meinE GESUNDHEIT Hüfte, Knie, Schulter – läuft wie geschmiert! Voller Elan ins Frühjahr? Klar doch! Denn richtiges Training, clevere Kost, PflanzenPower und moderne Therapien verpassen unseren Gelenken ein Bio-Lifting VON VERA BAJIC I feel good! Ein Tag am Meer entspannt nicht nur unsere Seele – sondern auch unseren Gelenkapparat Schulter-Übung A utsch, was war das denn bitte? Wir haben schon zigmal diese Treppe genommen – und auf einmal zwickt es im Knie. Auch wenn wir es uns oft nicht zugestehen – spätestens ab dem 50. Geburtstag wollen unsere Gelenke oft nicht mehr wie wir selbst. Sie zicken rum, machen mit Schmerzen oder Steifheit auf sich aufmerksam. Knie und Hüfte sind dabei die größten Sensibelchen. Kein Wunder, als tragende Gelenke verlangen wir ihnen jeden Tag einiges ab. „Kurze Spitzenbelastungen sind kein Problem – aber die permanente Überforderung durch einseitige körperliche Arbeiten oder Übergewicht sind Gift für die Gelenke“, sagt Orthopäde Prof. Sven Ostermeier von der Gelenk-Klinik in Gundelfingen. Und daraus entsteht leider oft ein fataler Kreislauf: Die Knochen der überlasteten Gelenke reiben aneinander – mit der Zeit wird die schützende Knorpelschicht immer 56 09/2017 dünner. Durch den permanenten Verschleiß liegen unsere Knochen im schlimmsten Fall irgendwann blank, entzünden sich und verlieren ihre Form. Meist lautet die Diagnose: Arthrose - rund jeder Zweite ist bereits davon betroffen. Aber zum Glück müssen wir uns nicht mit quälenden Dauerschmerzen abfinden. Denn wir können das Schmerzmanagement selbst in die Hand nehmen – und die Entzündung oft noch stoppen. Das funktioniert? Ja, vor allem dann, wenn sich Hüft-, Knie- oder Schulterleiden erst im Anfangsstadium befinden. Geht doch! 6000 Schritte halten uns geschmeidig… Bei leichter Kniearthrose legen wir uns am besten einen Schrittzähler zu – und gehen täglich 6000 Schritte (entspricht etwa 4 km). Dann haben wir gute Chancen, auch in Zukunft beweglich zu bleiben – so das Ergebnis einer US- Wand -Strecker Hinstellen, Fußlänge von der Wand. Arme nach oben und Hände zur Wand führen, ho20 Sek. halten. 2 Mal wieder l, rte rgü ulte Sch len. Dehnt den t. kei ich egl Bew ihm schenkt Studie. Selbst mit 1000 Schritten pro Tag können wir viel erreichen – und das Risiko von Einschränkungen beim Gehen, Aufstehen und Treppensteigen um bis zu 18 Prozent verringern. Fastenkur schickt unsere Schmerzen in die Wüste Statt Pillen zu schlucken, einfach eine Weile aufs Essen verzichten? Für Menschen mit einer Arthrose in Knie, der Hüfte oder den Fingergelenken könnte sich das lohnen. Eine Studie der Uni Jena zeigt: Während einer 15-tägigen Saftfastenkur nach der Buchinger-Methode reduzierte ein Teil der Patienten ihren täglichen Schmerzmittelkonsum deutlich und verbesserte ihre Gelenkbeweglichkeit. Bei den übrigen hatte sich der Schmerz so weit verflüchtig, dass sie ganz auf Tabletten verzichten konnten. Der Effekt hielt noch Wochen nach Fastenende an. Der Grund: Nicht nur die Gewichtsabnahme führt zu einer Entlastung der Gelenke. Das Fasten normalisiert auch unsere Blutwerte – und das wirkt sich positiv auf die Funktionstüchtigkeit unserer Gelenke aus. Die Muckibude tut unseren Gelenken gut Zieht es in den Knien oder der Schulter verzichten viele auf Sport – leider völlig falsch. Denn ausreichend Bewegung begünstigt die Versorgung des Knorpels mit Nährstoffen und stärkt unsere Muskeln. Aber welche Fitness ist ideal? Das fragten sich auch Forscher der Uni Pittsburgh. Ihr Ergebnis: Krafttraining wirkt besser als Ausdauersport. Denn er aktiviert nicht nur den Gelenkstoffwechsel, sondern fördert gezielt den Muskelaufbau – und entlastet damit unsere Knorpelschicht. Wenn wir 3-mal pro Woche trainieren (Einweisung durch Physiotherapeuten), verringern wir Knieschmerzen deutlich. Flower-Power: Wir pflücken uns Schmerzlinderung "Das Sanfte ist oft das Erfolgreichste", wusste schon Pfarrer Kneipp. Das gilt auch für Gelenkleiden. Bei Patienten mit Knie-Arthrose verbessert sich laut Studie nach 3-wöchiger Therapie mit Arnika-Gel deutlich die Beweglichkeit. Verantwortlich dafür sind u.a. sog. Sesquiterpenlactone, die Schwellungen und Entzündungen direkt im Gelenk bekämpfen. Salbe mehrmals täglich auftragen. Auch aus der Wüste Afrikas naht Hilfe: Die Teufelskralle (Präparat) lindert Schmerzen, verbessert die Beweglichkeit. Das "Teufelszeug" heißt Allantoin – der Stoff stoppt den Eiweißabbau im Gelenkknorpel. Tagesdosis: 960 mg Extrakt. Vitamin E-Gaben von 15 mg pro Tag steigern die Wirkung. FOTOS: Knobi hält uns nicht nur Vampire vom Leib Klar, achten wir auf gesunde Kost. Ein Vitalstoff-Hoch im Körper hält nämlich die "böse" Arachidonsäure in Schach – eine Fettsäure, die Entzündungen und dadurch Gelenkschmerzen fördert. Schweineschmalz, Leber, Wurst, Fleisch und Eier darum möglichst meiden. Zugreifen dürfen wir dagegen bei Lauchgemüsen, Knoblauch und Zwiebeln. Die darin enthaltenen Disulfide haben eine knorpelschützende Wirkung – vor allem bei Hüftarthrose. in Bewegung Spaziergänge auf weichem Sand stärken Muskeln, Sehnen und Gelenke Endlich schmerzfrei! M anche Beschwerden kommen, um zu bleiben. Sind akute Gelenkprobleme nach 14 Tagen immer noch ein täglicher Begleiter, verschwinden sie selten von allein. Die intensiven Schmerzen können Anzeichen für einen fortgeschrittenen Verschleiß sein. Darum rät Prof. Ostermeier zum frühzeitigen Arztbesuch: „Die Therapieerfolge sind am besten, wenn noch Knorpel vorhanden ist. Dadurch konnten wir schon viele Fälle der Arthrose stoppen.“ Blutplasma löscht das "Feuer" in unseren Gelenken Die Eigenblut-Therapie gilt als Meilenstein in der Orthopädie. Zum Einsatz kommt das ACP (autologes conditioniertes Plasma) wenn Entzündungen den Verschleiß voranschreiten lassen. Methode: Aus dem Blut werden heilfördernde Enzyme und Wachstumsfaktoren gefiltert. Das so gewonnene Blutplasma spritzt der Arzt direkt ins kranke Gelenk. Das Serum dämpft Entzündungen, aktiviert Reparaturprozesse. „Bei 70 bis 80 Prozent der Patienten erzielen wir damit eine deutliche Linderung der Schmerzen und eine verbesserte Beweglichkeit", so Prof. Ostermeier. Die Therapie umfasst 6-8 Spritzen (ca. 100 Euro pro Dosis, Privatleistung) im Zeitraum von 6 Wochen. Schmerzfrei – dank neuer Hyaluronsäure-Spritze Bei Kniearthrose setzen immer mehr Spezialisten auf die Doppelkammerspritze „RenehaVis“. Dabei werden zwei unterschiedliche Hyaluronsäuren (eine Art natürliche Gelenkflüs- sigkeit) injiziert, die den Knorpelabrieb aufhalten. Die erste Kammer enthält Hyaluronsäure, die Entzündungen hemmt. Das Gel aus Kammer zwei legt sich schützend ums Gelenk. Die Behandlung (je 2 Injektionen) erfolgt alle 3–6 Monate. Ab dem dritten Jahr wird nur 1-mal jährlich gespritzt. Private Kassen übernehmen meist die Kosten, sonst ca. 180 Euro pro Spritze. Homöopathische Injektion Das Komplexmittel "Zeel" aus pfanzlichen und mineralischen Inhaltsstoffen hemmt Enzyme, die an Entzündungen beteiligt sind. In Akutphasen injiziert der Arzt die Spritze 1-3 Mal pro Woche in unser Gelenk. Hilft bei leichten bis mittelschweren Beschwerden und macht im Idealfall Kortison überflüssig. Einkaufszettel Hmmh, das schmeckt unseren Gelenken - kalt gepresste Öle (Leinöl, Walnussöl, Rapsöl, Hanföl) - Lachs, Makrele, Hering - Kartoffel, Reis - fettarmes Geflügel - Hülsenfrüchte wie Linsen oder Bohnen - Walnüsse, Lein- und Chiasamen - frisches Gemüse, Salat, Kräuter LEst bitte auf der Nächsten Seite weiter 09/2017 57 Mehr Licht! Das (Sonnen) t Vitamin D schütz se ro th uns vor Ar OP – Ja oder Nein? prof. dr. sven ostermeier Orthopäde und Unfallchirurg an der Gelenk–Klinik Gundelfingen Klar, dass prinzipiell viel zu viele unnötige OP's wegen Arthrose durchgeführt werden, haben wir schon oft gehört. Deswegen können wir auch nicht vorsichtig genug sein, wenn es um die Gesundheit unserer Gelenke geht! MEINS: Wann ist denn der richtige Zeitpunkt für eine OP? Prof. Ostermeier: Wir haben schon viel Patienten, die Kollegen operiert hätten, erfolgreich auf konservativem Weg behandelt. Deshalb kann ich nur raten: Eine OP darf nie die erste Maßnahme sein. Sie erfolgt am besten dann, wenn alle anderen Therapien erfolglos waren oder ein struktureller Schaden, wie etwa Muskeloder Sehnenabrisse, vorliegt. Entscheidend ist der Leidensdruck, weniger das Röntgenbild: Einige Patienten sind trotz fortgeschrittener Arthrose schmerzfrei, andere haben eine so eingeschränkte Lebensqualität, dass eine OP unumgänglich ist. MEINS: Warum operieren Ärzte häufig zu früh? Dr. Ostermeier: Der finanzielle Anreiz ist sicherlich ein Beweggrund. Die gleiche Summe mit konservativen Therapien einzunehmen, dauert länger. MEINS: Ist das der einzige Grund? Nein, es ist nicht immer nur der Arzt, der zum Operieren drängt: Patienten wollen die Schmerzen schnell loswerden und lassen sich lieber operieren, als über einen längeren Zeitraum Medikamente einzunehmen oder Krankengymnastik zu machen. MEINS: Wie finden wir einen guten Spezialisten? Dr. Ostermeier: Ein Fachmann ist maximal auf zwei Gelenke spezialisiert, hat dafür aber viele Therapieformen im Angebot. 58 09/2017 Cut! Wenn nichts mehr geht… Sind alle konservativen Therapien erschöpft, bleibt meist nur noch die OP S elbst kurze Wege machen Mühe. An Schlaf ist nicht mehr zu denken. Sind von Physiotherapie bis zu Pillen alle konservativen Methoden als Gelenkretter erschöpft, hilft oft noch das Skalpell. Die guten News: Der Trend geht zu Mini-OPs und Gelenkerhaltung. Nur wenn es dafür zu spät ist, kommt ein Kunstgelenk in Frage. Bio-Lifting für den Knorpel Ja, der Zahn der Zeit nagt an den Gelenknorpeln. Zum Glück können Ärzte heute dank Hightech-Verfahren eine fast komplette Wiederherstellung der geschädigten Zone erreichen. Methode 1: Knorpelzell-Transplantation. Der Chirurg entnimmt an anderer Stelle ein Stück gesunden Knorpel. Daraus werden im Labor weitere Zellen gezüchtet, die nach 6 Wochen wieder ins Knie eingesetzt werden. Meist zahlt die Kasse. Methode 2: Mikrofrakturierung. Dort, wo der Knorpel verschlissen ist, werden in den freiliegenden Knochen Löcher angebohrt. Regt den Körper dazu an, Narbengewebe als Knorpelersatz zu bilden. Preis: ca.1000 Euro, Privatleistung. Gelenkersatz? Alles Routine! Bevor Chirurgen bei fortgeschrittenem Verschleiß zum Ersatzteil-Lager greifen, erfolgt häufig zuerst eine Arthroskopie. Dabei führen sie über einen kleinen Hautschnitt einen Schlauch mit integrierter Minikamera ein. So erkennen die Spezialisten das Problem und können Defekte an Knie, Hüfte & Co. gleich behandeln – z.B. Knorpelfasern entfernen oder Gelenkflächen glätten. Erst wenn nichts mehr geht, brauchen wir künstlichen Ersatz. Der Einbau einer Knie-Prothese (KnieTEP) gilt mittlerweile als Routine-OP. Ist nur eine Seite des Knies verschlissen, wird eine Teilprothese eingesetzt. Sind mehrere Anteile des Gelenks abgenutzt oder deformiert, ersetzt der Arzt das ganze Gelenk durch eine Vollprothese. Die Hüft-TEP läuft so ab: Der Chirurg verankert eine sog. Schaftprothese im Oberschenkelknochen und fixiert die dazugehörige Pfanne im Becken. Bei weichen Knochen zementiert er das Gelenk zusätzlich ein. Für die Schulter-TEP stehen zwei Modelle zur Verfügung: Die Hemiprothese ersetzt nur einen Teil, die TotalEndoProthese das vollständige Gelenk. Hüft-Übung beine spreizen Die Arme seitlich von uns strecken. Je ein Bein seitlich gestreckt abspreizen und wieder senken. Dabei aber nicht auf den Boden absetzen. Auf en. jeder Seite 8 mal wiederhol knie-übun g Die wichtigsten Gelenk-Eingriffe im Kurz-Check Was? Wie? Wichtig? durchstrec ken Auf einem Stuhl sitzend abwechselnd ein Knie durchstre cken- Knorpelzell-Transplantation bei Knorpelverschleiß am Knie Im Anschluss an Knorpelentnahme (arthrosokpisch) und Transplantation ist jeweils ein 3-tägiger stationärer Aufenthalt erforderlich. Nach drei Monaten ist das Gelenk wieder voll belastbar. Mikrofrakturierung bei Knorpelschäden an Knie- und Sprunggelenk Der Eingriff erfolgt arthroskopisch. Der stationäre Aufenthalt beträgt in der Regel 2 bis 3 Tage. Die komplette Einheilung des Knorpels ist nach ca. 1 Jahr abgeschlossen, das Gelenk für alle Sportarten belastbar. ARTHROSKOPIE bei Kalkschulter, Verschleiß von Hüfte & Knie Knie- und Schulter-Eingriffe oft ambulant. Nach einer Knorpelbehandlung am Knie kann Nach der Hüft-OP bleiben Patienten ca. 4 Tage das Bein sofort wieder belastet werden – bei in der Klinik. Physiotherapie im Anschluss der Hüft-OP spätestens nach 6 Wochen. HÜFT-TEP künstliches Hüftgelenk Ein- bis zweiwöchiger Klinikaufenthalt; danach sind Reha und Physiotherapie nötig Moderaten Sport treiben, um das Gelenk zu stabilisieren. Bei Gleichgewichtsstörungen hilft das sogenannte posturale Training, KNIE-TEP Kunst-Knie Der schonende Eingriff erfolgt stationär, der Klinik-Aufenthalt dauert ein bis zwei Wochen, danach folgt eine Reha Die Prothese ist etwa 15 Jahre haltbar; muss sie später ersetzt werden, ist eine Wechsel-OP möglich SCHULTER-TEP künstliches Schultergelenk Stationäre Behandlung; die Entlassung aus der Klinik erfolgt nach ein bis zwei Wochen In der ersten Zeit verordnet der Arzt meist eine Schiene; nur leichte Tätigekeiten sind erlaubt, wenn möglich mit dem gesunden Arm