Vitaminprodukte sind keine Me - K-Tipp

Werbung
STICHPROBE
Vitaminprodukte sind keine Me
Manche Hersteller übertreiben in ihren Inseraten: Zwei von acht Werbesprüchen sind rechtlich nicht zu
Produkt
Alpinamed Preiselbeer-Produkte Femisoy-Tabletten
Halibut-Classic-Kapseln
Preiselvit-Plus- Ta
Wirkstoffe
Preiselbeeren
Fischleberöl
Anpreisung Inserat
«Kann Beitrag zur Gesunderhaltung «Lebensqualität in
der Blase leisten»
den Wechseljahren»
«Drogistenstern» 11/2012
«Drogistenstern» 11/2012
«Eine Kapsel täglich deckt den
Bedarf an Vitamin A und D»
«Sprechstunde Dr. Stutz» 4/2012
Preiselbeer-Konze
wurzel, Vitamin C
«Ideale Ergänzun
die Blasengesun
«Drogistenstern»
Ja
Ja, es braucht aber hohe Dosen
Ja
Ja
Ja, in hohen Dosen
Ja. Je nachdem kann der tägliche
Bedarf jedoch höher sein
Ja, Fischöl-Präparate sind gesund
–
–
Merz Pharma: «Eine Kapsel täglich
entspricht gesetzlichen Vorschriften»
–
Quelle
Isoflavone aus Soja und Rotklee
nt
g
dh
11
Wirkt das Präparat?
Urteil Bernhard Lauterburg,
Pharmakologe
Urteil Jürg Gertsch,
Pharmakologe
Stellungnahme Hersteller/Vertreiber
Ob Vitaminpillen, Eisenpastillen oder Omega-3Kapseln. In Prospekten und Inseraten versprechen
Hersteller oft viel zu viel punkto Wirkung.
Das zeigt eine Stichprobe des Gesundheitstipp.
D
r. Dünners Eisenpastillen
sollen «für gute Schulnoten
bei Kindern» sorgen. So
steht es im Inserat eines Werbeprospekts der Müller Drogerien. Es
wird gar behauptet, dass heute jedes
dritte Schulkind an Eisenmangel
leidet. Für den Berner Pharmakologen Jürg Gertsch «entbehrt diese
Werbung jeglicher wissenschaftlicher Grundlage». Sein Berner Kol-
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lege Bernhard Lauterburg stimmt
zu: «Bei einem echten Eisenmangel
reichen die Pastillen nicht.» Der
«K-Tipp»-Jurist Stephan Heiniger
hält die Werbung für rechtlich problematisch: «Sie verstösst gegen
den Täuschungsartikel im Lebensmittelgesetz.»
Dass dies kein Einzelfall ist, zeigt
eine Stichprobe des Gesundheitstipp. Er liess acht Werbebotschaften
von Nahrungsergänzungsmitteln in
Drogerie- und Apothekerzeitschriften auf die gesundheitliche Wirkung hin beurteilen – dies von den
erwähnten Pharmakologen Gertsch
und Lauterburg. Jurist Heiniger
prüfte, ob die Anpreisungen in den
Inseraten dem Gesetz entsprechen
(siehe Tabelle).
«Eisenmangel lässt sich
so nicht beheben»
Das Ergebnis der Stichprobe: Zwei
von acht Werbesprüchen beurteilt
Stephan Heiniger als problematisch: Neben Dr. Dünners Eisenpastillen auch das Vitaminkonzentrat Floradix mit Eisen. «Müde,
Ja, kann Entzündu ng
müde, müde – Schluss mit schlapp»
heisst es im Inserat der Herstellerin
Dr. Dünner. Und auf der abgebildeten Packung steht, Eisen sei notwendig für die Blutbildung. Der
Leser ersieht daraus, dass Floradix
hilft, wenn Müdigkeit durch einen
Eisenmangel verursacht wird.
Jurist Heiniger: «Die Werbung
vermittelt den Eindruck, das Produkt wirke wie ein Medikament.»
Und die Pharmakologen Lauterburg und Gertsch sind sich einig:
«Floradix kann Eisenmangel nicht
beheben.» Das Präparat enthalte
«lediglich genügend Eisen für den
täglichen Bedarf», so Bernhard
Lauterburg.
Gesundheitstipp Dezember 2012
Medikamente
t zulässig
s- Tabletten
Omega-Life-Kapseln
Viturn Vitaminmühle
Dr. Dünners Eisenpastillen
Floradix, Vitaminsaft mit Eisen
ze
C
un
un
»
ntrat, Meerrettich-
Omega-3-Fettsäuren
Eisengluconat
Vitamine, Eisen
g für
dheit»
11/2012
«Beeinflussen Blutfettregulation,
tragen zur Gesundheit bei»
Astrea-Apotheke, Heft 9/2012
Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente
«Stärkt dauerhaft mentale und
körperliche Fitness»
«Drogistenstern» 11/2012
«Verheerend: Eisenmangel bei
Schulkindern»
Werbeprospekt Müller Drogerien
8. 11. 2012
«Müde, müde, müde –
Schluss mit schlapp»
«Drogistenstern» 11/2012
Nein, kann man nicht überprüfen
Nein, bei Eisenmangel reichen
Pastillen nicht
Nein, die Werbung entbehrt jeglicher
Grundlage
–
Nein, deckt wohl täglichen Eisenbedarf, kann Mangel nicht beheben
Nein, so kann man Eisenmangel
nicht behandeln
–
du ng vorbeugen
Unsicher, es gibt keine überzeugenden Daten
Unsicher, es gibt keine guten Studien
Doetsch Grether:
«Wirkung ist wissenschaftlich belegt»
Alle anderen Werbetexte in den beurteilten Inseraten sind hingegen
erlaubt, sagt Stephan Heiniger:
«Denn sie machen nur allgemeine,
auf die Gesundheit bezogene Aussagen.»
Unterschied zu Heilmittel
muss erkennbar sein
Doch nach Ansicht der Experten
Lauterburg und Gertsch versprechen einige der Texte schlicht zu
viel gesundheitlichen Nutzen: So
zum Beispiel die «Vitaminmühle»
des Unternehmens Herba-Imodac.
«Täglich zwei Umdrehungen zu
zwei Mahlzeiten stärken dauerhaft
Ihre mentale und körperliche FitGesundheitstipp Dezember 2012
Nein, bei einer gesunden Ernährung
überflüssig
Herba-Imodac/Oppenheim & Partner:
«Gleicht Vitaminmangel aus»
ness», heisst es in einem Inserat des
«Drogistenstern». Während Lauterburg bezweifelt, dass dadurch der
tägliche Bedarf an Vitaminen und
Mineralstoffen gedeckt wird, sagt
Jürg Gertsch zur «Vitaminmühle»:
«Sie ist schlicht überflüssig, wenn
man gesund isst.» Und die Anpreisung der Omega-Life-Kapseln der
Firma Doetsch Grether ist nach
Ansicht der beiden Pharmakologen
zumindest fragwürdig: Das Fischleberöl soll gemäss Inserat im Heft
der Astrea-Apotheke «die Blutfettregulation beeinflussen». Obwohl
grosse Mengen von Omega-Fettsäuren den Cholesterinspiegel beeinflussen könnten, fehlten gute
wissenschaftliche Grundlagen, so
Lauterburg und Gertsch.
Zu ähnlichen Ergebnissen wie
jetzt die Fachleute in der Stichprobe
kam auch das Zürcher Kantonslabor im letzten Jahr. Es überprüfte
36 Inserate in verschiedenen Apotheken- und Drogeriezeitschriften.
Dabei kam heraus: Knapp zwei
Drittel der Inserate enthielten
unerlaubte Heilanpreisungen, die
so nicht publiziert werden dürfen.
Der Unterschied zwischen Lebensmitteln und Heilmitteln sollte für
die Kunden deutlich erkennbar
sein, schreibt das Kantonslabor in
seinem Jahresbericht. Für die Experten Lauterburg und Gertsch ist
klar: Wer sich gesund ernährt,
braucht keine zusätzlichen Präparate mit Vitaminen, Mineralstoffen
oder Fischöl.
Herstellerin Dr. Dünner schreibt
dem Gesundheitstipp, sie teile
die Meinung der Experten nicht,
will sich jedoch nicht weiter äussern. Doetsch Grether beruft sich
auf die schweizerischen und europäischen Gesundheitsbehörden.
Diese würden Omega-3-Fettsäuren
empfehlen. Herba-Imodac teilt mir,
Fachleute hätten bei ihrer «Vitaminmühle» definiert, dass zwei
Umdrehungen einer täglichen Dosis entsprechen.
Brigitte Jeckelmann
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