MEMO/03/98 Brüssel, 6. Mai 2002 Mehrwertsteuerliche Behandlung von Postdienstleistungen – häufig gestellte Fragen (Vgl. IP/03/633) Werden sich die Preise erhöhen, wenn bei allen Postdienstleistungen die MwSt hinzukommt? Nein, ein nennenswerter Preisanstieg ist nicht zu erwarten. Erstens müssten die herkömmlichen nationalen Posteinrichtungen auf ihre Verkäufe zwar MwSt in Rechnung stellen, sie könnten aber auch die MwSt auf ihre Kosten, z. B. für Fahrzeuge, Kraftstoff und Ausrüstungen, zurückfordern. Dies würde ihre Betriebskosten senken. Vor allem wegen des verstärkten Einsatzes von Technologie zahlen die Postdienstleister hohe MwSt-Beträge; die Möglichkeit, diese Kosten abzuziehen, wäre für sie von erheblichem Nutzen, und sie müssten diese Kosten nicht länger als versteckte MwSt an die Verbraucher weitergeben. Zweitens könnten die Mitgliedstaaten nach der vorgeschlagene Richtlinie für Standardpostdienstleistungen, die von Privatkunden in Anspruch genommen werden, einen ermäßigten Satz einführen. Der MwSt-Betrag, der zum ermäßigten Satz auf die Verkäufe der Postdienstleister berechnet wird, würde sich nur unwesentlich von dem Betrag unterscheiden, der zum Normalsatz auf die Kosten anfällt. Die MwSt auf die Kosten, die jetzt an die Kunden weitergegeben wird, wäre dann aber abzugsfähig. Drittens können die meisten Unternehmen die gezahlte MwSt zurückfordern, ihre Lage würde sich also durch den Vorschlag verbessern. Im Grunde müssten die Preise für Unternehmen sinken, weil keine versteckte MwSt mehr darin enthalten ist. Warum wäre die Abschaffung der MwSt-Befreiung für die jetzt befreiten Postdienstleister von Vorteil? Weil ein Postdienstleister, dessen Verkäufe befreit sind, die MwSt auf seine Kosten nicht abziehen kann. Diese nicht abzugsfähige MwSt ist für ihn ein zusätzlicher Kostenfaktor. Tatsächlich zahlt nicht der Kunde die MwSt auf die Verkäufe, sondern der Dienstleister die MwSt auf seine Kosten. Im Ergebnis hat der Dienstleister also höhere Kosten. Dies führt in einem Sektor wie dem Postsektor, in dem einige Anbieter (private Dienstleister) die MwSt zurückerhalten, andere (herkömmliche nationale Posteinrichtungen) aber nicht, zu Wettbewerbsverzerrungen. Außerdem müssen die Dienstleister, die sowohl befreite als auch steuerbare Umsätze tätigen, feststellen, wie viel MwSt sie zurückfordern können. Wenn sie ihre Einkäufe für beide Zwecke verwenden, kann dies äußerst komplizierte Berechnungen erfordern. Warum ist es von Vorteil für die Kunden, wenn nach diesem Vorschlag alle Unternehmen ihre MwSt zurückfordern können? Weil die befreiten Unternehmen derzeit die MwSt nicht zurückfordern können und diese somit zusätzliche Kosten verursacht. Sie werden diese Kosten deshalb unweigerlich als "versteckte MwSt" an die Kunden weitergeben. Warum kommt es zu Wettbewerbsverzerrungen, wenn manche Unternehmen MwSt in Rechnung stellen können, ihre Konkurrenten aber befreit sind? Weil Dienstleister, die keine MwSt in Rechnung stellen, niedrigere Verkaufspreise anbieten können und dadurch für Privatkunden attraktiver sind. Für gewerbliche Kunden indessen sind diejenigen Dienstleister interessanter, die MwSt berechnen. Sie können nämlich die MwSt zurückfordern, so dass der Nettopreis unter den Preis der Dienstleister sinkt, die keine MwSt in Rechnung stellen. Warum wird die Befreiung für die öffentlichen Posteinrichtungen aufgehoben anstatt sie auf alle Konkurrenten in diesem Sektor auszudehnen? Weil es unmöglich ist, einen Geschäftssektor genau zu definieren. Der Sektor der Postdienstleistungen ist Teil des größeren Beförderungssektors. Die Ausdehnung der MwSt-Befreiung auf alle Postdienstleister würde z. B. Speditionsunternehmen weiter benachteiligen. Die Wettbewerbsverzerrungen würden anhalten und das Problem wäre nur auf eine andere Gruppe von Unternehmen verlagert. Das MwStSystem ist so angelegt, dass es generell für alle wirtschaftlichen Transaktionen angewandt wird, und Befreiungen müssen sehr restriktiv gehandhabt werden, wenn das System wirksam funktionieren soll. Wie hoch wäre der fakultative ermäßigte Satz? Die ermäßigten Sätze liegen in den Mitgliedstaaten derzeit zwischen 5 % und 17 %. Warum wird nicht für alle Postdienstleistungen ein ermäßigter Satz eingeführt? Weil ein ermäßigter Satz für den ganzen Sektor für die Mitgliedstaaten einen erheblichen Einnahmeausfall bedeuten würde, der unweigerlich an anderer Stelle kompensiert werden müsste. Zu diesem sehr umfangreichen Sektor gehören auch nationale und internationale Beförderungsleistungen. Der ermäßigte Satz ist als Ausnahme für den kleinen Teil von Postdienstleistungen gedacht, die von Privatkunden genutzt werden. 2 Ist der Kommissionsvorschlag ein neues Projekt? Nein. Die Kommission hat ihre Pläne in Bezug auf die mehrwertsteuerliche Behandlung von Postdienstleistungen bereits in ihrer Strategie zur Verbesserung der Funktionsweise des MwSt-Systems (IP/00/615) skizziert, die im Juni 2000 veröffentlicht wurde. Diese Strategie umfasst mehrere Maßnahmen zur Modernisierung, Vereinfachung und Verbesserung der Funktionsweise des derzeitigen MwSt-Systems, einschließlich Postdienstleistungen, sowie zur Verbesserung des Funktionierens des Binnenmarkts durch die Beseitigung von Wettbewerbsverzerrungen. 3