Anatomie Fleischmann

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Anatomie Fleischmann
Männliche und Weibliche Geschlechtsorgane
1) Männliche Geschlechtsorgane
Innere Geschlechtsorgane:
 Hoden und Nebenhoden
 Samenstrang und Samenleiter
 Samenbläschen und Prostata
Äußere Geschlechtsorgane:
 Penis
 Hodensack
Hoden (Testis):
Die Eiförmigen Hoden sind die Keimdrüsen des Mannes. Sie hängen im Hodensack
(Scrotum) am Samenstrang, einem Gefäßstiel, der Arterien, Venen und den Samenleiter
enthält. In den Hoden werden Geschlechtshormone und Samenzellen gebildet. Hoden und
Nebenhoden sind ursprünglich im kleinen Becken angelegt und wandern gegen Ende der
Fetalzeit in den Hodensack (Hodendescensus). Der Stand des Hodens bei der Geburt gilt als
Reifezeichen.
Bau des Hodens:
 liegen im Scrotum
 Hängen am Samenstrang der aus dem Leistenkanal kommt
 Eiförmig ca. 4-5 cm lang
 Von praller Konsistenz
 Unterteilt in 200 – 300 Hodenläppchen, die jeweils mehrere gewundene
Hodenkanälchen (Tubuli seminiferi) enthalten
Funktionen des Hodens:
 Produktion von Geschlechtshormonen (Testosteron)
 Bildung von Samenzellen (in der Geschlechtsreife)
Die Hoden liegen im Hodensack außerhalb des Bauchraums etwa 2-4°C unterhalb der
Körpertemperatur, da die Produktion der Samenzellen bei höheren Temperaturen unterdrückt
wird. Daher ist ein Leisten- oder Bauchhoden meistens nicht zu einer normalen
Samenproduktion fähig.
Nebenhoden (Epididymis):
Der Nebenhoden liegt dem Hoden schweifförmig auf. Er geht über den Nebenhodengang, der
sich aus den Samenkanälchen bildet, in den Samenleiter über. Im Nebenhoden erfolgt die
Speicherung des Samens.
Hodensack (Scrotum):
Der Hodensack bildet sich in der Embryonalentwicklung während der sog. Descensus
(Herabwanderung) der Hoden aus der Bauchhöhle durch eine Ausstülpung der Bauchwand.
Die Hoden werden durch die Lage im Hodensack der Wärme der Bauchhöhle entzogen, die
sich störend auf die Bildung der Samenzellen auswirken würde. Die Temperatur im Scrotum
liegt etwa 2-4°C unter der Körpertemperatur.
Samenstrang:
Der Samenstrang ist ein bindegewebiger Gefäßstiel, der durch den Leistenkanal vom kleinen
Becken zum Hoden zieht.
Er führt folgende Strukturen:
 Samenleiter (der sich aus dem Nebenhodengang fortsetzt)
 Arterielle und venöse Gefäße zur Blutversorgung
 Nervenfasern
Samenleiter (Ductus Deferens):
Der Samenleiter ist das ca. 50-60 cm lange Transportorgan des Spermas. Er vereinigt sich mit
der Mündung des Samenbläschens und endet mit dem Spritzkanälchen, das die Prostata
durchbohrt, schließlich in der Harnröhre.
Samenbläschen:
Das Samenbläschen ist eine paarig angelegte, sackförmige, ca. 5-10 cm lange Drüse. Sie liegt
zwischen Harnblasengrund und Prostata und sondert ein alkalisches Sekret ab, das Fruktose
zur Energiegewinnung der Spermien beinhaltet. Das Sekret der Samenbläschen ist für eine
ungestörte Spermienbeweglichkeit unbedingt notwendig.
Vorsteherdrüse (Prostata):
Die Vorsteherdrüse ähnelt in Größe und Gestalt einer Kastanie und liegt zwischen
Harnblasengrund und Beckenbodenmuskulatur. Sie wird von der Harnröhre und den beiden
Spritzkanälchen durchzogen und bildet ein dünnflüssiges, schwach alkalisches Sekret. Die
Prostata ist vom Rektum aus tastbar.
Glied (Penis):
Der Penis ist das äußere Geschlechtsorgan des Mannes. Er dient sowohl der Harnentleerung
als auch dem Transport des Spermas beim Geschlechtsverkehr.
Bau:
 Peniswurzel: Ansatzstelle an der Muskulatur des Beckenbodens und den beiden
Schambeinästen
 Penisschaft: tritt unter der Symphyse vor und wird im Wesentlichen von zwei großen
Schwellkörpern (Corpus Cavernosa) gebildet, die der Erektion dienen
 Eichel: verdicktes Ende des Schaftes mit Harnröhrenmündung
Der Penis wird von der dünnen, gut verschieblichen Vorhaut (Praeputium) überzogen, die nur
im Bereich der Eichel mit dem Schaft verwachsen ist.
Samenflüssigkeit (Sperma):
Das Sperma des erwachsenen Mannes besteht aus den Sekreten von Nebenhoden,
Samenbläschen und Prostata und enthält die Spermien. Bei der Ejakulation werden ca. 3-5 ml
Sperma mit ca. 250-350 Millionen Spermien entleert. Das alkalische Milieu der Sekrete
schützt die Spermien vor dem sauren Milieu der Scheide und sorgt für eine gute
Beweglichkeit.
Männliche Geschlechtshormone:
Im Bindegewebe zwischen den Samenkanälchen liegen die so genannten LeydigZwischenzellen, die männliche Geschlechtshormone (Androgene) produzieren. Hauptvertreter
der Androgene ist das Testosteron, aber auch Östrogene werden in geringer Menge im Hoden
produziert.
Testosteronwirkungen:
 Geschlechtsdifferenzierung (Hoden- und Peniswachstum in der Pubertät)
 Samenbildung
 Geschlechtstrieb
 Förderung der Eiweißsynthese (anabole Wirkung)
 Fördernder Einfluss auf die Blutbildung
Stimuliert wird die Testosteronbildung durch Ausschüttung der
Hypothesenvorderlappenhormone LH und FSH. Die Sekretionsrate beträgt ca. 7 mg/Tag.
2) Weibliche Geschlechtsorgane
Innere Geschlechtsorgane:
 Scheide (Vagina)
 Gebärmutter (Uterus)
 Eileiter (Tuben)
 Eierstöcke (Ovarien)
Äußere Geschlechtsorgane:
 Schamlippen (Labien)
 Scheidenvorhof (Vestibulum)
 Vorhofdrüsen (Bartholin- Drüsen)
 Kitzler (Klitoris)
 Harnröhrenmündung
Die Anteile der äußeren Geschlechtsorgane werden auch als Vulva zusammengefasst.
Primäre Geschlechtsmerkmale:
 Eileiter
 Eierstöcke
 Uterus
 Scheide
 Gebärmutter
 Vulva
Sekundäre Geschlechtsmerkmale:
 Die Entwicklung der weiblichen Brust
 Schambehaarung
 Achselbehaarung
Vulva:
Große Schamlippen:
 Begrenzen die Schamspalte
 Enthalten Fettgewebe, Schweiß und Duftdrüsen
Kleine Schamlippen:
 Dünne Hautfalten
 Umschließen den Scheidenvorhof
 Laufen vorne in zwei Falten zusammen, die die Klitoris bilden
Kitzler (Klitoris):
Die Klitoris entspringt mit zwei Schenkeln von den beiden Schambeinästen. Sie enthält
ebenso wie der Penis Schwellkörper und ist sensibel innerviert.
Bartholin-Drüsen (Vorhofdrüsen):
Paarig angelegte Drüsen, deren Ausführungsgang zwischen kleinen Schamlippen und äußerer
Scheidenöffnung mündet. Sie sondern ein schleimiges Sekret zur Befeuchtung der Scheide ab.
Harnröhre:
Die weibliche Harnröhre ist 2-4 cm lang und verläuft zwischen Symphyse und vorderer
Scheidenwand.
Scheide (Vagina):
Die Scheide ist ein 8-10 cm langes, dünnwandiges, muskuläres Rohr, das oben die Portio
(Gebärmuttermund) umfasst und sich mit dem Scheideneingang na außen öffnet. Die Scheide
ist als Kohabitationsorgan und Geburtskanal extrem dehnbar. Das saure Scheidenmilieu dient
als Abwehrbarierre gegen eindringende Keime. Bei Geburt ist die Scheide durch das Hymen
(Jungfernhäutchen) teilweise verschlossen, wird aber spätestens beim ersten
Geschlechtsverkehr vollständig perforiert.
Feinbau:
 Schleimhaut mit vielschichtigem, unverhornten Plattenepithel, meist ohne Drüsen
 Drüsen im Uterushals zur Sekretabsonderung
Scheidenflüssigkeit:
Pro Tag werden etwa 2-4g Scheidenflüssigkeit gebildet, die mit einem pH-Wert um 4,0 im
sauren Bereich liegt. Der saure pH-Wert, der durch die Anwesenheit von Milchsäure zustande
kommt, erfüllt eine Schutzfunktion gegen das Eindringen von Bakterien in Scheide und
höhere Abschnitte des Genitaltraktes. Wesentlich für die Konstanz dieses sauren Milieus ist
die Anwesenheit von Östrogenen und Döderlein-Bakterien, die für die Vergärung von Zucker
und Milchsäure sorgen.
Störfaktoren des Scheidenmilieus:
 Östrogenmangel (nach der Menopause)
 Verschiebung des pH-Wertes
 Vernichtung der Döderlein-Bakterien durch Antibiotika oder Chemikalien
 Vaginalduschen, Intimsprays
Gebärmutter (Uterus):
Die Gebärmutter ist ein birnenförmiges, etwa 9 cm langes und 100g schweres Organ, das zur
Aufnahme des befruchteten Eies und dem Austragen einer SS dient.
Bau:



Portio (Muttermund, mündet zur Scheide hin)
Zervix (Gebärmutterhals)
Korpus (Gebärmutterkörper, nimmt an beiden Seiten die Eileiter auf)
Wandaufbau:
Die Hauptmasse des Uterus besteht aus in verschiedenen Schichten gelagerten Muskelfasern
(Myometrium), die sich beim Austreiben des Kindes unter der Geburt gezielt kontrahieren
können (Wehen):
 Mittlere, dickste Muskelschicht: besonders gefäßreich und Motor beim
Geburtsvorgang
 Dünne, innere Schicht: bestehend aus ringförmigen Muskelzügen, hilft während der
Geburt eröffnete Gefäße durch Kontraktion zu verschließen
 Dünne, äußere Schicht: zur Stabilisation des Uterus
Die Uterusinnenfläche ist mit einer Schleimhaut (Endometrium) ausgekleidet, die sich
regelmäßig mit dem Menstruationsrhythmus ändert und zum Ende eines jeden Zyklus
abgestoßen wird (Monatsblutung). Auf der Außenseite des Uterus liegt das Peritoneum auf,
das in diesem Bereich Perimetrium heißt.
Lage:
Der Uteruskörper (Korpus) ist normalerweise gegen den Halsteil nach vorne abgewinkelt, der
Muttermund (Portio) zeigt in Richtung auf das Steißbein. Die Lage des Uterus uns der
benachbarten Organe (Blase, Rektum) im kleinen Becken ist durch einen umfangreichen
Halteapparat aus mehreren Bändern und glatter Muskulatur gesichert:
 Lig. sacrouterinum: von Kreuzbeinhöhle zur Hinterwand der Zervix
 Lig. teres uteri (rotundum): vom oberen Korpusteil zum Schambein
 Lig. latum: von Seitenwand des Korpus zur seitlichen Beckenwand
 Lig. cardinale: von seitlicher Beckenwand zur Zervix
 Lig. suspensorium ovarii: vom Ovar zur Beckenwand
 Lig. ovarii proprium: vom Ovar zum Uterus
Funktion:
Die Gebärmutter ist der Fruchthalter in der SS. Im Rahmen des Menstruationszyklus findet
eine zyklische Vorbereitung der Uterusschleimhaut auf die Einnistung eines Befruchteten Eis
statt.
Eileiter (Tube):
Die 8-20 cm langen Eileiter ziehen beidseits vom oberen Uterusteil zu den Eierstöcken und
münden dort trichterförmig mit den fransenählichen Fimbrien praktisch frei in die
Bauchhöhle, wobei die Fimbrien den Eierstock weitgehend umspannen. Der dem Uterus nahe
gelegene Teil ist enger (isthmischer Teil) als der dem Ovar zugewandte Teil (ampullärer
Abschnitt). Die Tubenwand beherbergt eine Muskelschicht, die mit peristaltischen
Kontraktionen das ovulierte Ei in Richtung des Uterus befördert.
Eierstock (Ovar):
Die paarig angelegten Eierstöcke sind mandelförmig, etwa 3-5 cm lang, 1 cm dick und mit
jeweils einem Band mit der seitlichen Beckenwand und dem Uterus verbunden. Das Ovar
beherbergt von Geburt an etwa 1 Million Eizellen, die sich ab der Geschlechtsreife in einem
hormonellen gesteuerten Zyklus zu sprungreifen Eiern entwickeln und dann in den Eileiter
abgeben werden.
Weibliche Brust (Mamma):
Die Brustdrüse liegt zwischen der 3. und 6. Rippe auf der Faszie des großen
Pectoralismuskels. Sie besteht aus 15-20 Drüsenlappen, die wiederum aus jeweils 10-15
Läppchen bestehen. Jedes Läppchen, das aus einzelnen Milchbläschen (Alveolen) besteht, hat
einen einzelnen Milchgang, der in die Brustwarze mündet. In der Mitte der braun
pigmentierten Brustwarze erhebt sich die Mamille. Die Mamma ist von einem dichten Netz
von Lymphgefäßen umsponnen und durchzogen, wobei der Hauptlymphusabfluss zur
Achselhöhle und zum Sternum hin gerichtet ist.
Menstruationszyklus:
Die Menstruation ist Ausdruck der zyklischen Vorgänge in Eierstöcken (Ovarien) und
Gebärmutter (Uterus) der Frau.
Beteiligte Hormone:
Menstruationszyklus und SS werden von Sexualhormonen gesteuert. Sie werden in
Eierstöcken, Nebennierenrinde und Plazenta gebildet und unterliegen der Steuerung von
Hormonen aus Hypophyse und Hypothalamus.
Östrogene:
So genannter Brunst erzeugender Stoff, der durch seine Wirkungen eine Befruchtung und SS
vorbereiten und fördern soll.
Bildungsort:
 Ovar
 Follikel
 Plazenta
 Nebennierenrinde
Wirkung:
 Stimulierung der Follikelreifung
 Auslösung der ovulatorischen LH-Ausschüttung
 Prolieferation (Aufbau) des Endometriums in der ersten Zyklushälfte
 Änderung des Zervixsekretes zur Erleichterung des Spermiendurchtrittes
Wirkung außerhalb der Geschlechtsorgane:
 Stimulierung der Knochenreife
 Verstärkte Einlagerung von Wasser ins Gewebe
 Steigerung des Sexualtriebes
Gestagene:
Wichtigstes Gestagen ist das Progesteron. Es sorgt mit seinem Konzentrationsgipfel in der
zweiten Zyklushälfte für optimale Bedingungen für die Einnistung eines befruchteten Eies
und gilt als eigentliches Schutzhormon der SS.
Bildungsort:
 Gelbkörper (Corpus luteum) des Ovars
 Plazenta
 Nebennierenrinde
Wirkung:
 Vorbereitung des Endometriums für die Aufnahme des Eis
 Beeinflussung von Eitransports und Gesamtmilieu im Uterus
 Erhöhung der Körpertemperatur um ca. 0,5°C
Prolaktin:
Das mit dem Wachstumshormon STH chemisch eng verwandte Prolaktin wird in der
Hypophyse gebildet. Das Prolaktin ist verantwortlich für die Milchproduktion und
Milchsekretion.
Oxytocin:
Das Oxytocin führt zum Zusammenziehen des Uterus und zur Kontraktion der
Milchausführungsgänge in der Brustdrüse. So wird in der Zeit nach der Geburt die
Rückbildung des Uterus und der Milchfluss stimuliert. Reiz für die Ausschüttung von
Prolaktin und Oxytocin ist das Saugen an den Brustwarzen.
Androgene:
Wichtigster Vertreter ist das Testosteron, das bei der Frau nur in geringen Mengen gebildet
wird.
Gonadotropine:
Gonadotropine werden in der Hypophyse gebildet und steuern Wachstum und Funktion der
Ovarien. Die wichtigsten Gonadotropine sind FSH (follikelstimulierendes Hormon) und LH
(luteinisierendes Hormon), die eine Hauptfunktion in der Steuerung des Zyklus haben.
Releasinghormone:
Die Releasinghormone werden im Hypothalamus gebildet und stimulieren die Abgabe der
Gonadotropine in der Hypophyse.
Zeitlicher Ablauf des Menstruationszyklus:
1. Tag (Zyklusbeginn):
Beginn der Menstruationsblutung mit einer Dauer von 2-6 Tagen
5-14. Tag (Follikel- oder proliferative Phase):
Nach dem Ende der Blutung beginnt unter dem Einfluss des FSH im Eierstock (Ovar) die
Reifung des Follikels über verschiedene Stufen bis zum sprungreifen Graaf-Follikel. Zugleich
stimulieren die zunehmend gebildeten Östrogene den Abbau (Proliferation) Endometriums,
das somit für die Aufnahme eines befruchteten Eies vorbereitet wird.
14.Tag (Eisprung, Ovulation):
Um den 14. Tag kommt es durch einen starken LH-Anstieg (ausgelöst durch steigende
Östrogenproduktion des Follikels) zur Ovulation. Dieser Zeitraum ist der günstigste für eine
Befruchtung durch eindringende Spermien. Nach der Ovulation entwickelt sich aus dem
gesprungenen Follikel das Corpus luteum, ein wichtiger vorübergehender Bildungsort des
Progesterons.
14-28. Tag (Sekretorische Phase, Gelbkörperphase):
Die sekretorische Phase dauert regelmäßig 14. Tage. Sie ist charakterisiert durch Veränderung
der Drüsen in der Uterusschleimhaut und zunehmende Ischämie der Schleimhaut. Am Ende
der Phase kommt es zur Abstoßung der Uterusschleimhaut in Form der Monatsblutung. Die
hohe Östrogen- und Progesteronproduktion während dieser Phase verhindert über ein
negatives Feed-back weitere Ovulationen.
Nervensystem
Das Nervensystem dient der Nachrichtenübermittelung. Wie das hormonelle System ist es ein
wichtiges Koordinations- und Steuerungssystem, es hat aber eine wesentliche schnellere
Zugriffszeit. Im Gehirn werden Sinne, Willkürmotorik und Gefühlswelt durch eine
unvorstellbare Zahl von miteinander vernetzten Zellgruppen koordiniert und die
entsprechenden Reaktionen gesteuert.
Anatomische Einteilung:
Das Nervensystem wird anatomisch in zwei große Anteile untergegliedert:
 Zentrale Nervensystem
 Peripheres Nervensystem
Zentrales Nervensystem:
Das Zentrale Nervensystem umfasst Gehirn und Rückenmark. Das Gehirn lässt sich
anatomisch in sechs Anteile aufgliedern:
 Endhirn (Großhirn, Basalganglien, Seitenventrikel)
 Zwischenhirn (III. Ventrikel, Thalamus)
 Mittelhirn (Vierhügelplatte, Großhirnschenkel)
 Hinterhirn (Brücke)
 Kleinhirn
 Nachhirn (verlängertes Mark, IV. Ventrikel)
Peripheres Nervensystem:
Das periphere Nervensystem ist ein System von unzählig vielen, verzweigten Nerven, die da
ZNS mit den übrigen Körperabschnitten (Peripherie) verbinden. Die peripheren Nerven treten
als Hirnnerven durch die Löcher der Schädelbasis und als Spinalnerven durch die
Zwischenwirbellöcher nach außen und ziehen zu Muskeln, Hautbezirken, Eingeweiden und
Sinnesorganen. Periphere Nerven leiten Informationen zum ZNS hin und vom ZNS weg.
Funktionelle Einteilung:
Nach der Funktion teilt man das Nervensystem in folgende zwei Bereiche ein:
 Animalisches (willkürliches) Nervensystem
 Vegetatives (autonomes) Nervensystem
Animalisches NS:
Dass willkürliche NS dient in erster Linie der willkürlichen Muskelbewegung und der
bewussten Wahrnehmung
Vegetatives NS:
Dass unwillkürliche NS innerviert die glatte Muskulatur der inneren Organe und Drüsen.
Aufgrund antagonistischer (entgegengesetzter) Funktionen unterscheidet man Sympathikus
und Parasympathikus.
Bau des Gehirns:
Das Gehirn liegt in der Schädelhöhle, umgeben von einer knöchernen Kapsel. Es wiegt etwa
1250-1400g. Das Gewicht lässt keine Rückschlüsse auf die Intelligenz des Trägers zu. Das
Gehirn ist das zentrale Steuerorgan des Nervensystems und leitet Befehle über das
Rückenmark in die Peripherie bzw. empfängt und verarbeitet Reize aus der Peripherie. In der
Embryonalzeit durchläuft es eine komplizierte Entwicklung, ausgehend vom Neuralrohr.
Beim Erwachsenen besteht es im Wesentlichen aus folgenden Teilen:
 Großhirn mit zwei Großhirnhälften
 Hirnstamm
 Kleinhirn
Die beiden Großhirnhemisphären, deren Oberfläche durch Furchen (Sulci) und Windungen
(Gyri) vergrößert sind, sind miteinander durch zahlreiche Nervenbahnen verbunden.
Gliederung des Gehirns:
 Endhirn (mit beiden Großhirnhälften)
 Zwischenhirn ( mit den Hormonsteuerdrüsen Hypothalamus und Hypophyse)
 Mittelhirn (Mesenzephalon) mit Vierhügelplatte, Haube und Hirnschenkeln
 Hinterhirn (Kleinhirn, Brücke)
 Nachhirn ( verlängertem Rückenmark, Medulla oblongata)
Im Gehirn finden sich vier unterschiedlich große, mit Flüssigkeit gefüllte Hohlräume, das
Ventrikelsystem. Im Querschnitt des Großhirns zeigen sich ein außen, grauer Saum
(Hirnrinde) und eine innen gelegene, weiße Substanz (Hirnmark)
Graue und Weiße Substanz:
Graue Substanz:
Die graue Substanz ist die aus Nervenzellen aufgebaute Gehirnsubstanz. Sie ist
Ausgangspunkt der Befehle, z.B.: in das Rückenmark und andere Teile des Gehirns und
Empfänger von Informationen aus der Peripherie. Die graue Substanz befindet sich im Gehirn
außen und im Rückenmark innen.
Weiße Substanz:
Die weiße Substanz besteht aus markhaltigen Nervenfasern, die für die weiße Farbe
verantwortlich sind. Sie dienen der Nachrichtenleitung. Die weiße Substanz befindet sich im
Gehirn innen und im Rückenmark außen.
Großhirn:
Das Großhirn mit seinen beiden Hemisphären nimmt den größten Teil des Gehirns ein. Es
umschließt ein System von Hohlräumen (Ventrikel), die mit klarer Flüssigkeit gefüllt sind
(Liquor) sowie ein großes Hirnkerngebiet unterhalb und seitlich der Ventrikel. Dort befinden
sich Ansammlungen von Nervenzellen (Basalganglien), z.B. Claustrum und Corpus striatum.
Die Oberfläche des Großhirns ist durch zahlreiche Windungen und Furchen vergrößert. Die
beiden Hirnhälften sind durch unzählige Nervenbahnen (Balken) miteinander verbunden. Bei
Ausfällen von einer Gehirnhälfte kann die Funktion zum Teil durch die gegenüberliegende
Hälfte übernommen werden. Bei Motorik und Sensibilität ist eine Hirnhälfte in der Regel für
die gegenüberliegende Seite verantwortlich.
Das Großhirn wird in 4 Hirnlappen eingeteilt:
 Stirnlappen (Lobus frontalis)
 Scheitellappen (Lobus parietalis)
 Schläfenlappen (Lobus temporalis)
 Hinterhauptslappen (Lobus occipitalis)
Funktionsbereiche (Rindenfelder):
Das Gehirn erhält aus der Umwelt über die Sinnesorgane und die verschiedenen Rezeptoren
laufend Infos über Körperstellung, Muskelaktionen, Seheindrücke, Geräusche und vieles
andere. Die Verarbeitung dieser Reize erfolgt in spezifischen Bereichen des Gehirns. Diese
Funktionsbereiche (Rindenfelder) sind auf der Hirnrinde (graue Substanz) lokalisiert.
Hintere Zentralwindung, Gyrus postcentralis (Körperfühlsphäre):
Die Körperfühlsphäre ist hinter der zentralen Furche lokalisiert. Zu ihr werden vor allem
durch Hautberührungen ausgelöste Reize (Schmerz, Kälte, Wärme) geleitet und verarbeitet.
Den verschiedenen Organen bzw. Körperbezirken entsprechen dabei jeweils ganz bestimmte
Bereiche in der Rinde (somatotope Gliederung). Die rechte Hirnhälfte ist für die linke
Körperhälfte zuständig und umgekehrt.
Vordere Zentralwindung, Gyrus praecentralis (Motorische Rinde):
Die motorische Rinde, vor der zentralen Furche gelegen, gibt Befehle an die Muskulatur der
jeweils gegenüberliegenden Körperhälfte. Auch hier ist die Rinde somatotop gegliedert, so
dass Muskulatur bestimmter Körperregionen in bestimmten Bereichen repräsentiert ist. Auf
der untenstehenden Abbildung werden das Ausmaß der nervalen Versorgung und die
Gewichtung einzelner Körperteile erkennbar. Motorisch anspruchsvolle Bereiche wie die
Hand mit den vielen kleinen Handmuskeln nehmen einen entsprechend größeren Bereich ein
wie z.B. der gesamte restliche Arm. Ebenso sind die sensibel aufwändig innervierten Lippen
überproportional auf der sensorischen Rinde vertreten.
Sensorisches Sprachzentrum (Wernicke-Feld):
Das Wernicke-Sprachzentrum liegt im Schläfenlappen und ist für Verstehen und
Interpretation von Wörtern zuständig. Eine Schädigung des Sprachzentrums (z.B. durch
Schlaganfall) führt zu reichlicher Sprachproduktion, aber mit sinnlosen Wortneubildungen
und einem nicht mehr verständlichen Kauderwelsch, zur sog. sensorischen Aphasie
(Wortverständnisstörung)
Motorisches Sprachzentrum (Broca Feld):
Das Broca-Sprachzentrum befindet sich im Bereich der unteren Frontalwindung und führt bei
Schädigung zur motorischen Aphasie (Wortbildungsstörung). Wenn die Pat. überhaupt
sprechen, dann im Telegrammstil. Das Sprachverständnis ist dabei erhalten.
Sehzentrum:
Das Sehzentrum ist im Hinterhauptslappen lokalisiert. Über die Netzhaut aufgenommenes
Licht wird nach Umwandlung in elektrische Impulse über den Sehnerven zum Sehzentrum
geleitet und dort zu einem bewussten Seheindruck verarbeitet.
Riechzentrum:
Das Riechzentrum ist im Schläfenlappen vorne lokalisiert. Die über den Riechnerv
aufgenommenen Riecheindrücke werden als elektrischer Impuls zum Riechzentrum geleitet
und dort zum bewussten Geruchseindruck verarbeitet.
Hörrinde:
Die Hörrinde verarbeitet die vom Ohr eintreffenden Reize zu bewussten Hörempfindungen
Kerngebiete und Basalganglien:
Im Gehirn befinden sich neben den Rindenbezirken zusätzlich zahlreiche Ansammlungen von
Kernen (Kerngebiete, Basel- und Stammganglien) innerhalb der Hirnmasse mit ganz
bestimmten Funktionen.
Thalamus:
Große, graue Kernmasse beiderseits des III. Ventrikels. Der Thalamus ist u. a. verantwortlich
für die Sinnesverarbeitung aus Haut, Ohr und Auge. Der Thalamus wird auch als Tor zum
Bewusstsein bezeichnet.
Corpus striatum:
Der Streifenkörper, der sich aus zwei Teilen zusammensetzt, liegt beiderseits des Thalamus in
der Basis der Großhirnhälften. Er besteht aus Nucleus caudatus (Schweifkern) und Putamen
(Schale), die miteinander durch graue Brücken verbunden sind.
Limbisches System:
Das limbische System umfasst eine Reihe von Strukturen im Randgebiet zwischen Großhirn
und Hirnstamm. Es enthält verschiedene Kerngebiete wie z.B. den Mandelkern. Das
limbische System steuert Gemüt, Sexualtrieb, Lust und Emotionen
Hypothalamus:
liegt unterhalb des Thalamus im Zwischenhirn. Er ist das übergeordnete Steuerorgan des
vegetativen NS, das alle vegetativen Funktionen und Regulationsvorgänge kontrolliert und
steuert. Der Hypothalamus bildet die Releasing-Faktoren, die unter anderem die
Hormonabgabe der Hypophyse steuern.
Hirnstamm:
Die Anteile des zentralen NS, die das Großhirn mit dem Rückenmark verbinden, werden als
Hirnsatmm bezeichnet.
Der Hirnstamm besteht aus folgenden Anteilen:
 Mittelhirn (mesenzephalon)
 Brücke (Pons)
 Verlängertes Rückenmark (Medulla oblongata)
Mittelhirn (Mesenzephalon):
Das Mittelhirn ist der kleinste Hirnabschnitt. Es enthält Umschaltstellen für Hör- und
Sehnerven und ist Ursprung einiger Hirnnerven. Im Mittelhirn befindet sich die
Vierhügelplatte, die akustische und optische Reflexbahnen enthält. Außerdem wird das
Mittelhirn von einem dünnen Kanal durchzogen, der den 3. und 4. Ventrikel verbindet
(Adäquat).
Brücke (Pons):
Die Brücke ist der mittlere Teil des Hirnstamms. Durch die Brücke ziehen unter anderem die
Pyramidenbahnen, die motorische Informationen aus der Großhirnrinde leiten.
Verlängertes Rückenmark (Medulla oblongata):
Die medulla oblongata verbindet das Rückenmark mit der Brücke. Sie enthält wichtige
Zentren für die Steuerung der Atmung (Atemzentrum) und des Kreislaufs. Außerdem sind in
der Medulla oblongata verschiedene Reflexzentren wie Husten-, Niesen und Schluckreflex
lokalisiert.
Formatio Reticularis:
Die Formatio reticularis ist ein netzartiger Verband von Nervenzellen und Ganglienzellen, die
sich von der Medulla oblongata bis ins Zwischenhirn zieht. Die Formatio Reticularis ist
verantwortlich für reflektorische Steuerungen, vegetative Funktionen (Schlaf-WachRhythmus), die Koordination von Reflexen zu Bewegungsabläufen, aber auch
Regulationszentren für die Bewusstseinslage.
Kleinhirn (Cerebellum):
Das Kleinhirn liegt unterhalb der Großhirnhälften in der hinteren Schädelgrube. Es besteht
wie das Großhirn aus zwei Hälften, deren Oberflächen durch Windungen vergrößert sind.
Funktion:
Die Hauptaufgaben des Kleinhirns bestehen in der Feinregulation und Koordination von:
 Bewegung
 Muskeltonus
 Gleichgewicht
Erreicht wird diese Feinregulation durch komplexe Verschaltungen mit den Befehlszentren
der Motorik im Großhirn sowie einer permanenten Rückkopplung mit den Sinnesorganen, die
es dem Kleinhirn erlauben, in geplante oder laufende Bewegungsmuster einzugreifen. Das
physiologische Prinzip der Feinregulation besteht aus hemmenden Einflüssen auf Befehle, die
beispielsweise aus der Großhirnrinde kommen. Kleinhirnschäden zeigen sich in
Gleichgewichtsstörungen und überschießenden, unkoordiniert wirkenden Bewegungen.
Hirnhäute, Liquor und Ventrikelsystem:
Die Hirnhäute und das Ventrikelsystem mit dem Hirnwasser (Liquor) dienen als
Schutzeinrichtungen für das äußerst empfindliche Nervengewebe von Gehirn und
Rückenmark. Das ZNS, das ohnehin schon durch seine Lage im knöchernen Schädel bzw. im
Wirbelkanal geschützt ist, wird zusätzlich noch von den drei Hirnhäuten umgeben. Die
Ventrikel und der Subarachnoidalraum, die mit Liquor gefüllt sind, erfüllen außerdem die
Funktion eines Wasserkissens, der Gehirn und Rückenmark bei schnellen Bewegungen wie
ein Puffer auffängt.
Hirnhäute (Meningen):
Das Gehirn wird von drei Hirnhäuten umhüllt, die sich in den Rückenmarkskanal fortsetzen
und dort das Rückenmark umgeben.
Von außen nach innen befinden sich folgende Häute:
 Dura mater (harte Hirnhaut)
 Arachnoidea (Spinngewebshaut)
 Pia mater (weiche bzw. Innere Hirnhaut)
Dura mater (Harte Hirnhaut):
Die harte Hirnhaut kleidet die Innenfläche des Schädelknochens aus. Sie senkt sich zwischen
den beiden Großhirnhälften als Hirnsichel (Falx cerebri) ein. In die zwei Blätter der Dura sind
die Sinus eingebettet, große venöse Blutleiter, die venöses Blut aus dem gesamten
Schädelinnenraum in die Jugularvenen leiten. Im Kleinhirnbereich überspannt die Dura als
Kleinhirnzelt (Tentorium cerebelli) das Kleinhirn.
Arachnoidea (Spinngewebshaut):
Die Spinngewebshaut liegt der Innenfläche der Dura dicht an und ist mit der Pia mater durch
ein Trabekelwerk (Maschen) verbunden. Unterhalb der Arachnoidea befindet sich der
Subarachnoidalraum, in dem der Liquor zirkuliert. Die Arachnoidea bildet Arachnoidalzotten
aus, pilzartige Wucherungen, die in die großen Blutleiter ragen und der Ableitung des Liquors
dienen.
Pia mater (innere Hirnhaut):
Die innere Hirnhaut grenzt direkt an die Hirnsubstanz. Sie ist die Gefäßführende Hirnhaut, die
in alle Furchen des Gehirns eindringt und diese umkleidet. Arachnoidea und Pia mater werden
auch als Leptomenix (weiche Hirnhaut) bezeichnet.
Liquor (Hirnwasser):
Der Liquor cerebrospinalis (etwa 150 ml) ist eine eiweißarme, klare Flüssigkeit, von der ca. ½
l täglich in den beiden großen Seitenventrikeln von dem Plexus chorioideus (Adergeflecht)
gebildet und über die Arachnoidalzotten in das venöse Blut wieder resorbiert wird. Der
Liquor zirkuliert in den sog. Inneren und äußeren Liquorräumen und bildet eine Art
Polsterkissen für das ZNS. Weiterhin dient der Liquor dem Austausch von
Stoffwechselprodukten zwischen Blut und Gehirn.
Liquorräume:
Der Liquor verteilt sich auf innere und äußere Liquorräume.
Innere Liquorräume:
Unter den inneren Liquorräumen versteht man die Hohlräume des Gehirns, das sog.
Ventrikelsystem.
Das Ventrikelsystem besteht aus folgenden Ventrikeln:
 I. und II. Ventrikel: große, paarig angeordnete Seitenventrikel in den beiden
Endhirnhälften, mit dem III. Ventrikel und untereinander durch eine kleine Öffnung
verbunden
 III. Ventrikel: im Zwischenhirn gelegen, verbindet die beiden Seitenventrikel und ist
selbst, durch einen engen Kanal (Aquädukt) mit dem IV. Ventrikel verbunden
 IV: Ventrikel: zeltförmiger, kleiner Raum zwischen Kleinhirn und medulla oblongata
Äußere Liquorräume:
Der äußere Liquorraum umgibt praktisch das gesamte ZNS. Es ist der mit Liquor gefüllte
Spaltraum zwischen Arachnoidea und der Pia mater (Subarachnoidalraum)
Liquorzirkulation:
Täglich werden etwa 650 ml Liquor vor allem im Plexus chorioideus gebildet. Der Plexus
chorioideus ist ein Konvolut von Gefäßzotten, die von bestimmten Wandabschnitten vor
allem in die Seitenventrikel hineinragen. Von den Seitenventrikeln zirkuliert der Liquor
weiter in den III. und IV. Ventrikel und von dort durch seitliche Öffnungen in den äußeren
Liquorraum. Die Ableitung des Liquors ins venöse Blut erfolgt zum Großteil über die
Arachnoidalzotten, Ausstülpungen der Arachnoidea im Bereich der großen Blutleiter des
Schädels. Dieser Bereich wird als Blut-Liquor-Schranke bezeichnet.
Hirnnerven:
Die Hirnnerven sind zwölf paarige Nerven, die aus der Hirnbasis und dem Stammhirn
entspringen. Sie haben sehr unterschiedliche Funktionen und leiten sowohl sensible
Informationen zum Gehirn als auch motorische Befehle zur Peripherie.
I - N. Olfactorius (Riechnerv):
Im oberen teil der Nase werden Gerüche von Sinneszellen wahrgenommen, die in das
zuständige Riechfeld weitervermittelt werden. Weitere verschaltungen u.a. mit dem
limbischen System ermöglichen es, Geruchsmuster zu identifizieren.
II – N. Opticus (Sehnerv):
Auf die Retina (Netzhaut) auftretende Lichtstrahlen lösen in den Stäbchen und Zapfen, aus
denen sich die Retina zusammensetzt, einen elektrischen Reiz aus, der über den N. Opticus
und einige Schaltstationen in die Sehrinde weitergeleitet wird. Lichtreize, die Nasenwärts auf
die Retina auftreffen, werden in der Sehnervenkreuzung (Chiasma opticum) zur
gegenüberliegenden Hirnseite geleitet. Dagegen bleiben temporal auftretende Reize auf der
gleichen Seite.
III, IV, VI – N. Oculomotorius, trochlearis, abducens:
Die drei oben genannten Hirnnerven sind für die Augenmotorik verantwortlich. Jedes Auge
wird von 6 Muskeln bewegt. Lähmungen führen zu Doppelbildern oder zur Unfähigkeit, das
Auge in eine bestimmte Richtung zu bewegen. Der N. Oculomotorius ist außerdem für die
Pupillenverengung und das Lidheben zuständig
V – N. Trigeminus:
Der Trigeminus ist ein vorwiegend sensibler Nerv. Er vermittelt Geschmacks-, Haut-, und
Nasenschleimhautempfindungen.
Er teilt sich in drei Äste:
 N. ophthalmicus
 N. maxillaris

N. Mandibularis
VII – N. Facialis (Gesichtsnerv):
Der N. Facialis ist ein gemischter Nerv mit sensorischen und motorischen Anteilen.
Motorisch versorgt er die mimische Muskulatur des Gesichtes. Bei Facialisausfall
unterscheidet man eine periphere von einer zentralen Lähmung. Bei einseitiger peripherer
Lähmung kommt es im typischen Fall zur:
 Unfähigkeit, das Auge zu schließen
 Unfähigkeit, die Stirn zu runzeln
 Unfähigkeit, den Mund aktiv zu bewegen
Bei einer zentralen Lähmung kann die Stirn gerunzelt und das Auge geschlossen werden.
Ferner versorgt der N. Facialis die Tränendrüse sowie die Drüsen des Nasen-, Rachen-, und
Mundraums.
VIII – N. Vestibulocholearis:
Der N. Vestibulocholearis ist für das Hören und Gleichgewichtsempfinden verantwortlich.
Schall, der auf das Trommelfell auftrifft, wird über die Gehörknöchelchenkette zum Innenohr
weitergeleitet. Dort erregen die Schalwellen bestimmte Bezirke des Hörnervs und werden zu
einer bewussten Frequenz verarbeitet. Das Gleichgewichtsempfinden wird über die
Bogengangsorgane und die dort ansässigen Rezeptoren gesteuert. Schon bei leichter
Überregung kommt es zu Schwindel, Erbrechen, Unwohlsein und Schweißausbrüchen
(Seekrankheit).
IX – N. Glossopharyngeus:
versorgt die Schlundmuskulatur motorisch und ist ein für den Schluckakt zuständig.
Außerdem leitet er Geschmacksempfindungen aus dem hinteren Zungenanteil weiter.
X – N. Vagus:
Der Vagus (der Umherschweifende) ist der größte Hirnnerv mit vielen Anteilen und
Funktionen
Motorische Versorgung im Halsbereich:
 Kehlkopfmuskeln
 teile der Rachenmuskulatur
Sensible Versorgung im Hals- und Ohrenbereich:
 Hintere Zungen- und Rachenanteile, Kehlkopfschleimhaut
 Äußerer Gehörgang
Vegetative Versorgung:
Ein großer teil des Nervs verläuft an der Speiseröhre (Ösophagus) entlang zum Herzen, zum
Magen, zur Leber und zum Darm. Er ist der stärkste parasympatische Nerv und wichtigster
Gegenspieler des Sympathikus.
XI – N. Accessorius:
Dieser Nerv ist rein motorisch. Er versorgt den Musculus sternocleidomastoideus (Beugung
zur gleichen und Drehung des Kopfes zur Gegenseite) und den Musculus trapezius
(Schulterblatt drehen, heben, senken). Bei Schädigung des N. Accessorius kommt es zur
Schiefhaltung des Kopfes infolge Überwiegens der gesunden Seite.
XII – N. Hypoglossus:
Sämtliche Zungenmuskeln werden von diesem Nerv versorgt. Bei Schädigung wird beim
Herausstrecken der Zunge diese zur geschädigten Seite hin abweichen und die
Zungenmuskulatur schrumpft.
Rückenmark (Medulla spinalis):
Das etwa 40 cm lange Rückenmark liegt im Wirbelkanal, umschlossen von der knöchernen
Wirbelsäule, und endet etwa in Höhe des 1. Lendenwirbels. Das Rückenmark steht mit dem
Gehirn über das verlängerte Mark in Verbindung und ist von innen nach außen umhüllt von:
 Innerer Hirnhaut (Pia mater), dem Rückenmark direkt anliegend
 Liquor cerebrospinalis
 Arachnoidea (Spinngewebshaut)
 Harte Rückenmarkshaut, am Foramen magnum dem Knochen angeheftet und den
Duralsack bildend, von der Knochenhaut durch einen Spalt getrennt
 Epiduralraum (kleiner bindegewebiger Raum, nur im Rückenmarksbereich)
 Wirbelkörperknochen
Segmentaler Aufbau des RM:
Das Rückenmark enthält Leitungsbahnen und Schaltstellen für aus Gehirn und Peripherie
kommende Befehle und Informationen. Es ist quasi die Verbindung des Gehirns mit den
Spinalnerven. Über die ganze Länge des RM entspringt beidseits für jedes
Wirbelkörpesegment ein Paar von Nervenwurzeln, das sich dann zu den Spinalnerven
vereinigt. Mit dem Spinalnerven beginnt dann das periphere NS.
Man unterscheidet:
 8 Halssegmente C1-C8 im Zervikalmark
 12 Brustsegmente Th1-Th12 im Thorakalmark
 5 Lendensegmente L1-L5 im Lumbalmark
 5 Kreuzbeinsegmente S1-S5 im Sakralmark
 1 Steißbeinsegment
Innerer Aufbau des RM:
Im Zentrum des RM liegt schmetterlingsförmig die graue Substanz mit den
Nervenzellkörpern.
 Im Vorderhorn liegen motorische Nervenzellen zur Versorgung der Quergestreiften
Muskulatur. Sie erhalten Nervenimpulse von der Großhirnrinde
 Zu den Nervenzellen im Hinterhorn ziehen sensible Nervenfasern aus der Körperperipherie
für Schmerz-, Temperatur, Druck- und Tastempfindung, aber auch für Gelenkstellung,
Vibrations- und Lageempfindung. Diese werden zur weiteren Verarbeitung an das Gehirn
weitergeleitet
 Im Seitenhorn liegen Nervenzellen des vegetativen NS
Befehlsaufbau:
 Befehlsauslösung in der motorischen Großhirnrinde
 Weiterleitung über Bahnen bis ins Vorderhorn
 Teilweise Umschaltung auf ein Zwischenneuron, teils direkter Kontakt zu motorischer
Voderhornzelle
 Weiterleitung über Nerven, die aus dem Vorderhorn austreten
 Ankunft am Muskelnauslösen der Muskelkontraktion
 Die Befehle an die Muskulatur stammen dabei zum Großteil aus der jeweils
gegenüberliegenden Hirnhälfte
Spinalnerven:
Die aus dem Vorderhorn und Hinterhorn des RM abgehenden Nervenwurzeln vereinigen sich
zu einem Spinalnerv, der dann segmentweise den Wirbelkanal durch das Zwischenwirbelloch
verlässt. Der Spinalnerv ist damit ein gemischter Nerv und führt sowohl ankommende
sensible als auch abgehende motorische Anteile. Mit den Spinalnerven beginnt das periphere
NS. Es gibt 31 Paar Spinalnerven, die in den jeweiligen Segmenten das RM verlassen. Sie
versorgen entsprechend ihrer Austrittshöhe aus dem RM ganz bestimmte Körperabschnitte
(Segmente). Ein von einem bestimmten Rmsegment sensibel versorgter Körperabschnitt wird
als Dermatom bezeichnet. Ausfälle oder Sensibilitätsstörungen in einem bestimmten
Dermatom lassen somit auf eine Schädigung im Bereich der betreffenden Wurzel schließen.
Reflexe:
Reflexe sind vom Willen unabhängige Reaktion auf bestimmte Reize. Sie dienen u.a. der
schnellen Gefahrabwehr und der Regulation der Muskelgrundentspannung und werden über
so genannte Reflexbögen vermittelt. Man unterscheidet Eigenreflexe von Fremdreflexen.
Eigenreflexe:
Der Eigenreflex wird ausgelöst durch Dehnung einer Skelettmuskelsehne (z.B. beim Stolpern
oder durch Schlag mit dem Reflexhammer). Die Sehnenrezeptoren registrieren die Dehnung,
leiten sie weiter auf das betreffende Rmsegment, wo der Reiz mit einer einzigen Schaltstelle
zwischen ankommendem und abgehendem Neuron übertragen wird. Das abgehende
Motoneuron führt zum gleichen Muskel, an dem es jetzt zur Kontraktion kommt.
Merkmale des Eigenreflexes:
 Reiz und Antwort im selben Organ
 Sehr kurzen Reflexzeit
 Eine Schaltstelle
Fremdreflexe:
beim Fremdreflex ist der Reflexbogen viel komplizierter, Ausgangspunkt des Reflexes ist
meist die Haut (z.B. Berühren einer heißen Herdplatte)
Merkmale des Fremdreflexes:
 Reiz und Antwort in unterschiedlichen Organen
 Längere Reflexzeit
 Auslösung von Reizintensität abhängig
 Mehrere Schaltstellen
Peripheres Nervensystem:
Das periphere NS ist ein System von unzählig vielen Nerven, die das ZNS mit der Peripherie,
den übrigen Körperabschnitten, verbinden. Die peripheren Nerven treten als Hirnnerven durch
Löcher der Schädelbasis oder zunächst als Spinalnerven durch die Zwischenwirbellöcher nach
außen und ziehen zu Muskeln und Hautbezirken. Die Spinalnerven durchmischen sich v.a. Im
Schulter- und Hüftbereich in Nervengeflechten (Plexus), wo sich aus Teilen mehrerer
Spinalnerven dann namentlich bezeichnete periphere Nerven bilden. Diese führen befehle
(Efferenzen) zur Peripherie und bringen Informationen (Afferenzen) von der Peripherie zum
ZNS. Wegen ihrer klinischen Bedeutung ist die Kenntnis einiger Spinalnervengeflechte bzw.
der dort gebildeten peripheren Nerven nützlich.
Plexus cervicalis:
Halsnervengeflecht aus den Segmenten C1-C4 vor allem zur Versorgung der Haut in der
Schulter-Hals-Region. Von C4 wird außerdem über den N. Phrenicus das Zwerchfell
innerviert, der wichtigste Atemmuskel.
Plexus brachialis:
Armnervengeflecht aus den Segmenten C5-Th1 mit den drei großen Armnerven:
 N. radialis (Speichennerv)
 N. medianus (Mittelnerv)
 N. ulnaris (Ellennerv)
Plexus lumbalis:
Lendennervengeflecht L1-L4 mit seinem Hauptvertreter N. Femoralis.
Hauptversorgungsgebiet ist die untere Bauchwand und die Muskulatur an den Beinen.
Plexus sacralis:
Das Kreuzbeingeflecht L4-S3 ist das größte Nervengeflecht des Menschen. Aus ihm geht u.a.
der Ischiasnerv ab, der dickste und längste nerv des menschlichen Körpers. Er kann durch
falsche i.m.-Injektionstechnik geschädigt werden und versorgt motorisch und sensibel Teile
der Beine.
Vegetatives Nervensystem:
Nach der Funktion teilt man das NS – unabhängig von der anatomischen Lage – in folge zwei
Bereiche ein:
 Animalisches (willkürliches) NS
 Vegetatives (autonomes, viszerales) NS
Animalisches Nervensystem:
dient in erster Linie der willkürlichen Muskelbewegung und der bewussten Wahrnehmung.
Der Organismus kann über diesen Teil des Nervensystems bewusste befehle des Gehirns an
die Quergestreifte Skelettmuskulatur weiterleiten, die dann mit einer Kontraktion reagiert.
Vegetatives Nervensystem:
innerviert die glatte Muskulatur der inneren Organe und Drüsen. Es ist verantwortlich für die
Aufrechterhaltung des inneren Milieus im Körper unter wechselnden Belastungen. Dass
unwillkürliche NS steuert hauptsächlich Herz und Kreislauf, innere Organe und auch
Sexualfunktionen. Es ist somit z.B. für Herzfrequenz, Blutdruck, Darmaktivität und auch zum
Teil für die Hormonproduktion verantwortlich. Es arbeitet überwiegend nicht bewusst. Im
Gegensatz zum hormonellen System, das auf eine langsame, chronische Signalübertragung
spezialisiert ist, ist das vegetative NS schnell in der Lage, auf wechselnde Bedingungen zu
reagieren. Anhand Antagonistischer Funktionen unterscheidet man Symp. und Parasym.
Sympathikus:
Eine Erregung des Sympathikus erfolgt bei erhöhter körperlicher Leistung, in Stress- oder
Notfallsituationen.
Wirkungen:
 Erhöhung des Blutdrucks
 Engerstellung der Gefäße in Haut und Abdominalbereich
 Beschleunigung von Herz- und Atemfrequenz
 Erweiterung der Pupillen
 Sträuben der Haare
 vermehrte Schweißsekretion
 Dämpfung der Magen-Darm- Motilität
 Erschlaffung der Bronchialmuskulatur
 Erhöhung des BZ-Spiegels
Die Wirkungen des Sympathikus werden durch die Überträgerstoffe Adrenalin und
Noradrenalin (Nebennierenmark) vermittelt, die auf spezifische Rezeptoren einwirken.
Parasympathikus:
Der Parasympathikus dient dem Stoffwechsel, der Regeneration und dem Aufbau körperlicher
Reserven.
Wirkungen:
 Verlangsamung von Herz- und Atemfrequenz
 Verengung der Pupillen
 Verstärkung der Magenmotilität, Förderung von Stuhlgang und Harnlassen
 Überträgerstoff des Parasympathikus ist das Azetylcholin
Neuron (Nervenzelle):
Die Nervenzelle (Ganglienzelle oder Neuron) ist die kleinste, funktionelle Einheit des NS.
Neurone unterscheiden sich in einigen wesentlichen Eigenschaften von anderen Körperzellen:
 Nervenzellen können sich nach Abschluss der Entwicklung nicht mehr teilen oder
regenerieren
 Nervenzellen stehen untereinander über Zellfortsätze (Dendriten und Axone) in
Verbindung
 Die Informationsübertragung innerhalb der Nervenzellen findet über elektrische Signale
statt
Aufbau der Nervenzelle:
Eine Nervenzelle besteht aus:
 Zellkörper mit Kern und Zytoplasma
 Dendrit (zur Informationsaufnahme)
 Axon, auch Neurit genannt (zur Befehlsweiterleitung und -abgabe)
Das Axon bzw. Neurit entspringt dem Zellkörper (Soma) und überträgt das Nervensignal an
der Synapse auf andere Nerven, Muskeln oder Drüsenzellen
Glia:
Die Neurone werden von Bindegewebe (Gliazellen) umgeben. Diese Gliazellen dienen dem
Schutz, der Stabilität und der Ernährung der Neurone. Beim peripheren Nerven werden die
Gliazellen als Schwann-Zellen bezeichnet, die dann das Axon schlauchförmig umhüllen.
Diese schützende Ummantelung wird auch als Myelinscheide bezeichnet, die wie eine
Isolierung wirkt und für eine schnellere Erregungsübertragung sorgt. Im Verlauf einer
Nervenfaser sind kleinere Einschnürungen in der Myelinscheide sichtbar, die sog. RanvierSchnürringe.
Synapse:
Synapsen dienen der Informationsübertragung zu anderen Zellen. Die Synapse ist die
Kontaktstelle des Axons einer Nervenzelle mit einem anderen Neuron, einem Muskel oder
einer Drüsenzelle.
Bau einer Synapse:
Eine Synapse besteht aus drei Bereichen:
 Präsynaptischer Endknopf des Axons der Nervenzelle, von der die Erregung kommt
 Synaptischer Spalt zwischen Axon und Zielzelle
 Postsynaptische Membran der Zielzelle (z.B. Muskel)
Erregungsübertragung an der Synapse:
Durch das elektrische Signal im Axon wird ein Übergriffsstoff (Neurotransmitter) aus den
Speichervesikeln des Axons in den synaptischen Spalt ausgeschüttet. Dieser Transmitter
diffundiert dann zur postsynaptischen Membran und lagert sich an speziellen Rezeptoren an,
was dann wiederum zu einer elektrischen Veränderung der Zielzelle führt.
Solche Neurotransmitter sind:
 Acetylcholin (für Übertragung Nerv-Muskel, im vegetativen NS, bedeutsam u.a. bei
Alzheimer-Demenz)
 Noradrenalin (z.B. für Sympathikus, bedeutsam bei Depressionen)



Dopamin (bedeutsam bei M. Parkinson und Schizophrenien)
Serotonin (u.a. bedeutsam bei Depressionen)
GABA (Gamma-Amino-Buttersäure, bedeutsam z.B. bei Epilepsien und als Ansatzpunkt
für die Wirkung von Benzodiazepinen)
Ruhepotenzial, Aktionspotenzial und Erregungsleitung:
An der Membran lebender Zellen ist ein sog. Ruhepotential, das immer besteht, messbar. Es
kommt durch ungleiche intra- und extrazelluläre Ionenverteilung zustande und beträgt etwa
minus 60 – 100 mV. Ist der Reiz für eine Nervenfaser stark genug, kommt es zum
Aktionspotenzial und der elektrischen Fortleitung des Signals.
Ablauf:
 Das neg. Ruhepotential wird Null hin verschoben
 Nach erreichen einer kritischen Reizschwelle (Schwellenpotenzial) kommt es zum
schnellen Anstieg der Na+ -Leitfähigkeit, der Depolarisation
 Anschließende Repolarisation mit Ausbildung der vorherigen Ladungsverhältnisse
Kurz nach der Depolarisation folgt die sog. Refraktärzeit, in der Nerv und Muskel auch durch
starke reize nicht erregbar sind. Die Depolarisation ist das als „Alles oder Nichts“ -Antwort zu
verstehen, zu der es erst beim Erreichen des Schwellenpotenzials kommt. Das entstandene
Aktionspotenzial wird im Axon der Nervenfaser bis zu der Synapse fortgeleitet.
Hör- und Gleichgewichtsorgan
befinden sich im Innenohr, das in der Felsenbeinpyramide des Schläfenbeins liegt. Sie sind
anatomisch und funktionell en verwandt. Die Nervale Versorgung erfolgt teilweise über den
gleichen Hirnnerv (VIII. N. Vestibulocochlearis).
Aufbau des Ohres:
Äußeres Ohr:
Das äußere Ohr besteht aus Ohrmuschel und dem äußeren Gehörgang, der durch das
Trommelfell vom Mittelohr abgetrennt ist. Es dient durch seine Trichterform dem Auffangen
des Schalls. Der äußere Gehörgang enthält Drüsen, die Ohrenschmalz (Cerumen) bilden.
Mittelohr:
besteht aus der Paukenhöhle mit den drei Gehörknöchelchen, den Warzenfortsatzzellen und
der Ohrtrompete (Eustachische Röhre), die die Verbindung mit dem Nasen-Rachen-Raum
herstellt. Das Mittelohr mit der Gehörknöchelchenkette (Hammer, Amboss, Steigbügel) dient
vor allem der Schalleitung. Während der Hammer mit dem Trommelfell fest verwachsen ist,
steht der Steigbügel mit dem ovalen Fenster des Innenohrs in beweglicher Verbindung. Die
Ohrtrompete als Verbindungsgang zwischen Paukenhöhle und Nasen-Rachen-Raum dient
dem Druckausgleich und der Belüftung der Paukenhöhle. Sie öffnet sich beim Schlucken.
Innenohr:
liegt in der Felsenbeinpyramide des Schädels. Es enthält die Sinneszellen des Hör- und
Gleichgewichtsorgans und dient der Verarbeitung der Schallempfindung und der
Registrierung der Körperlage
Hörvorgang:
Unter Hören versteht man die Aufnahme und Verarbeitung von Schall aus der Umwelt.
Schall:
sind sich wellenförmig ausbreitende Schwingungen von Molekülen. In Luft breitet sich der
Schall mit einer Geschwindigkeit von 333 m/s aus.
Schall kann über verschiedene Frequenzmuster unterschiedliche Eindrücke vermitteln:
 Ton: Schall einer einzigen Frequenzmuster
 Klang: Schall mehrerer Frequenzen des Hörbereichs
 Geräusch: praktisch alle Frequenzen des Hörbereichs
Das menschliche Ohr kann nur Frequenzen von 16-20000 Schwingungen / sec wahrnehmen.
Je größer die Anzahl der Schwingungen, desto höher wird der Ton empfunden.
Hören:
Der Schall wird vom äußeren Ohr aufgefangen und durch den Gehörgang auf das
Trommelfell übertragen. Das membranartige Trommelfell wird dadurch in Schwingungen
versetzt und überträgt die Schwingungen auf die Gehörknöchelchen. Hammer, Amboss,
Steigbügel bilden eine gelenkig verbundene Kette, wobei der Hammer fest mit dem
Trommelfell verwachsen ist und der Steigbügel am ovalen Fenster an das innere Ohr grenzt.
Im Innenohr befindet sich das eigentliche Hörorgan, die Schnecke (Cochlea). Sie besteht aus
drei schneckenförmig aufgerollten Kanälchen, wobei die beiden äußeren am sog. Helicotrema
miteinander in Verbindung stehen und sich direkt an das ovale Fenster anschließen. Die
Schwingungen des ovalen Fensters übertragen sich auf die mit einer lymphähnlichen FLK
(Perilymphe) gefüllten Kanälchen (Schnecke) und erregen je nach Frequenz bestimmte
Hörsinneszellen. Die Erregung dieser Sinneszellen wird über den Hörnerven, der durch den
inneren Gehörgang verläuft, zum Hörzentrum des Gehirns übertragen und dort zu einer
bewussten Empfindung verarbeitet. In der Schnecke wird also mechanische Energie des
Schalls in elektrische Energie umgewandelt.
Gleichgewichtssinn:
Das Gleichgewichtsorgan (Vestibularorgan), das ebenfalls im Innenohr liegt, besteht aus
zwei anatomischen und funktionellen Untereinheiten, dem Vorhof (Vestibulum) mit den
Makulaorganen und den Bogengängen mit den Bogengangsorganen. Es ermöglicht in
Zusammenarbeit mit dem Auge die Orientierung im Raum und die Aufrechterhaltung des
Gleichgewichtes.
Vorhof:
liegt praktisch im Zentrum des knöchernen Labyrinths zwischen den drei Bogengängen und
der Schnecke. Er enthält ein großes und kleines Vorhofsäckchen (Utriculus, sacculus) mit
jeweils einem horizontalen und vertikal liegenden Sinnesfeld, der Makula. Die Makulaorgane
registrieren Linearbeschleunigungen, d.h. Beschleunigungen entlang einer Längsfläche. Sie
sind aufgebaut aus einem Epithel mit kleinen Sinneshärchen und einer aufliegenden
Gallertschicht (Statolitenmembran). Bei Beschleunigungen oder Lageveränderungen kommt
es zum Abscheren der Gallertschicht, zum Abknicken der Sinneshaare und damit zur
Erregung des Nerven. Die Makulaorgane vermitteln Informationen über Beschleunigungen
und die Kopfstellung.
Bogengänge:
Die drei senkrecht zueinander stehenden Bogengänge sind verantwortlich für die
Registrierung von Drehbeschleunigungen, d.h. Rotationen. Es handelt sich um ein
ringförmiges System, das in die Sinneshaare hineinragen (Cupula). Durch die Anordnung von
drei Bogengängen, die jeweils senkrecht aufeinander stehen, können Rotationsbewegungen in
allen drei Ebenen registriert werden. Auch hier kommt es bei Rotationsbewegungen zur
Abscherung von Sinneshaaren.
Auge:
Das Auge ermöglicht das Sehen, die visuelle Wahrnehmung der Umwelt. Der kugelförmige
Augapfel liegt in der knöchernen Augenhöhle, eingebettet in ein Fettpolster. An der
Hinterfläche des Augapfels (Bulbus) tritt der Sehnerv aus und zieht durch die sich
verengenden Augenhöhle ins Schädelinnere. Das Auge verfügt über einige äußere
Schutzeinrichtungen, die das wichtige Organ vor schädlichen Einflüssen schützen. Dazu
gehören vor allem die Wimpern, bei deren Berührung es zum reflektorischen Lidschluss
kommt, und die Tränenflüssigkeit.
Wandaufbau des Augapfels:
Lederhaut (sklera):
ist die äußerste Schicht des Augapfels. Sie besteht aus festem Bindegewebe und geht vorne in
die Hornhaut (Cornea) über.
Aderhaut (Choroidea):
ist die mittlere, gefäßreiche Schicht. Sie geht im vorderen bereich in den Ziliarkörper über, an
dem die Linse aufgehängt ist. An den Ziliarkörper schließt sich die Regenbogenhaut (Iris) an.
Die Iris bildet die Pupille und kann über die Veränderung ihrer Weite den Lichtfall in das
Auge steuern. Beteiligt sind daran zwei gegensinnig wirkende Muskeln, der M. Sphinter
pupillae und der M. Dilatator pupillae.
Netzhaut (Retina):
stellt die innerste Schicht des Augapfels dar. Sie enthält die für das Sehen notwendigen
Sinneszellen, die Stäbchen und Zapfen. Die eingehende Information wird über Nervenzellen,
die sich in der Netzhaut befinden, weitergeleitet. Diese Nervenzellen vereinigen sich im
hinteren Bereich des Augapfels zum Sehnerv und ziehen weiter ins Gehirn.
Tränenapparat:
besteht aus den Tränendrüsen und den Tränenwegen. Die Tränenflüssigkeit wird von den
Tränendrüsen, die sich außen oben in der Augenhöhle befinden gebildet. Die wässrige FLK
wird durch den Lidschlag über die Hornhaut verteilt. Anschließend wird sie über die beiden
Tränenkanälchen am Ober- und Unterlid in den Tränensack und von dort aus über den
Tränen-Nasen-Gang in die Nasenhöhle abgeleitet. Typischer Reiz für die Sekretion der
Tränenflüssigkeit ist der Fremdkörper im Auge, der zur erhöhten Tränensekretion führt.
Funktion der Tränenflüssigkeit:
 Schutz vor Austrocknung und Gleitmittel für die Lider
 Spülflüssigkeit zum Auswaschen von Fremdkörpern
 Erregerabwehr durch Gehalt an Immungobulinen (IgA)
Kammerwasser:
ist eine seröse FLK, die sich in vorderer und hinterer Augenkammer befindet, Es wird von
spezifischen Zellen in die hintere Augenkammer abgegeben, fließt von dort zur vorderen
Augenkammer und wird schließlich über ein System kleiner Kanälchen im Kammerwinkel
durch den sog. Schlemm-Kanal in das venöse Gefäßsystem abgeleitet.
Iris:
liegt vor der Linse und regelt die Menge des Lichteinfalls ins Auge. Sie kann durch ihre
Muskulatur die Pupille erheblich verengen und erweitern und so den Lichteinfall je nach
Bedarf regulieren.
Augenmuskeln:
Die Muskeln am Auge ermöglichen die gute Feinstellung und tragen zur Vergrößerung des
Sehfeldes bei. Es handelt sich um sechs Muskeln, die alle am Augapfel ansetzen und zur
knöchernen Augenhöhle ziehen. Die Versorgung der Augenmuskeln erfolgt über
verschiedene Hirnnerven (III, IV, VI)
Optischer Apparat des Auges:
Das Auge besitzt ein zusammengesetztes Linsensystem, das ein umgekehrtes, verkleinertes
Bild auf der Netzhaut entwirft.
Lichtbrechende Strukturen in diesem System sind:
 Hornhaut (Cornea)
 Kammerwasser (Zwischen Hornhaut und Linse)
 Linse (die sich an der Vorderseite des Glaskörpers befindet)
 Glaskörper (der den Augapfel zum größten teil ausfüllt)
Linse:
die durchsichtige, bikonvex geformte Linse ist an den sog. Zonulafasern befestigt, durch
deren Spannung die Krümmung und damit die Brechkraft der Linse verändert werden kann.
Die Linse ist der einzige variable Anteil des optischen Apparates Auge. Die Spannung der
Zonulafasern und damit die Brechkraft der Linse sind vom Ziliarmuskel abhängig, der durch
das Vegetative NS innerviert wird. Eine Kontraktion des Muskels bewirkt eine Entspannung
der Zonulafasern und eine Zunahme der Krümmung der Linse. Nimmt die Spannung der
Zonulafasern zu, flacht die Linse ab. Diesen Vorgang der Anpassung der Brechkraft an die
Entfernung des fixierten Gegenstandes bezeichnet man als Akkommodation. Die geringste
Brechkraft erreicht die Linse bei der Fernakkommodation, wenn, bei flacher Linse, unendlich
weit entfernte Gegenstände scharf abgebildet werden.
Fernakkommodation zur Fixierung entfernter Gegenstände:
 Ziliarmuskel erschlafft
 Zonulafasern gespannt
 Linse abgeflacht
 Geringe Brechkraft
Nahakkommodation zur Fixierung naher Gegenstände:
 Ziliarmuskel gespannt
 Zonulafasern erschlafft
 Linse stärker gekrümmt
 Stärkere Brechkraft
Bildentstehung auf der Netzhaut (Retina):
Das Bild auf der Retina entsteht ähnlich wie das Bild in einer einfachen Kamera. Die
Grenzfläche Luft/Hornhaut entspricht hierbei einer Linse vor der Blende. Die Blende wird im
Auge von der Iris repräsentiert, die je nach Öffnung mehr oder weniger Lichtimpulse
durchlässt. Die Linse hinter der Iris ist konvex und entwirft auf der Retina ein umgekehrtes,
verkleinertes Bild. Dieses Bild, repräsentiert durch Rezeptorsignale auf der Netzhaut, wird im
Sehnerven (N. Opticus) zum sog. Sehareal weitergeleitet, das sich in der hinteren, okzipitalen
Hirnhälfte befindet. Dort werden die Signale schließlich zu den bewussten Sehempfindungen
weiterverarbeitet.
Störungen der Sehfunktion:
Myopie (Kurzsichtigkeit):
 Augapfel zu lang
 Brennebene des Lichtes liegt vor der Retina
 Korrektur mit einer konkaven Zerstreuungslinse
Hypermetrie (Weitsichtigkeit):
 Augapfel zu kurz
 Brennebene des Lichtes liegt hinter der Retina
 Korrektur mit einer konvexen Sammellinse
Presbyopie (Altersweitsichtigkeit):
 Elastizitätsverlust der Linse
 Brennebene des Lichtes liegt hinter der Retina
 Korrektur mit einer konvexen Sammellinse
Sehen:
 Aufnahme von Licht verschiedener Farben und Helligkeit (in Form von
elektromagnetischer Strahlung der Wellenlänge 400-700 nm)
 Weiterleitung dieser Lichtreize durch ein Linsensystem auf die Netzhaut
 Umwandlung der Lichtreize in chemische und elektrische Signale durch Stäbchen und
Zapfen
 Weiterleitung dieser Signale durch den Sehnerv in die Sehrinde, die im hinteren Teil des
Gehirns lokalisiert ist
 Umwandlung der Signale in Bewusste Empfindungen, das eigentliche Sehen
Stäbchen und Zapfensystem:
die Aufnahme und Weiterverarbeitung der optischen Signale aus der Umwelt übernehmen
zwei verschiedene, auf der Netzhaut lokalisierte Rezeptorsysteme.
Stäbchen:
sind fast gleichmäßig auf der ganzen Retina verteilt. Lediglich am bilden Fleck (Austrittsstelle
des Sehnervs) und in der Fovea centralis (Stelle des schärfsten Sehens) gibt es keine
Stäbchen. Das Stäbchensystem ermöglicht einsehen bei Dämmerung und Nacht. Die
Gegenstände werden farblos, aber verschieden hell gesehen. Der Sehfarbstoff in den Stäbchen
ist das sog. Rhodopsin. Der Lichtreiz führt zu chemischen Umwandlungen des Moleküls. Die
hierbei freiwerdende Energie führt zu einer nervalen Erregung, die nach Weiterleitung über
den Sehnerven zentral verarbeitet wird. Eine Zwischenstufe bei den Molekülumwandlungen
ist das Retinol, besser bekannt als Vit. A.
Zapfen:
sind weit weniger zahlreich als die Stäbchen. Sie befinden sich in nur geringer Dichte auf der
Retina. Lediglich in der Fovea centralis gibt es viele Zapfen und keine Stäbchen. Die Zapfen
ermöglichen das farbige Sehen bei Tag. Farbe und Heiligkeit der Gegenstände können
unterschieden werden. Die Zapfen besitzen drei unterschiedliche Sehfarbstoffe, die dem
Rhodopsin ähneln und untereinander lediglich in einem Anteil variieren. Sie absorbieren und
verarbeiten jeweils Licht einer bestimmten Wellenlänge, nämlich rot, grün und blau.
Farbensehen:
ist ein äußerst komplizierter Vorgang, der bis heute noch nicht bis in alle Einzelheiten geklärt
ist. Zum Farbensehen existieren zwei Theorien. Wahrscheinlich trifft keine der beiden
ausschließlich zu, sondern beide Theorien ergänzen sich.
Trichromatische Theorie:
die trichromatische Theorie legt drei Zapfensysteme fest. Die drei Systeme repräsentieren die
Primärfarben Rot, Grün und Blauviolett. Aus diesen drei Primärfarben kann durch Mischung
jede beliebige Farbe hergestellt werden. Die Existenz dieser drei Zapfensysteme ist die
wahrscheinlichste Erklärung des Farbensehens.
Gegenfarbtheorie:
Nach dieser Theorie existieren vier Urfarben: Rot, Gelb, Grün und Blau. Der Sehvorgang
wird in zwei antagonistisch organisierte Prozesse unterteilt, in den Grün-Rot-Prozess und den
Gelb-Blau-Prozess. Diese Gegenfarben hemmen sich gegenseitig so abgestuft, bis der richtige
Farbton erreicht ist.
Messmethoden des Sehvermögens:
Sehschärfe (Visus):
wird mit Hilfe der Landolt-Ringe bestimmt. Die Landolt-Ringe befinden sich auf einer Tafel,
sie sind unterschiedlich groß und dick und haben auf einer Seite eine Aussparung, deren
Richtung der Pat. Angeben muss. Die Sehschärfe ist definiert als 1/alfa, Alfa ist die Lücke in
Winkelminuten, die vom Pat. Gerade noch erkannt werden.
Bestimmung des Gesichtsfeldes:
Das Gesichtsfeld ist die Summe aller Orte im Raum, die mit beiden geöffneten, aber
unbewegten Augen wahrgenommen werden können. Das Gesichtsfeld wird mit Hilfe der
Periemetrie bestimmt. Dabei können typische Gesichtsfeldausfälle erkannt werden.
Störungen des Sehens:
Protanomalie und Deuteranomalie:
Vererbte Störung des Farbsehens, bei der die Pat. Rot und Grün verwechseln
Farbblindheit:
Vererbte Störung, die meist auf einer Störung der Helladaption beruht und selten die Zapfen
betrifft. Nur 0,01 % der Bevölkerung sind komplett farbenblind. Zumeist werden die Farben
wenigstens teilweise erkannt und auch richtig zugeordnet.
Nachtblindheit:
Relativ häufige Störung des Stäbchensystems, oft verursacht durch einen Mangel an Vit. A.,
der Vorstufe des Sehfarbstoffs. Es kommt zu einer stark eingeschränkten Dunkeladaptation.
Helligkeitsadaptation:
Um sich auf unterschiedliche Helligkeiten einzustellen, besitzt das Auge
Anpassungsmechanismen. Die Notwendigkeit dieser Mechanismen wird klar, wenn man
bedenkt, welch unterschiedlichen Lichtintensitäten das Auge ausgesetzt ist.
Adaptationsmechanismen:
 Veränderung der Pupillenweite
 Anpassung der Konzentration des Sehfarbstoffes an die Empfindlichkeitserfordernisse
 Anpassung der Rezeptorenzahl einer Nervenfaser
Die komplette Adaptation von hell auf dunkel dauert relativ lange und hat ihr Maximum erst
nach 30 min erreicht.
Sehbahn und zentrale Verarbeitung:
die beiden Sehnerven, die die Lichtinformationen in Form von elektrischer Erregung leiten,
vereinigen sich über der Hypophyse in der Sehnervenkreuzung, dem Chiasma opticum. Die
Anteile des Sehnerven, die Eindrücke aus der lateralen Seite der Retina tragen, verlaufen auf
der gleichen Seite weiter, während die Anteile, die von der medialen Seite kommen, zur
Gegenseite kreuzen. Die laterale, temporale Seite der Retina empfängt Licht von der Mitte,
der mediale, nasale Teil Licht von der Seite. Der Nerv läuft weiter zu hintere Großhirnrinde.
Dort verarbeitet das eigentliche Bewusstsein die ankommenden Nervenimpulse.
Haut:
Die Haut bedeckt den ganzen Körper und geht an den Körperöffnungen in die Schleimhaut
über. Sie ist ein lebenswichtiges Organ und bildet die Schranke zwischen Umwelt und
innerem Milieu. Sie hat eine Fläche von etwa 1,6-2 m² und ist damit das größte Organ des
menschlichen Körpers.
Funktionen der Haut:
 Schutz vor Umwelteinflüssen
 Temperaturregulation (Schwitzen)
 Sinnesfunktion (Fühlen, Tasten)
 Kommunikation (Erröten, Erblassen)
 Immunfunktion
 Speicherorgan (Fett)
Aufbau der Haut:
Die Haut (Cutis) besteht aus drei Schichten:
 Oberhaut (Epidermis)
 Lederhaut (Dermis, Corium)
 Unterhaut (Subcutanis)
Die Cutis geht in die Subcutis über, die die Verbindung zwischen Haut und Körperfaszie
herstellt.
Oberhaut (Epidermis):
Die Epidermis besteht aus mehrschichtigem, verhornendem Plattenepithel. Sie ist besonders
stark ausgebildet an Stellen starker Beanspruchung (Fußsohlen, Handflächen). Sie enthält
Melanozyten, die für die Pigmentierung (Braunfärbung) verantwortlich sind.
Lederhaut (Corium, Dermis):
Die Dermis wird aus Geflechtschicht (Reißfestigkeit) und Papillarschicht, die zapfenförmig
mit der Epidermis verzahnt ist, gebildet. Sie enthält Haarwurzeln, Drüsen, Blutgefäße, Nerven
und Zellen des Immunsystems.
Unterhaut (Subcutanis):
Die Subcutanis besteht aus Bindegewebe mit unterschiedlich großen Anteilen von
Fettgewebe. Sie sorgt für die verschieblichkeit der Haut, isoliert den Organismus gegen
Wärmeverlust und dient als Energiespeicher. In ihr sind Schweißdrüsen, Haarbälge und
Tastkörperchen (Vater-Pacini-Tastkörperchen) lokalisiert.
Hautfarbe:
Die Hautfarbe wird von 4 Faktoren bestimmt:
 Melanin (Braunton)
 Karotin (gelb-rötlicher Ton)
 Sauerstoffreiches, oxygeniertes Blut (rot)
 Sauerstoffarmes, desoxygeniertes Blut (blau)
Hautanhangsgebilde:
Hautanhangsgebilde sind direkt oder indirekt mit der Haut verbundene Strukturen.
Zu ihnen gehören:
 Haare (Tastempfindung, Wärmeschutz)
 Hautdrüsen (Schweißdrüsen, Duftdrüsen, Talgdrüsen)
 Nägel (Widerlager beim Tasten, steigern die Tastempfindlichkeit)
Haare (Pili):
befinden sich an fast allen Körperstellen. Sie haben vor allem Schutz- und Tastfunktionen.
Das Haar besteht aus Haarwurzel und Haarschaft. Die Haarwurzel wird von einem
Haarfollikel umschlossen. Zusätzlich setzt an jedem Haar ein Haarmuskel an (M. Arector
pili), der das Haar aufrichten kann.
Hautdrüsen:
zu den Hautdrüsen gehören die Talgdrüsen, Schweißdrüsen und Duftdrüsen. Die Talgdrüsen
finden sich meistens im Bereich der Haare. Sie bewahren mit ihrem Sekret das Haar vor dem
Austrocknen und halten die Haut geschmeidig. Schweißdrüsen finden sich fast überall in der
Haut mit einer Häufung im Hand-, Fuß- und Achselbereich. Sie dienen der
Temperaturregulation sowie dem Aufbau des sog. Säureschutzmantels der Haut. Die
Duftdrüsen liegen vor allem im Achsel- und Genitalbereich und produzieren ein Sekret, das
den typischen, individuellen Körpergeruch verursacht.
Nägel:
Nägel sind stark verhornte Zellen, die sich an den Enden der Finger- und Zehenglieder finden.
Sie dienen als Widerlager für die Tastkörperchen und erleichtern Tastempfinden und
Feinmotorik. Der Nagel besteht aus Nagelplatte und der halbmondförmigen Lunula, unter der
sich die Nagelmatrix befindet. Von der Nagelmatrix geht das Nagelwachstum aus.
Nieren und ableitende Harnwege
Lage und Bau der Nieren:
Die Nieren liegen Retroperitoneal beidseits der Wirbelsäule in der Lendengegend etwa
zwischen 12.Brust- und 3. Lendenwirbel. Wegen der Leber liegt die rechte Niere
normalerweise etwas tiefer als die linke. Der laterale Rand der Niere krümmt sich zu den
Polen hin stärker, wodurch die Nieren nach medial eingerollt erscheinen. Am medialen Rand
der Niere liegt der Nierenhilus, durch den die Gefäße und Nerven ein- bzw. austreten. Hier
befindet sich auch das Nierenbecken, das den Urin sammelt und in den Harnleiter übergeht.
Die Niere liegt eingebettet in eine derbe Kapsel aus Kollagenfasergewebe (Capsula fibrosa).
Diese wiederum wird von einer Fettkapsel überzogen (Capsula adiposa). Die Nierenkapsel
schützt das Organ und hält es in seiner Lage.
Maße der Niere:
 Gewicht einer Niere: 150-200g
 Größe: 10-12 cm lang, 5-6 cm breit
Funktion der Nieren:
 Ausscheidung harnpflichtiger Substanzen (Harnstoff, Harnsäure, Kreatinin)
 Ausscheidung von Fremdstoffen wie Medikamenten (Entgiftung)
 Regulation des Wasser- und Elektrolythaushaltes
 Regulation des Säure-Basen-Haushaltes
 Kontrolle des arteriellen Blutdruckes und zirkulierenden FLK-Volumens (Renin)
 Bildung des Hormons Erythropoetin zur Stimulierung der Erythrozytenneubildung
Innerer Aufbau der Nieren in Rinde und Mark:
Im Längs- und Querschnitt wird eine Gliederung der Niere in Rinde und Mark sichtbar.
Nierenrinde:
liegt direkt unter der Nierenkapsel. Sie ist gegliedert in Rindenläppchen und enthält vor allem
Nierenkörperchen (Glomeruli), die der Ultrafiltration von Flüssigkeit aus dem Blut dienen.
Nierenmark:
ist aufgebaut aus den kegelförmigen Markpyramiden, die zum Nierenbecken hin gerichtet
sind. Es enthält vor allem die Nierenkanälchen, gestreckte Gefäße, die der Rückresorption von
FLK und Teilchen aus dem Vorharn dienen. Die Markpyramiden enden mit der Nierenpapille
in den Nierenkelch, in denen der fertige Urin gesammelt und zum Nierenbecken weitergeleitet
wird
Feinbau der Niere:
Die Niere besitzt neben den Blutgefäßen ein kompliziertes System von Nephronen und
Sammelrohren. Die funktionelle Einheit der Niere, in der die Harnbildung erfolgt, ist das
Nephron.
Nephron:
Nephrone bestehen aus Nierenkörperchen (Glomerulum) und Nierenkanälchen (Tubulus). Die
Niere eines Erwachsenen besitzt ca. 1,6 Millionen solcher Nephrone, die die Arbeitseinheiten
der Niere darstellen und für die Urinbildung verantwortlich sind. Im Glomerulum wird durch
Filtration aus dem Blut der Primärharn gebildet. Im Tubulus wird durch Rückresorption von
FLK und Mineralien der Sekundärharn (Endharn) gebildet. Mehrere Nierenkanälchen (Tubili)
münden in der Nierenrinde in ein Sammelrohr, das den Harn zum Nierenbecken transportiert.
Von dort wird er über die ableitenden Harnwege ausgeschieden.
Nierenkörperchen (Glomerulum):
Das ca. 0,1-3 mm breite Nierenkörperchen besteht aus einer Kapsel (Bowman-Kapsel) mit
einem darin befindlichen Gefäßknäuel aus ca. 30 Kapillarschlingen. Zu jedem
Nierenkörperchen zieht eine zuführende und eine abführende Arterie (Vas afferens und
efferens). Am unteren Pol der Bowman-Kapsel beginnt das Tubulussystem (Nierenröhrchen),
in das die 150 l Primärharn abfließen und weiterverarbeitet werden. Am oberen Pol des
Nierenkörperchens liegt der Juxtaglomulärer Apparat, eine Gruppe von spezialisierten Zellen,
die die Durchblutung des Glomerulus steuern.
Nierenröhrchen (Tubulus):
Sind ein System von dünnen Röhrchen, die sich an das Glomerulus anschließen.
Sie bestehen aus mehreren Teilstücken:
 Hauptstück (Proximaler Tubulus)
 Überleitungsstück (Henle-Schleife)
 Mittelstück (Distaler Tubulus)
Das Tubulussystem endet schließlich durch Einmündung in ein Sammelrohr, wobei mehrere
Tubulussysteme in ein Sammelrohr münden.
Juxtaglomulärer Apparat:
ist ein Zellgeflecht, das im bereich der Kontaktstelle von Arteriole und Tubulus oberhalb des
Glomerulum sitzt. Hier wird das Hormon Renin gebildet, das im Rahmen des ReninAngiotensin-mechanismus bei der Regulation von wasser-, Elektrolythaushalt und Blutdruck
eine Rolle spielt.
Harnbildung:
Die Harnbildung findet im wesentlichen in den Nephronen statt. Nierenbecken und Harnleiter
dienen lediglich dem Transport des Harns.
Bildung des Primärharns (Vorharn):
die Bildung findet im Glomerulum (Nierenkörperchen) statt. Hier wird durch Auspressen der
Kapillarschlingen ein wässriges Ultrafiltrat des Blutplasmas gebildet, das in seiner
Zusammensetzung dem Blutplasma ähnelt. Lediglich die Blutkörperchen und Eiweiße
verbleiben im Gefäßsystem, da die Poren der Glomerulummembran nur Teilchen bis zu einer
bestimmten Größe passieren lassen (Filterfunktion). Auf diese Weise werden pro Tag ca. 180
l Primärharn gebildet (Glomuläre Filtrationsrate). Der Primärharn wird in das System der
Nierenkanälchen weitergeleitet. Treibende Kraft für die Glomeruläre Filtration ist der
Blutdruck und damit die Herzleistung. Fällt der Blutdruck unter den notwendigen
Filtrationsdruck, so kommt es zu lebensbedrohlichen Einschränkungen der Filtrationsleitsung.
Ist der Blutdruck zu hoch, so wird zu viel Primärharn gebildet, die
Rückresorptionsmechanismen im Tubulussytem versagen teilweise. Folge ist die
Ausscheidung von wenig konzentriertem Urin.
Bildung des Sekundärharns (Endharn):
Auf seinem Weg durch das Tubulussystem (Nierenkanälchen) wird der Primärharn durch
Rückresorption von FLK und anderen Bestandteilen auf ca. 1% seiner ursprünglichen Menge
vermindert, also auf ca. 1,5 l/Tag. Die Konzentration von Harnstoff, NaCl und anderen
Stoffen ist im Endharn ca. 3-4- mal höher als im Blut. Im Nierenmark bilden die Blutgefäße
und Nierentubili gestreckt verlaufende Leitungsbündel, wobei deren Anordnung die
Grundlage für die Rückresorption von FLK und Teilchen aus dem Vorharn ins Blut bildet.
Die Rückresorption erfolgt nach dem komplizierten Haarnadelgegenstromprinzip, das einen
Rückstrom von FLK bei gleichzeitiger Zunahme der Salzkonzentration in der Tubulussystem
verbleibenden FLK ermöglicht. Bei den Rückresorptionsvorgängen hat jeder Abschnitt des
Nierenröhrchens bestimmte Aufgaben.
Hauptstück (proximaler Tubulus).
Im Hauptstück werden durch aktive Transportvorgänge Glukose und Elektrolyte
rückresorbiert. Ebenso wird hier bereits ein Großteil des Wassers (ca. 70%) aus dem
Tubulussystem rückresorbiert. Das Wasser folgt dabei dem Natrium, das größtenteils durch
aktive Transportmechanismen aus dem Tubulus rücktransportiert wird.
Überleitungsstück (Henle-Schleife):
Die Henle-Schleife dringt nadelförmig mit einem aufsteigenden und absteigenden Schenkel
ins Mark ein. Im aufsteigenden Teil erfolgt hauptsächlich die aktive Natrium-Rückresorption,
während er für Wasser undurchlässig ist.
Mittelstück (distaler Tubulus), Überleitungsstück und Sammelrohr:
Der distale Tubulus steht über das Verbindungsstück mit dem Sammelrohr in Verbindung. Im
distalen Tubulus und den Sammelrohren wird durch Rückresorption von Wasser letztlich die
Harnmenge festgelegt. Die erfolgt u.a. durch die Mineralstoffkortikoide (Aldosteron und
ADH), die die renale Wasserausscheidung steuern.
Zusammensetzung des Harns:
Der Harn ist eine gelbliche, klare FLK mit einem spezifischen Gewicht von 1001-1035 mg/ml
und einem pH-Wert von 4,8-7. Tagesmenge, spezifisches Gewicht, Farbe, Zusammensetzung
und pH können sich je nach Ernährung, Stoffwechsellage und Anforderungen ändern. Die
Harnmenge kann, je nach Trinkmenge, Bedürfnissen des Organismus und Temperatur
zwischen 700-2500ml/Tag schwanken. Physiologischerweise enthält der Endharn kein Eiweiß
oder Zucker. Dies kann sich jedoch bei bestimmten Erkrankungen ändern
Bestandteile des Harns:
 95-98 % Wasser
 Stickstoffhaltige Schlackenstoffe, die als Harnstoff, Harnsäure und Kreatinin
ausgeschieden werden
 Anorganische und organische Salze
 Harnfarbstoffe, die im wesentlichen aus Urobilinogen bestehen
 Hormone, Vitamine, evtl. Medikamente und andere körperfremde Stoffe
Hormonelle Kontrolle der Salz- und Wasserausscheidung:
Die Harnausscheidung und damit der Salz- und Wasserhaushalt kann unter anderem durch
Hormone beeinflusst und damit auch reguliert werden. Es handelt sich hierbei um die
Mineralkortikoide Aldosteron und Adiuretin (ADH).
Aldosteron:
wird in der Zona gebildet glomerulus der Nebennierenrinde gebildet. Es gehört zur Gruppe
der Mineralkortikoide, einer Gruppe von Hormonen, die eine besondere Wirkung auf den
Wasser- und Mineralstoffwechsel besitzen.
Wirkungen:
 Vermehrte Natrium-Rückresorption im distalen Tubulus der Niere
 Vermehrte Kaliumausscheidung durch die Niere
 Zunahme des extrazellulären FLK-Volumens
 Steigerung des Blutdrucks
Durch die Natrium-Rückresorption verbleibt mit dem Natrium auch vermehrt Wasser im
Organismus. Dies führt durch das erhöhte Volumen zu einer Steigerung des Blutdruckes.
Reiz für die Ausschüttung:
 Salzmangel
 Erniedrigtes Plasmavolumen
 Erniedrigter Blutdruck
Adiuretin (ADH):
ist ein im Hypophysenhinterlappen gebildetes Hormon, das bei einem Anstieg der
Plasmamolarität oder einem Abfall des Plasmavolumens verstärkt ins Blut abgegeben wird.
Wirkung:
 Erhöht die Wasserdurchlässigkeit des distalen Tubulus und der Sammelrohre der
Niere
 Vermehrte Rückresorption von Wasser und damit Hemmung der Harnproduktion
(Antidiurese)
Reiz für Ausschüttung:
 Anstieg der Plasmakonzentration (Wassermangel)
Diuretika:
versteht man Medikamente, die die Harnausscheidung der Niere fördern. Das Wirkprinzip der
Diuretika beruht im Wesentlichen auf einer Steigerung der Natriumausscheidung. Das Wasser
folgt dem Natrium dann passiv nach.
Ableitende Harnwege:
Zu den ableitenden Harnwegen gehören alle Strukturen, die nicht an der Harnbildung beteiligt
sind: Nierenbecken, Harnleiter, Harnblase und Harnröhre.
Nierenbecken:
Das Nierenbecken sammelt den in Nierenkörperchen und Nierenkanälchen gebildeten Harn.
Es ist ein dünnwandiges, bindegewebiges Säckchen, das von Übergangsepithel ausgekleidet
ist. Das Nierenbecken verjüngt sich zum Harnleiter.
Harnleiter (Ureter):
Die beiden Harnleiter verbinden die Nieren mit der Harnblase. Der Harnleiter ist ein ca. 47mm dicker und 30 cm langer Muskelschlauch, der trichterförmig am Nierenbecken
entspringt und hinter dem Bauchfell abwärts zur Blasenhinterwand zieht. Die Mündung der
Harnleiter in die Harnblase ist so angelegt, dass bei einer stärkeren Füllung der Blase ein
Rückfließen (Reflux) von Harn in die Harnleiter verhindert wird. Die Schleimhaut des
Harnleiters besteht aus Übergangsepithel, das sich den wechselnden Füllungszuständen
besonders gut anpassen kann.
Harnblase:
Die Harnblase sammelt den von den Harnleitern kommenden Harn. Sie liegt unter dem
Bauchfell im kleinen Becken hinter den Schambeinen. Die gefüllte Blase überragt den
Oberrand der Symphyse. Bei ca. 300 ml Füllung entsteht der Harndrang, wobei jedoch
willkürlich mehr als 700ml zurückgehalten werden können. Die Muskulatur der Blase ist
netzförmig gebaut. Um den Abgang der Harnröhre verlaufen in Schlingen angeordnete
Muskelzüge, die an der Bildung des unwillkürlichen Schließapparates der Blase beteiligt sind.
Der willkürliche Schließmuskel der Blase besteht aus Fasern des M. transversus perinei
profundus, die die Harnröhre aufsteigend spiralförmig umschlingen. Die Blase ist ebenfalls
von Übergangsepithel ausgekleidet.
Harnröhre (Urethra):
Die Harnröhre leitet den in der Blase gesammelten Harn nach außen ab. Sie ist bei Männern
und Frauen unterschiedlich lang.
Männliche Harnröhre:
ist ca. 20-25 cm lang und verläuft durch das Glied. In den hinteren Teil der Harnröhre
münden die Ausführungsgänge der inneren Geschlechtsorgane. Der enge, kurze, mittlere Teil
wird außen vom Schließmuskel umgeben. Der vordere Anteil verläuft im Glied zwischen den
Schwellkörpern.
Weibliche Harnröhre:
ist nur ca. 2,5-4 cm lang und verläuft zwischen Symphyse und vorderer Scheidenwand. Sie
mündet hinter der Klitoris mit dem Ostium urethrae externum. Die Muskelwand des
Harnleiters wird von Fasern des M. transversus perinei profundus (willkürlicher
Schließmuskel) gebildet. Die Kürze der weiblichen Harnröhre ist die Ursache für die bei
Frauen überaus häufigen Infektionen der Harnwege, da hier eine nur kurze Strecke für
aufsteigende Keime zurückzulegen ist.
Harnblasenentleerung:
Bei ca. 300 ml Füllungsinhalt wird durch den Anstieg des Blaseninnendrucks Harndrang
ausgelöst Spätestens bei einer Füllung von 500ml setzt die Entleerung ein. Je mehr die Wand
der Harnblase durch das Füllungsvolumen gedehnt wird, umso stärker werden die in der
Wand der Blase liegenden Dehnungsrezeptoren gereizt. Diese Reizung bewirkt reflektorisch
die Erregung parasympathischer Nervenfasern, die zum Blasenschließmuskel ziehen; die
Entleerung wird somit eingeleitet. Hat die Blasenentleerung einmal eingesetzt, so wird sie,
ebenfalls reflektorisch, solange verstärkt, bis die Blase vollständig entleert ist. Nach einer
Durchtrennung des RM oberhalb des Blasenzentrums im Sakralmark fällt die reflektorische
Blasenentleerung zunächst für einige Wochen aus. Erst im chronischen Stadium der Lähmung
bildet sich eine reflektorische Blasenentleerung erneut aus (Reflexbahnen).
Wasser- und Elektrolythaushalt:
Ein Großteil des menschlichen Organismus besteht aus Wasser. Wasser ist Ausgangs und
Endprodukt unzähliger biochemischer Vorgänge, Transportmittel, Lösungsmittel und somit
untrennbar mit dem menschlichen Leben verbunden. Der Wasserhaushalt ist mit dem
Elektrolythaushalt en verknüpft, da das Wasser des Organismus eine Lösung mit einem relativ
konstanten Gehalt an Elektrolyten ist. Besonders die Natriumkonzentration hängt eng mit dem
Wasserbestand zusammen, da das Natrium aufgrund seiner chemischen Struktur freies Wasser
bindet.
Wasserhaushalt:
Das Gesamtwasser des Erwachsenen beträgt etwa 60-70% des Körpergewichtes und ist somit
der Hauptbestandteil des Organismus
Wasserverteilung:
Etwa 63% des Wassers befinden sich im Intrazellulärraum und 37% im Extrazellulärraum.
Das Extrazelluläre Wasser wiederum verteilt sich in das Zwischengewebe und das Plasma.
Die Wasserverteilungen zwischen den einzelnen Räumen ist abhängig von den
Elektrolytkonzentrationen und dem onkotischen Druck von Plasma und Gewebe.
Wasserbilanz:
Eine ausgeglichene Wasserbilanz mit einem Gleichgewicht der Wasserein- und –ausfuhr ist
für einen reibungslosen Ablauf der Vorgänge im Organismus unverzichtbar. Der tägliche
Wasserumsatz beträgt im Durchschnitt ca. 2500 ml/Tag.
Wassereinfuhr (ca. 2500ml):
Die Gesamtwasseraufnahme von ca. 2500ml/Tag wird reguliert durch das Durstgefühl und
setzt sich zusammen aus:
 1300ml Flüssigkeit
 900ml Wassergehalt der Nahrungsmittel
 300ml bei Stoffwechselvorgängen (Oxidationen) frei werdenden Wasser
Wasserausfuhr (ca. 2500ml):
 1500ml über den Harn
 500 ml über die Haut
 400 ml über die Lunge
 100 ml mit dem Stuhl
Der Wasserumsatz kann von obigen Richtwerten erheblich abweichen. Vor allem bei hohen
Temperaturen und vermehrter körperlicher Anstrengung kann der Wasserbedarf ein
Vielfaches betragen. Pathologische Faktoren, die zu einem erhöhten Flüssigkeitsbedarf
führen, sind z.B. Fieber od. Durchfälle. Bei Fieber kann der Wasserverlust pro 1°C um bis zu
1000ml/24h ansteigen. Ein Wasserdefizit führt über Stimulierung eines speziellen Bereiches
im Hypothalamus (Durstzentrum) zu dem Gefühl des Durstes.
Elektrolythaushalt:
Da sie Aufrechterhaltung der Körperfunktionen in hohem Maße außer vom Wasserbestand
auch von den Elektrolyten abhängig ist, ist die Kenntnis der wichtigsten Elektrolyte und ihrer
Funktion unerlässlich.
Natrium:
eng verbunden mit Wasser, wichtigster Elektrolyt im Extrazellulärraum / Konzentration: 135150 mmol/l
Kalium:
Wichtigster Elektrolyt im Intrazellulärraum, Bedeutung bei der Erregungsübertragung am
Nervensystem und Herzen / Konzentration: 3,5-5,5 mmol/l
Kalzium:
Aufbau von Knochen und Zähnen, Bedeutung bei der Muskelkontraktion / Konzentration:
2,15-2,75 mmol/l
Magnesium:
Bedeutung bei der Muskelkontraktion / Konzentration: 0,66-0,91 mmol/l
Chlorid:
Wichtigstes Anion im Extrazellulärraum in Verbindung mit Natrium / Konzentration: 98-112
mmol/l
Säure-Basen-Haushalt:
Im Blut herrscht in der Regel ein pH-Wert zwischen 7,37 und 7,43, der in engen Grenzen
konstant gehalten werden muss. Ein Anstieg des pH-Wertes wird als Alkalose bezeichnet, ein
Abfall des pH-Wertes als Azidose. Jede Alkalose oder Azidose geht mit erheblichen
Elektrolytverschiebungen und Stoffwechselstörrungen einher, die die physiologischen
Abläufe im Organismus behindern. Ein pH-Wert unter 7,0 bzw. über 7,8 ist nicht mehr mit
dem Leben vereinbar. Es stehen dem Blut gewisse Systeme (Puffersysteme) zur Verfügen, die
die Konstanz des pH-Wertes gewährleisten und Verschiebungen ausgleichen können.
Störungen des Säure-Basen-Haushaltes:
Eine Verschiebung des pH-Wertes hat unterschiedliche Ursachen. Je nach zugrunde liegender
Ursache setzen andere Kompensationsmechanismen ein.
Störungen:
 Eine respiratorische Alkalose entsteht bei vermehrter Abatmung (Hyperventilation)
von CO²
 Eine respiratorische Azidose entsteht bei verminderter Abatmung (Hypoventilation)
von CO²
 Eine metabolische Alkalose entsteht durch einen Stoffwechsel bedingten,
verminderten Anfall oder Verlust von H+ Ionen
 Eine metabolische Azidose entsteht durch einen Stoffwechsel bedingten, vermehrten
Anfall von H+ Ionen oder durch einen Verlust von Bicarbonat.
Bei Vorliegen einer respiratorischen Störung wird der Säure-Basen-Haushalt metabolisch
kompensiert, bei einer metabolischen Störung übernimmt die Atmung die Kompensation.
Metabolische Ursachen bei Azidose:
 Diabetes
 Niereninsuffizienz
 Pankreatitis
 Leberkoma
 rezidivierende Diarrhoe
 Sepsis
Respiratorische Ursachen bei Azidose:
 Störung der Atmung (Hypoventilation)
Metabolische Ursachen bei Alkalose:
 Säureverluste durch Erbrechen
 Diuretikatharpie
Respiratorische Ursachen bei Alkalose:
 Störungen der Atmung (Hyperventilation)
Regulationssysteme:
Man unterscheidet mehrere Regulationssysteme, die für eine Konstanthaltung des pH-Wertes
in engem Grenzen sorgen.
Bicarbonatsystem:
beruht darauf, dass im Falle einer Azidose sie vermehrt anfallendem Wasserstoffionen (H+)
mit dem Bicarbonat (HCO-³) zu Wasser (H²O) und Kohlendioxid (CO²) reagieren. Das
Kohlendioxid wird vermehrt abgeatmet, und der Blut-pH-Wert steigt wieder an. Dieser
wichtige Regelmechanismus ist zu ca. 70% an der Gesamtpufferkapazität des Blutes beteiligt.
Proteinatsystem:
Proteine sind ebenfalls in der Lage, ihren Gehalt an Wasserstoffionen zu ändern und somit
den pH-Wert zu beeinflussen. Hauptpuffer ist das Hämoglobin. Die Summe aller
pufferwirksamen Anionen bezeichnet man als Gesamt-Pufferbasen-konzentration. Sie beträgt
48 mmol/l. Abweichungen von diesem Wert werden als Base excess (BE, Basenüberschuss)
bezeichnet. Der BE hat normalerweise den Wert 0. Bei einem Anstieg der Pufferbasen
resultiert ein positiver BE, bei einem Abfall (Aufbrauch) der Pufferbasen resultiert ein
negativer BE.
Aufgaben der Atmung bei der pH-Wert-Regulation:
Die Atmung spielt für die Regulation und Veränderung des Säure-Basen-Status eine
wesentliche Rolle. Sie ist direkt mit dem Bicarbonatsystem verbunden:
 Bei verstärkter Atmung (Hyperventilation) kommt es zur Kohlendioxidabatmung und
zur Steigerung des pH
 bei eingeschränkter Atmung (Hypoventilation) wird Kohlendioxid zurückgehalten, der
pH fällt
Aufgaben der Niere:
Die Niere kann auf zwei Wegen Einfluss auf den pH-Wert nehmen:
 Vermehrte Ausscheidung von Säuren führt zu einem Anstieg des pH-Wertes
 Verminderte Ausscheidung von Säuren führt zu einem Abfall des pH-Wertes
Lymphe
Lymphatischessystem:
Das Lymphatischesystem besteht aus den Lymphbahnen und den lymphatischen Organen.
Die Organe des lymphatischen Systems sind die Repräsentanten des spezifischen
Abwehrsystems.
Zu den lymphatischen Organen gehören:
 Milz
 Thymus
 Lymphatischer Rachenring (Rachen-, Zungen- und Gaumenmandeln)
 Lymphknoten
 Lymphatisches Gewebe des Darms
Neben der Hauptaufgabe der Immunabwehr erfüllt das lymphatische System noch zwei
weitere Nebenaufgaben:
 Drainage des Gewebes zwischen den Zellen und Abtransport ins venöse System
 Transport von Nahrungsfetten aus dem Darm
Lymphknoten:
Der Lymphknoten ist ein bohnenförmiges, 3-30 mm langes, von einer Bindegewebskapsel
umgebenes Körperchen. Er ist i die Lymphbahn eingeschaltet und enthält Lymphozyten und
Markophagen. Die durchtretende Lymphe wird dort nach Art eines biologischen Filters von
Fremdkörpern und Krankheitserregern gereinigt. Außerdem sind die Lymphknoten
Bildungsort der Lymphozyten, Vertreter des spezifischen Abwehrsystems.
Lymphe:
Die täglich vom Körper gebildete Lymphmenge, die in das Venensystem einfließt, beträgt
etwa 2l (10% der filtrierten Blutplasmamenge).
Zusammensetzung der Lymphe:
Die Lymphe entspricht in ihrer Zusammensetzung bis auf den niedrigen Eiweißgehalt in etwa
dem Blutplasma. Die Lymphe enthält außer den Lymphozyten (1500-150000/mm³) praktisch
keine Blutzellen. Die Lymphe aus den Darmabschnitten heißt Chylus.
Milz:
Die Milz ist ein ca. 150g schweres, lymphatisches Organ, das bei verschiedenen
Erkrankungen des blutbildenden Systems (Leukämien) bis zu 2kg schwer werden kann. Die
Milz liegt im linken Oberbauch unter dem Zwerchfell.
Funktionen:
 Hauptaufgabe: Kontrolle des Blutes und Abbau von überalterten Erythrozyten
(Blutmauserung)
 Thrombozytenspeicherung
 Vorgeburtlicher Sitz der Blutbildung (Hämatopoese)
Die Milz kann bei Insuffizienzen des Knochenmarks die Blutbildung wieder aufnehmen.
Erwachsene können auch ohne Milz leben, da die Aufgaben der Milz von anderen Organen
übernommen werden können. Nach Entfernung der Milz bei Jugendlichen ist eine erhöhte
Infektneigung zu beobachten.
Mandeln (Tonsillen):
Die Mandeln sind die Wächter am Eingang des Luft- und Speiseweges und repräsentieren
ebenfalls das spezifische Abwehrsystem.
Lymphatisches Darmgewebe:
Das Lymphatische Gewebe des Darms ist besonders im unteren Dünndarm lokalisiert. Es
schützt gegen Krankheitserreger dort, wo die bakterientötende Magensäure nicht mehr wirkt.
Thymus:
Der Thymus (Bries) liegt mit zwei ovalen Lappen über dem Herzbeutel. Er ist beim Kind das
wichtigste Organ des Abwehrsystems, da ohne seine Mitwirkung keine Immunität aufgebaut
werden kann. Im Thymus findet die Prägung der T-Lymphozyten statt. Beim Erwachsenen
verkümmert der Thymus und spielt wahrscheinlich keine Rolle Mehr.
Grundlagen und Begriffsbestimmungen:
Äußere Schutzbarrieren:
Dem Körper stehen gewisse äußere Schutzbarrieren zur Verfügung, die von vorneherein den
Mikroorganismen ein Eindringen erschweren sollen. Sie gehören nicht direkt zum
Immunsystem, sondern dienen als mechanische und chemische Schutzschilder:
 Schleim und Flimmerepithel der oberen Luftwege zum Abfangen der eingeatmeten
Erreger
 Magensäure zum Abtöten von mit der Nahrung aufgenommenen Erregern
 Saures Milieu der Scheide zum Abtöten von aufsteigenden Erregern
 Säureschutzmantel der Haut
 Bakterienbesiedelung des Darmes.
Stammzellen:
Die meisten an der Immunantwort beteiligten Zellen entwickeln sich aus einer sog.
pluripotenten Stammzelle. Aus ihr entstehen zum einen die myeloischen Stammzellen, aus
denen sich wiederum die Makrophagen, Granulozyten und Monozyten entwickeln, zum
anderen bilden sich die lymphatischen Stammzellen, aus denen sich die B-Zellen, T-Zellen
und die Killerzellen entwickeln.
Antigene und Antikörper:
Eine wichtige Rolle bei der Immunabwehr spielen Antigene und Antikörper. Unter einem
Antigen versteht man einen körperfremden Stoff, in der Regel ein Eiweiß. Es findet sich als
charakteristisches Zeichen auf jedem Mikroorganismus und jeder Zelle. Unter einem
Antikörper (Immunglobulin) versteht man einen Stoff, der in der Lage ist, ein eingedrungenes
Antigen zu binden und damit unschädlich zu machen (Antigen-Antikörperkomplex). Antigen
und Antikörper passen dabei zusammen wie Schlüssel und Schloss. Die Grundstruktur der
Immunglobuline ist Y-förmig.
Komplementsystem:
Das Komplementsystem besteht aus einer Reihe von Abwehrstoffen, die die Zellmembran
eines Bakteriums zerstören und Phagozyten (Fresszellen) und Lymphozyten anlocken können.
Das Komplementsystemsystem wird durch die Antigen-Antikörper-Komplexe aktiviert, die
sich nach Eindringen der Fremdkörper bilden.
Phagozyten (Fresszellen):
können eingedrungene Mikroorganismen umschließen und verdauen (Phagozytose). Zur
Phagozytose befähigt sind vor allem die Makrophagen und die neutrophilen Granulozyten.
Sie werden durch das Komplementsystem bzw. die Antigen-Antikörper-Komplexe angelockt.
B-Lymphozyten:
Als Teil der Lymphozyten sind sie Mittler der spezifischen Abwehr. Sie tragen an ihrer
Zelloberfläche Antikörper, die zirkulierende Antigene abfangen können. Nach Bildung des
Antigen-Antikörper-Komplexes verwandelt sich der B-Lymphozyt in eine Plasmazelle, die
dann massenhaft auf das Antigen passende, spezifische Antikörper produziert. Dieser
Vorgang dauert ca. 2-4 Tage
B-Gedächtniszellen:
Nach Abklingen der Infektion bleiben sie zurück, die bei einer erneuten Konfrontation mit
dem gleichen Erreger dann viel schneller zu Plasmazellen reifen können.
T-Lymphozyten:
stellen eine weitere Säule des Immunsystems dar. Sie bestehen aus den:
 T-Helfer-Zellen: unterstützen die B-Lymphozyten bei der Reifung zu Plasmazellen
 T-Suppressor-Zellen: regulieren die Immunantwort
 T-Killerzellen: können als fremd erkannte Zellen zerstören, indem sie sich an sie
anlagern und die Zellmembran zerstören
 T-Gedächtniszellen
Zytokine:
Zytokine sind Botenstoffe, die die Immunreaktionen kanalisieren und regulieren. Sie dienen
als Mittler zwischen verschiedenen Abwehrzellen und koordinieren die Immunantwort vor
allem der Lymphozyten. Zu den Zytokinen gehören die Interleukine, das Interferon und der
TNF. Die Zytokine kann man sich auch therapeutisch zur Behandlung verschiedener
Tumorerkrankungen zunutze machen.
Blut
Das Blut übernimmt vielfältige Aufgaben im menschlichen Organismus. Zum einen sorgt es
für Transport und Abtransport von Sauerstoff, Kohlendioxid und Nährstoffen, zum anderen
ist es für die Konstanz der Temperatur, des pH-Wertes und der Elektrolytkonzentrationen
verantwortlich. Nicht zuletzt bildet das Blut gemeinsam mit dem lymphatischen System das
Abwehrsystem des Körpers.
Zusammensetzung des Blutes:
Das Blut setzt sich aus einem flüssigen Anteil, dem Plasma, und den festen Bestandteilen, den
Blutkörperchen, zusammen.
Das Plasma besteht aus:
 Serum
 Fibrinogen
Zu den im Plasma zirkulierenden Blutkörperchen gehören:
 Erythrozyten
 Leukozyten
 Thrombozyten
Hämatokrit:
Unter dem Hämatokrit versteht man den Anteil der zellulären Bestandteile am
Gesamtblutvolumen. Meist wird der Anteil der roten Blutkörperchen ermittelt und die übrigen
Blutzellen vernachlässigt. Der Hämatokrit macht eine Aussage über die Zähigkeit des Blutes.
Normwerte:
 Mann: 40-52 Vol.%
 Frau: 37-47 Vol.%
Blutsenkungsgeschwindigkeit (BSG):
Die Erythrozyten sinken im ungerinnbar gemachten Blut und setzen sich ab. An einem
Teströhrchen liest man den Überstand des Serums in Millimetern nach einer und nach zwei
Stunden ab. Die BSG ist ein einfach durchzuführender, unspezifischer Suchtest, der Hinweise
auf eine eventuell vorliegende Erkrankung geben kann.
Blutplasma:
ist der flüssige Anteil des Blutes, eine gelbliche, klare Flüssigkeit. Trennt man die Blutzellen
vom Blut ab, so bleibt das Plasma übrig.
Bestandteile des Plasmas:
 90-91% Wasser
 7-8% Eiweiße und Proteine
 2% kleinmolekulare Substanzen (Elektrolyte)
Der pH-Wert des Plasmas ist in engen Grenzen konstant bei 7,37-7,47. Verschiebungen des
pH-Wertes bezeichnet man als Alkalosen (erhöhter pH-Wert) bzw. Azidosen (erniedrigter
pH-Wert). Ein veränderter pH-Wert hat Einfluss auf viele Stoffwechselfunktionen des
Organismus. Das Plasma steh vor allem im Kapillargebiet, wo die Gefäßwände durchlässig
sind, in ständigem Kontakt und Flüssigkeitsaustausch mit dem Interstitium
(Zwischenzellraum).
Elektrolyte:
Im Plasma sind die Elektrolyte gelöst. Eine konstante Konzentration an Elektrolyten ist für
viele Funktionen des Organismus unabdingbar.
Elektrolytenkonzentrationen (durchschnittliche Werte):
 Natrium 140 mmol/l
 Kalium 4 mmol/l
 Kalzium 2,5 mmol/l
 Magnesium 1 mmol/l
 Chlorid 110 mmol/l
 Bikarbonat 27 mmol/l
Urschache ist die Beteiligung dieser Elektrolyte an dem physiologischen Ablauf der
Muskelkontraktion. Wichtiges Beispiel sind die Herzrhythmusstörungen bis zum
Herzstillstand bei Verschiebungen der Kaliumkonzentration.
Plasmaproteine:
Neben den Elektrolyten befinden sich im Plasma langkettige Eiweißmoleküle (Proteine). Der
Eiweißgehalt beträgt im Mittel 7-8g/dl. Es besteht aufgrund der Größen- und
Ladungsunterschiede die Möglichkeit, die Proteine mit Hilfe einer Elektrophorese
aufzutrennen. Man unterscheidet Albumine und Globuline.
Albumin:
Das Albumin ist mit 60% Anteil der Hauptbestandteil der Proteine. Es ist mit Dalton (Maß für
das Gewicht einer chemischen Verbindung) ein relativ kleines Molekül.
Funktionen:
 Aufrechterhaltung des kolloidosomatischen Drucks und damit mitverantwortliche für
die Wasserverteilung zwischen Gefäßsystem und Zwischenzellraum.
 Transportvehikel z.B. für Medikamente und auch körpereigene Elektrolyte
 Pufferfunktion bei pH- Verschiebungen
 Proteinreserve bei Eiweißmangel
Globuline:
Die Globuline teilen sich weiter auf in alpha 1, alpha 2, beta und epsilon- Globuline sind
ihrerseits weiter auftrennbar in folgende Unterglobuline, die auch als Immunglobuline
bezeichnet werden:
 IgG
 IgA
 IgM
 IgD
 IgE
Funktionen:
 Epsilon- Globuline (Immunglobuline): sie spielen eine entscheidende Rolle im
Abwehrsystem (Antikörper) und sind bei entzündlich Erkrankungen vermehrt
 alpha1, alpha2 und beta- Globuline: Transport und Trägerfunktion
Das Fibrinogen, das sich in der Elektrophorese als schmales Band zwischen beta und epsilonGlobulinen darstellt, ist als Vorstufe des Fibrins wichtiger Bestandteil der Blutgerinnung.
Erythrozyten:
bilden den mengenmäßig größten Teil der Blutkörperchen. Sie bestehen zum Großteil aus
Hämoglobin, dem Hauptträger des Sauerstoffs. 34% des Feuchtgewichts und 90% des
Trockengewichts entfallen auf das Hämoglobin. Das Hämoglobin ist ein Eiweißmolekül, das
aus jeweils vier Hämgruppen besteht. Jede Hämgruppe besitzt ein zentrales Eisenatom, an das
der Sauerstoff angelagert werden kann.
Normwerte:
 Mann: 1,5 Millionen
 Frau: 4,6 Millionen
Form:
 Flache, Runde Scheiben
 In der Mitte eingedellt
 Durchmesser 7,5 Mükrometer
Funktion:
 Träger von Sauerstoff und Kohlendioxid
Entwicklung der Erythrozyten (Erythropoese):
 Bildung im roten Mark der platten Knochen
 Entstehung über Vorstufen, die Retikulozyten
 Lebensdauer 120 Tage
 Abbau durch Phagozytose hauptsächlich im Knochenmark
Der Anreiz für die Bildung und Entwicklung neuer Erythrozyten ist der Sauerstoffmangel. Es
kommt unter Sauerstoffmangel zur Bildung von Erythropoetin in der Niere, das für die
Steigerung der Erythropoese verantwortlich ist.
Hb-Wert:
Maß für die Menge an zirkulierenden Erythrozyten bzw. Hämoglobin ist der sog. Hb-Wert,
die Menge des Hämoglobins pro dl Blut. Der Hb-Wert ist der klinisch gebräuchliche
Parameter für einen Mangel bzw. Überschuss an Erythrozyten.
Normwerte:
 Frauen: 12-14g/dl
 Männer: 14-16g/dl
 Unter Normwert: Anämie
 Über Normwert: Polyglobulie
Anämie:
Unter einer Anämie versteht man einen Mangel an Erythrozyten oder Hämoglobin.
Hauptsymptome sind Blässe und Müdigkeit.
Ursachen einer Anämie können sein:
 Gestörte Bildung (Eisenmangelanämie)
 Übermäßiger Abbau (hämolytische Anämie)
 Größerer Verlust (Blutungsanämie)
Polyglobulie:
Bei einer Vermehrung der Erythrozyten über die Norm spricht man von einer Polyglobulie.
Folge ist eine erhöhte Zähigkeit (Viskosität) des Blutes und eine dadurch erhöhte Neigung zur
Thrombenbildung.
Leukozyten:
Die im Gegensatz zu den Erythrozyten kenrhaltigen Leukozyten dienen der Abwehr von
Fremdstoffen und Krankheitserregern und werden bei Entzündungsprozessen aktiviert. Sie
lassen sich im so genannten Differentialblutbild weiter unterteilen.
Normwerte:
 4000-10 000
 Über 10 000: Leukozytose
 Unter 4000: Leukopenie
Nur ein kleiner Teil der Leukozyten zirkulieren im Blut. Der weitaus größere Teil (ca. 90%)
befindet sich in Knochenmark und Gewebe und wird bei Bedarf mobilisiert und über das Blut
zu ihrem Einsatzort transportiert.
Hauptgruppen:
 Granulozyten (60%)
 Lymphozyten (25-40%)
 Monozyten (4-8%)
Granulozyten:
Die Granulozyten werden im Knochenmark gebildet.
Man kann sie weiter unterteilen in:
 Neutrophile Granulozyten (50-70% aller Leukozyten)
 Eosinophile Granulozyten (2-4% aller Leukozyten)
 Basophile Granulozyten (0,5-1% aller Leukozyten)
Neutrophile:
übernehmen vor allem unspezifische Abwehrfunktionen (z.B. Phagozytose von Bakterien)
und sind bei den meisten Entzündungen vermehrt. Der bei vielen Entzündungen entstehende
Eiter besteht aus Zelltrümmern, abgestorbenen Bakterien und abgestorbenen Granulozyten.
Basophile:
sind ein wichtiger Speicher für Histamin (allergieauslösender Stoff) und Heparin
(Gerinnungshemmer). Sie vermitteln allergische Reaktionen vom Soforttyp.
Eosinophile:
findet man vermehrt bei Parasitenbefall (Wurminfektionen) und Autoimmunerkrankungen.
Lymphozyten:
Die Lymphozyten werden im Knochenmark und den lymphatischen Gewebe, hier vor allem
in Milz und Lymphknoten, gebildet. Der Hauptteil der Lymphozyten findet sich auch nicht im
Blut, sondern in den Organen des lymphatischen Systems. Je nach dem Ort ihrer Prägung
unterscheidet man:
 B-Lymphozyten (vor allem im Knochenmark)
 T-Lymphozyten (Thymus)
Die Lymphozyten sind die Hauptträger der Immunität. Die B-Lymphozyten bilden nach
Umwandlung in die Plasmazellen spezifische Antikörper, T-Lymphozyten sind die Träger der
zellgebundenen Abwehr.
Monozyten:
sind die größten Blutzellen. Sie haben eine hohe Phagozytosekapazität und erfüllen damit
ebenfalls, Abwehrfunktionen. Sie können aus der Blutbahn in die umgebenden Gewebe
einwandern.
Granulozyten: 50-70%
Neutrophile: 50-70%
Eosinophile: 2-4%
Basophile: 0,5-1%
Lymphozyten: 25-40%
Monozyten: 2-6%
Thrombozyten:
sind ebenso wie die Erythrozyten kernlos.
Normwerte:
 150 000-300 000
 Über 300 000: Thrombozytose
 Unter 150 000: Thrombozytopenie
Entwicklung:
 Bildung im Knochenmark aus den Megakaryozyten
 Etwa 2-3 mükrometer groß
 Verweildauer im Blut 5-11 Tage
 Abbau über Milz, Leber und Lunge
Funktion:
 Blutgerinnung
Die Thrombozyten übernehmen eine wichtige Aufgabe bei der Blutgerinnung, insbesondere
bei der primären Hämostase. Eine Vermehrung der Thrombozyten führt zur erhöhten
Thromboseneigung, eine Verminderung zur erhöhten Blutungsneigung.
Blutgerinnung:
Ein funktionierendes Gerinnungssytem zur Blutstillung ist für den Organismus unerlässlich.
Ein überaktives Gerinnungssystem führt zu einer erhöhten Thromboseneigung, ein gestörtes
Gerinnungssystem zu mitunter lebensbedrohlichen Blutungen schon bei kleinen
Verletzungen. Die Gerinnungsmechanismen stehen praktisch immer im Gleichgewicht mit
der Fibrinolyse, die für eine Auflösung von Blutgerinnseln verantwortlich ist. Man
unterscheidet eine primäre von einer sekundären Hämostase, die bei guter Funktion durch ihr
Zusammenspiel innerhalb von Minuten eine Blutung zum Stillstand bringt.
Primäre Hämostase (Blutstillung):
Nach einer kleinen Verletzung kommt die Blutung nach etwa 1-3 min zum Stillstand.
Ursachen:
 Vasokonstriktion (Gefäßverengung) der kleinen Gefäße
 Einrollen und Verkleben der Gefäßwand
 Mechanischer Verschluss der kleinen Gefäße durch einen Thrombozytenpfropf
(Thrombozytenaggregation)
Durch Thrombozyten, die an den Wundrändern haften und Serotonin und Katecholamine
freigeben, kommt es zur Gefäßverengung im Wundgebiet. Diese Stoffe führen als
vasokonstriktorische (gefäßverengende) Substanzen zu einer Verengung der Blutgefäße im
verletzten Gebiet. Die Zeit, die für eine primäre Blutstillung benötigt wird, heißt Blutungszeit.
Sie gibt in erster Linie Auskunft über die Funktionstüchtigkeit der Thrombozyten und ihre
Fähigkeit, einen Pfropf zu bilden.
Sekundäre Hämostase:
Bei der sekundären Gerinnung kommt es zur Ausbildung eines stabilen Gerinnungsthrombus.
Eine entscheidende Bedeutung spielen hierbei im Blut vorhandene Gerinnungsfaktoren, die
das in der Leber gebildete Prothrombin in aktives Thrombin überführen. Durch das Thrombin
wird im Blut vorhandenes Fibrinogen zu löslichem Fibrin, das schließlich in das feste, Fibrin,
den Blutkuchen umgewandelt wird.
Endogenes und exogenes System (Gerinnungsfaktoren V-XII):
Die als Thrombokinase bezeichneten Gerinnungsfaktoren durchlaufen eine Reihe von
komplexen Reaktionen, die kaskadenförmig ablaufen. Man unterscheidet je nach Herkunft der
Gerinnungsfaktoren die Gewebsthrombokinase (exogenes System, extrinsic system) und die
Blutthrombokinase (endogenes System, intrinsic system). Beide Systeme enden beim
aktivierten Faktor X, der dann letztlich für die Aktivierung des Prothrombin in Thrombin
verantwortlich ist. Das exogene System wird hauptsächlich bei größeren, äußeren
Gewebsverletzungen aktiviert, während das endogene System vor allem bei
Gefäßinnenwandschäden zum Einsatz kommt.
Sonderstellung des Kalziums:
Mehrere Schritte der Gerinnungskaskade sind von der Anwesenheit von Kalzium-Ionen
abhängig. Durch Entzug oder Bindung von Kalzium Blut ungerinnbar gemacht werden. Dies
macht man sich bei der Herstellung von Blutkonserven oder Laborproben zunutze.
Hemmstoffe der Blutgerinnung (Antikoagulanzien):
Es kann therapeutisch erforderlich sein, beispielsweise im Rahmen der
Thromboseprophylaxe, die natürlichen Blutgerinnungen zu hemmen. Dies ist außerdem nötig
bei Blutentnahmen zu Laborzwecken. Hierbei gibt es mehrere Möglichkeiten, in das Schema
der Blutgerinnung einzugreifen und den Ablauf zu hemmen.
Heparin:
Heparin hemmt die Bildung von Thrombin und mehreren Gerinnungsfaktoren. Es wirkt
sowohl in vitro (Reagenzglas) als auch in vivo (im Körper). Heparin ist Mittel der Wahl zur
Thromboseprophylaxe und wird praktisch in jedem Krankenhaus beim gefährdeten
(bettlägerigen, immobilen und operierten) Patienten eingesetzt. Wichtigstes
Thromboseschutzprotein des Plasmas ist das Antithrombin III, dessen Anwesenheit in
ausreichender Konzentration für die Funktion des Heparins notwendig ist.
Cumarinderivate (Marcumar):
Cumarine wirken als Vit. K-Antagonisten und hemmen die Bildung der Vit. K-abhängigen
Gerinnungsfaktoren in der Leber (Prothrombin). Sie wirken nur in vivo. Cumarine eignen sich
zur Langzeitthromboseprophylaxe, wie sie z.B. nach Herzklappenoperationen oder nach
tiefen Beinvenenthrombosen nötig ist. Maß für eine ideale Einstellung der Gerinnung ist
hierbei der Quick-Wert.
Komplexbildner:
Oxalat, Citrat und EDTA (Ethylene, Diamine, Tetraacetic, Acid =
Äthylenediamintetraessigsäure) wirken als Kalziumkomplexbildner und unterbrechen somit
die kalziumabhängigen Gerinnungsschritte. Komplexbildner wirken zwar auch in vivo,
werden aber praktisch nur zur Gerinnungshemmung bei Blutabnahmen für Laborzwecke
benutzt.
Bluterkrankheit (Hämophilie A):
Bei der Hämophilie A kommt es durch das Fehlen von Faktor VIII zu einer Unterbrechung
des physiologischen Ablaufs der Blutgerinnung. Es resultiert eine erhöhte Blutgerinnung, die
durch ein Zuführen von Faktor VIII behandelt wird
Diagnostik der Blutgerinnung:
Zur Überwachung der Gerinnungsfunktionen stehen einige Laborwerte zur Verfügung, die
Aufschluss über die Funktionstüchtigkeit des Gerinnungssystems bzw. die Wirksamkeit einer
antikoagulatorischen Therapie geben:



Quick-Wert (Thromboplastinzeit): Normwert 70-120% - bei Marcumarisierung
therapeutische Einstellung auf 15-25%
PTT (parzielle Thromboplastinzeit): Normwert 30-40 s – bei intravenöser
Heparinisierung erhöht
TZ (Thrombinzeit): Normwert 20 s – bei i.v. Heparinisierung erhöht
Fibrinolyse:
Unter der Fibrinolyse versteht man die Auflösung von Fibringerinnseln (Blutgerinnseln). Es
werden im Rahmen der Gerinnung ständig gewisse Mengen von Fibrinogen in Fibrin
überführt. Dieser Prozess steht in einem funktionellen Gleichgewicht mit dem sog.
fibrinolytischen Prozess, der zur Auflösung der Fibringerinnsel führt. Hierbei wird
Plasminogen zu Plasmin umgewandelt, welches das Fibrin der Blutgerinnsel auflöst. Die aus
dem Gewebe stammenden Plasminogenaktivatoren überführen Plasminogen direkt zu
Plasmin, die Blutaktivatoren brauchen zu ihrer Wirksamkeit die sog. Lysokinasen (Urokinase,
Streptokinase). Die fibrinolytische Wirkung der Uro- und Streptokinase macht man sich bei
akut eingetretenen Gerinnseln (Infarkt, Embolie) zunutze, indem man versucht, das Gerinnsel
durch Gabe von Uro- oder Streptokinase aufzulösen.
Thrombose und Embolie:
Bildet sich innerhalb eines Gefäßes ein Blutgerinnsel, so spricht man von einer Thrombose.
Häufigste Lokalisation von Thrombosen sind die tiefen Bein- und Beckenvenen. Löst sich ein
solcher Thrombus und wird mit dem Blutstrom weitertransportiert, bis er ein enges Gefäß
verstopft, so spricht man von einer Embolie. Klassischerweise werden Thromben aus dem
Bein- und Beckenbereich in das rechte Herz und dann nachfolgend in die Lungenarterien
verschleppt, die sie dann verstopfen (Lungenembolie). Häufiger Ort einer Embolie sind auch
die Gehirngefäße (Apoplex), wo es zu erheblichen neurologischen Ausfällen kommen kann.
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