LACUSTRE Vereinigung – Walter Müller, Universitätstr. 53, CH-8006 Zürich, Tel: +41 (0)78 759 20 67 20. Juni 2013 Mitteilung der Technischen Kommission der Lacustre Vereinigung betreffend Ronstan Wantenspanner Viele Lacustre verwenden Wantenspanner von Ronstan, die wegen des schlanken Designs, der eingravierten Skala und der einfachen Verstellbarkeit beliebt sind. Gemäss Herstellerangaben haben die Wantenspanner eine Bruchlast von 2‘250kg. Dimensionierungsberechnungen für das Lacustre-Rigg verlangen für Oberwanten eine Bruchlast von nicht weniger als 1‘720kg. Der dabei bereits eingerechnete Sicherheitsfaktor ist 3. Die Wantenspanner sind also für die Verwendung auf Lacustre ausreichend dimensioniert1. Trotzdem ist einer dieser Wantenspanner gebrochen, glücklicherweise im Hafen und nicht unter Segeln. Gemäss Herstellerangaben ist die Stellmutter aus AlSi Bronze, dem Vernehmen nach neuerdings aus einem anderen Material, möglicherweise Titan. Mindestens ein ähnlich abgelaufener Fall ist dokumentiert: http://fleet6.j105.org/news/2010/12/equipment_advisory_ronstan_turnbuckles_can_break/ In beiden Fällen sind Verfärbungen an der Bruchstelle zu erkennen, die auf mögliche Materialfehler oder Ermüdungsbrüche hindeuten. Die Risse im Material sind offensichtlich weit fortgeschritten, bevor es zum Bruch kommt. Ob solche Risse im Voraus von Auge erkennbar sind, ist nicht sicher. Auf jeden Fall empfiehlt es sich, ein besonderes Augenmerk auf die Wantenspanner zu legen und diese mindestens ein Mal pro Saison mit einer Lupe sorgfältig zu kontrollieren. Der Riss ist in beiden Fällen unterhalb der 1 Das 4mm Rod hat eine Bruchlast von rund 1‘900kg, 4mm Dyform-Kabel bricht bei etwa 1‘800kg und 5mm 1x19 Kabel bei 2‘200kg. 4mm 1x19 Kabel ist für Oberwanten zu schwach. Verstellmutter im Konus aufgetreten, der im Herstellungsprozess auf das untere Bauteil mit der eingravierten Skala gewalzt wird. Es empfiehlt sich ganz generell, sein Rigg gut im Schuss zu halten und bezüglich Wanten folgendes zu beherzigen: Die besagten Wantenspanner verfügen über eine kleine Öffnung, die für die Ölung des aufgewalzten Lagers vorgesehen ist. Ein gutes Nähmaschinenöl wirkt Wunder, weil es die Gleitreibung im Lager erheblich reduziert. Zusätzlich ist ein Tropfen Öl auf das Gewinde des Terminals vor dem Zusammenschrauben nicht schädlich. Das ist besonders wichtig, weil die letzten Millimeter jeweils recht stramm angezogen werden. Noch eine Bemerkung zur Kontermutter: Die konische Form treibt die darunterliegende Stellmutter auseinander. Hier reicht ein gefühlvoll dosiertes handwarmes Drehmoment. Ein richtig getuntes Rigg weist eine Vorspannung von 15 – 25% der Bruchlast auf. Im Ruhezustand beträgt die statische Vorspannung der Oberwanten 270 – 450kg. Der tiefere Wert gibt ein weicheres Rigg für Leichtwind. Wer kein Wantenspann-Messgerät besitzt, hilft sich folgendermassen: Ein Doppelmeter wird an seinem oberen Ende an den bereits mehr als handwarm angezogenen Want getaped. Das untere Ende wird mit einem Tape auf dem Want markiert. Jetzt spannt man bis sich zwischen dem unteren Ende des Doppelmeters und der Markierung auf dem Want ein Spalt von 2mm (Rod) bzw. 3mm (Kabel) aufgetan hat. Die Vorspannung beträgt dann 15%, was bei den Lacustre eine gute Leichtwindposition ist. Bei Starkwind braucht es mehr, da sind bis zu 25% Vorspannung angebracht, was 2 - 3 Umdrehungen der Mutter entspricht. Oberwanten sollten beim Segeln hoch am Wind im Lee nicht lose kommen, sonst stabilisieren sie den Mast nicht mehr und die ganze Last hängt am Luv-Want, statt das ein Teil vom Lee-Want mitgetragen wird. Ein vereinfachtes Beispiel soll dies veranschaulichen: Wenn sich bei einem Rigg mit 300kg Vorspannung der Segeldruck am Wind auf 400kg summiert, geht die Hälfte der Kraft, nämlich 200kg, auf den Luv-Want, der nun mit 500kg belastet wird. Die Kraft auf den Lee-Want absorbiert die andere Hälfte der Windkraft, nämlich auch wieder 200kg, so dass die Kraft auf den Lee-Want noch 100kg beträgt. Mit ungenügender Vorspannung wäre die Last auf dem Luv-Want 600kg, also 100kg mehr. Zudem kassiert der Luv-Want bei Wellengang alle Schläge. Diese werden nicht mehr mit dem Lee-Want geteilt und so gedämpft. Bei der Wende kommt der Lee-Want unter Last, der Luv-Want wird entlastet. Wie das Beispiel illustriert, sind an einem ungenügend vorgespannten Rigg die Lastzyklen viel extremer, als bei richtiger Einstellung. Statt einem Zyklus zwischen 100 und 500kg geht die Spanne von 0 bis 600kg. Materialfehler können in technischen Systemen nie ganz ausgeschlossen werden. Es gibt Gründe, anzunehmen, dass die Risse im erwähnten Terminal schon lange vorhanden waren, vielleicht lag sogar von Anfang an ein Materialfehler vor. Regelmässige Kontrollen und Wartung erhöhen die Chance, dass Ermüdungsbrüche rechtzeitig entdeckt werden. Mit einer sauberen Einstellung können die wechselnden Lasten auf dem Rigg besser absorbiert werden, was sich günstig auf die Lebensdauer der Bauteile auswirkt. Walter Müller Leiter Technische Kommission