Schweinfurt - Dr. Falk Pharma GmbH

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Abstracts
Aktuelle Hepato-/Gastroenterologie:
Von der chronischen Inflammation
zur Kanzerogenese
Schweinfurt
Samstag, 28. April 2012
9.00 – 15.30 Uhr
Veranstaltungsort:
Mercure Hotel
Maininsel 10-12
97421 Schweinfurt
Wissenschaftliche Leitung:
Prof. Dr. S. Kanzler, Schweinfurt
Prof. Dr. D. Meyer, Schweinfurt
Lübeck
21. April 2012
Berlin
31. März 2012
Münster
17. März 2012
Leverkusen
30. Juni 2012
Kassel
24. November
2012
Gera
23. Juni 2012
Schweinfurt
28. April 2012
Regensburg
13. Oktober 2012
Programm
Seite
9.00 Uhr
Begrüßung und Einführung in die Thematik
Prof. Dr. S. Kanzler, Schweinfurt
Prof. Dr. D. Meyer, Schweinfurt
Session 1
Vorsitz:
Prof. Dr. D. Meyer, Schweinfurt
Prof. Dr. R.M. Schmid, München
9.10 Uhr
Einführung: State-of-the-Art:
Entzündung als Grundlage der Karzinogenese:
Pathophysiologie, mögliche therapeutische
Targets
Prof. Dr. M.F. Neurath, Erlangen
3
Ösophagus/Magen
9.35 Uhr
10.00 Uhr
Refluxösophagitis, Barrett, (Hp)-Gastritis:
Diagnose, Therapiestandards,
Überwachungsstrategien
Prof. Dr. Dr. M. Gross, München
4–6
Chirurgische Therapie der Kardiadysplasie/
-neoplasie
Prof. Dr. S.M. Freys, Bremen
7–8
Leber/Galle
10.40 Uhr
Modelle der Hepatokarzinogenese (ohne Abstract)
Prof. Dr. P.R. Galle, Mainz
11.05 Uhr
Hepatitis C und B:
Aktuelle Therapiestandards (ohne Abstract)
Prof. Dr. S. Zeuzem, Frankfurt
11.30 Uhr
HCC verhindern, früher erkennen, besser
behandeln
Prof. Dr. M. Schuchmann, Mainz
11.55 Uhr
9 – 10
Aktuelle Therapiestandards beim HCC:
Von der Resektion zur Transplantation
(ohne Abstract)
Prof. Dr. H.-J. Schlitt, Regensburg
1
12.20 – 13.00 Uhr
Mittagspause
Session 2
Vorsitz:
Prof. Dr. S. Kanzler, Schweinfurt
Prof. Dr. H.-J. Schlitt, Regensburg
13.00 Uhr
Übersichtsreferat:
Wie zuverlässig ist die pathologische Diagnostik
im GI-Trakt?
PD Dr. H.-U. Völker, Schweinfurt
11 – 13
Pankreas
13.25 Uhr
13.50 Uhr
14.15 Uhr
Chronische Pankreatitis, Pankreaszysten (inkl.
IPMN), unklare Pankreasraumforderung
Internistische Sicht
Prof. Dr. R.M. Schmid, München
14 – 19
Chirurgische Sicht
Prof. Dr. C.-D. Heidecke, Greifswald
20 – 21
Gemeinsame Diskussion
Darm
14.25 Uhr
14.50 Uhr
Aktuelle Diagnostik und Therapie bei CED:
Wann sind Biologika indiziert?
Prof. Dr. A. Stallmach, Jena
22 – 26
Wann brauchen wir den Chirurgen bei CED?
Prof. Dr. M. Sailer, Hamburg
27 – 29
15.15 Uhr
Gemeinsame Diskussion
15.25 Uhr
Schlusswort
Prof. Dr. S. Kanzler, Schweinfurt
Prof. Dr. D. Meyer, Schweinfurt
Anschriften der Referenten und Vorsitzenden
2
31
Einführung: State-of-the-Art
Entzündung als Grundlage der Karzinogenese: Pathophysiologie, mögliche therapeutische Targets
M.F. Neurath
Medizinische Klinik 1, Universität Erlangen-Nürnberg, Erlangen
Ähnlichkeiten zwischen Krebs und Entzündung wurden bereits von Galenus von
Pergamon beschrieben, ebenso die Möglichkeit, dass Krebs aus Entzündung
entsteht. Heute geht man von einem extrinsischen und einem intrinsischen Weg aus,
über die Krebs und Entzündung miteinander verbunden sind. Während einerseits bei
vielen Krebsformen eine assoziierte Entzündung besteht, die die Anti-Tumor-Immunantwort moduliert, gibt es andererseits chronische Entzündungsprozesse, die über
genetische und epigenetische Veränderungen eine Prädisposition für eine Krebserkrankung darstellen. Für letztere Möglichkeit gibt es in der Gastroenterologie viele
Beispiele, so z. B. die Barrett-Neoplasie bei Refluxösophagitis, das hepatozelluläre
Karzinom bei der chronischen Virushepatitis und das Kolonkarzinom bei chronisch
entzündlichen Darmerkrankungen (CED). Im vorliegenden Beitrag wird die zugrunde
liegende Pathophysiologie der Entzündung bei CED als Grundlage der Karzinogenese dargestellt. Ferner werden neue therapeutische Targets in der entzündungsbedingten Karzinogenese diskutiert.
3
Refluxösophagitis, Barrett, (Hp)-Gastritis: Diagnose, Therapiestandards, Überwachungsstrategien
M. Gross
Internistische Klinik Dr. Müller, München
Die Refluxkrankheit ist ein häufiges Problem. Mindestens 10% der Bevölkerung
leidet mehrfach pro Woche unter Sodbrennen. Hinzu kommen die Patienten, die
unter extraösophagealen Syndromen wie Refluxhusten, Refluxlaryngitis oder refluxassoziierten Schlafstörungen leiden.
Die Diagnose kann klinisch gestellt werden, wenn typische Beschwerden (Sodbrennen, epigastrische Schmerzen) berichtet werden und die Symptome auf eine
säurehemmende Therapie, in der Regel mit einem Protonenpumpenhemmer (PPI),
verschwinden. In den übrigen Fällen erfordert die Diagnose eine weitergehende
Diagnostik, meist eine Gastroskopie oder pH-Metrie.
Die Refluxkrankheit kann sich im Ösophagus auf 3 Arten manifestieren: als nichterosive Refluxkrankheit (NERD, non-erosive reflux disease), bei der die Gastroskopie einen Normalbefund zeigt, als erosive Refluxkrankheit (ERD, erosive reflux
disease, Refluxösophagitis) oder mit Komplikationen wie Blutung, peptischer
Stenose, Barrett-Ösophagus oder Barrett-Karzinom. Ohne Gastroskopie kann nicht
unterschieden werden, ob bei einem Patienten eine NERD oder eine ERD vorliegt.
Zur Differenzierung dieser Patientengruppen, aber insbesondere auch zur Erkennung der Patienten mit einem Barrett-Ösophagus, sollte jeder Patient mit einer
klinisch diagnostizierten Refluxkrankheit mindestens einmal eine Gastroskopie
erhalten.
Bei der Therapie der Refluxkrankheit sollte der Patient auf Auslöser der Refluxbeschwerden achten und diese meiden. Nur selten reichen solche Allgemeinmaßnahmen aus, und in der Regel ist eine Therapie mit einem potenten Säureblocker,
meist PPI, erforderlich. Reicht die einmal tägliche Einnahme in Standarddosis nicht
aus, kann die Dosis verdoppelt werden. Im Verlauf sollte die Dosis so weit wie ohne
Rezidiv möglich reduziert und ein Auslassversuch durchgeführt werden.
4
Die Diagnose einer Helicobacter-pylori (Hp)-Gastritis kann histologisch in Biopsien
aus Antrum und Corpus gestellt werden (Goldstandard). Außerdem kann mit Magenbiopsien ein Urease-Schnelltest durchgeführt werden. Die Histologie hat jedoch
entscheidende Vorteile, so die Graduierung des Schweregrads der Entzündung und
die Erfassung von atrophischen oder metaplastischen Veränderungen. Nicht-invasiv
kann die Diagnose auch mit guter Sensitivität und Spezifität mittels Atemtest oder
Stuhltest auf Hp-Antigen gestellt werden. Die Serologie ist zur Diagnostik nicht
sinnvoll, da sie auch noch lange nach einer Eradikation positiv bleibt.
Eine Hp-Eradikation wird in den Leitlinien nur bei klarer Indikation empfohlen, so
z. B. bei Ulkusanamnese, dyspeptischen Beschwerden oder bei familiärer Belastung
für Magenkarzinome. Der klinische Alltag ist hingegen, dass regelhaft eine Hp-Eradikation nach Diagnosestellung durchgeführt wird, da die Vorteile mögliche Nachteile
überwiegen.
Für die Eradikation steht eine Vielzahl von Schemata zur Verfügung, sowohl für die
Erstbehandlung als auch für Zweitlinientherapien nach erfolglosem Eradikationsversuch. Eine Kultur des Keims mit Antibiogramm ist in der Regel frühestens nach
2 frustranen Eradikationsversuchen indiziert. Ein Therapieversagen liegt häufiger in
der Compliance der Patienten als in Resistenzen begründet. Die Patienten sollten
deshalb ausdrücklich auf die Notwendigkeit der zuverlässigen Tabletteneinnahme
hingewiesen werden. Zur Erfolgskontrolle nach einer Eradikation können sowohl ein
Atemtest als auch ein Stuhltest verwendet werden.
Der Barrett-Ösophagus ist eine Präkanzerose, das Risiko der Entwicklung eines
Barrett-Karzinoms wurde in der Vergangenheit jedoch überschätzt. Heute geht man
davon aus, dass das Risiko einer Entartung deutlich unter 0,5%/Jahr liegt. Deshalb
sind regelmäßige Überwachungsgastroskopien meist ohne klinische Konsequenz,
und die große Mehrzahl der Barrett-Karzinome wird nicht im Rahmen von Überwachungsgastroskopien diagnostiziert. Dennoch empfehlen die Leitlinien solche Überwachungen, die Leitlinie der DGVS beim langen Barrett-Ösophagus alle 3 Jahre,
beim kurzen Barrett-Ösophagus nur alle 4 Jahre.
5
Wird eine niedriggradige intraepitheliale Dysplasie innerhalb der Barrett-Mukosa
diagnostiziert, sollte im Falle einer endoskopisch abgrenzbaren Veränderung die
Läsion reseziert werden, ansonsten kommen ablative Verfahren oder engmaschige
Kontrollen in Betracht. Beim Nachweis hochgradiger Dysplasien ist eine Resektion
anzustreben. Das Barrett-Karzinom kann in frühen Stadien endoskopisch kurativ
reseziert werden.
6
Chirurgische Therapie der Kardiadysplasie/-neoplasie
S.M. Freys
Chirurgische Klinik, DIAKO Ev. Diakonie-Krankenhaus, Bremen
Durch die Einführung einer neuen TNM-Klassifikation der Tumoren des ösophagogastralen Übergangs durch die Union for International Cancer Control (UICC) in ihrer
7. Edition liegt eine neue prognostische Einteilung vor. Kardiakarzinome und
subkardiale Karzinome werden jetzt erstmalig als Ösophaguskarzinome klassifiziert.
Die chirurgische Therapie der dys- und neoplastischen Veränderungen der Kardia
hat sich hingegen in den letzten 10 Jahren nicht wesentlich gewandelt. Die neue
TNM-Klassifikation beinhaltet keine neue Anleitung zur chirurgisch-technischen
Verfahrensweise.
In der Situation einer dysplastischen Veränderung auf dem Boden eines BarrettÖsophagus besteht im Stadium der Low-grade intraepithelialen Neoplasie (LGIEN)
grundsätzlich keine Indikation zu einer chirurgischen Maßnahme. Im Stadium der
High-grade intraepithelialen Neoplasie (HGIEN) und im Frühstadium eines
Karzinoms konkurrieren endoskopisch ablative und chirurgische Therapien. Hier wird
das individualisierte Vorgehen durch das Vorhandensein möglicher Lymphknotenmetastasen, durch das Potenzial einer Stadienprogression, eine mögliche Multizentrizität von dys- oder neoplastischen Befunden, das Vorliegen eines koinzidenten
Karzinoms und die aktuell verfügbaren Daten der Therapieergebnisse bestimmt.
Kommt ein lokal ablatives, endoskopisch geführtes Verfahren nicht in Betracht, so
gelten die abdominothorakale Ösophagusresektion im Stadium des Karzinombefunds und die abdominotransmediastinale Resektion mit Jejunuminterposition
(Merendino-Operation) im Stadium der HGIEN als chirurgische Therapieformen der
Wahl.
Grundlage für die Indikationsstellung zu einer chirurgisch-operativen Therapie beim
Kardiakarzinom bleibt aktuell die von Siewert Anfang der 90er-Jahre initiierte
endoskopische Klassifikation der Adenokarzinome des ösophagogastralen Übergangs (AEG-Klassifikation). Diese unterscheidet Adenokarzinome, die im distalen
Ösophagus mit Kontakt zur Z-Linie wachsen (AEG Typ I), Karzinome, die ihr
Zentrum unmittelbar im Bereich der Kardia (Z-Linie) haben (AEG Typ II) und Kar7
zinome, deren Haupttumormasse mit Kontakt zur Z-Linie nach subkardial ausgedehnt ist (AEG Typ III). Bei kurativ intendierter Therapie erfolgt bei AEG-Typ-ITumoren (analog Ösophaguskarzinom) eine abdominothorakale Ösophagusresektion vorzugsweise mit Magenschlauch-Rekonstruktion. Bei den Typen II und III wird
(analog Magenkarzinom) eine transhiatal erweiterte Gastrektomie, vorzugsweise mit
Jejunum-Pouch-Rekonstruktion, durchgeführt. Eine Ausweitung dieser Operation
Richtung abdominothorakaler Ösophagusresektion bzw. Ösophagogastrektomie
kann bei Typ-II-Tumoren erforderlich werden, wenn am ösophagealen Absetzungsrand intraoperativ ein Tumornachweis vorliegt.
8
HCC verhindern, früher erkennen, besser behandeln
M. Schuchmann
Innere Medizin I, Universitätsmedizin der Johannes-Gutenberg-Universität, Mainz
Das hepatozelluläre Karzinom (HCC) nimmt besonders in der westlichen Welt weiter
an Bedeutung zu. Mittlerweile ist das HCC weltweit der fünfthäufigste Tumor und
damit die dritthäufigste Krebs-assoziierte Todesursache. In der westlichen Welt
entstehen über 80% der HCCs auf dem Boden einer Leberzirrhose, die somit als
Präkanzerose gewertet werden muss. Bei der Entwicklung der zugrunde liegenden
Leberzirrhose spielen die chronische Hepatitis B und Hepatitis C die größte Rolle.
Während in Asien und Afrika vor allem die chronische Hepatitis B ursächlich für die
Entwicklung eines HCC ist, ist dies in der westlichen Welt in erster Linie die
Hepatitis-C-Virus-assoziierte Leberzirrhose.
Die entscheidende Bedeutung der chronischen Hepatitis-B-Virusinfektion für die
Entwicklung von HCCs in Asien wurde eindrucksvoll durch Impfprogramme im Sinne
einer Primärprophylaxe unterstrichen: In Taiwan konnte gezeigt werden, dass die
Impfung gegen Hepatitis B in Hochprävalenzgebieten die Inzidenz von HCCs im
weiteren Verlauf signifikant senken kann (1).
Bei bereits etablierter chronischer Hepatitis C oder Hepatitis B führt die antivirale und
damit antientzündliche Behandlung im Sinne einer Sekundärprophylaxe zu einer
deutlichen Reduktion von Leberzirrhosen und darauffolgender HCC-Entwicklung.
Das Prinzip der antiinflammatorischen Behandlung zur Hemmung einer fortschreitenden Fibrosierung und Zirrhoseentwicklung gilt im Prinzip auch für andere chronisch
entzündliche Lebererkrankungen wie die autoimmune Hepatitis oder die nicht-alkoholische Fettleberhepatitis. Interessanterweise erhöht dabei ein hoher BMI zusätzlich
das Risiko, ein Leberzellkarzinom zu entwickeln, signifikant.
Konnte die Entwicklung einer Leberzirrhose nicht im Vorfeld verhindert werden, gilt
es durch Überwachungsmaßnahmen eine Tumorentstehung möglichst früh zu detektieren: Patienten mit gesicherter Leberzirrhose sollten alle 6 Monate mittels Ultraschall untersucht werden. Der Tumormarker AFP hat eine geringe Sensitivität von
etwa 60% und wird nicht zum Einsatz im Screening empfohlen. Verdächtige Raum9
forderungen sollten mittels MRT, CT (4-Phasen/Multidetektor) oder kontrastmittelverstärktem Ultraschall weiter abgeklärt werden (2).
Muss bei einem Patienten schließlich die Diagnose eines HCC mittels Bildgebung
und/oder Biopsie gestellt werden, sollte das weitere Vorgehen interdisziplinär im
Rahmen eines Tumorboards festgelegt werden. Sehr hilfreich ist dabei der BCLCStaging- und Behandlungsalgorithmus (3). Entscheidend für den weiteren Verlauf ist
die Frage, ob ein kuratives Verfahren wie Resektion, lokale Ablation oder Transplantation in Betracht kommt. Neben der Tumorausdehnung muss hier stets auch das
Ausmaß der zugrunde liegenden Leberfunktionsstörung berücksichtigt werden. Für
nicht-resektable bzw. nicht-transplantable Tumoren, die auf die Leber beschränkt
sind, stellt die transarterielle Chemoembolisation derzeit das am besten etablierte
Verfahren dar. Patienten mit einer Makroinvasion des Tumors in die Pfortader oder
extrahepatischer Tumormanifestation können bei gut erhaltener Leberfunktion
(Leberzirrhose Child A) mit dem Rezeptor-Tyrosinkinaseinhibitor Sorafenib behandelt
werden. Bei welcher Patientengruppe eine Kombination aus lokal ablativem
Verfahren und systemischer Therapie eine Verlängerung des Überlebens erreicht
werden kann, wird derzeit in Studien untersucht.
Referenzen:
1. Yang JD, Roberts LR. Hepatocellular carcinoma: A global view. Nat Rev Gastroenterol Hepatol 2010; 7: 448–458.
2. Rodríguez de Lope C, Tremosini S, Forner A, Reig M, Bruix J. Management of
HCC. J Hepatol 2012; 56 Suppl 1: S75–S87.
3. Forner A, Llovet JM, Bruix J. Hepatocellular carcinoma. Lancet. 2012; 379:
1245–1255.
10
Übersichtsreferat
Wie zuverlässig ist die pathologische Diagnostik im GI-Trakt?
H.-U. Völker
Pathologisches Institut, Leopoldina Krankenhaus, Schweinfurt
Oft hängen von einer histologischen Diagnose therapeutische Entscheidungen
maßgeblich ab. Deshalb ist die besterreichbare diagnostische Richtigkeit zwingend.
Allerdings existiert bei der Wertung von histomorphologisch an einem Gewebe
erfassbaren Veränderungen gelegentlich eine Grauzone zwischen „richtig“ und
„falsch“. Die Einordnung mancher Läsionen kann dem Interpretationsspielraum des
Betrachters unterliegen. Das macht sich in der wissenschaftlichen Arbeit zum
Beispiel bei der Auswertung von immunhistochemischen Färbereihen, aber natürlich
besonders in der Routinediagnostik bemerkbar. Der κ-Wert von 2 Betrachtern wird
nur in den wenigsten Fällen bezüglich aller ableitbarer Aspekte Werte deutlich über
0,8 erreichen, auch wenn eine approximative Annäherung möglich ist.
Die Schwierigkeit bei der Analyse eines histologischen Bildes besteht bei
ausreichender Materialmenge und -qualität in der Regel kaum in der Einordnung als
„benigne“ oder „maligne“ Veränderung. Dafür unterliegen nach weicheren Kriterien
zu erfassende Parameter Observer-abhängigen Schwankungen. Dazu gehören zum
Beispiel die Graduierung einer Entzündung (gering, mäßig, stark) oder die Angabe
eines exakten Tumorgradings (G 1, 2 oder 3), vor allem, wenn nicht definierte
Algorithmen und Scoringsysteme (wie die Syndey-Klassifikation bei Gastritiden oder
Gradingskalen wie für Mammakarzinome, Nierenzellkarzinome und Sarkome)
verfügbar sind.
Darüber hinaus können echte diagnostische Fehleinschätzungen vorkommen, wenn
reaktive benigne Läsionen morphologisch starke Ähnlichkeiten zu dysplastischen
und präneoplastischen Veränderungen zeigen und vice versa Dysplasien mit
regeneratorischen Prozessen verwechselt werden. Auch kann die Graduierung von
Dysplasien beziehungsweise intraepithelialen Neoplasien problematisch sein und bei
fehlender Erfahrung die von der WHO für viele Präneoplasien favorisierte Trennung
in Low-grade und High-grade Dysplasien Schwierigkeiten bereiten.
11
Diese Probleme wurden am Beispiel der Diagnose „Barrettmukosa mit Dysplasien“
näher analysiert. Dabei sollte die Frage beantwortet werden, wie verlässlich die
histopathologische Diagnose sein kann und welche Konsequenzen sich ableiten
lassen.
In PubMed (http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/) wurde aktuelle Literatur gesucht
und ausgewertet. Mit Suchparametern wie „intraobserver AND variability AND
histology“ oder „Barrett AND intraobserver“ und verschiedenen anderen Konstellationen konnten zahlreiche Arbeiten mit Bezug zur Fragestellung aufgefunden
werden.
Gemeinsame Kernaussage der meisten Arbeiten war, dass tatsächlich eine
signifikante Inter- und auch Intraobserver-Variabilität bei der histomorphologischen
Begutachtung besteht. Größte Probleme macht die Abgrenzung von reaktiven
Veränderungen gegenüber Low-grade Dysplasien und von High-grade Dysplasien
gegenüber Karzinomen. Nicht allein Primärpathologen haben diese Schwierigkeiten,
sondern auch auf gastrointestinale Erkrankungen spezialisierte Diagnostiker. Lowgrade Dysplasien werden tendenziell eher unterbewertet und High-grade Dysplasien
bereits als Adenokarzinome überdiagnostiziert. Vor allem das Nichterkennen von
niedriggradigen Dysplasien ist problematisch, da etwa 40–50% der Fälle im Laufe
der Zeit eine Progression zu High-grade Dysplasien und Karzinomen aufweisen.
Leider sind aber in der morphologischen Diagnostik nicht in jedem Fall eindeutige
Entscheidungen möglich. Immunhistochemische Zusatzuntersuchungen (p53, Ki67)
können die Diagnostikqualität verbessern.
In der Konsequenz sehen die derzeit in Revision stehenden Leitlinien bei Dysplasien
eine Begutachtung durch 2 Pathologen vor. Hierin besteht ein entscheidender Schritt
zur qualitativen Absicherung einer relevanten Diagnose. Die Zweitbegutachtung
sollte am besten an spezialisierte Referenzlabore abgegeben werden. Unklar bleibt
aber, welche Fälle überhaupt den Referenzpathologen erreichen, denn nur primär
erkannte Dysplasien sollen bestätigt werden, reaktive Veränderungen in Abgrenzung
zur Dysplasie aber nicht.
Die deutsche Pathologie hat eine ausgewiesene Kultur der Einholung von Zweitmeinungen. Wahrscheinlich gibt es kaum noch Pathologen, die in ihnen kritisch
erscheinenden Fällen keinen konsiliarischen Rat einholen. Über Deutschland verteilt
findet sich ein Netz verschiedener Referenzpathologien, die ohne Mühe in Anspruch
genommen werden können, auch wenn die Kostenerstattungsfragen nicht immer
vollständig geklärt sind. Allerdings ist die grundsätzliche Forderung nach einem alles
12
absichernden 4-Augen-Prinzip weder personell noch logistisch oder finanziell
vorstellbar – und im Übrigen auch in anderen Fachdisziplinen nicht existent. Rein
mathematisch erscheint eine kategorische Nachbegutachtung aller Fälle durch einen
zweiten Histomorphologen auch nicht sinnvoll, da bereits weit vor der histologischen
Diagnose, zum Beispiel durch eine bioptische Nichterfassung befundtragender
Regionen
(Samplingerror),
Diskrepanzen
entstehen
können.
Entscheidend
erscheinen vor allem die Befunddiskussion und der enge Austausch zwischen
klinisch und histopathologisch tätigem Arzt unter Berücksichtigung der individuellen
Situation des Patienten und der daraus entstehenden therapeutischen Konsequenzen.
13
Chronische Pankreatitis, Pankreaszysten (inkl. IPMN), unklare
Pankreasraumforderung – Internistische Sicht
R.M. Schmid
II. Medizinische Klinik, Klinikum rechts der Isar, Technische Universität München
Zu den häufigen Pankreaserkrankungen zählen die akute Pankreatitis, die
chronische Pankreatitis, Pankreaspseudozysten nach Pankreatitis, zystische Neoplasien und das meist duktale Pankreaskarzinom. Die Symptomatik der einzelnen
Entitäten ist nicht immer eindeutig, jedoch kann mit einer ausführlichen Anamnese in
der Mehrzahl die Diagnose auch ohne moderne Schnittbildverfahren gestellt werden.
Die größte Herausforderung stellen hier die zystischen Neoplasien dar.
Chronische Pankreatitis
Die chronische Pankreatitis ist charakterisiert durch eine progressive und irreversible
Zerstörung des exokrinen und endokrinen Pankreas. Daraus resultiert im Endstadium eine exokrine Insuffizienz und ein pankreatopriver Diabetes mellitus. Die
Inzidenz wird in industrialisierten Ländern mit 3,5–10/100.000 Einwohnern angegeben. Die Hauptursache ist der chronische Alkoholkonsum. Weitere Ursachen sind
die genetische Prädisposition ohne bekannte Umweltfaktoren, die chronische Gangobstruktion, Hypertriglyzeridämien und die Hyperkalzämie. Im Verständnis der
genetischen Grundlagen der einzelnen Subentitäten wurden in den letzten Jahren
große Fortschritte erzielt. Eine eigene Entität ist die autoimmune Pankreatitis, die
eine eigene Pathophysiologie aufweist. Die 3 Hauptsymptome der chronischen
Pankreatitis sind chronische epigastrische Schmerzen, Maldigestion und Diabetes
mellitus. Chronische Schmerzen verstärken die Malnutrition und den Gewichtsverlust. Die Steatorrhö tritt auf sobald die Lipasesekretion unter 10% der Norm absinkt.
Der pankreatoprive Diabetes betrifft sowohl die β- als auch die Glukagon-produzierenden α-Zellen, was schwere Hypoglykämien bedingen kann. Die alkoholische
chronische Pankreatitis entwickelt sich in der Regel nach länger andauerndem
Alkoholkonsum (5–15 Jahre) zwischen dem 30. und 40. Lebensjahr. Die hereditäre
chronische Pankreatitis tritt 10 Jahre früher auf. Für die idiopathische chronische
Pankreatitis sind 2 verschiedene klinische Verlaufsformen beschrieben: eine sich
früh manifestierende Form (im Mittel 23 Jahre) und eine spät auftretende Form (im
Mittel 62 Jahre). Die pathophysiologischen Zusammenhänge sind hier nicht gut
14
verstanden. Der klinische Verlauf der chronischen Pankreatitis kann sehr unterschiedlich sein. Das Risiko, ein Pankreaskarzinom zu entwickeln, ist bei chronischer
Pankreatitis signifikant erhöht, wird aber klinisch eher überschätzt. In nur einem
Fünftel der Fälle ist die Letalität mit der Grundkrankheit chronische Pankreatitis
assoziiert. Die Mehrzahl der Patienten stirbt an kardiovaskulären Komplikationen,
schweren Infektionen und Malignomen.
Der diagnostische Goldstandard für die chronische Pankreatitis ist die Biopsie, die in
der täglichen Praxis nicht zur Verfügung steht. Serumtests sind nicht hilfreich. Die
Diagnose kann in einem frühen Stadium sehr schwierig sein. Eine Option stellt die
Endosonografie dar. 13 endosonografische Diagnosekriterien wurden für die
chronische Pankreatitis definiert. Ähnliche Veränderungen finden sich allerdings bei
älteren Menschen, sodass die Diagnose chronische Pankreatitis im Einzelfall sehr
schwierig sein kann. In späteren Stadien kann die MRCP Gangveränderungen
zeigen, eine diagnostische ERCP sollte heutzutage nicht mehr durchgeführt werden.
Verkalkungen im Parenchym oder Steine im Pankreasgang sind eindeutige Zeichen
einer bereits fortgeschrittenen chronischen Pankreatitis. Die Korrelation zwischen
Strukturveränderungen und Funktionsverlust ist allerdings schwach. Die Funktion
kann durch die Messung der Stuhlelastase bestimmt werden, Stimulationstests
werden in der Routine nicht mehr durchgeführt. Die endokrine Funktion wird durch
Nüchternblutzuckermessungen und den oralen Glukosetoleranztest bestimmt.
Die Therapie orientiert sich an der Symptomatik. Im Vordergrund stehen die
Schmerztherapie und die Enzymsupplementation. Die Blutzuckereinstellung sollte
mit Insulin erfolgen, es besteht allerdings die Gefahr von Hypoglykämien bei
fehlendem Glukagon. Bei Pankreas- und Gallengangstenosen kann initial eine
endoskopische Entlastung erfolgen. Mittel- und langfristig ist ein chirurgisches
Vorgehen angezeigt.
Pankreaspseudozysten
Zystische Läsionen des Pankreas werden zunehmend durch die verbesserte
Schnittbildtechnologie erkannt. Man unterscheidet neoplastische von nicht-neoplastischen zystischen Läsionen. Nicht-neoplastische Zysten haben kein malignes
Potenzial. Dazu zählen Pseudozysten, Retentionszysten, benigne epitheliale Zysten,
Abszesse,
Duodenalwandzysten
(Divertikel)
und
lymphoepitheliale
Zysten.
15
Pankreaspseudozysten treten im Rahmen einer akuten Pankreatitis oder eines
akuten Schubs einer chronischen Pankreatitis auf. In der ausführlichen Anamnese
lässt sich dieser Zusammenhang häufig herstellen. Bei der endosonografischen
Punktion können in Pseudozysten keine epithelialen Zellen nachgewiesen werden.
Die Zystenwand besteht aus Entzündungszellen und mesenchymalem Gewebe.
Asymptomatische Pseudozysten bedürfen der Überwachung, aber in der Regel
keiner Therapie. Ab einer Größe von 8–10 cm ist sehr wahrscheinlich, dass im
Verlauf Symptome bzw. Komplikationen auftreten. Infizierte Pseudozysten müssen
notfallmäßig entweder endoskopisch oder perkutan sonografisch oder radiologisch
drainiert werden.
Zystische Neoplasien
Während zystische Neoplasien vor 25 Jahren eine Rarität darstellten, finden sich
heutzutage mit moderner MRT-Technologie in 13–20% zystische Läsionen im
Pankreas. In Autopsien konnten in bis zu 23% zystische Läsionen identifiziert
werden. Dies sind in der Regel Zufallsbefunde. Entscheidend ist die Unterscheidung
von neoplastischen und nicht-neoplastischen Läsionen. Unter den neoplastischen
Läsionen ist die Differenzierung in seröse und muzinöse Läsionen wichtig für das
therapeutische Vorgehen. Während seröse Läsionen ein sehr niedriges malignes
Potenzial aufweisen, ist das maligne Potenzial von muzinösen Läsionen klinisch
relevant. Zu den wichtigsten zystischen Neoplasien zählen die serösen Zystadenome
(SCN), die solid-pseudopapillären Neoplasien (SPN), die muzinösen zystischen
Neoplasien (MCN) und die intraduktalen papillär-muzinösen Neoplasien (IPMN). Die
solid-pseudopapillären Neoplasien sind gut demarkierte Tumoren mit konfluentem
Fokus und pseudozystischer Degeneration. Es handelt sich in 85% der Fälle um
junge Frauen (Alter 20–30 Jahre). 10–15% der Tumoren sind bösartig mit
Metastasen ohne klare histologische Kriterien. Es besteht keine Gangkommunikation. Die Tumoren sind gleichmäßig über das Pankreas verteilt. Die 5-Jahres-Überlebensrate liegt bei 7%. Wird diese Läsion vermutet oder nachgewiesen, sollte eine
Resektion erfolgen. Die serösen zystischen Neoplasien sind rundliche Tumoren mit
zentraler Narbe und radialen fibrösen Septen. In 70% der Fälle findet sich der Tumor
im Pankreaskorpus/-schwanz. Die Patienten sind im Mittel 60–70 Jahre alt. 80–90%
der Patienten sind Frauen (SMA). Es findet sich keine Gangkommunikation. Die
Tumoren entarten extrem selten. 11 Fälle von serösen Zystadenokarzinomen sind in
der Weltliteratur beschrieben, daher sollten diese Läsionen, wenn sie keine
16
Symptome verursachen und die Diagnose sicher ist, nicht reseziert werden. Die
muzinösen zystischen Neoplasien sind in mehr als 90% der Fälle im Pankreaskorpus
oder -schwanz lokalisiert. Die Patienten sind im Mittel 40–50 Jahre alt. Nahezu alle
Patienten (99%) sind Frauen. Es besteht keine Gangkommunikation. Es besteht das
Risiko der Entwicklung eines muzinösen Zystadenokarzinoms. Bei einer Serie
fanden sich Adenome in 60%, Borderline-Tumoren in 35% und Karzinome in 5–10%.
Die MCN sollten primär reseziert werden. Bei den intraduktalen papillär-muzinösen
Neoplasien wird ein Hauptgangtyp von einem Seitengangtyp unterschieden. Beim
Hauptgangtyp findet sich intraduktales papilläres Wachstum im Hauptgang. Dies
betrifft in 75% der Fälle den Pankreaskopf. Der Hauptgang ist dilatiert. Das dilatierte
Lumen ist mit Mukus gefüllt. Die Geschlechterverteilung ist m:w = 1,5:1. Die
Patienten sind im Mittel 40–80 Jahre (68) alt. In einer Serie war die Karzinomprävalenz (in situ oder invasiv) 70%. Die 5-Jahres-Überlebensrate lag bei 60%, die
10-Jahres-Überlebensrate bei 50%. Rezidive im Restpankreas sind in 7–10% der
Fälle beschrieben worden. Die Hauptgang-IPMN sollten reseziert werden, wobei das
Resektionsausmaß derzeit noch unklar ist. Manche Autoren favorisieren die totale
Pankreatektomie. Die IPMN vom Seitengangtyp weisen ein intraduktales papilläres
Wachstum im Seitengang auf. Seitengang-IPMN treten in 39–64% der Fälle multifokal auf. Malignes Wachstum wurde in einer Serie in bis zu 25% der resezierten
Fälle nachgewiesen. Das maligne Potenzial von Seitengang-IPMN ist deutlich
niedriger im Vergleich zum Hauptgangtyp. Kriterien für Malignität sind die durch die
Läsion verursachte Symptomatik (Schmerzen, Ikterus, Gewichtsverlust), eine Größe
von mehr als 3 cm, Nodularität (Knoten größer 10 mm), eine verdickte Wand, ein
dilatierter Hauptgang und ein Zystenwachstum von mehr als 2 mm pro Jahr. In verschiedenen Serien wurde nachgewiesen, dass IPMN vom Seitengangtyp sicher
überwacht werden können. In einer Serie (n = 60), die über 20 Jahre nachverfolgt
wurde, traten 2 IPMC auf, in 5 Fällen wurden Pankreaskarzinome nachgewiesen,
sodass die 5-Jahres-Karzinomentwicklung bei 6,9% lag. Die Inzidenz für duktale
Pankreaskarzinome lag bei 1,1% pro Jahr.
Zur Differenzierung der verschiedenen Neoplasien werden vor allem das MRT, die
MRCP und die Endosonografie herangezogen. Mithilfe der endosonografischen
Punktion kann sowohl eine CEA-Bestimmung als auch eine zytologische Beurteilung
erfolgen. Die CEA-Bestimmung dient der Differenzierung zwischen serösen und
muzinösen Läsionen, eine Beurteilung der Malignität kann daraus nicht abgeleitet
17
werden. Mithilfe der Endosonografie können die Septumdicke und die Nodularität
sowie die Hauptgangbeteiligung gut beurteilt werden. In der MRCP können die
Größe und das Wachstum sowie die Multifokalität besser beurteilt werden. Wir
bevorzugen einen Algorithmus, der beide Untersuchungsmethoden einschließt.
Unklare Pankreasraumforderungen
Die unklare Pankreasraumforderung stellt weiterhin eine diagnostische Herausforderung dar. Während früher in solchen Fällen die Exploration erfolgte, sollte heute
versucht werden, die Diagnose präoperativ zu stellen. Hinter unklaren Raumforderungen können sich die oben genannten Entitäten verbergen. In der Mehrzahl der
Fälle wird es sich um Pankreaskarzinome handeln, aber auch Metastasen,
Teratome, Paragangliome, Echinococcus- und Amöbenzysten oder eine autoimmune
Pankreatitis sind mehrfach beschrieben worden. Die modernen Schnittbildverfahren
wie Multidetektor-Computertomografie und MRT kommen hier zur Anwendung. Die
Algorithmen sind Zentrum-spezifisch, da sie Geräte- und Untersucher-abhängig sind.
Die endosonografische Punktion ist in der Hand des erfahrenen Untersuchers eine
sehr sichere Methode. Der negative prädiktive Wert ist allerdings nicht sehr hoch, nur
ein positives Ergebnis kann gewertet werden. In der Mehrzahl der Fälle lässt sich die
Diagnose präoperativ stellen oder man entscheidet sich aufgrund der Befunde gegen
eine Resektion.
Fazit für die Praxis
1. Die chronische Pankreatitis ist im Anfangsstadium schwierig zu diagnostizieren.
2. Inzidentell zystische Pankreasläsionen sind häufig.
3. Muzinöse Neoplasien (MCN und IPMN) haben ein malignes Potenzial und
müssen reseziert werden.
4. Seröse Läsionen können bei sicherer Diagnose überwacht werden.
5. Der Hauptgang- und der Seitengangtyp der IPMN haben ein unterschiedliches
malignes Potenzial.
6. Zur Überwachung dienen die MRT, MRCP und Endosonografie.
7. Bei unklarer Pankreasraumforderung sollte das verfügbare diagnostische Repertoire genützt werden.
18
Literatur:
Lee CJ, Scheiman J, Anderson MA, Hines OJ, Reber HA, Farrell J, et al. Risk of
malignancy in resected cystic tumors of the pancreas ≤3 cm in size: is it safe to
observe asymptomatic patients? A multi-institutional report. J Gastrointest Surg.
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Rodriguez JR, Salvia R, Crippa S, Warshaw AL, Bassi C, Falconi M, et al. Branchduct intraductal papillary mucinous neoplasms: observations in 145 patients who
underwent resection. Gastroenterology. 2007; 133 (1): 72–79.
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pancreatic lesion: nuisance or threat? J Gastrointest Surg. 2009; 13 (3): 405–415.
Tseng JF, Warshaw AL, Sahani DV, Lauwers GY, Rattner DW, Fernandez-del
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Takano Y, Tanaka S, Takenaka A. Development of ductal carcinoma of the pancreas
during follow-up of branch duct intraductal papillary mucinous neoplasm of the
pancreas. Gut. 2008; 57 (11): 1561–1565.
Weinberg BM, Spiegel BM, Tomlinson JS, Farrell JJ. Asymptomatic pancreatic cystic
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Witt H, Apte MV, Keim V, Wilson JS. Chronic pancreatitis: challenges and advances
in pathogenesis, genetics, diagnosis, and therapy. Gastroenterology. 2007; 132 (4):
1557–1573.
19
Chronische Pankreatitis, Pankreaszysten (inkl. IPMN), unklare
Pankreasraumforderung – Chirurgische Sicht
C.-D. Heidecke
Chirurgische Klinik, Universitätsmedizin Greifswald
Die operative Therapie der chronischen Pankreatitis wurde in der S3-Leitlinie
„Chronische Pankreatitis“ (derzeit bei der AWMF zur Prüfung) im Vergleich zu
konservativen und interventionellen Verfahren konkretisiert. Operative Verfahren
kommen zur Anwendung bei chronischen Schmerzen in Verbindung mit Gallengangs- und/oder Pankreasgangsaufstau sowie Duodenalstenosen und Pankreaspseudozysten. Sie schließen Drainageoperationen und Resektionen ein. Langfristig
erscheinen operative Verfahren den interventionellen überlegen. Bei chronischer
Pankreatitis mit Pseudotumor im Caput konkurrieren die duodenumerhaltenden
Operationen mit den Modifikationen der Kausch-Whipple-Operation. Bei fehlendem
entzündlichen Pankreaskopftumor und gestautem Pankreasgang kann eine Operation nach Frey oder eine Drainageoperation durchgeführt werden. Das Risiko der
Operation muss in jedem Fall mit dem Benefit für den Patienten abgewogen werden
und mit ihm besprochen sein. Da das Vorgehen bei chronischer Pankreatitis
interdisziplinär ist, sollte eine Abstimmung über die Therapie prätherapeutisch in
Boards stattfinden und nicht erst nach dem Versagen der einen oder anderen
konservativen bzw. interventionellen Therapie.
Bei der Therapie zystischer Pankreastumoren muss zwischen den unterschiedlichen
Entitäten unterschieden werden. Man findet in 1–2% aller CT- bzw. Sonografieuntersuchungen des Abdomens zystische Läsionen im Pankreas als Zufallsbefund. Mehr
als zwei Drittel dieser Läsionen sind dysontogenetische Zysten oder Pankreaspseudozysten. Ein weiteres Drittel gehört zu den echten zystischen Neoplasien, von
denen, zumindest in den Resektionsstatistiken, 30% seröse Zystadenome, 45%
muzinös zystische Tumoren und 25% intraduktale papillär muzinöse Neoplasien
(IPMN) darstellen. Die Diagnose einer zystischen Läsion des Pankreas erfolgt meist
bildgebend.
Symptomatische
Läsionen
müssen
nach
entsprechender
Diagnostik
einer
definitiven Therapie zugeführt werden; das operative Verfahren richtet sich nach der
Lage der Läsion sowie wie ihrer erwarteten histologischen Zuordnung. Anders
20
verhält es sich bei asymptomatischen zystischen Läsionen. Serös zystische
Neoplasien stellen keine Indikation für eine operative Resektion dar. Muzinös
zystische Neoplasien haben ein Entartungsrisiko und sollten reseziert werden. Da sie
überwiegend im Corpus oder im Schwanz liegen, kommen als operative Strategien
die Segmentresektion und Linksresektion infrage, die bei gutartigen Läsionen auch
laparoskopisch durchgeführt werden kann. Eine weitere Entität stellt die IPMN dar.
Zur Einordnung der Artdiagnose bei symptomlosen Patienten sind die Frage des
Ganganschlusses (Hauptgang- vs. Nebengang-IPMN) sowie die Größe und vor
allem eine wandständige Knotenbildung, die auf Malignität hinweist, von großer
Bedeutung. Die diagnostische Punktion einer zystischen Läsion mittels Endosonografie hilft bei der Unterscheidung zwischen benignen, potenziell malignen und
malignen zystischen Läsionen. Es besteht im Wesentlichen Konsens, dass
Hauptgang-IPMNs wegen ihres Entartungsrisikos reseziert werden sollen. Für
Nebengang-IPMNs ist das Vorgehen differenzierter: Zystische Raumforderungen
> 3 cm und solche mit wandständigen Knoten (Sendai-positiv) sollten reseziert
werden, bei den übrigen sollte ein Follow-up je nach Größe in halb- oder 1-jährigem
Abstand durchgeführt werden. Die operative Therapie richtet sich nach dem Sitz der
Läsion (Pankreaskopf oder -corpus/-schwanz) sowie nach der zu erwartenden
Dignität (ggf. laparoskopische Linksresektion mit Milzerhalt).
21
Aktuelle Diagnostik und Therapie bei CED: Wann sind
Biologika indiziert?
A. Stallmach
Klinik für Innere Medizin II, Universitätsklinikum Jena
Ein großer Teil der Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (CED)
hat einen rezidivierenden Verlauf mit Wechsel von akuten Beschwerden und Phasen
der Remission. In der akuten Situation reicht das Krankheitsspektrum von leichten
Beschwerden bis hin zum fulminanten Schub mit vitaler Bedrohung. Epidemiologische Untersuchungen belegen, dass die Hälfte der CED-Patienten nie mit Glukokortikoiden behandelt werden müssen. Hier ist der Krankheitsverlauf „benigne“, es
treten nur selten Rezidive auf. Diese Patienten benötigen mit großer Wahrscheinlichkeit keine Therapie mit Biologika.
Für die CED-Patienten, die initial mit Steroiden behandelt werden müssen, ergibt
sich zunächst bei den meisten Patienten eine deutliche Besserung; viele entwickeln
jedoch innerhalb eines Jahres Rezidive. 20% der Patienten sprechen aber überhaupt
nicht oder nur mäßig auf diese Therapieform an. Ein weiterer Teil (ca. 35%)
entwickelt einen „steroidabhängigen Verlauf“ mit zahlreichen Nebenwirkungen (1).
Diese Patienten werden viel zu oft über Jahre mit „niedrigen“ Glukokortikoiddosen
behandelt, ohne dass der Nutzen belegt ist. Herrlinger und Stange weisen darauf hin,
dass im Langzeitverlauf mehr als 70% der Patienten Komplikationen erleiden bzw.
operiert werden müssen (2). Insgesamt bestehen somit bei diesem Kollektiv der
CED-Patienten mehrere Probleme:
–
Im akuten (ersten) Schub muss eine effektive Behandlung zum raschen
Erreichen einer langfristigen Remission durchgeführt werden.
–
Ein Struktur- und Funktionsverlust des Darms muss vermieden werden.
–
Lebensqualität, soziale Integration und Arbeitsfähigkeit sollen langfristig erhalten
bleiben.
Zur Beantwortung der Frage „wann sollten Biologika bei CED eingesetzt werden“
dienen also optimalerweise die aktuellen Leitlinien zur Therapie des Morbus Crohn
und der Colitis ulcerosa.
22
Wann sollten Biologika bei der Colitis ulcerosa entsprechend der aktuell
gültigen Leitlinie der DGVS eingesetzt werden? Für folgende Situationen wird
der Einsatz empfohlen bzw. als Standard definiert (3):
1. Bei nicht ausreichendem Ansprechen auf eine systemische Steroidtherapie bei
einem schweren Schub der Colitis ulcerosa soll Ciclosporin A, Infliximab oder
Tacrolimus eingesetzt werden.
2. Sollte bei einem schweren Schub der Colitis ulcerosa mit Zeichen der systemischen Entzündungsreaktion eine Therapie mit Steroiden nicht möglich sein
(Kontraindikationen), kann alternativ eine Therapie mit Ciclosporin A, Infliximab
oder Tacrolimus in Betracht kommen.
3. Kommt es nach einem akuten Schub zur Remission, kann zum Erhalt der
Remission eine stufenweise Therapieeskalation notwendig sein. Möglichkeiten
zur Eskalation sind hier die orale/rektale Kombinationstherapie mit 5-Aminosalizylaten (5-ASA), eine Erhöhung der oralen Dosis von 5-ASA, eine Therapie mit
Azathioprin/6-Mercaptopurin oder mit Infliximab.
Darauf hinzuweisen ist, dass die Zulassung zur Therapie der Colitis ulcerosa mit
Adalimumab zum Zeitpunkt der Leitlinienerstellung noch nicht vorlag, so in den
Empfehlungen nur auf Infliximab verwiesen wurde. Die Indikation kann aber auch auf
Adalimumab übertragen werden.
Die Anwendung von Infliximab in der Behandlung der Colitis ulcerosa wurde in
mehreren Studien untersucht (4–7). Bei der Mehrheit der in diesen Studien
behandelten Patienten handelte es sich um steroidrefraktäre Krankheitsverläufe,
allerdings war ein großer Teil der Patienten nicht hospitalisiert, sodass hier eine wohl
mehr chronische Krankheitsaktivität vorlag. Järnerot et al. (4) untersuchten in einer
doppelblinden randomisierten Studie 45 Patienten mit akuter, schwerer Colitis
ulcerosa, die zuvor nicht auf die konventionelle Steroidtherapie angesprochen hatten.
7 Patienten der Infliximab-Gruppe und 14 Patienten der Plazebogruppe mussten sich
innerhalb von 3 Monaten nach Randomisierung einer Proktokolektomie unterziehen
(statistisch signifikanter Unterschied). Allerdings zeigte sich in der Subgruppe der
Patienten mit fulminanter Colitis kein Unterschied zwischen der Infliximab- und
Plazebogabe. In 2 randomisierten, doppelblinden, plazebokontrollierten Studien
(ACT 1 und 2) konnte generell die Wirksamkeit von Infliximab in der Behandlung der
23
Colitis
ulcerosa
nachgewiesen
werden
(7).
In
der
ACT-1-Studie
wurden
364 Patienten mit mäßig aktiver Colitis ulcerosa, die zuvor nicht auf Kortikosteroide
und/oder Immunmodulatoren angesprochen hatten, behandelt. 69% der Patienten,
die eine Dosis von 5 mg/kg KG erhielten, zeigten in Woche 8 ein klinisches
Ansprechen. In der Gruppe der Patienten, die 10 mg/kg KG erhielten, waren es 61%
und in der Plazebogruppe 37%. Die Remissionsraten lagen bei 38,8% (5 mg/kg KG
Infliximab), 32% (10 mg/kg KG Infliximab) und 14,9% (Plazebo). Eine systematische
Metaanalyse kam zu dem Ergebnis, dass Infliximab in der Behandlung der mäßig
schweren bis schweren Colitis ulcerosa mit refraktärem Verlauf nach Einsatz von
Kortikosteroiden und/oder Immunmodulatoren wirksam ist (8).
In Analogie zur Therapie der Colitis ulcerosa mit Infliximab wurde die Wertigkeit von
Adalimumab zur Remissionsinduktion bei moderater bis schwerer aktiver Colitis
ulceroa überprüft (9). In dieser plazebokontrollierten Studie konnte nach Induktion mit
160/80 mg Adalimumab im Vergleich zu 80/40 mg eine Besserung nach 8 Wochen in
54,6% bzw. 51,5% (Plazebo: 44,6%) beobachtet werden. Eine Remission nach
8 Wochen (primärer Endpunkt) fand sich in 18,5% (160/80 ADA), 10,0% (80/40 ADA)
bzw. 9,2% (Plazebo) der Patienten. In der sogenannten ULTRA-2-Studie wurde bei
494 Patienten mit moderater bis schwerer Colitis ulcerosa, die eine Begleittherapie
mit oralen Steroiden oder Immunsuppressiva erhielten, die Wirksamkeit von
Adalimumab bezüglich Remissionserhalt überprüft. Nach 8 Wochen zeigten 50,4% in
der Adalimumab-Gruppe und 34,6% in der Plazebogruppe ein Ansprechen. Eine
Remission wurde bei 16,5% (Adalimumab) vs. 9,3% (Plazebo) beobachtet (10).
Für den Morbus Crohn werden in der zurzeit noch gültigen Leitlinie der DGVS
folgende Standards beschrieben bzw. der Einsatz von Biologika empfohlen
(11):
1. Bei Patienten mit hoher entzündlicher Aktivität sollte zunächst eine Steroidtherapie erfolgen. Bei unzureichendem Ansprechen wird Azathioprin bzw. 6-Mercaptopurin als Immunsuppressivum (oder, falls Unverträglichkeiten bestehen
bzw. Nebenwirkungen auftreten, Methotrexat) eingesetzt. Die Behandlung mit
Antikörpern gegen TNF-alpha sollte bei Nichtansprechen auf Glukokortikoide und
Immunsuppressiva bzw. bei Nebenwirkungen dieser Therapieformen – nach
Ausschluss chirurgischer Therapieoptionen – durchgeführt werden. Im Einzelfall
24
können aber bei Persistenz der hohen Krankheitsaktivität trotz adäquater
Steroiddosis
oder
Kontraindikation
für
Glukokortikoide
anti-TNF-alpha-
Antikörper vor Immunsuppressiva eingesetzt werden.
2. Eine immunsuppressive Behandlung ist insbesondere bei stenosierenden
Komplikationen im oberen GI-Trakt indiziert. Die Therapie mit Antikörpern gegen
TNF-alpha ist auch eine Option bei therapierefraktären Verläufen.
3. Bei Patienten mit komplexem Krankheitsverlauf sollte Azathioprin/6-Mercaptopurin als remissionserhaltende Therapie verabreicht werden. Bei Azathioprin-/
6-Mercaptopurin-Wirkungslosigkeit können Methotrexat oder anti-TNF-alphaAntikörper alternativ oder in Kombination eingesetzt werden. Eine Operation
muss insbesondere bei lokalisiertem Befall als Option mitbedacht werden.
4. Bei einer komplexen perianalen Erkrankung müssen vor einer konservativen
Therapie perianale Abszesse ausgeschlossen oder drainiert werden. Das weitere
Vorgehen sollte einer eng interdisziplinär abzustimmenden Sequenz von Immunsuppressiva, anti-TNF-alpha-Antikörpern und Deviationsstoma folgen.
Die Herausforderungen für den behandelnden Arzt bestehen also im frühzeitigen
Erkennen eines komplizierten Verlaufs beim individuellen Patienten (12). Einfache
klinische Parameter sind Risikofaktoren: das jugendliche Alter bei Erstdiagnose, ein
ausgedehnter Befall mit tiefen Ulzerationen, bei Patienten mit Morbus Crohn aktives
Rauchen oder perianale Läsionen. Ein starker prädiktiver Risikofaktor ist auch die
ärztliche Einschätzung, den ersten Schub bereits mit Steroiden behandeln zu
müssen. Diese Patienten haben bei weiteren, oben genannten Parametern zu über
90% eine ungünstige Prognose. Für diese Patienten ergibt sich deshalb der
Anspruch, durch den frühzeitigen Einsatz von Biologika unter Berücksichtigung
möglicher Nebenwirkungen den natürlichen fatalen Verlauf abzuwandeln und eine
günstige Prognose zu schaffen.
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and treatment of ulcerative colitis, 2011]. Z Gastroenterol 2011; 49: 1276–1341.
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randomised controlled trial. Gut 2011; 60: 780–787.
10. Sandborn WJ, van Assche G, Reinisch W et al. Adalimumab induces and
maintains clinical remission in patients with moderate-to-severe ulcerative colitis.
Gastroenterology 2012; 142: 257–265.
11. Hoffmann JC, Preiß J, Autschbach F et al. S3-Leitlinie „Diagnostik und Therapie
des Morbus Crohn“ Ergebnisse einer Evidenz-basierten Konsensuskonferenz der
Deutschen Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten
zusammen mit dem Kompetenznetz Chronisch entzündliche Darmerkrankungen.
Z Gastroenterol 2008; 46: 1094–1146.
12. Stallmach A. [Biologicals first-line in chronic inflammatory bowel disease? Yes].
Dtsch Med Wochenschr. 2011; 136: 1788.
26
Wann brauchen wir den Chirurgen bei CED?
M. Sailer
Klinik für Chirurgie, Bethesda Krankenhaus Bergedorf, Hamburg
Bei den chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (CED) handelt es sich im
Wesentlichen um die beiden Entitäten Morbus Crohn (MC) und Colitis ulcerosa (CU).
Auch wenn die Erkrankungen einige wichtige Gemeinsamkeiten aufweisen, wie
beispielsweise die nach wie vor nicht vollständig geklärte Ätiopathogenese, unterscheiden sie sich insbesondere hinsichtlich ihres Befallsmusters. Während der MC
im gesamten Gastrointestinum und hier typischerweise diskontinuierlich auftreten
kann, ist die CU eine Erkrankung, die grundsätzlich im Rektum beginnt und von hier
aus unterschiedlich weit kontinuierlich nach proximal fortschreiten kann. Im Extremfall kann der gesamte Dickdarm im Sinne einer Pankolitis betroffen sein.
Beide Erkrankungen bedürfen primär einer spezialisierten gastroenterologischen
Diagnostik und Therapie. Allerdings spielt auch der Viszeralchirurg eine wesentliche
Rolle in der Behandlung dieser Patienten und dies nicht nur in Notfallsituationen.
Eine echte Interdisziplinarität im Sinne einer umfassenden und ganzheitlichen
viszeralmedizinischen Betrachtung ist gerade für Patienten mit einer CED von
entscheidender Bedeutung und kann nicht überbetont werden.
Beide Erkrankungen unterscheiden sich nicht nur bezüglich der Indikationsstellungen
zur operativen Therapie, sondern auch in der Wahl der chirurgischen Strategie und
Techniken, sodass sie separat zu betrachten sind.
1. Morbus Crohn
Die Wahrscheinlichkeit einer chirurgischen Intervention bei Patienten mit einem MC
ist sehr hoch und liegt bei ca. 80–90% im Verlauf der Erkrankung. Diese hohe
Operationsfrequenz inkludiert resezierende Eingriffe des Gastrointestinaltrakts
ebenso wie operative Interventionen bei Fistelleiden. Nahezu die Hälfte dieser
Patienten bedarf innerhalb eines 10-Jahres-Zeitraums erneut eines operativen
Eingriffs. Diese Zahlen unterstreichen eindrucksvoll den Stellenwert der Chirurgie
beim MC.
Es muss unterschieden werden zwischen notfallmäßigen Indikationen und solchen,
die sich mehr oder weniger elektiv aufgrund der Chronizität des Leidens ergeben.
Notfalloperationen betreffen Patienten mit einer Darmperforation, z. B. aufgrund
27
eines toxischen Megakolons, einer massiven Blutung, die durch endoskopische oder
andere interventionelle Maßnahmen nicht zum Stillstand kommt, oder Patienten mit
einem kompletten mechanischen Ileus. Bei Abszessen ist – wenn immer möglich –
primär eine interventionelle Drainage, z. B. sonografisch oder CT-gesteuert, anzustreben, um die septische Akutsituation zu beherrschen.
Patienten mit chronisch rezidivierenden (Sub-)Ileuszuständen sind Kandiaten für
einen elektiven Eingriff, ebenso wie Patienten mit nicht-septischen Fistelleiden oder
dem Nachweis einer Dysplasie oder Neoplasie.
Das oberste Operationsprinzip beim MC ist der Versuch einer maximalen Organerhaltung bei gleichzeitiger Entfernung des septischen, stenotischen oder fisteltragenden Fokus. Bei kurzstreckigen Stenosen sollte eine sogenannte Strikturoplastik erfolgen, sodass kein Darm geopfert werden muss. Bei Resektionen reicht ein
makroskopisch gesunder Sicherheitsabstand. Dadurch wird – insbesondere wenn in
der Folge weitere Operationen notwendig werden – die Gefahr eines iatrogenen
Kurzdarmsyndroms minimiert. Die Anwendung von laparoskopischen Operationsmethoden hat wahrscheinlich nicht nur kosmetische, sondern auch medizinische
Vorteile, z. B. durch geringere Adhäsionsbildung.
Die chirurgische Therapie von MC-assoziierten Fisteln ist sehr komplex und muss
immer sehr individualisiert erfolgen. Grundprinzip ist die Beherrschung von Begleitabszessen und die Vermeidung zusätzlicher Komplikationen. Zur Verhinderung einer
konsekutiven Pyelonephritis bzw. Retroperitonealphlegmone stellen enterovesikale
und retroperitoneale Fisteln eine absolute OP-Indikation dar. Auch die häufigen
perianalen Fisteln und Abszesse bedürfen in der Regel einer chirurgischen Therapie
und sollten von einem erfahrenen Proktologen behandelt werden.
2. Colitis ulcerosa
Obwohl die Inzidenz und Prävalenz der CU im Vergleich zum MC in nahezu allen
Ländern der Welt deutlich höher ist, bedürfen lediglich 25–30% der CU-Patienten
einer operativen Intervention. Die Notfallindikationen sind ähnlich wie beim MC,
wobei die medikamentös nicht beherrschbare septische Kolitis – möglichst vor Ausbildung eines manifesten toxischen Megakolons – die häufigste Akutsituation
darstellt. Die Operationsmethode der Wahl ist hierbei die subtotale Kolektomie unter
Belassung des Rektums und Anlage einer Ileostomie. Nach Rekonvaleszenz und
insbesondere nach Erhalt der endgültigen Histologie wird dann über das weitere
Vorgehen entschieden. Ist ein MC ausgeschlossen, kann dann in einem weiteren
28
Eingriff die „typische“ Operation für die Elektivsituation der CU durchgeführt werden,
nämlich die Proktokolektomie mit Anlage eines ileoanalen Pouches.
Bei dieser Operation wird der gesamte Dickdarm inklusive Rektum entfernt und
durch eine Doppelung des terminalen Ileums ein Reservoir im Sinne eines Neorektums geschaffen, welches mit dem Analkanal anastomosiert wird. Durch Entfernung des Zielorgans, also Kolons, ist die CU somit grundsätzlich heilbar, wenn auch
zu einem hohen Preis. Die Elektivindikationen ergeben sich aus der Dauer und der
Intensität der Erkrankung. Neben dem Ausmaß ist vor allem die Entzündungsaktivität
entscheidend und die Tatsache einer medikamentösen Refraktivität. Weiterhin spielt
die Lebensqualität eine wichtige Rolle, die präoperativ häufig extrem eingeschränkt
ist. Das Vorliegen von prämalignen oder gar malignen Läsionen stellt notwendigerweise eine absolute Operationsindikation mit onkologisch korrektem Resektionsausmaß dar. Erfreulicherweise konnten aktuelle epidemiologische Studien zeigen,
dass eine maligne Transformation bei CU heutzutage weniger häufig stattfindet als in
den vergangenen Jahrzehnten. Dies ist sicherlich einer optimierten medikamentösen
Therapie, aber vor allem einer besseren endoskopischen Überwachung dieser
Patienten geschuldet.
Selbstverständlich müssen Patienten mit einem Ileumpouch postoperativ engmaschig kontrolliert und geführt werden. Es gilt die hohe Stuhlfrequenz, die im
Idealfall bei „nur“ 5–7 Entleerungen pro 24 Stunden (davon 1–2 pro Nacht) liegt,
durch geeignete diätetische Maßnahmen und Medikamente zu modulieren. Eine
weitere charakteristische Komplikation stellt die sogenannte Pouchitis dar, eine
Entzündung des Reservoirs, die in 50% sporadisch und in bis zu 15% chronisch
rezidivierend beobachtet wird. Eine antibiotische Therapie mit Metronidazol und/oder
Ciprofloxacin führt in den meisten Fällen zur Ausheilung. Bei Persistenz oder
Fistelung im Bereich des Perineums muss an einen MC gedacht werden, was
wiederum häufig zu einem Pouchverlust mit Anlage eines Ileostomas führt.
29
Anschriften der Referenten und Vorsitzenden
Prof. Dr. Stephan M. Freys
Chirurgische Klinik
DIAKO Ev. Diakonie-Krankenhaus
Gröpelinger Heerstr. 406–408
28239 Bremen
Prof. Dr. Hans-Jürgen Schlitt
Klinik und Poliklinik für Chirurgie
Universitätsklinikum Regensburg
Franz-Josef-Strauß-Allee 11
93053 Regensburg
Prof. Dr. Peter R. Galle
Innere Medizin I
Universitätsmedizin der
Johannes-Gutenberg-Universität
Langenbeckstr. 1
55131 Mainz
Prof. Dr. Roland M. Schmid
II. Medizinische Klinik
Klinikum rechts der Isar
Technische Universität München
Ismaninger Str. 22
81675 München
Prof. Dr. Dr. Manfred Gross
Internistische Klinik Dr. Müller
Am Isarkanal 36
81379 München
Prof. Dr. Marcus Schuchmann
Innere Medizin I
Universitätsmedizin der
Johannes-Gutenberg-Universität
Langenbeckstr. 1
55131 Mainz
Prof. Dr. Claus-Dieter Heidecke
Chirurgische Klinik
Universitätsmedizin Greifswald
Friedrich-Loeffler-Str. 23
17489 Greifswald
Prof. Dr. Stephan Kanzler
Innere Medizin II
Leopoldina-Krankenhaus
Gustav-Adolf-Str. 8
97422 Schweinfurt
Prof. Dr. Detlef Meyer
Chirurgie I
Leopoldina-Krankenhaus
Gustav-Adolf-Str. 8
97422 Schweinfurt
Prof. Dr. Markus F. Neurath
Medizinische Klinik 1
Universitätsklinikum
Erlangen-Nürnberg
Ulmenweg 18
91054 Erlangen
Prof. Dr. Andreas Stallmach
Klinik für Innere Medizin II
Klinikum der Friedrich-SchillerUniversität Jena
Erlanger Allee 101
07747 Jena
PD Dr. Hans-Ulrich Völker
Pathologisches Institut
Leopoldina Krankenhaus
Gustav-Adolf-Str. 6–8
97422 Schweinfurt
Prof. Dr. Stefan Zeuzem
Innere Medizin I
Klinikum der Johann Wolfgang
Goethe-Universität Frankfurt
Theodor-Stern-Kai 7
60596 Frankfurt
Prof. Dr. Marco Sailer
Chirurgie
Bethesda Krankenhaus Bergedorf
Glindersweg 80
21029 Hamburg
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