PharmaForum Tumor- und Supportivtherapie gehören zusammen In den letzten Jahrzehnten hat sich die Überlebensprognose von Patientinnen mit Mammakarzinom ganz eindeutig verbessert, wie Prof. Dr. med. Dirk Elling, Chefarzt der Gynäkologie am Sana Klinikum Lichtenberg in Berlin, ausführte. Dazu haben in den 70er Jahren die Einführung der CMF-Polychemotherapie und der Hormontherapie mit Tamoxifen beigetragen, in den 80er Jahren anthrazyklinhaltige Chemotherapien, in den 90er Jahren Taxane, dosisdichte Schemata und Aromatasehemmer und seit 2000 verschiedene zielgerichtete Medikamente. Biologische Charakteristika fließen heute in die Therapieentscheidung ebenso ein wie Tumorgröße und Lymphknotenbefall. Die meisten Mammakarzinome sind hormonabhängig und kommen daher in der adjuvanten und metastasierten Situation für eine Hormontherapie mit Tamoxifen oder Aromatasehemmern in Betracht. Ist dies nicht der Fall bzw. zeigt die Hormontherapie kein ausreichendes Ansprechen, besteht die Möglichkeit, eine Chemotherapie zu verabreichen. Ergänzend ist bei Tumoren, die Her-2/neu überexprimieren, der Einsatz des Antikörpers Trastuzumab indiziert. rung und Zeitdauer der neoadjuvanten oder adjuvanten Therapie, der Dauer des therapiefreien Intervalls, der Dynamik der Krankheitsprogression, krankheitsbezogenen Symptomen, dem Allgemeinzustand und dem Wunsch der Patientin sowie nach prätherapeutisch bestehenden Organschäden. Eine Anthrazyklin-haltige Chemotherapie wird in der AGO-Leitlinie empfohlen, wenn noch keine Vorbehandlung mit Anthrazyklinen erfolgt ist. Liegt eine Anthrazyklin- und Taxan-Vortherapie mehr als 12 Monate zurück, kann ein Reinduktionsversuch unternommen werden. Bei symptomatischen Patientinnen oder Patientinnen mit rascher Progression sollte in der Erstlinientherapie eine Anthrazyklin-Taxan-Kombination bevorzugt werden. Sowohl in der Mono- als auch in der Polychemotherapie – auch bei Taxan- oder Anthrazyklin-vorbehandelten Patientinnen – spielen die Anthrazykline somit eine wichtige Rolle. Die Therapie sollte bis zum besten Ansprechen oder bis zur Progression fortgeführt werden, muss aber beendet werden, wenn nicht beherrschbare Toxizitäten auftreten. Liposomen verbessern Verträglichkeit Um die Toxizität von Chemotherapeutika zu vermindern, wurden spezielle «Drugdelivery»-Systeme entwickelt. Als besonders erfolgreich hat sich der Einsatz von «Nanocarriern» (z.B. Liposomen) erwiesen. Sie ermöglichen einen gezielten Transport des Wirkstoffs zum Wirkort und eine AnreicheAnthrazykline spielen zentrale rung im Tumor, wobei gesunde Gewebe des Rolle Körpers geschont werden. Diesen Effekt erklärte Elling damit, dass das Endothel von Die Wahl einer Chemotherapie im metasta- Tumorgefäßen größere Lücken aufweist, sierten Stadium richtet sich nach Art, Dosie- durch die die liposomalen Partikel gut penetrieren können, während sie nur schlecht Zielgerichtetere Applikation: Zugang durch das dichtere Endothel • Verminderung der Aufnahme in normale Gewebe von normalen Gefä• Anreicherung in neoplastischen ßen in gesundes GeGeweben webe finden (Abb. 1). Dieser Mechanismus verbessert nicht nur die Verträglichkeit, sondern steigert Verringerung des Kardiotoxizitätsrisikos auch die Effektivität. Für das liposomale Verbessertes Nebenwirkungsprofil Doxorubicin (Myocet®) konnte gezeigt ® werden, dass es sich Abb. 1 Signifikant niedrigere Rate kardiotoxischer Ereignisse mit Myocet als mit konventionellem Doxorubicin, (modifiziert nach [1]). 48 Stunden nach In- © 2013 S. Karger GmbH, Freiburg Fax + 49 761 4 52 07 14 [email protected] www.karger.com jektion im Tumorgewebe stärker anreichert als freies Doxorubin [2]. Kardiotoxische Effekte fallen deutlich geringer aus, wie vergleichende histologische Untersuchungen des Herzmuskels nach 8 Zyklen zeigten [3]. Dies spiegelt sich auch in der kumulativen Dosis wider, die aus Gründen der Kardiotoxizität nicht überschritten werden sollte: Sie beträgt für Doxorubicin 480 mg/m2, für das liposomale Doxorubicin >1260 mg/m2. Auch bei der Hauttoxizität bietet die liposomale Form Vorteile. Myocet® ist zugelassen für die Therapie des metastasierten Mammakarzinoms. 3 Studien mit insgesamt 681 Patientinnen haben in dieser Indikation für das liposomale Doxorubicin vergleichbare Responseraten wie für freies Doxorubicin gezeigt. In der ersten Studie sprachen jeweils 43% der Patientinnen auf das liposomale Doxorubicin plus Cyclophosphamid bzw. Doxorubicin plus Cyclophosphamid an. Der direkte Vergleich beider Monotherapien in der zweiten Studie ergab identische Ansprechraten von 23%. In der dritten Studie wurde das liposomale Doxorubicin mit Epirubicin – beide in Kombination mit Cyclophosphamid – verglichen. Die Ansprechraten betrugen 46% versus 39%. In der Studie GEPAR Sixto wird derzeit u.a. der Einsatz von liposomalem Doxorubicin in der neoadjuvanten Therapie geprüft. Neutropenie-Risiko im ersten Zyklus am höchsten Chemotherapeutika verursachen in unterschiedlichem Ausmaß knochenmarkstoxische Effekte. Besonders bedrohlich ist die febrile Neutropenie (FN). Fieber ist bei einer schweren Neutropenie immer Ausdruck einer Infektion, wie Prof. Dr. med. Hartmut Link, Kaiserslautern, erklärte. Die Mortalität von Patienten, die mit einer FN eingewiesen werden, beträgt nach einer US-amerikanischen Statistik [4] in der Praxis im Mittel immerhin 9,5%. Denn viele Patienten sind renal oder kardial vorgeschädigt. Patienten mit FN müssen sofort antibiotisch behandelt werden, um schwere Komplikationen zu verhindern. Das größte Risiko für eine FN bringt der erste Zyklus einer Chemotherapie mit sich. «Es ist deshalb völlig falsch, beim ersten Zyklus erst einmal zu beobachten, ob sich eine FN entwickelt», so Link. Sondern man muss dem Auftreten dieser potenziell tödlichen Komplikation gerade beim ersten Zyklus vorbeugen. Das ist auch deshalb wichtig, weil eine FN in vielen Fällen dazu zwingt, die Dosisintensität der weiteren Chemotherapie zu reduzieren. Und dies geht auf Kosten der Antitumor-Effektivität. Downloaded by: 88.99.70.242 - 11/2/2017 12:58:46 PM Zur Tumortherapie gehören nicht nur effektive Zytostatika, sondern auch supportive Medikamente, die toxische Effekte der Chemotherapie ausgleichen, insbesondere G-CSF zur Prävention der febrilen Neutropenie und Erythropoetin zur Korrektur der Anämie. In allen Bereichen bietet die Firma Teva ein breites Spektrum an etablierten und innovativen Substanzen an. PharmaForum Mit G-CSF gegen die febrile Neutropenie Die Chemotherapie-assoziierte Anämie kann mit Erythrozytenkonzentraten behandelt werden, wenn der Hb-Wert auf <8 g/dl abfällt. Doch Transfusionen bringen verschiedene Risiken mit sich, zu denen nicht nur Infektionen und Sensibilisierung, sondern auch eine erhöhte Mortalität und Morbidität sowie ein gesteiger- 70 65,8 XM01-22 72,6 71,2 XM01-23 64,4 60 50 40 30 10 0 n = 76 n = 73 n = 74 Eporatio® Epoetin Placebo beta 26,4 25,3 20,3 20 n = 95 n = 91 Eporatio® Placebo n = 90 * Anstieg des Hb-Wertes gegenüber dem Ausgangswert um ≥2 g/dl, ohne eine Bluttransfusion innerhalb der letzten 4 Wochen Abb. 2 Responseraten in klinischen Studien mit Epoetin theta, (modifiziert nach [7, 8]). tes Rezidivrisiko gehören. Es gibt deshalb gute Argumente dafür, Transfusionen soweit wie möglich zu vermeiden. Durch Gabe von Erythropoese-stimulierenden Substanzen (ESA) kann der Transfusionsbedarf effektiv vermindert werden. Sie sind bei einer Chemotherapieinduzierten symptomatischen Anämie mit HbWerten zwischen 8 und 11 g/dl indiziert. Therapieziel ist, einen Hb-Wert von 12 g/dl zu erreichen und zu halten (EORTC-Leitlinie Update 2012, in Vorbereitung). Da viele Patienten einen funktionellen Eisenmangel aufweisen, wird die zusätzliche Gabe von intravenösen Eisenpräparaten empfohlen. Diese können die Wirksamkeit des Erythropoetins steigern. Epoetin theta: Steigerung in 3 Schritten Zugelassen für onkologische Indikationen ist das Epoetin theta (Eporatio®). Die 12-wöchige Placebo- und Epoetin-beta-kontrollierte Studie XM01-21 schloss 223 Patienten mit soliden Tumoren und platinhaltiger Chemotherapie ein, an der ebenfalls 12-wöchigen placebokontrollierten Studie XM01-22 nahmen 186 Patienten mit soliden Tumoren oder nicht-myeloiden hämatologischen Neoplasien teil, die eine nicht-platinhaltige Chemotherapie erhielten, und an der 16-wöchigen placebokontrollierten Studie XM01-23 nahmen 177 Patienten mit geringgradigen Non-Hodgkin-Lymphomen, chronischer lymphatischer Leukämie oder multiplem Myelom teil. Die Hb-Ansprechrate (Anstieg um mindestens 2 g/dl) betrug in der ersten Studie 65,8% unter Epoetin theta, 71,2% unter Epoetin beta und 20,3% unter Placebo. Ähnliche Ansprechraten wurden mit Epoetin theta in den beiden placebokontrollierten Studien erzielt (Abb. 2). Die Therapie mit Epoetin theta wird mit 20 000 Einheiten/Woche begonnen und bei Bedarf nach jeweils 4 Wochen auf 40 000 und dann auf 60 000 Einheiten/Woche gesteigert, während Epoetin beta initial mit 30 000 Einheiten verabreicht wird, die bei Bedarf auf 60 000 erhöht werden. Dr. med. Angelika Bischoff, Planegg Quelle Satellitensymposium «Wirksamkeit in der Onkologie – Neue Wege gehen» im Rahmen der Jahrestagung der Deutschen, Österreichischen und Schweizerischen Gesellschaften für Hämatologie und Onkologie, Stuttgart, 19. Oktober 2012; Veranstalter: Teva GmbH, Ulm Referenzen 1 2 Engagement für die Onkologie Die Onkologie ist einer der wichtigsten Wachstumsbereiche für die Firma Teva, wie Dr. med. Udo Müller, Global Medical Director Oncology, ausführte. Das Unternehmen ist weltweit der führende Anbieter von generischen Zytostatika. Der Anteil innovativer Produkte nimmt jedoch ständig zu. Dazu gehören neben dem liposomalen Doxorubicin (Myocet®) die Zytostatika Arsentrioxid (Trisenox®) und Bexaroten (Targretin®) sowie Filgrastim (Tevagrastim® bzw. Ratiograstim®) und Epoetin theta (Eporatio®). Die Pipeline lässt noch einiges mehr erwarten. Bereits zur Zulassung eingereicht wurde das langwirksame Lipegfilgrastim. Ebenfalls recht weit fortgeschritten in der Entwicklung ist das Antisense-Oligonukleotid Custirsen, das im n = 87 Eporatio® Placebo Multinationale, multizentrische, randomisierte, kontrollierte, doppelblinde, vergleichende Phase-IIIStudien bei Patienten mit soliden Tumoren und platinhaltiger Chemotherapie (XM01-21), mit soliden Tumoren oder nicht-myeloiden hämatologischen malignen Erkrankungen und nicht-platinhaltiger Chemotherapie (XM01-22) oder mit gering-gradigem NHL, CLL oder multiplem Myelom (XM0123). Die Analyse wurde gemäß der geplanten ITT(Intention-to-Treat)Population durchgeführt. Rahmen der Kombinationstherapie bei metastasiertem kastrationsresistenten Prostatakarzinom erprobt wird. Custirsen hemmt Clusterin, eine Substanz, die an der Degradation von fehlgefalteten und aggregierten Proteinen sowie an der Apoptose beteiligt ist. Custirsen soll die Resistenzentwicklung gegen Zytostatika verhindern. Im früheren Stadium der Entwicklung befindet sich eine Reihe innovativer Moleküle, darunter der Immunomodulator CT-011, 2 Tyrosinkinasehemmer (CEP-32496 und CEP-37440), ein monoklonaler humanisierter IgG1-Antikörper (CEP-37250) und ein nukleosidischer Antimetabolit mit Aktivität in Gemcitabin-resistenten Zelllinien (TV-1360). © 2013 S. Karger GmbH, Freiburg Fax + 49 761 4 52 07 14 [email protected] www.karger.com 3 4 5 6 7 8 Batist G et al.: Expert Opin Pharmacother 2002;3: 1739–1751. Roberts P et al.: Proc Am Assoc Cancer Res 2000;41: 522, abstr 3327. Kanter PM et al.: In Vivo 1993;7(1):17–26. Kuderer NM et al.: Cancer 2006;106:2258–2266. Aapro MS et al.: Eur J Cancer 2011;47:8–32. Cooper et al.: BMC Cancer 2011;11:404. Tjulandin SA et al.: Arch Drug Info 2010;3:45–53. Tjulandin SA et al.: Arch Drug Info 2011;4(3): 33–41. Impressum Tumor- und Supportivtherapie gehören zusammen PharmaForum in OnkOlOgie 36 l 1-2 l 13 © 2013 by S. Karger Verlag für Medizin und Naturwissenschaften GmbH Wilhelmstraße 20A 79098 Freiburg, Deutschland Mit freundlicher Unterstützung durch Teva GmbH. Verlag, Herausgeber, Redaktion und Verlagsgeschäftsführung übernehmen keine Verantwortung für den Inhalt dieser Rubrik. Downloaded by: 88.99.70.242 - 11/2/2017 12:58:46 PM Transfusionsbedarf mit ESA senken XM01-21 80 Patienten, % Toxische Chemotherapien lassen sich am besten ohne Kompromisse durchführen, wenn prophylaktisch knochenmarkstimulierende Wachstumsfaktoren (G-CSF) eingesetzt werden. Nach der EORTC-Leitlinie [5] sollten G-CSF grundsätzlich gegeben werden, wenn das FN-Risiko einer Chemotherapie mehr als 20% beträgt. Liegt es zwischen 10% und 20%, lenken Patienten-bezogene Risikofaktoren die Entscheidung in die eine oder andere Richtung. Die G-CSF-Prophylaxe sorgt dafür, dass der Neutrophilen-Nadir nicht zu tief absinkt und die Phase der schweren Neutropenie abgekürzt wird. Besonders effektiv und praktikabel sind, so Link, pegylierte Substanzen, da sie nur 1-mal appliziert werden müssen und eine signifikante Senkung des FN-Risikos im Vergleich zu Filgrastim und Lenograstim bewirken [6]. Die Firma Teva hat für die Entwicklung ihres Lipegfilgrastims eine neue Technologie auf der Basis von Polyethylenglykol und 2 aktivierten Zuckermolekülen angewendet. In der Zulassungsstudie XM22-03 erhielten Frauen mit Mammakarzinom, die einen ersten Chemotherapie-Zyklus mit Doxorubicin und Docetaxel bekamen, entweder 6 mg Lipegfilgrastim oder 6 mg Pegfilgrastim eingesetzt. Die Nichtunterlegenheit von Lipegfilgrastim konnte klar gezeigt werden. Im Mittel fielen die Neutrophilen-Zahlen in der kritischen Zeit nicht auf weniger als 500/µl ab. Die Phase der schweren Neutropenie dauerte in beiden Gruppen knapp 1 Tag. Hämoglobin-Responseraten* 90