COME AS YOU ARE - Frank-Thorsten Moll *Aktuelles

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COME
AS
YOU
ARE
Der abwesende Körper in der Kunst
Come As You Are
Der abwesende Körper in der Kunst
6. August – 28. November 2010
Zeppelin Museum Friedrichshafen –
Technik und Kunst
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Come As You Are
Der abwesende Körper in der Kunst
Frau Zeller
Dass das Museum ein verstaubter Ort
ist, indem sich über Jahre nichts verändert,
ist ein Ammenmärchen aus vergangenen
Tagen. Heute muss das Museum im
allgemeinen als ein lebendiger Ort
begriffen werden, der sich ständig neu
definiert, in dem angestammte Sammlungskonzepte auf den Prüfstand gestellt
werden und der Blick von außen zugelassen und gezielt gefördert wird – ansonsten, soviel steht fest, droht der museale
Stillstand.
Aus dieser Einsicht heraus laden wir
beginnend mit dieser Ausstellung in
regelmäßigen Abständen unabhängige
Ausstellungsmacher ein, mit unserer
Sammlung eigene Ausstellungsideen zu
entwickeln oder bestehende Konzepte
auszubauen. Auf diese Art und Weise
helfen Sie uns den eigenen Blick auf die
Sammlung zu schärfen, Überraschungen
zu Tage zu fördern und ungewöhnliche
Ausstellungen zu präsentieren, die sonst
nicht möglich gewesen wären.
Den Auftakt dieser Reihe bilden die
beiden Kuratoren Martin Heus und Jacob
Birken, die in Karlsruhe den unabhängigen
Ausstellungsraum: Morgenstrasse betreiben. In ihrer Ausstellung „Come as you
are“ nahmen sie das weltbekannte Turiner
Grabtuch als Ausgangspunkt für eine
Untersuchung zeitgenössischer Bildstrategien. Auf dieses interessante Konzept
wurden wir aufmerksam nachdem wir ein
Bildnis des Schweißtuchs der Veronika
von Otto Dix als Schenkung erhalten
haben und eine Überschneidung der
Themen der Schenkung mit dem der
Ausstellung feststellten. Der abwesende
Körper Jesus Christus, der seit Jahrhunderten immer wieder von Künstlern ins Bild
gesetzt wurde ist darum auch der Rote
Faden, der sich durch die Ausstellung
zieht.
Namhafte zeitgenössische Künstler
und Newcomer, die bereits in Karlsruhe zu
sehen waren, wurden nun eigens für die
Ausstellung im Zeppelin Museum Friedrichshafen mit Beständen der Sammlung
ergänzt. Dabei kommt es sicher auch für
viele Kenner der Sammlung zu überraschenden Begegnungen. So wird die
„Verkündigungsszene“ eines anonymen
Bodenseemeisters aus den Jahren um
1460 frisch restauriert zum ersten Mal im
Museum präsentiert und die geschenkte
Druckgrafik von Otto Dix mit thematisch
verwandten Grafiken aus dem Bestand
gezeigt.
Wir sind uns sicher, dass zwischen
neuer und alter Kunst, zwischen Leihgaben
und eigenen Beständen ein lebendiger und
anregender Dialog sichtbar wird und
danken den beiden Kuratoren der Ausstellung für ihren ihre Ideen und die Bereitschaft ihr eigenes Konzept mit unseren
Sammlungsbeständen auf den Prüfstand
zu stellen.
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„Sie fanden aber den Stein weggewälzt von dem Grab / und gingen hinein
und fanden den Leib des Herrn Jesus
nicht.“ Folgt man vielen Theorien, dann ist
das Portrait in seinem Wesen ein Umgang
mit der Abwesenheit. Davon zeugt der
sentimentale family snapshot ebenso wie
das Gemälde des Herrschers in Vertretung
seiner Macht, wie das Pin-Up als Substitut
des Begehrens. Die Kraft des Portraits
fordert umgekehrt Skepsis heraus, vom
Ikonoklasmus bis hin zu der Frage nach
der Authentizität des digitalen Abbilds, in
der jedoch verkannt wird, dass jedes Bild
– ob nun konstruiert oder reproduziert – im
Grunde immer nur eines ist: eine unterteilte
Fläche, die überzeitlichen Gesetzen
folgend Licht reflektiert, ein Gegenstand
von Physik und eine Sammlung von
Koordinaten, Farbwerten, Materialeigenschaften. Doch ist ein Bild natürlich nicht
nur sein materieller Träger, und definiert
sich in gleichem Maße durch die Handlungen, die zu seiner Entstehung führen:
Prozesse des Übertragens, die sich im
Portrait zwischen dem Gesicht, dem
Körper des Abgebildeten und dem
Bildkörper abspielen, und in denen die
künstlerische Entscheidung gewissermaßen eine Vermittlerrolle einnimmt – Emanationen, die das Alltägliche mit Bedeutung
aufladen.
Parallel zur Ausstellung des Grabtuchs
von Turin, das nun seit 10 Jahren zum
ersten Mal wieder im Turiner Dom der
Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird,
möchte der Kunstraum:Morgenstraße
Positionen der zeitgenössischen Kunst
präsentieren, die solche Prozesse in den
Mittelpunkt rücken und so die Möglichkeit
der Spur eines Körpers oder einer Identität
zur Diskussion stellen. Dabei treten nicht
nur die Vorgänge des Übergangs vom
Körper zum Bild zutage, sondern auch das
magische oder poetische Denken, das es
uns Betrachtenden erlaubt, im Abbild eine
Identität oder gar Wahrheit zu erkennen.
Die Frage nach dem Verhältnis zwischen
Urbild und Abbild ist hier von zentraler
Bedeutung, handelt es sich doch beim
Turiner Grabtuch gerade um ein Bild, das
vor dem „Sündenfall“ des „Verrats der
Bilder“ durch die Kunst entstanden ist –
René Magrittes Diktum, dass das Bild
einer Pfeife keine Pfeife sei, muss in
diesem Zusammenhang genauso zur
Debatte gestellt werden wie das mosaische Bilderverbot.
Die Positionen von sechs Künstlern aus
Deutschland und aus den USA geben
Anlass, die Problematik der Wahrheit eines
Abbilds in verschiedenen Medien zu
diskutieren. „Come / As you are / As you
were / As I want you to be“: Ist die
eigentliche Frage nach dem – sakralen
oder künstlerischen – Portrait nicht weit
jenseits der Frage nach seiner Authentizität diejenige, wen wir erkennen wollen,
wen wir abbilden und wen abgebildet
sehen wollen?
Jacob Birken und Martin Heus
Frank-Thorsten Moll
Come As You Are
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Der Altarflügel (um 1460) eines
anonymen Bodenseemeisters zeigt jenen
Moment auf, in dem der geflügelte
Freudenbringer die Betstube der Jungfrau
eindringt und verkündet: „Fürchte dich
nicht, Maria! du hast Gnade bei Gott
gefunden. (…) Siehe, du wirst schwanger
werden und einen Sohn gebären, des
Namen sollst du Jesus heißen“. 1
Die Bibelgeschichte des Lukasevangeliums versucht von der wundersamen
Verkündigung zu überzeugen. Die frohe
Botschaft soll vom Gläubigen, jedoch in
erster Linie von der andächtigen Jungfrau
Maria verstanden werden.
Von der göttlichen Nachricht bestürzt,
zuckt sie zusammen und erhebt sich rasch
aus kniender Position. Obgleich die am
Betstuhl Weilende an die Worte Gottes
glaubt, ist Maria sichtlich erstaunt, dass
sie zur Mutter des Heilands erwählt wurde.
Sie führt ihre erhobene Hand nahe an ihren
Körper heran, um ihrer Verwunderung
Ausdruck zu verleihen, während ihre Linke
auf dem Stundenbuch ruhen bleibt. Der
gelockte Engel entgegnet ihrer Unwissenheit mit erhobenem Zeigefinger und klärt
sie über den Willen Gottes auf.
Die Nichtanwesenheit des Körpers
Jesu wird hier durch Plastisches thematisiert. Die Rezeption der Prophezeiung wird
für unsere Sinne durch das vom Künstler
verwendete Material tastbar gemacht, so
dass die göttliche Übermittlung (be-)
greifbar wird.
Es ist, als ob man die Hinweise zum
Verstehen des Bildinhaltes ertasten
könnte. Bereits Getastetes wird in unserer
Erfahrung abrufbar. Neben dem Dargestellten in Öl, stimulieren im Hintergrund
der Vorhang aus Pressbrokat und das
vergoldete Rankenwerk aus Pastigliamasse unseren sensiblen Tastsinn. Der hier mit
Blicken zu „ertastende“ Brokatstoff wird
seit Jahrhunderten in der christlichen Kunst
als Inkarnationsmotiv erkannt, was Jesu
Geburt und Tod vorwegnimmt.
Die Vorhangmetapher, die dank der
auffälligen Stofflichkeiten dramaturgisch
funktioniert, erklärt, dass der Messias
Licht und Heil auf die Erde bringen wird,
da er bereits durch ein verschlossenes
Fenster auf die Welt kam, um dort Mensch
zu werden. 2 Der Heilige Geist, der sich in
der Gestalt einer Taube zeigt, überträgt
die göttliche Frucht auf die Jungfrau. Der
Körper des noch nicht Geborenen, wird
durch den ausformulierten Bauch Marias
vorausdeutend zitiert.
Die Verkündigung Mariae hat die
Aufgabe, Unsichtbares sichtbar und
sinnlich vorstellbar auszuformulieren.
Tastbare Bildelemente und bedeutungsschwangere Symbole werden repräsentativ dazu instrumentalisiert, die Vorstellung
der Ankunft Jesu sinnvoll auszustatten, um
Gläubigen das zu überliefern, was selbst
Maria zunächst nicht glauben wollte.
Anna Viktoria Pröbstle
­—
1 Lukas 1,30 – 38
2 Vgl. Lüken, Seven: Die Verkündigung
an Maria im 15. Und frühen 16. Jahrhundert. Historische und kunsthistorische Untersuchungen, Göttingen 2000,
S. 63.
Unbekannter Künstler,
Bodenseemeister
* erstes Drittel des 15. Jahrhunderts, Bodensee
Weitere Informationen:
Lüken, Sven: Die Verkündigung an
Maria im 15. und frühen 16. Jahrhundert. Historische und kunsthistorische
Untersuchungen, 2000.
Unbekannter Künstler, Bodenseemeister
Unbekannter Künstler, Bodenseemeister
Die Verkündigung
des Abwesenden
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Self Portrait of Paul DeMarinis
Auch in Jim Campbells Self Portrait of
Paul DeMarinis (2003) entsteht das
visuelle Abbild prozesshaft aus einer
anderen Form der Aufzeichnung; hier sind
es Stimmlaute des Klangkünstlers DeMarinis selbst, aus denen das Bild generiert
wird. Wie jede Stimme ist auch diese
flüchtig und dem Lärm, der willentlichen
Unterbrechung ausgeliefert; auch wenn
ihre Interpretation der Technik überlassen
zu sein scheint, ist diese Übertragung und
so auch das resultierende Bild unzuverlässig oder zumindest fragil, dem Miss- oder
Unverständnis ausgeliefert.
Name
* 1956 Chicago, Illinois
1978Studium der Mathematik und
Ingenieurwissenschaften am
Massachusetts Institute of
Technology, Cambridge;
Bachelor of Science
1996 SECA Award, New York
1998 Ars Electronica, Linz
2003 – 2004Guggenheim Fellowship
Award
Weitere Informationen:
www.jimcampbell.tv
Jim Campbell
Jim Campbell
Jim Campbell
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* 1891 in Gera
1905 – 1909Lehre als Dekorationsmaler
1909 – 1914Studium an der Kunstgewerbeschule in Dresden
1914 – 1918Freiwillige Meldung zum
Kriegsdienst in Frankreich und
Russland, Fliegerausbildung
1919Gründung der Gruppe 1919
der Dresdener Secession
1927 – 1933Professur an der Kunstakademie in Dresden.
1933Entlassung aus der Lehrtätigkeit durch die Nationalsozialisten
1936Übersiedlung nach Hemmenhofen am Bodensee.
1937Dix Werke werden von den
Nationalsozialisten als
„Entartete Kunst“ gewertet
1939Temporäre Verhaftung, er
wird mit dem Hitler-Attentat in
Verbindung gebracht
1945Einzug zum Krieg;
Kriegsgefangenschaft im
Elsass
1959Verleihung des Bundesverdienstkreuzes
† 1969 in Singen
Weitere Informationen:
www.otto-dix.de
Otto Dix
Otto Dix
Otto Dix
RAUMPLAN
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Via Lewandowsky nimmt in Shadow of
your smile (Schwarzes Quadrat, zentrifugal) von 2008 das historische Artefakt als
Grundlage für eine humorvolle aber doch
auch zutiefst poetische Auseinandersetzung mit der Spur des Sakralen; das
„heilige Bild“, das er hier aufgreift, ist
hierbei eines aus der Mythologie der Kunst
selbst. Als Ikone der Moderne steht
Kasimir Malevitschs Schwarzes Quadrat
von 1915 heute für die Abkehr von einem
rein mimetischen Abbild und gewissermaßen am Anfang des Mythos der von ihren
repräsentativen Zwängen befreiten
Malerei – einer Malerei, die nun in der
absoluten Reduktion und Reinheit der
Form endlich zu sich selbst findet. Durch
seine Radikalität hat es einen Maßstab
gesetzt, an dem sich nun jedes andere
Gemälde messen lassen muss: Möchte
man fragen, was dieses oder jenes
Gemälde über die Malerei selbst aussagt
oder über die Möglichkeit, mit Farbe auf
Leinwand die Wahrheit oder Wirklichkeit
abzubilden, wäre vielleicht einfach zu
fragen, wie sich das entsprechende
Gemälde im Vergleich zum Schwarzen
Quadrat verhält.
Das Schwarze Quadrat trägt
heute somit eine zweifache Aura mit sich;
zum einen diejenige der Geschichte, in der
es eine neue Epoche einleitet, und zum
anderen die Aura des mythischen Anspruchs, die Kunst zur Vollendung gebracht zu haben. Nicht zufällig hängte
Malevitsch das Gemälde bei dessen erster
Ausstellung in einer Ecke auf, wie es mit
einer traditionellen Ikone der Orthodoxen
geschehen wäre: Das Schwarze Quadrat
war kein Bruch damit, das „Heilige“ Malen
zu wollen, sondern vielmehr ein besonders
konsequenter Versuch darin. So mag es
auf den ersten Blick als Sakrileg erscheinen, wenn Via Lewandowsky die Reduktion der Ikone noch auf die Spitze treibt,
indem er das Schwarze Quadrat auf die
Materialien seiner Herstellung herunterbricht: eine Leinwand mit weißer und
schwarzer Farbe, 240° um eine Eckachse
gedreht. Der Ewigkeitsanspruch des
Schwarzen Quadrats wird zur Momentaufnahme der performativen Geste, zu einer
Spur, die wieder auf eine durchaus
romantische, uneindeutige Weise ganz malerisch wirkt – und die, als „Aufzeichnung“
der Handlung des Künstlers, darauf
verweist, dass Malevitschs eigenes Werk
selbst einst noch nicht Mythos war,
sondern ein Arbeitsprozess, Farbe auf
Leinwand.
Jacob Birken
Via Lewandowsky
* 1963 in Dresden
1982 – 1987Studium an der Hochschule für Bildende Künste, Dresden
1988Entwickelt die „reproduktive Malerei“
1989 Verlässt die DDR
1991 – 1992Stipendium des Berliner Senats P.S.1, Aufenthalt in
New York
1992Teilnahme an der
Documenta IX, Kassel
Lebt in Berlin
Weitere Informationen:
www.vialewandowsky.de
Via Lewandowsky
Via Lewandowsky
Shadow of your smile
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Als Stigmata werden Wundmale
bezeichnet, die am Körper eines lebenden
Menschen an jenen Stellen auftreten, an
denen Jesus Christus bei seiner Kreuzigung verwundet wurde. Die Hintergründe
einer solchen Stigmatisation sind bis heute
ungeklärt. Die Mehrzahl der Mediziner und
Theologen geht von einer natürlichen,
psychogenen Ursache aus. Bewusste oder
unbewusste Manipulation, verbunden mit
einer starken Passionsfrömmigkeit können
ausschlaggebend sein. Dass Wundentstehung durch Bewusstseinsveränderung
möglich ist, belegen Experimente mit
Hypnose. Umstritten jedoch sind die
genauen psychischen Mechanismen und
ob sich alle Formen der Stigmatisation
dadurch erklären lassen.
Die Künstlerin Dorcas Müller zeigt uns
in ihrer Arbeit, wie man das Auftreten der
Leidensmale Christi auch ohne mentale
Bewusstseinsveränderung hervorrufen
kann. Mittels einer Videokamera hält sie
den Vorgang fest, der dem Betrachter in
ungewohnter Reihenfolge präsentiert wird:
der fünf minütige Film läuft rückwärts.
Möchte der Betrachter die Methode der
Stigmatisation erfahren, ist er gehalten,
sich das Schauspiel in ganzer Länge
anzusehen.
Ihre Handinnenflächen hält die Künstlerin dem Betrachter zugewandt über ein
weißes Laken, das über ihre Beine gebreitet ist. Mehr ist nicht zu sehen, der
alleinige Fokus liegt auf Müllers Händen.
Auf den Innenseiten ist jeweils eine kleine
Wunde zu erkennen, in die das Blut von
roten Flecken im Laken scheinbar wieder
in die Hände zurückläuft. Diese verharren
nahezu regungslos. Erst als wie aus dem
Nichts ein schwarzer Blutegel auf die linke
Hand der Künstlerin zuzufliegen scheint
und sich festsaugt, bewegt sie ihre Finger.
Bald darauf folgt der Blutegel, der für das
Wundmal in Müllers rechter Handfläche
verantwortlich ist. Einen Moment noch ist
zu sehen, wie sich die Egel saugend
winden bis das Schauspiel endet.
Dorcas Müller beschäftigt sich in ihren
Werken mit den Schnittstellen von Wissenschaft und Kunst, mit der Verbindung von
technischem und organischem Material.
Blutegel sind für die Künstlerin „ein
Symbol für Anfang und Ende zugleich, für
Ewigkeit“ 1 – Assoziationen und Bedeutungen, die auch Jesus Christus und sein
gekreuzigter Leib verkörpern. Müllers
Arbeiten gleichen Forschungen, die
Zeichen, Verweise und Vorstellungen hinter
bestimmten Prozessen hinterfragen und
künstlerisch sichtbar machen. Die Künstlerin erreicht dies, indem sie den Betrachter
in seinen Denk- und Wahrnehmungsgewohnheiten stört und auf diese Weise
Irritationen in seiner vorgefertigten Bildwelt
hervorruft. In How to Fake Stigmata
bewirkt sie die Störung durch die rückwärtig ablaufende Bilderfolge. Was zunächst
als eine Darstellung spiritueller Religiosität
erscheint, wird am Ende als wissenschaftlich-medizinischer Handgriff, als „Fake“ =
Fälschung oder Schwindel des zuvor
suggerierten religiösen Phänomens
enttarnt.
Maren Waike
Dorcas Müller
* 1973 in Karlsruhe
1995 – 2002Studium der Medienkunst an der Staatlichen Hochschule für Gestaltung Karlsruhe
2003Arbeitsaufenthalt in Boston,
MA; Kooperation mit dem
Department of Neurosurgery
Research der Harvard
Medical School)
2007Medienkunstpreis Oberrhein
2007
2007 ZIF PhotoAward
Lebt in Karlsruhe.
Dorcas Müller
Dorcas Müller
How to Fake Stigmata
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Body Pressure
In Bruce Naumans Body Pressure
(1974) entsteht das Portrait im Akt des
(Ab-)Drückens selbst; die Interpretation
und Identifikation dieses Portraits fallen in
Eins mit unserer Selbsterfahrung bei seiner
immer ephemer bleibenden Herstellung. Im
Transit vom niedergeschriebenen Konzept
des Künstlers zum körperlichen Erleben bei
seiner Ausführung zeigt sich zugleich ein
Verhältnis von Wort und Bild, das das
christliche Motiv der Fleischwerdung des
Wortes anklingen lässt – und allein in der
Frage der Autorschaft durchaus vergleichbare hermeneutische Mysterien wachruft.
Ab Mitte 1960 finden zahlreiche Einzelund Gruppenausstellungen statt.
Lebt in New Mexico, USA.
Weitere Informationen:
Galerie Leo Castelli, New York
www.castelligallery.com
Bruce Nauman
* 1941 Fort Wayne, Indiana, USA
1960 – 1964Studium der Kunst,
Mathematik und Physik an
der University of Wisconsin,
Madison
Bachelor of Science
1664 – 1966University of California, Davis; Master of Fine Arts
1966 – 1968Lehrtätigkeit am
San Francisco Art Institute,
San Francisco
1970Lehrt an der University of
California, Irvine
1972Documenta V in Kassel, es
folgt die Teilnahme an der
Documenta VI,VII und IX
1989Ehrendoktorwürde der Feinen Künste vom San Francisco
Art Institute
1991Max Beckmann Preis,
Frankfurt a. M.
2009Vertreter der USA auf der
Biennale in Venedig
Bruce Naumann
Bruce Naumann
Name
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Diverse Arbeiten
In den Arbeiten von Axel Philipp
entsteht die abstrakte Formsprache aus
einem sehr eigenen Prozess des Abbildens; dass seine Schmirgelpapierzeichnungen (1999, 2002) tatsächlich „wahre
Bilder“ ihrer Objekte wären, ist vielleicht
nur metaphorisch zu begreifen – dass in
ihnen auch die Formen des Grabtuchs
anklingen, daher allerdings nicht unbedingt ein Zufall. Gleichsam als Berührungsreliquien von Philipps alltäglicher Umwelt
und Abbildungen der künstlerischen Arbeit
im materiellsten Sinne verdeutlichen auch
sie den immer doppeldeutigen, immer
problematischen Charakter des Werkbegriffs.
Axel Phillip
* 1956 in Karlsruhe
1986Studium der Bildenden
Künste an der Staatlichen
Akademie in Karlsruhe
1992 Diplom- und Meisterschüler
2004 – 2005Vertretungsprofessur an der Staatlichen Akademie in
Karlsruhe
2006Stipendium Cité internationale des Arts, Paris
Lebt in Karlsruhe.
Weitere Informationen:
www.axelphilipp.de
Axel Phillip
Axel Phillip
Name
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Visage
Eine Unschärfe des Portraits zeigt sich
auch in Tobias Trutwins Visage (2001); das
Problem der Authentizität und tatsächlichen Erkennbarkeit Christi auf dem Turiner
Grabtuch wird hier durch die Überblendung mit den tragischen Ikonen des 20.
Jahrhunderts verstärkt: Portraits von Toten,
die selbst nur noch als historisch-politische Schlagbilder vermittelt werden,
während ihre Referenz auf ein Individuum
zunehmend verblasst – auf ein Individuum
zudem, dass eventuell selbst nur durch
das Ereignis seines Todes zum medienrelevanten Bild gelangt ist.
Tobias Trutwin
* 1964 in Bonn
1990 – 1996Studium Kommunikationsdesign mit Schwerpunkt
Fotografie an der Universität
GH Essen
1994 – 1995Austauschprogramm École Supérieure d‘Arts Graphiques
et d‘Architecture Intérieure
(ESAG), Paris, mit DAAD und
der Europäischen Union
1997 – 2001Studium und Meisterschüler an der Hochschule für Grafik
und Buchdruck (HGB) in
Leipzig
2003 – 2005Aufenthalt in Paris
Lebt in Berlin.
Weitere Informationen:
TRZ Galerie, Düsseldorf
www.tzrgalerie.de
Tobias Trutwin
Tobias Trutwin
Name
Impressum
Die Publikation erscheint anlässlich
der Ausstellung
„Come As You Are –
Der abwesende Körper in der Kunst“
6. August – 28. November 2010
Zeppelin Museum Friedrichshafen –
Technik und Kunst
Herausgeber
Ursula Zeller, Frank-Thorsten Moll
im Auftrag des Zeppelin Museum
Friedrichshafen – Technik und Kunst
Katalogkonzept
Martin Borst
Katalogredaktion
Jacob Birken, Martin Heus,
Frank-Thorsten Moll
Lektorat
Maren Waike, Anna Viktoria Pröbstle
Layout und Umschlaggestaltung
Martin Borst
Ausstellungskonzeption
Jacob Birken, Martin Heus,
Frank-Thorsten Moll
Projektleitung
Frank-Thorsten Moll
Koordination und Organisation Frank-Thorsten Moll, Maren Waike,
Sabine Mücke
Gesamtherstellung
Bodenseemedienzentrum
© Zeppelin Museum Friedrichshafen –
Technik und Kunst
ISBN-13: 978-3-86136-145-9
Printed in Germany
Dank
Unser Dank gilt in erster Linie den
Künstlerinnen und Künstlern und den
beiden Kuratoren Jacob Birken und
Martin Heus, ohne die diese Ausstellung
nicht möglich gewesen wäre.
Außerdem Danken wir Martin Borst für
die Gestaltung dieser Broschüre.
Unbekannter Künstler
Jim Campbell
Otto Dix
Via Lewandowsky
Dorcas Müller
Bruce Nauman
Axel Philipp
Tobias Trutwin
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