50 arznei-telegramm 4 5 Im Blickpunkt Im arznei-telegramm 4/94 vom 14.04.1994 wurde ein Artikel unter dem Titel „Wie sich die Bilder gleichen: Persilschein für Omeprazol (ANTRA)” veröffentlicht, zu dem wir als Mitglieder der dort zitierten Expertenrunde wie folgt Stellung nehmen: Das arznei-telegramm berichtet, daß eine am 13.03.1994 in Frankfurt zusammengerufene unabhängige Runde von 18 Experten aus ganz Europa nach Durchsicht der vorgelegten Fallbeschreibungen einstimmig zu der Ansicht gelangte, daß aus diesen Fallbeschreibungen kein Zusammenhang zwischen beobachteten Seh- und Hörstörungen einerseits und der Gabe von Omeprazol andererseits festgestellt werden kann. Das arznei-telegramm berichtet weiterhin, daß die Expertenrunde bestätigt habe, daß für Omeprazol und andere Benzimidazol-Derivate auch keine präklinischen Hinweise auf vaskuläre Effekte bestehen. Hierzu stellen wir fest: Die Expertenrunde hat ausschließlich für Omeprazol bestätigt, daß es keine präklinischen Hinweise auf vaskuläre Effekte gibt, weil bei Hunden und anderen Species nach Omeprazol im Gegensatz zu anderen Benzimidazolen niemals Vaskulitiden beobachtet worden sind. Die Expertenrunde hat erklärt, daß sich Omeprazol chemisch und biologisch von anderen substituierten Benzimidazolen wesentlich unterscheidet und daß es nicht berechtigt ist, hinsichtlich der vaskulären Veränderungen von einem „Klasseneffekt” zu sprechen. Gerade weil die Expertenrunde eine Generalisierung und Extrapolation ablehnt, hat sie ausschließlich für Omeprazol das Vorliegen präklinischer Hinweise auf vaskuläre Effekte verneint. Prof. Dr. M. CLASSEN II. Medizinische Klinik TU München D-81675 München Prof. Dr. Dr. W. CREUTZFELDT Zentrum für Innere Medizin Georg-August-Universität D-37075 Göttingen Nach dem Pressegesetz sind wir zum Abdruck einer Gegendarstellung verpflichtet – ohne Rücksicht auf deren Wahrheitsgehalt. Omeprazol unterscheidet sich chemisch und biologisch nicht wesentlich von anderen substituierten Benzimidazolen. Im Gegenteil: Die Verwandtschaft der Wirkungen und chemischen Struktur ist so groß, daß der OmeprazolHersteller Astra in Schweden den Lansoprazol-Hersteller Takeda wegen Verletzung des Astra-Patentes angeht: Das Molekül sei „nur marginal verändert” und Lansoprazol in der klinischen Anwendung praktisch das gleiche wie Omeprazol.1 Weshalb es nicht gerechtfertigt sein soll, von einem „Klasseneffekt” hinsichtlich vaskulärer Veränderungen zu sprechen, hat die Expertenrunde nicht dargelegt. Dies ist auch nicht möglich, da die umfassende tierexperimentelle Datenlage zu immunallergischen Vaskulitiden bei substituierten Imidazol-Verbindungen2,3,4 bestätigt, daß sowohl bei Lansoprazol als auch bei substituierten BenzimidazolDerivaten von Astra im Tierversuch nekrotisierende Vaskulitiden beschrieben wurden.2 Das behauptete Fehlen präklinischer Daten zur Augensymptomatik bei Omeprazol bleibt zudem in Anbetracht der Tatsache, daß für diese Substanz Vaskulitiden sogar beim Menschen beobachtet wurden,5 ohne Aussagekraft. Weltweit sind bislang weit über 100 Komplikationsfälle mit Sehstörungen in Verbindung mit Omeprazol erfaßt, darunter Verringerung der Sehschärfe und Blindheit, –Red. 1 2 3 WarenSCHLAEPPI, B. et al.: Arch. Toxicol. 65 (1991), 73 Bundesgesundheitsamt: Bescheid GV7 7251-02-148594 vom 25. zeichen in Österreich Febr. 1994 und Schweiz (Beispiele) GEGENDARSTELLUNG Prof. A. L. BLUM Centre Hospitalier Universitaire Vaudois CH-1011 Lausanne 6/94 Scrip 1843 (1993), 10 STEJSKAL, N. et al.: Arch. Toxicol. Suppl. 5 (1982), 283 a-t 12 (1993), 129 OSTEOPOROSE DURCH SCHILDDRÜSENHORMONE? #2 Jodid: JODONORM (A) In Ländern wie Deutschland und den USA gehören LansopraSchilddrüsenhormone zu den meistverordneten Medika- zol: 1,2 AGOPTON menten. In Deutschland werden sie mit über 800 (CH) Millionen Tagesdosen – ausreichend für 2,3 Millionen Daueranwender – bald doppelt so häufig verordnet wie Levothyroxin: zehn Jahre zuvor (s. auch a-t 7 [1989], 63). Häufigste EUTHYROX Indikation dürfte hierzulande die Jodmangelstruma sein, (A) ELTROXIN die 30% der Bevölkerung betrifft.2 (CH) Langfristige Einnahme von Schilddrüsenhormonen Levothyroxin steht seit Jahren im Verdacht, Knochenverlust und die plus LiothyEntwicklung einer Osteoporose zu begünstigen (a-t 7 ronin: NOVOTHY[1986], 64).3 Die Ergebnisse einer amerikanischen Studie RAL an 991 Frauen zwischen 50 und 98 Jahren scheinen jetzt (A, CH) das Risiko für Frauen nach der Menopause zu bestätigen. Omeprazol: 196 Teilnehmerinnen nahmen durchschnittlich 20 Jahre LOSEC (A) lang Levothyroxin (EUTHYROX u.a.) oder Levothyroxin- ANTRA (CH) Liothyronin-Kombinationen (NOVOTHYRAL u.a.) ein. Bei einer täglichen Thyroxin-äquivalenten Dosis von Östrogene 1,6 ug pro kg Körpergewicht (KG) oder höher haben sie konjugierte: eine niedrigere Knochendichte als 795 Nichtanwenderin- PREMARIN nen. Geringere Tagesdosen bleiben ohne Einfluß auf die (A, CH) Knochendichte. Frauen, die neben Schilddrüsenhormonen zusätzlich Östrogene (PRESOMEN u.a.) verwenden, haben ähnlich dichte Knochen wie Frauen, die nur Östrogene einnehmen.1 Allerdings werden in der Studie lediglich Veränderungen von Meßwerten der Knochendichte erfaßt und keine klinischen Endpunkte wie Frakturraten. Nach Ansicht von Endokrinologen werden Schilddrüsenhormone zu häufig, zu hochdosiert und zu lange verordnet.4,5 Für die Jodmangelstruma wird heute die Prophylaxe und Behandlung mit Jodid (THYROJOD 200 u.a.) empfohlen. Besteht jedoch Verdacht auf autonome Areale der Schilddrüse, soll primär mit Schilddrüsenhormonen und nicht mit Jodid behandelt werden (vgl. a-t 8 [1987], 67).6 Für die meisten Hypothyreoten genügt eine Substitutionsdosis, die in der Regel den basalen TSH (Thyreotropin)-Spiegel nicht unterdrückt. Sie liegt im Bereich von 1,6 ug/kg KG, was etwa 100 ug/Tag für eine 60 kg schwere Person entspricht. Da der Thyroxinabbau mit dem Alter nachläßt, benötigen über 65jährige eine um 10% bis 15% geringere Dosis.5 Für Frauen nach der Menopause, die z.B. wegen eines metastasierenden Schilddrüsenkarzinoms höhere, TSH-supprimierende Levothyroxindosen benötigen, kommt die zusätzliche Östrogen-Substitution in Betracht.4 FAZIT: Verordnungen von Schilddrüsenhormonen (EUTHYROX u.a.) für etwa 2,3 Millionen Personen lassen Verdacht einer Übertherapie aufkommen. Bei Frauen, die längerfristig Schilddrüsenhormone einnehmen, nimmt die Knochendichte ab. Besonders die ohnehin Osteoporose-gefährdeten älteren Frauen können betroffen sein. Auch wenn eine erhöhte Frakturrate durch klinische Studien nicht belegt ist, sollte iatrogener Knochenverlust vermieden werden. Die Hormondosierungen sind so niedrig wie möglich zu halten, denn bei Zufuhr unter 1,6 ug/kg Körpergewicht soll das Risiko nicht existieren. Bei Jodmangelstruma wird – abgesehen bei Verdacht auf autonome Areale der Schilddrüse – die Prophylaxe mit Jodid (THYROJOD u.a.) empfohlen. Östrogene (PRESOMEN u.a.) schützen offensichtlich auch