Prof. Dr. Matthias Birkner Peter Nelson 2. Übung zur Vorlesung „Stochastik I“ im Sommersemester 2017 Aufgabe 1: (4 Punkte) Es sei eine Funktion F auf den reellen Zahlen definiert durch 0, falls x < −3 x + 3, falls − 3 ≤ x < 0 F (x) = 3 x + 4, falls 0 ≤ x < 3 35, falls x ≥ 3. Berechnen Sie für das zu F gehörige Lebesgue-Stieltjes Maß die Maße der folgenden Mengen. (a) {3}, (c) (−3, 0] ∪ (1, 3), (b) [−3/2, 4), (d) {x : |x| + 2x2 > 1}. Aufgabe 2: (4 Punkte) Eine Funktion F : Rd → [0, 1] heißt Verteilungsfunktion, wenn gilt: a) F ist koordinatenweise monoton steigend. b) F ist rechtsstetig, d.h. F (x(n) ) → F (x) falls x(n) ↓ x koordinatenweise. c) F (x(n) ) → 1, wenn x(n) → (+∞, . . . , +∞). (n) d) F (x(n) ) → 0, wenn mini=1,...,d xi → −∞. e) Es seien x, y ∈ Rd mit x = (x1 , . . . , xd ) < y = (y1 , . . . , yd ) (koordinatenweise) beliebig. Die Menge der Ecken des von x und y beschriebenen d-dimensionalen Quaders lässt sich (i ) (i ) (1) (2) schreiben als u = (z1 1 , . . . , zd d ) : i1 , . . . , id ∈ {1, 2} , wo zj = xj , zj = yj Dann gilt: X (−1)#{1≤m≤d : im =1} F (u) ≥ 0. u Ecken Wir ordnen jedem Wahrscheinlichkeitsmaß µ auf (Rd , B(Rd )) eine Verteilungsfunktion Fµ zu durch Fµ ((x1 , . . . xd )) := µ((−∞, x1 ] × · · · × (−∞, xd ]). Zeigen Sie, dass Fµ tatsächlich eine Verteilungsfunktion ist und die Abbildung µ 7→ µF eine Bijektion der Menge der Wahrscheinlichkeitsmaße auf (Rd , B(Rd )) auf die Menge der Verteilungsfunktionen definiert. Aufgabe 3: (4 Punkte) In dieser Aufgabe möchten wir einen geeigneten Maßraum für die unendliche, unabhängige Wiederholung eines Zufallsexperimentes auf einer endlichen Menge E konstruieren. Im Unterschied zu der Konstruktion in Blatt 0, Aufgabe 3 basiert unser Ansatz nun darauf, einen Inhalt auf den Zylindermengen anzugeben. PSei dazu (pe )e∈E ein Wahrscheinlichkeitsvektor auf E, das heißt pe ≥ 0 für alle e ∈ E und e∈E pe = 1. Das Ergebnis des ersten Experiments bezeichnen wir mit ω1 , das des zweiten mit ω2 usw. Der Raum des gesamten Experimentes ist demnach Ω = E N . Wir definieren [ω1 , . . . , ωn ] := {ω 0 ∈ Ω : ω10 = ω1 , . . . , ωn0 = ωn } als die Menge der Folgen, die mit ω1 , . . . , ωn beginnen. Sei A0 = ∅. Für n ∈ N definieren wir das System der Zylindermengen, die nur von den S ersten n Koordinaten abhängen, An := {[ω Funktion µ([ω1 , . . . , ωn ]) := Qn1 , . . . , ωn ] : ω1 , . . . , ωn ∈ E}, und setzen A := n∈N0 An . Die 0 ∈Ω p definiert einen Inhalt auf A. Wir setzen für alle ω, ω i=1 ωi ( 0 2− inf{n∈N : ωn 6=ωn } , falls ω 6= ω 0 , 0 d(ω, ω ) := 0, sonst. Zeigen Sie: a) (Ω, d) ist ein kompakter metrischer Raum. b) [ω1 , . . . , ωn ] ⊂ Ω ist kompakt. c) σ(A) = B(Ω, d). d) µ ist leerstetig. Hinweis: Wie sieht B2−n (ω) aus? Aufgabe 4: (4 Punkte) Zeigen Sie: Es gibt keine auf der Potenzmenge der reellen Zahlen definierte Mengenfunktion µ : 2R → [0, ∞], welche die folgenden drei Eigenschaften besitzt: • µ ist σ-additiv, also ein Maß auf 2R . • µ ist translationsinvariant, d.h. µ(A) = µ(A + x) für alle A ⊆ R und x ∈ R. • µ ((0, 1]) = 1. Anleitung: Man führe einen Widerspruchsbeweis. Betrachte die folgende Äquivalenzrelation auf R: Zwei beliebige reelle Zahlen heißen äquivalent, falls sie sich nur um eine rationale Zahl unterscheiden: x ∼ y ⇔ x − y ∈ Q. Es sei K ein Repräsentantensystem für ∼, d.h. eine Menge, die mit jeder Äquivalenzklasse genau ein Element gemeinsam hat. OBdA kann K ⊆ (0, 1] angenommen werden (warum?). Die Mengen K + q, sind paarweise disjunkt für verschiedede rationale Zahlen q ∈ Q. Angenommen nun, ein Maß µ mit den geforderten Eigenschaften existiert. Durch Betrachtung von S q∈(0,1]∩Q (K + q) zeige man, dass µ(K + q) = 0 für alle q und führe dies zum Widerspruch. Abgabe: Bis Freitag, den 05.05.2017 um 11:59.