Kosmische Strahlung - Boten aus dem Weltall - staff.uni

Werbung
Kosmische Strahlung - Boten aus dem Weltall
Dr. B. Pfeiffer
Astronomische Arbeitsgemeinschaft Mainz, Astronomische Gesellschaft
Entdeckung der Antimaterie: Positron
• Entdeckung
• 1. Hochenergielabor: Antimaterie,
Elementarteilchen
• Nachweisverfahren, Zusammensetzung,
Energieverteilung
• Ausbreitung, Quellen, lokale Superblase
• Wechselwirkung mit Atmosphäre
Einfluss auf Klima?
• Weitere Boten aus dem All
Nobelvortrag Anderson 1936
Volkshochschule Mainz: Besondere astronomische Themen
VHS-Sternwarte im Turm der Anne-Frank-Schule 23.3.2004 19:30
Entdeckung der kosmischen (Höhen-)Strahlung
•Bodennahe Luft ist ionisiert
(Entladung von Elektrometern)
Ursache natürliche Radioaktivität ?
Jedoch keine Abnahme auf Eiffelturm
•V.F. Hess weist 1912 zunehmende
Ionisation bis in große Höhen (5 km) nach
•Verursacht durch ionisierende Strahlung
aus dem All:
Kosmische (Höhen-)Strahlung
•In den 20‘iger Jahren in USA „wiederentdeckt“:
„Millikan Rays“
• Intensive Forschungen mit Ballons und auf Bergen
•Fluss abhängig von geographischer Breite:
Partikelstrahlung mit elektrischer Ladung
•Anwendung der neuen Koinzidenztechnik führt
zu Entdeckung der Luftschauer 1939
V.F. Hess in Ballonkorb
Nobelpreis 1936
Man nahm ursprünglich an, es handele sich um Photonen, hervorgerufen von Kernverschmelzungen,
deshalb „kosmische Strahlung“ genannt.
Frühe Deutungsversuche
Viele Wissenschaftler waren nicht bereit, die Umwälzungen in der Physik um 1900
zu akzeptieren, seien es Folgerungen aus der Thermodynamik, der Relativitätstheorie oder
der Kosmologie.
Für viele war der „Wärmetod“ des Universums inakzeptabel, viele lehnten die Relativitätstheorie und die damit verbundene Galaxienflucht ab. Die Vorstellung eines in Raum und Zeit
unveränderlichen Universums war weit verbreitet: Vollständiges kosmologisches Prinzip.
(Viele der damals entwickelten Alternativtheorien werden selbst heute noch vorgebracht.)
Die Höhenstrahlung unbekannten Ursprungs ließ sich gut einsetzen.
•W. Nernst glaubte, radioaktiver Zerfall von „Urmaterie“ (superschwere Elemente) endet
im Äther. Zur Erhaltung eines Gleichgewichts sollten Atome wieder aus dem Äther entstehen. Die Höhenstrahlung empfand er als Bestätigung seiner Hypothesen.
•Ähnliche Vorstellungen entwickelten MacMillan und Millikan in den USA. Insbesondere
Millikan brachte die Erforschung der Höhenstrahlung voran, auch gerade wegen der alternativen Vorstellungen. Er glaubte, Höhenstrahlung wird als Photonen diskreter Energie
emittiert, wenn Nukleosyntheseprozesse im interstellaren Raum ablaufen:
„Geburtsschrei der Materie“
H. Kragh „Cosmology between the wars“, JHA 26, 93 (1995)
Anmerkung: Die Hoyle und Bondi-Gold „Steady-State“ Theorien von 1948 haben viele Begriffe mit den
älteren Modellen gemein, sind jedoch unabhängig auf anderen Grundlagen entwickelt worden.
Luftschauer
1939 entdeckt P. Auger, dass die Strahlung auf über 10000 m2 Fläche verteilt ist,
mindestens 106 Teilchen enthält und (aus Differenz zwischen Messungen auf
3500 m Höhe und Meeresniveau) dass der Energiegehalt 1015 eV beträgt.
Primärteilchen am Boden nicht mehr nachzuweisen,
sie reagieren mit den Atomen der Atmosphäre:
• Hochenergetische Protonen stoßen mit Luftmolekülen zusammen
• Impuls des Protons bleibt erhalten: Sekundärteilchen in Kegel
• Lawinenartige Bildung von Sekundärteilchen (106 bis 109)
Wasserstoff-Blasenkammer: 24 GeV Proton CERN
P. Auger et al., „Extensive Cosmic-Ray Showers“, Rev. Mod. Phys. 11, 288 (1939)
Kosmische Strahlung als 1. Hochenergielabor
Entdeckung der Antimaterie und
der Elementarteilchen (als Sekundärteilchen in Luftschauern):
•1932 Anti-Elektron: Positron
•1937 Myon („schweres Elektron“)
•1947 π-Meson (Photo-Emulsionen)
•Weitere Teilchen bis in die 50iger Jahre
•Dann lösten Beschleuniger kosm. Str.
als einzige Quelle hochenergetischer
Teilchen ab.
•Jedoch erst kürzlich:
Nachweis der Neutrino-Oszillationen an
Myon-Neutrinos aus kosm. Str.:
Neutrinos haben Masse
Carl Anderson, Nobelpreis 1936
Begriffsbestimmung
Aus dem Weltall erreichen uns unterschiedliche Strahlenund Materieflüsse, z.B. das sichtbare Licht der Sterne.
Der überwiegende Teil wird (glücklicherweise) in der
Atmosphäre absorbiert, insbesondere die hochenergetische
Strahlung.
Transmissionskurve Atmosphäre
Am heutigen Abend werde ich mich überwiegend mit dem hochenergetischen
Anteil der „Kosmischen Strahlung“ befassen, d.h. Protonen und Atomkernen
mit extrasolarem Ursprung, deren Untersuchung schon eine lange Tradition hat.
Weitere „Boten aus dem Weltall“, wie Gamma-Strahlung,
hochenergetische Neutrinos, Gravitationswellen, gewinnen
jedoch Dank neuer Detektorsysteme rasch an Bedeutung.
Abgesehen von Gravitationswellen werden die anderen
Boten mit ähnlichen Detektionsverfahren teilweise in den
gleichen Großgeräten nachgewiesen.
Gravitationswellendetektor
LIGO
Partikel-Strahlung von der Sonne
Der Sonnenwind (Protonen und Atomkerne) ist ein Hauptbestandteil der
Kosmischen Strahlung.
Kann Satelliten ausschalten, Kommunikation beeinträchtigen,
Stromnetze beschädigen, Rosten von Pipelines beschleunigen, usw.
Intensive Überwachung durch Satelliten: „Space Weather“ (Weltraumwetter)
Dieser Aspekt wurde letztes Jahr
ausführlich behandelt:
Dipl.-Chem. U. Rieth
Die Sonne - unser aktiver Stern
aus der Nähe betrachtet
6.5.2003
Für Thema heute Abend bedeutend, dass der Sonnenwind neben den Protonen
auch Magnetfelder bis an den Rand des Sonnensystems mitreißt:
Diese Felder schirmen teilweise die Galaktische Kosmische Strahlung ab.
Einfluss auf Klima?
Detektoren für kosmische Strahlung
Detektoren für kosmische Strahlung entsprechen
Hochenergie-Experimenten
•Nebel-/Blasenkammer
•Photografische Emulsionen
•Cerenkov-Licht
•Fluoreszenzlicht von N2
Ausgedehnte Detektorfelder für Luftschauer
•Wassertanks
•Teleskope („Fly´s Eye“, s.u.)
•Hybridanordnungen
z.B. Auger-Projekt:
1600 Tanks auf 65x75 km2 +
24 Schmidt-Teleskope
Auger-Projekt in Argentinien
Hess-Projekt in Namibia
Richtungsbestimmung von Luftschauern
Die Schauerfront erreicht die Messstationen
nacheinander. Richtung aus Laufzeitdifferenzen.
In dunklen Nächten Kombination mit Beobachtung
des Fluoreszenslichts (im Auger-Projekt).
Die höchstenergetischen Primärteilchen werden durch kosmische
Magnetfelder nur schwach abgelenkt und so zeigt die Richtung
auf den Ursprungsort zurück.
Höhenballons, Satelliten, Raumstation
• Primärteilchen sind nur in großen Höhen zu beobachten,
geringe Raten bedingen jedoch lange Messzeiten
• Ballongetragenes TIGER-Spektrometer in 38 Tagen 2 mal
um Antarktis (2001/2). Neue Fahrt 2003/4 18 Tage.
• TRACER-Detektor (3 Tonnen) erstmals 2003 in Antarktis.
• Satelliten-Experimente sind in Planung
Langzeitexperimente auf Raumstationen
•MIR
TREK: Glasplattenstapel
•ISS (geplant)
AMS Spektrometer zur Suche nach Anti-Atomkernen
wie Anti-Deuterium oder Anti-Kohlenstoff
(Anti-Protonen werden durch Kosm. Str. verursacht)
Frage:
Gibt es im Universum Galaxien aus Anti-Materie?
Ein Prototyp flog 1998 10 Tage auf Shuttle Discovery:
(Noch) keine Anti-Materie gefunden
Prototyp AMS-01
Energieverteilung und Häufigkeit
•Energiebereich: 30 Größenordnungen!!!
•SNe können Protonen nur bis auf Energien
des „Knies“ beschleunigen: 1015 eV
(Vorschlag E. Fermi 1949)
•Höchste Energien (Hess-Teilchen)
Jets aus AGN ?
Gamma Ray Burster (GRB) ?
Centaurus A
Jet in 12 Mrd. Lj Entf.
mit Chandra
Energien 105 mal höher als im Bau
befindlicher Beschleuniger LHC in Genf
Knie, Knöchel, Zehe (knee, ankle, toe)
•Die Strahlung im Bereich des Knies könnte ihren
Ursprung in einer SN in etwa 1000 Lj Entfernung
vor etwa 100000Jahren haben.
•Letztes Jahr konnten Radioastronomen die Entfernung
zum Pulsar PSR B0656+14 zu 950 Lj bestimmen. Damit
hat er die gleiche Entfernung wie der 100000 Jahre alte
Monogem SN-Rest und könnte die Quelle der Ionen sein,
die das Knie ausmachen.
Überschuss im Bereich des Knies
Einzelkomponenten
ROSAT-Aufnahme des Mono(ceros)Gem(ini) SN-Überrest
Doch was bedeutet extrem hohe Energien?
Was kann man sich darunter vorstellen?
Die Bewegungsenergie der primären
Protonen ist vergleichbar mit der
Energie von Aufschlägen im Profitennis oder Baseball.
Jedoch haben die Protonen gegenüber
den Bällen eine verschwindend kleine
Ruhemasse und Ausdehnung.
Oder die Sicht eines Kernphysikers:
So, wie wenn ein Bleiziegel auf die Fußzehe fällt.
Prof. Pierre Sokolsky, Univ. of Utah, Fly‘s Eye Observatory
In Utah sind weitere 2 Großprojekte in Diskussion: Auger Nord und Telescope Array.
Rätsel um höchste Energien: GZK Obergrenze
•Bald nach Entdeckung der 2.7 K kosmischen Hintergrundstrahlung erkannten GZK,
dass die Protonen mit den Mikrowellen (Quanten) zusammenstoßen müssen.
•Energieverlust durch Anregung der ∆-Resonanz für Energien über 6*10^19 eV.
•Mittlere freie Weglänge nur etwa 150 Millionen Lichtjahre.
•Da man annahm, dass Quellen der Höhenstrahlung viel weiter weg liegen,
sollte man keine höchstenergetischen Teilchen nachweisen können.
Es werden jedoch höhere Energien gemessen (wenn auch sehr selten).
•Gibt es so energiereiche Quellen in unserer kosmischen Nachbarschaft?
•Unbekannte Relikte des Urknalls?
•Neue Physik bei den Zusammenstößen? Viele Theorien!
- Quantenschaum soll Teilchen abbremsen.
- Nicht-Konstanz von c. Verletzung der Lorentz-Transformation.
[Messungen an -Strahlung aus AGN Mkn 421 + 501 schränkt viele neue Theorien ein!]
Diese Teilchen werden nicht durch galaktische Magnetfelder abgelenkt.
Ursprungsorte lassen sich u.U. ermitteln.
Lösen höchstenergetische Neutrinos aus, deren Quelle durch neuartige Teleskope wie
AMANDA, ANTARES oder HESS aufgespürt werden kann.
GKZ: K. Greisen 1966, V.A. Kuzmin, G.T. Zatsepin 1968
Etwas Physik
Stoss zweier Kugeln
Der Stoss eines relativistischen Protons mit
Mikrowellen lässt sich nicht messen.
Mechanik sagt aber, dass Stoss eines hochenergetischen Gammaquants (bzw. eines Elektrons)
mit einem ruhenden Proton äquivalent sein sollte.
Am Mainzer Elektronenbeschleuniger
MAMI lassen sich diese Versuche durchführen.
Laborsystem
Schwerpunktsystem
Beim inelastischen Stoss wird Bewegungsenergie in innere Anregungsenergie des
Protons überführt und etwa 10-23 sec danach zerfällt dieser Zustand (Resonanz).
Radiokarbon als Monitor für Intensität der Höhenstrahlung
Mit radioaktiven Isotopen wie C-14 (5730 a) in Baumringen oder Be-10 (1.6 Mill. a) in Eisbohrkernen lässt
sich Intensität der kosmischen Strahlung über lange
Zeiträume bestimmen.
Diese Schwankungen sind mit der Sonnenaktivität
korreliert. Mögliche Einflüsse auf das Klima
werde ich später behandeln.
Anomale Komponente der Kosmischen Strahlung
Einfluss der Magnetfelder im Sonnenwind
Voyager 1 nähert sich in einer Entfernung
von 90 AE der Grenze des Sonnensystems,
der Heliopause.
In den letzten Monaten hat er den sog.
„Terminations-Schock“, eine Art Überschallknall, durchflogen.
•Widersprüchliche Messwerte lassen vermuten, dass, bedingt
durch die hohe Sonnenaktivität der letzten Jahre, sich die
Magnetosphäre ausgedehnt und Voyager 1 wieder überholt hat.
•Einfluss auf Intensität der Kosm. Str. (Klimaeinfluss später.)
•In diesem Gebiet werden Neutralgase des ISM von der Schockfront beschleunigt: Anomale Komponente der Kosm. Str.
Vor der Magnetosphäre der Sonne sollte sich das ISM stauen.
Die Voyager-Sonden sollten um 2020 dorthin gelangen.
„Bugwelle“ von
LL Orionis
Sonnenaktivität beeinflusst Kosmischen Staub
•Wolken aus Gas und Staub durchqueren das Sonnensystem
(Staubteilchen in ca. 20 Jahren). Der Ursprung liegt in den
SN-Explosionen in den Sco-Cen OB-Assoziationen.
•Staubdetektoren wie DUST auf der Sonde ULYSSES
bestimmen die Häufigkeit (ca. 2 pro Woche).
•Sonnenaktivität beeinflusst auch die Staubteilchen.
Im Maximum weniger Staub. Erwarteter Anstieg in der
nächsten Dekade (zu spät für STARDUST).
•Diese kosmischen Staubteilchen setzen beim Aufprall auf
Kleinplaneten weitere Teilchen frei (Ursache des Zodiakallichts). Einfluss auf Klima ?
•„Space weathering“ - Verwitterung im All?
•Die Annahme, dass Kometen ursprüngliche, unveränderte
Materie vom Beginn des Sonnensystems darstellen, lässt
Bestrahlung mit Kosm. Str. über Milliarden Jahre außer
acht.
Ursprung der ultra-hochenergetischen Teilchen
Die ultra-energetischen Teilchen werden von Magnetfeldern zwischen
und in Galaxien kaum abgelenkt, verraten damit ihre Ursprungsorte.
Mögliche Quellen:
• Magnetars (in Galaktischer Ebene)
• Massive „ruhige“ Schwarze Löcher
Drei Ereignisse aus dem Bereich der Deichsel des
Grossen Wagens mit dem UMa-Galaxienhaufen
z.B. NGC3610, 3613, 4589, 5322
im Grossen Bären
und
Aktive Galaxien (z.B. M87, Cent A)
bevorzugt in Supergalaktischer Ebene
• Gamma-ray bursts
isotrope Verteilung
Exotische Quellen ?
• neue Elementarteilchen
• Big Bang Relikte
Supergalaktische
Galaktische
Ebene
Elliptische Galaxis NGC5322 mit supermassivem
„schlafendem“ Schwarzen Loch mit mehr als
100 Millionen Sonnenmassen
Einige Physiker vermuten, dass diese Teilchen auch „Mini-Black-Holes“ in Atmosphäre erzeugen.
„Centauro“-Ereignisse in Detektoren im Hochgebirge (Bolivien und Tadschikistan). Auch im LHC-CERN?
Gamma-Ray Bursts in der Milchstrasse?
Der AGASA-Detektor in Japan und das
SUGAR-Observatorium in Australien (mit
Blick auf das Galaktische Zentrum) fanden
einen Überschuss an hochenergetischen
Teilchen von E 1018 eV aus der Umgebung
des Zentrums der Milchstrasse (GC).
Die Autoren vermuten, dass das die Relikte der
letzten Gamma-Ray Bursts in unserer Milchstrasse sind, die sich vor etwa 100000 Jahren
ereigneten.
P.L. Biermann et al., ApJ 604 (2004) L29
Untersuchung extraterrestrischer Materie
Alte und neue Observable
Was und wie können wir beobachten?
•Meteorite: Element- und Isotopenzusammensetzung
•Sterne, Nebel: Optische Spektroskopie
•Atome in der kosmischen Strahlung: Elemente
•Sternenstaub: Elemente, Isotope, Moleküle
Der Staubdetektor CIDA auf Stardust
hat Massenspektren von interstellaren
Staubteilchen aufgenommen.
Erste Auswertungen deuten auf komplexe
organische Moleküle hin.
Ultra-metallarmer Halo-Stern
Sternenstaub: SiC
Am 2. Januar hat die Sonde „Stardust“ Staubteilchen von Komet 81P/Wild-2 eingesammelt.
Proben sollen im Januar 2006 zur Erde zurückkehren.
Chemische Evolution der Milchstrasse
Entwicklung der Element- und Isotopenhäufigkeiten
•Metallarme Halosterne:
vor ca. 14 Mrd. Jahren
•Ursprüngliche Meteoriten:
vor 4.6 Mrd. Jahren
•Junge Sternentstehungsgebiete:
einige 10 Millionen Jahre
Kosmische Strahlung trägt dabei selbst zur
Nukleosynthese bei:
Li-Be-B sind überwiegend
Spallationsprodukte
von Stößen der
hochenergetischen Protonen mit
z.B. Kohlenstoffatomen
Spallation in Photoemulsion
Solare Häufigkeitsverteilung
Aus dem Gehalt an radioaktiven Spallationsprodukten in Meteoriten lässt sich die Zeit zwischen
Abtrennung vom Mutterkörper und Fall auf die Erde bestimmen.
Beschleunigungsmechanismen
Enrico Fermi 1949:
• Beschleunigung durch Magnetfelder in Schockfront von Supernova-Explosionen
• Erklärt Protonen bis 1015 eV (Knie), jedoch nicht Atomkerne
Alternative für Atomkerne:
Sputterung von Sternenstaub, dann Beschleunigung in Schockfronten (rechts)
Ausbreitung der Kosmischen Strahlung
•Verluste durch Reaktionen mit ISM und
Streuung aus Scheibe
• Kosmische Strahlung ist max. 50 Ma alt
• Hat „lokalen“ Ursprung in
OB Assoziationen, z.B. Sco-Cen
•Galaktische Magnetfelder können nur Atome zurückhalten
•Protonen entweichen [Hinweis auf extragalaktischen Ursprung. ]
Durch Nachweis von „kurzlebigen“ (radioaktiven) Aktiniden könnte Alter bestimmt werden.
Schwere Elemente in der Kosmischen Strahlung
Schwere Elemente sind selten. Sehr lange Messzeiten durch
Glasplattenstapel an und in MIR. Beim Ätzen bilden sich Löcher
an Stellen, an der ein Teilchen eindrang. Durchmesser gibt Hinweis
auf Energie und Kernladungszahl.
TREK auf MIR
Sehr langlebige 90Th und 92U schon nachgewiesen. „Alter“ der kosm. Str. ließe
sich aus 93Np (237Np 2 Ma), 94Pu (244Pu 80 Ma), 96Cm (247Cm 16 Ma) ermitteln.
Wo könnten sie entstehen?
„Gould´s Belt“ , Blasen und Superblasen in der Galaxis
Stöße der Kosm. Str. mit ISM und Streuung in Magnetfeldern führen zu endlicher Lebensdauer:
•Die Sonne bewegt sich durch ein Gebiet heisser, verdünnter ISM mit ca. 1kpc Durchmesser.
•Den Rand bilden junge OB Assoziationen mit hoher
Sternbildungsrate: „Gould‘s Belt“
•Die Kosm. Str. können sich in den Blasen „frei“
bewegen für einige 10 Mill. Jahren.
[Die geringere Gas- und Staubdichte erleichtert auch
den optischen Ausblick auf das Weltall!]
Rand der lokalen Superblase
Lokale Blase
Die lokale Blase - Tunnel, Kamin und Springbrunnen
IVC: IntermediateVelocity Clouds
Durch SN mit „Metallen“ angereichert
Aufsicht
Querschnitt
• Das Millionen Grad heiße, verdünnte Gas der lokalen Blase ist durch Tunnel in den einschließenden
Wolken mit benachbarten Blasen verbunden (Aufsicht rechts).
• Im Querschnitt (Mitte) erkennt man, dass das heiße Gas die Scheibe durchstoßen hat und in den Halo
hineinreicht: „kosmische Springbrunnen“.
• Zurückfallendes Gas nennt man „kosmischen Regen“. Reichert Scheibe mit schweren Elementen an.
In fremden Galaxien hat man diese „galaktischen Winde“ (300 – 3000 km/s) kürzlich bis zu 65000 Lj
vom Zentrum beobachtet. Auch Galaxien scheinen keine isolierten Welteninseln zu sein.
In dieser Entfernung befinden sich bei uns die Sagittarius- und die Canis-Major-Zwerggalaxien.
HVC (High Velocity Clouds) sind „metallarm“ und Überbleibsel der Galaxienbildung. Wasserstoff für neue Sterne.
Gefahr für Leben auf der Erde durch SNe und GRBs?
Immer wieder wird spekuliert, ob Massensterben auf der Erde durch
kosmische Einflüsse ausgelöst worden sein könnten (Sauriersterben).
Nahegelegene SNe oder gar GRB werden oft diskutiert.
!
Trilobit
Puppis A
Vela Junior
Nach einem Vorschlag soll die Strahlung zur Bildung von NO2 führen, das dann die Ozonschicht zerstört. Die ungefilterte UV-Strahlung führt dann zum Massensterben.
In einem Eisbohrkern wurde eine Nitratschicht gefunden, die zeitgleich zu einer
(optisch nicht beobachteten) nahen SN (Vela Junior) um 1300 im Sternbild VELA passt.
Ein südafrikanischer Astronom meint, eine der Stelen auf der Einfassungsmauer von „Great Simbabwe“
markiert diese SN (?).
SNe in der Nähe des Sonnensystems
Vor 2 Mill. Jahren war ein Teil der Sco-Cen OB-Assoziation nur 150 Lj
von der Sonne entfernt, als dort ca. 10 SNe explodierten.
Radioaktives Fe-60 (1.5 Mill. Jahre) konnte
in Tiefseesedimenten nachgewiesen werden.
Nach Pu-244 wird intensiv gesucht.
Pliozän/Pleistozän-Übergang:
Gab es Einfluss auf Entstehung der
frühen Hominiden? Mutationen?
Damals sank Temperatur um ca. 15°. Beginn der aktuellen Eiszeitepoche. Anpassung an Klima wahrscheinlicher!
Anmerkung: Die Kosmische Strahlung trägt (seit Beginn des Lebens) zur natürlichen Strahlenbelastung bei.
Mutationen mögen auch einen Einfluss auf die Evolution (gehabt) haben.
Einfluss auf das Klima
• Sonnenaktivität beeinflusst Magnetosphäre (des Sonnensystems)
• Fluss der kosmischen Strahlung dadurch moduliert
• Hochenergetische Strahlen ionisieren Luft in geringen Höhen
• Kondensationskeime für Wolken in ca. 3 km Höhe
Temperatur im letzten Jahrhundert
folgte Sonnenaktvität eher denn CO2
(Svensmark & Friis-Christensen 1997)
Die Sonnenaktivität war im letzten Jahrhundert deutlich
höher als im Jahrtausend davor.
Die Radiokarbonkonzentration (und damit der Fluss der
kosmischen Strahlung) folgt den Sonnendaten.
Klimaindikator Getreidepreis
•Schon um 1800 bemerkte W. Herschel einen Einfluss der Sonnenfleckenzahl auf den Getreidepreis
in England (vergl. mit A. Smith: „Reichtum der Nationen“). Man machte sich jedoch darüber lustig.
•Intensität der kosmischen Strahlung (ermittelt aus Sonnenfleckenzahlen und Be-10 in Eisbohrkernen)
wurde jetzt mit Getreidepreisen in England seit 1259 verglichen (http://xxx.lanl.gov/abs/astro-ph/0312244)
„Frost Fair“ 1739/40
Maunder- DaltonMinimum
Herschel beobachtete Sonnenflecken über 40 Jahre. Im Dalton-Minimum betrug die Periode bis zu 17 Jahre, sodass er die
Periodizität nicht erkennen konnte.
Seine Erklärung (Modulation der Strahlungsintensität durch variierende Abstrahlungsfläche) findet sich schon 1726 in
Jonathan Swifts „Gullivers Reisen“.
Langfristiger Klimaeinfluss?
Auslöser für Eiszeiten?
•Passage der Sonne durch Spiralarme mit vielen SNe
moduliert Galaktische Kosmische Strahlung
•Klimaindikatoren scheinen korreliert zu sein?
•Nahe Passagen der LMC führten zu intensiver
Sternentstehung vor 0,3 und 2,2 Ga
•Ursache für Eiszeiten?
ftp://rock.geosociety.org/pub/GSAToday/gt0307.pdf
Doch sehr spekulativ! Keine Entschuldigung für Energieverschwendung!
Einfluss des Menschen?
Es gibt viele Einflüsse auf das Klima, die auf
komplexe Weise einwirken. Die Erwärmung
ist bis 1900 eher natürlichen Ursprungs.
Doch seither gibt es Anzeichen für menschliches
Zutun (anthropogener Beitrag).
Wir sollten lieber vorsichtig sein!
M.A. Clilverd et al., Astronomy and Geophysics 44 (October 2003) 5.20
Anthropogener Einfluss seit Neolithischer Revolution?
• Prof. W. Ruddiman meint, dass wir
nicht erst seit der Industriellen Revolution,
sondern schon seit der Einführung der
Landwirtschaft das Weltklima verändern.
• Nach den vorherigen Eiszeiten fielen die
Gehalte an CO2 und Methan mit der Intensität der Sonneneinstrahlung bedingt durch
Änderungen der Erdbahn (Milankovic-Zyklen).
• Abholzen von Wäldern und Reisfelder
sowie Viehhaltung führten zum Ansteigen
der Treibhausgase und der Temperaturen.
Darüber kann man durchaus diskutieren!
Doch Prof. Ruddiman geht noch einen Schritt weiter: Dieser Anstieg der Temperaturen
verhinderte das Einsetzen einer neuen Eiszeit! Nur dadurch wurde die aktuelle Warm(Zwischeneis-)zeit verlängert und stabilisiert und nur dadurch gewann Homo Sapiens Sapiens
Zeit für die kulturelle Evolution, eine Chance, die die früheren Menschen nicht hatten.
Das erinnert an einige Gegner des Kyoto-Protokolls, die seit Jahren ihren aus wirtschaftlichen Eigeninteressen gespeisten Widerstand damit kaschieren, dass sie der
Menschheit eine neue Eiszeit ersparen wollen.
Kobolde, Elfen, Riesenblitze
•Höhenstrahlung trägt zur Ionisation der gesamten Atmosphäre
bei.
•Schon seit langem berichteten Piloten von mysteriösen Lichterscheinungen, die von der Wissenschaft angezweifelt wurden.
•In letzter Zeit gelangen Videoaufzeichnungen dieser
Phänomene.
Folgen Blitze den
Ionisationsspuren
der Luftschauer?
Ob durch chemische Reaktionen gebildete Substanzen (z.B.
Stickoxide) einen Einfluss auf Wetter/Klima haben, ist eine
offene Frage.
So wird z.B. Großteil des Ozons über mittlerem Atlantik
durch Blitze gebildet.
Ein neuer Satellit zur Beobachtung von Sonnenstürmen konnte jetzt
Sichtungen von Polarlichtern bis in 800 km Höhe von Shuttleastronauten bestätigen (auch ihnen glaubte man nicht).
Anwendung: Nachweis von Wasser(stoff) auf Mond und Mars
•Kosmische Strahlung setzt im Boden schnelle Neutronen
und -Strahlung frei (bis hinab zu einigen Metern)
•Bei Streuung an Wasserstoff verlieren Neutronen Energie
•Neutronenspektrometer an Bord von Lunar Prospector und
Mars Odyssey konnten (epithermische) Neutronen messen.
•Vermutung: Wasserstoff liegt als Wassereis nahe der
Oberfläche vor
Ehemalige
Polargebiete?
Memnonia
Hydrogen
Region
200º E 15º S
Arabia
Arabia
Hydrogen
Region
30º E 10º N
Fluss epithermischer Neutronen überlagert Höhenlinien des Mars Orbiter Laser Altimeter
Nur schwache Radarreflexe von den Mondpolen dagegen sprechen eher gegen dicke Eisschichten.
Anmerkung: Neutronenspektrometer entwickelt in Los Alamos zur Überwachung von „Schurkenstaaten“
Neutroneneinfang in Wasserstoff
Wenn ein Proton ein Neutron einfängt, wird die Bindungsenergie des Deuterons in Form
eines -Quants von 2,223 MeV freigesetzt, das von dem -Detektor registriert wird.
„Polarregionen“ blau,
„Äquator“
rot.
(Die Grenze liegt bei
60° südlicher Breite.)
Die für diese Mission
entwickelte Kapselung
der Detektorkristalle
wird im EUROBALL,
einem großen DetektorSystem eingesetzt.
Mars Odyssey mit Neutron- und -Detektor am Ende des Auslegers
?
Klimawandel auf dem Mars? Ende einer Eiszeit?
„Junge“ Hangrinnen
Endmoränen nahe dem Äquator?
•Wassereis und Dampf sind schon lange nachgewiesen.
•Doch kann es auch flüssiges Wasser geben (und damit vielleicht
sogar Leben auf dem Mars)?
Notwendig: Temperaturen über 273 K und Druck größer 6,1 mbar
•Im Marssommer kann Temperatur über Gefrierpunkt steigen
Druck liegt zwischen 2,5 und 12,5 mbar,
besonders in den tiefsten Tälern. (Doch scheint da die Sonne hin?)
G.W. Bushs Visionen und die Höhenstrahlung
Präsident Bush will (wie schon einmal sein Vater) Menschen zu
Mond und Mars schicken.
Obwohl die Mondflüge nur einige Tage dauerten, tritt bei
den Astronauten jetzt vermehrt Grauer Star auf. Bei den Flügen
führte die Höhenstrahlung zu Szintillationen in den Augen.
Bei monatelangen Flügen zum Mars kann die solare Komponente der Höhenstrahlung einigermaßen abgeschirmt werden.
Die extrem hochenergetische galaktische Komponente dagegen
erfordert massive schwere Abschirmungen, die in naher Zukunft
nicht zur Verfügung stehen werden.
Die ionisierenden Teilchen (insbesondere Atomkerne) führen
zu Schäden in der Erbsubstanz, die sich in einer erhöhten
Krebsrate manifestieren. Zur Zeit kann man das Risiko nur
schwer abschätzen, da die Erfahrungen aus Krebstherapie und
Hiroshima/Nagasaki keine Aussagen über die Wirkung der
galaktischen Strahlung gestatten. Messungen mit Schwerionenstrahlen sind erforderlich.
Marskolonien schon bald?
Vor kurzem schlug der Astronomer Royal Sir Martin Rees vor, Freiwillige auf die Marsreise zu
schicken, die von vornherein auf eine Rückfahrkarte verzichten!
Weitere „Boten aus dem All“
Isotopenspezifische Gamma-Linien: Andauernde Nukleosynthese
Radioaktives 26Al ist konzentriert in Sternentstehungsgebieten. Darunter auch die
Sco-Cen OB-Assoziationen, die Quellen für kosmische Strahlung und Staub sind.
Comptel Himmelsdurchmusterung mit 1809 keV Gamma-Linie aus Zerfall Al-26
MAGIC - Major Atmospheric Gamma Imaging Cherenkov Telescope
Die Luftschauer behalten die Richtung der
Primärteilchen bei. Das von den Sekundärteilchen ausgehende Cerenkov-Licht wird
in einen Kegel abgestrahlt, dessen Achse mit
der Bewegungsrichtung der Teilchen
übereinstimmt.
Somit kann der Ursprung der Strahlung am
Himmel bestimmt werden und (manchmal)
bekannten Objekten zugewiesen werden.
Das größte Einzelteleskop mit 17 m Durchmesser steht seit
2003 auf La Palma. Es soll die Lücke zwischen Grund- und
Satellitendetektoren im Bereich 20 - 300 GeV schließen.
Man hofft 8 Mrd. Lj ins All blicken zu können.
Ein zweites Gerät würde stereoskopisches Erfassen der Bahnen ermöglichen.
Beginn der Neutrino-Astronomie
•Neue Teleskope für hochenergetische Neutrinos kosmischen
Ursprungs: AMANDA, ANTARES (Mittelmeer), Baikalsee
•Verursacht durch Wechselwirkung der energiereichsten
Kosm. Str. mit Materie und der Mikrowellenstrahlung
•Neutrinos werden nicht durch Magnetfelder abgelenkt:
Lokalisierung der Quellen
Beispiel AMANDA II am Südpol:
•1,5 km tief im Eis
•Benutzt ganze Erde als Abschirmung
ANTARES (Schema)
Allererste Ergebnisse zeigen (noch)
keine statistisch signifikanten Punktquellen
IceCube: Endausbau 1 km3 Eisvolumen
Mit Mainzer Beteiligung, siehe z.Bsp.
Th. Berg, Mitteilungen 42:6 (2003) 137
Mögliche Quellen von Neutrinos (rot)
697 „gute“ Ereignisse in 197 Tagen
LOFAR – Low-Frequency Array
25000 Radioantennen, mit einem ultraschnellen Netz
(Internet-2) zu einem digitalen „phased array“Radioteleskop von 350 km Durchmesser verbunden
• Hauptziel:
Beobachtung der Bildung der ersten Sterne / Galaxien durch
extrem rotverschobene 21 cm Wasserstofflinie.
• Höchstenergetische kosm. Str. kann bei Durchgang durch
Atmosphäre auch Radiowellen emittieren.
Standort: Holland und
Norddeutschland
Mögliche geometrische Anordnungen
Dieses Gerät kann fast alles aufnehmen. Die Datenraten sind allerdings unvorstellbar. Wie speichern?
Die höchstenergetischen Strahlen sind extrem selten
und erfordern zur Abbremsung viel Materie.
Detektoren müssen sehr voluminös werden.
„Horizontal“ einfallendes Teilchen hinterlässt
lange Leuchtspur auf Nachtseite der Erde
Vorschlag, im Idealfall gesamte Nachtseite der
Erdatmosphäre als Detektormaterial zu verwenden
und mit Satelliten zu beobachten.
Dabei können insbesondere hochenergetische
Neutrinos nachgewiesen werden, deren Bahn auf
den Ursprungsort zurückweist.
Nicht verwechseln mit Overwhelmingly Large Telescope, ein Projekt für ein 100 m Teleskop.
Nächster Vortrag
Satellitenbeobachtung für Jedermann
Dipl.-Phys. Burkhard Wiche
Dienstag 30. März 2004 19:30
Volkshochschule Mainz: Besondere astronomische Themen
VHS-Sternwarte im Turm der Anne-Frank-Schule
Herunterladen