus Zweckgesellschaften • Buchwert der an Zweckgesellschaften übertragenen Vermögenswerte • die mit Zweckgesellschaften verbundenen ausgewiesenen Vermögenswerte und Verbindlichkeiten sowie die Posten, in denen sie erfasst werden • maximal möglicher Verlust aus dem Engagement und Angaben über finanzielle oder sonstige Unterstützung für diese Zweckgesellschaften beziehungsweise gegenwärtige Absichten, diese Unterstützung bereitzustellen Auswirkungen Alle Unternehmen mit Anteilen an Tochterunternehmen, assoziierten Unternehmen, gemeinschaftlichen Vereinbarungen oder nicht konsolidierten Zweckgesellschaften werden voraussichtlich höhere Angabepflichten erfüllen müssen. Handlungsbedarf Es ist zu überdenken, ob zusätzliche Prozesse eingeführt werden müssen, um die erforderlichen Angaben zusammenstellen zu können. 31 IFRS für die Praxis Juni 2012 5 Bewertung zum beizulegenden Zeitwert – IFRS 13 IFRS 13 beschreibt, wie der beizulegende Zeitwert zu bestimmen ist und erweitert die Angaben zum beizulegenden Zeitwert. Der Standard enthält keine Vorgaben, in welchen Fällen der beizulegende Zeitpunkt zu bestimmen ist. Das Projekt führt IFRS und US-GAAP im Hinblick auf die Bewertung zum beizulegenden Zeitwert zusammen, es bestehen jedoch weiterhin bei verschiedenen Aspekten Unterschiede, u.a. wann Bewertungen zum beizulegenden Zeitwert erforderlich sind und ob Gewinne und Verluste beim erstmaligen Ansatz erfasst werden können. Zeitpunkt des Inkrafttretens Für Berichtsperioden eines Geschäftsjahres, die am oder nach dem 1. Jänner 2013 beginnen. Eine frühere Anwendung ist zulässig. Status EU-Übernahme IFRS 13 war zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieser Publikation noch nicht von der Europäischen Kommission übernommen. Mit einer Übernahme wird derzeit für das 3. Quartal 2012 gerechnet. Wesentliche Vorschriften Die Leitlinien in IFRS 13 sind nicht auf Geschäftsvorfälle im Geltungsbereich von IFRS 2 „Anteilsbasierte Vergütung“ oder IAS 17 „Leasingverhältnisse“" beziehungsweise auf andere Bewertungsgrößen anzuwenden, die gemäß sonstiger Standards verlangt werden und dem beizulegenden Zeitwert ähnlich, jedoch nicht deckungsgleich sind (beispielsweise der Nutzungswert gemäß IAS 36 „Wertminderung von Vermögenswerten“). Definition des beizulegenden Zeitwerts Der beizulegende Zeitwert ist der Preis, den unabhängige Marktteilnehmer unter marktüblichen Bedingungen zum Bewertungsstichtag bei Verkauf eines Vermögenswerts vereinnahmen beziehungsweise bei Übertragung einer Verbindlichkeit zahlen würden (Abgangs- oder „Exit“-Preis). Der beizulegende Zeitwert einer Verbindlichkeit bildet demzufolge das Ausfallrisiko ab (d. h. das eigene Kreditrisiko). Haupt- beziehungsweise vorteilhaftester Markt Eine Bewertung zum beizulegenden Zeitwert setzt voraus, dass der Verkauf des Vermögenswerts beziehungsweise die Übertragung der Verbindlichkeit im Hauptmarkt für diesen Vermögenswert beziehungsweise die Verbindlichkeit erfolgt oder - falls ein solcher nicht verfügbar ist - im vorteilhaftesten Markt für den Vermögenswert beziehungsweise die Verbindlichkeit. Der Hauptmarkt ist der Markt mit dem größten Volumen und der höchsten Aktivität im Hinblick auf Vermögenswerte beziehungsweise Verbindlichkeiten, zu dem das Unternehmen Zugang hat. Annahmen der Marktteilnehmer Der beizulegende Zeitwert wird unter Verwendung der gleichen Annahmen und Berücksichtigung der gleichen Charakteristika eines Vermögenswerts beziehungsweise einer Verbindlichkeit ermittelt, die unabhängige Marktteilnehmer ansetzen würden. Der beizulegende Zeitwert ist eine markt-, keine unternehmensspezifische Bewertungsgröße. 32 IFRS für die Praxis Juni 2012 Bestmögliche Nutzung Bei nicht-finanziellen Vermögenswerten wird der beizulegende Zeitwert auf der Grundlage der bestmöglichsten Nutzung des Vermögenswerts (highest and best Use) durch einen Marktteilnehmer ermittelt. Geld- und Briefkurse Bei Finanzinstrumenten ist die Verwendung von Geld- beziehungsweise Briefkursen für Vermögenswerte beziehungsweise Schulden zulässig, jedoch nicht vorgeschrieben, sofern diese Kurse den beizulegenden Zeitwert unter den jeweiligen Umständen am besten abbilden. Fair Value Hierarchie Die Bewertungen zum beizulegenden Zeitwert folgen einer 3-stufigen Hierarchie, basierend auf der Art der Bewertungsparameter, die in die angewandten Bewertungstechniken einfließen: • Level 1-Parameter sind notierte Preise für identische Vermögenswerte oder Verbindlichkeiten in aktiven Märkten. Wie bei den derzeit geltenden IFRS auch, verwendet ein Unternehmen bei der Ermittlung des beizulegenden Zeitwerts diese notierten Preise, soweit solche vorliegen, ohne weitere Anpassungen. • Bei Level 2-Parametern handelt es sich um sonstige beobachtbare Faktoren. • Level 3-Parameter sind nicht beobachtbare Eingabeparameter, die weiter entwickelt werden müssen, um die Annahmen von Marktteilnehmern abzubilden, die diese bei der Ermittlung eines angemessenen Preises für den Vermögenswert/die Verbindlichkeit verwenden würden. Jede Bewertung zum beizulegenden Zeitwert wird aufgrund der niedrigsten HierarchieInputparameter eingestuft, die für das jeweilige Instrument wesentlich sind. Angaben Die Leitlinien erweitern die Angabepflichten und können für Bericht erstattende Unternehmen zu einem erheblichen Mehraufwand führen. Die Vorschriften ähneln denen des IFRS 7 „Finanzinstrumente: Angaben“, gelten jedoch nicht nur für finanzielle, sondern für alle Vermögenswerte und Verbindlichkeiten. Die erforderlichen Angaben umfassen: • Angaben zu der jeweiligen Hierarchiestufe, in die die beizulegenden Zeitwerte fallen • Übertragungen zwischen Level 1 und 2 • Verfahren und Bewertungsparameter im Hinblick auf die Bewertung zum beizulegenden Zeitwert und Änderungen der Bewertungsmethoden • zusätzliche Angaben zu Level-3-Bewertungen, unter anderem eine Überleitung der Eröffnungs- und Schlusssalden, quantitative Angaben zu nicht beobachtbaren Parametern und Annahmen, Erläuterungen zu den eingesetzten Bewertungsprozess und Sensitivitäten bei wiederkehrenden Level-3-Bewertungen. 33 IFRS für die Praxis Juni 2012 Auswirkungen Nahezu alle Unternehmen verwenden Bewertungen zum beizulegenden Zeitwert und werden daher die neuen Vorschriften erfüllen müssen. Einige Änderungen an den heute geltenden Bewertungsverfahren zum beizulegenden Zeitwert werden erforderlich sein wie beispielsweise die Berücksichtigung von Geld-Brief-Spannen und der Einbezug des eigenen Kreditrisikos. Diese Änderungen betreffen vor allem Finanzinstitute und Investment-Gesellschaften. Die erweiterten Angabepflichten gelten jedoch für alle Unternehmen. Handlungsbedarf Anwender sollten Art und Umfang der Bewertungen zum beizulegenden Zeitwert analysieren, die sie derzeit im Rahmen einer IFRS-konformen Berichterstattung vornehmen. Für die Geschäftsführung gilt es, etwaige Änderungen der Bewertungsmethoden infolge der neuen Leitlinien sowie potentielle zusätzlich erforderliche Angaben zu ermitteln. C Neue Interpretation 1 Kosten der Abraumbeseitigung während des Abbaubetriebes im Tagebau IFRIC 20 „Kosten der Abraumbeseitigung während des Abbaubetriebes im Tagebau“ beschäftigt sich mit Fragen zu Ansatz und Bewertung von während des Abbaubetriebes anfallenden Kosten der Abraumbeseitigung im Tagebau. Infolge der Interpretation müssen Unternehmen gegebenenfalls aktivierte Vermögenswerte (stripping assets) über die Gewinnrücklagen in der Eröffnungsbilanz ausbuchen, sofern diese Vermögenswerte keinem identifizierbaren Teil eines Abbauvorkommens zugerechnet werden können. Zeitpunkt des Inkrafttretens Für Berichtsperioden eines Geschäftsjahres, die am oder nach dem 1. Jänner 2013 beginnen. Eine frühere Anwendung ist zulässig. Ein Unternehmen, das Abraumbeseitigungskosten bisher sofort als Aufwand erfasst hat, beginnt mit der Aktivierung ab dem Zeitpunkt der Übernahme der Interpretation. IFRIC 20 ändert auch IFRS 1 „Erstmalige Anwendung der International Financial Reporting Standards“. Erstanwender dürfen die Übergangsvorschriften zum jeweils späteren Zeitpunkt zwischen 1. Jänner 2013 und dem Übergangszeitpunkt anwenden. Status EU-Übernahme Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieser Publikation noch nicht von der Europäischen Kommission übernommen. Mit einer Übernahme wird derzeit für das 3. Quartal 2012 gerechnet. Ziel und Anwendungsbereich Abraumbeseitigungskosten, die in der Produktionsphase beim Tagebau entstehen, sind oftmals für die gegenwärtige Produktion von Nutzen und erschließen darüber hinaus auch den Zugang zu künftig auszubeutenden Bodenschätzen. Die Herausforderung bestand immer darin, wie die anfallenden Kosten auf laufende Aufwendungen und einen Vermögenswert, der den zukünftigen Nutzen (verbesserter Zugang zu Bodenschätzen) repräsentiert, zu verteilen sind. IFRIC 20 wurde entwickelt, um der gegenwärtigen Bilanzierungsvielfalt in der Praxis, die von einer vollständigen über eine anteilmäßige 34 IFRS für die Praxis Juni 2012 Aufwandserfassung bis hin zu einer vollständigen Aktivierung der angefallenen Abraumbeseitigungskosten reicht, zu begegnen. IFRIC 20 gilt nur für Abraumbeseitigungskosten, die während der Produktionsphase im Tagebau anfallen, nicht für Tätigkeiten im Untertagebau oder in den Bereichen Erdöl und Erdgasförderung. Ölsandvorkommen, bei denen die Erschließungstätigkeiten meist eher als tagebauähnlich, denn als klassische Erdöl- und Erdgasförderung gelten, liegen ebenfalls außerhalb des Anwendungsbereichs der Interpretation. Die Übergangsvorschriften der Interpretation können wesentliche Auswirkungen für Unternehmen haben, die bisher angefallene Kosten anhand eines allgemeinen Prozentsatzes aktiviert beziehungsweise als Aufwand erfasst haben (General Capitalisation Ratio). Aktivierte Vermögenswerte, die keinem identifizierbaren Teil eines Abbauvorkommens zugerechnet werden können, müssen über die Gewinnrücklagen ausgebucht werden. Wesentliche Vorschriften IFRIC 20 befasst sich mit folgenden Themen: Erfüllung der Definition eines Vermögenswerts Aus Abraumbeseitigungstätigkeiten können zwei Arten von Nutzen entstehen: i) produzierte Vorräte und ii) verbesserter Zugang zum Vorkommen. Es ist zu beurteilen, ob der Nutzen der Abraumbeseitigungstätigkeiten auf eine dieser Kategorien entfällt. Der Nutzen des verbesserten Zugangs zum Vorkommen gilt nur als langfristiger Vermögenswert, wenn • es wahrscheinlich ist, dass der zukünftige mit den Abraumbeseitigungstätigkeiten verbundene wirtschaftliche Nutzen dem Unternehmen zufließt, • das Unternehmen den Bereich der Bodenschätze, zu dem ein verbesserter Zugang geschaffen wurde, identifizieren kann und • die Kosten, die im Zusammenhang mit der Abraumbeseitigung für den verbesserten Zugang zu diesem Bereich stehen, verlässlich geschätzt werden können. Zeitpunkt der Erfassung des Vermögenswerts Abraumbeseitigungskosten für produzierte Vorräte sind in Übereinstimmung mit IAS 2 „Vorräte“ als laufende Produktionskosten zu bilanzieren. Abraumbeseitigungskosten, die einen Nutzen in Form eines verbesserten künftigen Zugangs schaffen und die vorstehende Definition eines Vermögenswerts erfüllen, sind als Teil des zugehörigen existierenden materiellen (z. B. Mine) oder immateriellen Vermögenswerts (z. B. Abbaurecht) zu erfassen (Vermögenswertkomponente); es handelt sich nicht um einen eigenständigen Vermögenswert. Erstmaliger Ansatz der Vermögenswertekomponente Die Erstbewertung der zu aktivierenden Vermögenswertkomponente erfolgt zu Einzelkosten und direkt zurechenbaren Gemeinkosten. Möglicherweise ist es schwierig, die entstandenen Kosten, die einen zukünftigen Nutzen generieren (Vermögenswertkomponente) und die Kosten in Verbindung mit der Vorratsproduktion des laufenden Berichtszeitraums zu trennen. In diesem Fall sind die Gesamtkosten zwischen den produzierten Vorräten und der Abraumtätigkeit unter Verwendung eines produktionsbasierten Verfahrens aufzuteilen. Der „Aufteilungsschlüssel“ wird für den identifizierten Teil des Abbauvorkommens ermittelt und zur Ermittlung des Ausmaßes verwendet, in dem die zusätzliche Tätigkeit einen Vermögenswert generiert hat. IFRIC 20 enthält Beispiele für solche Bewertungsgrößen, unter anderem Menge des extrahierten Abraums gegenüber dem voraussichtlichen Volumen für festgelegte Produktionsstufen. Für Unternehmen, die gegenwärtig “Abraum-Kennziffern“ (Stripping Ratios) verwenden, sind die neuen Vorschriften möglicherweise ähnlich dem eigenen bestehenden Ansatz; die Grundlage der künftigen Aufteilung bildet jedoch der 35 IFRS für die Praxis Juni 2012 identifizierte Teil eines Bodenschatzes und nicht das volle insgesamt erwartete Abbauvorkommen. Folgebewertung der Vermögenswertkomponente Die Folgebewertung folgt der Bewertung des materiellen oder immateriellen Vermögenswerts, als dessen Teil die Vermögenswertkomponente aktiviert wurde (Ansatz zu fortgeführten Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten, ggf. Neubewertung, Erfassung von Wertminderungen). Als Abschreibungsmethode ist die leistungsorientierte Abschreibung (Unit-of-Production-Method) zu wählen, es sei denn, eine andere Methode ist angemessener. Die Abschreibung erfolgt über die Lebensdauer des maßgeblichen identifizierten zugehörigen Teils des Abbauvorkommens, die voraussichtlich in den meisten Fällen kürzer ist als die Lebensdauer des gesamten Abbaugebiets. Auswirkungen Alle im Tagebau tätigen Unternehmen sind von der Interpretation betroffen. Ein Unternehmen, das alle Abraumbeseitigungskosten eines Produktionszeitraums bisher als Aufwand angesetzt hat, beginnt mit der Aktivierung ab dem Zeitpunkt der Übernahme der Interpretation. Etwaige zum Übergangszeitpunkt bestehende Vermögenswerte aus Abraumtätigkeiten werden gegen die Gewinnrücklagen in der Eröffnungsbilanz ausgebucht, außer sie betreffen einen identifizierbaren Teil des Abbauvorkommens. IFRIC 20 ändert auch IFRS 1 „Erstmalige Anwendung der International Financial Reporting Standards. Erstanwender dürfen die Übergangsvorschriften zum jeweils späteren Zeitpunkt zwischen 1. Jänner 2013 und dem Übergangszeitpunkt anwenden. Handlungsbedarf Betroffene IFRS-Anwender sollten sich mit den Übergangsvorschriften der Interpretation auseinandersetzen. 36 IFRS für die Praxis Juni 2012 Ansprechpartner Aslan Milla Tel. +43 1 501 88-1700 [email protected] Raoul Vogel Tel. +43 1 501 88-2031 [email protected] Sabine Dam-Ratzesberger Tel. +43 1 501 88-1620 [email protected] Medieninhaber und Herausgeber: PwC Österreich GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Erdbergstraße 200, 1030 Wien Für den Inhalt verantwortlich: Aslan Milla, Raoul Vogel, Sabine Dam-Ratzesberger Kontakt: [email protected] Der Inhalt dieses Newsletters wurde sorgfältig ausgearbeitet. Er enthält jedoch lediglich allgemeine Informationen und kann eine individuelle Beratung im Einzelfall nicht ersetzen. PwC übernimmt keine Haftung und Gewährleistung für die Vollständigkeit und Richtigkeit der enthaltenen Informationen und weist darauf hin, dass der Newsletter nicht als Entscheidungsgrundlage für konkrete Sachverhalte geeignet ist. 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