DSM- IV: Sprachentwicklungsstörungen und Kommunikationsstörungen Unter dem Kapitel Kommunikationsstörungen sind folgende Störungen im DSM- IV angeführt: 1. 2. 3. 4. 5. 1. Expressive Sprachstörung Kombinierte Expressiv- Rezeptive Sprachstörung Phonologische Störung Stottern nicht näher bezeichnete Kommunikationsstörung Expressive Sprachstörung Diagnostische Merkmale: Kriterium A (Hauptmerkmal): Beeinträchtigung der expressiven Sprachentwicklung; die Werte der individuell durchgeführten standardisierten Messungen der expressiven Sprachentwicklung liegen wesentlich unter jenen Werten die bei standardisierten nonverbalen IQ- Tests bzw. Messungen der rezeptiven Sprachentwicklung erzielt wurden. dabei finden sich folgende klinische Symptome: o deutlich eingeschränkter Wortschatz o Fehler im Gebrauch der Zeiten o Schwierigkeiten Worte zu erinnern oder Sätze zu bilden, die der Länge und Komplexität nach der Entwicklungsstufe entsprechen Kriterium B: die Schwierigkeiten bei der expressiven Sprache behindern die schulischen bzw. beruflichen Leistungen Kriterium C: Kriterien einer Kombinierten Rezeptiv- Expressiven Sprachstörung oder einer tiefgreifenden Entwicklungsstörung sind nicht erfüllt Kriterium D: liegt eine GB, ein sprachmotorisches oder sensorisches Defizit oder deprivierende Umwelt vor, sind die Sprechschwierigkeiten wesentlich größer als diejenigen, die gewöhnlich bei diesen Problemen auftreten Die sprachlichen Merkmale unterscheiden sich je nach Alter des Kindes und Schweregrad der Störung die Störung kann sowohl erworben als auch entwicklungsbezogen sein o erworbener Typus: Störung tritt nach einem Zeitraum normaler Entwicklung nach einem neurologischen oder anderen medizinischen Krankheitsfaktor auf o entwicklungsbezogener Typus: keine Verbindung mit einer neurologischen Ursache; Kinder beginnen häufig spät zu sprechen oder durchlaufen die Phasen der expressiven Sprachentwicklung langsamer als üblich 1 Zugehörige Merkmale und Störungen am häufigsten: phonologische Störung Redefluss- und Formulierungsstörungen mit abnorm hoher Sprechgeschwindigkeit und sprunghaftem Sprechrhythmus oder Störung der Sprachstruktur bei der Erworbenen Expressiven Sprachstörung: zusätzliche Sprechprobleme (z.B.: monotone Intonation und Betonung, motorische Artikulationsprobleme, Silbenwiederholungen,...) bei Schulkindern treten auch häufig Schul- und Lernprobleme auf auch eine leichte Beeinträchtigung der rezeptiven Sprache kann vorkommen, wenn diese jedoch bedeutsam ist, dann sollte man eher die Diagnose der Kombinierten Rezeptiv- Expressiven Sprachstörung stellen in der Vorgeschichte: verzögerte motorische Entwicklung, Entwicklungsbezogene Koordinationsstörung, Enuresis Sozialer Rückzug und ADHS können ebenfalls zusätzlich auftreten Besondere kulturelle und Geschlechtsmerkmale Repräsentative Stichprobe bei der standardisierten Messung! häufiger bei Jungen als bei Mädchen Prävalenz: 3 bis 5 % aller Kinder haben den Entwicklungsbezogenen Typus der erworbene Typus tritt seltener auf Verlauf Entwicklungsbezogener Typus : gewöhnlich im Alter von 3 Jahren erkannt, leichtere Formen auch erst in der frühen Adoleszenz Prognose: unterschiedlich, bei ca. der Hälfte nur vorrübergehende Dauer, bei der anderen hälfte länger anhaltende Schwierigkeiten; letztendlich bis zur Adoleszenz mehr oder weniger normale Sprechfähigkeiten (subtile Defizite können fortbestehen) Erworbener Typus: kann in jedem Alter auftreten (Hinrschädigung, Hirntrauma, Hirnschlag) Verlauf und Prognose hängt von Schweregrad und Lokalisation der erworbenen Hirnschädigung ab, sowie dem Alter der Person und dem Stand in der Sprechentwicklung beim Erwerb der Störung; manchmal kommt es zur schnellen und vollständigen Verbesserung der Störung, manchmal zu unvollständigen Remissionen oder fortschreitenden Defiziten 2 Familiäre Verteilungsmuster beim Entwicklungsbezogenen Typus: höhere Prävalenzen in Familien in denen Kommunikations- bzw. Lernstörungen in der Anamnese auftraten beim Erworbenen Typus naturgemäß keine familiäre Häufung Differentialdiagnose (abzugrenzen von): Kombinierte Rezeptiv- Expressive Sprachstörung: hier ist auch das Sprachverständnis wesentlich beeinträchtigt Autistische oder Tiefgreifende Entwicklunsstörung GB, Hörschwäche (oder anderes sensorisches Defizit), sprechmotorisches Defizit oder stark deprivierende Umwelt Störung des schriftlichen Ausdrucks (Schreibfertigkeit gestört) Selektiver Mutismus: beschränkte Ausdrucksfähigkeit kann der Expressiven Sprachstörung sehr ähnlich sein sorgfältige Anamnese (Beobachtung normaler Sprache in bestimmten Situationen) Erworbene Aphasie: in Verbindung mit einem medizinischen Krankheitsfaktor in der frühen Kindheit: meist nur vorrübergehend 2. Kombinierte Rezeptiv- Expressive Sprachstörung Diagnostische Merkmale Kriterium A: Beeinträchtigung der rezeptiven und expressiven Sprachentwicklung (wieder per standardisierter Messung erhoben; Diskrepanz zwischen Sprachentwicklung und nonverbaler Intelligenz) Kriterium B: die Sprachschwierigkeiten behindern die schulischen bzw. beruflichen Leistungen Kriterium C: Kriterien einer tiefgreifenden Entwicklungsstörung sind nicht erfüllt Kriterium D: liegt eine GB, ein sprachmotorisches oder sensorisches Defizit oder deprivierende Umwelt vor, sind die Sprechschwierigkeiten wesentlich größer als diejenigen, die gewöhnlich bei diesen Problemen auftreten einerseits dieselben Schwierigkeiten wie bei der expressiven Sprachstörung (eingeschränkter Wortschatz, Fehler im Zeitengebrauch, Schwierigkeiten Worte und Sätze zu bilden, die der Entwicklungsstufe entsprechen, allgemeine Schwierigkeiten Gedanken auszudrücken); andererseits ist auch die rezeptive Sprachentwicklung beeinträchtigt (Schwierigkeiten Worte, Sätze oder 3 bestimmte Wortfelder zu verstehen), dabei können sich die Schwierigkeiten z.B. nur auf räumliche Begriffe oder wenn- dann Aussagen beziehen. Auch hier Unterscheidung des entwicklungsbezogenen Typus und des erworbenen Typus (s.o.) Zugehörige Merkmale und Störungen expressive Merkmale gleichen denen der Expressiven Sprachstörung zusätzliches Defizit im Sprachverständnis z.B.: Kind erweckt den Eindruck zwischenzeitlich nicht zu hören oder verwirrt und unaufmerksam zu sein; befolgt Anweisungen nicht (korrekt), oberflächliche unpassende Antworten, Konversationsfertigkeiten sind schwach ausgeprägt Defizite im Bereich der sensorischen Informationsverarbeitung (besonders bei der zeitlichen Verarbeitung auditiver Reize) Zusätzlich oft Phonologische Störung, Lernstörung und Defizite in der Sprachwahrnehmung und verminderte Gedächtnisleistung weitere Begleitstörungen: ADHS, Entwicklungsbezogene Koordinationsstörung, Enuresis (s. o.) Prävalenz: 3 % bei Schulkindern, seltener als die expressive Sprachstörung Besondere Störungsform: „Landau- Kleffner Syndrom“ (zwischen 3 und 9 Jahren Störungsbeginn, begleitet von Epilepsie-Anfällen) Verlauf Entwicklungsbezogener Typus : im Alter von 4 Jahren erkannt, schwere Formen schon mit 2, leichte erst im Schulalter Erworbener Typus: (durch Hirnschädigung, Hirntrauma und Hirnschlag verursacht), kann in jedem Alter auftreten Spezialtypus „Landau- Kleffner- Syndrom“ zwischen 3 und 9 Jahren Störungbeginn Prognose: schlechter als beim Erworbenen Typus, dennoch können viele schließlich normale Sprechfähigkeit erreichen; beim erworbenen Typus hängen Verlauf und Prognose vom Schweregrad und Lokalisation der erworbenen Hirnschädigung ab, sowie dem Alter der Person und dem Stand in der Sprechentwicklung beim Erwerb der Störung; manchmal kommt es zur schnellen und vollständigen Verbesserung der Störung, manchmal zu unvollständigen Remissionen oder fortschreitenden Defiziten 4 Familiäres Verteilungsmuster: der Entwicklungsbezogene Typus ist bei Verwandten ersten Grades häufiger als in der Allgemeinbevölkerung; keine familiäre Häufung beim Erworbenen Typus Differentialdiagnose (s. Expressive Sprachentwicklung) 3. Phonologische Störung Diagnostische Merkmale Kriterium A: Unfähigkeit für das Entwicklungsalter erwartete Sprachlaute zu artikulieren (Fehler bei der Produktion von Lauten, bei ihrem Gebrauch, Substitution eines Lautes durch einen anderen (z.B.: Gebrauch des /t/ Lautes statt dem korrekten /k/ Laut), Auslassen von Lauten) Kriterium B: die Sprachschwierigkeiten behindern die schulischen bzw. beruflichen Leistungen Kriterium C: liegt eine GB, ein sprachmotorisches oder sensorisches Defizit oder deprivierende Umwelt vor, sind die Sprechschwierigkeiten wesentlich größer als diejenigen, die gewöhnlich bei diesen Problemen auftreten Schweregrad reicht von geringer oder keiner Auswirkung auf die Sprachverständlichkeit bis zur vollkommenen Unverständlichkeit Prävalenz: 2 bis 3 % aller sechs bis sieben Jährigen haben eine mittelschwere bis schwere phonologische Störung, bei leichteren Formen ist die Prävalenz höher; bis zum 17. Lbj. fällt die Prävalenz stark ab (=0,5%); bei Jungen häufiger als bei Mädchen Familiäres Verteilungsmuster bei einigen Formen familiäre Häufung Differentialdiagnose: Verbindung mit Geistige Behinderung, Hörschwäche (oder anderes sensorisches Defizit), sprechmotorisches Defizit, stark deprivierende Umwelt Probleme, die sich auf den Sprechrhythmus und der Stimme beschränken sind dem Stottern oder der Nicht Näher Bezeichneten Kommunikationsstörung zuzuordnen und fallen nicht unter „Phonologische Störung“ 5 4. Stottern Diagnostische Merkmale Kriterium A: gestörter Redefluss und gestörtes Zeitmuster beim Sprechen Kriterium B: die Störungen des Redefluss behindern die schulischen bzw. beruflichen Leistungen Kriterium C: liegt ein sprechmotorisches Defizit oder sensorisches Defizit vor, sind die Sprechschwierigkeiten wesentlich größer, als diejenigen die gewöhnlich mit diesem Problem verbunden sind Zugehörige Merkmale und Störungen Bewusstsein über die Störung kann zur Entwicklung angstvoller Erwartungen führen Vermeidung von Sprechen in der Öffentlichkeit, Stottern kann von motorischen Bewegungen (z.B.: Augenzwinkern) begleitet sein Stress oder Angst verschlimmern das Stottern Beeinträchtigung der sozialen Funktionsfähigkeit durch Angst, Frustration oder geringes Selbstwertgefühl (verbunden mit dem Stottern) Einschränkungen bei der Berufswahl oder Behinderung des beruflichen Aufstiegs Prävalenz 1 % in der Vorpubertät, bei Jungen dreimal häufiger als bei Mädchen Verlauf Beginn meist zwischen 2 und 7 Jahren, erst schleichend, dann chronifizierend Familiäres Verteilungsmuster Hinweise auf genetischen Faktor Höheres Risiko unter Verwandten ersten Grades Differentialdiagnose: Verbindung mit Hörschwäche (oder anderem sensorischen Defizit) oder sprechmotorisches Defizit Abgrenzung von Störungen des normalen Redeflusses, die häufig bei kleinen Kindern auftreten (Wiederholung ganzer Wörter oder Wortgruppen „ Ich möchte, ich möchte ein Eis haben“ 6 Anmerkung: es gibt keine rein rezeptive Sprachentwicklungsstörung, weil Probleme mit dem Sprachverständnis automatisch auch Probleme der Sprachproduktion verursachen Standardisierte und Individuelle Messungen, sind z. B.: WET (Wiener Entwicklungs Test), SETK- 2 (oder 3-5)(Sprachentwicklungstest für 2- Jährige Kinder Frau Grimm!), TEDDY – Test, GES (Griffiths Entwicklungsskalen), MSVK (Marburger Sprachverständnistest für Kinder) * Altersangaben nach Dt. Bearbeitung der Griffiths Entwicklungsskalen: Ingeborg Brandt (1983) Gehirn: o Broka Areal o Wernicke Areal o Hörrinde (Eingang, Perzeption) o Zusammenspiel muss perfekt funktionieren o Syntaktische Defizite werden durch Imitationstests gemessen 7 Hannelore Grimm: Störungen der Sprachentwicklung Merkmale spezifischer Störung der Sprachentwicklung: die Störung ist primärer Natur, so dass ausgeschlossen sind: o sensorische Schädigung o schwerwiegende neurologische Schädigung o emotionale Schädigung o GB Ausschlussdefinitionen („was soll nicht gestört sein“) bei Sprachentwicklungsstörungen die Diskrepanz zwischen nonverbalem IQ und der Sprachentwicklungsstörung schließt eine allgemeine Störung (GB) aus und man nennt diese Art der Störungen auch spezifische Störungen; liegt GB vor, wird keine Sprachentwicklungsstörung diagnostiziert. z.B. bei Williams Syndrom (GB) ist die Sprache gestört, es wird aber keine Sprachentwicklungsstörung diagnostiziert bei Autismus „Asperger Syndrom“ = sprechende Autisten Hörprobleme charakteristisch sind: o verspäteter Sprachbeginn o verlangsamter Spracherwerb mit möglicher Plateaubildung o Sprachverständnis ist meist besser als Sprachproduktion o formale Merkmale (Syntax, Morphologie) sind gestörter als Pragmatik / Semantik o nonverbale Testintelligenz im Normalbereich Fallbeispiel Sam (Zusammenfassung) genetische Prädisposition, war ein später Wortlerner, Rückstand von etwa 1 ½ Jahren, „kreuz- und quere“ Mehrwortverbindungen, jedoch durchaus systematische Grammatikfehler (Sam lässt was inhaltlich zusammengehört auch grammatisch zusammen) auch bei unmittelbarem Nachsprechen traten Sams typische Fehler auf z.B. :“Die Ente sitzt neben dem Auto“ „Die Ente neben dem Auto sitzt“, jedoch hat Sam die vorgegebenen Sätze inhaltlich schon verstanden (geprüft dadurch, dass er die Handlung der Sätze mit Spielobjekten richtig nachstellte) Diskrepanz zwischen Sprachverständnis und Nachsprechen der Sätze Sam erreichte bei seiner ersten Untersuchung einen deutlich überdurchschnittlichen nonverbalen IQ (145), jedoch hatte Sam deutliche Gedächtnisprobleme besonders im Zsh. mit räumlichen Relationen(war z.B. beim Memory spielen außergewöhnlich schlecht) In der Schule Probleme mit Lesen, Schreiben und Rechnen (viele Verwechslungen und Gedächtnisdefizite) zunehmendes Rückzugsverhalten in seiner Klasse 8 Verspäteter und verlangsamter Spracherwerb Kriterium für langsame Wortlerner („late talkers“): mit 2 Jahren weniger als 50 Wörter und keine Mehrwortaussagen; trifft auf 13 bis 20 % aller zweijährigen zu; allerdings holt etwa die Hälfte dieser Kinder ihren sprachlichen Rückstand bis zum dritten Lebensjahr wieder auf („Late Bloomers oder Spätzünder“) demnach fallen also 6 bis 10 % aller Vorschulkinder tatsächlich unter die Kategorie langsame Wortlerner die andere Hälfte der zweijährigen mit weniger als 50 Wörtern im aktiven Wortschatz holt als late bloomers den Rückstand auf Kriterium: wenn Kind mit 2 Jahren noch keine 50 Wörter produziert oder verwendet, dann Rückstand im Spracherwerb gegeben ist aber ein zu frühes Kriterium, besser sind die unten angeführten „frühen Anzeichen“ Entwicklung der Sprachproduktion (normaler Verlauf) Durchschnittsalter* (5. – 95. % Rang)Zweisilbiges Lallen 6½ o o o o o o o o o „looloo“, „adah“ Viersilbiges Lallen „dadadada“ Erstes Wort „mama“ für Mutter Zwei-Wort-Äußerungen „papa weg“ Drei-Wort-Äußerungen „gogolade is des“ (5 – 8) 8 (6 – 10) 9 (7 – 15) 19 (15 – 24) 24 (18 – 36) •Besser als Kriterium geeignet: Sprachentwicklungsstörung – frühe Anzeichen ••Mit 6 M – keine Ausrichtung von Kopf/Augen auf Sprecher etc; •12 M – Keine konsistente Reaktion auf simple Äußerungen, kein Lallen (Verlust oder nie begonnen); •18 M – Keine Zeigegeste auf Wo ist der Ball etc, kein Versuch Wörter nachzusagen, kein Verständnis einfacher Aufforderungen (gib mir den Ball), weniger als 10 W produktiv; •24 M - Wortschatz unter 50, keine 2-W-Äßerungen, kein Verständnis für Aufforderungen mit 2 Nomina (Leg den Ball in die Schachtel) •36 M – keine 3 bzw 4-W-Äßerungen mit Vgh.- und Pluralformen, keine WFragen, Verständisprobleme mit Bild-Wahl über Verben, Funktion („was können wir essen?), Verständlichkeit für Fremde erschwert. •Anscheinend besonders hinweisend in späten Vorschuljahren • Fehler bei Verb-Morphologie – Bsp. Du gehen Eingeschränkter Gebrauch von Hilfzeitwörtern – Bsp. Ball kaputt • Nachsprechen von mehrsilbigen Unsinnswörtern (z.B. stramkrifo) Jedoch sollte man das Kriterium mit den 50 Wörtern mit 2 Jahren nicht auf die leichte Schulter nehmen, das Kind sehr genau beobachten um herauszufinden, ob es aufholen wird oder nicht; früher Interventionen können u. U. verhindern, dass aus der 9 anfänglich diagnostizierten Sprachverzögerung ein kumulatives Defizit mit Plateaubildung entsteht zur Plateaubildung: mit zunehmendem Alter wird der Leistungsabstand zwischen Kindern mit einer spezifischen Sprachentwicklungsstörung und normalen Kindern deutlich vergrößert in manchen Bereichen können die betroffenen Kindern dann gar nicht mehr zu den normalen Kindern aufschließen Diagnostisches Beispiel: Längsschnittstudie von 8 dysphasischen Kindern im Alter von 5 Jahren, die noch nicht den syntaktischen Entwicklungsstand von normalen dreijährigen Kindern erreicht hatten, drei Jahre später mit 8 Jahren, hatten die Kinder immer noch große Probleme (zum Nachlesen. ab Seite 68 im Reader) Das Sprachverständnis ist besser als die Sprachproduktion die besseren Verstehensleistungen sind dabei relativ zu den eigenen Produktionsleistungen zu sehen, d.h. die betroffenen Kinder haben normalerweise auch kein normales Sprachverständnis, aber verallgemeinernd kann man sagen, dass, unabhängig vom Niveau der Verstehensleistung die Produktionsleistung, in gleichem Abstand etwa, schlechter bleibt. Die schlechtesten Prognosen haben Kinder, die in beiden Bereichen mehr als eine Std unter dem Durchschnitt liegen (meist haben diese Kinder einen IQ zwischen 100 und 85) Die Diskrepanz zwischen nonverbalem IQ und den Sprachleistungen kann ganz unterschiedliche Ausprägungen annehmen (z.B. Sam, sehr hoher NV- IQ und schwere Sprachdefizite; aber es gibt auch Kinder mit schweren Defiziten und einem NV-IQ, der gerade noch im Normalbereich liegt) Die Formalen Merkmale der Grammatik sind gestörter als die Semantik und Pragmatik morphologische und syntaktische Defizite begleiten den Sprachrückstand aller Kinder mit einer spezifischen Sprachentwicklungsstörung; das Sprachliche Regelinventar scheint unvollständig / eingeschränkt Die Sprach der Kinder bricht selbst bei der Imitation (Nachsprechen) vorgesprochener Sätze zusammen (s. S. 70 im Reader): dabei sind die Satzimitationen eines 6jährigen Mädchens mit spezifischer Sprachentwicklungsstörung so sehr morphosyntaktisch falsch, dass ihr Inhalt, ohne die Vorgabe der ursprünglichen Sätze nur schwer oder gar nicht verständlich ist. Ein solcher Sprachrückstand ist eigentlich nicht mehr aufholbar, im Schulalter und Erwachsenenalter sind bei solchen Kindern Defizite noch nachweisbar verweist auf dauerhafte Probleme beim Erwerb bestimmter Sprachmerkmale 10 Verzögert oder abweichend Verzögerungsannahme. ausschließlich der Beginn des Spracherwerbs ist zeitlich verzögert und die Entwicklung verläuft dann nur langsamer; sonst jedoch gleichen die erworbenen Strukturen der normalen Entwicklung hat sich als falsch erwiesen dysphasische Kinder produzieren strukturell abweichende Sätze, die im Sprachentwicklungsverlauf normaler Kinder nicht vorkommen spezifisches syntaktisches Problem („Wortordnungsproblem“): gelingt es normalen Kindern bald nach der Bildung syntaktisch und morphologisch einfacher Sätze die strukturellen Möglichkeiten, die die Sprache bereitstellt, auszunutzen und variable Wortordnungen zu produzieren, so bleiben die dysphasischen Kinder sehr lange und in rigider Weise an der einmal erworbenen falschen Wortordnung kleben. Dies drückt sich dadurch aus, dass diese Kinder große Schwierigkeiten haben, semantisch zusammengehörige Einheiten zu trennen und diese an unterschiedlichen Positionen in variablen Satzmustern zu platzieren. z.B.: statt. „Die Mama holt mich wieder ab“ sagen diese Kinder „Die Mama mich wieder abholt“ 11