COME AS YOU ARE Der abwesende Körper in der Kunst Come As You Are Der abwesende Körper in der Kunst 6. August – 28. November 2010 Zeppelin Museum Friedrichshafen – Technik und Kunst 5 Come As You Are Der abwesende Körper in der Kunst Frau Zeller Dass das Museum ein verstaubter Ort ist, indem sich über Jahre nichts verändert, ist ein Ammenmärchen aus vergangenen Tagen. Heute muss das Museum im allgemeinen als ein lebendiger Ort begriffen werden, der sich ständig neu definiert, in dem angestammte Sammlungskonzepte auf den Prüfstand gestellt werden und der Blick von außen zugelassen und gezielt gefördert wird – ansonsten, soviel steht fest, droht der museale Stillstand. Aus dieser Einsicht heraus laden wir beginnend mit dieser Ausstellung in regelmäßigen Abständen unabhängige Ausstellungsmacher ein, mit unserer Sammlung eigene Ausstellungsideen zu entwickeln oder bestehende Konzepte auszubauen. Auf diese Art und Weise helfen Sie uns den eigenen Blick auf die Sammlung zu schärfen, Überraschungen zu Tage zu fördern und ungewöhnliche Ausstellungen zu präsentieren, die sonst nicht möglich gewesen wären. Den Auftakt dieser Reihe bilden die beiden Kuratoren Martin Heus und Jacob Birken, die in Karlsruhe den unabhängigen Ausstellungsraum: Morgenstrasse betreiben. In ihrer Ausstellung „Come as you are“ nahmen sie das weltbekannte Turiner Grabtuch als Ausgangspunkt für eine Untersuchung zeitgenössischer Bildstrategien. Auf dieses interessante Konzept wurden wir aufmerksam nachdem wir ein Bildnis des Schweißtuchs der Veronika von Otto Dix als Schenkung erhalten haben und eine Überschneidung der Themen der Schenkung mit dem der Ausstellung feststellten. Der abwesende Körper Jesus Christus, der seit Jahrhunderten immer wieder von Künstlern ins Bild gesetzt wurde ist darum auch der Rote Faden, der sich durch die Ausstellung zieht. Namhafte zeitgenössische Künstler und Newcomer, die bereits in Karlsruhe zu sehen waren, wurden nun eigens für die Ausstellung im Zeppelin Museum Friedrichshafen mit Beständen der Sammlung ergänzt. Dabei kommt es sicher auch für viele Kenner der Sammlung zu überraschenden Begegnungen. So wird die „Verkündigungsszene“ eines anonymen Bodenseemeisters aus den Jahren um 1460 frisch restauriert zum ersten Mal im Museum präsentiert und die geschenkte Druckgrafik von Otto Dix mit thematisch verwandten Grafiken aus dem Bestand gezeigt. Wir sind uns sicher, dass zwischen neuer und alter Kunst, zwischen Leihgaben und eigenen Beständen ein lebendiger und anregender Dialog sichtbar wird und danken den beiden Kuratoren der Ausstellung für ihren ihre Ideen und die Bereitschaft ihr eigenes Konzept mit unseren Sammlungsbeständen auf den Prüfstand zu stellen. 6 7 „Sie fanden aber den Stein weggewälzt von dem Grab / und gingen hinein und fanden den Leib des Herrn Jesus nicht.“ Folgt man vielen Theorien, dann ist das Portrait in seinem Wesen ein Umgang mit der Abwesenheit. Davon zeugt der sentimentale family snapshot ebenso wie das Gemälde des Herrschers in Vertretung seiner Macht, wie das Pin-Up als Substitut des Begehrens. Die Kraft des Portraits fordert umgekehrt Skepsis heraus, vom Ikonoklasmus bis hin zu der Frage nach der Authentizität des digitalen Abbilds, in der jedoch verkannt wird, dass jedes Bild – ob nun konstruiert oder reproduziert – im Grunde immer nur eines ist: eine unterteilte Fläche, die überzeitlichen Gesetzen folgend Licht reflektiert, ein Gegenstand von Physik und eine Sammlung von Koordinaten, Farbwerten, Materialeigenschaften. Doch ist ein Bild natürlich nicht nur sein materieller Träger, und definiert sich in gleichem Maße durch die Handlungen, die zu seiner Entstehung führen: Prozesse des Übertragens, die sich im Portrait zwischen dem Gesicht, dem Körper des Abgebildeten und dem Bildkörper abspielen, und in denen die künstlerische Entscheidung gewissermaßen eine Vermittlerrolle einnimmt – Emanationen, die das Alltägliche mit Bedeutung aufladen. Parallel zur Ausstellung des Grabtuchs von Turin, das nun seit 10 Jahren zum ersten Mal wieder im Turiner Dom der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird, möchte der Kunstraum:Morgenstraße Positionen der zeitgenössischen Kunst präsentieren, die solche Prozesse in den Mittelpunkt rücken und so die Möglichkeit der Spur eines Körpers oder einer Identität zur Diskussion stellen. Dabei treten nicht nur die Vorgänge des Übergangs vom Körper zum Bild zutage, sondern auch das magische oder poetische Denken, das es uns Betrachtenden erlaubt, im Abbild eine Identität oder gar Wahrheit zu erkennen. Die Frage nach dem Verhältnis zwischen Urbild und Abbild ist hier von zentraler Bedeutung, handelt es sich doch beim Turiner Grabtuch gerade um ein Bild, das vor dem „Sündenfall“ des „Verrats der Bilder“ durch die Kunst entstanden ist – René Magrittes Diktum, dass das Bild einer Pfeife keine Pfeife sei, muss in diesem Zusammenhang genauso zur Debatte gestellt werden wie das mosaische Bilderverbot. Die Positionen von sechs Künstlern aus Deutschland und aus den USA geben Anlass, die Problematik der Wahrheit eines Abbilds in verschiedenen Medien zu diskutieren. „Come / As you are / As you were / As I want you to be“: Ist die eigentliche Frage nach dem – sakralen oder künstlerischen – Portrait nicht weit jenseits der Frage nach seiner Authentizität diejenige, wen wir erkennen wollen, wen wir abbilden und wen abgebildet sehen wollen? Jacob Birken und Martin Heus Frank-Thorsten Moll Come As You Are 8 9 Der Altarflügel (um 1460) eines anonymen Bodenseemeisters zeigt jenen Moment auf, in dem der geflügelte Freudenbringer die Betstube der Jungfrau eindringt und verkündet: „Fürchte dich nicht, Maria! du hast Gnade bei Gott gefunden. (…) Siehe, du wirst schwanger werden und einen Sohn gebären, des Namen sollst du Jesus heißen“. 1 Die Bibelgeschichte des Lukasevangeliums versucht von der wundersamen Verkündigung zu überzeugen. Die frohe Botschaft soll vom Gläubigen, jedoch in erster Linie von der andächtigen Jungfrau Maria verstanden werden. Von der göttlichen Nachricht bestürzt, zuckt sie zusammen und erhebt sich rasch aus kniender Position. Obgleich die am Betstuhl Weilende an die Worte Gottes glaubt, ist Maria sichtlich erstaunt, dass sie zur Mutter des Heilands erwählt wurde. Sie führt ihre erhobene Hand nahe an ihren Körper heran, um ihrer Verwunderung Ausdruck zu verleihen, während ihre Linke auf dem Stundenbuch ruhen bleibt. Der gelockte Engel entgegnet ihrer Unwissenheit mit erhobenem Zeigefinger und klärt sie über den Willen Gottes auf. Die Nichtanwesenheit des Körpers Jesu wird hier durch Plastisches thematisiert. Die Rezeption der Prophezeiung wird für unsere Sinne durch das vom Künstler verwendete Material tastbar gemacht, so dass die göttliche Übermittlung (be-) greifbar wird. Es ist, als ob man die Hinweise zum Verstehen des Bildinhaltes ertasten könnte. Bereits Getastetes wird in unserer Erfahrung abrufbar. Neben dem Dargestellten in Öl, stimulieren im Hintergrund der Vorhang aus Pressbrokat und das vergoldete Rankenwerk aus Pastigliamasse unseren sensiblen Tastsinn. Der hier mit Blicken zu „ertastende“ Brokatstoff wird seit Jahrhunderten in der christlichen Kunst als Inkarnationsmotiv erkannt, was Jesu Geburt und Tod vorwegnimmt. Die Vorhangmetapher, die dank der auffälligen Stofflichkeiten dramaturgisch funktioniert, erklärt, dass der Messias Licht und Heil auf die Erde bringen wird, da er bereits durch ein verschlossenes Fenster auf die Welt kam, um dort Mensch zu werden. 2 Der Heilige Geist, der sich in der Gestalt einer Taube zeigt, überträgt die göttliche Frucht auf die Jungfrau. Der Körper des noch nicht Geborenen, wird durch den ausformulierten Bauch Marias vorausdeutend zitiert. Die Verkündigung Mariae hat die Aufgabe, Unsichtbares sichtbar und sinnlich vorstellbar auszuformulieren. Tastbare Bildelemente und bedeutungsschwangere Symbole werden repräsentativ dazu instrumentalisiert, die Vorstellung der Ankunft Jesu sinnvoll auszustatten, um Gläubigen das zu überliefern, was selbst Maria zunächst nicht glauben wollte. Anna Viktoria Pröbstle ­— 1 Lukas 1,30 – 38 2 Vgl. Lüken, Seven: Die Verkündigung an Maria im 15. Und frühen 16. Jahrhundert. Historische und kunsthistorische Untersuchungen, Göttingen 2000, S. 63. Unbekannter Künstler, Bodenseemeister * erstes Drittel des 15. Jahrhunderts, Bodensee Weitere Informationen: Lüken, Sven: Die Verkündigung an Maria im 15. und frühen 16. Jahrhundert. Historische und kunsthistorische Untersuchungen, 2000. Unbekannter Künstler, Bodenseemeister Unbekannter Künstler, Bodenseemeister Die Verkündigung des Abwesenden 10 11 Self Portrait of Paul DeMarinis Auch in Jim Campbells Self Portrait of Paul DeMarinis (2003) entsteht das visuelle Abbild prozesshaft aus einer anderen Form der Aufzeichnung; hier sind es Stimmlaute des Klangkünstlers DeMarinis selbst, aus denen das Bild generiert wird. Wie jede Stimme ist auch diese flüchtig und dem Lärm, der willentlichen Unterbrechung ausgeliefert; auch wenn ihre Interpretation der Technik überlassen zu sein scheint, ist diese Übertragung und so auch das resultierende Bild unzuverlässig oder zumindest fragil, dem Miss- oder Unverständnis ausgeliefert. Name * 1956 Chicago, Illinois 1978Studium der Mathematik und Ingenieurwissenschaften am Massachusetts Institute of Technology, Cambridge; Bachelor of Science 1996 SECA Award, New York 1998 Ars Electronica, Linz 2003 – 2004Guggenheim Fellowship Award Weitere Informationen: www.jimcampbell.tv Jim Campbell Jim Campbell Jim Campbell 12 13 * 1891 in Gera 1905 – 1909Lehre als Dekorationsmaler 1909 – 1914Studium an der Kunstgewerbeschule in Dresden 1914 – 1918Freiwillige Meldung zum Kriegsdienst in Frankreich und Russland, Fliegerausbildung 1919Gründung der Gruppe 1919 der Dresdener Secession 1927 – 1933Professur an der Kunstakademie in Dresden. 1933Entlassung aus der Lehrtätigkeit durch die Nationalsozialisten 1936Übersiedlung nach Hemmenhofen am Bodensee. 1937Dix Werke werden von den Nationalsozialisten als „Entartete Kunst“ gewertet 1939Temporäre Verhaftung, er wird mit dem Hitler-Attentat in Verbindung gebracht 1945Einzug zum Krieg; Kriegsgefangenschaft im Elsass 1959Verleihung des Bundesverdienstkreuzes † 1969 in Singen Weitere Informationen: www.otto-dix.de Otto Dix Otto Dix Otto Dix RAUMPLAN 16 17 Via Lewandowsky nimmt in Shadow of your smile (Schwarzes Quadrat, zentrifugal) von 2008 das historische Artefakt als Grundlage für eine humorvolle aber doch auch zutiefst poetische Auseinandersetzung mit der Spur des Sakralen; das „heilige Bild“, das er hier aufgreift, ist hierbei eines aus der Mythologie der Kunst selbst. Als Ikone der Moderne steht Kasimir Malevitschs Schwarzes Quadrat von 1915 heute für die Abkehr von einem rein mimetischen Abbild und gewissermaßen am Anfang des Mythos der von ihren repräsentativen Zwängen befreiten Malerei – einer Malerei, die nun in der absoluten Reduktion und Reinheit der Form endlich zu sich selbst findet. Durch seine Radikalität hat es einen Maßstab gesetzt, an dem sich nun jedes andere Gemälde messen lassen muss: Möchte man fragen, was dieses oder jenes Gemälde über die Malerei selbst aussagt oder über die Möglichkeit, mit Farbe auf Leinwand die Wahrheit oder Wirklichkeit abzubilden, wäre vielleicht einfach zu fragen, wie sich das entsprechende Gemälde im Vergleich zum Schwarzen Quadrat verhält. Das Schwarze Quadrat trägt heute somit eine zweifache Aura mit sich; zum einen diejenige der Geschichte, in der es eine neue Epoche einleitet, und zum anderen die Aura des mythischen Anspruchs, die Kunst zur Vollendung gebracht zu haben. Nicht zufällig hängte Malevitsch das Gemälde bei dessen erster Ausstellung in einer Ecke auf, wie es mit einer traditionellen Ikone der Orthodoxen geschehen wäre: Das Schwarze Quadrat war kein Bruch damit, das „Heilige“ Malen zu wollen, sondern vielmehr ein besonders konsequenter Versuch darin. So mag es auf den ersten Blick als Sakrileg erscheinen, wenn Via Lewandowsky die Reduktion der Ikone noch auf die Spitze treibt, indem er das Schwarze Quadrat auf die Materialien seiner Herstellung herunterbricht: eine Leinwand mit weißer und schwarzer Farbe, 240° um eine Eckachse gedreht. Der Ewigkeitsanspruch des Schwarzen Quadrats wird zur Momentaufnahme der performativen Geste, zu einer Spur, die wieder auf eine durchaus romantische, uneindeutige Weise ganz malerisch wirkt – und die, als „Aufzeichnung“ der Handlung des Künstlers, darauf verweist, dass Malevitschs eigenes Werk selbst einst noch nicht Mythos war, sondern ein Arbeitsprozess, Farbe auf Leinwand. Jacob Birken Via Lewandowsky * 1963 in Dresden 1982 – 1987Studium an der Hochschule für Bildende Künste, Dresden 1988Entwickelt die „reproduktive Malerei“ 1989 Verlässt die DDR 1991 – 1992Stipendium des Berliner Senats P.S.1, Aufenthalt in New York 1992Teilnahme an der Documenta IX, Kassel Lebt in Berlin Weitere Informationen: www.vialewandowsky.de Via Lewandowsky Via Lewandowsky Shadow of your smile 18 19 Als Stigmata werden Wundmale bezeichnet, die am Körper eines lebenden Menschen an jenen Stellen auftreten, an denen Jesus Christus bei seiner Kreuzigung verwundet wurde. Die Hintergründe einer solchen Stigmatisation sind bis heute ungeklärt. Die Mehrzahl der Mediziner und Theologen geht von einer natürlichen, psychogenen Ursache aus. Bewusste oder unbewusste Manipulation, verbunden mit einer starken Passionsfrömmigkeit können ausschlaggebend sein. Dass Wundentstehung durch Bewusstseinsveränderung möglich ist, belegen Experimente mit Hypnose. Umstritten jedoch sind die genauen psychischen Mechanismen und ob sich alle Formen der Stigmatisation dadurch erklären lassen. Die Künstlerin Dorcas Müller zeigt uns in ihrer Arbeit, wie man das Auftreten der Leidensmale Christi auch ohne mentale Bewusstseinsveränderung hervorrufen kann. Mittels einer Videokamera hält sie den Vorgang fest, der dem Betrachter in ungewohnter Reihenfolge präsentiert wird: der fünf minütige Film läuft rückwärts. Möchte der Betrachter die Methode der Stigmatisation erfahren, ist er gehalten, sich das Schauspiel in ganzer Länge anzusehen. Ihre Handinnenflächen hält die Künstlerin dem Betrachter zugewandt über ein weißes Laken, das über ihre Beine gebreitet ist. Mehr ist nicht zu sehen, der alleinige Fokus liegt auf Müllers Händen. Auf den Innenseiten ist jeweils eine kleine Wunde zu erkennen, in die das Blut von roten Flecken im Laken scheinbar wieder in die Hände zurückläuft. Diese verharren nahezu regungslos. Erst als wie aus dem Nichts ein schwarzer Blutegel auf die linke Hand der Künstlerin zuzufliegen scheint und sich festsaugt, bewegt sie ihre Finger. Bald darauf folgt der Blutegel, der für das Wundmal in Müllers rechter Handfläche verantwortlich ist. Einen Moment noch ist zu sehen, wie sich die Egel saugend winden bis das Schauspiel endet. Dorcas Müller beschäftigt sich in ihren Werken mit den Schnittstellen von Wissenschaft und Kunst, mit der Verbindung von technischem und organischem Material. Blutegel sind für die Künstlerin „ein Symbol für Anfang und Ende zugleich, für Ewigkeit“ 1 – Assoziationen und Bedeutungen, die auch Jesus Christus und sein gekreuzigter Leib verkörpern. Müllers Arbeiten gleichen Forschungen, die Zeichen, Verweise und Vorstellungen hinter bestimmten Prozessen hinterfragen und künstlerisch sichtbar machen. Die Künstlerin erreicht dies, indem sie den Betrachter in seinen Denk- und Wahrnehmungsgewohnheiten stört und auf diese Weise Irritationen in seiner vorgefertigten Bildwelt hervorruft. In How to Fake Stigmata bewirkt sie die Störung durch die rückwärtig ablaufende Bilderfolge. Was zunächst als eine Darstellung spiritueller Religiosität erscheint, wird am Ende als wissenschaftlich-medizinischer Handgriff, als „Fake“ = Fälschung oder Schwindel des zuvor suggerierten religiösen Phänomens enttarnt. Maren Waike Dorcas Müller * 1973 in Karlsruhe 1995 – 2002Studium der Medienkunst an der Staatlichen Hochschule für Gestaltung Karlsruhe 2003Arbeitsaufenthalt in Boston, MA; Kooperation mit dem Department of Neurosurgery Research der Harvard Medical School) 2007Medienkunstpreis Oberrhein 2007 2007 ZIF PhotoAward Lebt in Karlsruhe. Dorcas Müller Dorcas Müller How to Fake Stigmata 20 21 Body Pressure In Bruce Naumans Body Pressure (1974) entsteht das Portrait im Akt des (Ab-)Drückens selbst; die Interpretation und Identifikation dieses Portraits fallen in Eins mit unserer Selbsterfahrung bei seiner immer ephemer bleibenden Herstellung. Im Transit vom niedergeschriebenen Konzept des Künstlers zum körperlichen Erleben bei seiner Ausführung zeigt sich zugleich ein Verhältnis von Wort und Bild, das das christliche Motiv der Fleischwerdung des Wortes anklingen lässt – und allein in der Frage der Autorschaft durchaus vergleichbare hermeneutische Mysterien wachruft. Ab Mitte 1960 finden zahlreiche Einzelund Gruppenausstellungen statt. Lebt in New Mexico, USA. Weitere Informationen: Galerie Leo Castelli, New York www.castelligallery.com Bruce Nauman * 1941 Fort Wayne, Indiana, USA 1960 – 1964Studium der Kunst, Mathematik und Physik an der University of Wisconsin, Madison Bachelor of Science 1664 – 1966University of California, Davis; Master of Fine Arts 1966 – 1968Lehrtätigkeit am San Francisco Art Institute, San Francisco 1970Lehrt an der University of California, Irvine 1972Documenta V in Kassel, es folgt die Teilnahme an der Documenta VI,VII und IX 1989Ehrendoktorwürde der Feinen Künste vom San Francisco Art Institute 1991Max Beckmann Preis, Frankfurt a. M. 2009Vertreter der USA auf der Biennale in Venedig Bruce Naumann Bruce Naumann Name 22 23 Diverse Arbeiten In den Arbeiten von Axel Philipp entsteht die abstrakte Formsprache aus einem sehr eigenen Prozess des Abbildens; dass seine Schmirgelpapierzeichnungen (1999, 2002) tatsächlich „wahre Bilder“ ihrer Objekte wären, ist vielleicht nur metaphorisch zu begreifen – dass in ihnen auch die Formen des Grabtuchs anklingen, daher allerdings nicht unbedingt ein Zufall. Gleichsam als Berührungsreliquien von Philipps alltäglicher Umwelt und Abbildungen der künstlerischen Arbeit im materiellsten Sinne verdeutlichen auch sie den immer doppeldeutigen, immer problematischen Charakter des Werkbegriffs. Axel Phillip * 1956 in Karlsruhe 1986Studium der Bildenden Künste an der Staatlichen Akademie in Karlsruhe 1992 Diplom- und Meisterschüler 2004 – 2005Vertretungsprofessur an der Staatlichen Akademie in Karlsruhe 2006Stipendium Cité internationale des Arts, Paris Lebt in Karlsruhe. Weitere Informationen: www.axelphilipp.de Axel Phillip Axel Phillip Name 24 25 Visage Eine Unschärfe des Portraits zeigt sich auch in Tobias Trutwins Visage (2001); das Problem der Authentizität und tatsächlichen Erkennbarkeit Christi auf dem Turiner Grabtuch wird hier durch die Überblendung mit den tragischen Ikonen des 20. Jahrhunderts verstärkt: Portraits von Toten, die selbst nur noch als historisch-politische Schlagbilder vermittelt werden, während ihre Referenz auf ein Individuum zunehmend verblasst – auf ein Individuum zudem, dass eventuell selbst nur durch das Ereignis seines Todes zum medienrelevanten Bild gelangt ist. Tobias Trutwin * 1964 in Bonn 1990 – 1996Studium Kommunikationsdesign mit Schwerpunkt Fotografie an der Universität GH Essen 1994 – 1995Austauschprogramm École Supérieure d‘Arts Graphiques et d‘Architecture Intérieure (ESAG), Paris, mit DAAD und der Europäischen Union 1997 – 2001Studium und Meisterschüler an der Hochschule für Grafik und Buchdruck (HGB) in Leipzig 2003 – 2005Aufenthalt in Paris Lebt in Berlin. Weitere Informationen: TRZ Galerie, Düsseldorf www.tzrgalerie.de Tobias Trutwin Tobias Trutwin Name Impressum Die Publikation erscheint anlässlich der Ausstellung „Come As You Are – Der abwesende Körper in der Kunst“ 6. August – 28. November 2010 Zeppelin Museum Friedrichshafen – Technik und Kunst Herausgeber Ursula Zeller, Frank-Thorsten Moll im Auftrag des Zeppelin Museum Friedrichshafen – Technik und Kunst Katalogkonzept Martin Borst Katalogredaktion Jacob Birken, Martin Heus, Frank-Thorsten Moll Lektorat Maren Waike, Anna Viktoria Pröbstle Layout und Umschlaggestaltung Martin Borst Ausstellungskonzeption Jacob Birken, Martin Heus, Frank-Thorsten Moll Projektleitung Frank-Thorsten Moll Koordination und Organisation Frank-Thorsten Moll, Maren Waike, Sabine Mücke Gesamtherstellung Bodenseemedienzentrum © Zeppelin Museum Friedrichshafen – Technik und Kunst ISBN-13: 978-3-86136-145-9 Printed in Germany Dank Unser Dank gilt in erster Linie den Künstlerinnen und Künstlern und den beiden Kuratoren Jacob Birken und Martin Heus, ohne die diese Ausstellung nicht möglich gewesen wäre. Außerdem Danken wir Martin Borst für die Gestaltung dieser Broschüre. Unbekannter Künstler Jim Campbell Otto Dix Via Lewandowsky Dorcas Müller Bruce Nauman Axel Philipp Tobias Trutwin