Kalkül und Resolution in der Aussagenlogik

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3. Logik
Aussagenlogik
Kalkül
Schon das kleine Beispiel 3.6 verdeutlichte, daß Inferenz auf Basis
der Definition der semantischen Folgerung ineffizient ist.
Allgemein müssen für eine Formelmenge
mit verschiedenen
Aussagevariablen Belegungen getestet werden.
Daher benutzt man für die maschinelle Inferenz Techniken, die allein
auf der Syntax der Formeln beruhen.
Statt alle möglichen Belegungen zu testen, sucht man nach einer
Folge von syntaktischen Umformungen, die die Hypothese zu beweisen.
98
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Sie werden in der folgenden Form notiert:
97
Die Inferenzregeln sind Vorschriften, nach denen
aus Formeln andere Formeln abgeleitet werden
können.
eine Menge von elementaren Widersprüchen
(negativer Kalkül).
Die Axiome sind entweder eine Menge von elementaren Tautologien (positiver Kalkül) oder
Ein Kalkül besteht aus einer Menge von logischen Axiomen und Inferenzregeln.
3. Logik
Kalkül (2)
Aussagenlogik
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3. Logik
99
3. Logik
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Ist eine Formel
aus den Formeln
durch eine Folge von Anwendungen der Inferenzregeln ableitbar, so schreibt man
So können aus den Tautologien von Beispiel 3.4
Inferenzregeln gebildet werden. Aus dem Modus
Ponens ergibt sich die Inferenzregel:
Dies besagt, daß aus den Formeln (der syntaktischen Form)
(Bedingungen) eine Formel der Form
(Schlussfolgerung) abgeleitet
werden kann.
Aussagenlogik
Aussagenlogik
Kalkül (3)
Beispiel 3.7. Gegeben sei die Formelmenge
der Inferenzregel Modus Ponens leiten wir ab:
!"$#
%&('!+)(*
aus Beispiel 3.5. Mit
%&'()*
Nochmals angewandt ergibt sich:
,%+'(+)(*-%&('!+)(*.# ,%+/(+%10)!2!,34
,%+/(&3%10)!2!,34
Also gilt:
5 ,%+/(+%60,)729+8 9+4
.
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100
Eigenschaften von Kalkülen
Aussagenlogik
Ein Kalkül ist korrekt gdw. alle syntaktischen Ableitungen auch semantische Folgerungen sind,
d.h. für Formeln und gilt:
3. Logik
impliziert
: ;
Ein Kalkül ist vollständig gdw. alle semantischen
Folgerungen auch syntaktisch abgeleitet werden
können, d.h. für Formeln und gilt:
: ;
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<
3. Logik
>
=
: ;
Wenn B und F semantisch äquivalent sind, schreiben wir hierfür B
c
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impliziert
101
Ein Kalkül ist widerlegungsvollständig gdw. aus
allen semantischen Folgerungen eine unerfüllbare Formel abgeleitet werden kann, d.h. für Formeln und gilt:
impliziert
<
Aussagenlogik
Semantische Äquivalenz
Beispiel 3.8. Syntaktisch unterschiedliche Formel können identische
Wahrheitswerte haben. Man betrachte die Formeln ?A@CBEDGFIH und ?JBEK
?LF :
B
F
?M@CBNDOFIH ?PBNKQ?RF
S
S
T
T
S
T
S
S
T
S
S
S
T
T
S
S
7VW(X
Definition 3.8. Zwei aussagenlogische Formeln B F
U
@ZY[H
heißen semantisch äquivalent gdw. \9@ZF$H^] \9@CB_H für jede Belegung
)(
\`Uba
@ZY[H gilt.
F .
102
e
=
>
d
>
d
g
> d
=
f> f>
d
g
e
d
g =
e
=
f
> e
=
>
d
d
g
f
e
=
f
d
g
=
g e
d
h
>
e
>
h
d
e
e
f
=
f
=
=
f
g =
=
f
e
f
d
gh
gh
e
f
g e
d
d
=
f
e
=
gh
gh
d
e
e
f
gh
e
=
f
=
e
3. Logik
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103
Distributivität
Assoziativität
Kommutativität
Absorption
Dop. Negation
Idempotenz
Implikation
DeMorgan
Lemma 3.2. Wichtige semantische Äquivalenzen
sind:
Semantische Äquivalenz (2)
Aussagenlogik
3. Logik
gh
Aussagenlogik
Normalformen
Für die maschinelle Inferenz ist die Darstellung einer Formel in einer
standardisierten und möglichst einfachen Form wichtig.
Definition 3.9.
Eine Formel B ist ein Literal gdw. B eine atomare Formel oder die
Negation einer atomaren Formel ist.
Eine Formel B ist in konjunktiver Normalform (KNF) gdw. B eine Konjunktion von Disjunktionen von Literalen ist, d.h.
B
]
@i@CjlknmokpDrq-q1qDGj[ksmutwvxHpKyq1q1qKr@Cj{zmok|Dyq1q1qDGj}zm~tM€HH
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104
3. Logik
Aussagenlogik
Eine Formel B ist in disjunktiver Normalform DNF gdw. B
junktion von Konjunktionen von Literalen ist, d.h.
B
]
eine Dis-
@i@Cj knmok Krq-q1qKGj ksmut v HpDyq1q1qDr@Cj zmok Kyq1q1qKGj zm~t  HH
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3. Logik
105
Aussagenlogik
Normalformen
Beispiel 3.9. Die Formeln
@CBNDO?LFEDG‚rHpK„ƒ und ?PB…KOF
sind in KNF.
Die Formeln
@Z?JBNK†F$H|D‡@Z?J‚
KQ?{ƒˆH und B…DQ?RF
sind in DNF.
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106
3. Logik
Aussagenlogik
Transformation in Normalform
Umformungsregeln für KNF/DNF-Transformation:
Schritt 1
B
#
#
F
? ?PB
Š
Schritt 2
?M@CBNKOFIH
?M@CBNDOFIH
Schritt 3 (KNF) B…D‡@ZF‹K†‚rH
@CB…KOFIHpDG‚
Schritt 3 (DNF) B…K‡@ZF‹D†‚rH
@CB…DOFIHpKG‚
‰
#
‰
B
#
‰
#
‰
#
‰
#
‰
#
‰
#
‰
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3. Logik
?JBNDOF
?JBNDQ?RF
?JBNKQ?RF
@CBNDQFIHpK‡@CBNDG‚rH
@CBND†‚rHpK‡@ŒFNDG‚rH
@CBNKQFIHpD‡@CBNKG‚rH
@CBNK†‚rHpD‡@ŒFNKG‚rH
107
Aussagenlogik
Klauselform
Für die maschinelle Inferenz benutzt man eine Mengendarstellung der
KNF, die sogenannte Klauselform.
Definition 3.10.
Eine Klausel ist eine Menge von Literalen +j[k q1q1q j}zŽ , die der Disjunktion j k Dyq1q1qDj z entspricht.
Die Klausel Ž ist die leere Klausel. Sie wird in der
Form ‘ geschrie2(X(%’1 S n“
ben und entspricht dem Wahrheitswert
( ).
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Resolution
Aussagenlogik
–
•
–
•
•
>
—
—
•
>
˜
—
–e
:;
™—
•
– •
>
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h
e
>
h
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110
Als Inferenzregel geschrieben lautet die Resolution
wie folgt:
Die Klauselform einer Formel B
Hieraus folgt, daß ich ins Kino oder ins
Schwimmbad gehe, also
]
), gehe ich ins
.
B
Wenn es nicht regnet (
Schwimmbad ( ), also
]
Wenn es regnet ( ), gehe ich ins Kino ( ), also
.
B
Beispiel 3.10. Resolution basiert auf folgendem
Schema:
3. Logik
3. Logik
Aussagenlogik
in KNF mit
@i@Cj knmok Drq-q1qDGj ksmut vxHpKyq1q1qKr@Cj zmok Dyq1q1qDGj zm~t €HH
ist die Menge
(@”j knmok q6q-q j knmut viŽ q1q1q &j zmok q-q1q j zmut  ŽŽ
109
g™
›
–
ž
›œ
–š
g™ Ÿ
›
•
f
ž
˜
.
– f
–š
und
–š
>
˜
–
–
•;
¡£¤
¡£¢
3. Logik
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>
Resolvente von
›œ
Ein Resolutionsschritt wird wie folgt dargestellt:
Klauseln und sei
und
.
111
–š
Definition 3.11. Seien
eine atomare Formel mit
Dann heißt die Klausel mit
Für die maschinelle Inferenz benutzt man Resolution in Verbindung mit Klauselform.
Resolution (2)
Aussagenlogik
3. Logik
›
Aussagenlogik
Resolution (3)
Beispiel 3.11. Modus Ponens und Modus Tollens können als Spezialfall der Resolution dargestellt werden:
¥6§©¨
¥€¦|§®«­ª$¨
¥¦ˆª$¨
¥+ª¬«­¦|§®¨
¥ª$¨
¥¦|§©¨
Die Resolvente zweier widersprüchlicher Klauseln ist die leere Klausel:
¥6§©¨
¥€¦|§©¨
¯
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3. Logik
Aussagenlogik
Resolution (4)
Beispiel 3.12. Herleitung der Aussage aus Beispiel 3.6 mit der Resolutiosregel:
°s¶(± Cm ·ˆ´
°± mŒ²AmZ³µ´
° ·mŒ²AmZ³µ´
°n¶!¸ m ¶ ²º´
°n¶!¸ mŒ·m¹³µ´
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3. Logik
113
Aussagenlogik
Resolution (5)
Das letzte Beispiel zeigt den direkten Beweis einer Formel mit Hilfe
der Resolutionsregeln.
Beim Resolutionskalkül führt man stattdessen einen Widerspruchsbeweis.
D.h., man beweist B
ist (vgl. Satz 3.1).
»]
F , in dem man zeigt, daß BEKG?RF
unerfüllbar
Dies bedeutet, man leitet aus den Klauseln von B vereinigt mit den
Klauseln, die sich aus ?RF ergeben, die leere Klausel ab.
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114
Resolution (6)
•
Aussagenlogik
Satz 3.3. Es sei eine Klauselmenge und es sei. Für eine Resolvente von
und
en
gilt
.
3. Logik
–
Klauselmenge ½
•
– œ š : ;
– –"š
+‚
Insbesondere ist
erfüllbar ist.
genau dann erfüllbar, wenn
™•
˜
n¾¿­À

À
Ž ?
ÀÁ
?
¾
Dies nutzt man im Resolutionskalkül aus. Um zu
zeigen, daß eine Klauselmenge unerfüllbar ist,
bildet man solange Resolventen und fügt sie der
Klauselmenge hinzu, bis irgendwann eine Menge
entsteht, die die leere Klausel enthält.
Satz 3.3 sagt aus, daß durch die Hinzunahme
von Resolventen die Erfüllbarkeitseigenschaft einer Klauselmenge nicht beeinträchtigt wird.
Ÿ
Ž ?JB.Ž ?PÃ
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¼
3. Logik
Ž ?J‚
¼
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Diese Klauselmenge
ist unerfüllbar, also muß
auch die ursprüngliche Klauselmenge unerfüllbar sein.
Aussagenlogik
Resolution (7)
Beispiel 3.13. Herleitung der Aussage aus Beispiel 3.6 mit dem Resolutionskalkül:
der Voraussetzungen:
B.ŽŽ
Klauselmenge  der negierten zu beweisenden Aussage:
ŽŽ
Es gilt, aus ½…ÄG die leere Klausel abzuleiten.
116
3. Logik
°± mZ²AmZ³µ´
°n¶ ³µ´
°s¶± mC·ˆ´
°n¶ ·ˆ´
°n± mŒ²º´
Aussagenlogik
°n¶± ´
° ²º´
°n¶!¸ m ¶ ²º´
°n¶!¸ ´
°n¸ ´
Å
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3. Logik
117
Aussagenlogik
Eigenschaften der Resolution
Satz 3.4. Eine Klauselmenge B ist unerfüllbar genau dann, wenn die
leere Klausel ‘ mit einer endlichen Anzahl von Resolutionsschritten aus
B abgeleitet werden kann.
Bemerkung 3.3. Aus Satz 3.4 folgt die Korrektheit und (Widerlegungs)Vollständigkeit des Resolutionskalküls:
Die leere Klausel kann nur dann abgeleitet werden, wenn die ursprüngliche Klauselmenge unerfüllbar ist ]ÇÆ Korrektheit
Das Resolutionskalkül findet für jede unerfüllbare Klauselmenge eine
Widerlegung, d.h. die leere Klausel wird abgeleitet ]ÇÆ Vollständigkeit
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3. Logik
Aussagenlogik
Eigenschaften der Resolution (2)
Im Fall der Aussagenlogik ist es entscheidbar, ob die leere Klausel
abgeleitet werden kann.
z
Für È Aussagenvariablen gibt es höchstens É verschiedene Klauseln, die aus diesen Aussagenvariablen gebildet werden können.
Der Prozess der Resolventenbildung ist also endlich, d.h. irgendwann können keine neuen Resolventen mehr gebildet werden.
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3. Logik
Lemma 3.5. Es sei B
Aussagenlogik
eine Klauselmenge. BIÊ sei eine Klauselmenge,
die durch sukzessive Resolventenbildung aus B
entstanden ist.
B Ê enthalte nicht die leere Klausel und
aus BIÊ kann keine neue Resolvente erzeugt werden.
Dann ist B Ê und somit auch B
erfüllbar.
Beweis. Tafel ✎. ‘
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3. Logik
Aussagenlogik
Fazit zur Aussagenlogik
Eine Signatur legt die Variablen der Sprache fest.
Aus den Variablen entsteht durch Festlegung einer Syntax eine Wissensrepräsentationssprache (Menge der Formeln).
Eine Interpretation gibt den Variablen eine Bedeutung.
Die Erfüllungsrelation dehnt diese Bedeutung auf alle Formeln aus
Über die Erfüllungsrelation wird der Begriff der semantischen Folgerung festgelegt.
Ein Kalkül stellt die Äquivalenz zwischen semantischer Folgerung
und syntaktischen Operationen her.
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