Ernährung im Alter Vortrag für Pflegekräfte Von Apothekerin Kirsten Anschütz Herausgeber: ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit Copyright und alle Rechte, auch Vervielfältigungen sowie Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung. Stand: August 2009 Inhaltsverzeichnis Altersentwicklung der Bevölkerung ................................................................................................. 3 Nahrungsbestandteile ..................................................................................................................... 3 Weg der Nahrung............................................................................................................................ 4 Physiologische Veränderungen ....................................................................................................... 5 Veränderungen im Alter................................................................................................................... 5 Kau- und Schluckprobleme ............................................................................................................. 6 Nährstoffmangel durch Fehlernährung ............................................................................................ 6 Folgen von Fehlernährung .............................................................................................................. 7 Ernährungsempfehlungen ............................................................................................................... 8 Anforderungen an Seniorenernährung ............................................................................................ 8 Bekannte Speisen, abwechslungsreich und appetitlich ................................................................... 9 Ernährung bei Kau- und Schluckproblemen .................................................................................... 9 Ernährung bei Diabetes und Übergewicht ....................................................................................... 9 Ernährung bei Gicht ...................................................................................................................... 10 Ernährung bei Demenz oder Unruhe............................................................................................. 10 Ernährung bei auszehrenden Krankheiten .................................................................................... 11 Trinknahrungen ............................................................................................................................. 11 Das Trinkproblem .......................................................................................................................... 12 Ernährung bei Verstopfung ........................................................................................................... 12 2 Begrüßung Folie 1 Meine Damen und Herren, ich begrüße Sie zum Vortrag über Seniorenernährung. Wir werden uns heute zunächst mit den Grundlagen der Ernährung beschäftigen – da wissen Sie ja sicher sehr viel durch Ihre Ausbildung! Danach sehen wir uns an, wie sich die Nahrungsaufnahme beim Älterwerden verändert und welche Ernährungsfehler häufig sind. Im zweiten Teil des Vortrages wird es um die Möglichkeiten gehen, wie man diese Fehler vermeidet und das Essen auch für alte Menschen gesund und attraktiv gestaltet, so dass die Vitalität möglichst lange erhalten bleibt. Altersentwicklung der Bevölkerung Folie 2 Allgemein bekannt ist, dass der Anteil älterer und alter Menschen in der Bevölkerung immer weiter zunimmt. Man teilt heute die Senioren ein in die jungen aktiven Alten, das sind Menschen zwischen 65 und 74 Jahren, eine Altersgruppe, die in den Wohn- und Pflegeheimen nicht so häufig vertreten ist. Zwischen 75 und 89 Jahren spricht man von den Hochbetagten, bei denen oft die körperlichen und geistigen Kräfte nachlassen. Ein Mensch im Alter zwischen 90 und 99 ist dann ein Höchstbetagter, darüber, also ab dem 100.Geburtstag ist er langlebig. Natürlich sagt das Alter allein noch nichts über den Gesundheitszustand des jeweiligen Menschen und seine Aktivität aus. Manch ein 80-Jähriger ist heutzutage fitter als ein 65-Jähriger, das ist also individuell verschieden. Nahrungsbestandteile Folie 3 Woraus besteht unsere Nahrung überhaupt? Hauptbestandteile sind die sogenannten Makronährstoffe, nämlich Eiweiß bzw. Proteine, zum Beispiel: Eier, Kohlenhydrate, wie z.B. Zucker oder Stärke aus Mehl, und Fette, zum Beispiel Butter. Diese drei Nährstoffe braucht der Körper in größeren Mengen. Dazu kommen die Mikronährstoffe wie Mineralien, Vitamine und Spurenelemente, von denen der Körper zwar jeweils nur wenig braucht (deswegen auch 'Mikro'), die aber für das Leben unbedingt 3 erforderlich sind. Ballaststoffe werden zwar vom Körper unverändert wieder ausgeschieden, sind aber für eine gute Verdauung und für die Funktionen des Darms unbedingt nötig. Und zu guter Letzt Flüssigkeit, hauptsächlich in Form von Wasser. Weg der Nahrung Folie 4 Die wichtigsten physiologischen Grundlagen will ich Ihnen kurz in Erinnerung rufen. Nimmt ein Mensch Nahrung zu sich, so beginnt die Verarbeitung dieser Nahrung bereits im Mund. Zunächst wird die Nahrung durch das Kauen zerkleinert, durch den Speichel wird sie in eine weiche und schluckbare Masse verwandelt. Der Speichel enthält Enzyme, die bereits im Mund beginnen, Kohlenhydrate zu spalten. Sie sehen: bei einem älteren Menschen, der wenige oder keine Zähne mehr hat und unter Mundtrockenheit leidet (was ja häufig der Fall ist), können bereits im Mund die ersten Probleme auftreten. Nach dem Aufenthalt im Mund wird der Speisebrei geschluckt und gelangt durch die Speiseröhre in den Magen. Auch hier wirken zunächst noch Enzyme, die Kohlenhydrate wie Stärke aufspalten, allerdings nur so lange, bis der ganze Mageninhalt mit der Magensäure vermischt ist. Die Magensäure ist eine Säure, die zum einen das Enzym zerstört, das die Stärke spaltet, zum anderen aber auch Keime abtötet, die durch die Nahrung in den Körper gelangen können. Außerdem aktiviert sie das Enzym Pepsin, das für die Spaltung und Aufbereitung von Eiweiß notwendig ist. Der Magen desinfiziert also den Speisebrei und bereitet ihn zur weiteren Verdauung vor. Probleme kann es an dieser Stelle geben, wenn beispielsweise altersbedingt die Säureproduktion des Magens nachlässt oder ein nachlassender Verschluss des Magens die Magensäure durch die Speiseröhre aufsteigen lässt, was zu Sodbrennen führen kann. Vom Magen wird der Speisebrei in den Dünndarm abgegeben. Zunächst wird hier die Magensäure neutralisiert und es erfolgt eine Vermengung mit Gallen- und anderen Sekreten der Bauchspeicheldrüse. Die bereits im Mund begonnene Verdauung der Kohlenhydrate wird im Darm abgeschlossen und die entstehenden Zuckerbestandteile werden in die Zellen aufgenommen. Genauso geschieht es mit den im Magen bereits aufgespaltenen Proteinen. Auch wird im Dünndarm das Enzym Lipase aktiv, das die Fettsäuren der Fette freilegt, so dass auch diese in die Darmschleimhaut gelangen und dem Körper zur Verfügung stehen. Durch die große Oberfläche des Dünndarmes werden auch andere Nährstoffe aufgenommen und in den Blut- oder Lymphkreislauf weitergegeben. Auch in diesem Bereich gibt es Veränderungen im Alter: der Körper nimmt Nährstoffe nicht mehr so gut auf und die Enzymaktivität nimmt ab, sprich: der Körper kann 4 die Nahrung schlechter verdauen. Eine wichtige Funktion des Dünndarmes ist die Rückgewinnung von Wasser. Ungefähr 80 Prozent des im Speisebrei befindlichen Wassers wird im Dünndarm wieder resorbiert. Im Dickdarm wird der Speisebrei dann weiter verdickt, indem ihm Wasser entzogen wird. Am Ende des Verdauungsvorganges steht die Ausscheidung der unverdaulichen Nahrungsreste wie z.B. der Ballaststoffe, Zellreste (auch von Darmbakterien), und dem nicht über die Niere zurückgewonnenen Wasser mit dem Kot. Physiologische Veränderungen Folie 5 Wie schon angesprochen verändert sich die Situation im menschlichen Körper im Laufe des Lebens. Das beginnt mit dem durchschnittlichen Energiebedarf: Wie Sie in der Tabelle sehen, nimmt der Energiebedarf eines Menschen mit dem Älterwerden ab. Meistens werden Menschen umso träger, je älter sie werden, d.h. sie bewegen sich nicht mehr so viel und verbrauchen dadurch weniger Kalorien. Auf der anderen Seite wird die Verarbeitung und Aufnahme der Nährstoffe aus der Nahrung immer schlechter, was z.B. am Absinken der Enzymaktivität und des Nährstofftransportes in der Darmschleimhaut liegt. Der ältere Mensch braucht also weniger Kalorien. Aber in der geringeren Menge Nahrung muss jedoch ein höherer Anteil wertvoller Nährstoffe sein, damit eine gute Versorgung sichergestellt ist. Veränderungen im Alter Folie 6 Weitere Veränderungen, die sich auf die Nahrungsaufnahme auswirken, sind nachlassende Sinnesleistungen. Die Sehkraft wird schwächer, der Geruchs- und Geschmackssinn braucht stärkere Reize, da die Rezeptoren in Mund und Nase an Funktion verlieren. Interessanterweise bleibt der Geschmack 'süß' am längsten erhalten (1). Leider haben auch manche Medikamente die Nebenwirkung, dass sie reversibel oder irreversibel den Geruchs- und Geschmackssinn schädigen. Allen voran sind Zytostatika zu nennen, die nicht nur Krebszellen abtöten, sondern auch andere schnell teilende Zellen. Diese finden sich unter anderem in allen Schleimhäuten, so auch in der Mundschleimhaut. Weitere häufig verwendete Arzneistoffe mit einem Einfluss auf das Geruchs- und / oder Geschmacksempfinden sind manche Antibiotika (z.B. Roxithromycin, Azithromycin), Blutdrucksenker wie Ramipril oder auch 5 Chlorhexidin und Clopidogrel. Auch die Alzheimer- oder Parkinson-Erkrankung kann zu einer Verminderung von Geschmacks- und Geruchssinn führen. Zahnprothesen können durch die Abdeckung von Schleimhautbereichen den Geschmackssinn verändern. All das bedingt oft eine zunehmende Appetitlosigkeit. Zum Durstgefühl kommen wir später noch. Bei vielen älteren Menschen kommt es zu koordinativen Störungen, d.h. sie sind immer weniger in der Lage, mit Messer und Gabel umzugehen und sich so auch das angebotene Essen klein zu schneiden. Gerade in stationären Einrichtungen tritt dieses Problem auf und führt wiederum zur verminderten Nahrungsaufnahme. Kau- und Schluckprobleme Folie 7 Ein weiterer Punkt sind Veränderungen in der Anatomie des Mundes. Durch Zahnverlust kommt es zu Kauproblemen, die z.T. durch Prothesen nicht zufriedenstellend ausgeglichen werden können. Viele ältere Menschen haben leider auch Probleme mit ihrer Prothese, so dass sie trotz Zahnprothese nicht gut kauen können. In solchen Fällen empfiehlt sich ein Zahnarztbesuch! Die im Alter oft geringere Speichelproduktion führt zum Einen zu einer schlechteren Vorverdauung im Mund, zum Anderen zu Schluckproblemen, was manchen älteren Menschen die Lust am Essen verleidet. Dazu kommt ein verändertes Durstempfinden, d.h. viele Senioren haben gar nicht mehr das Bedürfnis, regelmäßig etwas zu trinken. Diese Tatsache und das Vergessen der Flüssigkeitsaufnahme führt dann durch Mundtrockenheit wieder zu Schluckproblemen. Auch bedingen manche Arzneistoffe Mundtrockenheit, z.B. Antiallergika wie Cetirizin, Beruhigungsmittel wie Zopiclon, Blutdrucksenker wie Amlodipin oder Clonidin oder Antidepressiva wie Venlaflaxin oder Amitriptylin. Nährstoffmangel durch Fehlernährung Folie 8 Mehr als 60 Prozent der Bewohnerinnen und Bewohner in stationären Heimen sind mangelernährt. Das ist ein Ergebnis der (Ernährung in stationären Einrichtungen für Senioren und Seniorinnen)Studie aus dem DGE-Ernährungsbericht 2008 (2). Am auffälligsten ist der weit verbreitete Mangel an Vitamin D, aber auch andere Mikronährstoffe, wie z.B. Vitamin E und C, Folsäure, Calcium oder Magnesium wird oft in zu geringem Maße zugeführt. Vielfach ist die Nahrung auch zu fett und zu zuckerhaltig, während frisches Obst und Gemüse, hochwertiges Eiweiß, aber auch Ballaststoffe zu 6 wenig aufgenommen werden. Hier sollte natürlich in erster Linie eine Gewährleistung der ausreichenden Versorgung mit allen Nährstoffen durch die Nahrung stehen. Ist dies nicht möglich, so bieten sich Nahrungsergänzungsmittel (aus der Apotheke) an, wie z.B. Multivitaminpräparate, die auf den besonderen Nährstoffbedarf älterer Menschen zugeschnitten sind. Bei drohendem oder bestehendem Vitamin D-Mangel oder Osteoporose ist die Versorgung mit ausreichend Vitamin D und Calcium lebenswichtig, um die Folgeschäden der Osteoporose (u.a. Knochenbrüche, Wirbelschäden) zu vermeiden. Auch Bewegung und der Aufenthalt im Freien sind wichtig, da der Körper das Sonnenlicht für die Vitamin D-Versorgung und die Bewegung für den Knochenaufbau braucht. Bei Vitamin B-Mangel kann man auf natürliche Hefepräparate zurückgreifen. Reich an Vitamin C sind Pflanzen wie Acerola-Kirsche oder Sanddorn, die als Saft oder Nahrungsergänzungsmittel angeboten werden. Auch Zitrusfrüchte oder Paprika enthalten viel Vitamin C. Folgen von Fehlernährung Folie 9 Fehlernährung kann weitreichende Folgen haben. Dazu gehört ein erhöhtes Dekubitusrisiko, da die Haut durch einen Flüssigkeits- und Nährstoffmangel nicht mehr so gut durchblutet ist und damit schlechter heilt. Besonders eine zu geringe Trinkmenge kann zu kognitiven Ausfallerscheinungen führen, d.h. Verwirrtheit oder Orientierungslosigkeit. Auch können bei einem Vitamin-B-Mangel die Nerven geschädigt werden, was sich z.B. in Kribbeln oder Brennen in den Extremitäten äußert. Ganz allgemein steigt bei schlechter Versorgung die Infektanfälligkeit, d.h. schlecht ernährte Patienten sind häufiger und länger krank. Bei Vitamin D- und Calciummangel erhöht sich das Risiko für Knochenbrüche, da die Knochen nicht mehr widerstandsfähig genug sind. Wie gefährlich ein Oberschenkelhalsbruch im Alter sein kann, das haben Sie in ihrer Berufspraxis sicher alle schon erlebt. Bei einem daraus resultierenden Krankenhausaufenthalt kommt es mitunter zu einer Lungenentzündung, die tödlich enden kann. Allein daran sehen Sie schon, wie wichtig eine gute Ernährung der Patienten ist. Eine Mangelversorgung kann verschiedene Körperfunktionen verschlechtern: Ganz allgemein brauchen mangelernährte Menschen länger, um wieder gesund zu werden. Die Muskelkraft lässt nach. Das wirkt sich auf viele Körperfunktionen aus, angefangen beim Kauen, aber auch beim Laufen oder Atmen. Viele ältere Menschen leiden ohnehin schon an Asthma oder COPD, so dass eine weitere Verschlechterung der Atemfunktion auch immer eine Verschlechterung des 7 Allgemeinzustandes bedingt. Ernährungsempfehlungen Folie 10 Die Ernährung von Senioren sollte hochwertig und ausgewogen sein, d.h. ausreichend Eiweiß enthalten, nicht zu viel Fett (vor allem nicht zu viele gesättigte Fettsäuren) und vollwertige Kohlenhydrate. Pflanzliche Fette sind wegen des Fettsäuremusters zu bevorzugen. Ideal sind Vollkornprodukte wie Vollkornbrot, Vollkornnudeln oder ungeschälter Reis. Allerdings muss hier natürlich auch den Vorlieben der einzelnen Personen Beachtung geschenkt werden, genauso wie der Kaufähigkeit. Anzustreben sind '5 am Tag', d.h. es sollte 5 mal täglich eine Portion Obst oder Gemüse zu sich genommen werden – zwei Stück Obst und drei Portionen Gemüse oder Salat. Hinter der Initiative '5 am Tag' steht unter anderem die Deutsche Gesellschaft für Ernährung und die deutsche Krebsgesellschaft. Eine Portion Obst oder Gemüse entspricht ungefähr einer Hand voll (je nach Sorte; genauere Infos unter (3)). Milch und Milchprodukte sind wegen des Eiweiß- und Calciumgehaltes wichtig, wohingegen Fleisch und Wurst keine große Rolle in der Ernährung spielen sollte. Die bereits zitierte ErnSTES-Studie zeigte allerdings, dass viele ältere Menschen Speisen mit Fleisch und Wurst bevorzugen, was zum Teil an den Ernährungsgewohnheiten der Vergangenheit liegt. Fisch sollte im Durchschnitt zweimal pro Woche auf den Tisch kommen, da gerade Seefisch viel Jod enthält. Jod ist wichtig für die Schilddrüse, außerdem erhält er OmegaFettsäuren. Ganz allgemein kann man sagen: die Ernährung sollte vielseitig und verschieden sein, um einer einseitigen Versorgung, die in einen Mangel führen könnte, vorzubeugen. Anforderungen an Seniorenernährung Folie 11 Neben der Zusammensetzung der Speisen ist auch ihre Präsentation wichtig. Das Essen soll appetitlich aussehen und zum Genießen einladen, auch wenn manche Speisen nicht zu den eigenen Favoriten gehören. Hilfreich ist das Angebot von bekannten Speisen. Auf exotische Experimente lieber verzichten und Speisen „von früher“ anbieten, die man ggf. in einer moderneren Verarbeitung (also z.B. mit weniger Fett) auf den Tisch bringt. Bitte darauf achten, dass die Nahrungsmittel leicht zu kauen sind, gerade bei älteren dementen Patienten. Und natürlich müssen Grunderkrankungen beachtet werden, die eine besondere Ernährung fordern, allen voran Diabetes und Gicht. 8 Bekannte Speisen, abwechslungsreich und appetitlich Folie 12 Sehen Sie sich diese Speisen einfach einmal an. Das sieht doch lecker aus, finden Sie nicht auch? Buntes Obst und Gemüse, das in schöner Form auf dem Teller liegt, regen den Appetit sicher mehr an, als ein lieblos in den Teller geschütteter verkochter Eintopf. Die Augen werden durch bunte Farben angeregt, die Nase durch den intensiven Duft der Gewürze, so dass Essen mit allen Sinnen genossen werden kann. Folie 13 Erinnern Sie sich auch an manche Speisen von früher? Linseneintopf zum Beispiel, oder ein guter Braten mit Klößen / Knödeln? Eine leckere Suppe mit Einlage? (An dieser Stelle ggf. interaktiv mit den Zuhörern arbeiten und nach eigenen Lieblingsspeisen fragen). Bei vielen älteren Menschen lässt das Kurzzeitgedächtnis nach, sie erinnern sich aber durchaus noch an 'früher'. So kann man mit dem Angebot von bekannten Speisen die Akzeptanz fördern. Ernährung bei Kau- und Schluckproblemen Folie 14 Wie vorhin schon erwähnt sollte bei diesen Problemen ein Arzt- und ggf. Zahnarztbesuch angeraten werden. Bei weiter bestehender Problematik, vor allem auch bei Demenz, bietet man den Senioren leicht zu kauende Nahrungsmittel an, d.h. weiche oder pürierte Speisen, wie z.B. Müslis, Puddings etc. Die '5 am Tag'-Regel lässt sich auch hier einhalten, wenn man Obstbrei oder Gemüsesuppen anbietet. Hackfleischgerichte sind leichter zu kauen und zu schlucken als ganze Fleischstücke; gedünsteter Fisch ist weicher als Fleisch. Auch kann man angereicherte Getränke anbieten, die z.B. neben Joghurt oder Buttermilch auch püriertes Obst enthalten und somit eine fast vollwertige Mahlzeit darstellen. Fast jedes Nahrungsmittel lässt sich in einem Mixer pürieren und in eine leicht zu schluckende Form bringen. Ernährung bei Diabetes und Übergewicht Folie 15 Zwar spielt im Alter die Mangel- und Unterernährung eine größere Rolle als das Übergewicht, trotzdem sehen wir allgemein in der Bevölkerung eine Zunahme an übergewichtigen Menschen, 9 die oft später einen Diabetes entwickeln. Bei dieser Personengruppe sind im Bezug auf die Ernährung ein paar Dinge zu beachten: es sollten langsam verwertbare Kohlenhydrate bevorzugt werden, d.h. eher Vollkornprodukte als weißes Mehl und ganz allgemein wenig Zucker. Bei Übergewichtigen sollte die Nahrungsmenge reglementiert werden, wobei Obst und vor allem Gemüse weitestgehend nach Belieben gegessen werden dürfen. Eine Gewichtsabnahme ist im höheren Alter und bei moderatem Übergewicht nicht mehr zwingend notwendig, entlastet aber natürlich auch die oft an Arthrose erkrankten Gelenke. Hier sollte ein Ernährungsplan mit dem Arzt abgesprochen werden, wenn der Patient nicht entsprechend geschult wurde. Ernährung bei Gicht Folie 16 Gicht ist eine typische Wohlstandserkrankung, die ihre Ursache meist in zu fleischhaltiger und zu reichhaltiger Ernährung über einen längeren Zeitraum hat. In Nahrungsmitteln wie Fleisch, Fisch oder Hülsenfrüchten sind viele Zellkerne enthalten, in denen man u.a. viel DNS findet. Diese besteht zu einem Teil aus Purinen, die im Körper zu Harnsäure abgebaut werden. Harnsäure kann sich dann in den Gelenken ablagern und durch die Entzündung massive Schmerzen verursachen – den Gichtanfall. Besonders betroffen ist das Großzehengrundgelenk. Vielleicht haben Sie so einen Gichtanfall ja schon bei einem Patienten erlebt? Wenn ein Mensch unter Gicht leidet, so nimmt er meistens Medikamente dagegen ein. Die Ernährung sollte umgestellt werden auf eine purinarme Kost, d.h. weniger Fleisch, bestimmte Fische nicht mehr und auch wenig bis keine Hülsenfrüchte. Weitere Infos unter (4). Ernährung bei Demenz oder Unruhe Folie 17 Je älter Menschen werden, desto mehr lassen die Gehirnfunktionen nach und die Wahrscheinlichkeit für eine Demenz steigt. Auch Erkrankungen, die mit unwillkürlichen Bewegungen einhergehen (z.B. Parkinson), werden häufiger. Bei vielen dieser Patienten ist die Hand-/Mundkoordination gestört, sie wandern umher oder erinnern sich nicht mehr daran, wie und wo man isst. Diese Patienten kann man unterstützen, indem man ihnen das Essen sozusagen unterwegs anbietet, d.h. als Fingerfood, so dass sie es einfach in die Hand nehmen und abbeißen können, ohne am Tisch sitzen zu müssen. Liegt eine große Unruhe vor, so hat dieser Patient einen höheren Energiebedarf, d.h. seine Speisen sollten gehaltvoller sein, z.B. durch mehr pflanzliche Fette und einen höheren Eiweißgehalt. 10 Ernährung bei auszehrenden Krankheiten Folie 18 Viele Tumore verbrauchen Energie, die über die Nahrung vermehrt zugeführt werden muss, damit der Patient bei Kräften bleibt. Daneben hat die Krebsbehandlung einige Nebenwirkungen, die sich auf die Ernährung auswirken. Dazu gehören Appetitlosigkeit oder auch eine Mucositis, die zu sehr schmerzhaften Schleimhautveränderungen im Mund führt. Auch das Fatigue-Syndrom kommt häufig vor, was sich in großer Ermüdung, Kraftlosigkeit und Schwäche äußert. All dies zusammen kann zu einer Mangelernährung des Krebspatienten führen. Man sollte versuchen, dem Patienten Speisen anzubieten, die hochkalorisch sind und die er leicht essen kann. Da Säuren die Mundschleimhaut reizen, sollten die Nahrungsmittel säurearm sein, also keine Zitrusfrüchte, keine säuerlichen Tees, etc. Im fortgeschrittenen Stadium oder bei starker Schwäche kann es sinnvoll sein, zusätzlich bilanzierte Trinknahrungen anzubieten. Trinknahrungen Folie 19 Trinknahrungen – im Volksmund auch Astronautenkost genannt – gibt es in verschiedenen Zusammensetzungen. Sie können als Zusatzernährung gegeben werden oder auch als ausschließliche Kost, dann aber nur nach Anordnung des Arztes. Angeboten werden fertige Mischungen als Tetrapack oder in der Flasche zum Trinken oder als Creme zum Löffeln wie eine Art Pudding, aber auch Pulver zum Anrühren oder anreichern von Speisen. Der Kaloriengehalt pro Milliliter liegt zwischen 1 (normal) und 2 (hochkalorisch), der Eiweißgehalt ist dem Bedarf angepasst, manche Produkte enthalten Ballaststoffe oder sind speziell für Diabetiker, für Nierenkranke, Leberkranke etc. zusammengesetzt. Die meisten Produkte gibt es in süßen Geschmacksrichtungen wie Vanille, Erdbeer, Schoko oder Nuss. Es gibt aber auch geschmackneutrale Präparate oder herzhafte Suppen. Die Herstellerfirmen bieten oft kleine Rezepthefte an, in denen die Drinks immer wieder neu gemischt werden, so dass der Patient nicht einen bestimmten Geschmack irgendwann gar nicht mehr mag. Folie 20 Für viele Patienten sind Trinknahrungen eine echte Hilfe und Entlastung. Eine zusätzliche oder gar ausschließliche Ernährung mit Trinknahrungen ist aber teilweise recht teuer. Allgemein empfohlen werden diese Zusatzprodukte, wenn die normale Nahrungsaufnahme nicht mehr ausreichend gewährleistet ist, sei es durch Appetitlosigkeit oder Schluckprobleme, sei es durch Demenz und 11 Ess-Unlust. In diesen Fällen, wenn also ärztliche, pflegerische und sonstige Maßnahmen nicht ausreichen, den Patienten adäquat mit Nahrung zu versorgen, sehen die Arzneimittelrichtlinien die Möglichkeit zur Verordnung der entsprechenden Präparate vor. Das bedeutet, dass der Arzt in einigen Fällen ein Rezept über Trinknahrungen ausstellen kann. Daher ist es sinnvoll, den behandelnden Arzt auf dieses Thema anzusprechen. Das Rezept wird dann von der Apotheke ganz normal beliefert. Das Trinkproblem Folie 21 Im Alter nimmt der Wassergehalt des Körpers ab, was zu einem geringeren Durstempfinden führt. Manche Senioren trinken auch bewusst wenig, weil sie eine Inkontinenz fürchten. Werden zusätzlich gegen Bluthochdruck Diuretika eingenommen, verstärkt das den Wasserverlust. Daher muss bei Senioren auf eine ausreichende und regelmäßige Flüssigkeitszufuhr besonders geachtet und ihr Trinkverhalten kontrolliert werden. Hierfür ist es hilfreich, einen Trinkplan für den Tag zu erstellen und abends die getrunkene Flüssigkeitsmenge zu kontrollieren. Auch kann das Abwechseln zwischen Getränken wie Kräuter- und Früchtetee, Mineralwasser mit wenig oder ohne Kohlensaure, Gemüsesäfte und verdünnte Fruchtsäfte, Kaffee und schwarzen Tee das Trinkverhalten positiv unterstützen. (Siehe auch (5)) Die Folgen einer zu geringen Trinkmenge können dramatisch sein: Verwirrtheit, die manchmal als Demenz fehlinterpretiert wird, Hautjucken und Hauttrockenheit, die sehr quälend sein können und auch Verstopfung, weil der Darminhalt zu stark eingedickt wird. Ernährung bei Verstopfung Folie 22 Von einer Verstopfung/Obstipation wird gesprochen, wenn die Darmentleerung seltener als alle dreimal pro Woche erfolgt. Der Stuhl ist meist hart und die Entleerung nur mit starkem Pressen möglich. Ursachen sind in erster Linie eine geringe Ballaststoffzufuhr mit der Nahrung, eine verminderte Flüssigkeitszufuhr und zu wenig Bewegung, was auch zu Darmträgheit führt. Man findet die Obstipation auch als Begleitsymptom bei einigen neurologischen und psychiatrischen Grunderkrankungen wie z. B. M. Parkinson, Schlaganfall, Demenz oder Depression. Schmerzpatienten, die mit Opiaten behandelt werden (z.B. Fentanylpflaster) erleben sehr häufig die Obstipation als Nebenwirkung ihrer Medikamente. Abhilfe schafft zum Einen der Zusatz von Ballaststoffen. Reich an Ballaststoffen sind Lebensmittel 12 wie Vollkornprodukte, Haferflocken, Naturreis, Gemüse und Obst. Ziel sollte eine Ballaststoffzufuhr von mindestens 30 Gramm am Tag sein. Auch Leinsamen oder Flohsamen aus der Apotheke können bei Verstopfung helfen. Auch die Flüssigkeitszufuhr spielt eine entscheidende Rolle – mindestens 1,5 Liter Flüssigkeit sollten täglich aufgenommen werden, wobei kalorienfreie Getränke, wie Mineralwasser, Kräuter- und Früchtetees und Saftschorlen ideal sind. Ohne ausreichende Flüssigkeit können auch die Ballaststoffe nicht aufquellen und damit nicht die Verdauungssituation verbessern. Milchsäurehaltige Lebensmittel wie Joghurt, Buttermilch und Kefir helfen, die Darmtätigkeit anzuregen. „Stopfende“ Lebensmittel wie Schokolade, Kakao, hartgekochte Eier und Weißbrot sollte man möglichst vermeiden. Zusätzlich ist es wichtig, auf ausreichende Bewegung zu achten, da sich bei Bewegung auch der Darm sich mehr bewegt. Ein kleiner Spaziergang jeden Tag, gerne an der frischen Luft, ist genau das richtige, aber auch Sitztanz oder Seniorengymnastik sind hilfreich für das Wohlbefinden – und zwar nicht nur im Bezug auf die Verstopfung. Wenn das alles nicht ausreicht, können bestimmte Arzneimittel helfen, die Verdauung wieder zu regulieren. Man verwendet gerne Lactulose oder Macrogol, da diese nicht zu einer Gewöhnung und damit weiteren Verschlechterung der Verdauung führen. Stärkere Abführmittel wie zum Beispiel Natriumpicosulfat oder Sennesblätter sollten nur im Einzelfall zur Anwendung kommen. Bei einer Dauertherapie mit Opiaten sollte Rücksprache mit dem Arzt gehalten werden, da hier die 'normalen' Mittel oft nicht ausreichen. Wenn Sie Fragen zu abführenden Medikamenten haben, können wir das gerne noch im Anschluss besprechen. Folie 23 Ende/Diskussion 13 Literaturnachweise (1) Dtsch Arztebl 2000; 97(14): A-911 / B-763 / C-712 Klimek, Ludger; Moll, Bertram; Kobal, Gerd Riech- und Schmeckvermögen im Alter http://www.aerzteblatt.de/v4/archiv/artikel.asp?id=22440 (2) DGE aktuell: Ernährung von Senioren in stationären Einrichtungen 30.06.2009 http://www.dge.de/modules.php?name=News&file=article&sid=941 (3) http://www.machmit-5amtag.de/cms/www.machmit.de/ (4) http://www.ernaehrung.de/tipps/gicht/ (5) http://www.dge.de/modules.php?name=News&file=article&sid=459 14